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Zwischen den Welten

Ethnotourismus in Westneuguinea

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ZWISCHEN DEN WELTEN

Ethnotourismus in Westneuguinea

Josef Blaschko



Josef Blaschko

ZWISCHEN DEN WELTEN

Ethnostourismus in Westneuguinea

Diplomarbeit

Jahrgang 2018|19

Prager Fotoschule Österreich

Eigenverlag


IMPRESSUM

Zwischen den Welten. Ethnotourismus in Westneuguinea.

Diplomarbeit an der Prager Fotoschule Österreich

(c) 2018 Eigenverlag. Alle Rechte vorbehalten.

Herausgeber: Josef Blaschko, Auerbach 43, A - 4242 Hirschbach

Internet: fotografie.blaschko.at

Bild, Text und Satz: Josef Blaschko

Lektorinnen: Marlies Blaschko M.A., Julia Kopler

Projektbegleitung: Frank Robert, Alexandra Grill und Reinhard Reidinger

Schrift: Garamond Regular, Italic und Bold sowie Nonesuch Regular

Ausführung: 4/4c Hardcover Fotobuch gebunden

Papier Innenteil: 135 g Bilderdruckpapier matt

Bindung: Klebebindung

Druck und Bindung: online-druck.biz

Auflage: 10 Stück

Printed in Germany 2018


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung 7

Neuguinea 39

Blutrache und Schweinekochfest 39

Urlaub bei den Wilden 40

Auf der Suche nach Authentizität 42

Wie authentisch ist das Echte? 43

Wie echt ist das Ursprüngliche? 43

Das Ursprüngliche festhalten 44

Das Foto als Trophäe 45

Ausbruch aus der Tourismusmaschinerie 46

Sich und anderen begegnen 47

Das Alltagsleben der Dani 48

Der Beginn am Ende 51

Literaturverzeichnis 82

Internetquellen 83



EINLEITUNG

Westneuguinea. In diesem Buch erzähle

ich von meiner Begegnung mit Melius

Walalua, der in einer Welt zwischen

Steinzeit und digitaler Zukunft zuhause

ist. Er gehört dem Stamm der Dani an,

lebt im Baliem Valley und ist Häuptling

des Dorfes Osilimo. In dieser Welt ist

Melius ein geachteter Mann. Er agiert

umsichtig als stolzer Krieger, geschickter

Jäger und fleißiger Bauer. Er ist Versorger

der Sippe, Baumeister und Handwerker.

In der anderen, der fortschrittlichen Welt

wird der Ureinwohner und bekennende

Christ als Person kaum wahrgenommen.

Melius arbeitet gelegentlich im Tourismus.

Mit der Machete bahnt er den Weg

durch das Buschland, trägt den Rucksack

für die Gäste und übersetzt den lokalen

Dialekt ins Indonesische. Das

Familienoberhaupt ist gefordert, sich den

Veränderungen des modernen Zeitalters

zu stellen und dabei seine indigenen

Wurzeln nicht zu verlieren.

Auf diesen unverfälschten Erhalt von

längst Vergangenem hoffe auch ich als

weitgereister Weltenbummler. Suche ich

doch das archaisch Wilde und Unverdorbene

als Szenerie für meine bilderbuchhafte

Trophäensammlung. Ich

erwarte mir, Erlebenswertes in ansprechendem

Urlaubsambiente authentisch

teilhabend am Alltag der Einheimischen

geboten zu bekommen. Deswegen

nehme ich die Strapazen der Reise auf

mich. In Wirklichkeit aber bewege ich

mich in den Zwischenwelten des

Ethnotourismus und hoffe auf etwas,

was sich bei genauerem Hinsehen

gegenseitig ausschließt.

Ich lade Sie ein, mich auf der Reise in

eine Welt zwischen Wunschvorstellung

und realem Leben zu begleiten und lasse

Melius den ‚roten Faden‘ durch meine

Geschichte in Händen halten.

7






Melius Walalua




























NEUGUINEA

Neuguinea zählt zu den mythischsten

Gegenenden und gilt als das Ende der

besiedelten Welt. Es ist nach Grönland

die zweitgrößte Insel und weist trotz

Einsatz modernster Vermessungstechniken

noch viele weißen Flecken auf

der Landkarte auf. Der Dschungel

scheint undurchdringlich, der Himmel

unentwegt wolkenverhangen. Politisch ist

das Land zweigeteilt: in das eigenständige

Papua-Neuguinea (PNG) und

das zu Indonesien gehörende Westneuguinea

(Papua und West-Papua).

Meine Reise führte mich im Frühjahr

2018 in das Baliem Valley, einem Hochtal

inmitten des zentralen Maokegebirges

der indonesischen Provinz Papua in

Westneuguinea. Dieses Tal wird von drei

indigenen Stämmen bewohnt, den Dani,

Lani und Yani mit insgesamt rund 50.000

Ureinwohnern.

BLUTRACHE UND

SCHWEINEKOCHFEST

Papuas Stämme werden als wild, primitiv

und unzivilisiert wahrgenommen. Eine

Reise dorthin hat den Ruf gefährlich zu

sein, nicht zuletzt weil man noch einen

praktizierten Kannibalismus vermutet.

Die traditionellen Schweinekochfeste

nähren das Bild der blutrünstigen

Barbaren. Der Stamm der Dani lebt

darin seine archaischen Rituale. Früher

konnten bereits kleinste Kontroversen

zu tödlichen Auseinandersetzungen und

zu Praktiken der Blutrache führen.

Die Papua glauben, dass der Geist eines

Verstorbenen in der Sippe weiterlebt,

womit eine Verpflichtung einhergeht,

sich um diesen zu sorgen. Fast jeder

Todesfall wird auf Zauberei zurückgeführt.

Damit der Geist zur Ruhe

kommen kann, ist es die heiligste Pflicht

der Lebenden, den Tod des Stammesangehörigen

zu rächen. Durch Zauberhandlungen

wird versucht, den ‚Mörder‘

zu enttarnen. Dessen Sippe wird dann

kurzerhand der Krieg erklärt (vgl 35).

In früheren Zeiten hätte Häuptling

Melius Walalua seine tapferen Krieger

auf die Wiese vor dem Dorf geführt.

Bewaffnet mit Pfeil & Bogen und langen

Speeren treten sie mit protzigem

Federschmuck, weißer Körperbemalung

und Nasenringen aus Eberzähnen den

Feinden gegenüber. In einem wilden hin

und her wird gekämpft bis jemand den

Tod findet. Das Töten führt zu einer

Kettenreaktion, da die Getöteten wieder

gerächt werden müssen (vgl 35). Um

dieser Gewaltspirale zu entkommen,

kann Lösegeld in Schweinewährung

ausverhandelt und der Streitschlichtungspakt

bei einem Schweinekochfest

besiegelt werden.

Melius übernimmt beim diesem Fest die

wichtige Aufgabe des Feuermachens.

