DEICHBRAND Magazin #4 Fourth Edition 2022/2023
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DEICHBRAND
MAGAZIN
#4
Fourth Edition
2022/2023
Festival-Hymnen
Anthems – what they do to you?
Diesen einen Song, bei dem alle komplett
ausrasten, sobald man nur die
ersten Töne vernimmt. Doch was genau
zeichnet diese Songs aus? Was macht
sie so besonders?
Bleibt alles anders
Warm-up-Donnerstag aka „das kleine
Wochenende“ und die Isle of Content
sind nur zwei der neuen Highlights, die
es beim DEICHBRAND Festival 2022
gab. Und 2023 wird noch einiges mehr
auf uns zukommen!
La Dolce DEICHBRAND
Man muss den Mut haben, den Schlager,
den Canzone, in sein Herz zu lassen.
Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys erklären,
warum Italoschlager gerade auf dem
DEICHBRAND Festival ein Ort für ungeahnt
wild gefeierte Festival-Hymnen ist.
E D I T O R I A L
Dear Freaks and Folks,
Fans and Friends,
viele Worte wollen wir nicht mehr verlieren über die zwei Jahre, in denen wir pandemiebedingt aussetzen mussten. Nur
so viel: Wir haben euch schrecklich vermisst und sind wahnsinnig froh, dass die Zeit überwunden ist. Klar, der Virus wird
uns noch weiter begleiten, aber wir sind nun in vielerlei Hinsicht weiter und freuen uns, sagen zu können: Ab jetzt sind
wir wieder jedes Jahr für euch da! Zudem blicken wir auf eine DEICHBRAND Ausgabe 2022, die schöner nicht hätte sein
können. Unzählige unvergessliche Momente, fantastische Liveshows und eine Grundatmosphäre, die man so auf keinem
zweiten Open Air findet, haben uns wieder einmal gezeigt, warum das DEICHBRAND nicht nur für uns eine solche Herzensangelegenheit
ist. Denn auch ihr habt es mitgebracht: viel Herz. Für uns, für die Künstler und für euch selber und
eine großartige gemeinsame Zeit.
H · E · L · L · O & W · E · L · C · O · M · E
DEICHBRAND
FESTIVAL
–
ONE FESTIVAL
ONE FAMILY
ONE LOVE
Das vorliegende Magazin bietet, wie schon die vorangegangenen Ausgaben, einen umfangreichen Blick zurück auf das
letzte Festival sowie einen ebensolchen nach vorn zum DEICHBRAND 2023. Wie ihr es schon kennt, haben wir während
des Festivals mit vielen auftretenden Künstlern Interviews geführt – die wir wie gewohnt unter ein Oberthema gestellt
haben. Dieses Mal wollten wir eine ganz besondere Form von Song unter die Lupe nehmen und herausfinden, was eine
Festival-Hymne ausmacht. Was unterscheidet sie von einem Radio-Hit? Was muss sie haben, damit sie als Hymne funktioniert,
was sollte nach Möglichkeit rausgelassen werden? Warum will, nein: muss man diese eine Melodie sofort mitsingen,
während eine andere einfach so an einem vorbeiweht? Darüber unterhielten wir uns u.a. mit BOSSE, MADSEN, DROPKICK
MURPHYS, MAXIMO PARK, ROY BIANCO & DIE ABBRUNZATI BOYS oder ANTJE SCHOMAKER – und die Antworten sind
spannend vielfältig und sehr unterschiedlich ausgefallen.
Wir nehmen euch mit in die unterschiedlichsten Bereiche des DEICHBRAND Festivals, erzählen euch von der Entwicklung
und dem Umzug der Electric Island, die in diesem Jahr erstmals direkt im Infield ihren Platz fand; außerdem haben wir
eine Star-DJane der Stage und gute Freundin des Festivals, Anahit Vardanyan, zu Hause in ihrem Studio besucht. Wir geben
euch einen Überblick über all die vielen Aktivitäten beim DEICHBRAND, die abseits der Hauptbühnen passieren. Wir
stellen euch einige unserer Partner, unsere Crewleiterin Toni und unser neues Merchandise-Konzept vor. Toni's Story ist
exemplarisch dafür, wie es dem DEICHBRAND gelungen ist, gleichzeitig zu einem der größten Festivals in Deutschland zu
wachsen und sich trotzdem seinen familiären und warmen Spirit stets zu erhalten. Dazwischen findet ihr viele exklusive
Fotos und so einiges an unveröffentlichtem Material.
Es gibt also viel Spannendes zu erfahren, und so hoffen wir, dass wir euch alle zwischen dem 20. und 23. Juli wieder
begrüßen dürfen. Euch erwarten wieder mehr als 130 Bands, Live-Acts, DJs und Slammer auf 6 Bühnen.
Wir freuen uns auf euch!
Eure Brandstifter:innen
PS: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in
diesem Magazin die männliche Form verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten selbstverständlich gleichermaßen
für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beeinhaltet keine Wertung.
Danke für euer Verständnis!
Foto: Patrick Schulze
2 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 3
P R E S E N T E D B Y
D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3 W W W . D E I C H B R A N D . D E
DEICHKIND K.I.Z
SDP BROILERS
MARTERIA BEATSTEAKS
KONTRA K ELECTRIC CALLBOY
JAN DELAY VON WEGEN LISBETH
JUJU TONES AND I TOKIO HOTEL
THE BOSSHOSS MEUTE THE WOMBATS
LEONIDEN SWISS & DIE ANDERN
ROYAL REPUBLIC JEREMIAS NURA
ALICE MERTON YAENNIVER ROGERS
YOU ME AT SIX THE SUBWAYS ENNIO
FIL BO RIVA DISARSTAR SKI AGGU
LUNA BRUCKNER FJØRT RAUM27
CONNY BLOND ESTHER GRAF
LE FLY OUR MIRAGE BECKS
ELECTRONIC SELECTION in alphabetical order
ADANA TWINS BEBETTA
DUBFIRE B2B OLIVER HUNTEMANN
ELLEN ALLIEN JULIET FOX KARLA BLUM
KAUFMANN NO.MADS ROMAN ADAM
UND VIELE MEHR!
20. - 23. JULI 2023
CUXHAVEN / NORDHOLZ
Infos & Tickets: WWW.DEICHBRAND.DE
Gefördert von:
#deichbrand2023
D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3 W W W . D E I C H B R A N D . D E
DEICHBRAND Magazin
#4 Fourth Edition ‘22/‘23
– Anthems for the masses
CONTENT
03
Hello & Welcome
Editorial
04
DEICHBRAND Festival 2023
Line-Up-Preview
05
Content
Overview
06 07
DEICHBRAND Facts
All u need 2 know
08 11
Anthems for the masses
Festival-Hymnen
(Theme of this magazine #4)
16 18
Das Pommesgabelgefühl
Interview mit Bosse
19
Make a long story short
Best-Of-Artists-2022-Zitate
20 33
DEICHBRAND Live ‘22
Eine Fotostrecke
34 37
How cool are you?
DEICHBRAND Merchandise
38 41
Ein bestimmtes Gefühl einfangen
Interview mit Madsen
46 47
Behind the Scenes
Toni Klocke – die Feel-Good-Chefin
48 49
Die DEICHBRAND Bühnen
Bedeutende Bretter
50 51
Bleibt alles anders
2022 – was war neu?
52 53
Talking Trees – ein safer space
2023 – what's coming up?
54 55
OBEN
Das DEICHBRAND aus dem Heli
56 59
Mehr Ideen als Zeit
Interview mit Anahit Vardanyan
60 61
ELBENWALD Festival
Eine Empfehlung des Hauses ESK
62 63
Unwiderstehliche Hits
Interview mit The Struts
64 65
We are family
DEICHBRAND Partnership
66 69
Für mehr politische Festival-Hymnen
Interview mit Antje Schomaker
74 7 7
Der Abschied hat immer Saison
Interview mit Roy Bianco & Die
Abbrunzati Boys
78
Goodbye & see u
Impressum & Kontakt
DEICHBRAND Magazin #4 5
53° 6‘ 2“ N, 8° 39‘ 31“ O est. 2005
Hashtag (official): #deichbrand2023
DEICHBRAND 18.0
FESTIVAL AN DER NORDSEE
D · E · I · C · H · B · R · A · N · D F · A · C · T · S
+ Konzerte
+ Live-Shows
+ Workshops
+ Poetry Slam
+ Food Court
+ Swimmingpool
+ Riesenrad
+ Beachvolleyball
+ Heli-Rundflüge
+ Flunkyball Turnier
60.000
Follower on tiktok
70.000
Follower on instagram
Venue:
CUXHAVEN/
NORDHOLZ
199€
Kombiticket ALLDAYS
inklusive Frühanreise
Genres:
DEUTSCHRAP
ROCK
HIP-HOP
POP
ELEKTO
TECHNO
PUNK
HARDROCK/METAL
INDIE/ALTERNATIVE
Cuxhaven
Germany
Kapazität:
265 K
FREAKS AND FOLKS, FANS AND FRIENDS
Das DEICHBRAND Festival gehört zu den
TOP 5
der bekanntesten nationalen Festivals
website
deichbrand.de
tiktok
/@deichbrand
/deichbrand_festival
/deichbrand
youtube
/DEICHBRANDFestivalanderNordsee
5 TAGE
6 BÜHNEN
m e h r a l s
100
BANDS / DJS / LIVE-ACTS
ARTISTS / SLAMMER
SINGER-SONGWRITER
PLUS 100 CREATORS I N
DER ISLE OF CONTENT
12.722
Impressions (ø) pro Tag
auf www.deichbrand.de
D · E · I · C · H · B · R · A · N · D F · A · C · T · S
257.000
Follower on facebook
171,58 ha
Größe des gesamten Festivalgeländes
30.000
App-User ganzjährig in
der DEICHBRAND App
Save the Date:
20. – 23. JULI 2023
6 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 7
Anthems
for
the
masses
by Sascha Krüger
Es gibt diese Nummern, auf die sich alle einigen
können – egal, welches Genre er oder sie sonst
privat bevorzugt: diesen einen Song, bei dem alle
komplett ausrasten, sobald man nur die ersten
Töne vernimmt. Doch was genau zeichnet diese
Songs aus? Was macht sie so besonders? Dieser
Frage sind wir nachgegangen – schon deshalb,
weil auch das DEICHBRAND Publikum in jedem
Jahr beweist, wieviel Freude es daran hat, seine
eigenen Festival-Hymnen zu küren. Neben dem
folgenden Text, der eine kleine Übersicht und Geschichte
zu diesen Hymnen erzählt, haben wir uns
mit den unterschiedlichsten Musikern zwischen
Punk und Hip-Hop, Rock und Singer-Songwriter
über diese Frage ausgetauscht – das Ergebnis findet
ihr auf den folgenden Seiten in Form zahlreicher
Interviews, die das Thema immer wieder neu
und anders aufgreifen und diskutieren.
Die wohl erste Festival-Hymne, die man auch als solche bezeichnen
kann, war eben das: eine Hymne. Und zwar „The
Star-Spangled Banner“, die US-amerikanische Nationalhymne,
dargeboten in einer schrill-schrägen Soloversion von Gitarrengott
Jimi Hendrix auf dem Woodstock Festival 1969. Nach drei Tagen
kompletter Eskalation – und dies in jeder Hinsicht – war dieses
legendäre Gitarrensolo der eine letzte Moment am Montagmorgen
gegen 9 Uhr, der aus gutem Grund in die Geschichte einging
als einer der definierenden Momente der Popkultur. Denn Hendrix
bewies mit seiner freien Interpretation der US-Hymne, dass im
Grunde jedes bekannte Musikstück zu einem Moment kollektiver
Begeisterung führen kann.
Hendrix legte damit den Grundstein für das, was auch in den
1970er-Jahren für viele der großen Festival-Hymnen galt: Ein solches
Stück muss nicht gefällig oder zwingend bekannt sein – es
muss vor allem ein Gefühl von kollektiver Begeisterung auslösen,
einen Punkt treffen, wo alle Zuschauer mit offenem Mund dastehen
und schlichtweg in den Sog eines Songs gezogen werden.
Manche Bands lösten dies über größtmöglichen Pomp – etwa
Queen mit ihrer „Bohemian Rhapsody“ oder Pink Floyd mit ihrem
für die damalige Zeit absurd opulenten Endlos-Jam „Echoes“. Andere
sprachen mit ihren Songs den jungen Festival-Fans aus der
Seele – etwa The Who mit „My Generation“ oder Led Zeppelin
mit „The Song Remains the Same“ – während wieder andere auf
das Haupt-Trademark setzten, das Festival-Hymnen bis heute
(meistens) besitzen: eine absolut unwiderstehliche Melodie,
die man, einmal gehört, nie wieder vergisst. Man denke nur an
Songs wie „More Than a Feeling“ von Boston, „Sweet Emotion“
von Aerosmith oder den ersten großen Welthit vom „Boss“ Bruce
Springsteen „Spirit In the Night“.
Während die 1980er-Jahre generell eher Festival- und damit auch
Festival-Hymnen-arm waren – bedingt durch die beiden phasenweise
alles dominierenden, komplett in Tonstudios designten
neuen Genres Disco und Synthie-Pop, während die Rockmusik in
dem Jahrzehnt abseits des Metal sowas von überhaupt nicht angesagt
war – brachen sodann in den 1990ern alle Dämme: Es war
die Zeit des hemmungslosen Stil-Crossovers. Und zwar sowohl
in der Rockmusik – beginnend mit Grunge, begleitet von Genres
wie Crossover (später NuMetal), Rap-Rock, zahllosen neuen Metal-Subgenres
oder dem sich ständig neu erfindenden Alternative
Rock – als auch in der elektronischen Musik. Ob Faithless mit ihrer
House-Hymne „Insomnia“, Underworld mit ihrem Techno-Burner
„Born Slippy“, Roni Size & Repranzent mit ihrer Drum’n’Bass-Über-
>> bohemian
rhapsody
>> insomnia
>> my
generation
>> Mr.
Brightside
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
DEICHBRAND Magazin #4 9
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
>> die
perfektion
>> crazy
>> seven
nation
army
>> leider
geil
10 DEICHBRAND Magazin #4
nummer „Brown Paper Bag“ oder The Prodigy mit ihren Breakbeat-Hits
„Firestarter“ und „Breathe“ – plötzlich tanzten sich auch
beinharte Rocker auf Festivals zu elektronischen Beats in Ekstase.
Seit dem Jahrtausendwechsel, der zunehmenden Professionalisierung
der gesamten Festival-Landschaft sowie der immer
bedeutsameren Globalisierung von Jugendkultur und „ihren“ Hits
durch die sozialen Medien generalisieren sich Festival-Hymnen
immer mehr. Ja, in manchen Jahren scheint es weltweit nur DIE
eine große Festival-Hymne zu geben, auf die sich alle Open-Air-
Fans zwischen Kalkutta und Kapstadt, London und Los Angeles
einigen können; als Beispiele hierfür mögen etwa „Mr. Brightside“
von The Killers, „Crazy“ von Gnarls Barkley oder „Seven Nation
Army“ von The White Stripes gelten.
Andere Festival-Hits wiederum sind eher regionaler Natur: Während
man außerhalb Deutschlands wohl noch nie von „So perfekt“
(Casper) oder Deichkinds „Leider Geil“ gehört haben dürfte –
Songs, die nicht nur, aber auch auf dem DEICHBRAND wirklich
jeden zum sofortigen Total-Moshen abholen –, sind Songs wie
„How Did We Get So Dark“ von Royal Blood oder „Where’s Your
Head At?“ von Basement Jaxx, bei denen in Großbritannien jeder
auf der Stelle völlig ausrastet, hierzulande eher nur Eingeweihten
ein Begriff.
Doch was genau zeichnet diese besonderen Festival-Hymnen
nun aus? Darauf gibt es viele, nein: sehr viele verschiedene
Antworten, wie auch die Interviews mit nationalen und internationalen
Künstlern auf den folgenden Seiten belegen, die 2022
beim DEICHBRAND „ihre“ jeweiligen Hymnen abgefeuert haben.
Auf ein paar Parameter kann man sich aber dennoch einigen.
Etwa: Eine Festival-Hymne muss nicht zwingend auch ein Charts-
Hit sein – das beweist etwa der ebenfalls von uns befragte Aki
Bosse, der in seiner gesamten Karriere noch keinen einzigen Top-
20-Charthit in Deutschland verbuchen konnte, dessen Songs auf
Festivals aber von vielen Tausend Kehlen Wort für Wort mitgesungen
werden. Und umgekehrt: Viele große Welthits versanden auf
Festivals oft seltsam unbeachtet zum Nebenschauplatz.
Was immer hilft: eine knackige, sofort zündende Melodie, die sich
in jedem noch so beduselten Zustand mitgröhlen lässt, sowie
griffige Textzeilen, die den aktuellen, besonderen Moment, ein
Lebensgefühl, eine besonders starke Emotion (aka Liebe oder
Trennungssschmerz) oder auch mal eine politische Haltung mit
wenigen Worten perfekt auf den Punkt bringen. Oder hat etwa
irgendjemand von euch bei Madsens „Die Perfektion“, Biffy Clyros
„Black Chandelier“ oder Marterias „Lila Wolken“ auf dem DEICH-
BRAND nicht schon mal jedes Wort mit voller Inbrunst aus sich
herausgeschrien?
Letztlich entscheidet also ihr, die Fans, immer wieder aufs Neue,
wann und warum ein bestimmter Song das Zeug zur Festival-Hymne
hat. Diese Songs schreibt zwar jemand anderes, nämlich
der Künstler – doch erst ihr entscheidet durch eure Euphorie
und Begeisterung, ob ein Song größer, mächtiger und zeitloser
wird als seine nackte Komposition.
Und in ganz besonderen Momenten „baut“ ihr, die Fans, euch
eure Festival-Hymne einfach selber. Oder erinnert sich etwa
jemand von euch nicht an die vielen Jahre, wo komplette
Festival-Meuten mit vielen zehntausend Fans, egal auf welchem
Festival, plötzlich den „HEEEELGAAAAA“-Schlachtruf anstimmten?
Ja: Auch ein simpler Name kann eben zu einer Festival-Hymne
werden.
Wir freuen uns darauf, zusammen mit euch beim kommenden
DEICHBRAND die neuen und alten Festival-Hymnen des Jahres
2023 anzustimmen – und sind gespannt, wie oft ihr uns dabei
überrascht mit Songs, die wir in dem Zusammenhang überhaupt
nicht auf dem Zettel hatten. Let’s scream!
by the way
>> TOP 50 DEICHBRAND Festival-Hymnen
Die Playlist könnt ihr auch auf Spotify anhören,
einfach den Code scannen und los geht's!
