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SMZ Liebenau Info 01_2015

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ZURÜCK ZU DEN ANFÄNGEN<br />

30 JAHRE <strong>SMZ</strong> LIEBENAU<br />

JUBILÄUMSAUSGABE 2<strong>01</strong>5<br />

1


ZURÜCK ZU DEN ANFÄNGEN<br />

30 JAHRE <strong>SMZ</strong> LIEBENAU<br />

JUBILÄUMSAUSGABE 2<strong>01</strong>5


INHALT<br />

06<br />

14<br />

18<br />

19<br />

22<br />

1984: ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DER GRUPPENPRAXIS<br />

1986: DER SUPERGAU TSCHERNOBYL<br />

1987: DIE AKTIVITÄTEN DES VEREINS FÜR PRAKTISCHE SOZIALMEDIZIN<br />

DEHNEN SICH AUF WEITERE PROJEKTE AUS<br />

1987: RETTET DAS GRAZER PUCHWERK!<br />

1990: UND DIE PRAXISGEMEINSCHAFT KOMMT NICHT ZUR RUHE ...<br />

26<br />

31<br />

SEIT 1995:<br />

SEIT 1998:<br />

DIE GESUNDHEITSFÖRDERUNG ALS<br />

NEUER ARBEITSBEREICH<br />

EIN WEITERES GESUNDHEITSFÖRDERUNGSPROJEKT<br />

LANGSAM LAUFEN LIEBENAU LLL<br />

34<br />

38<br />

1999: SYMPOSIUM 15 JAHRE PRAXISGEMEINSCHAFT<br />

UND 10 JAHRE <strong>SMZ</strong><br />

INTERNATIONALER ÄRZTEKONGRESS WONCA 2000<br />

39<br />

SEIT 2000:<br />

GESUNDHEITSPLATTFORM LIEBENAU<br />

40<br />

50<br />

54<br />

20<strong>01</strong>: WIE GESUND IST LIEBENAU?<br />

2000: <strong>SMZ</strong>-GESUNDHEITSPROJEKTE<br />

2004: DAS ENDE DER SOZIALEN DIENSTE IM<br />

<strong>SMZ</strong> IST VORPROGRAMMIERT<br />

56<br />

60<br />

66<br />

SEIT 2004:<br />

SEIT 2008:<br />

SUCHT – AUSWEGE: <strong>SMZ</strong> WIRD ANERKANNTE EINRICHTUNG<br />

NACH DEM §15 SUCHTMITTELGESETZ<br />

STADTTEILARBEIT IN LIEBENAU UND JAKOMINI<br />

VERGESSENE OPFER, VERGESSENE TÄTER<br />

70<br />

SEIT 2000: ZWEI GESUNDHEITSZENTREN FINDEN SICH –<br />

MARBURG & LIEBENAU<br />

74<br />

SEIT 2<strong>01</strong>1:<br />

BAUVORHABEN MURKRAFTWERK & DAS „VERDRÄNGTE“<br />

NS-LAGER LIEBENAU<br />

82<br />

86<br />

2<strong>01</strong>3: <strong>SMZ</strong> ALS MODELL FÜR INTERDISZIPLINÄRE KOOPERATION<br />

2<strong>01</strong>5: GEGENWART & ZUKUNFT DES SOZIALMEDIZINISCHEN ZENTRUMS


5


1984: ENTSTEHUNGSGESCHICHTE<br />

DER GRUPPENPRAXIS<br />

1984 die erste österreichische Gruppenpraxis zu gründen, gingen ganz persönliche Anliegen<br />

der Ärzte Diego Fritsch, Gustav Mittelbach und Rainer Possert voraus. Alle drei<br />

waren in der kritischen Studentenbewegung der Siebziger Jahre engagiert, in der Alternativen<br />

zur herrschenden Medizin lebhaft diskutiert wurden und die sich als Teil einer<br />

allgemeinen Kritik an der kapitalistischen Gesellschaftsordnung verstand.<br />

Rainer Possert, 1984:<br />

6<br />

„Servire il popolo – dem Volke dienen.“ Für mich als<br />

Medizinstudent in Innsbruck hieß das: Ich will als<br />

Experte, der ich einmal sein werde, mein Wissen der<br />

Bevölkerung zur Verfügung stellen und nicht auf die<br />

eigene Tasche schauen. Dazu kommen die frühe Ökologiebewegung,<br />

die sich mit dem Smog in Innsbruck<br />

beschäftigt hat, Prixleg, eine Schmutzschleuder-Fabrik<br />

und der Kampf gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf.<br />

Wir haben uns in der kritischen Studentenbewegung in<br />

Innsbruck gegen das medizinische Establishment – die<br />

Herren Professoren als Götter in Weiß – gewandt. Ich<br />

erinnere mich noch gut an die Karikatur eines Arztes<br />

auf einem Geldhaufen, und draußen warten die Patienten.<br />

Wir haben uns damals wie heute gefragt: Welche<br />

Rolle spielt der Arzt in der Gesellschaft? Er schreibt<br />

krank, schreibt gesund, er sichert vor allem die Arbeitskraft,<br />

kontrolliert, wer eine Pension bekommt, ob der<br />

Krankenstand vom Chefarzt anerkannt wird oder nicht.<br />

Damals in den Siebziger Jahren gab es ja auch noch<br />

Zwangseinweisungen in psychiatrische Anstalten!


Gustav Mittelbach, 1984:<br />

Ich stamme aus der kritischen Medizin in Graz, der<br />

Gruppe „Liste unabhängiger Mediziner“, die ich mitbegründet<br />

habe. Gesundheit und Krankheit als somatische<br />

und psychosoziale Phänomene waren für uns<br />

wichtige Themen!<br />

Ich wollte in meiner künftigen Praxis ein sichtbares<br />

Signal für eine Gesprächsmedizin gegen die<br />

herrschende sprachlose Medizin, gegen Apparate- und<br />

Medikamentenmedizin setzen. Wie bei Rainer hat<br />

auch für mich die Kritik an der Psychiatrie eine wesentliche<br />

Rolle gespielt. So konnte z.B. im Rahmen der<br />

Wehrmachtsausstellung in Graz der Massenmord an<br />

PatientInnen auf der Psychiatrie aufgedeckt werden.<br />

Die Kritik hat offenbar 20 Jahre gebraucht, bis sie in<br />

der Öffentlichkeit angekommen ist, denn hunderte<br />

steirische PatientInnen wurden ja von einem mörderischen<br />

Medizinbetrieb in Graz ermordet!<br />

7


D<br />

ie Gruppenpraxis in der <strong>Liebenau</strong>er Hauptstraße 104 besteht aus drei praktischen<br />