Steinzeitlich mit Rattanschnur und

Weichholzstück entzündet er ein Büschel

trockenen Grases. Mit diesen Glimmstücken

wird dann einem großen

Holzstoß untergeheizt und gleich einmal

eine allgemeine Rauchpause zur Feier des

Anheizerfolges eingelegt.

Danach helfen die Dorfbewohner

zusammen. Eine große Menge an

Steinen wird ins Feuer gelegt, die

vorhandene Erdgrube von den Resten

der letzten Verwendung gesäubert und

ein freilaufendes Ferkel eingefangen. Mit

Pfeil und Bogen tötet Melius das junge

Schwein aus nächster Nähe durch einen

präzisen Schuss ins Herz. Am Dorfplatz

herumtorkelnd blutet das Tier aus.

Das anschließende Zerteilen erfolgt

respektvoll und äußerst geschickt mit

39


einem rasierklingenscharfen Bambusmesser.

Alle Teil werden sorgsam

verwertet, nichts wird verschwendet. In

ein Bambusblatt eingewickelt bewahrt

Melius die Ohren und den Schwanz für

eine spätere rituelle Verwendung in der

Männerhütte auf. Zwischenzeitlich ist

das Feuer abgebrannt, die Steine sind

ordentlich heiß. Die Erdgrube wird mit

Blättern ausgelegt und mit den Steinen

befüllt. Darauf kommen in mehreren

Lagen Schweineteile, verschiedenes

Gemüse, Süßkartoffeln, Pandanuss-

Früchte und vor allem korbweise frische

Kräuter. Zu guter Letzt verschließen die

Dani die Grube mit Steinen und Blättern

und lassen das Ganze rund eine Stunde

garen.

Zwischendurch wird gesungen, geraucht,

gerastet und bei den Frauen im

traditionellen Langhaus geplaudert bis

das Warten auf das Essen endlich ein

Ende hat. Die Aufteilung der

Köstlichkeiten erfolgt nach klaren

Regeln. Die Männer bekommen das

Fleisch, die Frauen das Gemüse und das

Grünzeug. Dabei sitzen sie buchstäblich

im Essen. Wenn die Männer satt sind,

teilen sie das restliche Fleisch in der

Frauengruppe auf. Die Sippe hat

offensichtlich Freude am Fest und der

Gelegenheit zu Fleischkonsum.

Bei den missionierten Christen gehört

Blutrache vergangenen Zeiten an. Ein

Schweinekochfest wird heute zur

Besiegelung frisch geknüpfter

Familienbande, zur Begrüßung neuer

Erdenbürger oder überwiegend auf

Bestellung für Touristen zelebriert. Das

Baliem Valley am Fuße der Jayawijaya-

Berge ist, so wird behauptet, das Land

der Schweine. Auch im Zeitalter von

Plastikkreditkarten sind die wertvollen

Haustiere immer noch Zahlungsmittel,

Sühnegeld und als Mitgift für eine Braut

ein männliches Statussymbol. Daher

werden sie nur zu besonderen Anlässen

geschlachtet. Oder, wie in unserem Fall,

extra für zahlende Touristen. Das bietet

der Dorfgemeinschaft eine willkommene

Abwechslung zum Alltagsleben und

bringt ein gutes Einkommen.

Doch auch in diesem Kontext ist es

mehr als Verkleidung und Schauspiel. Es

ist ein Auflebenlassen der jahrtausendealten

Lebensform einer

Subsistenzgesellschaft, ein Gewahr

werden der Unabhängigkeit von

modernen Kulturtechniken. Im Alltag

können sich die Indigene Neuguineas

den Herausforderungen des Digitalzeitalters

jedoch nicht entziehen. Das

birgt in gleichem Maße eine Chance auf

Entwicklung wie die Gefahr des

Untergangs.

URLAUB BEI DEN WILDEN

Als Tourist weiß ich natürlich, dass das

Schweinekochfest eine Folkloreveranstaltung

ist. Ich weiß auch, dass zum

Feuermachen normalerweise Streichhölzer

verwendet werden, die Hütten am

Abend mit elektrischen Glühbirnen

beleuchtet sind und die Kinder Games

auf dem Smartphone von Häuptling

Melius spielen. Doch im Augenblick des

Erlebens sind mir diese Begleitumstände

egal, für mich wirkt alles echt.

Sehenswürdig ist, was man gesehen haben

muss. Statt Sehenswürdigkeiten

abzuklappern sollten wir selbst nach dem

Schönen suchen. (4)

Touristen begegnen in den seltensten

Fällen einer fremden Kultur, sondern

vielmehr deren Inszenierungen mit

Echtheitszertifikat. Sie begnügen sich im

40


mit dem als ‚sehenswert‘ Angepriesenen,

auch wenn es sich um kulturelle

Belanglosigkeiten handeln mag. Der Reiz

liegt in der Verdichtung der Vielfalt und

der Choreographie von Höhepunkten,

die einen staunen lassen. Wenngleich von

Außenstehenden nicht notwendigerweise

begriffen wird, was vor sich geht. Der

Tourismus lebt von der Verzauberung,

Verführung und Illusion (vgl 20).

Alle Beteiligten wissen aber, dass das

Echte und Unverfälschte eine

Mystifikation ist, weil die Einheimischen

wie auf einer Bühne agieren, wenn sie

sich beobachtet fühlen (vgl 20).

Analog den theaterangelehnten Begriffen

„Vorder- und Hinterbühne“ ist eine

Interaktion zwischen Reisenden und

Bereisten ein Wechselspiel zwischen

veröffentlichten und verborgenen

Handlungen. Der Darsteller ist bemüht,

seinem Publikum einen authentischen

Eindruck zu vermitteln. Dabei achtet er

darauf, dass die Hinterbühne dem Blick

der Öffentlichkeit verborgen bleibt.

Umgekehrt versucht der Adressat der

Präsentation, diese mit einem erhaschten

Blick hinter die Fassade auf

Authentizität zu überprüfen (vgl 16).

Auf der Vorderbühne wollen die

Einheimischen den Erwartungsvorstellungen

entsprechen, um vom

Touristenbesuch in finanzieller und

sozialer Weise zu profitieren (vgl 16).

Dabei steht die Arbeitswelt der Bereisten

der Freizeitwelt des Reisenden gegenüber,

die von einem demonstrativen

Erfahrungskonsum bestimmt ist (22).

Melius hat im benachbarten Ferien-

Resort einen Gelegenheitsjob als ‚local

guide‘, führt die Gäste auf Wanderungen

durch den Bergregenwald und übersetzt

für den nicht ortsansässigen Reiseleiter

den Stammesdialekt auf Indonesisch.

Mehrmals im Jahr wird sein Dorf vom

Reiseveranstalter für eine Schweinekochfestvorführung

ausgewählt. Dann

darf er seine traditionelle Rolle als

Häuptling in prachtvoller Dekoration

ausleben. Manchmal muss seine Familie

auch bei Touristenaktivitäten in den

Nachbardörfern aushelfen.