DIE TOP 50 FESTIVAL-HYMNEN
THE KILLERS
Mr. Brightside
PLACEBO
Every You Every Me
KRAFTKLUB
Wie ich
GROSSSTADTGEFLÜSTER
F***t-Euch-Allee
THIRTY SECONDS TO MARS
A Beautiful Lie
BIFFY CLYRO
Black Chandelier
MANDO DIAO
Dance With Somebody
TONES AND I
Dance Monkey
MADSEN
Die Perfektion
THE KOOKS
She Moves In Her Own Way
EDITORS
Papillon
MAXIMO PARK
Apply Some Pressure
FRANK TURNER & THE SLEEPING SOULS
Be More Kind
DONOTS
We’re Not Gonna Take It
BILLY TALENT
Red Flag
BULLET FOR MY VALENTINE
Waking the Demon
PAPA ROACH
Last Resort
GUANO APES
Open Your Eyes
BUSH
Glycerine
VOLBEAT
For Evigt
BROILERS
Tanzt Du noch einmal mit mir?
MIA.
Kopfüber
DROPKICK MURPHYS
The Boys Are Back
BEATSTEAKS
I Don’t Care As Long As You Sing
THE HIVES
Hate to Say I Told You So
BAD RELIGION
American Jesus
DIE TOTEN HOSEN
An Tagen wie diesen
FEINE SAHNE FISCHFILET
Alles auf Rausch
ROY BIANCO & DIE ABBRUNZATI BOYS
Quanto Costa
SPORTFREUNDE STILLER
Ein Kompliment
ANTJE SCHOMAKER
Ich muss gar nichts
BOSSE
Schönste Zeit
CASPER
So perfekt
CLUESO
Achterbahn
JAN DELAY & DISCO NO. 1
Oh Jonny
NURA
Fair
SAMY DELUXE
Weck mich auf
FETTES BROT
Jein
MARTERIA
Lila Wolken
SEEED
Ding
BEGINNER
Füchse
NINA CHUBA
Wildberry Lillet
DIE FANTASTISCHEN VIER
MFG
K.I.Z
Hurra die Welt geht unter
FÜNF STERNE DELUXE
Jaja deine Mudder
DEICHKIND
Leider geil
PAROV STELLAR
All Night
THE CHEMICAL BROTHERS
Hey Boy Hey Girl
THE PRODIGY
Firestarter
PAUL KALKBRENNER
Sky and Sand
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
ANTHEMS –
AND WHAT
THEY DO
TO YOU.
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
Foto: Alexander Schliephake
12 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 13
Foto: Lars Heinzelmann
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
ANTHEMS –
AND WHAT
THEY DO
TO YOU.
Gastspielreisen
A division of FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH
14 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 15
BOSSE
Aki Bosse und seine Band sind ja mehr als nur gute Bekannte beim
DEICHBRAND Festival – irgendwie gehören sie mittlerweile fast zur
Familie. Entsprechend schildert auch ihr Frontmann im Interview, dass
er einen der schönsten Festival-Momente aller Zeiten hier erlebt hat.
Und auch sonst erklärt er sehr genau, was es braucht, um als Künstler
auf der Bühne das – wie er es nennt – „kollektive Pommesgabelgefühl“
herzustellen. Dabei geht es – neben einer guten Hook und einem
Text, zu dem man einen Bezug aufbauen kann – letztlich aus seiner
Sicht vor allem um eines: eine Emotion zu erzeugen.
Interview mit Bosse
by Sascha Krüger
Interviewfotos: Maximilian Probst
photo by Maximilian Probst
„DAS ‘POMMES-
GABELGEFÜHL‘ IST
ETWAS UNIVERSEL-
LES UND HAT WENIG
MIT DEM PERSÖNLI-
CHEN GESCHMACK
ZU TUN.“
Aki, wenn man deine Erfolge
recherchiert, stößt man auf ein
interessantes Phänomen: deine
Alben sind in den Charts immer
extrem erfolgreich, die letzten fünf
Longplayer von dir stiegen alle in
die Top Ten. Klassische Hitsingles
sucht man dagegen vergebens,
während auf den Festivals wiederum
bald jeder Fan jede Zeile
mitsingen kann. Das spricht stark
dafür, dass eine Festival-Hymne
nicht immer gleich auch ein Chart-
Hit sein muss – und umgekehrt.
Ja, das glaube ich auch ganz
fest. Ich sag’s mal so: Es schließt
sich nicht unbedingt gegenseitig
aus, aber es hat auch nicht so
viel miteinander zu tun, wie man
zunächst vermuten könnte. Es gibt
ja durchaus auch das Gegenteil
von „meiner“ Karriere, also Bands,
die den ein oder anderen Top-Ten-
Hit haben, aber kaum auf Festivals
spielen. Wobei ich glaube: Ab einer
gewissen Größe und auch Verweildauer
in den Charts wird irgendwann
jeder Single-Hit auch zu einer
Festival-Hymne. Was mich betrifft,
habe ich schon das Gefühl, dass
meine Musik und das Publikum, das
generell eben gern auf Festivals
geht, gut zusammenpassen. Früher
waren Festivals ja noch stärker ausgerichtet
in Richtung härterer Rock-,
Punk- und Hardcore-Musik, da hätte
ich es mit meinem vergleichsweise
poppigen Sound vermutlich etwas
schwerer gehabt. Inzwischen funktioniert
ja aber eben nicht nur Pop
auf Festivals sehr gut, sondern auch
Rap, Trap und DJ-Musik – wie man
ja gerade am DEICHBRAND sehr
gut sehen kann.
Interessant, dass du diese Veränderungen
innerhalb der Genres ansprichst;
nimmt das auch Einfluss
auf deine Festivalshows?
Na ja, man macht sich halt im
Vorfeld schon eine Menge Gedanken
darüber, wie man die Setlist
zusammenstellt, damit sich da ein
schöner Spannungsbogen aufbaut,
dass man aber gleichzeitig keine
zu langen Passagen hat, bei denen
man Publikum „verlieren“ könnte,
das dann eben vielleicht abwandert
zu einer anderen Bühne. Dadurch
grenzt sich das eigene Material, das
man auf Festivals spielen kann oder
sollte, zwangsläufig ein. Ich hätte
jedenfalls aus meinem Song-Katalog
immer auch eine gute Hand
voll Songs parat, die ich im Grunde
gern spielen würde, die aber bis auf
die Die-Hard-Fans niemand kennt.
(lacht) Aber auf die verzichtet man
dann eben eher.
„Manchmal erlebt man es eben als Songwriter, dass man
feststellt, da wird irgendwas gerade viel, viel größer
als nur das, was ich eigentlich meine, in der Konstellation
aus Komposition, Melodie und Text.“
Geht es bei der Auswahl nur
darum, dass die Songs möglichst
bekannt sind? Oder spielen auch
andere Faktoren eine Rolle?
Das kommt immer auf ein paar äußere
Umstände an, etwa darauf, wie
lang unsere Spielzeit überhaupt ist.
Als Regel kann ich sagen: Sobald
wir mindestens eine Stunde spielen,
darf man sich als Künstler auch mal
ein, zwei Songs gönnen, die nicht
allzu bekannt oder im Wesen auch
nicht vordergründig Festival-tauglich
sind – bei allem, was darunter liegt,
sollte man am besten einfach nur
liefern. Im Moment etwa spiele ich,
weil sie mir sehr am Herzen liegen,
total gern auch ein paar Songs von
meinem neuen Album, das erstens
noch nicht so bekannt ist wie ältere
Sachen und bei dem wir zweitens
viel mit akustischen Gitarren spielen
statt mit Rock-Gitarren – also beides
eher Gründe, sie auf Festivals wegzulassen.
Aber ich möchte es eben
trotzdem zumindest versuchen.
Und witzigerweise vertut man sich
da immer wieder als Künstler, und
plötzlich funktioniert gerade so eine
Nummer besonders gut.
Hast du da ein Beispiel?
Ja, und das gerade vom DEICH-
BRAND: Als wir vor vier Jahren hier
waren, habe ich der Band gesagt:
„Ich möchte heute sehr gern ‚Ich
bereue nichts‘ spielen“, das ist ein
ganz ruhiger, akustischer Song. Nur
Piano und zwei Stimmen. Wir hatten
den bis dahin noch nie auf einem
Festival gespielt. Ich war direkt
davor dann auch ganz schön nervös
– aber was soll ich dir sagen? Es
wurde zu einem der schönsten und
intensivsten Festival-Momente, die
ich je als Musiker auf der Bühne erlebt
habe. Manchmal, wenn alles im
richtigen Moment zusammenpasst,
können es eben gerade die kleinen,
leisen Songs sein, die ein großes
Gemeinschaftsgefühl erzeugen.
Und trotzdem ist es immer beruhigend
zu wissen, dass man dann
noch so einen Song wie „Schönste
Zeit“ im Köcher hat, wo man weiß:
Das wird aller Voraussicht nach bis
hinten in die letzte Reihe knallen.
Bei der Recherche ist mir noch
etwas anderes aufgefallen: Im
Gegensatz zu vergleichbaren
deutschsprachigen Künstlern funktionieren
Bosse auch sehr gut auf
Festivals mit einer ganz anderen
stilistischen Ausrichtung, also beispielsweise
bei Techno-Festivals.
Wie kommt das?
Ich habe den Eindruck, dass mir
da jetzt zugute kommt, was zu
Beginn meiner Karriere manchmal
I · N · T · E · R · V · I · E · W
DEICHBRAND Magazin #4 17
MAKE A LONG STORY SHORT!
I · N · T · E · R · V · I · E · W
schon auch ein kleines Problem
war. Nämlich, dass ich irgendwie zu
keiner festen Szene oder Subkultur
gehöre. Ich kann mich auf ein reines
Radio-Fest ebenso stellen und die
Leute abholen, wie mir das eben
auch bei einem Techno-Festival
gelingt. Ich betrachte das mittlerweile
wirklich als großes Glück,
dass ich eben nicht der „Hamburger
Schule“ oder irgendeiner hippen
Berliner Subkultur entspringe. Ich
bin überzeugt, dass ich im Kern
eigentlich pure Popmusik mache,
die aber gleichzeitig genug
Tiefgang besitzt, um auch von den
etwas ambitionierteren Musikhörern
geschätzt und akzeptiert zu werden.
Das führt dazu, dass ich im Booking
mittlerweile fast überall einsetzbar
bin, und das macht mir auch großen
Spaß. Oft bekommt man im Nachgang
zu solchen Auftritten auf eher
artfremden Festivals dann auch mit
die schönsten Nachrichten; etwa,
dass mir jemand schreibt: „Ey, ich
kenne deinen Namen zwar schon
ewig, aber ich habe mich erst jetzt
nach deinem Konzert auf dem und
dem Festival mal mit deinem Werk
ernsthaft auseinandergesetzt und
festgestellt, was für ein guter Texter
du bist!“ So etwas freut mich immer
ungemein. Und wieder hat man
jemanden auf die gute Seite geholt.
(lacht)
Denkst du beim Schreiben von
Songs über so etwas nach? Beispielsweise,
dass man sich fragt:
„Braucht das neue Album noch so
eine richtige Hymne?“
Nee, so wird das auch nichts, wenn
man so ans Songwriting gehen
würde. Klar, man merkt schon beim
Schreiben, wenn da gerade irgendwie
etwas Besonderes passiert;
aber das vorsätzlich erzeugen
zu wollen, kann eigentlich nicht
funktionieren. Denn das müssen
„Wenn du es als Musiker erreichst, dass das Publikum kollektiv
in einem bestimmten Moment die innere Pommesgabel
in den Himmel recken will, dann hast du wahrscheinlich
eine Festival-Hymne.“
oft gar nicht diese allumfassenden
Emotionen sein, oft genügt
ein Melodieschwenk, der einem
einfällt und der eine Zeile plötzlich
besonders macht. Das passiert nicht
so oft, aber manchmal erlebt man
es eben als Songwriter, dass man
feststellt, da wird irgendwas gerade
viel, viel größer als nur das, was ich
eigentlich meine, in der Konstellation
aus Komposition, Melodie und
Text. Das sind dann eben oft auch
die Momente, die auf Festivals
später besonders gut funktionieren,
wenn die Leute drei bis vier Bier
drin haben und sich durch deine
Texte an eine bestimmte Zeit oder
eine schöne Situation erinnert fühlen.
Weil es irgendwie universell ist.
Lässt sich denn so eine Art Regel
aufstellen, was ein Pop-Song deiner
Couleur braucht, um auch als
Festival-Hymne zu funktionieren?
Ich sag’s mal ein bisschen abstrakt,
aber: Wenn du es als Musiker
erreichst, dass das Publikum kollektiv
in einem bestimmten Moment
die innere Pommesgabel in den
Himmel recken will, dann hast du
wahrscheinlich eine Festival-Hymne.
Dieses „Pommesgabelgefühl“ ist
ja auch so etwas Universelles und
hat eher wenig mit dem Genre oder
dem persönlichen Geschmack zu
tun. Es ist ja vor allem ein Zeichen
dafür, dass die Leute, die dir zuhören,
mit den Zeilen, die du gerade
singst, auch persönlich irgendetwas
verbinden. Dass sie an etwas denken,
das sie selber betrifft, und sich
deshalb eben dieses „Jaaaaa“-Gefühl
in ihnen regt. Wenn sie dabei
dann auch noch musikalisch ordentlich
eins um die Ohren gehauen
bekommen, dann kommt man einer
möglichen Festival-Hymne wohl
relativ nah.
Wenn ich dich richtig verstehe,
geht es also immer mehr darum,
ein bestimmtes Gefühl zu erzeugen,
als einen Inhalt zu transportieren
und ihn mit schöner, passender
Musik zu versehen?
Nee, nochmal anders: Erst durch
den Inhalt wird dieses bestimmte
Gefühl erzeugt – und wenn das
dann wiederum noch unterstützt
und befeuert wird durch die passende
Musik, dann hast du’s. Bei
mir zumindest – es mag da sicher
andere Künstler geben – geht
es fast immer zu hundert Prozent
darum, diese ganz bestimmten
Gefühle auszulösen, gerade durch
das, worüber ich singe. Ich bin eben
nicht Deichkind, der nur ein „Yippie
Yippie Yeah“ rausknallen muss,
damit alle komplett durchdrehen.
Das ist dann ohne Frage eine ganz
wunderbare Eskalation, aber bei mir
ist es eben eher das allumfassende
Gefühl, das ich mit Text und Musik
transportiere. Wo der Zuhörer dann
da steht und denkt: Ja, ich verstehe
ihn. Das betrifft mich auch. Und
trotzdem muss die Hookline dann
natürlich ballern. (lacht)
Was ist aus deiner Sicht die größte
Festival-Hymne, die ein deutscher
Künstler je geschrieben hat?
(überlegt lange) Puh. Ich glaube:
Madsen, „Die Perfektion“.
„Man muss den Zusammenhalt
zwischen Band und
Publikum spüren, man muss
Momente haben, wo alle
nur noch schreien wollen,
und solche, wo sich alle am
Liebsten in den Arm nehmen
möchten. Man muss auch
Momente schaffen, wo alle
mal kollektiv schief singen
können.“
„Wichtig ist dabei auch,
immer noch genügend Platz
zu lassen für freie Interpretationen
durch den Hörer. Denn
jeder davon hat ein anderes
Lebensumfeld, gleichzeitig
sollen unsere Aussagen aber
für möglichst viele Hörer
irgendwie eine Bewandtnis
haben.“
– Le Fly
„Wenn du die Leute
einfach offen angrinst,
und dann kommt dieses
Grinsen zurück, dann
ist schon mal die Basis
bereitet für Momente
großer Hymnenhaftigkeit.
Denn dann strahlt
plötzlich die ganze Welt
– also zumindest jene
vor uns auf der Bühne.“
DEICHBRAND Festival ‘22
„Wir dachten, ehrlich gesagt, dass diese
irischen Teile eher ein Problem sein
könnten, ein Hemmschuh für größeren
Erfolg. Wie sich erwiesen hat, ist genau
das Gegenteil eingetreten.“
„Je leichter und schneller man
eine Melodie kapiert, umso
direkter und lauter lässt sie sich
mitsingen.“
– Dropkick Murphys
DEICHBRAND Festival ‘22
Fotos: Maximilian Probst
18 DEICHBRAND Magazin #4
Und weltweit?
Da würde ich schon „Wonderwall“
nennen. Und das sage ich
als jemand, der eigentlich eher
„Team Blur“ ist. Wenn ich meine
eigene künstlerische Entwicklung
betrachte – und wie sehr ich mich
dabei an anderen großen Künstlern
orientiert habe –, dann bin ich
vermutlich schon der größte Damon
Albarn-Fan der Welt. (lacht) Ich liebe
einfach alles, was der macht, ob
Blur oder Gorillaz. Und selbst seine
Solosachen, so dunkel und teils
abstrakt die auch sein mögen. Für
mich ist das der eine Künstler, der
gerade auch aus der Perspektive
eines Pop-Musikers wirklich alles
richtigmacht.
„Und wenn du mit diesen kompromisslos eigenen
Sachen dann auch Erfolg hast, ist das eben der
nachhaltigste Erfolg, den du überhaupt erreichen
kannst. Weil du Fans gefunden hast, die dich für
das lieben, was du machst, und nicht für das, was
du darstellst.“
„Pop und Tiefgang, Existenzialismus
und Hymnenhaftgkeit
sind keine Gegensätze, sondern
können eine herrliche
Symbiose eingehen.“
DEICHBRAND ARTISTS
IN A NUTSHELL
– Maximo Park
DEICHBRAND Festival ‘22
‘22
LIVE 2022
EINE FOTOSTRECKE
ANTJE SCHOMAKER
by Christoph Eisenmenger
CLOWNS
by Christoph Eisenmenger
20 DEICHBRAND Magazin #4
CLOWNS
by Christoph Eisenmenger
STEVE AOKI
by Alexander Schliephake
ROY BIANCO & DIE ABBRUNZATI BOYS
by Robin Schmiedebach
RIN
by Christoph Eisenmenger
24 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 25
H-BLOCKX
by Ulf Duda
ANTI-FLAG
by Patrick Schulze
26 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 27
THE STRUTS
by Christoph Eisenmenger
SKYND
by Robin Schmiedebach
HAIYTI
by Robin Schmiedebach
DEICHBRAND Magazin #4 29
ROGERS & RAUM27
by Ulf Duda
SCHMUTZKI
by Christoph Eisenmenger
QUERBEAT
by Robin Schmiedebach
30 DEICHBRAND Magazin #4
MADSEN
by Patrick Schulze
HOW COOL
ARE YOU?
SPRING, SUMMER, WINTER – WE NEED TO TALK ABOUT THESE
ALL-THE-YEAR-DEICHBRAND-MERCHANDISE-EDITIONS!
by Sascha Krüger
DEICHBRAND
ORIGINALS ‘22
NEXT DROP:
Spring ‘23
deichbrand-shop.de
M · E · R · C · H · A · N · D · I · S · E
Klar: Es ist nichts Unübliches, dass man sich als Fan von einem Festival, das man besucht hat, ein T-Shirt
oder einen Hoodie als Erinnerungsstück mitnimmt. Doch die Merchandise-Kollektionen vom DEICH-
BRAND sind schon lange eine Marke für sich: Wer will, kann sich das gesamte Jahr in todschicke, sich
stets an aktuellen Trends orientierende DEICHBRAND Mode kleiden – von der Badehose bis zur Winter-Beanie.