Ärzten. Gemeinsam wollte das Trio eine demokratische Zusammenarbeit auch<br />

mit anderen „GesundheitsarbeiterInnen“ aufbauen: Physikotherapie mit Heike<br />

Possert-Lachnit, bald darauf wurde der „Verein für praktische Sozialmedizin“ gegründet.<br />

Damit konnte eine Beratungsstelle ins Leben gerufen werden, in der neben den drei<br />

Ärzten nun auch Juristen, Psychologinnen und Sozialarbeiter im Team interdisziplinär<br />

zusammenarbeiteten.<br />

Possert und Mittelbach:<br />

„Die Widerstände gegen unser Projekt waren groß. In einem Protestschreiben vom März<br />

1984 an die Ärztekammer drückten die sechs etablierten Allgemeinmediziner und zwei<br />

Internisten in <strong>Liebenau</strong> ihren Unmut über die neu gegründete Gruppenpraxis aus.“<br />

Zitate daraus:<br />

„Die Ärzte in <strong>Liebenau</strong> erblicken in der Vorgangsweise der Ärztekammer Steiermark<br />

einen schweren Verstoß gegen die Verpflichtung der Kammer, nicht nur die beruflichen<br />

und wirtschaftlichen Interessen ihrer langjährigen Mitarbeiter wahrzunehmen,<br />

sondern der schwerwiegenden Entscheidung, eine sorgfältige Prüfung der allfälligen<br />

Existenzgefährdung der betroffenen Kammerangehörigen vorangehen zu lassen. [...]<br />

[...] Die Errichtung der weiteren Planstellen für die Gruppenpraxis würde die Existenzgrundlage<br />

der Ärzte erheblich gefährden, würde ferner zu einer eklatanten Wettbewerbsverzerrung<br />

führen, denn jede auch nur berufsbedingte Abwesenheit eines<br />

Arztes von seiner Einzelpraxis würde eine Abwanderung von Patienten in die Gruppenpraxis<br />

zur Folge haben, weil eine derartige Praxis immer mit einem der Ärzte<br />

besetzt ist.<br />

8<br />

Während für die Gruppenpraxis das Problem der Urlaubsvertretung keines ist, müsste<br />

sich z.B. Med.Rat. Dr. Fellinger [...] sehr überlegen, Urlaub zu machen, da dieser zu<br />

Recht fürchten muss, dass ein Teil seiner Patienten nach seinem Urlaub nicht wiederkehrt.<br />

Die Folge [...] wäre ein gesundheitlich „rascher Verschleiß des Mediziners“.


1986:<br />

Der erste Gesundheitsbericht für <strong>Liebenau</strong><br />

P<br />

sychologin Dr. Hertha Scheucher verfasste 1986 neben ihrer Beratungsarbeit im<br />

Projekt die erste Studie zu den Lebensbedingungen der <strong>Liebenau</strong>erInnen. Nach einjähriger<br />

Forschungsarbeit lieferte die Studie den schriftlichen Beweis, dass sich die<br />

BewohnerInnen des Bezirks durch die große Verkehrsbelastung, den Lärm, die Mischung<br />

aus Nebel und Smog und den mangelnden Erholungsbereichen im Bezirk in ihrer Gesundheit<br />

beeinträchtigt fühlten. Um gesund bleiben zu können, müssten also die Lebensbedingungen<br />

geändert und dazu notwendige Initiativen gesetzt werden.<br />

Rainer Possert:<br />

„Dieser erste Gesundheitsbericht des Bezirkes – er wurde unterstützt vom Sozialministerium<br />

und der Arbeitsmarktverwaltung – war die Grundlage für unsere künftigen<br />

Gesundheitsprojekte. Es war für uns klar: Die individuelle Arbeit mit PatientInnen<br />

und KlientInnen kann eine gesundheitspolitische Arbeit keinesfalls ersetzen.“<br />

Gustav Mittelbach:<br />

„Die Bezirksstudie deckt neuralgische Probleme im Bezirk auf: Die <strong>Liebenau</strong>er<br />

Hauptstraße zählt zu den Grazer Straßen mit höchstem Verkehrsaufkommen, es geht<br />

um Lärm- und Luftverschmutzung, es geht um eine hohe Krankheitshäufigkeit im<br />

Bezirk und um Arbeitsprobleme – das Puch-Zweiradwerk stand ja vor dem Verkauf.“<br />

Rainer Possert:<br />

„Und als das Grundwasser durch unkontrollierte Abwässer des Puch-Werkes mit<br />

Perchloräthylen verseucht war, haben wir natürlich eine <strong>Liebenau</strong>er Bürgerinitiative<br />

unterstützt. Es mussten Hausbrunnen gesperrt werden, und wir Ärzte haben<br />

auf Bitten der BürgerInnen über das Gift und die gesundheitliche Gefährdung durch<br />

das Wasser informiert.“<br />

In der Folge handelten sich die Ärzte ein Disziplinarverfahren<br />

bei der Ärztekammer ein, weil sie das sogenannte<br />

„ärztegesetzliche Werbeverbot“ missachtet hatten.<br />

9


Wirtschaftlicher Zwischenbericht nach drei Jahren Gruppenpraxis<br />

Die Praxisgemeinschaft bezieht ihr Einkommen zu 90% aus kassenärztlicher<br />

Tätigkeit. Alle Einkünfte der Ärzte werden auf ein gemeinsames Konto überwiesen.<br />

Die individuellen Auszahlungen errechnen sich nach einem Zeit- und<br />

Umsatzschlüssel. Davon werden je ein Drittel der gesamten Betriebskosten der gemieteten<br />

Räumlichkeiten abgezogen.<br />

Assistentinnen, Physiotherapeutin, medizinische Fachkraft und medizinisch technische<br />

Assistentin werden deutlich über dem Kollektivlohn bezahlt oder über die Arbeitsmarktverwaltung<br />

finanziert.<br />

Der Verein für praktische Sozialmedizin und die Beratungsstelle erhalten zweckgebundene<br />

Subventionsgelder vom Familienministerium, eine einmalige Subvention der Stadt<br />

