SMZ Liebenau Info Nov_2012
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Gesunde<br />
WahlStadt<br />
Graz?<br />
<strong>SMZ</strong> INFO november <strong>2012</strong><br />
ISSN: 2222-2316
in dieser ausgabe<br />
mitarbeiterinnen<br />
des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />
Dr. Rainer Possert<br />
Arzt für Allgemeinmedizin<br />
Psychotherapeut<br />
Dr. Gustav Mittelbach<br />
Arzt für Allgemeinmedizin<br />
Psychotherapeut<br />
Dipl. PT Heilwig<br />
Possert-Lachnit, MSc<br />
Physiotherapeutin<br />
Dr. Inge Zelinka-Roitner<br />
Soziologin<br />
Dr. Iva Brozek<br />
Turnusärztin<br />
EDITORIAL 1<br />
Matthias Urlesberger, BA<br />
Gesundheitsmanager<br />
bis auf die knochen 2<br />
wer ist gesund in graz? 8<br />
Mag. Karin Ettl<br />
Verwaltung<br />
drogen in graz 10<br />
Brauchen die GrazerInnen die Umweltzone? 12<br />
Feinstaub, Umweltzone und Gesundheit 14<br />
SabRINA krenn<br />
Asistentin<br />
Baden in der Mur kann Ihre Gesundheit gefährden! 16<br />
Gemeinwesenarbeit am Grünanger 18<br />
Birgit Paller, MA<br />
Sozialarbeiterin<br />
Wandertag an der Mur 20<br />
Die neue Grazer „SozialCard“ 22<br />
„Bei Liebeskummer Apfelmus“… 24<br />
Kerstin Treichler<br />
Assistentin<br />
<strong>SMZ</strong>-Mitarbeiterinnen stellen sich vor 25<br />
Danke an Karin, ein Abschied 27<br />
Dr. Ulrike Körbitz<br />
Psychoanalytikerin<br />
Gemeinsam statt Einsam 28<br />
Krista Mittelbach<br />
Psychotherapeutin<br />
DSA Theresa Augustin<br />
Psychotherapeutin<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER: <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, <strong>Liebenau</strong>er Hauptstraße 102-104 a, 8041 Graz<br />
TEL 0699 180 84 375 F (0316) 462340-19<br />
Email smz@smz.at Homepage www.smz.at vereinsregister ZVR: 433702025<br />
REDAKTION: Dr. Rainer Possert, Mag. a Dr. in Inge Zelinka-Roitner<br />
Mitarbeiterinnen dieser Ausgabe: Das Team des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />
FOTOS: Rainer Possert; <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />
LAYOUT + SATZ CUBA, graz www.cubaliebtdich.at<br />
DRUCK Druckerei Bachernegg GmbH, Kapfenberg AUFLAGE 1.700 Stk.<br />
Dr. Wolfgang Sellitsch<br />
Jurist
EDITORIAL<br />
Wir (Nicht-) Wählerinnen haben einen, wie<br />
immer auf unsere Kosten (Steuern) geführten<br />
Intensivwahlkampf hinter uns, Gewinnerin<br />
war die KPÖ mit Elke Kahr an der Spitze.<br />
Die Forderung nach „leistbarem Wohnen“<br />
und der gelebte Verzicht auf Einkommensprivilegien<br />
symbolisieren den Wunsch vieler<br />
Menschen nach sozialer Gerechtigkeit. Die<br />
Verringerung oder Aufhebung gesellschaftlicher<br />
Ungleichheit ist – und das ist unter<br />
ExpertInnen unbestritten – eine Grundvoraussetzung<br />
für körperliche und seelische<br />
Gesundheit.<br />
Andere, für unsere Gesundheit wichtige<br />
Themen, spielten im Wahlkampf so gut wie<br />
keine Rolle mehr, wir rufen diese in Erinnerung:<br />
1.) In Kürze soll der Gemeinderat die Errichtung<br />
des Abwasserkanals und damit<br />
die Rodung des Auwaldes in der Stadt<br />
bis zur Radetzkybrücke beschließen<br />
– eine Vorleistung zur Errichtung der<br />
Staustufe Puntigam. Das Ergebnis der<br />
Studie von Univ. Prof. Franz Mascher<br />
sollte eigentlich das Aus für Nagls „Freizeitparadies<br />
an der Mur“ bedeuten. Es<br />
wird sich in Zukunft nur mehr die Frage<br />
stellen, welche BehördenvertreterInnen<br />
Amtsmissbrauch begehen, wenn angesichts<br />
krankheitserregender Bakterien<br />
an der (gestauten) Mur kein Badeverbot<br />
(auch kein Pritscheln von Kindern oder<br />
Bootsfahrern, etc.) verhängt wird.<br />
2.) Feinstaub: keine Lösung in Sicht, in allen<br />
Plänen zur Verkehrsreduktion wurden<br />
die täglich auf den Autobahnen durch<br />
Graz fahrenden 100.000 Autos pro Tag<br />
von jeglichen Sanktionen (außer zeitweisen<br />
Geschwindigkeitsbeschränkungen)<br />
ausgenommen. Zusätzlich werden<br />
durch das fortwährende Roden von<br />
Strauch- und Baumbestand im Rahmen<br />
des Immobilienbooms – jedes noch so<br />
kleine Grundstück wird zugepflastert -<br />
staubarme (Gesundheits-)Inseln immer<br />
weniger (siehe S. 12). Und die Filterfunktion<br />
des Auwaldes entlang der Mur<br />
soll ja dem Damm des Murkraftwerkes<br />
geopfert werden.<br />
3.) Zum Thema Krankenhaus (LKH West/<br />
Barmherzige Brüder) und zu „Gesundheitsreformen“<br />
im Allgemeinen<br />
können wir einen Artikel aus Deutschland<br />
zur Verfügung stellen und freuen<br />
uns auf (kritische) Kommentare von<br />
„GesundheitsökonomInnen“ oder den<br />
zahlreichen AbsolventInnen von „Public-<br />
Health“ Ausbildungen (früher: Sozialmedizin).<br />
4.) Und dass der Gesundheitsbericht der<br />
Stadt Graz von der/dem noch unbekannten<br />
neuen Stadträtin/Stadtrat gelesen<br />
wird, nehmen wir an. Ob der Maßnahmenkatalog<br />
umgesetzt wird, lässt<br />
sich schon jetzt bezweifeln. Es wurden<br />
ja schon bisher unzählige Forschungsberichte<br />
zu Fragen der Gesundheit/<br />
Armut „schubladisiert“, von wegen Politikverdrossenheit<br />
...<br />
Rainer Possert<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
1
Bis auf die Knochen<br />
Bis auf die Knochen<br />
Die Kommerzialisierung medizinischer<br />
Leistungen zwingt die Krankenhäuser<br />
in einen grotesken Wettbewerb – auf<br />
Kosten der Patienten<br />
Nadja Rakowitz<br />
2<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Wir erinnern uns: In der von Mythen und<br />
Interessen geprägten Diskussion um die<br />
zukünftige Finanzierbarkeit des deutschen<br />
Gesundheitssystems, hatte der 23jährige<br />
Bundesvorsitzende der Jungen Union, Philipp<br />
Mißfelder, im Jahr 2003 vorgeschlagen,<br />
85-Jährigen Kassenleistungen wie<br />
künstliche Hüften und Zahnprothesen zu<br />
streichen. Ein zum Teil sehr heuchlerischer<br />
Sturm der Entrüstung brach über ihn herein<br />
– was seinem beruflichen Weiterkommen<br />
nicht schadete. Dass solche Überlegungen<br />
zur Rationierung die notwendige Konsequenz<br />
eines unter das Kapital reell subsumierten<br />
Gesundheitswesens sind, ist ein<br />
wichtiges und berechtigtes Motiv linker Kritik<br />
an den aktuellen Entwicklungen auf dem<br />
Gesundheitsmarkt.<br />
Ein anderer Effekt der Kommerzialisierung<br />
des Gesundheitswesens bleibt in der linken<br />
Kritik jedoch bisweilen unterbelichtet:<br />
die Tendenz, aus ökonomischen Gründen<br />
mehr zu tun als medizinisch nötig. Im Jahr<br />
2010 stellte die Barmer GEK in ihrem Krankenhausreport<br />
fest, dass die Fallzahlen der<br />
Hüftoperationen seit 2003 – altersbereinigt<br />
– um 9 %, die der Knieoperationen um rund<br />
43 % gestiegen sind. Die Frage müsse erlaubt<br />
sein, so die dazugehörige Pressemeldung,<br />
„ob durch zu breite Indikationsstellung<br />
bereits eine Tendenz zur Überversorgung<br />
bestehe“.<br />
Zu ähnlichen Schlüssen kommt der Vorstandsvorsitzende<br />
des Spitzenverbands<br />
der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV)<br />
von Stackelberg, als Ergebnis eines Gutachtens<br />
des Rheinisch-Westfälischen Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung Essen: „Vieles<br />
deutet darauf hin, dass in den Kliniken aufgrund<br />
ökonomischer Anreize medizinisch<br />
nicht notwendige Leistungen erbracht werden.“<br />
Selbst der hessische Sozialminister Grüttner<br />
(CDU) stellt fest, dass die aktuelle<br />
Krankenhausfinanzierung dazu führe, dass<br />
„die Kliniken noch mehr Leistungen produzieren<br />
müssen“. Diese Entwicklung, so<br />
Grüttner, werde auch durch die Feststellung<br />
des Instituts für das Entgeltsystem im<br />
Krankenhaus verdeutlicht, dass nahezu die<br />
gesamten Fallzahlsteigerungen der letzten<br />
Jahre in Deutschland auf der Zunahme von<br />
planbaren Hüft- und Knieoperationen sowie<br />
Gallenblasenoperationen und Herzkathetereingriffen<br />
beruhen.<br />
Der Anästhesist Peter Hoffmann weist darauf<br />
hin, dass deutsche Patientinnen und<br />
Patienten doppelt so häufig an Knien und<br />
Hüften operiert und beinahe viermal häu-
BIS AUF DIE KNOCHEN<br />
Die Gewerkschaft Verdi rechnet vor,<br />
dass in den Jahren 1996 bis 2008 insgesamt<br />
rund 50.000 Vollzeitstellen in der<br />
Krankenhauspflege abgebaut wurden ...<br />
figer invasiv mit Herzkatheter untersucht<br />
wurden als Schweizer. Als Krankenhausarzt<br />
weiß er, wovon er spricht, wenn er Schluss<br />
folgert: „Niemand mag glauben, dass dieser<br />
Anstieg medizinisch tatsächlich notwendig<br />
und sinnvoll war.“<br />
Statt eine Rationierung von Leistungen,<br />
sehen wir also zumindest im Krankenhaus<br />
eine Ausweitung von Leistungen.<br />
Stellenabbau bei mehr Patienten<br />
Parallel zu diesen Tendenzen der ja schließlich<br />
auch lukrativen Überversorgung, wurden<br />
in den Krankenhäusern massiv Stellen<br />
– vor allem in der Pflege abgebaut.<br />
Die Gewerkschaft Verdi rechnet vor, dass in<br />
den Jahren 1996 bis 2008 insgesamt rund<br />
