SMZ Liebenau Info Nov_2011
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Wie gesund darfst du einmal werden<br />
ene mene mu –<br />
Wie gesund darfst Du<br />
einmal werden?<br />
Christoph Pammer<br />
08<br />
<strong>SMZ</strong> INFO november <strong>2011</strong><br />
Das Forschungspraktikum des Instituts für Soziologie<br />
hat Beachtliches geleistet und zu Tage<br />
gebracht. Während in der fortwährenden politischen<br />
Diskussion über die „Gesamtschule“ zu<br />
Recht argumentiert wird, dass das Bildungssystem<br />
nicht im Alter von 11 Jahren eine Trennung<br />
in Schultypen und dadurch eine soziale<br />
Trennung und eine ungleiche Ausstattung mit<br />
Zukunftschancen für die Schüler/innen mit sich<br />
bringen darf, wird die soziale Ungleichheit im<br />
Volksschulalter geflissentlich ausgespart bzw.<br />
wird die Volksschule verkürzt so dargestellt, als<br />
handle es sich um eine Gesamtschule mit geringen<br />
sozialen Unterschieden.<br />
Wie groSS sind die sozialen Unterschiede<br />
bereits in der Volksschule?<br />
Während 86 % der Eltern von Kindern in der<br />
Volksschule Mariagrün angeben, über mehr als<br />
€ 2500,- Haushaltsnettoeinkommen zu verfügen,<br />
sind dies in der Volksschule Schönau gerade<br />
einmal 12,3 %. Mehr als die Hälfte der Eltern<br />
(60 %) der Eltern in der Volksschule Schönau<br />
verfügen über weniger als € 2000 netto.<br />
So fahren 62 % der Volksschulkinder in Mariagrün<br />
drei Mal und öfter im Jahr auf Urlaub, andererseits<br />
ist dieses Vergnügen in der Volksschule<br />
Schönau der Hälfte der Kinder nur ein Mal im<br />
Jahr oder nie (12 %) gegönnt.<br />
Erwartungsgemäß sind nahezu alle erhobenen<br />
Krankheitsdaten der Volksschulkinder in Mariagrün,<br />
Schönau und am Berliner Ring sozial ungleich<br />
verteilt, was die Ergebnisse der angehenden<br />
Soziologen in den Bereichen körperliche,<br />
psychische und soziale Gesundheit belegen.<br />
Viel mehr kranke Kinder in Schönau als<br />
in Mariagrün<br />
Doppelt so viele Kinder in Schönau geben an, oft<br />
krank zu sein, hier sind beispielsweise die Daten<br />
über das psychische Wohlbefinden der Kinder<br />
Besorgnis erregend. Es gibt viel seltener familiäre<br />
Aktivitäten, auch am Wochenende.<br />
Die Mariagrüner Eltern sowie die Eltern der Kinder<br />
am Berliner Ring beurteilen den familiären<br />
Zusammenhalt zu mehr als 90 % als „stark“<br />
oder „sehr stark“, in Schönau sind dies nur etwas<br />
mehr als die Hälfte. Die Eltern benachteiligter<br />
Kinder geben weit häufiger an, depressive<br />
Verstimmungen, Angst und Wutanfälle bei ihren<br />
Kindern wahrzunehmen.<br />
Die sozialen Unterschiede zeigen sich auch im<br />
Gesundheitsverhalten. Sozial benachteiligte<br />
Volksschulkinder ernähren sich schlechter und<br />
sind weit seltener in einem Sportverein aktiv, dafür<br />
rauchen in Schönau doppelt so viele Personen<br />
im nahen Umfeld, die mit dem Kind zusammenleben<br />
wie in Mariagrün.<br />
Und auch was die Verteilung der Gesundheitsressourcen<br />
betrifft, belegt die Untersuchung klar,<br />
dass sich in den untersuchten Stadtteilen unterschiedliche<br />
Milieus ansiedelten und damit stark<br />
unterschiedliche Lebensstile vorzufinden sind,<br />
wenngleich diese mit dem Einkommen zusammenhängen.<br />
Was tun?<br />
Die Studierenden betonen in „ene mene mu –<br />
wie gesund bis du?“, dass es nicht der durchschnittliche<br />
Reichtum einer Gesellschaft ist, von<br />
dem die Gesundheit wesentlich abhängt (hier<br />
liegt Österreich sehr gut), sondern dass es das<br />
Ausmaß der sozialen Ungleichheit ist, (also der<br />
gesellschaftliche Unterschied zwischen Arm und<br />
Reich), das die Lebenserwartung in einer Gesellschaft<br />
und den Zuwachs an „Lebensjahren in<br />
guter Gesundheit“ bedingt.<br />
Chancengleichheit stärken<br />
Soziale und gesundheitliche Ungleichheit<br />
(Lebenserwartungsunterschiede von bis zu 10<br />
Jahren!) müssen in der Gesundheitsförderung<br />
mitgedacht werden, um Probleme der Kindergesundheit<br />
an ihren Wurzeln zu packen! Hier bestehen<br />
zwei politische Möglichkeiten: Man kann<br />
weiterhin soziale Ungleichheit durch Umverteilungspolitik<br />
abschwächen und sonst nicht viel tun.