Graz und personelle Förderung über die Arbeitsmarktverwaltung.<br />

Krankheiten fallen nicht vom Himmel<br />

Im November 1988 stellte Dr. Rainer Possert das Sozialmedizinische Zentrum Graz <strong>Liebenau</strong><br />

in einem Vortrag an der Universität Innsbruck im Rahmen der Vortragsreihe „Wissenschaft<br />

und Verantwortlichkeit“ vor und betonte vor allem die psychosoziale Komponente<br />

der ärztlichen Tätigkeit in der Gruppenpraxis.<br />

„Krankheiten fallen nicht vom Himmel, sondern haben<br />

Ursachen!“ Das gilt auch für die sogenannten psychosomatischen<br />

Erkrankungen wie Magengeschwüre, Kopfschmerzen,<br />

Bluthochdruck, um nur einige zu nennen. Dabei<br />

handelt es sich häufig um ein Geschehen, das eine Überforderung<br />

des Betroffenen signalisiert. Er reagiert auf die zunehmende<br />

Belastung durch seine soziale Umwelt mit einer<br />

Flucht in die Krankheit.<br />

Es geht aber auch darum, wie ein Patient mit seiner Erkrankung<br />

umgeht: Kann er nach dem anfänglichen Erschrecken<br />

gefasst eine Änderung seines Lebens beginnen oder reagiert<br />

er mit Angst, Verdrängung, Depression und begibt sich<br />

langfristig in einen Circulus-vitiosus!<br />

10<br />

„Wir Ärzte in unserem Grazer Projekt stehen für eine emanzipatorische Medizin. Wir<br />

glauben, dass der Patient, die Patientin das Recht – nicht die Gnade – hat, ernst genommen<br />

zu werden, dass man für ihn oder sie Zeit hat und nicht mit dem Rezeptblock<br />

abgefertigt wird. PatientInnen haben das Recht auf <strong>Info</strong>rmationen: <strong>Info</strong>rma-


tion über die möglichen Ursachen ihrer Erkrankung, über Therapien und mögliche<br />

Nebenwirkungen. Emanzipatorische Medizin heißt für uns, dass wir uns auch mit den<br />

PatientInnen solidarisieren, indem wir ihre soziale Lage anerkennen und versuchen,<br />

die Welt auch aus ihrer Perspektive zu sehen und mithelfen, diese zu ihren Gunsten<br />

zu verändern!“<br />

Gustav Mittelbach in einem Vortrag in Graz zum Verständnis<br />

seiner Rolle als Arzt im <strong>SMZ</strong>:<br />

„Allgemeinmedizin versteht sich auf Zusammenarbeit, indem<br />

sie auch in multidisziplinären Teams verankert wird. Sie<br />

ist familienorientiert, wendet sich den Menschen im Kontext<br />

ihrer familiären Lebensumstände zu – unter Berücksichtigung<br />

der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Allgemeinmedizin sollte<br />

gemeindeorientiert sein, sollte den Kontext der lokalen<br />

Gemeinschaft berücksichtigen und versuchen, positive Veränderungen<br />

für die Betroffenen zu erreichen. In diesem Sinne<br />

verstehen wir uns auch als Organisation im Sinne der WHO<br />

Europa!<br />

Heike Possert über ihre Arbeit im Zentrum als<br />

Physiotherapeutin (Ärztewoche, 1993)<br />

„Ich arbeite als Physikotherapeutin, sowohl im Rahmen der<br />

Praxisgemeinschaft, als auch freiberuflich. In meiner eigenen<br />

Praxis betreue ich ambulant SchmerzpatientInnen, ich mache<br />

auch Hausbesuche. Während die Zusammenarbeit mit<br />

den Ärzten geregelt ist, planen wir nun auch eine Kooperation<br />

mit der Hauskrankenpflege, sodass ich dann mit einer<br />

Schwester zum Patienten nach Hause gehe. Die Besonderheit<br />

des psychosozialen Zentrums liegt in der direkten und unkomplizierten<br />

Zusammenarbeit und der Möglichkeit, schnell<br />

auf Änderungen zu reagieren. Diese Kurzschaltung zwischen<br />

mir und den Ärzten ist bei anderen Institutionen und Ambulatorien<br />

nicht gegeben. Zum Wohle der PatientInnen kann ich<br />

nicht nur mit den Ärzten, sondern auch mit Psychotherapeuten<br />

und mit der Sozialarbeiterin zusammenarbeiten.“<br />

11


12


13


1986: DER SUPERGAU<br />

TSCHERNOBYL<br />

D<br />

as Jahr 1986 brachte dem Sozialmedizinischen Zentrum <strong>Liebenau</strong> mit der<br />

Reaktorkatastrophe Tschernobyl einen weiteren Aufgabenbereich. Nur sechs<br />

Jahre zuvor hatten die ÖsterreicherInnen ihre Bedenken gegen eine „friedliche<br />

Nutzung der Atomkraft in Österreich“ erfolgreich in einer Volksabstimmung gegen<br />

Zwentendorf zum Ausdruck gebracht. Dazu zählte auch die steirische Arbeitsgemeinschaft<br />

„Mediziner gegen AKW“, (mitgegründet von MitarbeiterInnen der jetzigen Praxisgemeinschaft)<br />

und unterstützt von 600 MedizinstudentInnen und 225 ÄrztInnen.<br />

Mittelbach und Possert:<br />

„1986 war unser Wissen also brandaktuell. Die Wolke von Tschernobyl, die sich<br />

nach der Explosion des geschmolzenen Reaktors über Europa verteilte, hatte Österreich<br />

im Vergleich zu anderen Ländern stark getroffen.“<br />

Das kurzlebige Jod 131 machte in den ersten Tagen den Hauptanteil der radioaktiven Belastung<br />

aus. Cäsium 137 mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren wird uns noch weit in das<br />

21. Jahrhundert begleiten. Strontium 90 wird erst nach 50 Jahren aus unseren Knochen<br />

zur Hälfte ausgeschieden sein!<br />

Was musste damals im Frühsommer 1986 nicht alles beachtet werden?<br />

Kein Spielen der Kinder im Sandkasten (Entsorgung des verstrahlten Sandes), keinen Straßenstaub<br />

in die Wohnung bringen, keine frische Milch trinken (Soja- oder Haltbarmilch<br />

als Alternative) Laub und Stroh aus dem Garten entfernen, denn 90% der Radioaktivität<br />

befanden sich in den obersten 5 cm Erde, es galt auch den Bagatellisierungen seitens der<br />

Behörden entgegenzutreten.<br />

14<br />

Mittelbach und Possert:<br />

„In den Räumen der Praxisgemeinschaft hielten wir in den folgenden Wochen öffentliche<br />

Vorträge, Beratungen für PatientInnen ab, wir organisierten Aktionen und <strong>Info</strong>rmationen<br />

für Graz. Unsere „Initiative gegen atomare Bedrohung“ wurde von UmweltwissenschafterInnen,<br />

