Rebe&Wein - Sonderheft: Kellereitechnologie 2020
Gut gepresst: Presstechnik im Vergleich | Gut gefiltert: Was können Cross-Flow-Filter? | Gut investiert: Umfrage zur Kellerausstattung | Gut gefüttert: Die richtige Hefeernährung
Gut gepresst: Presstechnik im Vergleich | Gut gefiltert: Was können Cross-Flow-Filter? | Gut investiert:
Umfrage zur Kellerausstattung | Gut gefüttert: Die richtige Hefeernährung
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&<br />
<strong>Wein</strong>bau und <strong>Wein</strong>wirtschaft<br />
in Württemberg und Franken<br />
Rebe <strong>Wein</strong><br />
EXTRA<br />
KELLEREI<br />
TECHNOLOGIE<br />
<strong>2020</strong><br />
BLICK IN DEN KELLER | Gut gepresst: Presstechnik im Vergleich |<br />
Gut gefiltert: Was können Cross-Flow-Filter? | Gut investiert:<br />
Umfrage zur Kellerausstattung | Gut gefüttert: Die richtige<br />
Hefeernährung
EXTRA<br />
INHALT<br />
Regina Klein<br />
rklein@ulmer.de<br />
An die Presse,<br />
fertig, los!<br />
Auch <strong>2020</strong> sieht es mal<br />
wieder nach einem<br />
frühen Lesebeginn aus.<br />
Wobei aufgrund der<br />
Spätfrostschäden die Anlagen völlig<br />
unterschiedlich entwickelt sind.<br />
Darin liegt nicht nur eine Herausforderung<br />
für das Leseteam sondern<br />
auch für die Mannschaft im Keller.<br />
Jedes Lesegut ist anders und benötigt<br />
die optimale Behandlung für<br />
den perfekten <strong>Wein</strong>. Daher haben<br />
wir wieder Tipps für Sie rund um die<br />
Technik im Keller. Im Fokus diesmal<br />
Cross-Flow-Filter und Pressen.<br />
Zusätzlich erhalten Sie wertvolle<br />
Informationen zur Hefeernährung,<br />
damit es nicht zu Gärstockungen<br />
kommt. Meine Kolleginnen Melina<br />
Kesel und Natalie Krampfl haben<br />
sich den Sommer über zudem in<br />
Betrieben umgehört, wie es aktuell<br />
mit Investitionen in die Kellertechnik<br />
aussieht. Ich wünsche Ihnen<br />
viel Spaß beim Lesen – im doppelten<br />
Sinn!<br />
TITELBILD | Tanks, Fässer, Pressen und Co. Eine<br />
ordent liche Kellereiausstattung verlangt einiges an<br />
Investition.<br />
Bild: Krampfl<br />
Pressen<br />
3 Offen oder geschlossen?<br />
Systeme im Vergleich<br />
Filter<br />
6 Cross-Flow-Filter<br />
Nicht ganz billig aber gut<br />
Extra <strong>Kellereitechnologie</strong> <strong>2020</strong><br />
IMPRESSUM<br />
Extra-Umfrage<br />
10 Kellertechnik<br />
Wer investiert in was?<br />
Gärung<br />
13 Hefeernährung<br />
Viele Wege führen zum <strong>Wein</strong><br />
REDAKTION | Regina Klein (verantwortliche Redakteurin), Olgastraße 86, 70180 Stuttgart,<br />
Tel . ( 0711 ) 982940 -22, Fax: ( 0711 ) 982940 - 30, E-Mail: rklein@ulmer.de.<br />
VERLAG | Eugen Ulmer KG, Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart, www.ulmer.de, UST-ID: DE147639185.<br />
ANZEIGEN | Petra Rahn, Tel: (0711) 45 05-145, prahn@ulmer.de.<br />
LAYOUT | Julia Karl, JuKa Satzschmiede<br />
DRUCK | Ungeheuer + Ulmer KG GmbH + Co., Körnerstr. 14-18, 71634 Ludwigsburg.<br />
VERLAGSRECHTE | Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Fotokopien für den persönlichen Gebrauch dürfen nur von den einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als<br />
einzelne Kopien erstellt werden.<br />
EINZELPREIS | 4,50 Euro zuzüglich Versandkosten
TIPPS FÜR DIE ANSCHAFFUNG<br />
Moderne<br />
Traubenpressen<br />
Inertgaspresse von Scraml.<br />
Die Traubenpresse ist das zentrale Element innerhalb der Traubenverarbeitung und ihre Anzahl, Kapazität<br />
und Technik entscheidet über die Schlagkraft des Betriebs und die Qualität der Verarbeitung während<br />
der Lese. Die Anschaffung will also gut überlegt sein.<br />
KOMPAKT<br />
Die Presse ist der zentrale Punkt<br />
innerhalb eines modernen Systems<br />
zur Traubenverarbeitung in<br />
der Kellerwirtschaft. Sie soll<br />
zum einen schonend und möglichst<br />
reduktiv arbeiten, aber<br />
auch zur Maischebevorratung<br />
geeignet sein und zudem eine<br />
optimale Entsaftung der vergorenen<br />
Rotweinmaische gewährleisten.<br />
Sie muss sich in ein<br />
maximal flexibles System der<br />
Traubenverarbeitung einfügen,<br />
das alle Verarbeitungsmöglichkeiten<br />
offen lässt. Nur so lassen<br />
sich die zukünftig unterschiedlichsten<br />
Anforderungen, die das<br />
Lesegut stellt, ohne größere<br />
Umrüstungen bewältigen.<br />
Es ist zu vermuten, dass<br />
mit dem fortschreitenden<br />
Klimawandel die<br />
Ansprüche an die Traubenverarbeitung<br />
insgesamt, aber<br />
auch an die Traubenpressen,<br />
zukünftig steigen werden. Neben<br />
den kontinuierlichen Verfahren<br />
(Schubkolbenpresse<br />
und Dekanter), die in größeren<br />
Kellereien zum Teil eingesetzt<br />
werden, hat sich in den<br />
Winzerbetrieben mit der<br />
Membranpresse ein diskontinuierliches<br />
Verfahren durchgesetzt<br />
Anforderung an<br />
<strong>Wein</strong>pressen<br />
Bei Pressen gilt, wie bei der<br />
Traubenverarbeitung, dass sie<br />
nur so aufwendig sein sollen,<br />
wie der Betrieb zu arbeiten bereit<br />
ist. Bei der Bereitung von<br />
Premiumweinen kommt der<br />
Traubenverarbeitung (Ganztraubenanlieferung,<br />
Selektionsbänder,<br />
schonender innerbetrieblicher<br />
Transport,<br />
reduzierte Gerbstoffe) eine<br />
weit größere Bedeutung zu als<br />
dies bei der Bereitung von Basisweinen<br />
notwendig ist. Entsprechend<br />
flexibler und aufwendiger<br />
muss die Presse arbeiten<br />
können.<br />
Die Auswahl des geeigneten<br />
Pressentyps erfolgt anhand<br />
der betrieblichen Anforderungen,<br />
die stark variieren können.<br />
Folgende Eigenschaften<br />
sollte jedoch jede Presse mitbringen:<br />
Schnelle und schonende<br />
Entsaftung der Trauben<br />
(Maische).<br />
Geringer Trub im ablaufenden<br />
Most.<br />
Einfaches Füllen und Entleeren.<br />
Problemloses Reinigen.<br />
Robuste und zuverlässige<br />
Technik.<br />
Große Entsaftungsfläche.<br />
„ ...<br />
“<br />
DIE TECHNISCHEN<br />
LÖSUNGEN ZUM<br />
PRESSEN VON<br />
TRAUBEN SIND<br />
VIELFÄLTIG<br />
Norbert Breier<br />
Guter und schneller Service<br />
bei Störfällen.<br />
Betriebe, die ihre Presse für<br />
weitere spezielle Aufgaben<br />
nutzen möchten, müssen das<br />
Anforderungsprofil um folgende<br />
Punkte erweitern:<br />
Nutzen der Presse als Behälter<br />
für Maischestandzeit.<br />
Reduktive Mostbehandlung<br />
(Fernhalten von Sauerstoff).<br />
Einbau von automatischen<br />
Reinigungsanlagen.<br />
Optimierung der Pressenleistung<br />
durch intelligente<br />
Steuerungen.<br />
Lesegut und<br />
Pressbarkeit<br />
Jede Presse kann nur so gut<br />
arbeiten wie es das Lesegut<br />
und die vorgelagerte Traubenverarbeitung<br />
zulassen. Im<br />
Hinblick auf die Auswirkungen<br />
des Leseguts auf die Pressbarkeit<br />
kann Folgendes zusammengefasst<br />
werden: Als<br />
leicht pressbar gilt vergorene<br />
Rotweinmaische, die weitgehend<br />
aufgeschlossen ist, wogegen<br />
Lesegut aus der Maischeerhitzung<br />
wegen der<br />
hochmolekularen, kolloidalen<br />
pektinhaltigen Bruchstücke<br />
und inaktivierter Enzyme<br />
schlecht pressbar ist.<br />
Als gut pressbar eingestuft<br />
wird reifes und überreifes,<br />
auch gequetschtes Lesegut,<br />
auch wenn es über kurze Strecken<br />
gepumpt wurde. Lesegut,<br />
das in größerem Umfang botrytisbelastet<br />
ist, wird nur dann<br />
problematisch, wenn zu dieser<br />
Vorschädigung der Beeren<br />
noch eine stärkere mechanische<br />
Belastung (lange Leitungen<br />
mit geringer Nennweite)<br />
kommt, die zu einer kolloidalen<br />
Gelatbildung führt.<br />
Ein hoher natürlicher Pektingehalt<br />
führt bei einigen Rebsorten<br />
in der Regel zu einer erschwerten<br />
Pressbarkeit. Dies<br />
trifft besonders auf die Rebsorten<br />
Grüner Silvaner und<br />
Schwarzriesling zu. Eine dem<br />
Lesegut angepasste Standzeit<br />
R& W 09 | <strong>2020</strong><br />
3
...EXTRA KELLEREITECHNOLOGIE...<br />
verbessert in diesem Fall die<br />
Pressbarkeit. Im Zusammenhang<br />
mit der Pressbarkeit gilt,<br />
dass je schwieriger das Lesegut,<br />
umso langsamer sind der<br />
Druckanstieg und umso höher<br />
der maximale Druck.<br />
Teilweise befüllte Pressen<br />
zeigen bei den Lockerungsvorgängen<br />
eine stärkere Mazeration<br />