50.000 Vollzeitstellen in der Krankenhauspflege<br />
abgebaut wurden, was einem Minus<br />
von 14,2 Prozent oder dem Wegfall jeder<br />
siebten Stelle entspricht.<br />
Entsprechend der Logik der Fallzahlensteigerung<br />
hat sich die Zahl der behandelten<br />
Patienten aber kontinuierlich erhöht, was<br />
eine ungeheure Arbeitsverdichtung für die<br />
verbliebenen Beschäftigten und eine „Produktivitätssteigerung“<br />
für das Unternehmen<br />
Krankenhaus bedeutet. Ebenfalls parallel<br />
dazu gab es einen Privatisierungsschub<br />
im deutschen Gesundheitswesen mit dem<br />
Ergebnis, dass es inzwischen mehr Krankenhäuser<br />
in privater Trägerschaft gibt als<br />
in öffentlicher.<br />
Die Hintergründe<br />
Ende der achtziger und Anfang der neunziger<br />
Jahre blieben die Einnahmen der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung immer weiter<br />
hinter der allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung zurück. Es stiegen damals<br />
zwar nicht die Kosten im Gesundheitswesen<br />
(gemessen am Bruttosozialprodukt)<br />
sondern die Beitragssätze der GKV. Da diese<br />
aber als so genannte Lohnnebenkosten<br />
auch in die Rechnung des Arbeitgebers eingehen<br />
und – gemäß neoliberaler Angebotstheorie<br />
– einen Konkurrenznachteil auf dem<br />
Weltmarkt darstellen, bemühte sich die Politik<br />
um Kostendämpfung im Gesundheitswesen,<br />
statt die Einnahmen der GKV z.B. mit<br />
einer Ausweitung des Solidaritätsprinzips<br />
durch Erhöhung (oder gar Abschaffung) der<br />
Beitragsbemessungsgrenze oder Erweiterung<br />
der Beitragsbasis zu stabilisieren.<br />
In diesem Zusammenhang wurde 2004<br />
für den stationären Sektor die Abrechnung<br />
nach Fallpauschalen (Diagnosis Related<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
3
Bis auf die Knochen<br />
4<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Groups = DRG) eingeführt, weil der vorher<br />
geltende tagesgleiche Pflegesatz falsche<br />
Anreize für zu lange Liegezeiten gesetzt<br />
und zusammen mit dem Selbstkostendeckungsprinzip<br />
(dass nämlich alle Kosten,<br />
die angefallen sind, bezahlt wurden) die<br />
Kosten in unnötige Höhen getrieben habe.<br />
Die DRG folgen nun der entgegengesetzte<br />
Logik: Jeder Patient, der ins Krankenhaus<br />
kommt, ist ein Fall mit einer bestimmten Diagnose,<br />
für die das Krankenhaus eine bestimmte<br />
fixierte Summe Geld bekommt. Zu<br />
jeder DRG gehört auch eine bestimmte Verweildauer<br />
im Krankenhaus. Bleibt der Patient<br />
länger, legt das Krankenhaus drauf, entlässt<br />
es den Patienten früher, war er lukrativ.<br />
Finanzierungslogik<br />
Insgesamt hat diese Finanzierungslogik<br />
zwei Konsequenzen: Sie reizt zur Verkürzung<br />
der Verweildauer (so haben sich die<br />
Liegezeiten von durchschnittlich 14 Tagen<br />
Anfang der neunziger Jahre auf inzwischen<br />
etwas mehr als sieben Tage fast halbiert)<br />
und sie reizt dazu, möglichst viele Fälle zu<br />
produzieren!<br />
Gleichzeitig mit der neuen Abrechnungsform,<br />
die ähnlich einer Einzelleistungsvergütung<br />
funktioniert, wurde eine Marktordnung,<br />
also Konkurrenz zwischen den Krankenhäusern<br />
eingeführt. Im Wettbewerb unterlegene<br />
Krankenhäuser sollten möglichst<br />
schließen und auf diese Weise Überkapazitäten<br />
abgebaut werden - allerdings nicht gemessen<br />
an Bedarfskriterien, sondern nach<br />
schlichter betriebswirtschaftlicher Logik.<br />
In den ersten Jahren nach Einführung des<br />
DRG-Systems lieferten sich defizitäre Krankenhäuser<br />
einen Kostensenkungswettbewerb,<br />
vor allem durch Personalabbau.<br />
Die Kliniken gerieten dabei in eine zunehmende<br />
Kostenklemme, weil ihre Kostensenkungen<br />
wiederum zur Absenkung der<br />
Fallpauschalen führten und die jeweiligen<br />
Bundesregierungen die Steigerung der<br />
Krankenhausbudgets strikt auf die minimale<br />
Steigerung der Grundlohnrate begrenzten.<br />
Es war also marktkonformes Verhalten der<br />
Kliniken, unter dem Druck der Dumpinglogik<br />
die Fallzahlen zu steigern und möglichst lukrative<br />
Fälle an sich zu ziehen.<br />
Wir kennen diese Logik aus der ambulanten<br />
Medizin. Solange es dort eine Einzelleistungsvergütung<br />
gab, also jede Leistung<br />
unmittelbar mehr Einkommen für den niedergelassenen<br />
Arzt bedeutete, war dies ein
BIS AUF DIE KNOCHEN<br />
Immer mehr Patienten<br />
werden mit immer weniger<br />
Personal abgearbeitet<br />
und durchgeschleust.<br />
Anreiz für den Kleinunternehmer, die Leistungen<br />
– auch medizinisch nicht begründete<br />
– auszuweiten. Diese Logik wirkte auch<br />
noch, als im ambulanten Sektor ein Budgetdeckel<br />
eingeführt wurde.<br />
Genau das erleben wir nun in den Krankenhäusern.<br />
Die Kliniken konnten trotz des<br />
sehr geringen Anstiegs des Preisniveaus<br />
die Erlöse zwischen 2005 und 2011 um immerhin<br />
23,1 Prozent steigern. Das ging nur<br />
mit einer Fallzahlsteigerung, die diesem Ziel<br />
untergeordnet ist. Eines der Mittel, um diese<br />
Ziel zu erreichen, sind z. B. Arbeitsverträge<br />
für Ärzte mit leistungsbezogenen Vergütungsanteilen.<br />
So beschreibt in einem Artikel<br />
in der „Zeit“ ein Chirurg ein Angebot der<br />
Geschäftsführung: „Am Jahresende würde<br />
ich 5.000 Euro bekommen, wenn ich dafür<br />
sorgte, dass die Zahl der ‚Case-Mix-Punkte‘<br />
in meinem Bereich – der Wirbelsäulenchirurgie<br />
– jährlich um zwei Prozent steigt.“ (Im<br />
DRG-System gibt es für jede therapeutische<br />
Maßnahme eine bestimmte Punktezahl,<br />
aus der sich die Summe errechnet, die<br />
das Krankenhaus von der Kasse bekommt.)<br />
Der gefragte Arzt lehnte das Angebot ab,<br />
weil er weder die Zahl der Patienten, noch<br />
ihre Krankheiten oder ihre Therapien beeinflussen<br />
könne. Er schätzt aber, dass 80<br />
Prozent der Chef- und Oberärzte in seinem<br />
Krankenhaus eine derartige Zielleistungsvereinbarung<br />
unterschrieben haben. Konkret<br />
heißt das, dass sie jedes Jahr entweder<br />
mehr Patienten brauchen oder mehr<br />
Diagnosen stellen müssen, die viele Punkte<br />
bringen.<br />
Ein solcher Vertrag mag – neben ärztlichen<br />
Allmachtsphantasien – auch bei jenem Göttinger<br />
Arzt eine Rolle gespielt haben, der<br />
wegen Datenmanipulationen bei Transplantationen<br />
zur Verantwortung gezogen<br />
wurde. Laut „Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung“<br />
(„FAS“) besaß der Chefarzt<br />
einen Vertrag mit spezieller Leistungskomponente:<br />
Pro Lebertransplantation erhielt<br />
er einen Zuschlag von 2.000 Euro. Bei 56<br />
Transplantationen im Jahr 2010 betrug der<br />
Bonus immerhin 112.000 Euro. Allerdings<br />
hat dieser Arzt keine medizinisch unnötige<br />
Operation durchgeführt, sondern die Prioritätenliste<br />
manipuliert und damit seinen<br />
Patienten und seinem Krankenhaus einen<br />
Vorteil verschafft. So erklärt Georg Baum,<br />
der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft,<br />
in der „Taz“: „Transplantationen<br />
werden den Kliniken seit 2003<br />
nicht mehr als Gesamtjahresbudget vergütet<br />
... sondern pro Fall.“ Werden weniger<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
5
Bis auf die Knochen<br />
Organe verpflanzt als vorausgesehen, habe<br />
das Folgen für den Sachkostenschlüssel,<br />
den Stellenplan und im Zweifel sogar für die<br />
Existenz des Zentrums, denn dieses müsse<br />
aus Qualitätsgründen eine bestimmte jährliche<br />
Mindestanzahl an Transplantationen<br />
nachweisen.<br />
Bei gleichzeitigem Sparzwang kann die<br />
beschriebene Logik, d.h. der durch sie gesetzte<br />
ökonomische Zwang, insgesamt nur<br />
auf Kosten der Qualität (und auch Hygiene)<br />
gehen. Immer mehr Patienten werden mit<br />
immer weniger Personal abgearbeitet und<br />
durchgeschleust. Dies gilt zunächst für alle<br />
Krankenhäuser unabhängig von ihrer Trägerschaft.<br />
Bei privat geführten Krankenhäusern<br />
kommt allerdings noch verschärfend<br />
der Druck hinzu, Profit machen zu müssen.<br />
Zu welchen Konsequenzen das führt, sehen<br />
wir inzwischen in Hessen an der privatisierten<br />
Uniklinik Gießen-Marburg.<br />
In der „Frankfurter Rundschau“ fasste der<br />
Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther<br />
Jonitz, die Entwicklungen im Krankenhaus<br />
kürzlich so zusammen: „Ein Krankenhaus<br />
gefährdet seine Existenz heute<br />
stärker, wenn es schlechte wirtschaftliche<br />
Leistungen erbringt, als wenn es schlechte<br />
Medizin macht. Das ist weder im Sinne<br />
der Patienten noch der Ärzte.“ Jonitz ist<br />
dennoch der Ansicht, dass das System zu<br />
verbessern, aber nicht wieder abzuschaffen<br />
sei. Das ist angesichts der immanenten Logik<br />
des DRG-Systems nicht plausibel.<br />
Man muss hier Peter Hoffmann zustimmen:<br />
„Derzeit glauben wohl noch alle betroffenen<br />
Interessensgruppen, das DRG-System<br />
würde den stationären Sektor letztlich einigermaßen<br />
sinnvoll steuern und die wesentlichsten<br />