AtomphysikerInnen, BiologInnen, ÄrztInnen und Techniker-<br />

Innen steiermarkweit mitgetragen! Wir verfassten eigene „REM-Sparblätter“ als<br />

Botschaft an die KonsumentInnen, damit wir z.B. durch bewusstes „REM-Sparen“<br />

in der Nahrung so wenig wie möglich radioaktive Belastungen abbekamen.“


Heike Gremsl:<br />

„Ich habe ziemlich Angst gehabt. Und ich habe das unheimlich<br />

gefunden, weil man die Gefahr nicht sehen konnte.<br />

Obwohl man nichts merkte, durfte man nicht raus.“<br />

Angela Huber:<br />

„Beunruhigend war die Sorge der Eltern. Ich selbst habe das<br />

nicht so verstanden, was da passiert ist. Im Sommer in den<br />

Bergen haben wir Mineralwasser getrunken. Kein Spielen im<br />

Freien und wir durften die Schulmilch nicht mehr trinken.“<br />

Karin Sittinger:<br />

„Man musste die Schuhe vor der Haustür ausziehen. Unsere<br />

Katze hat uns vier Wochen lang gequält, da wir sie nicht rauslassen<br />

konnten. Wir hatten einen Brunnen und haben das Wasser<br />

nicht getrunken. Heute noch esse ich keine Schwammerln.“<br />

Gudrun Ploder:<br />

„Wir durften nicht mehr barfuß laufen. Alles aus dem Gemüsegarten<br />

wurde vernichtet. Und es war ein Sommer ohne Sandkiste.“<br />

Erika Lang:<br />

„Unsere Kinder waren damals 12 und 8 Jahre alt. Anfang Mai<br />

sind wir im Wald spazieren gegangen, da wussten wir noch<br />

nichts. Tage später die Meldung. Wir waren dann sehr nervös<br />

und aufgeregt. Alles hat sich verändert. Die Kinder durften<br />

nicht mehr in die Wiese. Das Gemüse war schädlich.“<br />

Sonja Pichler:<br />

„Ich war damals in der Volksschule und eines Tages sagte die Lehrerin:<br />

Ihr ward zwar brav, aber ihr dürft heute und in den nächsten<br />

Wochen in der Hofpause nicht draußen spielen“. Ich hab das sooo<br />

gemein gefunden. Bestraft zu werden, obwohl wir brav waren.<br />

Und dann habe ich Angst gehabt, um meine Eltern, meine<br />

Schwester, Angst, dass wir jetzt alle sterben müssen.“<br />

15


16


17


1987: DIE AKTIVITÄTEN DES VEREINS FÜR<br />

PRAKTISCHE SOZIALMEDIZIN DEHNEN SICH<br />

AUF WEITERE PROJEKTE AUS<br />

Personelle Zusammensetzung des<br />

Sozialmedizinischen Zentrums <strong>Liebenau</strong> 1987<br />

Praxisgemeinschaft<br />

Ärzte:<br />

Dr. Diego Fritsch<br />

Dr. Gustav Mittelbach<br />

Dr. Rainer Possert<br />

Sprechstundenhilfe:<br />

Krista Mittelbach<br />

Monika Krois<br />

Laborantin:<br />

Erika Lang<br />

Gesundheitspolitische<br />

Aktivitäten<br />

Obmann des Vereins:<br />

Dr. Franz Piribauer<br />

sämtliche Vereinsmitglieder<br />

Verein für<br />

praktische Sozialmedizin<br />

<strong>Info</strong>rmationsstelle<br />

psychologische<br />

Beratung<br />

Dr. Herta Scheucher<br />

Dr. Ulrike Krottmayer-Hoschka<br />

Physikalische<br />

Therapie<br />

Heike Possert<br />

Familienberatungsstelle<br />

die Ärzte der Praxisgemeinschaft<br />

Psychologinnen:<br />

Dr. Nancy Lyon<br />

Dr. Herta Scheucher<br />

Juristen:<br />

Dr. Peter Schaden<br />

Dr. Wolfgang Sellitsch<br />

Sozialarbeiterinnen:<br />

Theresia Augustin<br />

Margaretha Dremel<br />

Geburtsvorbereitung:<br />

Krista Mittelbach<br />

Seniorengruppe:<br />

Heike Possert<br />

▪ Sexualerziehung und Schulangst-Bewältigung in der Hauptschule Engelsdorf,<br />

betreut vom Team der Familienberatungsstelle<br />

▪ Sterbebegleitung: Ein Arzt begleitet mit einer Psychologin im Bedarfsfall Sterbende<br />

und ihre Familien in diesem schwierigen und traurigen Lebensabschnitt.<br />

▪ Selbsthilfegruppe für PatientInnen mit Muskeldystrophie mit der Physikotherapeutin<br />

18<br />

▪ Soziale Betreuung von PatientInnen:<br />

Vermittelt werden Haushaltshilfen für alte oder kranke PatientInnen, damit sie<br />

möglichst lange zu Hause wohnen können. Die Vermittlung von Hauskrankenpflege<br />

ergibt sich durch die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.


1987:<br />

RETTET DAS GRAZER PUCHWERK!<br />

E<br />

in sehr wesentliches und politisch wirksames Engagement zeigte das Sozialmedizinische<br />

Zentrum in Sachen Puch-Zweirad-Werk in Thondorf. Es hat den Ärzten viel<br />

Energie und Kraft gekostet und auch vielen PatientInnen aus politischen Gründen<br />

schwer gemacht, in die Praxis zu kommen.<br />

Rund um den Verkauf des Werkes durch den damaligen Finanzminister Hannes Androsch<br />

an Piaggio hatte sich eine breite Protestbewegung der BürgerInnen entwickelt. Es gab Unterschriftenlisten,<br />

Versammlungen in Gasthäusern und zuletzt eine Protestversammlung<br />

mit über 600 ArbeiterInnen am 19. Feber 1987 in der Grazer Herrengasse vor der Zentrale<br />

des Eigentümers Creditanstalt CA. Über eine Stunde wurde der gesamte Straßenbahnverkehr<br />

lahmgelegt. Sprecher der Bürgerinitiative zur Rettung des Puch-Werkes waren<br />

Rainer Possert, Gustav Mittelbach und Puch-Abteilungsleiter Rudolf Kramer.<br />

ÖGB Graz und Graz-Umgebung, die Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie und die Gewerkschaft<br />

der Privatangestellten unterstützten in einer Resolution die Forderung des Betriebsrates<br />

der Grazer Puch-Werke, die notwendigen 400 Mill. Schilling an Fördermitteln<br />

zu bewilligen, um die rund 600 Arbeitsplätze in Graz zu erhalten.<br />

Kleine Zeitung, Johannes Kübeck, 19.2.1987:<br />

„Die Wortmeldungen bei der Kundgebung waren auch gekennzeichnet von scharfen<br />