Ein Blick hinter die Kulissen der Merch-Macher belegt: Hier ist nie Stillstand. Im Gegenteil: Es
wird das gesamte Jahr hindurch neu designt und frische Ware in Auftrag gegeben.
Die DEICHBRAND Kollektionen sind schon lange weit mehr als
nur das, was man als „klassisches Festival-Merch“ versteht. Bei
den meisten Festivals findet man in aller Regel nur ein oder zwei
unterschiedlich gestaltete T-Shirts und Sweater, auf deren Rücken
sodann das Line-Up des jeweiligen Jahres abgedruckt wird.
Natürlich sind auch solche Gadgets ein hübsches Erinnerungsstück
und auch bei uns erhältlich, doch nur allzu häufig werden
solche Klamotten peu à peu degradiert und landen irgendwann
in der Schublade mit der Beschriftung „fürs Tapezieren und die
Gartenarbeit“. Dass auch Festival-Merchandising sehr viel mehr
(sein) kann, beweist das DEICHBRAND seit vielen Jahren.
DEICHBRAND goes Fashion – in dieses Thema stecken wir ganz
besonders viel Herzblut. Dabei orientieren wir uns stets an aktuellen
Trends und bleiben gleichzeitig immer
der typischen DEICHBRAND Identität und
Qualität treu. Sowie auch dem grundlegenden
Ansatz, dass die DEICHBRAND Mode
nicht nur schick und lässig, sondern auch
wahnsinnig bequem ist und nachhaltig
produziert wurde – und sich dabei gleichzeitig
in einem akzeptablen Preisrahmen
bewegt.
Seit diesem Jahr folgt die gesamte
Merchandise-Abteilung des DEICH-
BRANDs einem neuen Konzept. Auf das
gesamte Jahr verteilt reüssieren wir mit
gleich drei separaten Kollektionen: den
„Originals“ im Frühjahr, dem „Festivalsummer“
rund um die die Open-Air-Saison
sowie dem „Winter Drop“, in dem man viele spezielle Teile für
den Herbst und Winter findet. Je nach Jahreszeit unterscheiden
sich die jeweiligen Produkte der Kollektionen; so findet man etwa
in der Festivalsummer-Kollektion auch knapp Bemessenes bis
hinunter zur Badehose, während der Shop im Winter eine Vielzahl
an Beanies und dicken Hoodies anbietet. Dass alle Produkte
durchweg von gleichbleibend hoher Qualität sowohl bei den
verwendeten Materialien als auch in Bezug auf die bedruckten
Prints sind, versteht sich dabei von selbst. Der Clou: Alle Kollektionen
sind streng limitiert und damit nach einer Weile auch stets
ausverkauft. Das folgt zum einen unserem Wunsch, dass man
mit dem Kauf eines DEICHBRAND Produkts zugleich auch eine
gewisse Exklusivität erwirbt; zum anderen ist es natürlich auch
den äußeren Umständen geschuldet, denn die vergangenen
Jahre der Pandemie und weltweiten Krisen haben natürlich auch
in Bezug auf die Lieferketten von Rohmaterialien und Webstoffen
ihre Spuren hinterlassen. Mittlerweile beträgt die Produktionszeit
für ein neues Teil aus unseren Kollektionen von der Entscheidung
für einen neuen Entwurf bis zum Eingang der fertigen Ware bei
uns mindestens drei Monate – und auch das beeinflusst natürlich
den gesamten Zyklus. Damit ihr euch aber dennoch stets für das
perfekt zu euch passende Produkt entscheiden könnt, wird jede
Kollektion mit einem eigenen Fotoshooting in Szene gesetzt.
Weniger stark limitiert sind die Merch-Klassiker, also die eingangs
erwähnten Shirts und Hoodies mit dem jeweiligen Line-Up des
Jahres. Diese werden, weil sie ja auch viel direkt vor Ort auf dem
Festival über die Tresen gehen, in höherer Stückzahl produziert
– und doch sind auch diese Produkte oft
frühzeitig wieder ausverkauft. Doch mehr
denn je stehen bei uns eben die Produkte
im Fokus, die zuallererst schick, bequem
und stylish sind – und sich an aktuellen
Impulsen der Mode orientieren. Denn
Qualität, die auch noch irre gut aussieht,
verkauft sich eben einfach gut. Und dies
auch weltweit, wie wir immer wieder den
sozialen Medien entnehmen können, wo
DEICHBRAND Fans ihr neuestes Gadget
aus unseren Kollektionen stolz ihren Followern
vorführen.
Diese Weiterentwicklung von Designs, Applikationen
und neu gestalteten Elementen
rund um die DEICHBRAND Modewelt
befruchtet übrigens umgekehrt die gesamte Corporate Identity
und Design-Sprache des Festivals auch abseits der eigentlichen
Mode: Immer wieder tauchen neue Elemente wie etwa Herzen,
Wellen, bestimmte Slogans oder eine leichte Modifikation des
Festival-Logos in der gesamten Festival- und Brand-Kommunikation
des DEICHBRANDs an neuer Stelle auf, die ihren Ursprung
nicht selten erst auf den Merch-Produkten fanden.
Schaut immer mal wieder vorbei in unserem Online-Shop unter
www.deichbrand-shop.de. Nicht nur, um die jeweils aktuellste
Kollektion einzusehen, sondern auch, weil es stets zahlreiche
ältere Produkte im extremen Sale für den kleinen Geldbeutel gibt.
Wir behaupten einfach mal ganz frech: In unserem Shop nichts
zu finden, was einem gefällt und gut steht – das ist bislang noch
keinem passiert.
Fotos: Originals + Winter Drop by CHAPLIN (instagram.com/chap.chaplin) // Festivalsummer by ULF DUDA (instagram.com/fotoduda)
DEICHBRAND
FESTIVALSUMMER
‘22
NEXT DROP:
DEICHBRAND ‘23
deichbrand-shop.de
DEICHBRAND
WINTER DROP ‘22
NEXT DROP:
Autumn ‘23
deichbrand-shop.de
34 DEICHBRAND Magazin #4
deichbrand-shop.de
M · E · R · C · H · A · N · D · I · S · E
M · E · R · C · H · A A · N · D · I · S · E
Original DEICHBRAND Merchandise
ORIGINALS ‘22
Shot: Chaplin [insta: chap.chaplin]
Model: Kimmi [insta: kimchibubimchi]
Original DEICHBRAND Merchandise
WINTER DROP ‘22
Shot: Chaplin [insta: chap.chaplin]
Models: Djamila [insta: stabil_stabiler_djamila] & Robert [insta: robert_lindemann]
36 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 37
I · N · T · E · R · V · I · E · W
MADSEN
„Man muss immer ein bestimmtes Gefühl einfangen,
ohne dieses Einfangen zu sehr zu wollen.“
by Sascha Krüger
Interviewfotos: Maximilian Probst
So kennt man Madsen – und auch darum liebt man sie so sehr: Nicht nur, dass die Band erst am Vorabend
spätnachts nach ihrem Konzert am anderen Ende der Republik davon erfährt, dass sie für die
krankheitsbedingt ausfallenden Milky Chance einspringen können, um am finalen Festival-Sonntag als
Co-Headliner die Fire Stage abzureißen. Kaum im Artist Village angekommen, schneiden sie mit, dass
wir Interviews für dieses Magazin vor Ort machen und lassen über den Manager ausrichten: „Wir hätten
Bock und Zeit!“ Keine 30 Minuten später sitzt man mit Drummer Sascha Madsen an der Kante der Water
Stage, auf der gerade umgebaut wird, und quatscht los. Es kann so einfach sein …
Sascha, was ist das für ein Flash, wenn man kurz vor Mitternacht
irgendwo in Süddeutschland nassgeschwitzt von der Bühne
kommt und urplötzlich erfährt: Jungs, ihr könnt morgen als
Co-Headliner auf dem DEICHBRAND spielen?
Du willst jetzt, dass ich hier ein bestimmtes Gefühl in Worte fasse?
Vergiss es! (lacht) Das ist halt einfach mal so ziemlich das Größte,
was einem als deutsche Band im deutschen Livezirkus passieren
kann. Zumal wir ja nicht von IRGENDEINEM Festival sprechen,
sondern vom DEICHBRAND! Neben vielleicht noch zwei anderen
Festivals ist das einfach das für uns als Band geilste Festival in
ganz Deutschland.
Versuch doch bitte mal, diese besondere Liebe zwischen Madsen
und dem DEICHBRAND zu beschreiben.
Als wir mit Madsen 2005 angefangen haben, waren wir als
Band ganz klein und unbedeutend, und auch das DEICHBRAND
war noch viel kleiner, halt ein schönes regionales Festival mit
cooler Stimmung. Dadurch haben wir uns gleich auf Anhieb sehr
verbunden gefühlt mit diesem Festival. Und haben dann über die
Jahre immer und immer wieder absolut fantastische Zeiten auf
dem DEICHBRAND gehabt. Was uns dann weiter verband: Dass
Band wie Festival mit den Jahren in gesunden, kleinen Schritten
immer weiter gewachsen ist. Und, dass sich bei Band wie beim
Festival jeder das rauspickt was ihm persönlich am besten daran
gefällt. Wenn ich zehn Leute frage: Was ist dein Lieblingssong
von Madsen?, bekomme ich wahrscheinlich zehn verschiedene
Antworten. Ganz ähnlich dürfte es mit dem DEICHBRAND und den
hier auftretenden Künstlern sein. Zudem verbindet uns, dass beide
nicht „die eine“ Zielgruppe haben, sondern dass das extrem
durchwachsen und heterogen ist. Das finde ich schön. Plus, dass
Band und Festival über die Jahre zwar immer größer wurden – ich
meine nur: Sieh dich hier mal um, wie riesig das alles ist! – dass
es aber immer den Charme der kleinen familiären Unternehmung
behalten hat, den es anfangs auszeichnete. Etwas, das ich eben
auch für Madsen gern in Anspruch nehme.
Das Hauptthema unserer diesjährigen Interviews ist, das Phänomen
von Festival-Hymnen zu ergründen. Fällt dir eine ganz
besondere Madsen-DEICHBRAND-Hymne ein?
Hm. Ich weiß nicht, ob man das tatsächlich so spezifizieren kann.
Wir verfügen bei Madsen halt schon über eine kleine Kollektion
an Songs, die dieses Hymnenhafte mitbringen, und die dürfen im
Grunde bei keinem einzigen Auftritt fehlen. Dass diese bestimmten
Songs dann aber gerade hier beim DEICHBRAND immer
wieder aufs Neue brutal abgefeiert werden, steht dann nochmal
auf einem anderen Blatt.
Wo du das Hymnenhafte einiger Madsen-Songs erwähnst: Habt
ihr damals beim Schreiben dieser Songs ganz bewusst versucht,
so eine Hymne zu kreieren?
Genau andersrum wird ein Schuh draus. Je weniger du es
versuchst,
umso eher
gelingt es dir,
so etwas zu
schreiben. Das
darf ich wirklich
behaupten,
denn wir
haben in unserer Karriere immer wieder mal versucht, mit Vorsatz
eine Hymne zu schreiben, und sind dabei kläglich gescheitert.
(lacht) All diese Versuche waren ganz furchtbar.
Weil?
Weil wenn man das mit Vorsatz versucht, wird man sofort schrecklich
pathetisch und rutscht ab in genau diese Klischees, die man
als Band eigentlich unbedingt vermeiden möchte. Nimm nur „Lass
die Musik an“ oder – und ganz besonders – „Die Perfektion“: Das
sind alles Lieder, die einfach passiert sind, über deren Entstehung,
Akkorde und Struktur wir uns kaum Gedanken gemacht haben.
Sie entstanden aus einem Moment heraus und waren dann
einfach da. Klar ist natürlich, dass man dabei dieses Gefühl, auf
einem Festival zu sein, sehr gut kennen muss, dass man quasi „in
den Leuten ist“. Aber genau so sind wir musikalisch eben groß
geworden. Wir sind als Brüder halt jedes Jahr zum Hurricane Festival
gefahren und fanden es einfach magisch und voller Zauber,
was da auf der Bühne passiert. Und wenn du das eben derart
toll findest und so unmittelbar nachvollziehen kannst, fällt es dir
dann als Musiker offenbar leichter, solche magischen Momente
auch in einen Song zu kanalisieren, ohne darüber überhaupt groß
nachzudenken.
Weiß man denn andererseits, wenn so ein hymnenhafter Song
dann erst mal da ist, sofort: Yo, der wird live brutal funktionieren
und alle wegblasen?
Nee, auch nicht. Sowas dauert. Nimm etwa „Du schreibst Geschichte“
– da dachten wir anfangs: Ja, ist okay, das wird ein guter
Song im Kontext eines Albums. Dann zeigst du ihn den ersten
Leuten, und die flippen förmlich aus. Und dann fängst du an, ihn
live zu spielen und stehst da nur und denkst: Wow, was macht der
Song denn mit den Leuten? (überlegt) Man darf sich generell als
Band nie zu sicher sein. Wir hatten auch schon umgekehrte Fälle,
wo wir sicher waren, dass ein Song komplett abgeht, und dann ist
der völlig verpufft. Das ist aber ja gerade das Schöne daran, dass
man das alles überhaupt nicht steuern kann. Man kann es zwar
versuchen, und mit den Jahren und Alben wird man auch immer
treffsicherer in seinen Prognosen, aber am Ende kann es dann
doch wieder ganz anders kommen als du vermutest.
Daher die Gretchenfrage: Was also zeichnet eine perfekte Festival-Hymne
für euch aus?
Ein bestimmtes Gefühl einzufangen, ohne dieses Einfangen zu
sehr zu wollen. Sowas muss immer einfach passieren, aus einer
bestimmten Emotion und einem Moment heraus entstehen.
Was sicher auch dazu gehört, ob nun gewollt oder nicht: eine
catchy Hookline.
Voll.
Catchy ist aber immer auch nah an cheesy.
Das hast du treffend gesagt. Vielleicht der schmalste Grat überhaupt
beim Komponieren.
Wie bekommt man das Eine hin, ohne in das Andere zu sehr zu
verfallen?
Kopf anschalten und vorsichtig sein. Gleichzeitig aber nicht ZU
vorsichtig sein, denn sonst verpasst du wieder den vielleicht
magischen Moment. Man darf gerade dabei auch mal ein Extrem
zulassen, man kann auch mal eine Hookline zulassen, die im
Grunde zu catchy und eben fast cheesy ist, wenn man dann mit
brutal verzerrten Gitarren oder nem extrem schnellen Schlagzeug
gegensteuert.
Es geht dabei
wie bei so
vielem um einen
gesunden
Ausgleich. Vor
sowas darf
man dann
wiederum auch keine Angst haben, in keine Richtung. Als wir jetzt
zuletzt durch Corona gezwungen waren, einfach nur zu Hause zu
sitzen und nichts zu tun, haben wir in unserem Frust halt eine extreme
Punkplatte gemacht, die nun echt nicht auf catchy Hooklines
ausgerichtet war. Wir mussten uns unseren Frust aus der
Seele schreiben, und das ist dann eben das, was du als Musiker
machen musst, ohne dich dabei zu fragen, ob so eine Platte da
draußen überhaupt irgendjemanden interessiert.
„[...] Das finde ich schön. Plus, dass Band und Festival über
die Jahre zwar immer größer wurden - ich meine nur: Sieh dich
hier mal um, wie riesig das alles ist! - dass es aber immer
den Charme der kleinen familiären Unternehmung behalten hat,
den es anfangs auszeichnete."
Du hast den Pathos schon angesprochen, den man eben nicht
überziehen darf. Gleichzeitig darf er bei einer Festival-Hymne
I · N · T · E · R · V · I · E · W
38 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 39
„[...] Zumal wir ja nicht von IRGENDEINEM
Festival sprechen, sondern vom DEICHBRAND!
Neben vielleicht noch zwei anderen Festivals
ist das einfach das für uns als Band geilste
Festival in ganz Deutschland."
„Und dann fängst du an, ihn live
zu spielen, und stehst da nur und
denkst: Wow was macht der Song
denn mit den Leuten?“
I · N · T · E · R · V · I · E · W
auch nicht fehlen, oder?
Nee, absolut nicht. Das ist ja genau das, was ich eben meinte:
Früher standest du eben im Publikum und hast dich gerade in
diesen Pathos deiner eigenen Live-Hymnen reinfallen lassen und
wie besinnungslos mitgegröhlt. Dadurch, dass wir das alles selber
durchlebt haben, gelingt es uns offenbar ganz gut, das dann auch
in unseren
Songs so
zu reproduzieren,
dass sich
der Pathos
schön und
intensiv
anfühlt, ohne kitschig oder eklig zu werden. Mit dem Pathos ist
das so ähnlich wie mit der Parodie: Eine gute Parodie von etwas
kannst du nur machen, wenn du das Original sehr schätzt. So
kannst du auch nur einen Song pathetisch gesund aufladen, wenn
du das Prinzip verstehst, was „guter“ Pathos mit den Zuhörern
macht.
wahnsinnig nett und einfach super Typen, aber es gibt eben auch
immer ein paar darunter, die beim Ankommen im Artist Village
einen Riesenaufstand veranstalten, das ganz große „Hallo! Hier
bin ich!“ inszenieren. Wir machen uns als Band daraus immer
gern einen Spaß, gehen dann zu diesen Künstlern hin und sagen
sowas wie: „Hi, ich bin Sascha von Madsen. Ey, hast du schon die
Kekse im
Catering
probiert?
Die sind
extrem lecker!“
Und
plötzlich
merkst du,
wie diese etwas aufgeblasenen Typen ganz unsicher und irgendwie
klein werden. Dabei geht es uns aber nie darum, jemanden
vorzuführen oder uns über ihn lustig zu machen, sondern eher
darum, ihm selbst mal zu zeigen: Ey, wir sind hier alle eine Familie
von entspannten Leuten, die Spaß haben wollen mit den anderen
Künstlern und den vielen, vielen Fans. Mach doch einfach mit!
„Wir mussten uns unseren Frust aus der Seele schreiben, und das
ist dann eben das, was du als Musiker machen musst, ohne dich
dabei zu fragen, ob so eine Platte da draußen überhaupt irgendjemanden
interessiert.."
I · N · T · E · R · V · I · E · W
Viele große Hits funktionieren inhaltlich ja über das Prinzip: Je
banaler, desto besser, schon weil sich so die meisten Menschen
abholen lassen. Für euch hingegen gilt das nicht.
Stimmt, und das ist uns auch echt eines der wichtigsten Anliegen.
Weil wir einfach Menschen sind, die nachdenken, weil wir so
erzogen wurden, dass wir uns Sorgen machen um Minderheiten
und generell Menschen, denen es nicht so gut geht. Das ist uns
so in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir gar nicht anders
können. Inhaltsleere Musik hören wir alle nie, deshalb wollen wir
sowas auch auf keinen Fall machen. Auch hier glaube ich: Selbst
wenn wir es mal versuchen würden, würden wir völlig scheitern.