Interessen aller Beteiligten erfolgreich<br />
integrieren. Man kommt aber nicht aus<br />
der Sackgasse, indem man schneller rennt.<br />
Es hilft nichts, wir müssen umkehren.“<br />
Unnütze Leistungen<br />
<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Nov</strong>ember <strong>2012</strong><br />
Doch die Sackgasse ist lang. Wie weit man<br />
darin rennen kann, lässt sich auch am ambulanten<br />
Sektor zeigen: Das Marktvolumen<br />
der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
Ende der neunziger Jahre „erfundenen“<br />
Selbstzahlerangebote, auch Individu-
BIS AUF DIE KNOCHEN<br />
elle Gesundheitsleistungen (IGeL) genannt,<br />
beträgt inzwischen schätzungsweise 1,5<br />
Milliarden Euro pro Jahr. 28,3 Prozent der<br />
Versicherten werden in den Praxen inzwischen<br />
IGeL angeboten. Untersuchungen<br />
des Deutschen Instituts für Medizinische<br />
Dokumentation und <strong>Info</strong>rmation zufolge<br />
fehlt aber für die am häufigsten angebotenen<br />
(wie z.B. die Augeninnendruckmessung<br />
als Glaukomscreening) „eine belastbare<br />
Evidenz zum Nutzen“. Sie nutzen, so<br />
der Arzt und Journalist der „Süddeutschen<br />
Zeitung“, Werner Bartens, nur dem Arzt.<br />
Auch hier kann man von einer Überversorgung<br />
sprechen – einer Überversorgung mit<br />
Leistungen, die größtenteils auch noch unnütz,<br />
manchmal sogar schädlich sind. Dies<br />
wiederum steht im krassen Gegensatz zu<br />
dem Faktum, dass viele nützliche Leistungen,<br />
wie z.B. Krankengymnastik oder Massagen<br />
kaum noch auf GKV-Rezept zu bekommen<br />
sind.<br />
Gesundheit und<br />
Verkaufsoptimierung<br />
Die Bundesregierung fördert „Marketingseminare,<br />
in denen Ärzte lernen, Patienten so<br />
genannte IGel-Angebote zu verkaufen ...<br />
Das Bundeswirtschaftsministerium räumte<br />
ein, dass derartige Schulungen bezuschusst<br />
werden. Grundlage sei die Richtlinie<br />
über die ‚Förderung unternehmerischen<br />
Know-hows‘ für kleine und mittlere Betriebe<br />
sowie Freie Berufe, zu denen Ärzte gehören.<br />
Gefördert würden auch ‚Maßnahmen<br />
der Verkaufsoptimierung‘, heißt es in einer<br />
Stellungnahme des Ministeriums“, so die<br />
„Berliner Zeitung“.<br />
Konsequenterweise wurden diese Seminare<br />
gleich vom Wirtschaftsministerium gefördert.<br />
Mit Gesundheit hat all das ja auch<br />
wirklich nichts zu tun!<br />
Dr. Nadja Rakowitz,<br />
geboren 1966, Promotion in Politologie<br />
über Karl Marx’ Kritik des<br />
Frühsozialismus, seit Anfang der<br />
90er Jahre Bildungsarbeit für die<br />
Gewerkschaft, seit 2001 Redakteurin<br />
bei der Monatszeitung „express.<br />
Zeitschrift für sozialistische<br />
Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit“,<br />
von 2001 bis 2006 wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Institut<br />
für Medizinische Soziologie<br />
in Frankfurt/Main, seit 2006 Geschäftsführerin<br />
des Vereins demokratischer<br />
Ärztinnen und Ärzte<br />
(VdÄÄ).<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
7
wer ist gesund in graz?<br />
Wer ist gesund in Graz?<br />
Forumsveranstaltung mit gesundheitS Stadtrat<br />
MIchael Grossmann und Suchtkoordinator<br />
Ulf Zeder<br />
Zusammengefasst von Inge Zelinka-Roitner<br />
Gesundheit ist auch ein soziales Phänomen<br />
Gesundheitsstadtrat Michael Grossmann präsentierte im <strong>SMZ</strong> gemeinsam mit dem Suchtkoordinator<br />
Ulf Zeder Daten, Fakten und Strategien zur Gesundheit der Grazerinnen und<br />
Grazer.<br />
„Es gibt keine Verpflichtung zur Gesundheit, Teilhabe und Starthilfen sind wichtig. Das<br />
schichtspezifisch unterste Fünftel der Grazer Bevölkerung hat ein doppelt so hohes Risiko,<br />
krank zu werden, wie das oberste Fünftel,“ so Zeder.<br />
Erschreckend war auch der Befund, dass 38.000 Grazer (ein Drittel aller Erwerbstätigen)<br />
lediglich über ein Bruttoeinkommen von unter € 12.000 pro Jahr verfügen.<br />
Für den Grazer Gesundheitsbericht wurden sowohl vorhandene Daten gesichtet, als auch<br />
Befragungen, Fokusgruppeninterviews und qualitative Experteninterviews (unter anderem<br />
mit dem <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>) durchgeführt.<br />
Sowohl Grossmann als auch Zeder betonten, dass Gesundheitsförderung zur Querschnittsmaterie<br />
gemacht werden solle: Gesundheit sei zum Beispiel auch Angelegenheit<br />
der Stadt-und Verkehrsplanung sowie der Sozial-, Umwelt- und Wohnungspolitik. Der<br />
Stadtteilarbeit – wie sie vom <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> verfolgt wird – solle dabei größere Bedeutung<br />
zukommen. Trotz dieses Schwerpunkts bleiben die Finanzmittel für Gesundheitsförderung<br />
und Prävention jedoch äußerst beschränkt.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Das „Leitbild Gesundes<br />
<strong>Liebenau</strong>“ ist im<br />
<strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> unter<br />
smz@smz.at erhältlich!<br />
8
wer ist gesund in graz?<br />
Grossmanns Ziele für die Zukunft:<br />
1. Gesundheit als Querschnittmaterie:<br />
Die gesundheitlichen Auswirkungen von Großprojekten sollten bereits vor der Genehmigung<br />
einkalkuliert werden. (Beispiel: Welche Auswirkungen hat der Bau eines<br />
großen Kraftwerkes auf die Gesundheit der Bevölkerung?)<br />
2. Gesundheit und Migration:<br />
Menschen aus Zentralafrika können z.B. mit den veränderten Lebensbedingungen in<br />
Österreich nur schwer umgehen, essen zu viel, zu fett und bewegen sich wenig. Die<br />
Folge: frühe Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hier könne man z.B. mit<br />
den „Gesunden Bezirken“ eingreifen!<br />
3. Gesundheit und Alter:<br />
Grossmann betont die Bedeutung von sozialen Netzwerken: ältere Menschen müssten<br />
aus ihrer Isolation geholt werden, damit sie wieder außer Haus gehen. Die Pflegeversicherung<br />
sollte als Pflichtversicherung eingeführt werden, was zwar zu geringfügig<br />
höheren Kosten für den Einzelnen führe, aber garantierte Pflege bedeute. Diese<br />
Pflichtversicherung sollte auch einen Beitrag zur Gesundheitsförderung inkludieren.<br />
4. Gesundheit und Arbeit:<br />
Hier plädiert Grossmann für ein Umdenken nach skandinavischem Vorbild: Überstunden<br />
sollten als absolute Ausnahme gelten, Arbeitgeber besser neue Personen<br />
einstellen, als die Vorhandenen über die Maßen zu beanspruchen. In Skandinavien<br />
gäbe es Pläne, wie man gesund bis 65 arbeiten könne, hierzulande werde versucht,<br />
ältere Arbeitnehmer früh los zu werden.<br />
Die gespaltene Stadt<br />
In der Diskussion wies Rainer Possert (<strong>SMZ</strong>)<br />
darauf hin, dass die zitierten Zahlen des<br />
Gesundheitsberichtes auf eine „gespaltene<br />
Stadt“ in sozialer Hinsicht schließen ließen.<br />
Bezogen auf den Medizinbetrieb sollte auch<br />
untersucht werden, inwieweit sozial schwächer<br />
gestellte Gruppen den gleichen guten<br />
Zugang zur medizinsichen Versorgung haben<br />
wie gut Verdienende. Auch die Politik<br />
der GKK sei diskriminierend: Da z.B. bei<br />
Logopädie, Psychotherapie, Physiotherapie<br />
und Heilbehelfen sehr hohe Selbstbehalte<br />
verrechnet werden, können sich viele diese<br />
notwendigen Maßnahmen erst gar nicht<br />
leisten.<br />
Fleckerlteppich an Angeboten<br />
vereinigen<br />
Eine Diskutantin schlug vor, in Graz endlich<br />
den Fleckerlteppich an gesundheitsförderlichen<br />
Angeboten zu vereinigen und z.B.<br />
eine Koordinationsstelle schaffen. So sei<br />
der Krankenhausbereich immer noch völlig<br />
getrennt vom ambulanten Bereich, mehr<br />
Zusammenarbeit – auch in Bezug auf<br />
Prävention – wäre wünschenswert.<br />
Auf kritische Fragen zum Thema „Querschnittsmaterie“<br />
antwortete Grossmann,<br />
dass eine ressortübergreifende Definition<br />
von Gesundheitszielen gemeinsam mit dem<br />
Land Steiermark geplant sei. Sylvia Groth<br />
vom Frauengesundheitszentrum verlangte<br />
diesbezüglich eine Verwaltungsreform, damit<br />
Gesundheit endlich auch in den Bereichen<br />
Bildung, Soziales und Schule verankert<br />
werde.<br />
Gustav Mittelbach (<strong>SMZ</strong>) wies abschließend<br />
darauf hin „dass es eine der Hauptbestrebungen<br />
der Ärzte im <strong>SMZ</strong> gewesen<br />
sei, Soziales und Gesundheit zu vereinen,<br />
weshalb von Beginn an Sozialarbeit ein<br />
fixes Standbein des Zentrums gewesen sei.<br />
Auch die Einbeziehung der Bevölkerung im<br />
Bezirk sei stets oberste Prämisse gewesen:<br />
so gäbe es für <strong>Liebenau</strong> längst ein Gesundheitsförderungs-Leitbild,<br />
das schon vor Jahren<br />
im <strong>SMZ</strong> gemeinsam mit den Bürgerinnen<br />
und Bürgern erarbeitet wurde.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
9
drogen in graz<br />
drogen in graz<br />
Vortrag von Suchtkoordinator ulf zeder<br />
Zusammengefasst von Inge Zelinka-Roitner<br />
„Sucht kann jeden treffen,<br />
aber nicht jeder wird gleich<br />
getroffen!“,<br />
so der Suchtkoordinator der Stadt Graz,<br />