Auf der Hinterbühne ist Melius

Vorsteher des Dorfes Osilimo und

einflussreiches Mitglied der Christengemeinde.

Die Familie lebt von der

Feldarbeit. Die Beschäftigungen im

Fremdenverkehr liefern Zusatzeinkünfte

zur noch intakten Subsistenzwirtschaft.

Auf die Frage, wofür das Geld

verwendet wird, antwortet Melius: „für

die Ausbildung der Kinder“. Natürlich

auch für Werkzeuge aus Metall, westliche

Kleidung, Salz, Zigaretten und

Betelnüsse. Am Gelände des Ferien-

Resorts stehen eine Kirche, ein Gemeinschaftshaus

und eine Schule. Die Kinder

können hier die Grundschule absolvieren.

Eine weiterführende Schule gibt

es in der Hauptstadt Jayapura, die ausschließlich

per Flugzeug erreicht werden

kann. Eine kostspielige Angelegenheit,

die sich nur Familien mit Jobs im

Fremdenverkehr leisten können.

Für das Spiel auf unterschiedlichen

Bühnen muss sich Melius mehrere

soziale Identitäten konstruieren und

widersprüchliche Herausforderungen der

Gegenwart bewältigen. Alltagskultur und

Lebensstile verändern sich, neue

Nutzungsformen der Landschaft und

bisher unbekannte Berufsfelder werden

erschlossen. Tourismus modernisiert

Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft,

denn im Reisen werden die Grenzen von

Raum, Zeit und Kultur überschritten (6).

Dabei hat Melius zu entscheiden, wie

nahe er die Besucher kommen lässt,

41


ohne dass diese zur Bedrohung seines

Lebensraumes werden.

AUF DER SUCHE NACH

AUTHENTIZITÄT

Den Besuchern kann es nicht nahe

genug sein, sie möchten die ‚Magie der

Nähe zum Fremden‘ erfahren. Sie

möchten Teil der örtlichen Lebenswelt

sein, dort angenommen werden und

dazu gehören (vgl 13). Sie möchten die

Praktiken einer anderen Kultur aus erster

Hand erleben (17) und sind dabei auf

naiver Suche nach Authentizität.

Die Einfachheit des modernen Reisens hat uns

masslos gemacht. (4)

Die Besucher sind keine Urlauber, die

sich nur Ausgleich und Erholung und

damit einen Gegenpol zur Arbeitswelt

erhoffen. Sie sind vielmehr Ethnotouristen,

die sich eine lustvolle

Identitätserweiterung erwarten (19). Ihr

Ziel ist der Aufenthalt bei einer ethnisch

fremden, scheinbar noch unberührten,

politisch und ökonomisch marginalen,

oft tribalen Gemeinschaft (1). Die Exotik

und die Einzigartigkeit der Menschen

sowie die traditionellen Aktivitäten der

Gastkultur stehen im Mittelpunkt, egal

ob diese vor den Touristen inszeniert

werden oder nicht (vgl 2). Im Gegensatz

zu anderen Reiseformen, bei denen die

Einheimischen lediglich als Arbeitskräfte

eingesetzt werden, ist hier die lokale

Bevölkerung nicht einfach austauschbar

(19).

Das Fremde hat es so an sich, dass es

fremder aussieht als es ist. Je weniger

man von dem Fremden und

Unbekannten weiß, desto größer wird

die Furcht sein, umso zurückhaltender

der Umgang und umso geringer der

Aktionsraum. Die Annäherung an das

Fremde beginnt mit dem ständigen

Vergleich. Die Gegensätzlichkeit und

damit die unvermeidliche Anziehungskraft

von Eigenem und Fremdem,

Bekanntem und Vorgestelltem liegen in

der menschlichen Natur. Das eigene

Bezugssystem, die eigene kulturelle

Ordnung dient als Bezugsrahmen, das

Gewohnte als Maß der Dinge (vgl 20).

Der Ethnotourist färbt sich die Welt

schön. Ingrid Thurner hat diese Aussage

in ihrem Artikel etwas überspitzt

zusammengefasst: „So haben keineswegs

alle indigenen Gesellschaften die

Aussicht, zum Zielgebiet zu werden. Ihre

Eigenständigkeit muss sichtbar und

fotografierbar sein, sie soll fremd, aber

auf keinen Fall befremdlich wirken.

Fischerdörfer sind wegen der Gerüche

weniger geeignet. Auch sollen die

bereisten Gemeinschaften ihre Ehen

nicht arrangieren und ihre Töchter nicht

beschneiden. Ferner möchten Ethnotouristen

keine Wellbleche auf den

Häusern sehen, keinen Schmutz, keinen

Müll. Die Reisenden bedauern, dass die

Menschen in diesen Dörfern keine

medizinische Versorgung haben. Und

dass die Kinder nicht zur Schule gehen,

ist ein Skandal. Praktisch wäre es, wenn

einer von ihnen zumindest Englisch

spräche. Er könnte erzählen, wie schön

es ist, arm, aber glücklich zu sein. Von

Sozialromantik zum Sozialkitsch ist nur

ein kleiner Schritt.“ (5)

Der Ethnotourismus lebt von der

Illusion, ganz nah an den Alltag des

Reiselandes heranzukommen. Er bietet

seinen Kunden keine konventionell

konfektionierte Ferienwelt, die

Annehmlichkeiten der westlichen

Zivilisation in die Fremde exportiert hat,

sondern das Versprechen einer

interkulturellen Begegnung mit hoher

42


Intensität (5). Diese beschränkt sich

jedoch auf einige Minuten, manchmal

Stunden und maximal auf wenige Tage.

Ein vollständiges Kennenlernen der

fremden Kultur ist nicht möglich. Da

wird die Qualität interkultureller

Kommunikation im Tourismus oft

überschätzt (vgl 20). Vielmehr geht es

den Veranstaltern um die Vermittlung

gewisser Einblicke in den Alltag der

fremden ethnischen Gruppe und um den

Konsum von attraktiven und exotisch

anmutenden Subjekten, Objekten und

Darbietungen (vgl 15).

Im Umgekehrten wird den Bereisten die

Einsicht in das Alltagsleben und die

Kultur der Besucher in der Regel nicht

ermöglicht, obwohl dies eine

Grundbedingung interkulturellen

Austausches wäre (vgl 15). Hier zeigt

sich die Machtungleichheit zwischen

indigenen Völkern, den mittelnden

Reiseagenturen und den Touristen (2).

Für uns als Gäste wäre es relativ einfach,

mit Hilfe eines Fotobüchleins Eindrücke

aus der eigenen Lebenswelt den Gastgebern

zu vermitteln. Nach eigener

Erfahrung sind willkommene Anknüpfungspunkte

Kinder, Familie, Beruf und

Wohnsituation. Fotos vom Schifahren

auf weißem Schnee sind in Tropenregionen

immer Ausgangspunkt für

heitere wie erkenntnisreiche Gespräche.

WIE AUTHENTISCH IST DAS

ECHTE?