Angriffen etwa des Sprechers der Bürgerinitiative, des <strong>Liebenau</strong>er Arztes Rainer<br />

Possert, auf die „Manager im Nadelstreif, die am grünen Tisch kühl über menschliche<br />

Existenzen entschieden. Im Mittelpunkt der Kritik Generaldirektor Hannes<br />

Androsch und die CA.“<br />

19


20


21


UND DIE PRAXISGEMEINSCHAFT<br />

KOMMT NICHT ZUR RUHE ...<br />

Nachdem Dr. Gustav Mittelbach wacker mit zehn BürgerInnen, darunter auch<br />

Bezirksvorsteherin Ingrid Heuberger, die <strong>Liebenau</strong>er Hauptstraße mit einem<br />

Transparent sperrte – ein Protest gegen die Trassenführung des Südgürtels und<br />

das große Verkehrsaufkommen, gab es ein erstes Köpferollen: Der 40-Stunden-Vertrag<br />

von Sozialarbeiter Mike Wratschko, finanziert von der Stadtverwaltung, wurde nicht<br />

mehr verlängert. Zu oft fühlten sich die politischen VertreterInnen von den Aktivitäten<br />

des <strong>Liebenau</strong>er Ärzteprojekts auf den Schlips getreten ...<br />

„Mit einer Unterschriftenaktion und hitzigen Diskussionsveranstaltungen (z.B. im<br />

ehemaligen Augartenkino) haben wir auch das 1978 gegründete Beratungszentrum in<br />

der Granatengasse am Griesplatz (als erster gemeindenaher, psychosozialer Dienst in<br />

Österreich, Leiter Dr. Gert Lyon) zum Thema Psychiatriereform unterstützt!“, erinnern<br />

sich Mittelbach und Possert. „Wir traten gemeinsam für eine rasche Durchführung der<br />

steirischen Psychiatriereform im Sinn einer Humanisierung und Demokratisierung ein.<br />

Wir sprachen uns strikt gegen die hohen Zwangsbehandlungs- und Entmündigungsraten<br />

in der Steiermark aus, waren für die Erhaltung des einzigen öffentlichen Beratungszentrums<br />

am Griesplatz, die Wiederherstellung seiner ursprünglichen personellen Ausstattung<br />

sowie für die Errichtung weiterer ambulanter, psychosozialer Dienste.“<br />

Dr. Gert Lyon:<br />

„In dieser Zeit der Konflikte, Kürzungen und der Gefahr des Zusperrens unseres Beratungszentrums<br />

für psychische und soziale Fragen in der Granatengasse hat die kollegiale<br />

Solidarität mit Euch wohlgetan. Damals habt Ihr wiederholt enorm wirksam tatkräftige,<br />

solidarische Hilfe geleistet, wofür ich gerne noch einmal Dank und Anerkennung<br />

aussprechen möchte!“ (August 1995, 20 Jahre Praxisgemeinschaft <strong>Liebenau</strong>)<br />

22<br />

Und worauf das <strong>SMZ</strong> besonders stolz sein konnte: die Gründung der Hauskrankenpflege<br />

1990 im Rahmen der Sozialen Dienste!


1990: Gründung der Hauskrankenpflege,<br />

Alten- und Heimhilfe als extramurale Versorgung<br />

„Jeder, der damals in der Pflege tätig war, weiß: Wo eine Krankenschwester<br />

arbeitet, werden vier benötigt!“, erinnert sich Renate<br />

Schreiner, Diplomkrankenschwester und Pflegedienstleiterin der<br />

Hauskrankenpflege im Sozialmedizinischen Zentrum bei der 15-Jahresfeier<br />

zurück.<br />

„Aber die Hauskrankenpflege allein reichte nicht aus für die extramorale Versorgung. Der<br />

neue Berufsstand der Heimhilfe wurde – vorerst noch als „Nachbarschaftshilfe“ – eingeführt.<br />

Wir errichteten ein eigenes Heilbehelfsdepot zum Teil aus Spenden und mithilfe der<br />

Gruppenpraxis: Krankenpflegebetten mit Anti-Decubitusmatratzen, Gehhilfen, etc.<br />

In <strong>Liebenau</strong> ist uns das gelungen, was in anderen Regionen undenkbar war! Und so suchten<br />

auch andere soziale Einrichtungen schnell Kontakt mit uns, wir arbeiteten ergänzend<br />

mit wertschätzender Akzeptanz: Die Caritas z.B. unterstützte uns mit einer Altenhelferin,<br />

die Lebenshilfe organisierte Essen auf Rädern und einen Wäschedienst (schmutzige Wäsche<br />

von PatientInnen wurde abgeholt und gereinigt und gebügelt zurückgebracht.) Die<br />

Pfarre stellte bald darauf die ersten geringfügig beschäftigten Heimhilfen zur Verfügung.“<br />

Von 1993 bis 1995 wurden schließlich Heimhilfen und PflegehelferInnen hauptamtlich in<br />

den sozialen Dienst des <strong>SMZ</strong> integriert. In dieser Zeit fand auch die gesetzliche Professionalisierung<br />

der Hilfen durch eine verpflichtende Ausbildung statt. 1993 unterzeichnete<br />

das <strong>SMZ</strong> den Hauskrankenpflege-Vertrag mit der Stadt Graz und versorgte nun nicht nur<br />

<strong>Liebenau</strong>, sondern auch Puntigam mit dem Hauskrankenpflege-Service.<br />

In monatlichen „Fallkonferenzen,“ für das gesamte interdisziplinäre Team, wurden nicht<br />

nur Krankengeschichte, Behandlungs- oder Betreuungsvorgang mit schwerkranken Patient-<br />

Innen besprochen, sondern auch Schwierigkeiten und Probleme mit den Angehörigen<br />

oder innerhalb des Betreuungsteams.<br />

23


1993 1999<br />

2,8 Dienstposten mit<br />

7 Diplomkrankenschwestern<br />

2,75 Dienstposten<br />

für 6 Heimhilfen<br />

stundenweise Anstellung<br />

der ersten Pflegehelferin<br />

4,05 Dienstposten<br />

für Diplomkrankenschwestern<br />

4,88 Dienstposten<br />

für Heimhilfen<br />

3,73 Dienstposten für Pflegehilfen<br />

macht:<br />

über 110.000<br />

Betreuungsstunden /Jahr<br />

etwa 150 PatientInnen im Monat<br />

mit einem Durchschnittsalter<br />

von 81 Jahren<br />

Juristin Dr. Beatrix Hackhofer, auch in der Patienten-Rechtsberatung der Beratungsstelle des<br />