und bilden beim Pressen<br />
einen dünneren Maischekuchen<br />
aus. Dieser lässt sich<br />
zwar besser entsaften, die kürzeren<br />
Saftablaufwege führen<br />
aber zu mehr Trub, da eine<br />
verringerte Filtrationswirkung<br />
auftritt. Dennoch reduziert<br />
sich die Presszeit, da eine<br />
teilbefüllte Presse schneller<br />
mit höheren Drücken beaufschlagt<br />
werden kann und zudem<br />
eine geringere Anzahl<br />
von Lockerungsvorgängen benötigt.<br />
Dieser Zeitgewinn wird<br />
aber zum Teil von einer verlängerten<br />
Druckaufbauphase<br />
wieder ausgeglichen.<br />
Gleichzeitig führen mehr<br />
Druckzyklen und Lockerungsvorgänge<br />
zu einer insgesamt<br />
längeren Presszeit. Wer schonend<br />
pressen will muss mit<br />
einem langsamen Druckanstieg,<br />
wenig Lockerungsvorgängen<br />
und geringen Maximaldrücken<br />
arbeiten. Auch<br />
ein hoher Rappenanteil verbessert<br />
die Pressbarkeit, da<br />
diese den Maischekuchen auflockern<br />
und zur Bildung von<br />
Entsaftungsstrukturen beitragen.<br />
Der Fokus muss zukünftig<br />
besonders auf die Vermeidung<br />
von hohen Gebstoffbelastungen<br />
bei Weißweinen gerichtet<br />
werden, sollten die Gerbstoffwerte<br />
durch klimatische Einflüsse<br />
tatsächlich ansteigen.<br />
Größere<br />
Kapazitäten gefragt<br />
PRESSENVOLUMEN IM VERHÄLTNIS ZUM<br />
VERARBEITUNGZUSTAND DES LESEGUTS<br />
Zustand des Leseguts<br />
Ganztrauben 0,6 bis 0,8<br />
Entrapptes Lesegut 1,5 bis 1,8<br />
Vergorene Rotweinmaische gemahlen 2,3<br />
Volumenfaktor der Presse<br />
Vergorene Rotweinmaische ungemahlen 3<br />
Beispiel: Eine Presse mit einem Volumen von 5000 Litern hat bei ganzen Trauben eine<br />
Kapazität von ungefähr 3000 Litern, bei Rotweinmaische eine von 11.000 Litern.<br />
VOR- UND NACHTEILE VON OFFENEN UND GESCHLOSSENEN PRESSEN<br />
Vorteile der offenen Bauweise mit einem halb- oder<br />
vollständig geschlitzten Pressenzylinder<br />
Größere Entsaftungsfläche und somit schnellere Saftabführung<br />
Robuste unkomplizierte Bauweise<br />
Von außen einsehbare Technik ohne tote Winkel<br />
Leichte Reinigung<br />
Nachteile der offenen Bauweise<br />
Volle Maischestandzeit nur bis zur halben Befüllhöhe der<br />
Presse möglich<br />
Gesamte Trommelfläche dient dem Saftablauf (Mostwanne<br />
muss zum Entleeren bewegt werden oder verschiebbare<br />
Saftbleche)<br />
Sehr große Saftablauffläche kann zu Oxidation der Moste<br />
führen (besonders bei den höheren Druckstufen)<br />
Reduktives Arbeiten nur mit SO 2<br />
-Gabe möglich<br />
Die Entwicklung der Betriebsflächen<br />
und die önologische<br />
Forderung nach Standzeiten<br />
führen zu einer größeren<br />
Nachfrage nach Pressen mit<br />
großen Volumina. Heute markieren<br />
4000-Liter-Kapazität<br />
das untere Ende der Skala,<br />
während 5000 Liter den<br />
Durchschnitt darstellen und<br />
große Betriebe, die zukünftig<br />
Betriebserweiterungen planen,<br />
eher den Kauf einer<br />
8000er bis 10.000er Presse<br />
erwägen.<br />
Ob eine große Presse oder<br />
zwei mittlere Pressen für einen<br />
Betrieb sinnvoller sind,<br />
kann, abgesehen von den Kosten,<br />
nur unter Berücksichtigung<br />
der betrieblichen Vorstellungen<br />
und Abläufe entschieden<br />
werden. So sind<br />
zwei Pressen bei einer Pressdauer<br />
von fünf Stunden bei<br />
der Ganztraubenverarbeitung<br />
oder vielen kleineren Teilchargen<br />
sinnvoller als eine, um<br />
mehr Flexibilität zu gewinnen.<br />
Entscheidend sind die geplante<br />
maximale Verarbeitungsmenge<br />
und die mögliche<br />
Anzahl der Pressungen pro<br />
Tag, die gesamte Betriebsfläche<br />
und die Größe der notwendigen<br />
Teilchargen.<br />
Offene Presse<br />
oder Tankpresse?<br />
Vorteile der geschlossenen Bauweise<br />
Bei der Entscheidung hinsichtlich<br />
der Pressenbauweise<br />
unterscheiden sich die Ansprüche<br />
zunächst in Abhängigkeit<br />
der Vermarktung. In<br />
Betrieben, die überwiegend<br />
für den Fassweinmakt produzieren,<br />
werden die preiswerteren<br />
Pressen mit geschlitzter<br />
Trommel bevorzugt. Für Betriebe<br />
mit hohen qualitativen<br />
Maischestandzeit unter Nutzung der gesamten Pressenkapazität<br />
möglich<br />
Reduktives Arbeiten ist möglich – geringerer Sauerstoffeinfluss<br />
Inertgasüberschichtung möglich<br />
Bessere Steuerung automatisierter Prozesse<br />
Vielfältiger nutzbar, mehr Optionen<br />
Kühlflächen integrierbar<br />
Nachteile der geschlossenen Bauweise<br />
Saftablauffläche etwas reduzierter<br />
Pressdauer durch langsameren Saftablauf länger<br />
Aufbau ist komplexer<br />
Innen liegende Saftablaufkanäle erschweren die Reinigung<br />
je nach System<br />
Teilweise schwierige Entsaftung bei Rotweinmaische oder<br />
hohem Pektingehalt<br />
Ansprüchen bietet die geschlossene<br />
Presse eine Vielzahl<br />
von Möglichkeiten, bereits<br />
frühzeitig die Moste in<br />
ihrem Sinn zu beeinflussen.<br />
Für die Mehrzahl der Betriebe<br />
sind geschlossene Tankpressen<br />
inzwischen in den Vordergrund<br />
gerückt.<br />
Dies ist nicht nur dadurch<br />
begründet, dass die geschlossene<br />
Presse die optimale Möglichkeit<br />
zur Einschaltung einer<br />
Maischestandzeit bietet.<br />
Da einige Rebsorten auf eine<br />
Oxidation der Moste mit einem<br />
graduellen Rückgang der<br />
Fruchtaromen reagieren, ist<br />
auch die reduktivere Verarbeitung<br />
wichtig. Hier setzt die Inertgasspülung<br />
als verfahrenstechnisches<br />
Konzept an. Das<br />
Inertgas wird in die Presse<br />
eingebracht und der entstehende<br />
Leerraum auch bei jedem<br />
Lockerungsvorgang mit<br />
Inertgas wieder befüllt.<br />
Die offene Presse arbeitet<br />
schnell und ohne größere Eingriffsmöglichkeiten,<br />
ist also<br />
für die pragmatische und<br />
kostenorientierte Vorgehensweise<br />
ideal. Einige Hersteller<br />
sehen den größten Vorteil bei<br />
4 R& W 09 | <strong>2020</strong>
der Entsaftung darin, eine maximale<br />
Saftablauffläche zu<br />
schaffen und dadurch den<br />
Pressvorgang bestmöglich zu<br />
beschleunigen. Im Extrem gilt<br />
dies für Pressen mit axialer<br />
Zentralmembran und voll geschlitzter<br />
Trommel, wie bei<br />
den Herstellern Della Toffola<br />
oder KVT.<br />
Die geschlossene Presse<br />
lässt, wenn auch mit mehr<br />
technischem Aufwand, eine<br />
Kontrolle des gesamten Prozesses<br />
zu. Theoretisch optimal<br />
umgesetzt heißt das, dass<br />
nichts geschieht, was der Anwender<br />
nicht beabsichtigt,<br />
also eine weitgehende Umsetzung<br />
von vorgegebenen Konzepten<br />
möglich ist.<br />
Dies gilt auch für den Sauerstoffzutritt<br />
bei der Rotweinbereitung:<br />
Der Erzeuger bestimmt,<br />
wann der Sauerstoff<br />
zutritt, nicht die Technik. Deshalb<br />
sind geschlossene Tankpressen<br />
eben nicht weniger<br />
geeignet für die Rotweinbereitung,<br />
sondern lassen zu,<br />
dass der gewünschte Sauerstoff<br />
zu dem Zeitpunkt und in<br />
der Menge zugeführt wird, die<br />
der Verantwortliche für notwendig<br />
hält.<br />
Als technisch aufwendigste<br />
Methode bei den geschlossenen<br />
Tankpressen gilt derzeit<br />
die bereits oben angesprochene<br />
Inertgasüberschichtung<br />
des Leseguts bei jedem Verfahrensschritt.<br />
Grundsätzlich lässt sich<br />
aber festhalten, dass je reduktiver<br />
Maische und Most behandelt<br />
wurden, um so mehr<br />
prägen Phenole den späteren<br />
<strong>Wein</strong>. Gleichzeitig kann das<br />
primäre Traubenaroma im<br />
Jungwein besser entwickelt<br />
sein. Die Moste sind oft hell<br />
und nicht gebräunt. Auf der<br />
anderen Seite führen oxidative<br />
Moste zu einer starken<br />
Abreicherung an Phenolen.<br />
Die dunkelbraunen, oxidierten<br />
Phenole werden mit der<br />
Vorklärung entfernt. Die späteren<br />
<strong>Wein</strong>e sind schlanker,<br />
nicht ganz so fruchtgeprägt,<br />
aber insgesamt stabiler und<br />
eigenen sich gut zur Lagerung.<br />
Entsaftung<br />
und Reinigung<br />
Die Reinigung der halboffenen<br />
Pressen ist einfach und<br />
wird durch die übersichtliche<br />
„ ...<br />
“<br />
5000-LITER-PRESSEN<br />
MARKIEREN HEUTE<br />
DEN DURCHSCHNITT<br />
Norbert Breier<br />
Bauweise erleichtert. Dies ist<br />