Was die verschiedenen Akteure im

Ethnotourismus unter ‚authentisch‘

verstehen ist eine Frage der Macht (15).

Authentizität meint die Echtheit von

touristischen Orten, Gegenständen,

Szenerien und folkloristische Darbietungen

sowie Interaktionen zwischen

Touristen und der am Urlaubsort

ansässigen Bevölkerung (25). Authentizität

kann für jeden etwas anderes

bedeuten, muss sozial konstruiert und

verhandelt werden. Sie ist abhängig von

den jeweiligen Handlungskontexten,

Interessen, Motiven, Vorprägungen und

persönlichen Einstellungen der Beteiligten

(vgl 15).

Wir meinen, wir wollen etwas erleben, suchen in

Wahrheit vor allem aber Bestätigung. (4)

In fremden ethnischen Gruppen und

Kulturen glauben wir jene Echtheit

wiederzufinden, die in unserer eigenen

Gesellschaft abhandengekommen ist.

Die Suche nach Authentizität ist ein

wichtiges Reisemotiv und im Ethnotourismus

ein Konzept auf Grundlage

von westlichen Werten und Normen. Es

konstruiert eine Polarität von modern

und primitiv sowie von entwickelt und

unterentwickelt (vgl 15). Indem die

anderen als rückständig eingeordnet

werden, macht man sie rückständiger als

sie sind. Gleichzeitig wächst das

Bewusstsein der eigenen Fortschrittlichkeit

(vgl 26). Das Verlangen nach

unberührten und fernab der Zivilisation

liegenden Kulturen hat jedoch paradoxe

Konsequenzen: Sobald mehr Touristen

‚off the beaten track‘ reisen, führt dies

unausweichlich dazu, dass genau diese

Gebiete abseits von touristischen

Trampelpfaden mehr und mehr

erschlossen werden. Da aber die

Nachfrage nach Ursprünglichkeit und

Echtheit größer ist als das Angebot,

muss Authentizität inszeniert werden

(15).

WIE ECHT IST DAS

URSPRÜNGLICHE?

Inszenierung gilt als eine marktgerechte

Umsetzung eines tourismusrelevanten

Themas mit einer Handlungsanweisung

43


(vgl 36). Indem man es durch

Inszenierung kenntlich macht und

strukturiert umsetzt, verliert etwas

Echtes jedoch sein ursprüngliches Wesen

(37). Trotzdem kann die gestellte

Szenerie auch ehrlich sein, denn alles

Authentische hat auch eine Geschichte

(vgl 13). Für die bereiste Bevölkerung ist

Entwicklung im Sinne von verbesserter

formaler Ausbildung, Gesundheitsversorgung

oder Infrastruktur kein

Gegensatz zur eigenen Tradition, auch

wenn sich Ethnotouristen ein Verharren

in unberührter Steinzeit wünschen.

Daher dürfen entwicklungsbedingte

Veränderungen nicht automatisch mit

Authentizitätsverlust oder einer

Schwächung ethnischer Identitäten

gleichgesetzt werden (vgl 15).

Die öffentliche Zurschaustellung ist der

Preis, der für die Einforderung eines

legitimen Anrechts auf Teilhabe am

westlichen Reichtum, für den Wunsch

nach materieller Sicherheit und Bildung

von den Indigenen zu bezahlen ist (3).

Neue Werte werden in die bisherige

Subsistenzwirtschaft übernommen, wie

etwa der Zeitbegriff oder das Konzept

des Vorsorgens. Die ersten Schritte in

den Kapitalismus beginnen mit dem

Erwirtschaften über den augenblicklichen

Bedarf hinaus. Mit allen

Nachteilen einer zivilisierten Gesellschaft,

wie überbordender Ressourcenverbrauch

und soziale Differenzierung

zwischen Arm und Reich (vgl 3).

DAS URSPRÜNGLICHE

FESTHALTEN

Diese Zurschaustellung wird dann

abfotografiert. In manchen Ländern, in

denen es wenig Tourismus gibt, fühlen

sich die Bewohner geehrt, wenn sie

fotografiert werden. Doch die Menschen

im Baliem Valley sind anders. Bei ihnen

geht es darum, mit Bildern Geld zu

verdienen. Im Normalfall sind 10.000

Indonesische Rupiah, rund 60 Cent für

ein Foto zu bezahlen. Unser Reiseleiter

meint, diese Geschäftstüchtigkeit haben

sie von den Touristen gelernt. Zuerst um

Erlaubnis fragen, den Preis verhandeln

(was geraume Zeit in Anspruch nimmt)

und dann erst fotografieren. Da brauche

ich das Foto nicht mehr, denn die

interessanten Szenen sind sowieso längst

vorbei und das Bild wirkt gekünstelt.

Weicht man von der Standardprozedur

ab und macht unerlaubte Fotos,

reagieren die Dani meist unangemessen

und gehen gleich auf Konfrontation.

Nicht verwunderlich, denn es ist

Diebstahl was ich da tue. In so manch

heikler Situation wurde ich von unserem

Guide und seinem Verhandlungsgeschick

gerettet.

Bisher habe ich noch nie für ein Foto

bezahlt, da ich der Meinung war, ich

zahle ohnedies genug für die Reise. Und

ich reise um zu fotografieren. Die neue

Situation mit den Dani hat mich anfangs

irritiert und verärgert. Doch nach

Überwindung meiner Trotzphase, habe

ich für mich eine stimmige Lösung

gefunden: ich fotografiere nur in

ausgewählten Dörfern, frage das

Oberhaupt um Erlaubnis und verhandle

den Preis für no-limit-Fotos. Ich bleibe

eine Weile bevor ich zu fotografieren

beginne. Dann bemerkt man mich kaum

mehr und ich kann wieder nahezu

ungestellte Schnappschüsse machen. Ich

finde, ein Foto, unbemerkt mitten aus

dem Leben gegriffen, hat eine andere

Energie als ein inszeniertes Bild. Und

mit dieser Vorgehensweise ist es nicht

gestohlen.

Alternativ dazu kann man natürlich auch

heimlich Fotos machen, ohne dass der

44


Betroffene es merkt. Das Fotografieren

ist das wahrscheinlich prägnanteste

Beispiel dafür, wie sich touristisches

Handeln über ethische, moralische und

religiöse Empfindungen der Bewohner

des Reiselandes hinwegsetzt. In einem

bestimmten religiös-kulturellen Kontext

kann Fotografiert-werden eine existentielle

Bedrohung darstellen.

In der touristischen Fotografie wird dies

allzu oft aus Unkenntnis, Unverständnis

oder Gedankenlosigkeit ignoriert.

Unbedacht stiehlt man den Bereisten die

Seele. Deren Angst wird deshalb als

unbegründet betrachtet, weil sie selbst

nicht empfunden wird. Es gibt Touristen,

die die Gefühle der Betroffenen

respektieren und auf eine Aufnahme

verzichten. Im Allgemeinen aber wird

zugunsten des Fotos die Bedrohung des

Fotografierten ignoriert, die nicht als

real, sondern als fiktiv interpretiert wird.