Gleichzeitig darf man sich und seine Anliegen auch beim Schreiben
von Texten nie zu wichtig nehmen, man muss so etwas mit
einer gewissen Distanz zu sich selber, bestenfalls sogar mit einer
gewissen Form von Selbstironie machen. Das gilt übrigens generell
als Musiker, gerade auch auf so einem Festival wie diesem.
Wie meinst du das?
Na ja, ich möchte jetzt echt keine Kollegen oder gar ein ganzes
Genre dissen, aber hier beim DEICHBRAND gibt es ja immer auch
eine gewisse Anzahl an Hip-Hop-Künstlern. Die allermeisten sind
Zu eurer Setlist für heute heute Abend: Macht man als Band im
Vorfeld eines Festivalauftritts an dem jeweiligen Open Air und
seiner Zielgruppe fest, welche Songs man spielt und welche
man besser weglässt?
Weinger an den Leuten als vielmehr an uns selber. Wir haben
als Band großen Spaß daran, uns selbst – und damit im Zweifel
natürlich auch das Publikum – zu überraschen. Deshalb spielen
wir auch fast nie zwei Mal die gleiche Setlist. Um einerseits die
Fans nicht zu langweilen, die auf einer Tour gleich zu mehreren
Shows kommen, aber in gleicher Weise, damit wir uns selber nicht
langweilen. Denn Langeweile ist nun mal das Letzte, was man
sich von einem Konzert erhofft. Heute zum Beispiel werden wir
„Wir nennen dich Mücke“ spielen, ein Song von diesem Punkalbum,
das auch längst nicht alle kennen. Das ist keine Single, es
gibt kein Video dazu, das ist auch kein Hit im eigentlichen Sinne.
Aber mit Mücke – das ist unser Gitarrist, der aus dem Emsland
kommt und mit dem DEICHBRAND groß geworden ist, was wir in
dem Song sogar besingen – diesen Song hier und heute nicht zu
spielen, das ginge überhaupt nicht. Und irgendwie freue ich mich
auf den Song am allermeisten bei unserem Set nachher. Gerade,
weil so unplanbar ist, was dabei passieren wird.
Foto: Patrick Schulze
40 DEICHBRAND Magazin #4
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
ANTHEMS –
AND WHAT
THEY DO
TO YOU.
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
Foto: Alexander Schliephake
42 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 43
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
ANTHEMS –
AND WHAT
THEY DO
TO YOU.
Foto: Frank Embacher
44 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 45
Rubrik
Die DEICHBRAND Crew
– Behind the Scenes
„Da existiert eben
ein ganz besonderer
Family Spirit.
[...] Das ist
ein total schönes
Gefühl: Du kommst
an, und alle
kennen sich irgendwie
bereits,
freuen sich, sich
wiederzusehen und
gemeinsam die
nächste geile DE-
ICHBRAND Edition
auf die Beine zu
stellen.“
im DEICHBRAND Team bezeichnen: Zeig’, was
du kannst, dann bekommst du von uns auch die
Chance, dich zu beweisen.
Das erweist sich im Übrigen auf so ziemlich
jedem Posten und Job, der rund um das Festival
zu besetzen ist. „Da existiert eben ein ganz
besonderer Family Spirit“, findet auch Toni.
„Schon weil viele Mitarbeiter eben auch aus
der Region kommen und dort aufgewachsen
sind.“ Auch unter ihren Helfern und Aushilfen
sind sehr viele „Wiederholungstäter“, die jedes
Jahr wieder dabei sein wollen. „Das ist ein total
schönes Gefühl: Du kommst an, und alle kennen
sich irgendwie bereits, freuen sich, sich wiederzusehen
und gemeinsam die nächste geile
DEICHBRAND Edition auf die Beine zu stellen.“
Ein weiterer toller Nebeneffekt: Fast jeder kennt
bereits seine Aufgaben und weiß, was zu tun ist,
ohne dass er noch groß angeleitet oder in seine
Tätigkeiten eingewiesen werden müsste. Und es
wird auch selbstständig gesehen, wenn gerade
irgendwo Not am Mann ist, und eingesprungen
und mitgeholfen, ohne dass man erst auf
eine Anweisung „von oben“ wartet. „Ich habe
zu tun ist, betrachtet sie im laufenden Betrieb
„als die größte Herausforderung“.
Auch wenn es ursprünglich die Musik war, die
sie zum DEICHBRAND brachte, geht sie während
des Festivals doch sehr in ihrem Job auf
und ist völlig zufrieden damit, „wenn ich mir dann
mal einen Teil der Kraftklub-Show vom FOH aus
(also dem Technikturm gegenüber der Bühnen)
anschauen kann – ohnehin mein Lieblingsort auf
dem ganzen Festival. Denn einen geileren Blick
auf die Bühne kann man gar nicht haben.“ Während
das DEICHBRAND Team Toni ganz sicher
nie mehr von Haken lassen wird, und das nicht
nur, weil sie ihren Job dermaßen gut macht: Die
passionierte Bäckerin und Food-Bloggerin, die
unter „antonellasbackblog“ einen eigenen Instagram-Kanal
betreibt, bringt jedes Jahr Kuchen
und Torten für die Kollegen mit. „Die werden mit
den Jahren auch immer aufwändiger“, erzählt
sie. „Schon weil es mir eine große Freude
macht, zu sehen, wie sich die anderen immer
freuen, wenn ich mit meinen neuen Torten auf
dem Festivalgelände aufschlage.“
Ach ja, hatten wir erwähnt, dass Toni obendrein
DIE
FEEL-GOOD-
CHEFIN
– Toni Klocke
Leiterin der Festivalcrew
On-Site
Toni Klocke ist die Chefin
über die vielen wuseligen
Hände und stets freundlichen
Menschen, die für euch das
DEICHBRAND Festival zu einem
reibungslos flutschenden
360-Grad-Erlebnis machen.
by Sascha Krüger
Von Ende April bis nach jedem Festival
widmet die Hamburgerin, die im Hauptberuf
eine Kita leitet, viel Zeit der Einstellung und
Organisation von bis zu 300 fleißigen Helfern,
ohne die vor Ort so gut wie nichts funktionieren
würde. Mit ihrem fröhlichen Gemüt, einem
langen Geduldsfaden, aber eben auch dem
Talent, resolut durchzugreifen, wo es Not tut,
ist die Quereinsteigerin perfekt geeignet für
diesen Job. Und dann bringt sie auch noch
Kuchen mit!
Manchmal hat Toni Momente, wo sie ziemlich
froh ist, ein ausgewiesenes Organisations-Talent
zu sein. „Gerade am ersten Tag vor Ort, wenn
man die Teams einteilen und schauen muss,
dass alles läuft: Da hat mein DEICHBRAND Job
schon gewisse Parallelen zu meinem eigentlichen
Beruf als Leiterin einer Kita“, lacht sie. „Und
auch ganz zum Ende hin, wenn alle eigentlich
nur noch feiern wollen, aber eben doch noch ein
paar Sachen abzuwickeln sind.“
Anders als viele andere, die schon lange fest
zum DEICHBRAND Team gehören, stammt Toni
nicht aus der Region um Cuxhaven. „Ich bin
gebürtige Hamburgerin, aber ich mache den Job
jetzt auch schon eine Weile – das erste Mal im
Jahr 2014 – und fühle mich dem Team dementsprechend
eng verbunden“, erzählt sie. „Damals
suchte das DEICHBRAND jemanden für den Job
des ‚Troubleshooters‘, also jemanden, der dorthin
delegiert wird, wo gerade am meisten Hilfe
benötigt wird – das klassische Mädchen für alles
sozusagen.“ Der Auslöser für ihre Bewerbung
war, dass „ich einfach Lust auf Musik und neue
Leute hatte“ – was, wenn man die DEICHBRAND
Peeps kennt, die beste Grundvoraussetzung
dafür ist, dass man gut ins Team passt. „Über
die Jahre wurden meine organisatorischen
Tätigkeiten dann immer umfangreicher. Ich hab
mal hier und mal da mitgeholfen, und ab 2017
habe ich dann mit einer Kollegin zusammen erstmals
die gesamte DEICHBRAND Festivalcrew
organisiert.“ Zwei Jahre später stieg dann die
Kollegin aus, seither ist Toni alleineverantwortlich
zuständig für bis zu rund 300 Helfer rund
um das DEICHBRAND. Es sei, erzählt sie weiter,
nie ein wirklicher Plan gewesen, diesen Job zu
machen, „ich bin da eben so nach und nach
reingerutscht. Scheinbar kam da zusammen, was
gut zusammenpasst“ – und auch das darf man
wohl als typisch für die tragenden Mitarbeiter
by the way
antonellasbackblog
Head Of Festivalcrew, Kindergärtnerin,
Feuerwehrfrau und auch
noch Foodbloggerin!
Unter „antonellasbackblog“ findet
ihr Toni auf Instagram!
zwischendurch auch ein paar Mal auf anderen
Festivals gearbeitet und jedes Mal nur gedacht:
Nee, ey, ich möchte zurück zum DEICHBRAND.
Da ist es einfach schöner und gemeinschaftlicher“,
lacht Toni.
Natürlich hat Toni im laufenden Festivalbetrieb
Teams, mit denen sie enger zusammenarbeitet
als mit anderen. Doch letztlich hat sie Kontakt zu
jedem einzelnen Helfer der Festivalcrew: „Schon
weil sie bei mir die Arbeitsverträge unterschreiben.
Auch hier kann mir mein Job in der Kita
helfen: Ich bin ein echter Pro im Erstellen und
Pflegen von Excel-Tabellen“ – und schon wieder
lacht sie ihr ansteckendes Lachen. Zu der
Festivalcrew zählen so unterschiedliche Posten
wie alle Mitarbeiter aus dem Catering sowie alle,
die rund ums Camping mitarbeiten, sämtliche
Betreuer und organisatorische Assistenten aus
dem Artist Village, die Stagehands, die die Bühne
betreuen, und viele weitere mehr. Zu ihrer
persönlichen engen Crew, für die sie Arbeitszeiten
und Jobeinteilungen koordiniert, zählen rund
40 Personen – „doch am Ende bin und bleibe
ich der Sammelpunkt auch für alle anderen, die
im weiteren Sinne zur Festivalcrew gehören.“
Hier den Überblick zu behalten, dass alle Teams
stets ausreichend besetzt sind und wissen, was
auch noch die Zeit findet, aktiv bei der Freiwilligen
Feuerwehr in Hamburg mitzuarbeiten? Da
stellt sich dann doch die Frage: Hat dein Tag
irgendwie 36 Stunden? „Das leider nicht“, grinst
sie, „und das führt auch dazu, dass es manchmal
ganz schön stressig wird bei mir. Aber andererseits
mag ich es einfach, wenn bei mir was los
ist und ich mit anderen zusammen irgendwas
Spannendes und auch persönlich Bereicherndes
erleben kann.“ Na da ist sie beim DEICHBRAND
natürlich goldrichtig.
AUFGEPASST,
Freunde der
Festivalsjobs!
Ihr habt selber Lust, Teil
der Festivalcrew auf dem
DEICHBRAND Festival zu
werden? Dann schreibt einfach
eine Mail an festivalcrew@
deichbrand.de und teilt gerne
gleich mit, welche Bereiche
ihr interessant findet – und ob
ihr bereits bei anderen Events
gewisse Vorerfahrungen und
Praxis gesammelt habt.
B · E · H · I · N · D T · H · E S · C · E · N · E · S
46 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 47
Die DEICHBRAND Bühnen
01
FIRE STAGE
02
WATER STAGE
03 PALASTZELT 04 ELECTRIC ISLAND 05 JEVER HAFENBAR
A · B · O · U · T D · E · I · C · H · B · R · A · N · D
BRETTER, DIE DIE
WELT BEDEUTEN
MAIN STAGE / est. 2005
Kapazität: 60.000
Slots: ca. 15 (total)
Die Fire Stage ist mit 800m 2 Fläche die
größte Bühne im Infield. Wer hier auftritt,
brennt für Entertainment. Grandiose Acts
wie THE KILLERS, THIRTY SECONDS
TO MARS, PLACEBO, THE PRODIGY
oder SEEED lieferten schon einzigartige
Headline-Shows ab. Das Programm startet
hier erstmals schon am Donnerstagabend
mit der größten XXL-Warm-up-Party der
Geschichte des Festivals und geht bis
Sonntagabend. Zwischen den Shows geht
es auf der Water Stage nahtlos weiter.
01
MAIN STAGE / est. 2006
Kapazität: 60.000
Slots: ca. 15 (total)
Willkommen zur zweiten Hauptbühne im
Infield. Das Äquivalent zur Fire Stage ist
immerhin 650m 2 groß! Top Acts wie THE
KOOKS, BIFFY CLYRO, BROILERS, DEICH-
KIND, BEGINNER, MARTERIA oder PAROV
STELAR & BAND standen schon auf dieser
ehrwürdigen Bühne. Das Musikprogramm
startet hier am Freitagnachmittag und
wechselt sich mit der Fire Stage bis Sonntagabend
ab, sodass unsere Besucher keinen
Act verpassen müssen und stets top
unterhalten werden.
04
02
TENT STAGE / est. 2010
Kapazität: 7.500
Slots: ca. 35 (total)
Das Palastzelt ist ein Ort für all diejenigen,
die Bock auf die kleineren großen
Nummern und Geheimtipps unseres Programms
in intimer Atmosphäre haben. Das
riesige 10-Mast-Palastzelt steht ebenfalls
im Infield und kann über 7.000 Fans beherbergen.
Das Programm startet hier am
späten Donnerstagnachmittag mit einem
Warm-up-Konzert-Marathon. An den restlichen
Tagen beginnt das Programm am
frühen Nachmittag, und geht bis in die tiefe
Nacht und frühen Morgenstunden weiter.
05
DJ-STAGE / est. 2016
Kapazität: 3.000
Slots: ca. 30 (total)
Clubfeeling auf dem DEICHBRAND Festival
schafft die Electric Island. Freunde
der elektronischen Tanzmusik kommen
hier voll auf ihre Kosten und können an
allen vier Tagen von mittags bis spät in
die Nacht richtig satten Sound und eine
fette Lichtshow erleben! Die Electric Island
gibt es bereits seit 2016, ist letztes Jahr
ins Infield gezogen und wurde schon von
großen Acts wie CHARLOTTE DE WITTE,
SVEN VÄTH, OLIVER HUNTEMANN oder
AMELIE LENS bespielt.
03
PARTNER STAGE / est. 2016
Kapazität: 500
Slots: ca. 10 (total)
Seit 2016 sorgt die Jever Hafenbar für maritime
Highlights. National und international
gefeierte Acts wie WE WERE PROMISED
JETPACKS, TURBOSTAAT oder KMPFSPRT
spielen hier in inniger Clubatmosphäre.
Das DEICHBRAND Festival und Jever
arbeiten seit 2018 verstärkt in Produktion
und Booking zusammen, um aus der Jever
Hafenbar ein Sprungbrett für junge und
aufstrebende Bands zu formen. Vom Deck
der Hafenbar gibt es zudem einen einmaligen
Blick auf die Fire & Water Stage.
06
A · B · O · U · T D · E · I · C · H · B · R · A · N · D
48 DEICHBRAND Magazin #4
05
NEW PORT
STAY TUNED!
About
DEICHBRAND Festival ‘22
– Special Features For
Special Fans
A · B · O · U · T D · E · I · C · H · B · R · A · N · D
BLEIBT
ALLES
ANDERS
Klar: Das kleine große DEICHBRAND Universum mit all seinen Facetten läuft nach so vielen
Jahren wie ein frisch geöltes Moped. Das ist aber noch lange kein Grund für uns, sich nicht
für jede neue Ausgabe weitere Details und spannende Aktivitäten, kleine Verbesserungen
und größere Innovationen auszudenken. Tatsächlich waren infolge der zweijährigen Corona-Zwangspause
für die jüngste DEICHBRAND Auflage 2022 besonders viele neue coole
Ideen aufgelaufen – und die meisten davon wurden auch direkt erfolgreich umgesetzt und
mit Leben gefüllt.
by Sascha Krüger
MEHR IST MEHR!
Was früher mal als lauschiges
Anglühen nach dem Ankommen
und Aufbauen des Zelt-
WARM-UP-DONNERSTAG aka
„DAS KLEINE WOCHENENDE"
# Opening der Fire Stage
# 40.000 people = größte Warm-up-Party ever!
Camps diente, ist mittlerweile
auf dem besten Weg, ein
vierter Festival-Haupttag zu
werden: Die Warm-up-Party am
Donnerstag – aka das „kleine
Wochenende“ – hat sich stabil
vom entspannten gemeinsamen
Willkommens-Drink zum
ersten amtlichen Gruppenabriss
upgegradet. Schon lange
ist der Donnerstag für viele
DEICHBRAND Wiederholungstäter
weit mehr als nur ein Anreisetag,
deshalb wurde dem
Ganzen auch ein amtlicher
Feier-Rahmen verpasst. Schon
lange hat es Tradition, dass
das Palastzelt und die Jever
Hafenbar die Gitarren- und
Liveshow-Hungrigen ab dem
frühen Abend mit ersten Konzert-Leckerbissen
versorgen –
darunter diesmal solche Spaßund
Feier-Garanten wie The
Screenshots, Pabst, H-Blockx
oder Callejon.
Aber auch die Electric Island,
2022 zum ersten Mal direkt im
Infield platziert, lieferte gleich
am ersten Tag satte zehn
Stunden Premium-Beats ohne
Pause. Der Umzug der Electric
Island mitten hinein ins Getümmel
war mehr als überfällig und
uns auch ein großes Anliegen,
denn so ist die Electric Island
zu einer weiteren, vierten
Hauptspielstätte geworden.
Zumal sich durch die nunmehr
kürzeren Wege auch weitaus
mehr DEICHBRAND Besucher
als je zuvor eine verdammt
gute Zeit an dieser Stage
gemacht haben. Ebenso positiv
und begeistert wurde auf eine
weitere Neuerung reagiert.
Wir dachten uns nämlich beim
Planen der jüngsten DEICH-
BRAND Ausgabe: Wo sich die
Peeps und Fellows eh schon
zu einem großen Teil auf dem
Gelände herumtreiben, könnte
man gleich noch kollektiv erstmals
schon am Donnerstag die
Fire Stage gebührend einweihen.
Auch dieser Plan ging auf:
Mit Beauty & The Beats und
den Feiergranaten Drunken
Masters feierten knapp 40.000
Fans die größte Warm-up-Party
ever. Das war so schön, dass
wir versprechen: Das ist der
neue Standard. Deshalb wird
es nach der Einführung beim
letzten Mal auch 2023 wieder
Tagestickets für den Donnerstag
geben.
I LOVE CONTENT –
DIE INSEL DES INHALTS
ISLE OF CONTENT
Mit der neu etablierten ISLE OF
CONTENT schließt das DEICH-
BRAND die Lücke zwischen
Real, Virtual und Social Life und
bietet Content Creators vor Ort
eine einzigartige, individuell
gestaltbare Plattform, um ihre
Follower 24/7 abzuholen und
mitzunehmen auf alle besonderen
DEICHBRAND Momente.
aka I LOVE CONTENT
Das crossmediale Summercamp für die
DEICHBRAND Content Creator, gelegen an
einem idyllischen Waldstück am Rande vom
DEICHBRAND Festivalland.