noch immer ein Entscheidungskriterium<br />
beim Pressenkauf.<br />
Aus diesem Grund haben<br />
die Hersteller in den vergangenen<br />
Jahren die Saftablaufkanäle<br />
der geschlossenen<br />
Pressen nicht nur konstruktiv<br />
optimiert und oft auch die Gesamtoberfläche<br />
vergrößert,<br />
sondern auch die Zugänglichkeit<br />
und Handhabbarkeit bei<br />
der Reinigung wesentlich verbessert.<br />
Je nach Hersteller werden<br />
hier einfache Lösungen angeboten<br />
mit Schnellverschlüssen<br />
INTERNET<br />
Weitere Infos zu den verschiedenen<br />
Pressen gibts bei den Herstellern:<br />
www.buchervaslin.com<br />
www.dellatoffola.it<br />
www.defranceschi.de<br />
www.diemme-enologia.com<br />
www.flath-weinpressen.de<br />
www.k-vt.de<br />
www.mas-keltereiprodukte.de<br />
www.perapellenc.com<br />
www.scharfenberger.de<br />
www.sk-group.biz<br />
www.siprem.it<br />
www.sraml.com<br />
www.willmes.de<br />
www.wottle.at<br />
zur raschen Demontage der<br />
Kanäle bis zum Ausklappen<br />
bei der Reinigung. Teilweise<br />
kann eine einfache Reinigung<br />
ohne Demontage der Kanäle<br />
durchgeführt werden, indem<br />
durch die Öffnungen am Ende<br />
der Saftablaufkanäle ein<br />
Hochdruckreinigerschlauch<br />
mit einer Rohrreinigungsdüse<br />
in den Saftkanal eingeschoben<br />
wird, die eigenständig<br />
den Entsaftungskanal durchläuft<br />
und reinigt. Den Druck<br />
liefert der in die Presse integrierte<br />
Hochdruckreiniger. Dieses<br />
System wird besonders bei<br />
den kleineren Pressen von den<br />
Anwendern bevorzugt.<br />
Viele Pressenhersteller bieten<br />
optional für die größeren<br />
Pressen automatische Wasser-<br />
Druckluft-Spülungen zur Reinigung<br />
an. Hierbei wird Wasser<br />
und Pressluft mit hohem<br />
Druck von innen in die Saftab-<br />
individuell geplante<br />
laufkanäle gespritzt und diese<br />
dadurch von innen gereinigt.<br />
Die Kanäle sind durch Rückschlagventile<br />
gesichert, sodass<br />
beim Pressen kein Saft<br />
verloren geht. Im Reinigungsmodus<br />
der Presse wird durch<br />
die Pressenelektronik automatisch<br />
Kanal für Kanal angefahren<br />
und die Wasser-Pressluft-Mischung<br />
eingeblasen.<br />
Text: Norbert Breier<br />
Bild: Norbert Breier<br />
LÖSUNGEN<br />
Norbert<br />
Breier<br />
arbeitet bei Dienstleistungszentrum<br />
Ländlicher Raum (DLR)<br />
Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in<br />
Oppenheim.<br />
<strong>Wein</strong>pressen - Abbeermaschinen-<br />
Trichter - Tresterkippwannen - Traubenbütten -<br />
Förderschnecken<br />
Anpassungen an alle Fabrikate und Gegebenheiten<br />
MADE IN GERMANY<br />
EXTREM<br />
ANPASSUNGSFÄHIG<br />
www.flath-weinpressen.de 06063/2976<br />
Flath <strong>Wein</strong>pressen-Technik GmbH I Höhenstraße 2 I 64753 Brombachtal<br />
R& W 09 | <strong>2020</strong><br />
5
CROSS-FLOW-FILTER<br />
Was sie können<br />
und was sie kosten<br />
Das ehemals getrübte Image der Cross-Flow-Filter ist längst passé. Immer mehr Betriebe entdecken die<br />
Vorteile der modernen Filteranlagen. Wir zeigen Ihnen warum.<br />
KOMPAKT<br />
Falls lange Filtrationszeiten in<br />
den Betriebsablauf passen, bietet<br />
der Cross-Flow-Filter trotz<br />
hoher Fixkosten insofern Vorteile,<br />
als er bei einfacher Bedienbarkeit<br />
und automatisierter<br />
Filtration in einem einzigen<br />
Arbeitsgang die Sterilfiltration<br />
des <strong>Wein</strong>s erlaubt. Frühfüllungen<br />
trüber Jungweine lassen<br />
sich damit einfach realisieren.<br />
Die Konkurrenzfähigkeit gegenüber<br />
der herkömmlichen Anschwemmfiltration<br />
konnte<br />
durch eine höhere Filterleistung<br />
pro Quadratmeter gesteigert<br />
werden.<br />
Die Erfahrung mit der<br />
Cross-Flow-Filtration<br />
reichen zurück bis<br />
Anfang der Achtzigerjahre.<br />
Nach anfänglich großer Begeisterung<br />
stellte sich später<br />
Ernüchterung ein. Der hohe<br />
Wärmeeintrag war der <strong>Wein</strong>qualität<br />
abträglich. Diese anfänglichen<br />
Probleme sind Vergangenheit.<br />
Bei aufgeklärten<br />
<strong>Wein</strong>machern hat der Cross-<br />
Flow-Filter heute viele<br />
Freunde gefunden. Weltweit<br />
verwenden Großbetriebe<br />
heute diesen Filtertyp, sogar<br />
immer mehr <strong>Wein</strong>güter steigen<br />
auf einen Cross-Flow-<br />
Filter um.<br />
Diese Filter haben zu Recht<br />
vehemente Befürworter aufgrund<br />
einzigartiger Vorteile.<br />
In einem Arbeitsgang den<br />
<strong>Wein</strong> bei einfacher Bedienung<br />
vollautomatisch steril zu filtrieren<br />
schafft kein anderer Filtertyp.<br />
Die Leistung der Filter<br />
schwankt von <strong>Wein</strong> zu <strong>Wein</strong>.<br />
Grundsätzlich haben Weißweine<br />
einen höheren Durchsatz<br />
als Rotweine, Zucker und<br />
niedrige Temperaturen verlangsamen<br />
die Filtration.<br />
Die Auslobungen der Filterleistung<br />
sind meist optimistisch<br />
und gehen von bestmöglichen<br />
Filtrationsbedingungen<br />
aus. Vor einem Kauf ist ein<br />
Testlauf im Betrieb oder das<br />
Entleihen eines Filters bei einem<br />
Lohnunternehmer eine<br />
sichere Möglichkeit zu überprüfen,<br />
ob Filter und Betrieb<br />
zusammenpassen.<br />
In seltenen Ausnahmefällen<br />
kam es in der Praxis zu dem<br />
Verdacht, dass durch unglückliche<br />
Zufälle Verschleppungen<br />
von Aromastoffen und Fehltönen<br />
durch einen Cross-Flow-<br />
Filter möglich sind. Deshalb<br />
sollte nach der Verwendung<br />
des Filters durch Dritte immer<br />
eine chemische Reinigung vor<br />
Ort erfolgen.<br />
Funktionsweise der<br />
Cross-Flow-Filtration<br />
Ein Cross-Flow-Filter besteht<br />
im Wesentlichen aus den Filtermodulen,<br />
einer Zirkulationspumpe,<br />
Speisepumpe und der<br />
Steuerung. Mit der Zirkulationspumpe<br />
wird der <strong>Wein</strong><br />
durch den Filter und die Membran<br />
gepumpt. Diese Pumpe<br />
fördert den <strong>Wein</strong> mit großem<br />
Volumen und geringem<br />
Druckverlust. Dadurch erwärmt<br />
sich das Filtrat bei modernen<br />
Anlagen kaum noch.<br />
Die Speisepumpe fördert<br />
nur die Menge an <strong>Wein</strong>, die<br />
als Filtrat abfließt und baut<br />
6 R& W 09 | <strong>2020</strong>
...EXTRA KELLEREITECHNOLOGIE...<br />
Der Zwei-Pumpen-Aufbau mit Zirkulations- und Speisepumpe ergibt<br />
ein geschlossenes System, das Aroma- und Kohlensäureverluste<br />
reduziert.<br />
den Transmembrandruck auf.<br />
Der Zwei-Pumpen-Aufbau ergibt<br />
ein geschlossenes System,<br />
das Aroma- und Kohlensäureverluste<br />
reduziert. In Studien<br />
sind deshalb sensorische Unterschiede,<br />
die sich aus unterschiedlichen<br />
Filtrationsarten<br />
im Vergleich zur Cross-Flow-<br />
Filtration ergeben sollen,<br />
meist nicht nachzuweisen gewesen.<br />
Die Membran ist das teuerste<br />
Bauteil am Filter. Die<br />
Porengröße der Membranen<br />
„ ...<br />
“<br />
IN EINEM<br />
ARBEITSGANG DEN<br />
WEIN BEI EINFACHER<br />
BEDIENUNG<br />
VOLLAUTOMATISCH<br />
STERIL ZU FILTRIEREN<br />
SCHAFFT KEIN<br />
ANDERER FILTERTYP<br />
Bernhard Schandelmaier<br />
ist kleiner 0,2 µm. Alle Hefen<br />
und Bakterien lassen sich damit<br />
sicher abtrennen. Hohe<br />
Überströmungsgeschwindigkeiten<br />
in den Modulen verhindern<br />
ein Verstopfen der Poren,<br />
die Feststoffe werden in<br />
der Schwebe gehalten. Auf<br />
der Membran entsteht eine sogenannte<br />
Deckschicht. Die<br />
groben Stoffe konzentrieren<br />
sich an der Membranoberfläche<br />
auf, da durch die Membran<br />
ständig klarer <strong>Wein</strong> abgeleitet<br />
wird. Das Verhältnis<br />
der elektrischen Leistung der<br />
Zirkulationspumpe zu der Filtrationsleistung<br />
ist eine Kennzahl<br />
zur Effizienz der Membran.<br />
Die Durchlässigkeit der<br />
Membranen ist heute höher<br />
als in der Vergangenheit. Die<br />
als Flux bezeichnete Filtrationsleistung<br />
liegt zwischen<br />
30 und 100 l/m 2 pro Stunde.<br />
Dennoch bleibt die Deckschichtbildung<br />
der begrenzende<br />
Faktor für die Filtrationsleistung.<br />
Mit einer zunehmenden<br />
Deckschicht erhöht<br />
sich der Widerstand im Filter,<br />
die Mengenleistung sinkt.<br />
Leistungssteigerung erzielt<br />
man durch eine periodische<br />
Rückspülung, im englischen<br />