Dr. Ulf Zeder. In einer Forumsveranstaltung<br />
des <strong>SMZ</strong> im Juni wies er damit auf die<br />
Schichtspezifik der Drogenproblematik hin.<br />
Allein beim Thema Rauchen sähe man, so<br />
Zeder, dass vor allem junge, arme Mädchen<br />
überproportional betroffen seien. Auch<br />
die Wohngegend stelle einen Einflussfaktor<br />
dar: sind Drogen direkt vor der Haustür<br />
sichtbar, erleichtere dies den Konsum. Sicherheit<br />
an öffentlichen Orten gehöre daher<br />
zur Drogenprävention, weshalb auch die<br />
Forderung nach mehr Polizeipräsenz an<br />
Orten wie z. B. dem Volksgarten ihre Berechtigung<br />
habe.<br />
Sucht als gesellschaftliches Phänomen<br />
behandeln<br />
dass die Zahl der Abhängigen lediglich geschätzt<br />
werden könne. Pro Jahr gäbe es<br />
in Graz ca. fünf bis sieben Drogentote, die<br />
Notaufnahme im LKH Graz verzeichne pro<br />
Woche an die drei Drogennotfälle. Dabei<br />
handle es sich meist um Überdosierungen<br />
mit einem Tag Aufenthalt.<br />
Sowohl Graz, als auch gesamt Österreich,<br />
führe die unrühmliche Statistik bei jungen,<br />
unter 25-jährigen Drogentoten an. In Graz<br />
begännen bereits sehr junge Abhängige in<br />
frühem Stadium mit intravenösem Konsum<br />
und der gleichzeitigen Einnahme von „Benzos“<br />
(Benzodiazepine, so genannte Tranquilizer),<br />
eine Kombination mit hohem Todesrisiko.<br />
Benzos würden bei Angstzuständen<br />
und Depressionen Sinn machen, seien<br />
aber bei vielen Drogenabhängigen zu hoch<br />
dosiert, beeinträchtigen die Urteilsfähigkeit,<br />
führen zu Sexualstörungen und schwächen<br />
die Antriebskraft.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
„Wenn eine Droge kulturell sehr gut verankert<br />
ist und starke soziale Strukturen und<br />
Regeln da sind, gibt es weniger Probleme“,<br />
bestätigt der Suchtkoordinator. Jene ca.<br />
10.000 GrazerInnen, welche Cannabis konsumierten,<br />
seien sozial meist gut integriert.<br />
Zeder appellierte auch an die Drogenpolitik,<br />
Sucht als Krankheit und nicht als moralisches<br />
Fehlverhalten zu betrachten. Daher<br />
solle man auch nicht versuchen, Süchtige<br />
aus dem Gesichtsfeld zu vertreiben, sondern<br />
sie zu inkludieren. Auch Notfalleinrichtungen<br />
für Süchtige seien in diesem Zusammenhang<br />
wichtig.<br />
Hohe Zahl an jungen<br />
Drogentoten<br />
In einer kurzen Bestandsaufnahme des<br />
„Grazer Problems“ wies Zeder darauf hin,<br />
Gefahr: neue Drogen am Markt<br />
Zu den „großen Gewinnern“ der Suchtgiftpräparate<br />
gehören laut Zeder in Graz vor<br />
allem synthetische Drogen und Drogen<br />
„auf Rezept“: Substitol, Subutex und Compensan.<br />
Aber auch sogenannte Haushaltsdrogen<br />
seien vor allem bei jungen Süchtigen<br />
im Steigen begriffen: Lachgas, Tierdrogen<br />
(z. B. die weißen Absonderungen der Erdkröte)<br />
oder auch „legal highs“, die im Internet<br />
als Düngemittel oder Raumluft-Verbesserer<br />
angepriesen werden.<br />
Als besonders problematisch schätzt der<br />
Suchtkoordinator „Research Chemicals“<br />
wie Methylone, MDPV oder Mephedron (mit<br />
ca. 200 Abhängigen in Graz) ein. Allein im<br />
letzten Jahr kamen an die 50 neue Stoffe<br />
hinzu. Mephedron, berichtet Zeder, gelte in<br />
Expertenkreisen als relativ harmlose Dro-<br />
10
drogen in graz<br />
Wenn Drogenkonsum nicht der Genussvermehrung<br />
dient, sondern dazu, sich aus der<br />
Gesellschaft auszuklinken und abzuschalten“,<br />
so Zeder, „ist die gefahr für eine Abhängigkeit<br />
am gröSSten.<br />
ge, eine Einschätzung, die nur dann gelte,<br />
wenn sie als Partydroge in Wasser aufgelöst<br />
eingenommen würde. Bei intravenösem<br />
Gebrauch befänden sich die PatientInnen<br />
jedoch in kürzester Zeit in furchtbarem körperlichem<br />
Zustand, besagt der Befund des<br />
Gesundheitsamtes.<br />
Unkontrollierbare Verfügbarkeit<br />
im Internet<br />
Besonders leicht und kaum kontrollierbar sei<br />
die Verfügbarkeit von Drogen im Internet. Bei<br />
einem Selbstversuch fand sich der Suchtkoordinator<br />
nach 30 Minuten im Internet in 690<br />
Online Shops wieder, in denen Drogen kodiert<br />
angeboten wurden. „Sky high“ wurde<br />
etwa für 39 Pfund mit dem Vermerk verkauft:<br />
„not for human consumption!“ „Speedy lower“<br />
wurde als Pflanzenschutzmittel kodiert<br />
beworben, „Explosion“-ähnlich wirksam wie<br />
Extasy – als Seifenblasen angepriesen.<br />
Die Qualität dieser Research Chemicals,<br />
warnte Zeder, sei kaum kontrollierbar und<br />
meist sehr schlecht, das Suchtpotential<br />
hoch. Während z.B. reines Heroin zwar<br />
schnell stark abhängig mache, jedoch die<br />
Lebenserwartung nicht so stark beeinträchtige,<br />
könnten die Spätfolgen eines Konsums<br />
synthetischer Drogen kaum abgeschätzt<br />
werden.<br />
„Drogenkids“ haben laut Statistik ...<br />
... zu 62% Gewalterfahrungen<br />
... zu 53% substanzabhängige<br />
Eltern/Elternteil<br />
... zu 52% eine Trennung der Eltern<br />
hinter sich<br />
... zu 19% den Tod von Vater/Mutter<br />
zu verarbeiten<br />
... und sind zu 45% fremduntergebracht.<br />
Sein Ratschlag an die Eltern: Probleme<br />
immer direkt ansprechen und den Kindern<br />
vermitteln, dass man sich Sorgen um sie<br />
mache. „Wenn Drogenkonsum nicht der<br />
Genussvermehrung dient, sondern dazu,<br />
sich aus der Gesellschaft auszuklinken und<br />
abzuschalten“, so Zeder, „ist die Gefahr für<br />
eine Abhängigkeit am größten.“ Gefährdete<br />
Jugendliche brauchen Personen, denen sie<br />
vertrauen können und die auch in schwierigen<br />
Situationen die Beziehung aufrechterhalten<br />
und nachfragen, war man sich auch<br />
im Publikum einig.<br />
Wie kann man Kinder und<br />
Jugendliche schützen?<br />
Befragt zu den Risikofaktoren für jugendlichen<br />
Drogenkonsum gab Zeder an, dass<br />
Kinder mit einem Zigarettenkonsum im Alter<br />
von 10, 11 Jahren ein hohes Risikoprofil<br />
hätten, ebenso wie Jugendliche (vor allem<br />
Mädchen) mit - auch sexuellen – Gewalterfahrungen.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Nov</strong>ember <strong>2012</strong>
umweltzone in graz<br />
Brauchen die GrazerInnen<br />
die Umweltzone?<br />
Vortrag von hanns Moshammer<br />
Zusammengefasst von Inge Zelinka-Roitner<br />
Aus aktuellem Anlass rund um die Diskussionen<br />
über die Einführung einer Umweltzone<br />
in Graz luden wir im Sommer den Umweltmediziner<br />
Hanns Moshammer zu einem<br />
Vortrag ins <strong>SMZ</strong> ein. Moshammer, der an<br />
der Medizinischen Uni Wien am Institut für<br />
Umwelthygiene tätig ist, beschäftigte sich<br />
in seiner Präsentation mit den gesundheitlichen<br />
Auswirkungen von Schadstoff-<br />
Emissionen und den Möglichkeiten und<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Umwelt-<br />
Gesundheit in Graz.<br />
Die rege Diskussion konzentrierte sich unter<br />
anderem auf die Frage, ob die Umweltzone<br />
als Maßnahme für die durch Feinstaub<br />
belastete Grazer Bevölkerung sinnvoll und<br />
ausreichend sei. Moshammer erklärte, dass<br />
die Schadstoff-Belastungsquellen in jeder<br />
Stadt unterschiedlich zusammengesetzt<br />
seien. Für Graz gelte, dass ca. ein Drittel<br />
der Emissionen durch Verkehr, ein Drittel<br />
durch Hausbrand und ein weiteres Drittel<br />
durch Industrie und Gewerbe verursacht<br />
würden. Die Umweltzone betreffe nur einen<br />
kleinen Teil der Gefahrenquellen, nämlich<br />
den Ruß aus alten Dieselautos. Allerdings<br />
sei die Maßnahme an sich durchaus sinnvoll,<br />
da sie punktgenau dort ansetze, wo die<br />
größte Gesundheitsgefahr bestehe.<br />
Moshammer gab aber zu bedenken, dass<br />
auch mechanisch generierter Staub im Bereich<br />
Verkehr (Abrieb von Bremsen und<br />
Reifen sowie der Rollsplit) Allergien und Infekte<br />
der Atemwege verursache und daher<br />
keineswegs ungefährlich sei. Das Vorhandensein<br />
von Grünraum „verdünne“ quasi<br />
die Feinstaubbelastung, da sich die gefährlichen<br />
Nano-Partikel an größere Staubpartikel<br />
anheften und daher kumuliert an Straßen,<br />
und weniger in Grünzonen, vorkämen.<br />
Ist Staubbelastung<br />
schichtabhängig?<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Umweltzone sinnvoll?<br />
Auf den sozialmedizinischen Aspekt angesprochen,<br />
meinte Moshammer, die Umweltzone<br />
führe zu einer Verbesserung der Luftqualität<br />
an stark befahrenen Straßen, an denen<br />
normalerweise eher ärmere Menschen<br />
wohnen, die sich keine Villen im Grüngürtel<br />
leisten könnten.<br />
Rainer Possert merkte in diesem Zusammenhang<br />
an, dass die Barackensiedlung<br />
am Grünanger angeblich aus Kostengründen<br />
noch immer nicht an das Grazer Fernwärmenetz<br />
angeschlossen sei und veraltete<br />
Heizsysteme die ohnehin schon belastete<br />
Bevölkerung dort zusätzlich gefährden. An<br />
der Einführung einer Umweltzone sei zu<br />
bemängeln, dass vor allem Menschen mit<br />
niedrigem Einkommen und ältere Menschen<br />
betroffen wären, da diese vermehrt alte billige<br />