Im Grunde jedoch ist solches Abfotografieren

ein Eindringen in den

persönlichen Bereich des Fotografierten,

weil ungefragt ein Stück von ihm für sich

beansprucht wird. Hier zeigt sich die

voyeuristische Seite der Fotografie.

Intimsphäre und Freiheit wird missachtet.

Der Fotografierte wird nicht als

Individuum respektiert, sondern als

Objekt genommen (vgl 14). Folgerichtig

wird auch der Kontakt zwischen

Fotograf und Fotografiertem mit dem

Herrschaftsverhältnis des Kolonialismus

verglichen (31). Der Fotograf offenbart

hier die Wertvorstellungen seines

sozialen Umfeldes: das Anders-Sein der

anderen wird nicht als gleichwertig

akzeptiert, sondern die eigene

Überzeugung als die einzig objektiv

gültige betrachtet (vgl 14).

Fotolegende für dieses Buch:

a. bezahlte Fotos:

alle vom Schweinekochfest, Titelbild,

die Gruppenbilder, # 4/14/15/17

b. geschenkte Fotos: # 1/7

c. gestohlene Fotos: # 2/3/6/8 bis 12

d. ohne schlechtem Gewissen

fotografiert: # 5/13/16/18

DAS FOTO ALS TROPHÄE

Der Fotograf erweckt den Anschein der

Teilnahme dadurch, dass er das Motiv

ausgewählt hat und den Anschein des

Eingebundenseins, wenn er mit aufs Bild

kommt. Er lebt jedoch nicht mit,

sondern registriert, ist nicht Teilnehmer,

sondern Zuseher (vgl 40). Das

eigentliche Erlebnis der Begegnung mit

den Menschen des bereisten Landes hat

der Fotograf, wenn er zu Hause das Foto

ansieht. Nicht das Ereignis ist das

Erlebnis für ihn, sondern das

Dokumentieren des Ereignisses, die

fotografische Abbildung (vgl 14). Das

Foto ist gleichzeitig Konserve und

Trophäe, wie das Souvenir (vgl 20).

Als Außenstehender ist der Fotograf

dennoch ein Teil der Situation, die er

eigentlich unbeeinflusst festhalten

möchte, aber durch sein Verhalten stört

(vgl 38). Indem er fotografiert schafft

sich der Reisende eine Rolle. Er

identifiziert sich als ‚der, der Bilder sucht'

(vgl 39). Mit dieser Rolle, dem Akt des

Fotografierens an sich und der Kamera

selbst schafft er sich Werkzeuge zur

Bewältigung der Angst vor dem

Fremden und gleichzeitig dessen

Aneignung (26).

Die touristische Fotografie ist zuallerletzt

ein Medium um Reales zu reproduzieren,

ein Abbild des Fremden zu liefern und

ferne Wirklichkeiten den zu Hause

Gebliebenen zu vermitteln (26).

Vordergründig nährt das Fotografieren

45


die Illusion, das schöpferische Bedürfnis

des Touristen zu befriedigen (28) und

seinen Drang nach materieller Fixierung

seiner Reiseerinnerungen (27). Dabei

kommt es zu einer Verleugnung

negativer Wirklichkeiten und zur

selektiven Wahrnehmung einer heilen

Welt (vgl 14). Für den Fotografen geht es

darum, möglichst Fotos zu produzieren,

die noch nicht existieren (26). Es geht

um Selbstverwirklichung und um

Zerstreuung auf der Jagd nach

Traumwelten (20). Die Idealisierung der

Welt in der touristischen Fotografie ist

Ausdruck einer Fluchtbewegung aus dem

Alltag (14) bei gleichzeitigem Realitätsverlust

(30). Jedes Foto ist daher weniger

Abbild als vielmehr Ausschnitt der

Wirklichkeit, beschnitten durch Auge

und Hirn der Person hinter der Kamera

(vgl 34).

Auf Reisen wird fotografiert, was es im

eigenen Alltag nicht gibt, was

ungewöhnlich und als sehenswert

ausgezeichnet ist, was idyllisch und

herausgeputzt, arm und rückständig ist.

Vor allem, was in der eigenen Lebenswelt

der Vergangenheit angehört, im

touristischen Sinne also ursprünglich

erscheint (vgl 14). Fotografien als

Zeugnisse von demonstrativem Erfahrungskonsum.

Einer Anhäufung von

Erlebnissen, für die man von den

anderen Beachtung, Anerkennung und

Bewunderung erwarten kann (vgl 41).

Betont wird immer die Distanz zum

Eigenen, hervorgehoben wird das

Trennende, nicht das Verbindende.

Denn wer sucht, was er in seinem

Alltagsumfeld findet, kann sich die Reise

sparen (vgl 14).

AUSBRUCH AUS DER

TOURISMUSMASCHINERIE

Die Fantasien der Besucher bauen auf

jenen Bildern auf, die von den

Hochglanzprodukten der Tourismusindustrie

in Umlauf gebracht worden

sind. Aus diesem Schema brechen nur

gut vorbereitete und reiseerfahrene

Touristen aus, die ökologisch und

kulturell sensibilisiert ihre Umwelt

kritisch betrachten und erhebliche

Abweichungen vom Versprochenen

feststellen (vgl. 20).

Der zwanglos anmutende Arbeitsalltag,

die Anspruchslosigkeit, die unbesorgte

Daseinsfreude, die soziale Gleichheit

ohne Besitzstreben oder der von der

Natur bestimmte Lebensrhythmus

stellen sich polemisch der neuzeitlichen

Kultur entgegen (vgl 42). Insbesondere

der entspannte Umgang mit der Zeit und

die deutlich geringere Geschwindigkeit

des Alltagslebens fasziniert die, in engen

Zeitkorsetten steckenden Europäer (vgl

43).

In dem Bild von der heilen Welt fehlt

konsequent jeglicher Realitätsbezug.

Touristen sind blind für das Politisch-

Hässliche und klammern die

Abartigkeiten und Härten des Lebens

aus ihrer Wahrnehmung großzügig aus

(vgl 5). Kaum ein Ethnotourist würde

bei ernsthafter Betrachtung das

Alltagsleben der Bereisten leben wollen.

Selbst wenn die Dörfer idyllisch

aussehen, herrschen Armut,

Krankheiten, Analphabetismus, hohe

Kindersterblichkeit, niedrige Lebenserwartung.

Zustände, die moderne

Industriegesellschaften überwunden

haben. Diese Zustände sind auch der

Grund dafür, dass die bildungsnahe

Jugend zunehmend weg will (vgl 5).

Die junge Generation will sich selbst

modernisieren und ist immer weniger

interessiert an der traditionellen

46


Lebensweise. Sie wollen trinkbares

Wasser, Schulen und Krankenhäuser,

Kühlschränke, Fernseher und Mobiltelefone

(vgl 5).