„Back-Wash“ genannt, mit einer<br />
weiteren Pumpe oder mit<br />
Gas, welches in die Gegenrichtung<br />
zum Filtrationsstrom<br />
fließt. Der „Back-Wash“ führt<br />
zu einem Aufbrechen der<br />
Deckschicht und die Filtrationsleistung<br />
steigt wieder an.<br />
Die Qualität der Membran<br />
entscheidet über die Haltbarkeit<br />
und damit über die Wirtschaftlichkeit<br />
der Filtration.<br />
Viele Membranen haben in<br />
der Vergangenheit erstaunlich<br />
lange gehalten. Meist werden<br />
Polymer-Hohlfasermembranen<br />
eingesetzt – wegen ihres<br />
Aussehens mit den Innendurchmessern<br />
von 1 bis 3 mm<br />
auch als Spaghetti-Module bezeichnet.<br />
Es handelt sich dabei um<br />
mehrere hundert Einzelfasern,<br />
die in einem Strang zusammengefasst,<br />
mit Kunststoff<br />
vergossen und in den<br />
Modulkörper eingepasst werden.<br />
Das Kunststoffmaterial<br />
kann nicht gedämpft werden<br />
und Reinigungsmittel sind<br />
nach Herstellerangaben zu<br />
verwenden. Für eine sterile<br />
Abfüllung nach der Cross-<br />
Flow-Filtration ist eine weitere<br />
Filtration vor dem Abfüllen<br />
notwendig.<br />
Nach einer Cross-Flow-<br />
Filtration kann es zu einer<br />
Verschiebung im Kolloidgefüge<br />
kommen, deshalb kann<br />
nach einer Cross-Flow-Filtration<br />
nur ein Membranfilter<br />
mit einer Porenweite größer<br />
0,65 µm verwendet werden.<br />
Soll mit einem Membranfilter<br />
von 0,45 µm gearbeitet werden<br />
ist eine Disc- oder Schichtenfiltration<br />
vorzuschalten.<br />
Es gibt symmetrische und<br />
asymmetrische Membranen.<br />
Bei der symmetrischen Membran<br />
ist die Porengröße über<br />
die Dicke der Membran gleich.<br />
Bei asymmetrischen Membranen<br />
erweitert sich der Porendurchmesser<br />
zur Filtratseite<br />
hin. Hersteller, die symmetrische<br />
Membranen verbauen,<br />
loben die gute Stabilität und<br />
Haltbarkeit einer solchen<br />
Membran. Hersteller asymmetrischer<br />
Membranen loben<br />
deren gute Rückspülbarkeit.<br />
Italienische Hersteller setzen<br />
oft Keramikmodule ein. Diese<br />
haben zwar eine höhere chemische,<br />
thermische und mechanische<br />
Beständigkeit, sind<br />
aber teurer und haben geringere<br />
Filtrationsleistungen.<br />
Automatisierungsgrad<br />
der Filter<br />
Die Filter sind in verschiedenen<br />
Automatisierungsstufen<br />
auf dem Markt. Mit zunehmendem<br />
Automatisierungsgrad<br />
steigt der Preis. Die kostengünstigste<br />
Variante ist die<br />
manuelle, preislich in der<br />
Mitte liegt die halbautomatische<br />
und die Oberklasse bilden<br />
die vollautomatisierten<br />
Anlagen. In einer manuellen<br />
Ausführung werden Ventile<br />
und Pumpen von Hand gesteuert.<br />
In einer halbautomatischen<br />
Ausführung steuert die Anlage<br />
Ventile und Pumpen innerhalb<br />
der Programme – Filtration,<br />
R& W 09 | <strong>2020</strong><br />
7
...EXTRA KELLEREITECHNOLOGIE...<br />
KOSTEN DER FILTRATION<br />
Filtrierte <strong>Wein</strong>menge<br />
200.000 l Cross-Flow-Filter<br />
ohne Förderung<br />
Cross-Flow-Filter<br />
mit Förderung 25 %<br />
Kieselgur-Filter<br />
Kieselgur-Filter<br />
mit Förderung 25 %<br />
Anschaffungswert brutto 60.000 € 60.000 € 15.000 € 15.000 €<br />
Anschaffungswert netto 50.420 € 12.605 €<br />
Anschaffungswert netto nach Förderung 37.815 € 9454 €<br />
Anschaffungswert brutto nach Förderung 45.000 € 11.250 €<br />
Zinssatz 3 % 3 % 3 % 3 %<br />
Nutzungsdauer 15 Jahre 15 Jahre 15 Jahre 15 Jahre<br />
Fixkosten<br />
AfA 4000 € 3000 € 1000 € 750 €<br />
Zins 900 € 675 € 225 € 169 €<br />
Reperaturkosten 500 € 500 € 200 € 200 €<br />
Summe 5400 € 4175 € 1425 € 1119 €<br />
Summe 0,03 €/l 0,02 €/l 0,01 €/l 0,01 €/l<br />
Filterhilfsmittel 0,01 €/l 0,01 €/l<br />
Lohnkosten 30 €/Std./<br />
Filtration einer 5000-Liter-Charge<br />
2 Std. 2 Std. 4 Std. 4 Std.<br />
Lohnkosten 60 €/l 60 €/l 120 €/l 120 €/l<br />
Lohnkosten 0,01 €/l 0,01 €/l 0,02 €/l 0,02 €/l<br />
Gesamtkosten 0,04 €/l 0,03 €/l 0,03 €/l 0,03 €/l<br />
BODENBESCHICHTUNGEN<br />
FÜR WEINBAUBETRIEBE<br />
IHRVORTEIL<br />
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Konzentrierung oder Reinigung<br />
– selbstständig. Ein vollautomatischer<br />
Filter führt<br />
während der Filtration die notwendigen<br />
Konzentrierungs-<br />
und Reinigungsschritte selbstständig<br />
aus.<br />
Eine solche Anlage ist geeignet,<br />
auch am Wochenende und<br />
nachts durchzulaufen und<br />
macht damit in Großbetrieben<br />
„ ...<br />
“<br />
DIE FILTER SIND<br />
BESONDERS EINFACH<br />
IN DER HANDHABUNG<br />
UND SCHON NACH<br />
KURZER EINWEISUNG<br />
KORREKT ZU<br />
BEDIENEN<br />
Bernhard Schandelmaier<br />
lange Filtrationszeiten möglich,<br />
welche so die Filtrationskosten<br />
niedrig halten. Statusmeldungen<br />
des Filters können<br />
per SMS auf das Handy des Betriebsleiters<br />
gesendet werden.<br />
Einen weiteren Rationalisierungsschritt<br />
bei der Weißund<br />
Roséweinbereitung ermöglichen<br />
Cross-Flow-Filter,<br />
bei denen die Eiweißstabilisierung<br />
mit Bentonit und die<br />
Filtration in einem einzigen<br />
Arbeitstakt zusammengeführt<br />
werden. Vorgequollenes Bentonit<br />
mit besonderer Feinkörnigkeit<br />
wird unmittelbar vor<br />
dem Filter zugegeben und abfiltriert.<br />
Die notwendigen Modifikationen<br />
an der Steuerung<br />
des Cross-Flow-Filters bedingen<br />
deutliche Mehrkosten, sodass<br />
diese Filter in den vergangenen<br />
Jahren vor allem<br />
von Kellereien und Genossenschaften<br />
erworben wurden.<br />
Werden mit großen Filtern<br />
kleine Mengen filtriert können<br />
einzelne Module abgeschaltet<br />
werden, so bleiben die Restmengen<br />
klein. Am Ende der<br />
Cross-Flow-Filtration bleiben<br />
in der Regel Restmengen von<br />
0,5 bis ein Prozent zurück.<br />
Wenn die Filtration mit dem<br />
Hefefilter unter Einsatz gro-<br />
8 R& W 09 | <strong>2020</strong>
Die Membranen bestehen meist<br />
aus Polymer-Hohlfasern. Wegen<br />
ihres Aussehens werden sie auch<br />
als Spaghetti-Module bezeichnet.<br />
seit 1919<br />
KLARHEIT<br />
ßer Mengen Kieselgur wegen der außerordentlich<br />
schleimigen Konsistenz<br />
des Materials nicht gelingen<br />
wollte, blieb bisher nur die Destillation.<br />
Die Verwertung dieser Reste ist<br />
heute mit Cross-Flow-Filtern für die<br />
Trubfiltration möglich.<br />
Die individuelle<br />
Kostenbetrachtung<br />
Im Folgenden werden exemplarisch die<br />
Kosten für die Filtration in einem Betrieb<br />
mit rund 100.000 l Jahresproduktion berechnet.<br />
Die Fixkosten spielen in der Kostenkalkulation<br />
der Filtration eine wichtige<br />
Rolle und sind den Einsparungen<br />
durch Arbeitszeit gegenüber zu stellen.<br />
Die Nutzungsdauer wurde mit 15 Jahren<br />
angesetzt, auch wenn die Filter gut<br />
und gerne ein halbes Arbeitsleben halten<br />
können. Eine extrem lange Nutzungsdauer,<br />
wie man sie gelegentlich in Betrieben<br />
findet, ist für eine langfristige strategische<br />
Ausrichtung ungeeignet, da der<br />
Betrieb die Möglichkeit haben muss, sich<br />
dem technischen Fortschritt anzupassen.<br />
Die Fixkosten für einen neuen Cross-<br />
Flow-Filter liegen bei einem Anschaffungspreis<br />
von angenommenen 60.000<br />
Euro bei 5400 Euro pro Jahr. Durch eine<br />
Förderung von 25 Prozent können diese<br />
auf 4175 Euro fallen. Kostengünstiger ist<br />
der Kieselgurfilter mit Fixkosten von<br />
1425 Euro bei einem angenommenen<br />
Kaufpreis von 15.000 Euro.<br />
Es gilt dabei individuell abzuwägen.<br />
Die kostengünstigste Lösung ist für Betriebe<br />
mit geringer Liquidität zu empfehlen,<br />
insbesondere wenn bereits ein mit<br />
hohen Zinsen verbundener Dispositionskredit<br />
in Anspruch genommen wird. Ist<br />
dagegen die Liquidität hoch und wird bereits<br />
ein Spitzensteuersatz von 42 Prozent<br />
plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer<br />
abgeführt, reduzieren sich die<br />
Fixkosten von 5400 Euro durch die Gewinnminderung<br />
auf 2710 Euro.<br />
Grundannahmen dieser Berechnung<br />
sind eine 50-prozentige Reduzierung der<br />
R& W 09 | <strong>2020</strong><br />
Arbeitszeit bei der Cross-Flow-Filtration<br />