Autos besäßen und sich den Kauf von<br />
neuen, weniger Schadstoff emittierenden<br />
Autos nicht leisten könnten.<br />
12
umweltzone in graz<br />
Bei Tempo 30 und der<br />
Parkraumbewirtschaftung kann<br />
sich Wien einiges abschauen!<br />
Geschwindigkeit beschränken<br />
Im Rahmen der Diskussion wurde kritisiert,<br />
dass Autobahnen von der Umweltzone ausgenommen<br />
seien. Man könnte also in Graz<br />
durchaus mit alten Dieselfahrzeugen auf<br />
der Stadtautobahn fahren und dort nach<br />
Belieben „Feinstaub schleudern“. Außerdem<br />
stellte sich die Frage, ob man auf Autobahnen<br />
im Stadtgebiet eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung<br />
von 80 km/h<br />
verordnen und auch sorgfältig exekutieren<br />
solle. Moshammer plädierte hier für eine<br />
europaweite Beschränkung, die eventuell<br />
auch den positiven Effekt hätte, den Trend<br />
zu immer größeren und schnelleren Autos<br />
abzuschwächen.<br />
Weiter MaSSnahmenpakete schnüren<br />
Moshammer sprach sich dafür aus, den<br />
angefangenen Weg fortzusetzen und weiterhin<br />
Maßnahmenpakete zur Luftverbesserung<br />
zu schnüren, die vor allem auch<br />
den öffentlichen Verkehr stärker einbinden<br />
sollten. „Graz“ so Moshammer, „war in diesem<br />
Bereich immer ein Vorbild für Österreich.<br />
Bei Tempo 30 und der Parkraumbewirtschaftung<br />
kann sich Wien einiges abschauen!“<br />
Im Bereich der Industrie werde<br />
seit den 1980er Jahren durch den hohen<br />
technischen Standard der Anteil der gefährlichen<br />
Emissionen ständig geringer, viele industriebedingte<br />
Schadstoffe seien aber erst<br />
in großer Höhe und nicht im unmittelbaren<br />
Umfeld der Menschen messbar.<br />
Ein Diskussionsteilnehmer gab in diesem<br />
Zusammenhang zu bedenken, dass sämtliche<br />
Maßnahmen leider immer durch die<br />
ständige Zunahme des privaten und öffentlichen<br />
Verkehrs konterkariert würden.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
13
Umweltzone<br />
Feinstaub, Umweltzone<br />
und Gesundheit<br />
Hanns Moshammer<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Wie wirkt Feinstaub im Körper?<br />
Das Einatmen von Feinstaub verursacht<br />
Gesundheitsschäden. Diese Schäden werden<br />
durch verschiedene Mechanismen ausgelöst.<br />
Die allgemeine Wirkung aller Staubarten<br />
besteht darin, dass Staubteilchen<br />
in der Größe bis zu wenigen Mikrometern<br />
Durchmesser von den Abwehrzellen des<br />
menschlichen Immunsystems als „Eindringlinge“<br />
aufgefasst und entsprechend bekämpft<br />
werden. Diese immunologische Reaktion<br />
führt primär zu entzündlichen Vorgängen<br />
in den Atemwegen, sekundär aber auch<br />
in den Wänden der Blutgefäße und in den<br />
inneren Organen. Diese Entzündungsreaktion<br />
ist nicht von der chemischen Zusammensetzung<br />
und nur in geringem Maße von<br />
der Größe und Form der Teilchen abhängig.<br />
Ganz ganz kleine Teilchen (unter 10 nm<br />
Durchmesser) entgehen wahrscheinlich<br />
dieser Immunreaktion und größere Teilchen<br />
(über 10 µm Durchmesser) bleiben Großteils<br />
in Mund und Nase hängen und werden<br />
daher nicht eingeatmet.<br />
Viel bedeutender als chemische Zusammensetzung,<br />
Größe und Form ist die Gesamtzahl<br />
der Teilchen, da jedes Teilchen<br />
jeweils eine Abwehrzelle aktivieren kann.<br />
Die Reaktion einer einzelnen Entzündungszelle<br />
wird jedoch in aller Regel noch keinen<br />
bleibenden Schaden am Gewebe setzen.<br />
Eine Schwelle, ab der eine Entzündung zu<br />
einer bleibenden Narbe im Gewebe führt,<br />
die sich dann zum Beispiel zu einer Verdickung<br />
in der Gefäßwand und in der Folge<br />
zur Arterienverkalkung weiter entwickelt, ist<br />
individuell sehr unterschiedlich. Wie überall<br />
spielen zusätzliche Belastungsfaktoren und<br />
vor allem genetische Faktoren eine wichtige<br />
Rolle. Jedenfalls treten schon bei heutzutage<br />
üblichen Staubbelastungen - und nicht<br />
erst bei Überschreitung der gesetzlichen<br />
Grenzwerte - bei vielen Menschen solche<br />
langfristige Schäden hinterlassende Entzündungsvorgänge<br />
auf. Die Zahl der aktivierbaren<br />
Abwehrzellen ist zudem begrenzt.<br />
Kleine Teilchen sind besonders gefährlich<br />
Ganz kleine Teilchen (etwa 10 bis 100 nm,<br />
sogenannte Nanoteilchen bzw. Ultrafeinstaub)<br />
können biologische Barrieren überwinden<br />
und gelangen daher aus der Atemluft<br />
in den Lungenbläschen direkt in den<br />
Blutstrom und von dort in alle Organe. Unter<br />
anderem können sie auch in der Nase in der<br />
Riechschleimhaut aufgenommen und über<br />
die Riechnerven direkt ins Gehirn befördert<br />
werden. Wegen ihrer geringen Größe können<br />
sie unmittelbar chemische Reaktionen<br />
mit wichtigen Strukturproteinen eingehen.<br />
Fehlerhaft gefaltete Proteinmoleküle sind<br />
ein „Markenzeichen“ verschiedener degenerativer<br />
Erkrankungen (z.B. Morbus Alzheimer).<br />
Welche Rolle Ultrafeinstaub bei der<br />
Zunahme dieser degenerativen Erkrankungen<br />
spielt, ist Gegenstand intensiver Forschung.<br />
Manche chemischen Bestandteile des Feinstaubes<br />
wie zum Beispiel Teerprodukte (polyzyklische<br />
aromatische Kohlenwasserstoffe)<br />
sind direkt mutagen und krebserregend.<br />
Sie finden sich in vielen Stäuben, die aus<br />
14
Dozent Dr. Hanns Moshammer<br />
arbeitet an der medizinischen Universität<br />
Wien, Institut für Umwelthygiene. Forschungsschwerpunkte:<br />
Gesundheitsauswirkungen<br />
von Luftschadstoffen und inhalativen Arbeitsplatznoxen,<br />
Umweltauswirkungen auf die<br />
Gesundheit von Kindern, Risikokommunikation,<br />
elektromagnetische Felder und Klimafaktoren.<br />
Durchführung diverser internationaler<br />
Forschungsprojekte.<br />
Verbrennungsvorgängen hervorgegangen<br />
sind (Ruß). Metalle im Staub beeinflussen<br />
das Redoxgleichgewicht im Gewebe und<br />
können daher zur Oxydation wichtiger Fettstoffe<br />
in Zellmembranen führen und damit<br />
die Zellfunktion beeinträchtigen. Die oxydierten<br />
Fette selber haben zelltötende und<br />
krebserregende Eigenschaften.<br />
RuSS aus Verbrennungsmotoren ist<br />
äuSSerst gesundheitsschädlich<br />
Die Gefährlichkeit einzelner Anteile des<br />
Feinstaubes ist besonders gut belegt. So ist<br />
zum Beispiel der Ruß aus Verbrennungsmotoren<br />
um ein Vielfaches schädlicher als<br />
das gesamte städtische Feinstaubgemisch.<br />
Allerdings sind die Rußteilchen sehr reaktiv,<br />
was zwar zu ihrer Aggressivität und Gefährlichkeit<br />
beiträgt, aber auch ihre „Lebenserwartung“<br />
verringert: Sie neigen dazu, sich<br />
zu größeren, weniger reaktiven und stabilen<br />
Aggregaten zusammenzuschließen. Wenn<br />
man sich vom Rand einer stark befahrenen<br />
Straße entfernt, ändert sich die Massenkonzentration<br />
nur wenig, die Teilchenzahl<br />
nimmt aber rasch ab, so dass der Einfluss<br />
der Straße nur etwa 100 bis maximal 200 m<br />
weit nachweisbar ist.<br />
Nahe der Straße wird ein Großteil der Feinstaubmasse<br />
durch gröbere Partikel gebildet,<br />
die durch Abrieb (Straße, Splitt, Reifen,<br />
Bremsen) und Wiederaufwirbelung verursacht<br />
wurden. Die große Zahl der ultrafeinen<br />
Teilchen kommt allerdings aus dem<br />
Auspuff der Fahrzeuge. Alte Dieselmotoren<br />
ohne Filter sind in Österreich zu etwa 50%<br />
für diesen Ruß aus Auspuffen verantwortlich,<br />
wobei der Anteil von PKW, LKW und<br />
Bussen lokal sehr schwankt.<br />
Was bringt die Umweltzone?<br />
Mit der laufenden Erneuerung des Wagenparks<br />
wird die Zahl der Fahrzeuge, die für<br />
einen erheblichen Anteil dieser Belastung<br />
verantwortlich sind, immer geringer. Eine<br />
Umweltzone ist daher eine sehr gezielte<br />
Maßnahme, um die Rußbelastung in Straßennähe<br />
für Anrainer und Verkehrsteilnehmer<br />
zu verringern.<br />
Graz ist in einer meteorologisch ungünstigen<br />
Beckenlage mit häufigen winterlichen<br />
Immissionen. Dies führt zu längeren Phasen<br />
mit hohen Schadstoffbelastungen. Andererseits<br />
bedeutet dies, dass lokale Maßnahmen<br />
ungleich wirkungsvoller sind als in meteorologisch<br />
begünstigten Städten. Für Graz<br />
wurde abgeschätzt, dass eine Umweltzone<br />
die Zahl der Tage mit Grenzwertüberschreitungen<br />
pro Jahr um einige wenige Tage reduzieren<br />
kann. Dies ist nicht ausreichend,<br />
um die gesetzlichen Forderungen zu erfüllen,<br />
aber doch ein wichtiger Beitrag, dessen<br />
gesundheitliche Vorteile unbestritten sind.<br />
Die Umweltzone sollte aber nicht die einzige<br />
Maßnahme bleiben, wenn man die gesetzlichen<br />
Grenzwerte einhalten und die Gesundheit<br />
der Bevölkerung optimal schützen will.<br />
Und in der Tat wurden ja bereits zahlreiche<br />
Maßnahmen zur Luftverbesserung getroffen.<br />
So ist die Luftqualität auch seit einigen<br />
Jahrzehnten beständig besser geworden.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
15
Baden in der Mur<br />
Baden in der Mur kann Ihre<br />
