Magazin - Helvetas
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© Flurina Rothenberger<br />
cken sich kichernd die beiden Töchter.<br />
Die 11-jährige Leela erzählt schliesslich,<br />
dass ihr Lieblingsfach Nepali sei. Die<br />
16-jährige Dila freut sich, dass sie dank<br />
der Brücke auch ihre Freundinnen am<br />
anderen Ufer besuchen kann.<br />
Kluge Geschäftsfrauen unterwegs<br />
Es ist nicht nur die Familie Bhandari,<br />
die von der Dorfentwicklung profitiert.<br />
Im Dorfteil am rechten Ufer entwickelt<br />
sich allmählich ein kleiner Markt.<br />
Bereits hat sich das in der Umgebung<br />
herumgesprochen. Wir treffen auf die<br />
25-jährige Harikala, die hier eine kleine<br />
Änderungsschneiderei eröffnet hat. Harikala<br />
kommt eigentlich aus der 15 Kilometer<br />
entfernten Kleinstadt Surkhet,<br />
aber die junge Frau mit dem ausgeprägten<br />
Geschäftssinn sieht an dieser Lage<br />
gute Chancen für ihr Geschäft. Auch<br />
die vierfache Mutter Mimkosha Budha<br />
kommt regelmässig in die Gegend, um<br />
Bananen auf der anderen Seite des Flusses<br />
zu kaufen. Sie bekommt die Früchte<br />
dort deutlich billiger und kann so in<br />
Surkhet eine bessere Marge erzielen. Sie<br />
sitzt bei Amritha Bandhari im Laden<br />
und will noch etwas Kleines essen, bevor<br />
sie sich mit dem schweren Korb auf<br />
den Heimweg macht. Auf dem Markt-<br />
platz stehen zwei Jeeps bereit. Die beiden<br />
Fahrer haben eine Art öffentlichen<br />
Verkehr aufgezogen, denn es gibt immer<br />
mehr Menschen, die von hier über die<br />
schlaglochreiche Piste nach Surkhet fahren<br />
wollen.<br />
Die Brücke, von der 5’000 Menschen<br />
aus der Region profitieren, ist zu<br />
einem Zentrum des Dorflebens geworden.<br />
Jeden Tag überqueren sie Hunderte<br />
Menschen mit den erstaunlichsten<br />
Lasten. Tische und Stühle kommen uns<br />
entgegen, Menschen, die unter riesigen<br />
Fudern Holz und Getreide oder hinter<br />
überfüllten Körben fast verschwinden.<br />
Bevor die Schule beginnt, gehört die<br />
Brücke für kurze Zeit den lachenden<br />
und scherzenden Schulkindern, die sie<br />
mit ihren flinken Füssen zum Schwingen<br />
bringen. Bei einem Regenguss müssen<br />
die Schulbücher als notdürftiger<br />
Regenschutz herhalten. Wenn die Schule<br />
begonnen hat und die Erwachsenen<br />
bei einem heissen Milchtee im Haus<br />
oder bei Amritha im Laden Schutz vor<br />
dem Wolkenbruch suchen, kehrt auf der<br />
Brücke von Hariharpur für einen kurzen<br />
Moment Ruhe ein.<br />
Liliane Eggli ist Fundraiserin bei <strong>Helvetas</strong>, Karolina<br />
Merai ist für Projektpartnerschaften zuständig.<br />
Luftiger Schulweg: Rasch und sicher gelangen die Kinder auf die andere Flussseite.<br />
So haben sie mehr Zeit, um zu lernen.<br />
15 FoKUS<br />
Gastkommentar<br />
208 /12 Partnerschaft<br />
Zugfahren, mit und ohne Huhn<br />
06:32, Zürich-Bern. Pendler schlafen<br />
oder arbeiten an ihren Laptops,<br />
als ob es kein Morgen gäbe. Zu den<br />
Reisenden gesellt sich eine Reisegruppe<br />
aus Japan. Dort sind die<br />
Menschen knappe Platzverhältnisse<br />
gewohnt, wie ich auf einer Studienreise<br />
erfahren habe. Seit ich Leiterin<br />
SBB Personenverkehr bin, interessiere<br />
ich mich dafür, wie es andere<br />
Länder machen. Auf einer Zugfahrt in<br />
Tansania ist es zum Beispiel normal,<br />
dass im Tunnel das Licht ausgeht.<br />
Hühner werden unter der Holzbank<br />
der dritten Klasse mitgeführt, Verpflegung<br />
mit einer Heugabel durch die<br />
Fenster gereicht. Der Zug kann auch<br />
mal elf Stunden Verspätung haben.<br />
Trotz dieser einfachen Verhältnisse<br />
kaufen alle ihr Billett vor Abfahrt –<br />
eine Regel, die hierzulande für Aufruhr<br />
gesorgt hat. Ein anderes Bild<br />
in Florida: Die parallel zur 12-spurigen<br />
Autobahn fahrenden Züge sind<br />
schön, aber leer.<br />
Mobilität ist Grundlage für arbeitsteilige<br />
Wirtschaft, materiellen Wohlstand<br />
und kulturelle Entwicklung.<br />
Die Schweizer Eisenbahn hat einen<br />
grossen Beitrag an die Entwicklung<br />
des Landes geleistet. Sie hat die<br />
Schweiz über sprachliche, kulturelle<br />
und politische Grenzen hinweg verbunden<br />
und die Regionen einander<br />
nähergebracht. Die SBB hat aber<br />
auch die Wirtschaftskraft des Landes<br />
gefördert und den Tourismus angekurbelt.<br />
Natürlich ist die Eisenbahn<br />
nicht das Allheilmittel zu wirtschaftlichem<br />
Wohlstand, wie man an den<br />
leeren Zügen in Florida sieht. «Can<br />
you take a picture, please?» Die<br />
Frage des Japaners reisst mich aus<br />
meinen Gedanken.<br />
Jeannine Pilloud,<br />
Chefin Personenverkehr<br />
SBB