und eine angenommene Filtrationsleistung<br />
von 100.000 l <strong>Wein</strong> pro Jahr. Für die<br />
Filtration werden keine Filterhilfsmittel<br />
benötigt. Bei der Cross-Flow-Filtration ist<br />
mit Kosten zwischen 0,07 und 0,05 Euro<br />
pro Liter zu rechnen, dies ist damit gleich<br />
oder nur um 0,01 Euro je Liter teurer als<br />
eine Anschwemmfiltration, für die<br />
0,04 Euro pro Liter fällig sind.<br />
Die Anschaffungskosten des Filters sind<br />
hoch, aber bei der Anschwemmfiltration<br />
schlagen Lohn und Filterhilfsmittel auf<br />
die Kosten durch. Die Kostenunterschiede<br />
zwischen den Filtrationsverfahren sind in<br />
der Summe gering und für eine Kaufentscheidung<br />
nicht ausschlaggebend. Es sind<br />
arbeitswirtschaftliche Gründe, die den<br />
Kauf zugunsten der Cross-Flow-Filtration<br />
entscheiden.<br />
Der Betriebsleiter kann Zeit sparen und<br />
der gewonnene zeitliche Spielraum zur<br />
Vermarktung genutzt werden. Die Filter<br />
sind besonders einfach in der Handhabung<br />
und schon nach kurzer Einweisung<br />
korrekt zu bedienen, die Filtration kann<br />
damit flexibel an Mitarbeiter delegiert<br />
werden.<br />
Text: Bernhard Schandelmaier<br />
Bilder: Bernhard Schandelmaier<br />
Bernhard<br />
Schandelmaier<br />
arbeitet am Dienstleistungszentrum Ländlicher<br />
Raum (DLR) Rheinpfalz in Neustadt an<br />
der <strong>Wein</strong>straße.<br />
FÜR<br />
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...EXTRA KELLEREITECHNOLOGIE...<br />
DIE REBE & WEIN EXTRA UMFRAGE<br />
In fremden Kellern...<br />
Andrè Zahn<br />
<strong>Wein</strong>güter müssen im<br />
Laufe der Zeit immer<br />
wieder investieren, in<br />
neue Maschinen für die<br />
Arbeiten im <strong>Wein</strong>berg<br />
oder eine neue Ausstattung<br />
im Keller. Doch<br />
worauf legen die Winzer<br />
wert, wenn sie neue<br />
Maschinen und Geräte<br />
für die Kellerei anschaffen?<br />
Wir haben uns<br />
dazu umgehört.<br />
Der <strong>Wein</strong>küfer- und<br />
Kellermeister André<br />
Zahn bewirtschaftet<br />
mit seinen acht<br />
Mitarbeitern 13,5 ha<br />
Rebfläche in Thüringen.<br />
Sein <strong>Wein</strong>gut<br />
liegt im Anbaugebiet<br />
Saale-Unstrut, im Neuste, aber funktionstüchtig“,<br />
kleinen Ort Kaatschen, einem<br />
sagt André Zahn. In den<br />
Ortsteil von Großheringen. Neubau der Kellerei wurden<br />
Mit zu dem 1998 gegründeten<br />
<strong>Wein</strong>gut Zahn gehört auch das<br />
Restaurant „Thüringer <strong>Wein</strong>stube“.<br />
Die Kellerei des <strong>Wein</strong>guts<br />
wurde im Jahr 2005 neu gebaut<br />
und ist zum Teil mit Geräten<br />
der Firma Rieger ausgestattet.<br />
damals rund 350.000 Euro investiert.<br />
Davon circa 300.000<br />
Euro in den Tankraum, das restliche<br />
Geld in die Kühltechnik.<br />
Da diese nach zehn Jahren Gebrauch<br />
in die Jahre gekommen<br />
war, hat sich der <strong>Wein</strong>gutsbesitzer<br />
vor vier Jahren eine neue<br />
Außerdem gehört zum Kellereiinventar<br />
Kühltechnik im <strong>Wein</strong>keller<br />
auch eine 17 Jahre<br />
alte Kelter der Firma Scharfenberger.<br />
„Sie ist nicht die<br />
installieren lassen.<br />
„Dieses Jahr wurde in den<br />
Holzfasskeller für die Rotwein-<br />
Betrieb: <strong>Wein</strong>gut Zahn<br />
Betriebsgröße: 13,5 ha<br />
Gründungsjahr: 1998<br />
Ort: Kaatschen<br />
Anbaugebiet: Saale-Unstrut<br />
lagerung investiert“, erklärt<br />
Zahn. Dieser wurde aufwendig<br />
saniert. Für die Zukunft ist die<br />
Anschaffung einer neuen Kelter<br />
geplant, da der Betrieb in den<br />
vergangenen Jahren gewachsen<br />
ist. Der Wunsch des Winzers<br />
wäre eine Presse, die sich<br />
an der Betriebsgröße orientiert.<br />
Als weitere Anschaffung wollte<br />
sich André Zahn in nächster<br />
Zeit eine neue Maschinenhalle<br />
zulegen. Diese Investitionen<br />
wurden aber aufgrund des eingetretenen<br />
Maifrostes erst einmal<br />
auf Eis gelegt.<br />
Bereits seit Generationen be-<br />
wirtschaftet Familie Zwicker<br />
<strong>Wein</strong>berge. Bis jetzt haben<br />
sie ihren <strong>Wein</strong> aber im Lohn<br />
ausbauen lassen. 2018 wollte<br />
Johannes Zwicker das ändern.<br />
So gründete der gelernte Winzer<br />
und Küfermeister seine<br />
eigene <strong>Wein</strong>manufaktur und<br />
vergrößerte den Betrieb auf<br />
rund 2,5 ha Rebfläche. Nach<br />
Johannes Zwicker<br />
Betrieb: <strong>Wein</strong>manufaktur<br />
Johannes Zwicker<br />
Betriebsgröße: 2,5 ha<br />
Gründungsjahr: 2018<br />
Ort: Jessen (Elster)<br />
Anbaugebiet: Saale-Unstrut<br />
dem Neubau des <strong>Wein</strong>guts in-<br />
klusive des Kellers, eröffnete er<br />
schließlich im Juni 2019.<br />
Mit dem Neubau stattete<br />
Zwicker auch den Keller neu<br />
aus. „Die komplette Technik<br />
ist neu, vom kleinen Kugelhahn<br />
über die Tanks, Kühlung,<br />
Presse, Abfüllmaschine bis hin<br />
zu Trichter und Pumpen“, erzählt<br />
er. Wichtig war ihm, dass<br />
die Geräte von Herstellern<br />
aus Deutschland<br />
sind, zum einen<br />
wegen der Qualität<br />
und zum anderen,<br />
um immer einen Ansprechpartner<br />
zu haben.<br />
So zogen Tanks<br />
von Speidel, Pumpen<br />
von Schneider, eine<br />
Presse von Scharfenberger<br />
und die Kühlung<br />
von Liquo-Systems in den Keller<br />
der <strong>Wein</strong>manufaktur ein.<br />
Vergangenes Jahr schaffte er<br />
sich eine Etikettiermaschine an.<br />
„So können wir alles selbst machen,<br />
ohne dass wir auf jemand<br />
anderen angewiesen sind“, sagt<br />
Zwicker. Außerdem hatte er geplant,<br />
in diesem Jahr Rotweinmaischetanks<br />
anzuschaffen.<br />
Allerdings will der Jungwinzer<br />
noch abwarten, wie stark die<br />
Einbußen aufgrund der Corona-<br />
Krise sind.<br />
Zwicker plant, in das Tankvolumen<br />
und Barriquefässer zu<br />
investieren. Auch überlegt er, in<br />
den nächsten Jahren ein Labor<br />
im Keller einzubauen, damit er<br />
weiterreichende Analysen, wie<br />
das Bestimmen der Restzuckergehalte<br />
bei der Gärung, selbst<br />
durchführen kann. Ansonsten<br />
steht für ihn vor allem das Erweitern<br />
des Betriebs auf rund 5<br />
bis 6 ha im Fokus. Deshalb hat<br />
er den Keller vorausschauend<br />
gebaut und mehr investiert,<br />
als er es für seine derzeitige<br />
Betriebsgröße bräuchte. „Ich<br />
denke, ich bin technisch für<br />
meine Betriebsgröße sogar ein<br />
bisschen zu gut ausgestattet“,<br />
meint Winzer Johannes Zwicker.<br />
10 R&W 09 | <strong>2020</strong>
Anna-Lena<br />
Schmitt<br />
Betrieb: Winzerhof<br />
Kieselsmühle<br />
Betriebsgröße: 4,5 ha<br />
Gründungsjahr: 1994<br />
Ort: Dettelbach<br />
Anbaugebiet: Franken<br />
2018 gründete Anna-Lena<br />
Schmitt gemeinsam mit ihrem<br />
Vater die GbR des Familienweinguts<br />
Kieselsmühle. In den<br />
nächsten Jahren möchte sie<br />
Bernhard Rilling<br />
Betrieb: Rilling Sekt<br />
Betriebsgröße: 85 ha unter Vertrag<br />
Gründungsjahr: 1935<br />
Ort: Stuttgart-Bad Cannstatt<br />
Anbaugebiet: Württemberg<br />
Seit 1935 stellt die Firma Rilling<br />
nun ihren bekannten Sekt her.<br />
Das findet bis heute in Tanks<br />
anstatt in Flaschen statt. „Un-<br />
sere Philosophie ist aber trotzdem<br />
nicht Massensekt zu produzieren,<br />
sondern Qualität in<br />
größeren Gebinden mit langer<br />
Hefelagerzeit, da der Hefekontakt<br />
in einem großen Gebinde<br />
besser herzustellen ist als in der<br />
den Winzerhof komplett übernehmen,<br />
bis dahin arbeitet sie<br />
nebenher in einem anderen<br />
<strong>Wein</strong>gut, um verschiedene Erfahrungen<br />
zu sammeln.<br />
Vor sechs Jahren baute Familie<br />
Schmitt den Keller des<br />
Winzerhofs neu auf. Der alte<br />
<strong>Wein</strong>keller wurde entkernt und<br />
schließlich neu in der Scheune<br />
des Betriebs aufgebaut. Dabei<br />
wurden auch der Boden und die<br />
Tankkühlung direkt erneuert.<br />
Im Jahr 2019 wurde die erste eigene<br />
Abfüllanlage angeschafft.<br />
„Das war eine ziemlich große<br />
Investition für uns, die aber<br />
auch dringend nötig war“, erzählt<br />
die Winzerin aus Franken.<br />
Seit dem Neuaufbau des Kellers<br />
hat Familie Schmitt viel in den<br />
Keller investiert, das haben sie<br />
auch weiterhin vor. So soll der<br />