<strong>SMZ</strong> tätig (das Beratungsangebot umfasst Ehe,- Familien- und Scheidungsrecht, Schadenersatz-<br />

und Patientenrechte) führte die Geschäfte der Hauskrankenpflege.<br />

„Die Zahlungen der PatientInnen für Betreuungsleistungen der Hauskrankenpflege<br />

sind nach Einkommen gestaffelt. Unsere Mitarbeiter-<br />

Innen in der Pflege und Betreuung führen einen Leistungsbericht, ich<br />

rechne dann nach diesen Angaben mit den PatientInnen ab. Auf diese<br />

Weise verhindern wir die unangenehme Situation, dass eine Krankenschwester<br />

nach vollbrachter Leistung beim Patienten kassieren muss!“<br />

Schreiner: „Bei unseren MitarbeiterInnen haben wir immer Wert auf interne und externe<br />

Fortbildung gelegt. Es gibt regelmäßig Fallkonferenzen, Todesfallbesprechungen, Supervision<br />

mit dem gesamten Team, 1999 werden wir nach ISO 9002 zertifiziert. Ich sehe dies<br />

als Krönung unseres langjährigen Bemühens um eine hohe Pflegequalität. Und das Schöne<br />

daran ist die multiprofessionelle Zusammenarbeit in unserem Zentrum – mit den Ärzten,<br />

Juristen, Psychologen, Psychotherapeuten, der Physiotherapeutin und den Sozialarbeitern.<br />

Die rasche Verfügbarkeit von Experten zum Wohle der Patienten ist somit garantiert. Ich<br />

denke, wir im <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, arbeiten mit einem hohen Standard in der Betreuung und<br />

sind ein gutes Beispiel dafür, wie fruchtbar diese Zusammenarbeit sein kann!“<br />

(Festrede beim Symposium 1999 „Lieber reich und gesund als arm und krank“)<br />

24<br />

1994 verlässt Dr. Diego Fritsch aus persönlichen und Krankheitsgründen die Gruppenpraxis.<br />

Sein Ausstieg hat zur Folge, dass sich nun die beiden Ärzte Possert und Mittelbach<br />

die Miet- und Betriebskosten der Praxisräumlichkeiten in der <strong>Liebenau</strong>er Hauptstraße<br />

104 zu teilen hatten, also die Kosten nicht mehr gedrittelt werden konnten.<br />

Fritsch behielt seinen Ärztevertrag, der eigentlich für die Gruppenpraxis vorgesehen<br />

war (es gab keine schriftliche Bindung des Vertrages an die Praxisgemeinschaft) und ließ<br />

sich als Einzelpraktiker in unmittelbarer Nähe nieder. Einige Jahre später wurde Fritsch<br />

in seiner Ordination tot aufgefunden.


25


1995: DIE GESUNDHEITSFÖRDERUNG<br />

ALS NEUER ARBEITSBEREICH<br />

„Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an<br />

Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung<br />

ihrer Gesundheit zu befähigen. (Ottawa Charta 1986)<br />

Diese erste internationale Konferenz zur Gesundheitsförderung vom 21. November 1986<br />

ruft damit zum aktiven Handeln für das Ziel „Gesundheit für alle“ bis zum Jahr 2000 und<br />

darüber hinaus auf.<br />

Das <strong>SMZ</strong> verfolgt dabei folgende Grundsätze, die im Laufe der nächsten Jahre in den verschiedensten<br />

Projekten umgesetzt werden:<br />

▪ Chancengleichheit in der Gesundheit fördern – Armut macht krank!<br />

▪ Selbstbewusstsein und Handlungskompetenz stärken, im Sinne von „enabling und<br />

empowering.“ Gesundheit wird als eine Kombination individueller und gesellschaftlicher<br />

Umstände definiert.<br />

▪ Projekte mit Nachhaltigkeit fördern.<br />

Durch Gesundheitsförderung wollen wir in<br />

folgenden Bereichen Einfluss nehmen:<br />

Umwelt: Wohnverhältnisse (in benachteiligten Gegenden wie Grünanger oder<br />

Eichbachgasse 900), Lärmbekämpfung und Tempolimit auf der Autobahn,<br />

Förderung sozialer Netzwerke (Schulen, Senioren, Alleinerzieher, etc.)<br />

Medizinische Faktoren: Angebot an medizinischen Leistungen wie Gruppenpraxis,<br />

Soziale Dienste im <strong>SMZ</strong>, Physiotherapie, Psychotherapie, Logopädie, Sozialarbeit,<br />

Angebote der Beratungsstelle<br />

Sozioökonomischer Bereich: Mitarbeiterfortbildung, Supervision, Multiplikatoren-<br />

Bildung, <strong>Info</strong>rmationen für die Bevölkerung<br />

Individuelle Faktoren: Gesundheitsbewusstsein, Gesundheitswissen,<br />

Gesundheitsverhalten, Lebensgewohnheiten<br />

26<br />

Wir wollen Netzwerke herstellen, Kooperationen fördern und Empowerment betreiben:<br />

das heißt, die BewohnerInnen im Bezirk dazu befähigen, ihr Leben stärker<br />

selbst in die Hand zu nehmen und sich zu trauen, Einfluss auf gesundheitsschädigende<br />

Faktoren zu nehmen.


Gesundheitsförderung am Beispiel „Grünanger“<br />

Das Wohngebiet Grünanger liegt im Nordwesten des Bezirkes an der Mur und besteht<br />

aus einer Ansammlung von ca. 50 Baracken, die während des Zweiten Weltkriegs<br />

als Zwangsarbeiterlager dienten. Umgeben ist das Gebiet von Siedlungen<br />

mit Gemeinde- und Eigentumswohnungen, die Baracken selbst werden vom Wohnungsund<br />

Sozialamt der Stadt Graz an sozial schwache Personen vergeben. Bekannte Problematik<br />

des Grünangers: schlechte Bausubstanz der „Kremserhäuser“, häufiger Alkohol- und<br />

Drogenmissbrauch, Arbeitslosigkeit und Verwahrlosung der BewohnerInnen.<br />

1998 waren die Baracken durch Abrisspläne seitens der Stadt Graz bedroht. Das <strong>SMZ</strong><br />

verfügte schon in den neunziger Jahren über eine langjährige Erfahrung in der Arbeit am<br />