Der Tourist ist im fremden Land mit

körperlich und sinnlich wahrnehmbaren

Unterschieden sowie kulturellen

Andersartigkeiten konfrontiert. Beispielsweise

Wasser, Speisen, Toiletten,

Ungeziefer, Geräusche, Gerüche, Klima,

Hygiene, Verhaltensweisen, Traditionen,

Einstellungen, Gesten und Sprachen.

Diese vielfältigen Unterschiede erzeugen

Stress, die in Angst, Enttäuschung,

seelischem Ungleichgewicht oder

Orientierungslosigkeit münden. Jeder

Reisende reagiert anders auf diese

Herausforderungen (vgl 20).

Die eine Art des Stressabbaus endet in

Flucht, im Kampf, in der Abscheu und

Ablehnung. Diese Lösung bringt in der

Regel eine Verstärkung von Vorurteilen

und Feindbildern, xenophobe Einstellungen

und rassistische Äußerungen

hervor. Die enttäuschte Illusion führt zur

Rückstufung der Einheimischen, die zu

Unterentwickelten und Barbaren

degradert werden (20). Eine andere

Möglichkeit der Stressbewältigung führt

mit Optimismus und Humor allmählich

zu positiver Einstellung, zu Toleranz und

zur Akzeptanz der Umstände. Man

findet Vorzuüge der lokalen Kultur und

versucht sich auf die Gegebenheiten

einzulassen. Bleibt diese Lösung nicht in

Oberflächlichkeit stecken und mündet es

nicht in einer maßlosen Überhöhung,

wird man sowohl die Depression des

Kulturschocks überwinden, als auch

letztlich erfolgreich interkulturelle

Kontakte schließen können (vgl 20).

SICH UND ANDEREN BEGEGNEN

Warum mache ich eine solche Reise und

nehme Entbehrungen auf mich? Wie der

ultimative Zweck jeglicher Reisetätigkeit

letztlich in der Rückkehr besteht, so wird

in diesem Fall eine veränderte

Einstellung, vielleicht sogar ein anderer

Mensch, als Trophäe nach Hause

mitgebracht. Das Erlebnis besteht nicht

im Augenblick, sondern in der

Modifikation von Überzeugungen oder

auch Verhalten bei den Reisenden (vgl

20).

Wünschenswert wäre, mit dem Reisen

nicht nur das eigene Verhalten sondern

viel mehr das Handeln zu beeinflussen.

Denn Handeln schließt neben dem von

außen beobachtbaren Verhalten auch alle

Gedanken und Gefühle mit ein, die einer

Verhaltensweise vorausgehen, sie

begleiten und rückwirkend bewerten.

Während Verhalten reflexhaft und

unwillkürlich abläuft, sind Handlungen

beeinflussbar, reflektierbar und somit

diskutierbar. Die Fähigkeit, angemessen

handeln zu können sollte man als

Voraussetzung mitbringen, wenn man

mit Menschen aus anderen Kulturen

interagieren will (vgl 29).

Eine direkte Erfahrung mit der

Gastkultur machen und mit den Einheimischen

in Face-to-Face Kontakt

treten stehen bei Ethnotouristen ganz

oben auf der Erledigungsliste (vgl 23).

Wenn es sich dabei um einen

festgelegten Ablauf handelt, kann von

Begegnung kaum die Rede sein.

Vielmehr ist ein Moment des

Überraschenden, des Neuen notwendig,

auch wenn die Begegnung geplant und

arrangiert ist. Sie ist etwas, was mir

‚zustößt‘. Begegnung ist demnach immer

ein Balanceakt zwischen Sicherheitsbedürfnis

und Risikobereitschaft und

bedarf eines Schrittes ins Ungewisse.

Dabei wird von mir nicht verlangt, alles

47


an anderen Kulturen zu mögen. Wenn

unentwegt versucht wird, den Schein von

Harmonie zu wahren, findet keine echte

Begegnung statt. Als Tourist ist es

notwendig, kulturelle Differenzen nicht

nur hinzunehmen, sondern sich auch mit

ihnen auseinanderzusetzen (vgl 24).

Für diese Auseinandersetzung ist eine

‚der Bürde des Gegenstandes‘ angemessene

Vorbereitung erforderlich.

Genauso wie ein sich Zeit nehmen und

Zeit geben, ein Beschäftigen mit dem

kulturellen Ensemble und ein Verstehen

der Bedeutungsstruktur. Dabei darf das

Ausmaß der zumutbaren Belastung bei

den Bereisten nicht überschritten

werden. Die Grenzen der Gastfreundschaft

müssen beachtet und es

darf nicht über Gebühr in die

Privatsphäre eingedrungen werden (vgl

13).

DAS ALLTAGSLEBEN DER DANI

All jenen Reisenden, die es zu keiner

interkulturellen Begegnung schaffen,

bleibt die Hoffnung, dass das Land von

ihrer Freizeitinvestition profitiert (8).

Der Tourismus ist unbestritten eine

wichtige Quelle für Deviseneinkünfte,

Motor für Unternehmensgründungen

und die Schaffung von Arbeitsplätzen

(21). Aber wieviel von diesem

ökonomischen Potential kommt

tatsächlich bei der einheimischen

Bevölkerung des Baliem Valley an?

Auf Tripadvisor findet man in Wamena

drei Hotels und zwei handvoll

Gästehäuser. Allesamt gehören

indonesischen Besitzern. Einheimischen

also, könnte man meinen. Doch die

Indonesier gelten bei den Dani nicht als

Einheimische sondern als Eindringlinge.

Westneuguinea ist seit 1962 unter

Indonesischer Herrschaft. Der

staatlichen Migrationspolitik folgend

sind seither hunderttausende ins Land

geströmt und bilden die Oberschicht in

Verwaltung, Handel und Industrie (32).

Die Ureinwohner findet man als Händler

am Markt und bei einfachen

Dienstleistungen für billigen Lohn. Es ist

für sie nicht üblich Läden und

Restaurants zu besitzen. In unserer

Unterkunft kommen mehr als neunzig

Prozent der Mitarbeiter aus den

Nachbardörfern. Die qualifizierten

Positionen des Resort-Managers,

Reiseleiters, Fahrers und Kochs sind

jedoch von Mitarbeitern aus anderen

Gegenden des islamischen Inselstaates

besetzt. Weibliche Arbeitskräfte sucht

man vergebens. Auch wenn die

Ureinwohner nur Anstellungen im

niederqualifizierten Bereich finden, kann

etwas Geld zur Förderung lokaler

Ökonomien im Land bleiben. Im

Gegensatz zur Ausbeutung von

Bodenschätzen, die in ausländischen

Händen ist (vgl 21).

In das Baliem Valley führt keine Straße.