Gestaltet und strukteuriert wie
ein ganz besonders exklusives
Summer-Camp, liegt die
ISLE OF CONTENT an einem
idyllischen Waldstück am
Rande des Festivalgeländes
in direkter Nachbarschaft zum
Comfort Village. Zur Ausstattung
dieses außergewöhnlich
gechillten Multimedia-Camps
zählt ein Special Camping
Areal mit Whirlpool, exklusive
Sanitäre Anlagen, urgemütliche
Glamping-Unterkünfte, eine
gepflegte Bar mit großzügiger
Chill-Area, an der man sich ein
paar Free Drinks gönnen kann,
sowie immer schnelles WLAN.
Und natürlich die hilfsbereiten
Camp-Ansprechpartner, die
nicht nur auf fast jede Frage
eine Antwort haben, sondern
auch einen direkten Draht
zu den Fahrern der Camp-eigenen
Shuttle-Busse, die sie
regelmäßig direkt zum Festivalgelände
bringen.
Gleich bei ihrem Debüt hat
sich diese Win-Win-Idee für
alle Beteiligten bewiesen. Die
ISLE OF CONTENT (Fun fact:
Ihr Name ist ein Wortspiel und
kann alternativ auch als „I Love
Content“ gelesen werden) ist
die perfekte Schnittstelle und
Ereignis-Zentrale zwischen
Festival-Crew, Content Creators
und ihren Followern –
und war für das DEICHBRAND
letztlich nur der logische
nächste Schritt. Schon länger
nutzen wir insbesondere
TikTok als wichtigen Kommunikationskanal.
Mit gut 60.000
Followern, mehr als 550.000
Likes und über 25 Millionen
Videoaufrufen betreiben wir
einen der erfolgreichsten Festivalkanäle
deutschlandweit,
über den man eine Menge an
exklusivem Content abrufen
kann, wie etwa Interviews mit
Festivalfans, bewegte und
bewegende Momentaufnahmen
und mehr. Mit der ISLE
OF CONTENT wurde nun der
optimale Raum geschaffen,
wo Creators ihren Content
professionell produzieren und
sich mit anderen Kollegen
oder den Festival-Machern
austauschen können. Viele
bedeutende Social-Media-Gesichter
sind unserer Einladung
auf die Insel gefolgt, darunter
Wilke Zierden + Udo, Malwanne,
Paulo Muc, Simon Will,
Cenkgooo, JulyanPohl, Bruder
1 & 2, Kim Caramella, Xing Ting
Wang, ItsDyma, CheeseorDesserts,
Kimisinamood, Chanajk,
MissGeorgiaCavallo. Und nicht
nur das: Die Begeisterung für
unseren innovativen Ansatz
und auch ihre Liebe zum
gesamten Festival und seinem
unnachahmlichen Vibe war
so groß, dass alle unbedingt
wiederkommen wollen und
auf ihren jeweiligen Kanälen
zudem weitaus mehr vom
DEICHBRAND berichtet haben.
AUFGEHÜBSCHT UND
ABGERUNDET
Manch einem regelmäßigen
DEICHBRAND Besucher ist es
vielleicht gleich aufgefallen:
Einige Bereiche und Areas
haben 2022 ein frisches
Make-up bekommen. So etwa
die Beach Area: Sie wurde neu
und anders aufgeteilt. Ein Teil
des Playgrounds, bestehend
aus Volleyball Feldern, einer
Strandfläche mit lauschigen
Strandkörben sowie einigen
Outdoor-Duschen, liegt jetzt
in der grünen Bucht; von dort
führt ein beleuchteter Waldweg
direkt zum großen XXL-Pool.
Der Green Circus, schon lange
ein fester Bestandteil des
DEICHBRANDs, bietet neben
BEACHVOLLEYBALL IN DER
GRÜNEN BUCHT
all den bereits bekannten
und etablierten Workshops
zusätzliche neue an, etwa
das Binden von Blumenkränzen
und Festivalfrisuren. Am
aufwändigsten geriet aber die
Umgestaltung und Ergänzung
der neuen VIP Tribüne, in der
sich vier separate Logen mit einer
eigenen Terrasse befinden,
sowie eine weitere, große Terrasse
für alle VIPs, von der aus
man einen brillanten Weitblick
über das gesamte Infield hat.
Auch innerhalb der VIP Area
hat sich viel getan: Es gibt viele
Chill-Out-Nischen, wo man
man einmal kurz verschnaufen
kann, sowie ein großes Zelt mit
Bar, in denen nach Beendigung
des jeweiligen Hauptprogramms
zünftige Aftershow
Partys steigen.
VIP aka VERY
IMPORTANT PLACE-2-B
So viel Neues – but there is
more to come. Blättert um,
und ihr werdet sehen, was wir
derzeit an Neuerungen für
2023 planen!
by the way
VIP TICKETS 2023
>> Jetzt sichern auf deichbrand.de
# 2260 m 2 Gesamtfläche
# Separater, gesicherter Zugang zum Infield
# Großer Balkon mit bestem Blick aufs Infield
# Riesiger Außenbereich mit Chill-Zonen
# Partyzelt mit Bar, DJ-Pult und Chill-Lounge
# Eigenes Food-/Beverage-Angebot
# Exklusive hochwertige Sanitäranlagen
# Exklusive Aftershow Party am Freitag + Samstag
50 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 51
A · B · O · U · T D · E · I · C · H · B · R · A · N · D
About
DEICHBRAND Festival ‘23
– What's coming up?
EIN
SAFER
SPACE.
2023. TALKING TREES
Natürlich bietet auch das DEICHBRAND 2023 viele
Neuerungen und Innovationen – dabei existiert
deutschlandweit wohl ohnehin kaum ein zweites
Open Air, das seinen Besuchern derart viel Abwechslung
und Alternativen bereitstellt. Neben
vielen Erweiterungen der Special Offers, Workshops,
Camping Optionen sowie der völlig neu konzipierten
Bühne für Newcomer Acts, wollen wir hier den Fokus
aber auf einen neuartigen Bereich legen den es so
wahrscheinlich noch bei keinem großen Festival ein
zweites Mal gibt: Den besonderen Wald der „Talking
Trees“ – eine Ruhe-Oase auf einem Festival.
by Sascha Krüger
Es klingt erstmal kurios: Ausgerechnet auf einem
gigantischen Festival, bei dem es vor allem um viel
Musik, druckvollen Sound aus bald allen Genres sowie
eine viertägige kollektive Party geht, wird ein Raum der
Ruhe und inneren Einkehr geschaffen? Ein Wald voller
Stille und lautlosen Lichtinstallationen? Ein Platz für all
jene, denen das laute, bunte Treiben
auf dem Festivalgelände und den
Campingplätzen für einen Moment
einfach mal zu viel wird? Doch genau
das ist der Plan der „Talking Trees“:
einem Waldstück, das zwischen dem
Green Camp und dem Camp Central
all das bereithält, was gewissermaßen
als Gegenpol zu allem verstanden
werden kann, weshalb man eigentlich
das DEICHBRAND besucht.
Klar ist: Vordergründig sind Ruhe,
52 DEICHBRAND Magazin #4
Erholung und ein betont achtsamer
Umgang mit sich selbst nicht
unbedingt die Parameter, warum
man sich entscheidet, auf ein derart
wildes, körperlich wie mental herausforderndes
Festival zu fahren.
Doch das DEICHBRAND hat sich
schon immer verstanden als ein Ort
und Event, das wirklich alle Sinne
bedient – und im Fall der „Talking
Trees“ sind dies nun mal eben eher
die „feinen Sinne“, also jene, die
es braucht, um
zu checken,
ob man sich
gut und wohl
mit sich fühlt.
Und gerade auf
einem Open Air,
wo die Sinneseindrücke
nur
so ballern, bis
man – in vielerlei
Hinsicht – bis zum Rand gefüllt
ist, kommen Momente der Ruhe und
inneren Einkehr zwangsläufig oft ein
wenig zu kurz.
Hier schafft der „Talking Trees“-Bereich
Abhilfe: Es ist ein wunderschön
gestalteter Ort der Ruhe und
ein Safer Space, eine Anlaufstelle
für alle Personen, die während des
aufregenden Festivaltrubels mal
eine Auszeit benötigen oder wenn
sie in irgendeiner Art & Weise auf
dem Festival Diskriminierung erfahren
haben und darüber sprechen
möchten. Es ist ein Platz für eure
emotionale (oder auch tatsächliche)
Meditation, ein besonderes
Fleckchen, das durch den Wald
eine ganz eigene Atmosphäre
bietet. Dank besonderer Kopfhörer
zum Ausleihen kann man sich in
einen Raum ohne Geräuschkulisse
flüchten oder auch über verschiedene
Kanäle meditative oder andere
Ein Platz für emotionale (oder
auch tatsächliche) Meditation, ein
besonderes Fleckchen, das dank
des dichten Waldes einen Raum
ohne große Geräuschkulisse
und wild durcheinander flutende
Klänge bietet.
ruhige Musik anhören.
Derweil sucht man sich in dem
herrlich von unaufdringlichen, warmen
Lichtinstallationen illuminierten
Wäldchen einen Rückzugsort zum
Chillen und Entspannen – sei es
eine der zahlreichen Hängematten
oder eine der vielen überdachten
Liege- und Sitzgelegenheiten. Man
findet vor Ort außerdem Gesellschaftsspiele,
Gesprächsrunden zu
den unterschiedlichsten Themen
sowie eine
zentrale Hütte,
die als Hauptanlaufstelle
unseres Awarenessteams
dient. Solltet ihr
während des
Festivals Situationen
erlebt
haben, über
die ihr gerne sprechen möchtet,
ist hier der perfekte Ort dafür. Wir
wünschen uns, dass alle Menschen
verantwortungsvoll miteinander
umgehen und aufeinander Acht
geben. Deshalb erarbeiten wir ein
umfangreiches Awarenesskonzept
und führen dieses 2023 erstmalig
auf dem Festival ein. Das Awarenessteam
ist übrigens an allen
DEICHBRAND Tagen – An- und Abreisetage
mitgerechnet – auf dem
Gelände unterwegs und wird euch
für diesen neuen, ganz besonderen
Festivalort sensibilisieren. Sowie
auch auf dem Gelände stets auf
Awareness achten und möglichst
immer da sein, wenn jemand von
euch eine diskriminierende oder
übergriffige Situation erlebt oder
mitbekommt. So kann man selbst
auf diesem gewaltigen Festival
einmal jedem Trubel entfliehen und
sich dank Awarenesskonzept und
-team sicherer fühlen.
Die Themen Ruhe und Awareness sind Aspekte, die in der
schnelllebigen Postmoderne, bei der man mit einer Hand
stets zum Smartphone und mit der anderen in Richtung des
nächsten Events greift, immer bedeutsamer geworden sind.
Und gerade auf einem Open Air, wo die Sinneseindrücke
nur so ballern, bis man - in vielerlei Hinsicht - bis
zum Rand gefüllt ist, kommen Momente der Ruhe und inneren
Einkehr zwangsläufig oft ein wenig zu kurz.
D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3 D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3 D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3
TALKI NG
TR EES
A W A R E N E S S S C H A F F E N
D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3 D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3 D E I C H B R A N D F E S T I V A L 2 0 2 3
A · B · O · U · T D · E · I · C · H · B · R · A · N · D
A · B · O · U · T D · E · I · C · H · B · R · A · N · D
AmoreDeichbrand
Foto: Patrick Schulze
54 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 55
„„Ich habe viel mehr
Ideen im Kopf, als ich
zeitlich überhaupt
umsetzen kann.“
EIn Portrait über Anahit Vardanyan
und die Electric Island
by Sascha Krüger
Interviewfotos: Maximilian Probst
Was war das denn bitte für ein Abriss? Die Electric Island,
mittlerweile ein fester weiterer Bestandteil des stetig wachsenden
DEICHBRAND Kosmos, wird von Jahr zu Jahr immer
beliebter. Die Stage, die 2022 erstmals ebenfalls im Infield
untergebracht wurde, ist für viele Besucher mittlerweile weit
mehr als nur eine „Nische für ein bisschen Techno“. Schon
weil das Line-Up im vergangenen Jahr dermaßen hochkarätig
besetzt war, dass die Electric Island locker auf Augenhöhe mit
den größten nationalen Techno-Festivals agiert. Wir haben uns
dort umgesehen, mit Festival-Besuchern und DJs gesprochen
– und sind im Nachgang noch einmal tief eingetaucht
in die Techno-Welt. Gemeinsam mit dem neuen Shootingstar
der deutschen Technoszene, der aus Armenien stammenden
Anahit Vardanyan, die wir daheim in ihrem Studio in Hamburg
besucht haben, um uns die Magie von Techno und dieser besonderen
DEICHBRAND Stage noch einmal erklären zu lassen.
I · N · T · E · R · V · I · E · W
Schon immer ebenso prominent wie qualitativ hochwertig besetzt,
hat sich Electric Island nicht zuletzt aufgrund der begeisterten
Annahme durch die Besucher als eine feste weitere Spielstätte
etabliert. Und mit der Verpflichtung solcher Techno-Legenden wie
Gregor Tresher, Maceo Plex, Township Rebellion, Westbam, Timo
Maas, Markus Meinhardt, Dr. Motte und allen voran natürlich „dem
BABA“ Sven Väth zeigen mittlerweile auch die größten Künstler
der Szene, dass sie die Electric Island als ein bedeutendes jährliches
Event betrachten, dem man gern einen Besuch abstattet, um
gemeinsam den Sand vor der Bühne zum Beben zu bringen. Genau
das habt ihr getan: Bis zu 16 Stunden täglich habt ihr getanzt
und gefeiert, als ob es kein Morgen gäbe. Danke dafür: Das zu
sehen und zu erleben hat uns große Freude gemacht.
Was wiederum nur zeigt, dass die landläufige Meinung, Rock- und
Hip-Hop-Hörer könnten mit Techno nicht viel anfangen, schlichtweg
kompletter Blödsinn ist. Vielmehr habt ihr mit euren schwitzenden
Leibern und grinsenden Gesichtern aufs Schönste das
generelle Lebensmotto des BABA bestätigt: „So lange die Musik
läuft, läuft mein Motor.“
Eure Motoren liefen richtig heiß, von mittags um zwölf, wo es
meist erstmal eher chillig losging, bis nachts um vier, bis auch die
letzte Bassdrum verklungen ist. Auch die Dynamik und Dramaturgie
der DJs untereinander war höchst erstaunlich: Es scheint,
dass alle auftretenden Künstler verstanden haben, dass so ein
kompletter Techno-Tag einen Aufbau und eine Struktur benötigt,
die die Euphorie der Besucher kontinuierlich steigert bis zur
totalen Eskalation. So lieferte etwa der sonst eher für ziemlich
rauen Knatter-Techno bekannte A.D.H.S aufgrund seiner Spielzeit
am frühen Nachmittag ungewohnt sphärische Space-Sounds,
während demgegenüber Pan-Pot, sonst auf Festivals eher dafür
bekannt, einen zwar treibenden, aber auch sehr zugänglichen Mix
aus Minimal, Tech- und Deep-House zu spielen, beim DEICH-
BRAND als letzter Act am Samstag ein kompromisslos trockenes,
massiv drückendes und hartes Set abschoss, das zwei Stunden
lang Anlass für konstante Schnappatmung bot.
Wir haben uns mit zahlreichen Tänzern vor Ort unterhalten, und
der Tenor all jener, die im Privatleben nie auf die Idee kämen, sich
Techno anzuhören, war ein durchweg positiver. „Es ist zwar sonst
überhaupt nicht mein Sound“, sagte beispielsweise einer. „Aber
ich mag die Atmo hier an der Stage total gern, und den Leuten
beim Tanzen im Sand zuzusehen, bringt dich einfach in eine
extrem gute Stimmung.“ Ein anderer meinte: „Ich war noch nie auf
so einem Techno-Rave, aber ich muss echt sagen: Das DEICH-
BRAND und diese Stage haben dazu geführt, dass ich das künftig
öfter machen werde. Ihr habt mich echt dazu gekriegt, dass ich
plötzlich Techno gut finde!“ Was sollen wir sagen? Mission accomplished.
Auch die DJs selber waren voll des Lobes. Viele waren beeindruckt
von der familiären Atmosphäre des gesamten Festivals,
I · N · T · E · R · V · I · E · W
56 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 57
I · N · T · E · R · V · I · E · W
doch vor allem von der Begeisterungsfähigkeit des Publikums,
umso mehr, weil das DEICHBRAND eben kein Open Air ist, das
sich speziell an Freunde der elektronischen Musik wendet.
Westbam etwa meinte am Rande seines Gigs: „Seitdem ich
auflege – also mehr als 30 Jahre – habe ich den großen Wunsch,
Leute neu zu begeistern und zu sensibilisieren für elektronische
Musik und ihre Vielfalt. Das betreffend ist die Electric Island eine
der schönsten Plattformen und Gelegenheiten, bei denen ich
jemals aufgelegt habe.“
Drei andere Künstler wollen wir noch kurz erwähnen: Zum einen
die Hamburger DJane Nina Hepburn, eine gute Freundin des
DEICHBRAND Hauses, die auch schon in den vergangenen
Jahren regelmäßig echte Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Sie
hat ihren Sound und die gesamte Performance weiter entwickelt
und tritt mittlerweile häufig zusammen mit ihrem Lebenspartner,
dem eigentlich aus dem Rock stammenden Gitarristen Konrad
Kanton, auf. Ihre Melange aus treibend flächigem Techhouse und
„Das ist der absolute
Idealzustand,
wenn man wirklich
überhaupt nicht
mehr nachdenkt,
sondern die Musik
einfach fließen
lässt und rein intuitiv
die Tracks,
die Übergänge und
auch die gesamte
Dramaturgie eines
Sets auswählt und
entwickelt."
den virtuosen Licks und Akzenten, die Konrad
auf seiner Gitarre beisteuert, zeigt, wie kreativ
man mit elektronischer Musik umgehen kann
– und dass sich Techno aus dem Computer
und handgemachte Musikalität auf der Gitarre
verdammt gut vertragen und Clubmusik auf
ein neues Level heben können. Als zweites
wollen wir nur kurz erwähnt haben, dass man
mit der Verpflichtung des Techno-Gottes Sven
Väth mit gutem Grund von einem Ritterschlag
für die Electric Island sprechen kann. Väth,
seit Jahrzehnten einer der wenigen echten
deutschen Weltstars der Musik, muss allein aus
rein technischen Gründen mehr als 90 Prozent
aller Anfragen absagen – schon deshalb, weil
das Jahr „nur“ 52 Wochenenden hat. Ihn für die
Electric Island zu gewinnen, schien zwar zunächst nach einem
Griff zu den Sternen, hat sich letztlich aber als überraschend unkompliziert
erwiesen. Einmal, weil Väth, anders als viele Kollegen,
immer große Lust auf neue Locations und Events hat, wo er zuvor
noch nicht gespielt hat, anstatt jedes Jahr ein mehr oder weniger
identisches Booking-Programm abzuspulen. Und zum zweiten, da
wollen wir ehrlich sein, weil das DEICHBRAND ihm einen Komfort
bieten kann, den kaum ein zweites Event weltweit besitzt: Er kann
seinen Privat-Jet, mit dem er das gesamte Jahr um den Globus
jettet, auf dem angrenzenden Flughafen und damit nur wenige
hundert Meter entfernt von seinem Auftrittsort parken.