Gesundheit gefährden!<br />
Vortrag von Franz Mascher<br />
Zusammengefasst von Inge Zelinka-Roitner<br />
Mur ungeeignet für Bade- und vergleichbare<br />
Freizeitnutzung<br />
Dass man in der Mur baden und aus der<br />
Mur trinken könne, ist ein Mythos, der sich<br />
seit geraumer Zeit hält. Nur: er stimmt leider<br />
nicht! Ao. Univ.-Prof. Dr. Franz Mascher<br />
vom Institut für Hygiene an der Medizinischen<br />
Universität Graz untersuchte ein Jahr<br />
lang die Mur auf Fäkalbakterien und stellte<br />
in einem darauf basierenden Gutachten<br />
fest, dass die Mur sich ganz und gar nicht<br />
zum Baden eigne.<br />
Mascher: „Der Schluss aus den Gewässergutachten,<br />
dass die Mur Trinkwasserqualität<br />
habe, ist schlichtweg falsch.“ Im Jahr 2000<br />
wurden die EU-Wasser-Rahmen-Richtlinien<br />
und der „nationale Gewässerbewirtschaftungsplan“<br />
in Österreich wirksam. Seither<br />
spricht man nicht mehr von „Gewässergüte“,<br />
sondern von „Gewässer-Zustand.“ An<br />
den Untersuchungsergebnissen habe sich<br />
aber dadurch nichts geändert: die Mur bleibe<br />
auf einer 5-stufigen Skala bei Zustandsstufe<br />
zwei - eine wesentliche Verbesserung<br />
im Vergleich zu den 1970-er Jahren: Stufe 4<br />
auf einer 4-teiligen Skala.<br />
Wenn Sie Einsicht in die Studie nehmen<br />
wollen, folgen Sie bitte diesem Link:<br />
http://www.umwelt.steiermark.at/cms/dokumente/10883106_38948456/a5487f11/<br />
InstfHyg-Mur-Mikrobioz%C3%B6nose-2011-<br />
EB-Mascher-<strong>Nov</strong>-2011.pdf<br />
<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Nov</strong>ember <strong>2012</strong><br />
Der Nachweis mikrobiologischer Fäkalbakterien<br />
fehle jedoch in bisherigen Studien, da<br />
österreichische Gewässer nicht nach diesen<br />
Kriterien untersucht würden. Maschers
Baden in der Mur<br />
Gefährliche Bakterien im Wasser werden über<br />
die Nasen- und Ohren-Schleimhäute und über<br />
verschlucken aufgenommen.<br />
Studienergebnisse liefern daher brisante<br />
Ergebnisse, die mit dem festgestellten guten<br />
Gewässerzustand nicht konform gehen.<br />
Bei zwei Bakterienarten in der Mur fanden<br />
Mascher und sein Team massive Grenzüberschreitungen:<br />
Escherichia Coli und Enterokokken.<br />
In der Untersuchung kristallisierten sich laut<br />
Mascher drei Abschnitte heraus: Der Oberlauf<br />
der Mur bis Aichfeld war relativ unbelastet,<br />
problematisch wurde es dann um<br />
Fohnsdorf, bis Graz beruhigte sich der Bakterienzustand<br />
wieder etwas, und nahm dann<br />
ab Graz in Richtung Süden beträchtlich zu.<br />
Intensive Massentierhaltung und Landwirtschaft<br />
im Leibnitzer Feld verschlechtern<br />
den Bakterienstatus in der Mur erheblich.<br />
Salmonellen in der Mur<br />
Beide Fäkalbakterien kommen nur im Darm<br />
vor und sind harmlos. Jedoch: je höher die<br />
Mur fäkalkontaminiert ist, desto höher ist<br />
auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich gesundheitsschädliche<br />
Bakterien im Wasser<br />
befinden. So gibt es z.B. für jeden Untersuchungsmonat<br />
(September 2009 – August<br />
2010) in der Mur einen positiven Salmonellennachweis!<br />
Die Werte schwanken klimabedingt<br />
und sind in den Monaten August bis<br />
Oktober am schlechtesten.<br />
Mascher: „Die Mur ist keine Ausnahme, so<br />
sehen Flüsse eben aus.“ Es würden schließlich<br />
große Einzugsgebiete durch Flüsse entwässert<br />
und auch bei der biologischen Klärung<br />
müsse man ein Milieu schaffen, in dem<br />
sich Bakterien wohlfühlten.<br />
Gesundheitliche Gefahren<br />
Gefährliche Bakterien im Wasser werden<br />
über die Nasen- und Ohren-Schleimhäute<br />
und über Verschlucken aufgenommen.<br />
Deshalb tauchten auch im Zusammenhang<br />
mit Triathlon-Veranstaltungen immer wieder<br />
Fälle von Leptospirose-Infektionen 1 auf, deren<br />
Symptome einem grippalen Infekt ähneln.<br />
Beim Kraulen werde nämlich besonders<br />
viel Wasser aspiriert. Berichten aus<br />
dem Publikum zufolge, klagten Kajak-Fahrer<br />
und Mur-Surfer auch immer wieder über<br />
Symptome wie Durchfall und Erbrechen.<br />
Wenn man einen Fluss wirklich badefähig<br />
machen wolle, wie z.B. die Isar in München,<br />
müsse man Milliarden investieren, regelmäßige<br />
Untersuchungen zum Bakterienzustand<br />
durchführen und die Werte nach<br />
Brüssel melden. Alles andere sei verantwortungslos<br />
und gesetzlich auch nicht gestattet,<br />
so Maschers Resümee.<br />
1<br />
Leptospirose ist eine Infektionskrankheit, die durch bestimmte Krankheitserreger verursacht<br />
wird. Natürliche Wirte sind vor allem Ratten und Mäuse, aber auch Schweine und Rinder. Die<br />
Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit Urin, Blut oder Gewebe infizierter Tiere<br />
bzw. durch verunreinigtes Wasser.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
17
gemeinwesenarbeit<br />
Gemeinwesenarbeit<br />
am Grünanger<br />
Ein gesundes Grätzel in Graz<br />
Matthias Urlesberger<br />
Hintergrund:<br />
Es ist wissenschaftlich erwiesen (vgl. Wilkinson/<br />
Pickett 2009), dass die Pflege von<br />
Freundschaften und soziales Engagement<br />
in der Gemeinschaft die Gesundheit des<br />
Einzelnen verbessern! Eine Sozialraumanalyse<br />
der Uni Graz in Kooperation mit<br />
dem <strong>SMZ</strong> aus dem Jahr 2009 zeigte auf,<br />
dass der Grünanger über sehr wenige soziale<br />
Treffpunkte verfügt und dort kaum gemeinschaftliche<br />
Aktivitäten stattfinden. Auf<br />
dieser Erkenntnis aufbauend, führte das interdisziplinäre<br />
Team des <strong>SMZ</strong> ein dreijähriges<br />
Gesundheitsförderungsprojekt mit dem<br />
Titel „sta.ges – Stadtteilgesundheit für Alle!“<br />
durch.<br />
Gemeinsam mit der Bevölkerung wurden<br />
Ideen gefasst und Aktivitäten und Projekte<br />
umgesetzt. Da unsere Arbeit in diesem Gebiet<br />
äußerst erfolgreich war – wie auch die<br />
externe Evaluation der Firma SCAN zeigte<br />
– wurden wir von der Stadt Graz beauftragt,<br />
für das Jahr <strong>2012</strong> die Gemeinwesenarbeit<br />
am Grünanger fortzusetzen.<br />
<strong>Info</strong>rmieren Sie sich bei unserem<br />
Team für den Grünanger:<br />
Tel.: 0699 180 84 375<br />
Matthias Urlesberger (Projektoordination;<br />
Gesundheitsmanagement)<br />
Dr. Rainer Possert, Dr. Gustav Mittelbach,<br />
(Ärzte für Allgemeinmedizin)<br />
Mag. Dr. Inge Zelinka – Roitner<br />
(Soziologin, Gesundheitsförderung)<br />
Birgit Paller, MA (Sozialarbeiterin)<br />
Christopher Fröch,<br />
MA ( Gesundheitswissenschaften)
gemeinwesenarbeit<br />
Das <strong>SMZ</strong> bleibt also mit seinem mobilen<br />
Team im Raum Grünanger tätig.<br />
Unsere Anliegen sind:<br />
• Wo drückt der Schuh?<br />
• Was brauchen die BewohnerInnen?<br />
• Was kann getan werden, um<br />
Gesundheit und Wohlbefinden im<br />
Gebiet zu verbessern?<br />
Unser Ziel:<br />
• die Gesundheit über soziale Einflüsse<br />
im Stadtteil Grünanger zu verbessern,<br />
• BewohnerInnen weiter zu vernetzen,<br />
Hilfe bei der Organisation von Treffen<br />
zu bieten,<br />
• soziale Konflikte zu erkennen, zu entschärfen<br />
und eine Anlaufstelle vor Ort<br />
zu etablieren.<br />
Ein gesundes Umfeld erzeugt schließlich<br />
Wohlbefinden.<br />
Nutzen Sie unsere gemeinschaftlichen Aktivitäten<br />
und Gesundheitsförderungsprojekte<br />
vor Ort: Jeden Donnerstag z. B. Brunch<br />
in der Andersengasse, Ein Garten für Alle,<br />
Walken an der Mur, unser Kastanienfest<br />
und vieles mehr.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
19
wandertag an der mur<br />
Wandertag<br />
an der Mur<br />
Christopher Fröch<br />
Im Zuge unserer Arbeit im Stadtteil wurde<br />
von einigen Bewohnern der Wunsch geäußert,<br />
gemeinsam einen Ausflug zu unternehmen.<br />
Um nicht nur die Schwachstellen,<br />
sondern auch die Ressourcen im Gebiet<br />
sichtbar zu machen, entschieden wir uns<br />
dafür, an der Mur im Grünen entlang zu<br />
wandern.<br />
Am 17. Oktober war es dann soweit: Gut<br />
gelaunt und mit herrlichem Wetter im Rucksack,<br />
ging es in Richtung Feldkirchner Au.<br />
14 Personen waren unserer Einladung gefolgt,<br />
von 4 bis über 66 Jahren alle Altersgruppen<br />
vertreten.<br />
20<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Ziel der Wanderung war es, die körperliche<br />
Bewegung zu fördern und die Gemeinschaft<br />
zu festigen. Ebenso sollte die Wanderung<br />
den Bewohnern und Bewohnerinnen als<br />
Anstoß dienen, weitere Ideen gemeinsam<br />
zu verwirklichen. Die gute Laune und die<br />
Anstrengungen wurden in der Feldkirchner<br />
Au mit einer wohlverdienten Jause belohnt.<br />
Es fand ein lebhafter Austausch zwischen<br />
allen Personen statt. Und es wurde gleich<br />
eine Idee entwickelt, die wir demnächst<br />
umsetzen: einige TeilnehmerInnen werden,<br />
unterstützt durch das Team des <strong>SMZ</strong>,<br />
in ihrer Siedlung ein Herbstfest veranstalten.<br />
Danke an alle<br />
Teilnehmer und<br />
Teilnehmerinnen für<br />
den erfolgreichen<br />
Wandertag!!