Grünanger durch die Sozialen Dienste, psychosoziale und medizinische Betreuung von<br />

DrogenpatientInnen und fungierte als Impulsgeber und Koordinationsstelle mit regelmäßig<br />

veranstalteten „Round-Table-Grünanger-Gesprächen“.<br />

Auszug aus dem Vortrag von Dr. Rainer Possert in Wien beim Fond Gesundes Österreich<br />

zum Thema Lebensraum Grünanger:<br />

In diesen Vernetzungstreffen mit den <strong>Liebenau</strong>er Apotheken, der Siegmund Freud Klinik<br />

Graz, Jugendbetreuungseinrichtungen, dem Bezirksvorsteher, Polizei, Architekten und<br />

professionellen HelferInnen gelang es uns schließlich, auch zuständige ReferentInnen<br />

des Wohnungsamtes einzubinden. Gemeinsam mit dem Sozialkreis <strong>Liebenau</strong> und BewohnerInnen<br />

des Grünangers erarbeiteten wir wichtige Strategien, die schließlich den<br />

Abriss der Baracken verhindern konnten.<br />

27


In einer Befragung der Grünanger-BewohnerInnen<br />

äußerten sie folgende Wünsche:<br />

Einrichtung von Werkstätten für althergebrachte Handwerkstechniken<br />

Einrichtung einer diesbezüglichen Biblio-/Videothek<br />

Fotoclub und Fotolabor<br />

Musikforum Grünanger<br />

Aktivitäten zu Ernährungsfragen<br />

Gemeinsame Pflege der Grünflächen für Ziegen/Schafe<br />

„Aktivierende Gemeinwesenarbeit“ haben wir das genannt – Empowerment – Einbezug<br />

der BewohnerInnen in die Proteste, das Auflisten ihrer Wünsche, etc., alles hat zum<br />

Erhalt des Grünangers geführt“, so Dr. Saskia Dyk, Soziologin im <strong>SMZ</strong>, die eine soziologische<br />

Begleitstudie über die Wohn- und Lebensqualität marginalisierter Bevölkerungsgruppen<br />

am Grünanger verfasst hat.<br />

Die Betreuungsarbeit am Grünanger für das <strong>SMZ</strong> und die Praxisgemeinschaft bedeutete,<br />

so Rainer Possert:<br />

„Einzelfallhilfe, Delogierungsprävention, Krisenintervention, Mietzuzahlungen, Jugendarbeit,<br />

Schulprojekte, Gesundheitsinformation, Hygienemaßnahmen, Ökologie (Müll,<br />

Autowracks, Heizen).“<br />

Für das Jahr 20<strong>01</strong> konnte erreicht werden, dass für die Sanierung der Hütten Mittel im<br />

Budget der Stadt Graz (Büro Kaltenegger, Sozialamt) zur Verfügung gestellt und der Neubau<br />

von 35 Wohneinheiten, alles Sozialwohnungen, geplant vom Architekturbüro DI Herbert<br />

Riess, genehmigt wurden.<br />

2003 ergänzte schließlich Soziologin Dr. Saskia Dyk ihre Wohn- und Lebensqualitätsstudie<br />

vom Grünanger mit ihrer Dissertation zum Thema „Raumpotentiale am Grünanger<br />

– Ansatzpunkte für Gesundheitsförderung“. Sie stellt dabei Segregation und den „Milieu“-<br />

Begriff in den Mittelpunkt, widmet sich Wohnqualität und Gestaltungsspielräumen der<br />

Grünanger-Bewohner und weist auch den kleinen Hausgärten als individueller Sozial- und<br />

Lebensraum einen wichtigen Stellenwert zu.<br />

28<br />

2006 erfolgte die Fertigstellung der neuen Wohnungen, den Mietern konnten im Juli die<br />

Schlüssel übergeben werden. Die Bruttomieten beliefen sich damals auf € 152,- für 33 m 2<br />

oder € 277,- für eine 62 m 2 Wohnung.


29


Brunch am Grünanger<br />

Im neuen <strong>SMZ</strong> – Stadtteilzentrum am Grünanger, seit 2009 in der Andersengasse 32, wird<br />

alle Jahre wieder ab Frühling im Gartenbereich zum wöchentlichen Brunch eingeladen.<br />

Dort treffen sich BewohnerInnen zum Plaudern, gesund Essen, <strong>Info</strong>rmationsaustausch oder<br />

um persönliche Anliegen zu besprechen.<br />

Horst S. zum Beispiel, will nicht so oft allein sein. Jeden Donnerstag Vormittag kommt er<br />

zum Brunch: „Hier gibt´s keinen Egoismus, sondern Herzlichkeit, wir verstehen uns auf<br />

Augenhöhe“, nickt er. „Hier sind alle tolerant und großzügig!“<br />

„Oft beginnt alles mit einem einzigen Schritt!“, meint Edeltraud T. „Meine Probleme führten<br />

mich ins <strong>SMZ</strong>. Zum Grünanger-Brunch komme ich gerne, weil ich dort unterschiedliche<br />

Menschen kennenlerne und einen Einblick in andere Kulturen habe. Das finde ich<br />

interessant und bereichernd!“<br />

Frau Hermine: „Der Brunch ist auch ein Treffpunkt für ausländische Frauen, die Deutsch<br />

sprechen wollen.“<br />

1998 hat Univ. Prof. Horst Noack, Sozialmedizin der Universität Graz, im Rahmen der<br />

Gesundheitsförderung auch die Ausbildung „Gesundheitsförderung im <strong>SMZ</strong>“ übernommen.<br />

Im Mittelpunkt der regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen bis Juni 1999 stand<br />

die Vermittlung von Basiswissen in Public Health, also die theoretische und praktische<br />

Auseinandersetzung in diesem Themenbereich.<br />

30<br />

In der zweitägigen Gesundheitsförderungs-Konferenz im Oktober 1998, organisiert vom<br />

<strong>SMZ</strong>, gelang erstmals die bezirksweite Vernetzung von maßgeblichen Institutionen und<br />

Einzelpersonen, um Gesundheitsförderungsinformationen gezielt auszutauschen und Aktivitäten<br />

in <strong>Liebenau</strong> zu erleichtern.