Die dritte Person, die wir näher vorstellen wollen, ist die in Hamburg
lebende Armenierin Anahit Vardanyan.
Auch sie war bereits in den vergangenen
Jahren regelmäßig bei der Electric Island zu
Gast, wir konnten ihren steilen Aufstieg vom
absoluten Newcomer zum neuen, mittlerweile
auch international gebuchten Shootingstar des
Techno hautnah mitverfolgen. Ihre Geschichte
vom Leben zwischen zwei Welten und Kulturen
ist so interessant, dass wir sie nach dem Festival
zu Hause in Hamburg in ihrem Homestudio besucht
haben, um uns mit ihr noch mal ausführlich
zu unterhalten. Umso mehr, weil sich dieses
„Leben zwischen zwei Welten“ nicht nur auf die
Geografie und ihre Herkunft bezieht, sondern
noch viel mehr auf ihre musikalischen Wurzeln.
Denn Anahit ist eigentlich studierte klassische
Pianistin, die vor vier Jahren nach Deutschland
zog, weil sie hier weitaus mehr Entwicklungspotenzial
für ihre Musikkarriere erwartete. Dass
sie hier sodann, statt bei der Klassik zu bleiben,
die Techno-Musik für sich entdeckt hat, sich
innerhalb weniger Wochen das Handwerk des
Auflegens beibrachte, nach den ersten Gigs
feststellte, wie gut sie das kann und wie euphorisch
die Leute auf ihren recht speziellen Sound
reagieren, hätte sie selbst am allerwenigsten erwartet.
Anahit, du bist ja noch vergleichsweise neu im Techno-Zirkus
und hattest beim DEICHBRAND diesmal die so ehrenvolle
wie herausfordernde Aufgabe, dein Set unmittelbar nach dem
BABA Sven Väth zu spielen. Die meisten DJs würden sich bei
einer solchen Challenge wohl in die Hose machen, aber du
hast absolut souverän und unbeeindruckt abgeliefert. Wie
bereitet man sich auf ein solches Set vor, umso mehr, wo das
DEICHBRAND ja kein ausgewiesenes Techno-Event ist?
Natürlich hatte ich erstmal ziemlichen Respekt, als ich in der
Running Order sah, dass ich direkt nach Sven Väth auflege. Andererseits
kann es aber auch sehr hinderlich sein, wenn man sich
vor einem Set zu viele Gedanken darum macht, was da zuvor gespielt
wurde – undzwar generell, nicht nur in diesem besonderen
Fall. Klar war ich auch aufgeregt, nicht nur auf der selben Bühne
zu stehen wie Sven, sondern am Aufgang zur Bühne direkt mit
ihm abzuklatschen und das Publikum zu übernehmen.
Aber rein vom Sound her spiele ich
immer meine Musik, meinen Stil. Dieser ist ja eh
etwas anders als bei den meisten anderen DJs,
von daher finde ich es wichtig, einfach bei sich
zu bleiben und sich reinzufühlen in die Situation
und das Publikum vor der Bühne.
Dafür, dass du wirklich noch nicht so lange
dabei bist, hast du sehr schnell tatsächlich
einen ganz eigenen Sound gefunden und
produzierst inzwischen auch eigene Tracks,
die einen unverwechselbaren Stil haben. Wie
kam das?
Das hat sicher damit zu tun, dass ich schon mein
ganzes bisheriges Leben lang Musik mache,
dass ich Musik studiert habe und auch täglich am Klavier sitze,
um Musik zu spielen, die überhaupt nichts mit Techno zu tun hat.
Das war natürlich eine gute Voraussetzung, um auch im Techno
relativ schnell meine eigene Persönlichkeit zu finden und zu
gestalten. Es freut mich, dass du mich und meinen Sound so
wahrnimmst, aber aus meiner Sicht stehe ich hier erst noch am
Anfang. Ich bin immer noch dabei, herauszufinden, was genau
mein Sound eigentlich ist und wie er sich konkret in jedem Detail
definiert. Ich fühle mich mittlerweile hinter dem DJ-Pult sehr wohl,
und das Feedback des Publikums gibt mir auch das Gefühl, dass
ich das schon ganz gut mache. Aber persönlich betrachtet empfinde
ich mich derzeit noch als mitten in der Entwicklungsphase.
Wie gehst du an deine eigenen Produktionen? Wie „baut“ man
einen guten Track?
Das ist eine Mischung aus musikalischer Erfahrung, Gefühl und
natürlich vielleicht auch einem gewissen Talent, zu wissen, wie
man innerhalb eines Tracks oder auch eines DJ-Sets eine Dramaturgie
und einen Spannungsbogen aufbaut. Wobei es abgesehen
davon tatsächlich zwei komplett verschiedene Welten sind, aufzulegen
oder Tracks zu produzieren. Was ich mitbrachte, ist das
grundsätzliche musikalische Verständnis, aber einen guten Track
zu produzieren braucht, wenn man darin noch unerfahren ist,
schon extrem lang. Ich bemerke aber jetzt schon, dass es mir von
Produktion zu Produktion schneller gelingt, zu einem Ergebnis zu
kommen, mit dem ich zufrieden bin.
In deinem Stil findet sich aufgrund deiner klassischen Vorprägung
ungewöhnlich viel harmonische Struktur, Akkord- und
Harmoniefolgen, dazu steckt in deinen Tracks auch häufig
eine gewisse Dramatik und Opulenz, ohne dass die Beats
davon zu sehr überlagert werden. Worauf achtest du also beim
„Ich bin immer
noch dabei, herauszufinden,
was
genau mein Sound
eigentlich ist und
wie er sich konkret
in jedem Detail
definiert."
Produzieren am stärksten?
Na ja, als Newcomer im
Produzieren ist das natürlich
die rein technische Seite,
also: Wie funktionieren die
Musik-Programme, wie modifiziere ich einen Sound so dahin,
dass er so ähnlich klingt wie das, was mir im Kopf herumschwirrt.
An spannenden Inspirationen mangelt es mir überhaupt nicht, im
Gegenteil: Ich habe viel mehr Ideen im Kopf, als ich zeitlich überhaupt
umsetzen kann. Wie man diese Ideen dann aber technisch
erzeugt, ist der Teil, auf den ich derzeit noch viel Zeit verwenden
muss. Denn dafür benötigt man bestimmte Fachkenntnisse, über
die ich zu Beginn einfach überhaupt nichts gewusst habe. Ich
lerne zwar tagtäglich dazu, wenn ich am Rechner sitze und an
meiner Musik arbeite. Gleichzeitig weiß ich aber, dass ich noch
sehr viel Zeit benötigen werden, bis ich in allen Belangen mit
meinen Skills zufrieden bin und in jedem Moment genau weiß,
was ich da eigentlich tue.
Es ist ja rein künstlerisch einfach mal das komplette Gegenteil
von dem, was du vor deinem Einstieg in die Technowelt gemacht
hast – also am Klavier zu sitzen und kleine Etüden und
Pianostücke zu komponieren.
Das mag vielleicht von außen so wirken, aber tatsächlich habe
ich festgestellt, dass der Kontrast zwischen diesen beiden Arten,
Musik zu machen, gar nicht so groß ist, wie man denken könnte.
Schau Dir nur die Geschichte der Technomusik an: Die ersten Musiker,
die seinerzeit angefangen haben, die ersten elektronischen
Klangerzeuger in ihren Kompositionen zu verwenden, kamen
größtenteils aus der Klassik. Und mittlerweile ist es durchaus
üblich, dass zeitgenössische klassische Komponisten und Musiker
auch mit elektronischen Elementen und digitalen Klangquellen
arbeiten.
Interessant!
Ja! Es existiert inzwischen sogar auch rein technisch eine
Symbiose aus Klassik und elektronischer Musik, das sogenannte
„Prepared Piano“. Dabei werden auf die Tasten eines Klaviers
digitale Trigger gelegt, die anstelle des ursprünglichen Klangs
neue Sounds und Akzente erzeugen. Und auch andersherum: In
der zeitgenössischen klassischen Kompositionswelt findet man
extrem viele Inspirationen und Impulse, die ursprünglich aus der
elektronischen Musik stammen. In diesen eher technischen Bereichen
des Komponierens gelten Deutschland und seine Künstler
übrigens als Pioniere und bis heute als einer der wichtigsten
Ursprünge für neue kompositorische Ansätze. Was auch einer der
Hauptgründe war, warum ich damals, als ich entschied, aus Armenien
wegzugehen, weil man dort als klassische Musikerin nicht
viel bewegen kann, Deutschland als meinen Zielort ausgesucht
habe. Hier passiert diesbezüglich einfach sehr viel, was man in
kaum einem anderen Land der
Welt entdecken kann.
Noch mal zu deiner Arbeit als
DJ: Was kann dir persönlich
das Auflegen von Techno-Tracks
geben, was du als
klassische Musikerin so nicht
erleben und erfahren kannst?
Das ist das, was man unter
den DJs gern „den Tunnel“
nennt. das bedeutet, dass
man, selbst wenn man vor ein
paar Tausend Leuten auflegt
und natürlich überzeugen will
mit seinem Set, trotzdem den
Kopf komplett ausgeschaltet
bekommt und nur noch rein
intuitiv und emotional gesteuert
arbeitet. Das ist der absolute
Idealzustand, wenn man
wirklich überhaupt nicht mehr
nachdenkt, sondern die Musik
einfach fließen lässt und rein
intuitiv die Tracks, die Übergänge
und auch die gesamte Dramaturgie eines Sets auswählt und
entwickelt. Du befindest dich dann eben in einem Tunnel, in dem
alles einfach ineinander fließt und trotzdem oder gerade deshalb
absolut perfekt zusammenpasst. Während man sich dabei quasi
wie von außen dabei zuschaut, was man da gerade macht und
wie magisch das alles miteinander zusammenwächst und dabei
ununterbrochen eine Gänsehaut hat, weil es gerade so geil
abgeht.
Klingt ziemlich magisch. Passiert das oft?
Ja, das ist der absolute Idealzustand, aber den erreicht man
ebenso selten wie jeden anderen Idealzustand, egal auf welchem
Gebiet. Aber weil man weiß, dass es ihn gibt, versucht man es jedes
Mal aufs neue, an diesen Punkt zu kommen. Manchmal klappt
es, oft aber auch nicht. Aber zum Glück kann man dann den Kopf
eben doch wieder einschalten und bewusst darüber nachdenken,
welcher Track als nächstes gut passen würde. Absolut entscheidend
ist dabei aber sowieso etwas anderes: das Publikum. Denn
die Energie, die von ihm ausgeht, die Signale, die es dir auf die
Bühne sendet, sind immer die entscheidenden Kriterien, wie man
sein Set aufbaut und weiterentwickelt.
I · N · T · E · R · V · I · E · W
58 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 59
ERLEBE DAS FANTASTISCHSTE WOCHENENDE DES JAHRES!
ABOUT
SOME IMPRESSIONS
FROM LAST YEAR'S
FESTIVALS!
FINN JONES
(“Loras Tyrell”, Game of Thrones)
TOM FELTON
(“Draco Malfoy”, Harry Potter)
JAMIE CAMPELL
BOWER
(“Gellert
Grindelwald”,
Harry Potter /
“Caius”,
Twilight
....)
MEET & GREETS
CULTURE & CONVENTION
Das ELBENWALD Festival verbindet das Beste aus der Welt der Musik-Festivals mit dem Besten
aus der Welt der Fan-Conventions: Triff deine Stars, feier deine Bands und tauch ein in deine
Lieblingswelten! Auf einem Festival gibt‘s coole Bands, aber keine Stars und Schauspieler. Die
gibt‘s nur auf Conventions, wo es aber an Bands mangelt. Auf dem ELBENWALD Festival gibt es
beides! Neben Musik und Stars sind noch zahlreiche weitere Highlights zu entdecken: Workshops,
Quidditch, Wettbewerbe und mehr!
JORIS
KATIE LEUNG
(“Cho Chang”, Harry Potter)
MUSIK & KONZERTE
EVANNA LYNCH
(“Luna Lovegood”, Harry Potter)
JACK GLEESON
(“Joffrey Baratheon”,
Game of Thrones)
WHERE HARRY MET FRODO. AND BATMAN, GERALT, SAILOR MOON...
FIDDLER'S GREEN
KRISTIAN NAIRN
(“Hodor”, Game of Thrones)
TAG DER HELDEN
(Love Rockets)
Das ELBENWALD Festival entführt in Welten voller magischer Kreaturen, Zaubersprüche, mutiger Helden und fieser Superschurken. Hier liegt
das Beste aus Film, Fernsehen und Gaming nur wenige Schritte voneinander entfernt! Wo sonst kann man an nur einem Tag einen Abstecher
in die magische Welt von Harry Potter, die märchenhaften Disney-Landschaften, Marvels Superheldenuniversum oder die weit, weit
entfernte Galaxis von Star Wars machen? So erlebt man The Best of ALL Worlds: Singalongs der größten Disney-Hits,
spannende Herr der Ringe Experten-Talks, fesselnde Lesungen oder Harry Potter inspirierte Workshops und Aktivitäten
- auf dem ELBENWALD Festival werden der Fantasie keine Grenzen gesetzt!
2023
PREVIEW
FAUN
DAS LUMPENPACK
ELBENWALD IN CONCERT
MONSTERS OF LIEDERMACHING
#ZWEIRAUMSILKE
LOVE ROCKETS/TAG DER HELDEN
THE O'REILLYS AND THE PADDYHATS
GRONKH
PANDORYA
PHUNK ROYAL
HARPO SPEAKS!!
MAUL COSPLAY
EOSANDY
TOMMY KRAPPWEIS
LIZA GRIMM
QUIDDITCH
OMPAH RITTERSHOW
NERDQUIZ
... UND VIELE MEHR!!
11.-13. AUGUST 2023
SPREEAUENPARK COTTBUS
KOMM' MIT UNS AUF EINE FANTASTISCHE REISE!
GAMING AREA
MEGA NERD QUIZ
VERSENGOLD
LESUNGEN,COMEDY
Q&A,TALKRUNDEN
TOMMY KRAPPWEIS
COSPLAYS,
SPECIAL OFFERS
QUIDDITCH
GRONKH
WORKSHOPS
GAMING AREA
NERF AREA
ZAUBERSTAB BASTELN
LIBERARIUM
(Creator, Autorin)
LIZA GRIMM
(Creator, Autorin)
ELBENWALD IN CONCERT
COSPLAY CONTEST
SICHERE DIR
JETZT DEIN TICKET!
MEGA NERD QUIZ
WWW.ELBENWALD-FESTIVAL.DE
501ST LEGION
MAUL COSPLAY
Unwiderstehliche Hits in zeitlosem Glamrock-Sound:
I · N · T · E · R · V · I · E · W
THE
STRUTS
Interview mit Bassist Jed Elliott
by Sascha Krüger
Interviewfotos: Maximilian Probst
Wie schafft man es als absoluter Newcomer,
Vorgruppe von Black Sabbath zu
werden und, kaum dass das erste Album
erschienen ist, auch mit Guns n’Roses,
den Foo Fighters und sogar den Rolling
Stones auf Tour zu gehen? Ganz einfach:
Man schreibt einfach unwiderstehliche
Hits und verpackt sie in einen zeitlosen
Glamrock-Sound. Genau das haben die
vier Briten von The Struts getan – und
können damit unsere Frage, was eine
Festival-Hymne auszeichnet, sicher
perfekt beantworten. Bassist Jed Elliott
versucht sich an einer Erklärung dieses
komplexen Phänomens – auch anhand
überraschender Beispiele.
Jed, wenn ihr live spielt, rastet das
Publikum meistens bei so ziemlich jedem
Song mächtig aus. Das kann ja nicht nur
daran liegen, dass ihr krasse, eingängige
Hits schreibt, denn das tun andere Bands
schließlich auch. Woran könnte es noch
liegen?
Na ja, das hat sicher auch mit der Art von
Rockmusik zu tun, wie wir sie machen. Die
Bands und Künstler, die Glamrock damals
in den 70er-Jahren entworfen haben,
haben dabei natürlich vordergründig daran
gedacht, das Publikum abzuholen und
mitzunehmen. Die Musik war regelrecht
so designt, dass sie live total abgeht.
Denke nur an Bands wie Slade, T-Rex
oder ganz besonders natürlich Queen:
Das war und ist Musik, die dazu kreiert
wurde, ein möglichst großes Publikum in
einer offenen Freiluft-Umgebung dazu zu
bewegen, mitzuklatschen, auf den Boden
zu stampfen und jede Zeile hingebungsvoll
mitzusingen. Es ist gewissermaßen der
Wesenskern von Glamrock: eine möglichst
große Festival-Crowd zum Abgehen zu
bringen.
Ist es auch das, was euch als Band am
wichtigsten ist: Dass das Publikum steil
geht und eine möglichst gute Zeit hat?
Für Konzerte – und gerade solche auf
Festivals – gilt das ganz sicher. Wenn
„Je länger du Musik machst,
umso besser weißt du, ob eine
Melodie eher auf die Fresse ist
oder auf die Fresse fällt.“
du dir allerdings unsere Alben anhörst,
wirst du feststellen, dass wir darauf schon
zunehmend um eine möglichst große
Abwechslung bemüht sind, dass wir auch
andere Genres einbinden und daran interessiert
sind, nicht nur eingängige, sondern
auch interessante Songs zu schreiben.
Aber das ist wiederum das Schöne als
Band mit einer Glamrock-Grundierung: Du
kannst dir das Beste aus beiden Welten
holen, je nachdem, worum es dir als Band
gerade geht.
Was verbindet dann The Struts im Studio
und jene auf einer Festivalbühne am
stärksten?
Dass die Musik, die wir machen, ein hohes
Level an Energie hat. Es muss uns selber
halt immer mitreißen, egal ob im Studio
oder auf der Bühne. Nur unterscheiden
sich die Zutaten, was uns jeweils mitreißt,
mit den Jahren eben immer stärker. Weißt
du, wir haben zwei EPs und zwei Alben
gemacht, wo es eben vordergründig vor
allem darum ging, solche massiven Glamrock-Hits
abzuliefern. Das ist auch nichts,
was wir auf unserem bislang letzten Album
und, mehr noch, auf allem, was noch
kommt, verstecken wollen. Aber gleichzeitig
muss man sich als Band weiterentwickeln
und neue Sachen ausprobieren
dürfen, und dieser Teil wird für uns vor
allem im Studio auch immer wichtiger. Es
kann und darf einer Band nicht genügen,
eine Formel, von der man weiß, dass sie
funktioniert, einfach immer und immer zu
wiederholen. Uns jedenfalls würde das
nicht genügen. Zumal man in der Wiederholung
ja auch nicht unbedingt besser
wird. Was du etwa daran siehst, dass die
eindeutig größte Festival-Hymne, die wir je
geschrieben haben, zugleich auch unsere
erste war: „Could Have Been Me.“
Wie gelingt es euch, immer wieder Melodien
zu schreiben, die eingängig, aber
nicht einfältig, sondern durchdacht und
gewissermaßen „kunstvoll“ sind?