Es kann nur mit dem Flugzeug erreicht

werden. Alle Güter, die nicht im

Hochland selbst erzeugt werden, müssen

eingeflogen werden. Das verteuert die

Waren beträchtlich. Da dies auch für

landwirtschaftliche Maschinen gilt, sind

kaum welche im Einsatz. Die Felder

werden kleinstrukturiert von den

Familien bewirtschaftet. Es herrscht eine

strikte Arbeitsteilung. Die Männer legen

die Felder an, schlichten Steinmauern

und errichten Holzzäune. Die Frauen

bauen an, jäten das Unkraut und

kümmern sich um die Ernte. Aufgrund

der fruchtbaren Böden und der

wachstumsbegünstigten Witterung kann

ganzjährig mit gutem Ertrag gerechnet

werden. Gemüse und Obst sind von

bester Bio-Qualität, da der Kunstdünger

48


zu kostspielig wäre und tierischer

Dünger aufgrund fehlender Viehzucht

kaum vorhanden ist. Lediglich die

althergebrachten Steinwerkzeuge wurden

durch Metallgeräte abgelöst. Die

Bodenbearbeitung erfolgt traditionell mit

Handhacken und Spaten. Ochsen- oder

pferdgezogene Pflüge sind unbekannt.

Omnipräsent sind die Netztaschen aus

Palmfasern, genannt Bilum. Sie werden

meist von den Frauen mit dem Gurt

über der Stirn am Rücken getragen.

Große Mengen an Feldfrüchten,

Brennholz, lebende Ferkel und sogar

Babys gebettet auf Taro-Blättern finden

Platz. Das Bilum ist nicht nur

Gebrauchsobjekt sondern gehört als

Wertgegenstand auch zu den

Brautgeschenken, verbunden mit dem

Wunsch „möge es nie leer sein“.

Rauchen ist die Lieblingsbeschäftigung

fast aller Papua, ob Männer, Frauen und

sogar halbwüchsiger Kinder. Früher

wurde Tabak selbst angebaut, heute

kauft man eingeflogene Zigaretten. Wer

sich Luxuriöses leisten kann, gönnt sich

welche mit Filter, obwohl sie mehr als

vier Mal so viel kosten. Aus Prestigegründen,

nicht aus gesundheitlichen.

Eine größere Gefahr für die Gesundheit

stellen die offenen Feuerstellen in den

Grashütten dar. Sie haben nämlich

keinen Rauchabzug. Die Schwaden

suchen sich ihren Weg durch die Hütte,

vorbei an der grasbedeckten Holzdecke

zum obergeschossigen Schlafraum. Die

Bretter sind zentimeterdick mit Ruß

bedeckt. Die Schwelgase vertreiben

Ungeziefer und imprägnieren das Dach

innen mit einer Teerschicht, die vor

Nässe schützt. Mittendrinnen wird

gewohnt.

Neben dem Tabakgenuss kauen viele

Einheimische auch Betelnüsse. Sie

glauben, es ist gut für ihre Zähne. Das

Gegenteil ist der Fall, sie greifen das

Zahnfleisch an, was man unschwer an

der mangelhaften Zahngesundheit

erkennen kann. Vermengt mit gelöschtem

Kalkpulver entsteht im Mund

Methanol, was einen berauschten und

entspannten Zustand hervorruft. Es

stellt sich ein Gefühl der Leichtigkeit ein,

soll stimulierend, körperlich wie geistig

anregend und stimmungsaufhellend

wirken. Betelnusskauen stellt im Baliem

Valley eine legale Kompensation zum

verbotenen Alkoholkonsum dar und

macht süchtig. Was man vom Internetgebrauch

nicht behaupten kann.

Während unseres Aufenthaltes im April

2018 gab es im Wamena Hochland

bereits seit mehreren Wochen keine

Verbindung zum World Wide Web. Die

Kommunikation beschränkt sich auf

Telefonie und Short Message Service.

Einerseits erspart es den Papua

unnötigen Informationsmüll, andererseits

schneidet es auch von Nachrichten,

Bildung und Kommunikation mit der

Außenwelt ab. Die Vermutung liegt nahe,

dass es sich bei diesem Versorgungsengpass

um kein technisches Gebrechen

gehandelt hat, sondern um Willkür der

Behörden.

Infrastruktur ist nur rudimentär

vorhanden. Straßen verbinden lediglich

größere Orte und touristische

Sehenswürdigkeiten. Sie sind nur bei

Schönwetter nutzbar, bei Regen sind

selbst die befestigten Wege unpassierbar.

Vor kurzem ist auch zum Baliem Valley

Resort eine Straße von der rund zwanzig

Kilometer entfernten Distrikthauptstadt

gebaut worden. Nutznießer sind nicht

nur die Touristen und das Resort-

Management, sondern auch die Dörfer

entlang der Straße. Seitdem ein

öffentlicher Kleinbus fährt, ist der Weg

49


zum Markt weniger beschwerlich,

wenngleich auch teuer. Einige wenige

Männer aus Melius Nachbarschaft

besitzen sogar ein eigenes Motorrad.

Damit wird es leichter, Waren am Markt

in Wamena zu verkaufen. Gemüse und

Früchte, Schweinefleisch, Fisch und

Bauholz. Gleichzeitig wird der Bedarf an

westlichen Gütern geweckt, die meist aus

Kunststoff und anderen zersetzungsresistenten

Materialien bestehen oder

eingepackt sind. Das ist in den ländlichen

Gegenden relativ neu, daher mangelt es

an der nötigen Infrastruktur zur

Entsorgung dieser Abfälle. Ein massives

Problem, das in dieser Form in den

Industriestaaten nicht auftritt (vgl 19).

Durch Tourismusattraktionen in den

Dörfern, bei denen sich überdurchschnittlich

viel Müll ansammelt, wird

dieses Problem noch verstärkt (vgl 3).

Das Dorf Osilimo ist mit Strom

versorgt. Es liegt nur eine halbe Stunde

Fußmarsch vom Baliem Valley Resort

entfernt. Melius nutzt den Strom zur

Aufladung seines Smartphones und für

Licht am Dorfplatz und in den Hütten.

Zum Einsatz kommen Glühbirnenfassungen

mit Energiesparlampen.

Andere Dörfer haben über eine

Satellitenantenne auch Radio und

Fernsehen. Davon hält Melius nichts.

Sein altes, batteriebetriebenes

Transistorradio reicht ihm völlig. Er

versteht auch nicht, warum andere ihre

Hütten aus Holz bauen und teures

Wellblech statt der traditionellen

Baumaterialien verwenden. In Wamena

errichten manche Einheimische ihre

Häuser sogar aus Ziegel, orientiert am

Baustil der indonesischen Eindringlinge.

Melius kann sich als Clanoberhaupt

mehrere Ehefrauen nehmen. Vorausgesetzt,

er kann sich mehrere leisten.

Denn beim Stamm der Dani sind vier bis

fünfzehn Schweine an die Brautfamilie

zu übergeben und jede Frau muss eine

eigene Hütte am Dorfplatz bekommen.

Männer und Frauen leben in getrennten

Hütten. Gekocht wird in einem

Langhaus mit angrenzendem

Schweinestall. Melius hat nur eine

Ehefrau, für die er fünf Schweine

bezahlt hat. Ein weiteres Schwein wird

für ein gemeinsames Fest, dem

Schweinekochfest getötet. Schweine sind

richtig teuer, repräsentieren sie doch

einen Wert von mehreren hundert Euro.