Daniel Six<br />
Betrieb: <strong>Wein</strong>gut Six<br />
Betriebsgröße: 3,5 ha<br />
Gründungsjahr: 2012<br />
Ort: Wirmsthal<br />
Anbaugebiet: Franken<br />
Keller bald mit einem Anbau<br />
erweitert werden.<br />
Für die nächsten Jahre plant<br />
Anna-Lena Schmitt eine neue<br />
Presse und eine Raumkühlung<br />
für den Keller ein. So kann sie<br />
den Keller im Sommer auch<br />
als erweitertes Flaschenlager<br />
nutzen und flexibel agieren,<br />
was der Winzerin besonders<br />
wichtig ist. Außerdem wünscht<br />
sie sich einen kleinen Barriquefasskeller,<br />
in dem sie ihre <strong>Wein</strong>e<br />
mit Holznote ausbauen kann.<br />
Zunächst wird am Winzerhof<br />
Kieselsmühle aber in die Außenwirtschaft<br />
investiert, denn<br />
auch hier braucht es immer<br />
wieder neue Maschinen. „Investitionen<br />
sind nicht nur im Keller<br />
wichtig, auch der Außenbetrieb<br />
muss auf Vordermann gehalten<br />
werden“, erklärt Schmitt.<br />
Flasche“, erklärt Geschäftsführer<br />
Bernhard Rilling.<br />
Mittlerweile hat Rilling Sekt<br />
viele regionale Winzer unter<br />
Vertrag und bekommt so Trauben<br />
von rund 85 ha <strong>Wein</strong>bergen<br />
angeliefert. Der Stuttgarter<br />
Sektproduzent verarbeitet<br />
diese im eigenen Keller zu<br />
Grundwein. In den vergangenen<br />
Jahren tauschte Rilling dort vor<br />
allem ältere Geräte gegen neue<br />
aus. Genauso sanierte er den<br />
Kellerboden, investierte in die<br />
Kühlung und kaufte 2019 eine<br />
neue Etikettiermaschine. Die<br />
Filteranlage wurde durch eine<br />
moderne Cross-Flow-Anlage<br />
ersetzt, um so die Maschinen<br />
weiter zu modernisieren.<br />
Die Corona-Krise erschwert<br />
den Sekt-Absatz, da viele Messen<br />
in diesem Jahr nicht statt<br />
finden und auch die Gastronomie,<br />
ein großer Abnehmer<br />
des Sekts, nur langsam wieder<br />
anläuft. „Wir kämpfen wirklich“,<br />
sagt Bernhard Rilling. So<br />
musste er die geplanten Investitionen<br />
vorerst verschieben.<br />
Hinter dem <strong>Wein</strong>gut<br />
Six im fränkischen<br />
Wirmsthal<br />
stecken die Brüder<br />
Daniel und Oliver<br />
Six. Daniel ist<br />
gelernter Winzer,<br />
Oliver ausgebildeter<br />
<strong>Wein</strong>küfer<br />
und <strong>Wein</strong>bautechniker.<br />
Sie bewirtschaften<br />
zusammen<br />
mit ihrem Vater knapp<br />
4 ha <strong>Wein</strong>berge im Nebenerwerb.<br />
Entstanden ist das Familienweingut<br />
im Jahr 2012,<br />
durch die Umwandlung des<br />
vorherigen landwirtschaftlichen<br />
Gemischtbetriebs in<br />
ein reines <strong>Wein</strong>bauunternehmen.<br />
Bis zum Jahr 2017<br />
baute Oliver Six die <strong>Wein</strong>e<br />
in dem Betrieb aus, in dem<br />
er damals gearbeitet hat.<br />
Ein Jahr später richtete die<br />
Familie dann die eigene<br />
Kellerei im Ort ein. „Wir haben<br />
es so strukturiert, dass<br />
wir jederzeit auch wieder<br />
aufhören könnten. Uns war<br />
immer wichtig, uns keinen<br />
Klotz ans Bein zu binden,“<br />
erklärt Winzer Daniel Six.<br />
Aus diesem Grund wurde<br />
die Kellerei bewusst in einer<br />
gemieteten Halle untergebracht.<br />
Daniel Six spricht von anfänglichen<br />
Investitionen in<br />
einem niedrigen sechsstelligen<br />
Bereich. „Natürlich<br />
kam nach und nach immer<br />
noch etwas dazu“, erklärt<br />
Daniel Six. Er sagt, dass in<br />
der Kellerei fast alle Geräte<br />
gebraucht gekauft wurden.<br />
Begeistert ist er vor allem<br />
von der betriebseigenen<br />
Presse. Diese ist für die<br />
kleine Betriebsgröße recht<br />
schlagkräftig und würde<br />
auch für einen doppelt so<br />
großen Betrieb ausreichen.<br />
Weitere Anschaffungen<br />
für den Keller hat das <strong>Wein</strong>gut<br />
in nächster Zeit nicht<br />
geplant. „Wenn wir in etwas<br />
investieren, dann entweder<br />
wieder in <strong>Wein</strong>berge oder in<br />
einen Hallenneubau. Damit<br />
wir unabhängig vom Mietverhältnis<br />
wären“, sagt der<br />
Winzer abschließend.<br />
R&W 09 | <strong>2020</strong><br />
11
...EXTRA KELLEREITECHNOLOGIE...<br />
Matthias Schuh übernahm<br />
2016 das Familien-<strong>Wein</strong>gut<br />
bei Meißen<br />
gemeinsam mit<br />
seiner Schwester. Mittlerweile<br />
bewirtschaften sie rund 5 ha<br />
eigene Rebflächen. In den letzten<br />
Jahren bauten sie den Keller<br />
stark aus, da sie nun Trauben<br />
von rund 8 ha <strong>Wein</strong>bergen<br />
zukaufen und zusätzlich <strong>Wein</strong><br />
für andere Winzer aus weiteren<br />
8 ha ausbauen.<br />
So kaufte Matthias Schuh<br />
im vergangenen Jahr eine neue<br />
Presse und neue Tanks. „Da wir<br />
in den vergangenen Jahren sehr<br />
stark gewachsen sind, hatten<br />
wir nicht mehr genug Volumen<br />
im Keller und die Presse wurde<br />
zu klein“, erklärt der Winzer. Die<br />
vorherige Presse war von der<br />
Firma Willmes, mit der Schuh<br />
Matthias Schuh<br />
Betrieb: <strong>Wein</strong>gut Schuh<br />
Betriebsgröße: 5 ha<br />
Gründungsjahr: 1990<br />
Ort: Coswig-Sörnewitz<br />
Anbaugebiet: Sachsen<br />
sehr zufrieden war. Nun musste<br />
aber eine deutlich größere her<br />
und so entschied er sich spontan<br />
für eine Presse von Scharfenberger.<br />
Auch eine neue<br />
Kühlanlage, neue Pumpen und<br />
ein Schraubverschließer zogen<br />
in den <strong>Wein</strong>keller ein. „Letztes<br />
Jahr haben wir tatsächlich viel<br />
gekauft, wenn ich so darüber<br />
nachdenke“, gibt Schuh zu.<br />
Er hat vor, den Keller mit einer<br />
Produktionshalle zu erweitern,<br />
um noch ökonomischer<br />
und ökologischer zu arbeiten.<br />
Dafür soll beispielweise eine<br />
Fotovoltaik-Anlage auf dem<br />
Dach den Strom für die Kühlung<br />
produzieren. Trotz vieler<br />
Neuanschaffungen im Keller<br />
liegt der Fokus des sächsischen<br />
Winzers im <strong>Wein</strong>berg. „Wir haben<br />
hauptsächlich in den Keller<br />
investiert, da wir mittlerweile<br />
mehr Trauben zukaufen“, sagt<br />
er. Im Keller arbeitet er relativ<br />
minimalistisch und benötigt<br />
nicht die modernste Technik.<br />
So verwendet er auch keinen<br />
Kieselgur- oder Cross-Flow-<br />
Filter, sondern einen einfachen<br />
Schichtenfilter.<br />
Schuh überlegt, für das<br />
<strong>Wein</strong>gut eine gebrauchte und<br />
generalüberholte Abfüllanlage<br />
zu kaufen. Mit dieser will er<br />
dann in Sachsen unterwegs<br />
sein und im Lohn für andere<br />
Winzer <strong>Wein</strong> abfüllen.<br />
Jens Zimmerle<br />
Betrieb: <strong>Wein</strong>gut Zimmerle<br />
Betriebsgröße: 16 ha<br />
Gründungsjahr: 1979<br />
Ort: Korb<br />
Anbaugebiet: Württemberg<br />
Seit Jens Zimmerle 2008 in das<br />
<strong>Wein</strong>gut seines Vaters eingestiegen<br />
ist, kaufte er <strong>Wein</strong>berge<br />
zu und hat so seine Flächen bis<br />
heute verdoppelt. Dementsprechend<br />
erweiterte er auch den<br />
Keller des <strong>Wein</strong>guts und kaufte<br />
immer wieder neues Equipment.<br />
„In den Keller investieren<br />
wir eigentlich jedes Jahr“,<br />
erzählt der Winzer, der 2014 das<br />
<strong>Wein</strong>gut Zimmerle komplett<br />
übernahm. Allerdings wurden<br />
diese Investitionen in den letzten<br />
Jahren möglichst gering<br />
gehalten, da Familie Zimmerle<br />
schon länger ein neues <strong>Wein</strong>gut<br />
plant. Im Frühjahr <strong>2020</strong> be-<br />
gann der Erdaushub am neuen<br />
Standort.<br />
Mit dem Neubau sind auch<br />
größere Investitionen in der<br />
Kellertechnik geplant. Dabei<br />
möchte sich Zimmerle ein geschlossenes<br />
Kühlsystem sowie<br />
Gärtanks und andere moderne<br />
Geräte für den neuen Keller<br />
anschaffen. „Das braucht viel<br />
Fläche, die wir im neuen <strong>Wein</strong>gut<br />
haben und so großzügiger<br />
arbeiten können“, erklärt der<br />
württembergische Winzer. Besonders<br />
wichtig ist ihm, dass<br />
möglichst alle Geräte mobil<br />
sind. „Wenn man investiert,<br />
muss man immer im Auge ha-<br />
ben, dass sich das <strong>Wein</strong>machen<br />
auch weiterentwickelt“,<br />
sagt Jens Zimmerle. Deshalb<br />
möchte er das Kellerequipment<br />
nicht fest installieren,<br />
sondern variabel arbeiten.<br />
In den vergangenen Jahren<br />
hat Jens Zimmerle vor allem<br />