Weil genau dieses Element eben ein zwingender
Teil der Band-DNA ist, mit guten,
funktionierenden Melodien zu spielen
und sie mit kraftvollem Rock’n’Roll zu
verbinden. Es war auch nie etwas, worauf
wir es mutwillig angelegt hätten, es steckt
offenbar einfach in der natürlichen Art,
wie wir nun mal Songs schreiben. Dabei
hilft sicher enorm die lange Erfahrung,
die man mitbringt, wenn man schon als
Teenager angefangen hat, eigene Songs
zu schreiben – was wir alle in der Band
tatsächlich getan haben. Je länger du das
machst, umso besser weißt du eben, ob
eine Melodie eher auf die Fresse ist oder
auf die Fresse fällt. Was nicht heißt, dass
wir nicht immer wieder auch Melodien
schreiben, die voll auf die Fresse fliegen.
Aber die werdet ihr eben niemals zu hören
bekommen. (lacht)
Ihr seid als britische Band im Jahr 2015
kollektiv nach Los Angeles umgezogen
und habt daraufhin auch den US-Markt
erobert. Sind dir dabei für euch als Band
bemerkenswerte Unterschiede aufgefallen
zwischen den Festivals in den USA
und Europa?
Spannende Frage. (überlegt) Klar ist
erstmal, dass die generelle Grundatmosphäre
und auch dieses für ein Wochenende
erzeugte Gemeinschaftsgefühl auf
US-Festivals ein ganz anderes ist als in
Europa. Irgendwie feiern dort gefühlt alle
viel mehr zusammen, als in ihren einzelnen
kleinen Grüppchen mit denen sie das
Festival besuchen. Übrigens etwas, das
mir hier in Deutschland auch ausgeprägter
zu sein scheint als etwa in England. Hinzu
kommt – und das mag jetzt irgendwie seltsam
klingen, aber es ist so –, dass unsere
Musik im Kern irgendwie zu britisch ist, um
in Großbritannien so richtig abzugehen.
Während man uns in den USA als leicht
schrullige Exoten wahrnimmt, die aber einen
Rock’n’Roll abliefern, auf den sich alle
sofort einigen können. Dass wir uns dafür
entschieden haben, dauerhaft in Kalifornien
anzusiedeln, hatte aber weniger mit
dem Ziel zu tun, den US-Markt zu erobern,
„Es kann und darf einer Band nicht genügen, eine
Formel, von der man weiß, dass sie funktioniert,
einfach immer und immer zu wiederholen.“
sondern vor allem damit, dass wir alle die
Sonne sehr lieben, wovon du in unserer
Heimat Derby eben nicht so irre viel hast.
(lacht)
Nachdem ihr bereits mit einigen der
größten Rockbands aller Zeiten getourt
seid: Welche von denen schreibt deiner
Meinung nach die größten Festival-Hymnen
– Guns n’Roses, Foo Fighters oder
die Rolling Stones? Und warum sind ihre
Hymnen größer als die der anderen?
Boah, die Frage ist saufies. (lacht) Ich bin
jetzt mal ganz ehrlich: Der erste Impuls ist
sicher, Guns n’Roses zu antworten, schon
weil sie wohl auch die gewaltigste Show
unter diesen drei Bands mitbringen. Doch
bei näherer Betrachtung sieht man dann,
dass vieles eben doch vor allem Show ist
und nur ein paar Songs tatsächlich diesen
hymnischen Charakter mitbringen, andere
hingegen einfach gut gemachter Hardrock
sind, der gar nicht den Anspruch erhebt,
sonderlich hymnisch zu sein.
Also doch die Foo Fighters?
Das will man dann natürlich gleich als
nächstes sagen, weil sie zweifellos mehr
von diesen Live-Hymnen haben – fast jeder
ihrer Songs bringt das ja irgendwie mit.
Und nicht ohne Grund sind sie eine der
größten Livebands der Gegenwart. Doch
dann denkst du an die Stones und – in
unserem konkreten Fall – an die gemeinsamen
Konzerte, die man gespielt hat. Man
denkt an ihre Songs, die oft ja eher etwas
Moll-artiges haben, was einer Hymne
eigentlich nicht so gut steht, und die oft
auch eher unaufregend sind und vor allem
groovy statt hymnisch. Und du denkst an
die Reaktionen des Publikums, die bei so
ziemlich jedem ihrer Songs vollkommen
ausrasten, und das nicht, weil sie durchweg
so hymnisch oder mitreißend wären,
sondern einfach zu tausend Prozent
authentisch. Und so kommst du am Ende
darauf, dass es offenbar weder die Show
noch das Hymnische in der Melodie eines
Songs ist, was eine Live-Hymne zu einer
Live-Hymne macht; sondern vor allem die
Haltung und Authentizität der Musiker, die
sie gerade spielen. Aus genau diesem
Grund würde ich bei der Frage nach den
größten Live-Hymnen von all den Künstlern,
die wir je supportet haben, sogar
noch jemand anderen nennen, den man
zunächst bestimmt nicht auf der Rechnung
hat, schon weil viele seiner Songs recht
schrullig und eigen sind.
Und zwar?
Beck. Wir alle waren uns einig, dass wir
noch nie in unserem Leben einen Musiker
gesehen haben, der noch authentischer
auf der Bühne ist – und der es schafft,
mit seiner vorsätzlich eigenwilligen Musik
selbst das größte Livepublikum komplett
in seinen Bann zu ziehen und für die
Dauer eines gesamten Konzertes völlig zu
verschicken.
I · N · T · E · R · V · I · E · W
62 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 63
ONE FESTIVAL. ONE FAMILY. ONE LOVE.
Brand Partnerships auf Augenhöhe
by Sascha Krüger & Jenny Meyer
O
riginelle Markenauftritte, egal ob groß oder klein, sind bereits integrativer Bestandteil von
Festivals geworden und sind nicht mehr wegzudenken. Wir glauben, dass wir durch die
innovative Umsetzung von kreativen Konzepten vielseitige Mehrwerte für unsere Gäste
schaffen können. So ist es unser Ziel, Marken erlebbarer zu machen und damit für ein noch
intensiveres Festivalerlebnis zu sorgen. Dieses Ziel verfolgen wir gemeinsam mit unseren
Partnern. Hier bauen wir in erster Linie auf eine vertrauensvolle und partnerschaftliche
Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wir gehen auf jeden Partner individuell ein und streben stets langjährige Kooperationen
an, wodurch unsere Partner Teil unserer DEICHBRAND Familie werden. Wir teilen alle die große
Leidenschaft, gemeinsam etwas Einzigartiges und Unverwechselbares auf die Beine zu stellen. So entstehen
einige der cleversten und raffiniertesten Markenpräsentationen, die sich charmant in das Gesamtbild vom
DEICHBRAND Festival einfügen.
Wie vielfältig diese Konzepte aussehen können, zeigt
ein kleiner Überblick über eine Auswahl unserer diesjährigen
Partner – und nicht ohne Grund sind manche
von ihnen schon seit Anbeginn des Festivals dabei
und kehren mit Freude Jahr für Jahr zurück auf unser
schönes Open Air.
Billy Boy, die VGH, Red Bull und die EWE sind Partner
der ersten Stunde und große DEICHBRAND Fans.
Exklusive Sonderauflagen der Billy-Boy-Kondome im
DEICHBRAND Look werben für ein dem DEICHBRAND
sehr vertrautes „Liebt euch!“ und ermahnen: „Wehe, ihr
kommt nicht!“. Die EWE ist der Partner bei der Digitalisierung
unserer Festivalstadt. Der Festnetzanschluss für
alle Arbeitsplätze und auch das Gäste-WLAN, das man
an diversen Spots auf dem Gelände und den Campingplätzen
findet, wird durch die EWE bereitgestellt. Die
VGH Friendship Area bei uns auf dem DEICHBRAND
fungiert hingegen seit über zehn Jahren als der Placeto-be
für alle Locals und Fans aus der Region und bietet
diesen eine Art „kleine“ VIP Area. Außerdem supportet
die VGH das DEICHBRAND Programm und präsentiert
seit Jahren den Mikrokosmos, den Poetry Slam im
Palastzelt.
Auch die weiteren Hauptsponsoren ALDI und JEVER
sind mittlerweile seit Jahren fester Bestandteil des
Festivals und aus den Köpfen der Fans nicht mehr wegzudenken.
2022 agierte der „ALDI am Deich“ erneut als
weltweit größte Filiale unseres Partners. Dort erhalten
Festivalfans wirklich ALLES, was sie für ein gelungenes
Wochenende benötigen, selbst Camping-Zubehör und
Grill-Accessoires. Mit dem schlussendlich nicht mehr
ganz so geheimen Geheimkonzert der 257ers wurden
2022 sämtliche Freiflächen um die Festival-Supermarktfiliale
mit Fans geflutet. ALDI hat damit für ein absolutes
Campingplatz-Highlight gesorgt.
JEVER wiederum hat zum fünften Mal mit der „Hafenbar“
die fünfte Bühne gestellt und Newcomern der
härteren Gitarrenriffs einen sicheren Hafen präsentiert.
Unser gemeinsames Setup mit JEVER Live ist eine
gefeierte Institution geworden, die auch am Festivaldonnerstag
schon für eine ordentliche Portion Rock sorgt.
Und jetzt kommt der Clou: Die Partnerschaften, die mit
und über uns geschlossen werden, gehen weit über
das Festival hinaus. Erst die gemeinsamen Aktivierungen
und Aktionen von ALDI, JEVER und auch
JÄGERMEISTER auf dem DEICHBRAND haben zur
Einlistung der Produkte in sämtlichen ALDI-Nord-Filialen
Deutschlands geführt. Das ist ein besonders schönes
und wirtschaftlich erfolgreiches Beispiel, wie positive
Erfahrungen während der Festivaltage unsere Partner
untereinander zu ganzjährigen Geschäftsbeziehungen
beflügeln.
Doch auch jüngere – oder wieder dazu gestoßene –
Partner bieten tolle Mehrwerte: fritz-kola etwa ist erstmals
seit 2013 wieder an Bord und bietet mit der kolaxie,
einem brandneuen Headliner-Modul in einzigartiger
Lage zwischen den beiden Hauptbühnen, neben einem
fulminanten Blick auch allerbeste Drinks und Cocktails.
Erstmals als Hauptsponsor übernahm ROSSMANN 2022
das Ruder unseres Shower Wonderlands und bietet
mit dem Premium-Sanitärbereich auch 2023 zehntausenden
Festivalisten nicht nur ein außergewöhnliches
Duscherlebnis in unserer Festivalstadt, sondern auch
eine einzigartige Location für eine fette Schaumparty!
Von Donnerstag bis Sonntag kann zwischen grünen
Pflanzen, einem plätschernden Springbrunnen und mit
kühlen Drinks zu entspannten Beats dem Festival-Campingalltag
auf unbestimmte Zeit entflohen werden. Damit
es frisch geduscht und revitalisiert zu den nächsten
Konzerten gehen kann.
Apropos Konzerte! Unser Partner o2 wiederum versorgt
nicht nur die Fans vor Ort, sondern auch alle Daheim-
gebliebenen mit den besten Konzertaufnahmen. Mit
aufwendiger 300-Meter-Seilkamera zwischen den
Hauptbühnen und fünfzehn weiteren Kameraperspektiven
sorgt o2 für ein nie dagewesenes Streamingerlebnis.
Auch in 2023 wird o2 unser DEICHBRAND in
erstklassigem Bewegtbild für die Ewigkeit oder zumindest
die Daheimgebliebenen festhalten. Um sich schon
einmal in Stimmung zu bringen, sind viele Konzerte des
vergangenen Jahres in voller Länge auf Abruf über o2
Music verfügbar (music.o2online.de/journeys/deichbrand-festival).
Zuletzt wird auch das Bezahlen bei uns immer einfacher:
Mithilfe der Volksbanken Raiffeisenbanken kommen
wir dem Wunsch nach Cashless-Bezahlmöglichkeiten
auf dem gesamten Gelände einen Riesenschritt
näher. Sowohl für die Festivalgastronomie als auch beim
Merchandising und an den Ticketkassen gibt es seit
2022 umfangreiche Möglichkeiten des bargeldlosen
Bezahlens, ob EC- oder Kreditkarte, Smartpay oder
Apple Pay.
Eins ist also ganz klar: Wir achten beim Storytelling stark
aufs Detail, streben nach Innovation, Nachhaltigkeit und
Progression und suchen nach charmanten Integrationsmöglichkeiten
für unsere Partner, um einen perfekten
Brand-Fit für jeden Markenauftritt zu erzielen.
by the way
>> Highlightkonzerte des DEICH-
BRAND Festivals 2022 hier noch
einmal in voller Länge streamen:
music.o2online.de/journeys/deichbrand-festival
P · A · R · T · N · E · R · S · H · I · P
64 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 65
Wir
brauchen
mehr
politische
Festival-Hymnen!
Die Wahl-Hamburgerin Antje Schomaker hat mit
nur einer EP und einem Album bereits eine breite
Fanbasis gefunden. Sie schreibt hinreißende (Pop-)
Songs, die bislang meist sehr akustisch klangen, sich
aktuell aber in viele Richtungen weiterentwickeln.
Zentral bei ihr ist jedoch, mit diesen Songs auch
wichtige Inhalte zu transportieren. Und so ist es auch
wenig überraschend, dass unser Interview nach dem
Einstieg zu unserem Kernthema „Festival-Hymnen“
ziemlich schnell recht politisch und gesellschaftlich
gehaltvoll gerät. Denn Antje hat eben einfach mal
einige Anliegen – und davon erzählt sie uns nicht nur
in ihren Songs, sondern auch hier.
Antje hat eben einfach mal einige Anliegen
– und davon erzählt sie uns nicht nur in
ihren Songs, sondern auch hier.
Antje Schomaker
– Mehr als ein Interview
by Sascha Krüger
Interviewfotos: Maximilian Probst
Antje, uns fiel auf, als wir dein tolles
Konzert auf dem DEICHBRAND gesehen
haben, dass es offenbar einen großen
Unterschied gibt zwischen den Songs,
die als Single funktionieren und solchen,
die zu einer Art Festival-Hymne werden.
Worin liegt der Unterschied?
Boah, gleich eine richtig schwierige Frage
zum Einstieg. (überlegt) Ich habe den
Eindruck, dass gewisse Songs einfach
fürs Radio super funktionieren in ihrer
Kürze und in ihrer einfachen Nachvollziehbarkeit,
während man, denke ich, einem
Festivalpublikum irgendwie mehr zumuten
kann. Schon weil das Publikum bei einem
Festival mehr „da“, also näher an der Musik
ist als ein Radiohörer, und weil man auch
instrumental viel mehr machen kann. Es
passiert einfach emotional viel mehr mit
und in dem Moment, als wenn man sich
einfach eine Playlist oder ein Radioprogramm
anhört.
Glaubst du, dieses Phänomen ist bei dir
besonders stark ausgeprägt?
Ja, irgendwie schon. Klar gibt es immer
die Fraktion, deren größter Wunsch es
ist, einmal Liam Gallagher „Wonderwall“
auf einem Festival singen zu hören oder
einmal „Home“ von Edward Sharpe & the
Magnetich Zeros live zu erleben. Aber bei
mir funktionieren interessanterweise oft
die eher leisen, ruhigen Moment besonders
gut, weil sie eben auch einen breiten
Rahmen an transportierten Emotionen
bieten. Ich habe einige der intensivsten
persönlichen Festivalmomente gerade im
ganz Kleinen und Leisen gehabt. Das hat
mich selber durchaus überrascht, weil ich
früher immer dachte: Du musst alles komplett
abreißen, es muss immer nach vorne
gehen, gerade auf Festivals.
Und dann kam es aber doch anders.
Ja. Denn dann habe ich mich mal daran
erinnert, welche Momente für mich als Zuschauerin
auf Festivals oft die intensivsten
waren. Das war zum Beispiel, als Bosse
auf einem Festival, wo durch ein schweres
Unwetter ganz viele Auftritte ausfallen
mussten, er als erster wieder spielen konnte
und „Schönste Zeit“ sang. Oder als Glen
Hansard, einer meiner Lieblingskünstler,
auf einem Festival als Co-Headliner ganz
ruhige, wunderschöne und rein akustische
Singer-/Songwritermusik gespielt hat. Oder
Sigur Rós im heftigen Nieselregen um 23
Uhr auf einen Sonntag: einfach Wahnsinn!
Von daher glaube ich, gute Festival-Hymnen
zeichnen sich nicht nur durch Energie
aus, sondern oft auch durch das ruhige,
gemeinsame Miteinander-Fühlen. Denn
Festivals funktionieren ja gerade durch das
Fühlen.
„ [...] letztlich geht es mir in
dem Moment eben vor allem
darum, auf etwas aufmerksam
zu machen, zu empowern und
den Song dazu zu nutzen, auf
ein bestimmtes gesellschaftliches
Phänomen aufmerksam
zu machen.“
Hat man manchmal beim Schreiben eines
Songs schon das Gefühl: „Ja, das könnte
so eine Festival-Hymne werden!“? Ich
meine damit etwa einen Song wie deine
Single „Ich muss gar nichts.“ Wenn man
die hört, kann man ja fast gar nicht anders,
als sich dazu sofort zu bewegen.
Lustigerweise habe ich bei dem Song speziell
überhaupt nicht an die Livesituation
gedacht, als ich den zu Hause am Laptop
geschrieben habe, da ging es nur um eine
innere Wut, die ich irgendwie rauslassen
wollte. Aber ich erlebe es im Studio schon
häufiger, wenn ich dort produziere, dass
ich sehr viel daran denke, wie etwas live
funktionieren könnte. Ich sehe mich dann
förmlich über die Bühne rennen von hier
nach da und freue mich auf den Refrain,
wo dann alle mitsingen. (lacht) Ich arbeite
zum Beispiel gerade an einem Song, bei
dem ich mich jetzt schon darauf freue, den
live zu spielen, weil ich genau weiß, dass
bei dem Refrain wirklich alle einsteigen
werden. Ich glaube aber, das geht den
meisten Musikern so. Ich bin zum Beispiel
überzeugt, dass Marteria, als er „Kids (2
Finger an den Kopf“ aufgenommen hat,
genau wusste: Geil, „Goldener Retriever“
schreien alle mit.
Sind solche parolenhaften Mitsingparts,
wie du sie gerade nennst, ein integraler
Bestandteil für eine Festival-Hymne?