grazer Sozialcard<br />
Die neue Grazer „SozialCard“<br />
Christopher Fröch<br />
22<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Seit 1. Oktober <strong>2012</strong> gibt es in Graz die sogenannte<br />
„SozialCard“. Ob ihre Einführung<br />
als „Meilenstein“ bezeichnet werden kann,<br />
ist fraglich. Die Card kommt nämlich nur einer<br />
sehr eingeschränkten Personengruppe<br />
zugute und das Herzstück, nämlich die Mobilitätskarte<br />
der Holding Graz Linien, ist nun<br />
für BezieherInnen einer geringen Pension<br />
um € 20 teurer als zuvor.<br />
So vergleicht die Stadt Graz das neue Angebot<br />
gerne mit jenem in Linz, dabei gibt es<br />
beträchtliche Unterschiede, welche schon<br />
bei der Einkommensgrenze beginnen,<br />
die in Graz bei € 913 liegt und in Linz bei<br />
€ 1.110. Auch ist die Gruppe der Bezugsberechtigten<br />
in Linz um einiges größer<br />
und umfasst z.B. Studenten, Lehrlinge und<br />
Schulabgänger. Im Angebot des „Linzer<br />
Aktivpasses“, wie die Aktion offiziell heißt,<br />
ist jedoch keine Jahreskarte für öffentliche<br />
Verkehrsmittel erhältlich, dafür gibt es aber<br />
vergünstigte Monatskarten um € 10.<br />
Wie bekommt man die SozialCard?<br />
Sie können die Karte im Amtshaus des Sozialamtes<br />
beantragen, es existiert dazu eine<br />
<strong>Info</strong>stelle im Eingangsbereich. Sie wird jeweils<br />
für ein Jahr ausgestellt und muss dann<br />
neu beantragt werden. Die aktuelle Regelung<br />
sieht vor, dass die SozialCard persönlich<br />
beantragt werden muss, ausgenommen<br />
sind Sachwalter. Für den Antrag brauchen<br />
Sie ein Foto, das aber nicht den Kriterien<br />
eines Passfotos entsprechen muss. Des<br />
Weiteren benötigt man bei der Antragsstellung<br />
einen Lichtbildausweis, ein ausgefülltes<br />
und unterschriebenes Antragsformular,<br />
den Einkommensnachweis bzw. Pensionsbescheid<br />
oder den Nachweis über die GIS-<br />
Gebührenbefreiung. Migranten brauchen<br />
den Nachweis über den Aufenthaltstitel, bei<br />
Behinderung oder Beeinträchtigung einen<br />
Nachweis über die jeweilige Behinderung.<br />
Wo gibt es das Formular zur<br />
Antragsstellung?<br />
Das Formular kann man sich über die Internetseite<br />
der Stadt Graz herunterladen<br />
und ausdrucken, ebenso ein <strong>Info</strong>rmationsblatt<br />
über Berechtigung, Antragsstellung<br />
und Angebot. Sie bekommen das Formular<br />
aber auch im Amtshaus des Sozialamtes,<br />
Schmiedgasse 26.<br />
Was bekomme ich mit der<br />
SozialCard?<br />
Die „SozialCard“ soll als zentrale Karte fungieren,<br />
mit der man eine Reihe von Unterstützungsleistungen<br />
der Stadt Graz beziehen<br />
kann. Dadurch soll der Verwaltungsaufwand<br />
erleichtert und die Anspruchsberechtigung<br />
nicht jedes Mal aufs Neue, sondern<br />
nur mehr einmal geprüft werden.<br />
Das Angebot der „Sozialcard“ berechtigt<br />
den Bezug ...<br />
... eines Heizkostenzuschusses,<br />
... finanzieller Unterstützung im Rahmen<br />
einer Schulaktion,<br />
... finanzieller Unterstützung aus einer<br />
Weihnachtsbeihilfeaktion<br />
... der „Grazer SozialCard Mobilität“<br />
der Holding Graz Linien<br />
... Sie können an der Aktion „Österreich<br />
Tafel“ und<br />
... „Hunger auf Kunst und Kultur“<br />
teilnehmen und<br />
... in den VinziMärkten einkaufen.
grazer Sozialcard<br />
Erhältlich ist die<br />
MobilitätsCard<br />
direkt im Büro der<br />
Holding Graz Linien.<br />
Günstigere „Öffis“<br />
Das Herzstück der „SozialCard“ ist eine Jahreskarte<br />
für die Graz Linien zum Preis von<br />
€ 50,- (ohne Schlossbergbahnbenützung)<br />
und € 60,- (mit Schlossbergbahnbenützung).<br />
Erhältlich ist diese MobilitätsCard ab 1. <strong>Nov</strong>ember<br />
direkt im Büro der Holding Graz<br />
Linien. Für Mindestpensionisten bedeutet<br />
dies allerdings eine Verteuerung von € 20,-<br />
Wer hat Anspruch auf<br />
die SozialCard?<br />
• Personen mit geringem Einkommen ab<br />
dem vollendeten 18. Lebensjahr<br />
• Ständig schwer gehbehinderte und geistig<br />
bzw. mehrfach beeinträchtigte<br />
(= geistig und körperlich behinderte)<br />
Personen ohne Altersgrenze<br />
• Voraussetzung: Hauptwohnsitz in Graz<br />
seit mindestens 6 Monaten, österreichische<br />
Staatsbürgerschaft oder gültiger<br />
Aufenthaltstitel.<br />
Geringes Einkommen wird wie folgt<br />
definiert:<br />
Haushalt mit 1 Person: bis € 912,60<br />
Haushalt mit 2 Personen: bis € 1.368,28<br />
Für jede weitere Person im Haushalt erhöht<br />
sich der Betrag um € 140,81.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
23
„Bei Liebeskummer Apfelmus“<br />
„Bei Liebeskummer Apfelmus“…<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
…reicht längst nicht mehr! Was Janosch<br />
noch liebevoll illustriert in Form eines Kinder-Erwachsenen-Kochbuchs<br />
1996 als<br />
Heilmittel gegen Liebeskummer präsentierte,<br />
wird heute abgelöst durch die Wunderpille<br />
AMOREX. Folgt man den gezielt für<br />
junges Publikum auf Kronehit Radio eingebrachten<br />
Werbeeinschaltungen, tut sich<br />
bei Liebeskummer und Trennungsschmerz<br />
„ein Silberstreif am Horizont auf“, wenn man<br />
in die Apotheke läuft und Amorex schluckt!<br />
In einer Welt der Überdiagnostizierung, in<br />
der jede noch so menschliche Gefühlsaufwallung<br />
als pathologisch gilt, darf Kummer<br />
natürlich nicht sein. Liebeskummer, dessen<br />
Bewältigung wohl zu den ganz normalen<br />
Entwicklungsschritten Jugendlicher und<br />
junger Erwachsener gehört, soll nicht durchlebt,<br />
mit Freunden besprochen und beweint,<br />
sondern mit Pillen unterdrückt werden!<br />
„AMOREX ist der erste „Freund“ im<br />
Moment, in dem man ihn wirklich<br />
braucht“,<br />
so der Werbetext der Kärntner Firma Coropharm,<br />
die im Internet weiter verspricht:<br />
„AMOREX wurde entwickelt um bei Liebeskummer<br />
und in Trennungsphasen (auch<br />
Trennung durch Tod, Tod eines Haustieres<br />
oder bei Problemen weil eine Liebe unerreichbar<br />
ist) den gesteigerten Bedarf an<br />
physiologisch wichtigen Stoffen, die in dieser<br />
Situation besonders gebraucht werden,<br />
zu ergänzen.“<br />
„AMOREX ist für die laufende Einnahme<br />
für Kinder ab 14 Jahren geeignet!“<br />
1<br />
Der Konsument 6, 2010<br />
Und weiter aus der Bewerbung dieses<br />
in Apotheken legal für alle erhältlichen<br />
und im Jugendradio beworbenen Mittels:<br />
„AMOREX macht nicht abhängig und<br />
ist für die laufende Einnahme geeignet.<br />
Dosierung: je 1 Stück AMOREX Filmtablette<br />
wird morgens vor dem Essen<br />
und abends vor dem Schlafengehen<br />
unzerkaut mit Wasser eingenommen.<br />
Zur Stabilisierung sollte die Einnahme mindestens<br />
zehn Tage über die Beendigung<br />
der Situation hinaus fortgesetzt werden.<br />
AMOREX ist für jedes Lebensalter und für<br />
Kinder ab 14 Jahren geeignet“!<br />
Konsumentenschutz:<br />
Wir können eine Selbstbehandlung<br />
keinesfalls empfehlen!<br />
Der Konsumentenschutz warnt: „Das rezeptfreie<br />
Mittel enthält den Wirkstoff 5-Hydroxytryptophan<br />
(5-HTP), der aus der afrikanischen<br />
Schwarzbohne gewonnen wird<br />
und in der Medizin therapeutisch bei Einund<br />
Durchschlafstörungen, Depressionen<br />
und Parkinson eingesetzt wird. Laut Anbieter<br />
wurde AMOREX »speziell entwickelt,<br />
um den erhöhten Bedarf an bestimmten<br />
Nährstoffen in Phasen der Trennung, des<br />
Verlassens oder Verlassen Werdens, der<br />
daraus entstehenden Einsamkeit und bei<br />
Liebeskummer zu decken.« Auf der Homepage<br />
wird weiter behauptet: Studien würden<br />
belegen, dass Amorex die beste Lösung für<br />
derartige Lebensphasen ist, ein Hinweis auf<br />
diese Studien fehlt. Wir können eine Selbstbehandlung<br />
mit Amorex keinesfalls empfehlen!<br />
“ 1<br />
Ganz abgesehen von der zweifelhaften<br />
Wirksamkeit dieser Tabletten, vor der auch<br />
der Konsumentenschutz warnt, erscheinen<br />
der propagierte sorglose Umgang mit pharmazeutischen<br />
Produkten und deren gezielte<br />
Abgabe an jugendliche Konsumenten als<br />
äußerst problematisch. Außerdem wird die<br />
Wirksamkeit von Maßnahmen zur Suchtprävention<br />
durch solche, rein ökonomisch motivierte<br />
Bewerbungen konterkariert, wenn<br />
bereits Gefühle als gefährliche Bedrohung<br />
der gesellschaftlich scheinbar angestrebten<br />
alltäglichen Lethargie gesehen werden. Die<br />
logische Konsequenz für junge Menschen,<br />
die solchen Blödsinn teils unbewusst mit<br />
der täglichen Dosis an Musik aufnehmen,<br />
müsste dann lauten: Bei Liebeskummer<br />
AMOREX, bei Antriebslosigkeit Ecstasy, bei<br />
Schüchternheit Alkohol, bei Unruhezuständen<br />
Benzos, bei Zappeligkeit Ritalin, bei<br />
Hungergefühlen Nikotin ...<br />
24
das <strong>SMZ</strong> stellt sich vor<br />
<strong>SMZ</strong>-MitarbeiteriNNEN<br />
stellen sich vor<br />
Christopher Fröch<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
mein Name ist Christopher Fröch und<br />
ich komme ursprünglich aus dem schönen<br />
Kärnten. Nach meiner Matura hat es mich<br />
aber – auch wegen der schönen Frauen<br />
– nach Graz verschlagen, wo ich Gesundheits-<br />
und Pflegewissenschaften studierte.<br />
Zu meiner Freude konnte ich mit Ende<br />
September mein Pflichtpraktikum im <strong>SMZ</strong><br />
starten. Als Praktikant kann ich einerseits<br />
Erfahrungen sammeln und auf der anderen<br />
Seite die Mitarbeiter des <strong>SMZ</strong>-<strong>Liebenau</strong> in<br />
ihren Tätigkeiten unterstützen. Besonders<br />