in die Traubenannahme investiert.<br />
Da diese Geräte mobil<br />
sind, kann er sie in das neue<br />
<strong>Wein</strong>gut mitnehmen. „Wir<br />
haben unseren Fokus auf die<br />
Traubenannahme gelegt, da<br />
wir wussten, dass dies eine<br />
langfristige Investition ist“,<br />
sagt der Winzer. So kaufte er<br />
eine neue Abbeermaschine,<br />
ein neues Sortierband und<br />
neue Transportbänder, um eine<br />
schonende Annahme der Trauben<br />
zu gewährleisten. „Meine<br />
Überzeugung ist, dass bei der<br />
Traubenannahme am meisten<br />
kaputt gemacht werden kann“,<br />
erklärt er. Denn je weniger die<br />
Trauben dabei belastet werden,<br />
desto weniger müsse er später<br />
im Keller nacharbeiten.<br />
Text: Melina Kesel und Natalie<br />
Krampfl<br />
Bilder: privat (Porträts), shutterstock.de<br />
– Aleksandr Bryliaev<br />
(Notizzettel), shutterstock.de –<br />
NataLima (<strong>Wein</strong>illustrationen)<br />
12 R&W 09 | <strong>2020</strong>
GÄRSTOCKUNGEN VERMEIDEN<br />
Die richtige Hefeernährung<br />
Damit bei der Gärung im Keller alles rund läuft, müssen die Hefen mit aus reichend Nährstoffen versorgt<br />
werden. Wenn das Lesegut bereits mit einem Nährstoffmangel im Keller landet kann der Önologe mit dem<br />
einen oder anderen Präparat nachhelfen.<br />
KOMPAKT<br />
Damit es bei der Gärung nicht<br />
zu Problemen kommt, gibt es<br />
verschiedene Hefenährstoffe.<br />
Um auf eventuelle Mangelsymptome<br />
vorbereitet zu sein, lohnt<br />
sich auch für den Kellermeister<br />
ein Blick in den <strong>Wein</strong>berg. Denn<br />
dort entsteht der Mangel bereits,<br />
den es später im Keller<br />
auszugleichen gilt. Es ist wichtig,<br />
die Hefeernährung sehr individuell<br />
und mit Maß und Ziel zu<br />
gestalten. Dies ist nicht nur aus<br />
finanzieller Sicht sinnvoll, sondern<br />
dient auch maßgeblich der<br />
Gärsicherheit und der späteren<br />
<strong>Wein</strong>qualität.<br />
Kann die Rebe im<br />
<strong>Wein</strong>berg keine Nährstoffe<br />
aufnehmen,<br />
führt dies zwangsläufig zu einer<br />
Nährstoffunterversorgung<br />
der Trauben und des Mosts.<br />
Grund hierfür können sowohl<br />
witterungsbedingte, als auch<br />
bearbeitungstechnische Ursachen<br />
sein.<br />
Mangel entsteht<br />
schon im <strong>Wein</strong>berg<br />
Ist es beispielsweise über einen<br />
längeren Zeitraum sehr<br />
heiß und trocken, kann weder<br />
viel Stickstoff mineralisiert<br />
noch aufgenommen werden.<br />
Das andere Extrem wären<br />
starke Niederschläge, als Auslöser<br />
für Botrytis und das Faulen<br />
der Trauben. Auch dadurch<br />
wird der Nährstoffgehalt<br />
in der Traube stark verringert,<br />
da der Botrytispilz bereits<br />
wichtige Nährstoffe verbraucht.<br />
Die Hefeernährung<br />
ist komplex<br />
Für eine sichere Vergärung<br />
von Mosten mit einem sensorisch<br />
einwandfreien Ergebnis<br />
muss die Hefe optimal mit<br />
Nährstoffen versorgt sein. Die<br />
Hefeernährung ist sehr komplex<br />
und setzt sich aus vielen<br />
verschiedenen Faktoren zusammen.<br />
Hierbei spielen Thiamin,<br />
Ammonium, Aminosäuren<br />
und auch Mineralstoffe,<br />
Vitamine, Sterole, Tripeptide<br />
und Lipide eine wichtige Rolle.<br />
Einige dieser in der Traube<br />
natürlich vorkommenden<br />
Stoffe können durch den Önologen<br />
ergänzt werden, andere<br />
nicht.<br />
Welche Stoffe für die Hefeernährung<br />
zugelassen sind,<br />
regelt die EU-Verordnung<br />
2019/934. Genauere Regelungen<br />
und Grenzwerte für<br />
diese Stoffe, die in dieser Verordnung<br />
nicht explizit aufgeführt<br />
sind, müssen im OIV-<br />
Codex (internationale Organisation<br />
für Rebe und <strong>Wein</strong>)<br />
nachgeschlagen werden.<br />
Thiamin<br />
(Vitamin B1)<br />
„ ...<br />
“<br />
DIE HEFEERNÄHRUNG<br />
IST SEHR KOMPLEX<br />
Johannes Burkert<br />
Thiamin zählt zu den Hefenährstoffen,<br />
ist aber für die<br />
Gärung nicht existenziell notwendig.<br />
Ein Mangel würde<br />
zwar nicht zur Gärstockung<br />
führen, aber den Gehalt an gebundener<br />
SO 2<br />
nach der Gärung<br />
deutlich erhöhen. Thiamin<br />
ist verantwortlich für die<br />
Umwandlung von Pyruvat zu<br />
Ethanal (Acetaldehyd), das<br />
dann weiter zu Ethanol umgewandelt<br />
wird.<br />
Ein Mangel an Thiamin<br />
führt dadurch zu größeren<br />
Mengen an Pyruvat, was später<br />
im Jungwein bei der ersten<br />
Schwefelung nicht unerhebliche<br />
Mengen an SO 2<br />
abbindet.<br />
Aus diesem Grund dürfen dem<br />
Most 0,6 mg/l Thiamin zugegeben<br />
werden. Allerdings ist<br />
dies unter normalen Voraussetzungen<br />
nicht notwendig,<br />
da in gesundem Lesegut von<br />
Natur aus immer ausreichend<br />
Vitamin B1 vorhanden ist.<br />
Neben Botrytis auf den<br />
Trauben wird Thiamin auch<br />
durch eine Mostschönung mit<br />
Bentonit oder eine Maische-/<br />
Mosterhitzung so stark verringert,<br />
dass in diesen Fällen die<br />
Zugabe von Thiamin im Hinblick<br />
auf die spätere SO 2<br />
-Bilanz<br />
von großer Bedeutung<br />
ist. Da Thiamin keine negativen<br />
Auswirkungen auf den<br />
<strong>Wein</strong> hat und sehr preisgünstig<br />
ist, sollte über eine generelle<br />
Zugabe vor der Gärung<br />
nachgedacht werden.<br />
Ammonium<br />
(NH 4+<br />
)<br />
Ein für die Hefeernährung sehr<br />
wichtiger Baustein ist das Ammonium.<br />
Es wird bei der Vermehrung<br />
der Hefen vorrangig<br />
umgesetzt. In gesundem und<br />
reifem Lesegut sind in der Regel<br />
50 bis 70 mg/l Ammonium<br />
natürlich vorhanden.<br />
Ein Mangel an hefeverwertbarem<br />
Stickstoff kann durch die<br />
Zugabe von Ammonium ausgeglichen<br />
werden. Dies kann<br />
durch die Zugabe von Diammoniumhydrogenphosphat<br />
(DAP;<br />
(NH 4<br />
) 2<br />
HPO 4<br />
), Ammoniumsulfat<br />
(DAS; (NH 4<br />
) 2<br />
SO 4<br />
) oder Ammoniumbisulfit<br />
(Ammoniumhydrogensulfit;<br />
NH 4<br />
HSO 3<br />
) er-<br />
R& W 09 | <strong>2020</strong><br />
13
...EXTRA KELLEREITECHNOLOGIE...<br />
folgen. In der Regel wird DAP<br />
eingesetzt. DAP darf nur zur alkoholischen<br />
Gärung und bis zu<br />
einem Grenzwert von 1 g/l angewendet<br />
werden, was den Ammoniumgehalt<br />
um 273 mg/l<br />
erhöht. Diese Menge entspricht<br />
212 mg/l reinem Stickstoff.<br />
Extrem hohe Dosagen führen<br />
zu einem nicht unerheblichen<br />
Eintrag an Phosphat, was<br />
später im <strong>Wein</strong> unter Umständen<br />
zu einer Phosphattrübung<br />
führen kann. Die Zugabe von<br />
Ammoniumsulfat ist in unseren<br />
Regionen eher unüblich,<br />
gegebenenfalls in Mischprodukten<br />
zusammen mit DAP.<br />
Ammoniumbisulfit (maximal<br />
0,2 g/l) wird in erster Linie<br />
nicht als Nährstoff, sondern zur<br />
Schwefelung von Trauben,<br />
Maische oder Most verwendet.<br />
Die Dosage wird durch die enthaltene<br />
SO 2<br />
-Menge begrenzt.<br />
Werden die Trauben beispielsweise<br />
durch Zugabe von Ammoniumbisulfit<br />
mit 50 mg/l<br />
SO 2<br />
geschwefelt, ist dies gleichzeitig<br />
eine Erhöhung von Ammonium<br />
um 11 mg/l, was einer<br />
DAP-Gabe von 5 g/hl (0,05 g/l)<br />
entspricht. Somit ist der Zusatz<br />
von Ammoniumbisulfit (begrenzt<br />
durch den hohen Schwefelgehalt<br />
= Sulfitgehalt) für die<br />
Hefeernährung irrelevant.<br />
Ernährung mit<br />
Hefeprodukten<br />
VERLAUF DER GEHALTE AN HEFEVERWERTBAREN AMINOSÄUREN (NOPA)<br />
WÄHREND DER GÄRUNG, 2019 WEISSWEIN<br />
NOPA (mg/l)<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0 2 4 6 8 10 12 14<br />
Gärtage<br />
Laut VO (EU) 2019/934 sind<br />
als Aktivatoren für die alkoholische<br />
Gärung auch Hefeautolysate,<br />
Heferinden, inaktivierte<br />
Hefen und inaktivierte<br />
glutathionreiche Hefen zugelassen.<br />
Die Zugabe dieser Produkte<br />
ist kumuliert auf maximal<br />
40 g/hl begrenzt. Bezüglich<br />
der genauen Einsatzbedingungen<br />
und Grenzwerte<br />
wird auf die bestehende OIV-<br />
Resolution verwiesen.<br />
Die Hefeautolysate sind beispielsweise<br />
in der Resolution<br />
OIV-OENO 496-2013 geregelt.<br />
Laut dieser dürfen sie als<br />
Nährstoffe für die Rehydratation<br />
aktiver Trockenhefen, die<br />
für die alkoholische Gärung<br />
bestimmt sind, sowie als<br />