Nicht unbedingt, aber klar hilft so etwas
sehr. Für mich sind Festival-Hymnen, die
auch Genre-übergreifend funktionieren, oft
so eher komische Songs. „Cantina Band“
ist da ein schönes Beispiel, den man
manchmal fünf Stunden lang mitten in der
Nacht vom Nachbar-Camp auf Dauerschleife
hört. Oder nur das Wort „Helga“
I · N · T · E · R · V · I · E · W
DEICHBRAND Magazin #4 67
I · N · T · E · R · V · I · E · W
– ey, was war das denn bitte eine Zeit lang
für eine Festival-Hymne? Und es ist nur ein
einziges Wort! Und klar gibt es auch solche
Songs, in deren Text so etwas Parolenhaftes
steckt, gerade, wenn diese die aktuelle
Situation perfekt widerspiegeln.
Der Parole textlich gegenüber steht der
Inhalt, und gerade du hast immer wieder
bewiesen, dass man Festival-Hymnen
auch mit wichtigen, teils gesellschaftlich
heftig diskutierten Inhalten wie etwa
Feminismus und Gender-Gleichstellung
füllen kann. Helfen solche Inhalte einer
Hymne oder macht es das eher noch
schwieriger, diese beiden Elemente zu
kombinieren?
Ich finde es schwieriger, denn natürlich ist
es immer einfacher, einen Song und Inhalt
zu transportieren, auf den sich alle einigen
können. Mit „Ich muss gar nichts“ habe ich
ja vor allem im Internet auch ziemlich viele
Kontroversen ausgelöst und viel, teils heftigen
Gegenwind bekommen, gerade von
männlicher Seite. Nach dem Motto: „Das
stimmt doch alles gar nicht mehr, was du
da singst!“ Und ich denke mir dann immer
nur: Ach so, cool – aber woher willst du
als Mann das denn überhaupt wissen?
Das bricht sich dann herunter bis zu den
Ansagen.
Inwiefern?
Na ja, nimm nur meinen Auftritt hier beim
DEICHBRAND. Da habe ich vor „Ich
muss gar nichts“ ja gesagt: „Alle weiblich
gelesenen Personen schreien jetzt mal,
so laut sie können, um einmal zu spüren,
wie laut man sein kann als Frau.“ Und da
schaut man dann schon in einen ganzen
Haufen von etwas ratlosen männlichen
Gesichtern, die sich fragen: Warum denn
jetzt nur die Frauen? Ich bin doch auch
noch da! Das verstehe ich auch total, aber
letztlich geht es mir in dem Moment eben
vor allem darum, auf etwas aufmerksam zu
machen, zu empowern und den Song dazu
zu nutzen, auf ein bestimmtes gesellschaftliches
Phänomen aufmerksam zu machen.
Dabei fallen dann halt leider manchmal
eben auch so zehn bis hundert Personen
raus, die das absolut nicht gut finden. Kurz
gesagt: Einer Festival-Hymne tut es sicher
nicht gut, wenn sie zu politisch wird. Aber
wir brauchen andererseits unbedingt politische
Festival-Hymnen! Und gern mehr
davon!
Wenn dir bei so einem Song oder der
entsprechenden Ansage männliche
Ablehnung entgegenschlägt: Glaubst du,
dass das eher Unsicherheit oder schlichtes
Unverständnis ist?
Man nennt dieses Phänomen ja auch „fragile
masculinity“ (in etwa: „zerbrechliche
Männlichkeit“, Anm. d. Verf.). Ich kann das
verstehen, weil man als Mann vielleicht im
ersten Moment denkt, dass es dabei um
einen Angriff auf den Mann als solchen
oder gar um einen direkten persönlichen
Angriff geht. Aber darum geht es ja genau
und gerade gar nicht, und ich glaube auch,
wenn man sich mit der Thematik mal etwas
intensiver auseinandersetzt, wird man das
„[...] natürlich ist es immer
einfacher, einen Song und Inhalt
zu transportieren, auf den
sich alle einigen können. Mit
„Ich muss gar nichts“ habe ich
ja vor allem im Internet auch
ziemlich viele Kontroversen
ausgelöst und viel, teils heftigen
Gegenwind bekommen, gerade
von männlicher Seite. Nach
dem Motto: „Das stimmt doch
alles gar nicht mehr, was du da
singst!“ Und ich denke mir dann
immer nur: Ach so, cool – aber
woher willst du als Mann das
denn überhaupt wissen?“
auch schnell erkennen.
Von daher vermute ich dahinter schon viel
schlichte Unwissenheit, weil man eben
überhaupt nicht versteht, dass es dabei
ja überhaupt nicht gegen ihn als Person
geht, sondern um das Kritisieren eines
Systems, von dem wir alle ein Teil sind.
Selbst dieses Gefühl, sich angegriffen zu
fühlen, ist letztlich Teil dieses Systems.
Und in dem Moment, wo man das versteht,
macht man den ersten, ganz wichtigen
Schritt raus aus diesem System, weil man
erkennt, dass man als Person gar nicht Teil
meiner Kritik ist.
Diese Unwissenheit beschäftigt dich
sehr, stimmt's?
Ja. Wobei: Die Unwissenheit ist zwar blöd
und auch nervig – darum erhebe ich auch
meine Stimme so laut zu diesen Themen.
Aber das eigentlich Gefährliche ist, wenn
diese Unwissenheit dann in Aggression
umschlägt. Die finde ich wirklich schwierig,
denn wenn ich mich als Frau auf eine Bühne
stelle, werde ich im ersten Schritt noch
immer oft enorm sexualisiert. Und wenn
mir dann im zweiten Schritt auch noch Wut
entgegenschlägt, nur weil ich meine Meinung
sage, hört der Spaß einfach komplett
auf. Du willst dir gar nicht ausmalen, was
für heftige Nachrichten ich schon nach
Auftritten bekommen habe, wo ich zu dem
Thema etwas gesagt habe.
Was wünschst du dir in diesem Zusammenhang?
Mehr Bereitschaft, an der eigenen
Unwissenheit zu arbeiten und sich mit
den strukturellen Zusammenhängen zu
beschäftigen. Gerade als Mann. Und das
nicht nur, um „die Frau“ und ihre Nöte
besser zu verstehen, sondern auch im
eigenen Interesse, um diese Fragilität der
Männlichkeit loszuwerden und damit nicht
mehr wütend werden zu müssen. Denn ich
als Künstlerin oder wir Frauen insgesamt
können für diese Wut nichts. Zumal dieser
Prozess ja nichts ist, was allein Männer zu
durchlaufen hätten; auch ich habe früher
völlig anders gedacht. Allein schon, sich
Gedanken darüber zu machen, was man
auf der Bühne anzieht, um nicht ZU sexy
zu wirken. Oder wie ich manchmal über
manche Kollegin gedacht habe, wenn
ich sie auf der Bühne sah: Das ist purer,
sogenannter „internalisierter Sexismus“,
also gewissermaßen erlernter Sexismus.
Genau das müssen wir alle hinterfragen.
Das alles ist ein großer und langer Prozess,
und ich wünsche mir einfach, dass
immer mehr Leute dabei einfach zuhören
und verstehen wollen, worum es dabei
eigentlich geht.
I · N · T · E · R · V · I · E · W
ICH MUSS
GAR NICHTS.
DEICHBRAND Magazin #4 69
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
ANTHEMS –
AND WHAT
THEY DO
TO YOU.
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
Foto: Gildo Cassimo
70 DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin #4 71
Foto: Fabian Karch
F · E · S · T · I · V · A · L - H · Y · M · N · E · N
ANTHEMS –
AND WHAT
THEY DO
TO YOU.
72 DEICHBRAND Magazin #4
Der Abschied hat immer Saison -
Das letzte Interview in diesem Magazin
Roy Bianco
... in sein Herz
zu lassen.“
Die Abbrunzati Boys
La Dolce DEICHBRAND
– Ein italienisches Interview
mit Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys
by Sascha Krüger
Interviewfotos: Maximilian Probst
„„Man muss den
Mut haben, den
Schlager, den
Canzone ...
Bei dem Versuch, mit Roy Bianco und seinem Partner, der sich als Einzelperson den Bühnennamen
„Die Abbrunzati Boys“ zulegte, ein Interview zu führen, erlebt man immer wieder drollige
Momente: Nämlich dann, wenn bestimmte Fragen an diese nun mal zweifellos tatsächlich
existierende Band mit ihrer erfundenen Bandbiografie kollidieren, die ja angeblich aus Italien
stammt und deren Geschichte bis in 80er-Jahre zurückreicht. Mit viel Charme einigt man sich
darauf, dass man gewisse Passagen des Gesprächs eben nicht allzu ernst nehmen sollte. Sicher
hingegen ist die Erkenntnis, dass ihr Italoschlager nicht nur ein Ding der Stunde, sondern auch
ein Ort für ungeahnt wild gefeierte Festival-Hymnen ist.
Zunächst einmal: Gratulation zum 40-jährigen Bestehen der Band!
Roy Bianco: Mille Grazie!
Wie habt ihr das Jubiläum denn gefeiert?
Die Abbrunzati Boys: mit einem Nummer-Eins-Album in den deutschen Charts.
Das angesichts eurer jahrzehntelangen Erfahrung von vornherein darauf angelegt war, ein
Nummer-Eins-Album zu werden?
Die Abbrunzati Boys: Nicht nur das Album war darauf angelegt, sondern wir haben es darauf angelegt,
indem wir mit einer finanzstarken Unterstützung diesen Wettbewerb natürlich gekauft haben.
Wir haben uns das von den großen Playern abgeschaut, dass man einfach Wettbewerbe kauft, um
sie zu gewinnen.
Woher kam diese finanzielle Unterstützung? Stammt sie noch aus den Tantiemen eurer großen
Hits aus dem letzten Jahrtausend?
Roy Bianco: Davon ist kaum noch etwas übrig, wir haben diese Tantiemen auch gut investiert. Nein,
sie stammt eher von unseren fantastischen, treuen Fans, die uns dabei unterstützt haben, uns wieder
auf diesen Thron zu hieven, der uns irgendwie ja auch Stück weit zusteht. (lacht)
In was investieren denn so ausgebuffte Typen wie Ihr?
Die Abbrunzati Boys: Gitarren und Instrumente generell. Instrumente sind gerade in der heutigen
Zeit eine fantastische Wertanlage …
Roy Bianco: … derzeit sogar besser als Gold.
Die Abbrunzati Boys: Wir empfehlen das auch allen Kolleg:innen. Sie steigen beständig im Wert
und machen einem in Krisenzeiten obendrein auch noch viel Freude.
Eure Konzerte belegen: Italoschlager scheint sich optimal zu eignen, um dem Publikum Hymnen
zu liefern.
Roy Bianco: Absolut. Aus meiner Sicht gibt es kaum etwas Besseres. Gerade auf den großen
Festivalbühnen, vor denen zehntausende Menschen stehen und sich eben gerade nach solchen
Hymnen sehnen, mit denen sich jeder verbinden kann.
I · N · T · E · R · V · I · E · W
La Dolce DEICHBRAND Magazin #4 75
I · N · T · E · R · V · I · E · W
Nun muss es einen großen Unterschied geben zwischen deutschem und italienischem Schlager.
Während etwa ein deutscher Schlagerstar auf einem Festival wie diesem total deplatziert
wäre, rastet das Publikum bei euch komplett aus. Woran liegt das?
Roy Bianco: Das beginnt ja bereits mit dem Begriff an sich: Was hier Italoschlager genannt wird,
heißt im Original ja „Canzone“ und ist dort ein durch und durch positiv behafteter Begriff. Während
der Begriff „Schlager“, der im Grunde nichts anderes bedeutet als „Canzone“ – nämlich eingängige
nationale Popmusik – in Deutschland extrem negativ behaftet ist. Dafür verantwortlich sind sicher
auch die Auswüchse dieses Genres in den letzten 30
Jahren – denken wir nur an Mallorca und den Ballermann.
Und gleichzeitig sind die Italiener irgendwie „„ [...] gleichzeitig sind die Italiener irgendwie
offener für große Melodien, egal, in
offener für große Melodien, egal, in welchem Sound
und Arrangement sie daherkommen. Sie schämen sich
weniger dafür, sich gemeinsam in den Armen zu liegen welchem Sound und Arrangement sie
und einen Titel aus vollem Halse anzustimmen.
daher kommen. Sie schämen sich weniger
Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass die in diesen dafür, sich gemeinsam in den Armen zu
Melodien transportierten Emotionen irgendwie authentischer
sind als jene im deutschen Schlager?
liegen und einen Titel aus vollem Halse
Roy Bianco: Das kann gut sein, ja.
anzustimmen.“
Die Abbrunzati Boys: Ich glaube, es hat vor allem auch
damit zu tun, dass Musik bei den Italienern – und bei
vielen anderen Nationalitäten – viel mehr Teil des Alltags ist als hier in Deutschland. Mein Eindruck
ist, dass Musik hier sehr oft einfach wegkonsumiert wird, während man dort jedes Lied aufrichtig
fühlt. Und man dieses Fühlen eben auch ganz anders zulässt.
Wie findet ihr eure Melodien, die man als Hörer sodann fühlen kann? Muss man so etwas in der
DNA haben?
Roy Bianco: Nö, muss man nicht. Man muss es nur zulassen, man muss es sich trauen, solche Melodien
zu schreiben und einen Song dazu zu komponieren. Man muss den Mut haben, den Schlager,
den Canzone in sein Herz zu lassen.
Die Abbrunzati Boys: Es geht beim Schlager und auch uns darum, Orte zu schaffen, die Unterhaltung
bieten, aber das mit einer gewissen Haltung und Würde. Und mit dem Antrieb, eine Melodie
und ihren Song auch zu Ende zu denken und nicht bei dem kleinstmöglichen Nenner zu verweilen.
Denn sonst wird der Schlager eben schnell platt und plump und bedient nur noch irgendwelche
schlimmen Klischees. Natürlich geht es dabei immer darum, das unterhaltende Element im Fokus
zu behalten; aber trotzdem muss man ja nicht ständig mit dem Deppenhammer draufhauen.
Euer Ziel ist also: Schlager mit Substanz zu füllen.
Roy Bianco: Auf jeden Fall haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, den Schlager wieder groß
und salonfähig zu machen und die erwähnten Auswüchse der letzten Jahrzehnte damit auch ein
Stück weit wieder zu korrigieren. Denn auch der gute alte deutsche Schlager der Nachkriegszeit
– Künstler wie Peter Alexander oder Caterina Valente – besaß ja diese Tiefe und Substanz. Es war
die Musik für die breite Masse, wo ein gewisser Eskapismus aus der schwierigen Nachkriegszeit
angeboten wurde, ohne dabei Musik aus der Dose zu schaffen. Das war ein durchaus hohes künstlerisches
Gut, und dem gleichen Ansatz fühlen wir uns auch verpflichtet. Nicht umsonst steckt im
Wort „Unterhaltung“ der Begriff „Haltung“, und das gilt für den Schlager in ganz besonderem Maße.
WAS KOSTET
AMORE?
ROY BIANCO &
DIE ABBRUNZATI BOYS
Es geht also im Subtext um weit mehr, als nur einen immer größer werdenden Katalog an Schlager-Hymnen
zu schreiben?
Roy Bianco: Unbedingt! Das beginnt schon damit, dass man immer auch bemüht sein muss, eben
nicht nur Hymnen zu schreiben - sonst würde man ja auch wahnsinnig. Wir haben uns zum Ziel
gesetzt, dass auf jedem Album so drei bis vier echte Hymnen drauf sein sollten - der gesamte Rest
sollten einfach nur gute, in sich stimmige Songs ohne hymnischen Charakter sein.
Die Abbrunzati Boys: Wobei man sagen muss, dass man das auch nur bis zu einem gewissen Grad
selber in der Hand hat. Oft schreibst du einen Song und nimmst ihn auf und denkst: Ja, das ist ein
schönes kleines Lied, das im Kontext eines Albums
funktioniert. Und dann spielst du ihn live, und plötzlich
„„Danach kann dann eigentlich nur noch überrollen dich die großen Gefühle von außen, durch
das Publikum. Für mich tragen die Menschen, die unsere
Musik hören - und wie sie diese Musik hören - einen
das Goethe-Institut kommen, das uns als
Botschafter des Schlagers um die Welt großen Anteil daran, ob etwas als hymnisch wahrgenommen
wird. Natürlich beabsichtigst du als Komponist
schickt.“
immer eine bestimmte Wirkung mit einem Song - aber
ob sich diese Wirkung dann genau so einstellt oder ob
eben eine ganz andere Wirkung beim Zuschauer entsteht, das kannst du nie planen.
Seit eurem damaligen Erfolg hat sich vieles verändert in der Musikbranche. So ist es heute etwa
fast unumgänglich, Feature-Tracks auf einem Album zu haben. Wen würdet ihr gern mal auf
einem eurer Songs featuren?
Roy Bianco: Da muss ich nicht lange überlegen: Marianne Rosenberg. Marianne, wenn du das hier
liest, bitte melde dich bei uns. Wir sind sehr offen für einen gemeinsamen Titel - und hätten da
sogar bereits ein paar potenzielle Songs in der Hinterhand.
Warum gerade sie?
Roy Bianco: Weil sie die schönste, erhabenste Stimme der gesamten deutschen Schlagerlandschaft
hat.
Glaubt man eurer (komplett erfundenen, Anm. d. Verf.) Bandbiografie, habt ihr bereits 1984 das
Internationale Schlagerfestival von Rio de Janeiro gewonnen. Schließt sich mit dem aktuellen
(tatsächlichen) Nummer-Eins-Album also für euch ein Kreis?
Die Abbrunzati Boys: Vollkommen. Wir sind sehr froh, wieder dort zu sein, wo wir hingehören: auf
dem Schlagerolymp. Da kann man bei unseren Tifosi auch nicht oft genug „Mille Grazie“ sagen,
dass sie uns dabei derart unterstützt haben.
Stellt sich die Frage: Was bleibt für euch jetzt noch zu tun, zu erreichen, zu erobern?
Roy Bianco: Ach, rein kommerziell gesehen - das weiß ja, wer sich in der Branche etwas auskennt
- ist es im Grunde der noch größere Erfolg, wenn es einem gelingt, eine Nummer eins zu wiederholen.
Mit dem nächsten Album diese Form von Titelverteidigung zu erreichen, ist für uns Antrieb
genug. Wenn uns das gelingt, sind Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys unangefochten die für alle
Zeit größte Italoschlager-Gruppe Deutschlands.
Die Abbrunzati Boys: Und auch Italiens.
Roy Bianco: Danach kann dann eigentlich nur noch das Goethe-Institut kommen, das uns als Botschafter
des Schlagers um die Welt schickt. (lacht)
I · N · T · E · R · V · I · E · W
76 La Dolce DEICHBRAND Magazin #4
DEICHBRAND Magazin
#4 Fourth Edition ‘22/‘23
– Anthems for the masses
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20. - 23. JULI 2023
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78 DEICHBRAND Magazin #4
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