Polygamie ist ein anerkanntes Sittenverhalten,

das offensichtlich auch in der

monogam orientierten christlichen

Glaubenswelt keinen Widerspruch

hervorruft. In den Dani-Sippen

herrschen Frauen mehrheitlich vor,

weshalb die Polygamie einen

pragmatischen Zweck erfüllt (vgl 12).

Lediglich beim Pfarrer würde es die

Gemeinschaft laut Melius nicht

akzeptieren, würde er sich eine Zweitfrau

nehmen.

Die ersten Missionare sind 1958 im

Hochland angekommen. Mit ihnen auch

die Hoffnung der Bewohner auf Waren

im Überfluss. Die Papuas dachten, dass

der Christengott mit materiellen Gütern

verbunden sein muss, da die Missionare

immer mit viel Ausrüstung aus den

Flugzeugen gestiegen sind. Folgt man

diesem Gott, dann wird man reich wie

die Weißen. Deswegen wurden die

meisten Ureinwohner Christen. Heute

beträgt ihr Anteil rund achtundziebzig

Prozent der indigenen Bevölkerung

Westneuguineas. Natürlich wurden sie

nicht reich wie die Missionare und

denken nun, dass ihnen ein wichtiger Teil

der neuen Religion vorenthalten wurde

(vgl 18).

Bekommen haben die Dani Kristallsalz,

50


Raffineriezucker und Medikamente.

Solesalz und Zuckerrohr hatten sie

schon selbst, und für Krankheiten

wurden seit jeher die Heilkräfte der

einheimischen Pflanzen genutzt.

Lediglich zur Behandlung der, durch die

Fremden neu eingeschleppten Krankheiten

erweisen sich die Medikamente

als hilfreich.

Eigentlich ist alles, was in ihren

Lebensraum eindringt bei den Papua

unbeliebt. Die Indonesier, die Missionare,

die Touristen. Und dennoch arrangiert

man sich und versucht Nutzen aus

der Situation zu ziehen. Vielleicht ist das

Anhängen am Christentum auch eine Art

des stillen Aufbegehrens gegen die

islamische Kolonialmacht. Jedenfalls

stellen für die Papua die Kirchen ein

wichtiges Bindeglied zum Ausland dar

(12).

Mit den Missionaren ist auch das Ende

der Nacktheit gekommen. Grasröcke

und Penisköcher sind moderner

Kleidung gewichen. Kleidung, die mit

Geld aus untypischer Erwerbstätigkeit

bezahlt werden muss. Reicht der

Verdienst nicht aus, verstärken die

Lumpen am Körper die Stigmatisierung

der Ureinwohner als Bürger zweiter

Klasse (vgl 33).

In dieser globalisierten Welt gehört

Westneuguinea nicht mehr länger nur

den Papua. Die Menschen aus der

Steinzeit müssen sich nun fragen, wie sie

sich der Welt öffnen und gleichzeitig die

naturverbundene Schönheit ihrer Kultur

beibehalten können. Und als Freizeitreisender

zwischen den Welten müssen

wir unser Handeln anpassen, um sie

dabei zu unterstützen.

DER BEGINN AM ENDE

Eigentlich sollte man beim Lesen meines

Buches am Ende anfangen, um gleich

am Beginn zu verstehen, was mich zur

Realisierung dieses Projekts bewegt hat.

Ursprünglich war eine Geschichte über

Häuptling Melius geplant, die dessen

Orientierungssuche in den unterschiedlichen

Lebenswelten der Ureinwohner

Westneuguineas zeigt.

Im Zuge der theoretischen Aufarbeitung

des Themas habe ich erkannt, dass ich

als ethnotouristisch Reisender selbst

einen großen Beitrag zur Verwirrung der

indogenen Bevölkerung leiste. Das

Erkennen meines Fehlverhaltens machte

mich betroffen und nachdenklich, ja

sogar ein wenig traurig. Um dieser

Bedrücktheit Raum zu geben, habe ich

dem Buch jede Farbigkeit genommen.

Saftiges Buschlandgrün, tiefblauer

Himmel und schokobraune Menschen

lassen das Herz jedes Fotografen und

jedes Bildbetrachters höher schlagen. Da

erwartet man sich ein Fotobuch über

Papua jedenfalls in Farbe. Aber genau

darum geht es in meinem Buch, dass

Erwartungen nicht erfüllt werden.

Zudem würde Farbe das Steckenbleiben

in Oberflächlichkeiten begünstigen und

den Blick hinter das Offensichtliche

erschweren.

Mit den Bildern in schwarz/weiß muss

man sich ‚der Bürde des Themas

angemessen’ (vgl 13) beschäftigen.

Einzelheiten sind schwerer zu erkennen

und Bedeutungen erschließen sich

farbinformationsfrei vielfach erst bei

genauerem Hinsehen.

Mein autobiografisches Buch ist für all

jene gedacht, die sich selbst auf ethnotouristischen

Reisepfaden bewegen. Es

soll ein Anstoß sein, das eigene Handeln

kritisch zu hinterfragen ...

51






Melius Walalua mit seinem Sohn Sius


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https://de.wikipedia.org/wiki/Westneuguinea

83


In unserer Vorstellung gibt es kaum einen

wilderen Flecken Erde als Westneuguinea.

Menschenfresser, Steinzeitwerkzeuge und

Grashütten beflügeln unsere Fantasie. Sie

wecken die Sehnsucht nach dem unberührt

Ursprünglichen und nach Teilhabe am

echten Leben der Einheimischen. Einer

Fiktion, die der Ethnotourist mit Hingabe

nachjagt. Indem er es findet, zerstört er

jedoch das, was er sucht. Mit seinem

Eindringen in das Sozialsystem der

Indigenen bringt er Strukturen ins wanken

und weckt Begehrlichkeiten von

materiellem Wohlstand und vermeintlicher

Fortschrittlichkeit. Tradition verliert an

Wert, Althergebrachtes wird aufgegeben.

Authentizität muss in Folge inszeniert

werden, um den Erwartungen der

zahlungskräftigen Besucher zu entsprechen.

Das unreflektierte Rollenspiel

auf der Bühne der Tourismusindustrie

führt bei allen Beteiligten zu

Orientierungslosigkeit. Es bringt einen

Verlust an Identität und Realitätsbezug.

Aus dem stolzen Krieger und

Lebenskünstler der Subsistenzwirtschaft

wird ein Bittsteller und Lumpenträger. Der

kulturinteressierte Reisende mutiert

unbewusst zu einem Eroberer in

Kolonialmanier. Gegensätze wie Urlaub

und Alltag, Ablehnung und Begehren,

Tradition und modernes Leben kollidieren

auf unserer Reise zwischen den Welten.

JOSEF BLASCHKO . FOTOGESCHICHTEN | ZWISCHEN DEN WELTEN

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