Nährstoffe im Verlauf der alkoholischen<br />
Gärung verwendet<br />
werden.<br />
Der Unterschied zu anderen<br />
Hefeprodukten besteht in der<br />
Löslichkeit. So sind Autolysate<br />
gut wasserlöslich. Der lösliche<br />
Teil der Trockenmasse muss<br />
allerdings weniger als 80 Prozent<br />
betragen. Der Gehalt an<br />
Gesamtstickstoff muss weniger<br />
als zwölf Prozent der Trockenmasse<br />
betragen, der Gehalt<br />
an Ammoniumstickstoff<br />
weniger als 0,5 Prozent.<br />
Die Anwendung von Heferinde<br />
ist in der Resolution<br />
OIV-OENO 497-2013 geregelt.<br />
Demnach werden Heferinden<br />
zur Vorbeugung und<br />
Behebung von Gärstockungen<br />
eingesetzt. Sie besitzen laut<br />
Verordnung die Fähigkeit, bestimmte<br />
Fettsäuren (Octanund<br />
Decansäure) zu binden,<br />
die die Permeabilität von Hefemembranen<br />
negativ beeinflussen.<br />
Die maximale Löslichkeit<br />
ist hierbei auf unter zehn<br />
Prozent begrenzt.<br />
Die Verwendung von inaktivierten<br />
Hefen ist in der OIV-<br />
OENO 459-2013 geregelt. Sie<br />
dürfen als Hefenährstoff zu<br />
Beginn und während der alkoholischen<br />
Gärung, sowie zur<br />
Rehydratation aktiver Trockenhefen<br />
eingesetzt werden.<br />
Allerdings ist auch hier der<br />
Gehalt an Gesamtstickstoff<br />
begrenzt (unter zehn Prozent<br />
der Trockenmasse, weniger<br />
als 0,5 Prozent Ammoniumstickstoff).<br />
All diese Hefepräparate<br />
werden aus aktiven Hefen hergestellt,<br />
die nach den jeweiligen<br />
Bedürfnissen mit den entsprechenden<br />
Stoffen angereichert<br />
werden, welche die<br />
Hefe art Saccharomyces cerevisiae<br />
später im <strong>Wein</strong> während<br />
der Gärung benötigt. So<br />
wird die vom Önologen verwendete<br />
Hefe indirekt mit<br />
wichtigen Stoffen versorgt,<br />
die eventuell im Most nicht<br />
ausreichend vorhanden sind.<br />
Dazu zählen vor allem Vitamine,<br />
Mineralstoffe, Sterole,<br />
Fettsäuren, Lipide, aber auch<br />
hefeverwertbare alpha-Aminosäuren.<br />
Vitamine sind hauptsächlich<br />
für die Umwandlung<br />
und somit für die Reduzierung<br />
schwefelbindender Gärungsnebenprodukte<br />
verantwortlich.<br />
Sterole und Lipide werden<br />
zum Zellwandaufbau benötigt<br />
und machen diese stabiler. Das<br />
ist vor allem bei zu erwartenden<br />
hohen Alkoholgehalten<br />
von großer Bedeutung.<br />
Die meisten auf dem Markt<br />
angebotenen Produkte auf<br />
Kontrolle<br />
40 g/hl Goferm<br />
40 g/hl Goferm Protect Evolution<br />
120 g/hl Anavital Extra<br />
40 g/hl Fermaid E blanc<br />
40 g/hl Optimum Red<br />
40 g/hl Optimum White<br />
45 g/hl NATUferm Bright<br />
40 g/hl Fermaid O<br />
100 g/hl DAP<br />
50 g/hl Anavital Smart<br />
Hefebasis sind Kombipräparate,<br />
um ein möglichst breites<br />
Spektrum abzudecken. Viele<br />
angebotene Kombipräparate<br />
enthalten aber auch Thiamin<br />
und Diammoniumhydrogenphosphat<br />
sowie Cellulose zur<br />
Erhöhung der inneren Oberfläche.<br />
Wird zu Beginn der<br />
Gärung ein Kombipräparat<br />
verwendet, ist teilweise der<br />
gesetzliche Grenzwert für bestimmte<br />
darin enthaltene<br />
Stoffe bereits erreicht.<br />
Bei einer weiteren Gabe<br />
während der Gärung ist deshalb<br />
Vorsicht geboten. Bei<br />
Kombipräparaten aus Thiamin<br />
und DAP ist häufig bei<br />
einer Gabe von 50 g/hl bereits<br />
die maximale Dosage von Thiamin<br />
erreicht. Muss während<br />
der Gärung DAP nachdosiert<br />
werden, ist unbedingt reines<br />
DAP zu verwenden.<br />
Die perfekte<br />
Nährstoffversorgung?<br />
Die perfekte Nährstoffversorgung<br />
eines Mosts gibt es nicht.<br />
Denn es gibt zwei große Unbekannte:<br />
Erstens weiß niemand<br />
ganz genau, was im Most an<br />
Nährstoffen vorhanden ist.<br />
Zwar lassen sich Ammonium<br />
und hefeverwertbare Aminosäuren<br />
messen, aber für die<br />
Hefe wichtige Mikronährstoffe,<br />
14 R& W 09 | <strong>2020</strong>
VERLAUF DER GEHALTE AN AMMONIUM<br />
WÄHREND DER GÄRUNG, 2019 WEISSWEIN<br />
NOPA (mg/l)<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0 2 4 6 8 10 12 14<br />
Gärtage<br />
Kontrolle<br />
40 g/hl Goferm<br />
40 g/hl Goferm Protect Evolution<br />
120 g/hl Anavital Extra<br />
40 g/hl Fermaid E blanc<br />
40 g/hl Optimum Red<br />
40 g/hl Optimum White<br />
45 g/hl NATUferm Bright<br />
40 g/hl Fermaid O<br />
100 g/hl DAP<br />
50 g/hl Anavital Smart<br />
zu hoher DAP-Gabe (in diesem<br />
Fall 100 g/hl zu Gärbeginn)<br />
bleibt Ammonium im<br />
Jungwein übrig, was natürlich<br />
nicht sein darf.<br />
Die Umsetzung von Aminosäuren<br />
durch die Hefe führt<br />
auch zur Freisetzung bestimmter<br />
Aromastoffe, wie zum Beispiel<br />
Thiolen. Wenn so viel DAP<br />
zugegeben wird, dass die Hefe<br />
versucht, sich fast ausschließlich<br />
von Ammonium zu ernähren,<br />
ist die Freisetzung dieser<br />
Aromastoffe deutlich geringer<br />
und wertvolles Aromapotenzial<br />
wird nicht genutzt.<br />
Vitamine, Spurenelemente<br />
und ähnliches bleiben unbekannt.<br />
Zweitens kann der Önologe<br />
nicht wissen, was genau in<br />
den Hefeprodukten steckt. Die<br />
Inhaltsstoffe sind von Produkt<br />
zu Produkt sehr unterschiedlich,<br />
was aber auf der Packung<br />
nicht ersichtlich ist. So kann der<br />
Önologe nur anhand der Ausgangsbedingungen<br />
versuchen,<br />
mögliche Defizite richtig einzuschätzen<br />
und entsprechende<br />
Maßnahmen zu ergreifen.<br />
Handelt es sich beispielsweise<br />
um einen zu vergärenden<br />
Most, der aus einer Rebanlage<br />
kommt, die Trockenstress<br />
hatte, der Ertrag relativ hoch<br />
war oder die in irgendeiner Art<br />
und Weise ein Defizit aufweisen<br />
könnte, so reicht eine zusätzliche<br />
Versorgung mit<br />
Diammoniumhydrogenphosphat<br />
vermutlich nicht aus. Hier<br />
mangelt es sicher auch an allen<br />
anderen Faktoren, die die Hefe<br />
für eine saubere und sichere<br />
Gärung benötigt.<br />
Besonders wenn hohe Alkoholgehalte<br />
zu erwarten sind,<br />
muss die Hefezellwand möglichst<br />
stabil gemacht werden<br />
(wofür die Sterole beispielsweise<br />
verantwortlich sind),<br />
was durch die Zugabe von inaktiven<br />
Hefepräparaten während<br />
der Rehydratation der<br />
Hefe erfolgen kann. Versuche<br />
an der LWG Veitshöchheim<br />
haben im Herbst 2019 gezeigt,<br />
dass der hefeverwertbare<br />
Stickstoff durch die Zugabe<br />
von Kombipräparaten<br />
nur signifikant ansteigt, wenn<br />
im Produkt DAP enthalten ist.<br />
„ ...<br />
“<br />
NIEMAND WEISS<br />
GANZ GENAU, WAS<br />
WIRKLICH IM MOST<br />
AN NÄHRSTOFFEN<br />
VORHANDEN IST<br />
Johannes Burkert<br />
Der Gehalt an hefeverwertbaren<br />
Aminosäuren, welcher<br />
als NOPA-Wert bestimmt<br />
wird, konnte durch die Zugabe<br />
im Most nicht signifikant<br />
erhöht werden. Dennoch haben<br />
auch die Präparate ohne<br />
DAP einen deutlich positiven<br />
Einfluss auf die Gärung.<br />
Anhand der Grafik auf Seite<br />
14 ist zu erkennen, dass sich<br />
der NOPA-Gehalt erst während<br />
der Gärung bei den verschiedenen<br />
Varianten deutlich<br />
unterscheidet. Vor allem<br />
bei den Kombipräparaten, die<br />
DAP enthalten, ist er während<br />
und nach der Gärung deutlich<br />
höher, was wiederum die<br />
Kenntnis bestätigt, dass von<br />
der Hefe bevorzugt Ammonium<br />
verstoffwechselt wird<br />
und die Aminosäuren vorerst<br />
„verschont“ werden.<br />
Die Grafik oben bestätigt<br />
diese Aussage. Hier ist deutlich<br />
zu erkennen, dass das natürlich<br />
vorhandene Ammonium<br />
in den ersten drei Gärtagen<br />
vollständig verbraucht<br />
wird. Bei DAP-Zusatz (auch in<br />
Form der Kombipräparate)<br />
wird innerhalb der ersten<br />
sechs Gärtage das Ammonium<br />
umgesetzt. Ausschließlich bei<br />
Text: Johannes Burkert, Felix Baumann,<br />
Martin Justus Müller, Dr.<br />
Martin Geßner<br />
Bild: Shutterstock – Orange Deer<br />
studio<br />
Johannes<br />
Burkert<br />
Felix Baumann, Martin Justus<br />
Müller und Dr. Martin Geßner<br />
arbeiten an der Bayerischen<br />
Landesanstalt für <strong>Wein</strong>bau und<br />
Gartenbau in Veitshöchheim.<br />
R& W 09 | <strong>2020</strong><br />
15
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