begeistert bin ich hier vom eigenständigen<br />
Arbeiten und den innovativen Konzepten<br />
und Projekten, die den Mensch in den Mittelpunkt<br />
stellen und nicht nur seine Bedürfnisse<br />
oberflächlich beleuchten.<br />
Dr. Iva Brozek<br />
Mein Name ist Iva Brozek und ich werde<br />
das <strong>SMZ</strong> ab 1. Dezember als Turnusärztin<br />
unterstützen. Geboren bin ich in Prag, aufgewachsen<br />
in Wien. Mein Medizinstudium<br />
habe ich in Wien begonnen und in Graz<br />
beendet. Danach habe ich ein Jahr in einer<br />
kinderfachärztlichen Praxis gearbeitet. Fünf<br />
Jahren lang habe ich mich danach meinen<br />
Kindern, einer fünfjährigen Tochter und einem<br />
zweijährigen Sohn, gewidmet. Meine<br />
Freizeit verbringe ich gerne mit meiner Familie,<br />
ich tanze sehr gern und arbeite auch<br />
begeistert im Garten.<br />
Ich freue mich schon auf meinen Wiedereinstieg<br />
ins Berufsleben und auf eine gute<br />
Zusammenarbeit sowohl mit dem Team des<br />
<strong>SMZ</strong> als auch mit den PatientInnen!<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
25
das <strong>SMZ</strong> stellt sich vor<br />
Kerstin Treichler<br />
Ich heiße Kerstin Treichler, bin 28 Jahre<br />
alt und nun zu meinen „Ursprüngen“ im medizinischen<br />
Bereich zurückgegangen. Seit<br />
September arbeite ich hier in der Praxisgemeinschaft<br />
des <strong>SMZ</strong> als Assistentin. Bisher<br />
habe ich als Zahnarztassistentin, und danach<br />
kurz in der Gastronomie gearbeitet.<br />
Das Arbeiten mit Menschen macht mir sehr<br />
viel Freude! Das Reisen gehört zu meinen<br />
Leidenschaften und ich treffe mich gern mit<br />
Freunden. Ich freue mich auf die neue Herausforderung<br />
und auf eine gute Zusammenarbeit<br />
mit dem multiprofessionellen Team<br />
des <strong>SMZ</strong>.<br />
Sabrina Krenn<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Mein Name ist Sabrina Krenn, ich bin 24<br />
Jahre alt und habe einen kleinen Sohn, der<br />
mich außerhalb meiner Tätigkeit als Assistentin<br />
der Praxisgemeinschaft auf Trab hält.<br />
Im <strong>SMZ</strong> arbeite ich seit September <strong>2012</strong> und<br />
ich freue mich, nun in die Praxis des Medizinbetriebs<br />
einsteigen zu können. Ich habe<br />
Gesundheits- und Pflegewissenschaften<br />
studiert und bringe daher großes Interesse<br />
für den Gesundheitsbereich mit. Meine Hobbies<br />
sind lesen, Yoga und Freunde treffen.<br />
Ein besonderes Anliegen ist mir die gute Zusammenarbeit<br />
mit den PatientInnen.<br />
26
das <strong>SMZ</strong> stellt sich vor<br />
Danke an Karin,<br />
ein Abschied!<br />
Seit Dezember 1995 arbeitete Karin Sittinger<br />
in der Praxisgemeinschaft als Assistentin<br />
und war damit die am längsten Tätige<br />
einer langen Reihe von Mitarbeiterinnen.<br />
Auch wenn sie uns noch für eine Übergangszeit<br />
zur Einschulung unserer beiden<br />
neuen Assistentinnen zur Verfügung steht,<br />
hat sie ihren privaten und beruflichen Lebensmittelpunkt<br />
zu unserem Bedauern ab<br />
1.Oktober von Graz nach Weiz verlegt.<br />
Am Telefon, in der Praxis-Administration, in<br />
der PatientInnenversorgung, in der Buchhaltung<br />
arbeitete sie mit viel Geschick, Engagement<br />
und immer mit einem Lachen viele<br />
Jahre für uns.<br />
Sie leistete wertvolle Dienste als Anlaufstelle<br />
und Drehscheibe der Familienberatungsstelle<br />
und des sozialmedizinischen Zentrums,<br />
schulte viele neue Mitarbeiterinnen ein, und<br />
war die, die oft als Einzige den Überblick bewahrte,<br />
Fehler korrigierte, Auswege aus verfahrenen<br />
Situationen suchte und fand und die<br />
Letztverantwortung übernahm.<br />
Genauso wie wir, haben die Patientinnen<br />
und Patienten ihre Person , ihr Engagement<br />
und ihr Wissen im Lauf der Jahre sehr zu<br />
schätzen gewusst und sich auf sie verlassen<br />
können.<br />
Mit Karins Hilfe ist es uns jetzt möglich, die<br />
Praxisarbeit auf völlig neue, junge und arbeitsfreudige<br />
MitarbeiterInnen umzustellen.<br />
Kerstin und Sabrina sind bereits sehr bemüht,<br />
das Vertrauen aller zu gewinnen, ein<br />
Vertrauen, dass Karin lange Jahre gehabt<br />
hat.<br />
Im Namen der MitarbeiterInnen des <strong>SMZ</strong><br />
und unserer PatientInnen und KlientInnen<br />
bedanken wir uns bei Karin für ihre verdienstvolle<br />
Arbeit und wünschen ihr alles<br />
Gute für ihren neuen Lebensabschnitt.<br />
Die Chefs und Ärzte<br />
Gustav Mittelbach und Rainer Possert<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
27
„Gemeinsam statt Einsam“<br />
Gemeinsam statt Einsam<br />
Gesundheitsförderungsprojekt<br />
Jasmin Deutsch<br />
28<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
Mein Name ist Jasmin Deutsch, ich bin<br />
17 Jahre alt und besuche die 3. Klasse<br />
Oberstufe der HLW Sozialmanagement<br />
in Graz. Ich bin ein sehr hilfsbereiter und<br />
aufgeschlossener Mensch und freue mich<br />
deshalb, mein unterjähriges Praktikum hier<br />
im <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> absolvieren zu dürfen.<br />
Besonders freue ich mich, das Projekt „Gemeinsam<br />
statt Einsam“ machen zu dürfen,<br />
da es einmal etwas Neues für mich ist und<br />
ich gerne etwas mit älteren Leuten unternehme.<br />
Beim Projekt „Gemeinsam statt Einsam“ besuche<br />
ich Leute zuhause, die sich für dieses<br />
Projekt gemeldet haben. Wir können dann<br />
einfach nur reden, etwas kochen, ich kann<br />
ihnen bei etwas helfen, wir können Spiele<br />
spielen oder Dinge tun, die die Leute eben<br />
gerne machen.<br />
Bis jetzt war ich bei zwei Damen zuhause,<br />
die mir schon zu einem guten Einstieg<br />
in das Projekt verholfen haben: Sie waren<br />
freundlich, aufgeschlossen und gesprächig,<br />
so dass keine angespannte Stimmung<br />
herrschte und ich gemerkt habe, dass sie<br />
sich wirklich gefreut haben, dass ich da war.<br />
Mit der einen Dame habe ich lange geredet,<br />
sie hat vor allem von früher erzählt, von ihren<br />
Verwandten und auch von ihren Enkeln.<br />
Ich fand das sehr interessant und war überrascht,<br />
dass sie gleich so offen mit mir geredet<br />
hat, obwohl sie mich nicht wirklich kannte.<br />
Das hat mich wirklich sehr gefreut und<br />
auch mein nächster Besuch war äußerst<br />
erfreulich, da auch die andere Dame sehr<br />
nett war und wir bei einem gemeinsamen<br />
Spaziergang gleich gute Gesprächsthemen<br />
fanden und man gemerkt hat, dass sie sich<br />
sehr gefreut hat, dass ich da war.<br />
Im Allgemeinen finde ich das Projekt sehr<br />
sinnvoll, es macht mir Spaß, mit den Leuten<br />
etwas zu unternehmen und ich denke auch,<br />
dass es für sie wirklich schön ist, einmal<br />
wieder jemanden zum Reden zu haben und<br />
ihre Gedanken mit jemandem zu teilen.
www.smz.at<br />
smz@smz.at<br />
ANGEBOTE<br />
DES <strong>SMZ</strong> LIEBENAU<br />
Allgemein-medizinische Praxisgemeinschaft<br />
Dr. Gustav Mittelbach, Dr. Rainer Possert (alle Kassen)<br />
Hausbesuche, Gesundenuntersuchungen, ärztliche Psychotherapie und Beratung, Behandlung<br />
von Suchterkrankungen, Akupunktur, Sozial-, Arbeits- und Umweltmedizin.<br />
Terminvereinbarung unter 46 23 40<br />
Physiotherapie<br />
Akutschmerzbehandlung, Bewegungstherapie, Entspannungstechniken, Heilgymnastik durch<br />
eine diplomierte Physiotherapeutin. Therapieschwerpunkte: Neurologie und Orthopädie. Hausbesuche<br />
im Bezirk möglich. Tel. Anmeldung unter 46 23 40-15<br />
Familienberatung & Rechtsberatung<br />
Anonyme und kostenlose Beratung durch Ärzte, PsychotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen<br />
und JuristInnen. Donnerstag von 18.00 bis 20.00 Uhr im <strong>SMZ</strong>, Tel. Anmeldung unter 46 23 40,<br />
0699 180 84 375<br />
Psychotherapie<br />
Gestalt- und Familientherapie, NLP, Systemische Therapie, Einzel- und Gruppentherapie sowie<br />
Kinderpsychotherapie. Teilkostenersatz durch die Krankenkassen. Tel. Anmeldung unter 46 23 40.<br />
Soziale Arbeit<br />
Beratung in sozialrechtlichen Fragen, Hilfen bei Kontakten zu Behörden, Hilfestellung bei<br />
Wohnungsproblemen, Arbeitslosigkeit,... Telefonische Kontaktaufnahme unter 42 81 61,<br />
e-mail: paller@smz.at<br />
Gesundheitsförderung<br />
Sozialmedizinische und gesundheitsförderliche Veranstaltungen; Durchführung von Projekten<br />
im Bereich Gesundheitsförderung. Kooperationen im Bezirk und mit anderen Organisationen.<br />
Kontakt unter 0699 180 84 375 / e-mail: smz@smz.at, zelinka@smz.at<br />
Sexualberatung<br />
<strong>Info</strong>rmation, Beratung, Psychotherapie zu folgenden Bereichen: Beziehungskonflikte, Sexualprobleme,<br />
Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Homosexualität, Verhütungsfragen, Sexualaufklärung,<br />
Schwangerschaftskonflikten usw. Tel. Anmeldung (auch anonym) unter 46 23 40.<br />
Walken sie mit uns<br />
WALKEN an der Mur – jeden Montag von 15.00 bis 16.00 Uhr, Treffpunkt: Andersengasse 34;<br />
WALKEN IM PARK – Nordic Walking Gruppe jeden Dienstag von 15.00 bis 16.00 Uhr, Treffpunkt<br />
im Hof des <strong>SMZ</strong>; Stöcke zum Probieren können ausgeborgt werden!<br />
<strong>Info</strong>rmationen unter 0699 180 84 375<br />
AuSSenstelle Grünanger<br />
Seit Juli 2009 sind wir auch am Grünanger, Andersengasse 34, für Sie erreichbar.<br />
<strong>Info</strong>rmationen unter 0664 343 83 81<br />
<strong>SMZ</strong> INFO Dezember <strong>2012</strong><br />
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P.b.b. Zulassungsnummer: GZ 02Z034445M / Verlagspostamt 8041 Graz