SEIT 1998: EIN WEITERES<br />

GESUNDHEITSFÖRDERUNGSPROJEKT<br />

LANGSAM LAUFEN LIEBENAU LLL<br />

Ich weiß, ich sollte mich<br />

mehr bewegen, aber wie?<br />

Bei meinem Gewicht, bei<br />

meinem Alter, bei meinem<br />

hohen Blutdruck?<br />

Lebensfreude durch Bewegung für Jung und Alt:<br />

LLL<br />

sollte von Anfang an eine offene Trainingsgruppe einmal pro Woche sein, wo die<br />

TeilnehmerInnen unter fachlicher Anleitung mit einem Arzt und der Physiotherapeutin<br />

ihre Möglichkeiten von körperlicher Bewegung entdecken können. Ein bisschen<br />

Dehnen und Selbstmobilisieren „mit hineinverpackt“ animiert schon im Vorfeld zur<br />

Selbsthilfe bei Verspannungen und Gelenksblockaden. Es gibt keine Anmeldung, niemand<br />

muss sich festlegen und durch finanzielle Zwänge selbst überlisten, die Schwelle zum Mitmachen<br />

soll möglichst klein sein. In fünf Jahren haben 83 Menschen an LLL teilgenommen.<br />

Das Durchschnittsalter lag bei 49 Jahren, der Jüngste war sechs, der Älteste 87 Jahre alt.<br />

Eine Patientin erzählt, sie sehe die Gruppe regelmäßig am Heimweg von ihrer Arbeit. Neidisch<br />

schaue sie auf die vorbeitrabenden Menschen, vor allem deshalb, weil „ihr ja offensichtlich<br />

so viel Spaß dabei habt.“ Und auch das ist gelungen: Der große Schulpark der<br />

HIB-<strong>Liebenau</strong> wurde speziell für dieses Bewegungsprojekt geöffnet!<br />

2007 wurde aus LLL „Walken im Park“, damit kam das <strong>SMZ</strong> dem Wunsch neuer Teilnehmer-<br />

Innen nach, die das „Gehen mit Stöcken“ ausprobieren wollten. Das Durchschnittsalter<br />

stieg auf 58 Jahre, die älteste Teilnehmerin war 84 Jahre alt. Das Walking-Projekt wird<br />

bis heute durchgeführt und auf „Walken an der Mur“ erweitert. Walkingstöcke können im<br />

<strong>SMZ</strong> ausgeborgt werden.<br />

31


32


33


1999: SYMPOSIUM<br />

15 JAHRE PRAXISGEMEINSCHAFT<br />

UND 10 JAHRE <strong>SMZ</strong><br />

„Lieber reich und gesund als arm und krank –<br />

Soziale Ungleichheit und Gesundheit“<br />

„<br />

Gesundheit kann man nicht kaufen!“ Eine je nach Standort mehr oder<br />

weniger tröstliche Binsenweisheit, genauso wie „Geld macht nicht glücklich!“<br />

Aber: Es schützt zumindest vor Krankheit und frühzeitigem Tod.<br />

Schon in der berühmten „Whitehall-Studie“, in der 1990 rund 17.000 britische Beamte<br />

befragt wurden, fand man heraus, dass Menschen in höheren beruflichen Positionen durchschnittlich<br />

später sterben als ihre weniger erfolgreichen KollegInnen. Rund drei Jahre<br />

macht der Unterschied aus, mehr als zwei Jahre verlieren durchschnittlich Frauen, die<br />

sozial ärmer dran sind.<br />

„Und eine positive Veränderung dieser Situation ist auch am Ende unseres fortschrittsfrohen<br />

Jahrhunderts nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil – die Schere der gesundheitlichen<br />

Ungleichheit klafft gemeinsam mit der wirtschaftlichen immer weiter auseinander!“,<br />

betonte auch Sozialmediziner Wolfgang Freidl, der gemeinsam mit dem Sozialmedizinischen<br />

Zentrum den Gesundheitssurvey <strong>Liebenau</strong> 2000 konzipierte, in dem 500 <strong>Liebenau</strong>erInnen<br />

über ihren Gesundheitszustand, ihr Gesundheitsverhalten, Netzwerke und Wohlbefinden<br />

im Bezirk befragt wurden.<br />

Ziel des Symposiums zu 15 Jahre Praxisgemeinschaft und 10 Jahre <strong>SMZ</strong> am 19. November<br />

1999 war die Sensibilisierung der TeilnehmerInnen für den Zusammenhang zwischen sozialer<br />

Lage, sozialen Ungerechtigkeiten und Gesundheit.<br />

34<br />

Hochrangige ReferentInnen wie<br />

Prof. Dr. Ivan Forgacs, Haynal Imre Universität für Gesundheitswissenschaften<br />

in Budapest,<br />

Prof. Dr. Andreas Mielck, Institut für Medizinische <strong>Info</strong>rmatik und Systemforschung<br />

in München,<br />

Monika Riedel, Institut für Höhere Studien in Wien/Universität Klagenfurt,<br />

Prof. Dr. Dieter Filsinger, Hochschule Saarbrücken und<br />

Dr. Michaela Moritz, Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen


Das Besondere am <strong>SMZ</strong>: es bietet nicht nur die übliche<br />

allgemeinmedizinische Versorgung des Stadtteils,<br />

sondern auch Physio- und Psychotherapie, Sozialarbeit,<br />

Hauskrankenpflege, Altenpflege und Heimhilfe, logopädische<br />

Unterstützung sowie eine Beratungsstelle.<br />

fassten die Auswirkungen des Neoliberalismus auf die Gesundheit der BürgerInnen und das<br />

Gesundheitswesen zusammen, analysierten soziale Ungleichheit im Zusammenhang mit<br />

Gesundheit im europäischen Ost-Westvergleich, verglichen Lebenserwartungsdaten und<br />

soziale Schichtung und warfen einen Blick auf bewährte Modelle der Primärversorgung im<br />

Sinne einer solidarischen Gesundheitsversorgung.<br />

Im „Korso“ schrieb Doris Griesser über 15 Jahre Gruppenpraxis und 10 Jahre <strong>SMZ</strong>:<br />

„Aus der kleinen Pionier-Gruppe entwickelte sich nach fünf Jahren das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, das<br />

mit mittlerweile 32 MitarbeiterInnen seinen 15-jährigen Geburtstag feierte – mit einem<br />

Symposium unter dem ironisch-programmatischen Motto „Lieber reich und gesund als<br />

arm und krank.“ Die UTOPIE lebt! Das Besondere am <strong>SMZ</strong>: Es bietet nicht nur die übliche<br />

allgemeinmedizinische Versorgung des Stadtteils, sondern auch Physio- und Psychotherapie,<br />

Sozialarbeit, Hauskrankenpflege, Altenpflege und Heimhilfe, logopädische Unterstützung<br />

sowie eine Beratungsstelle. Diese dicht vernetzten Betreuungs- und Beratungsangebote<br />

bauen auf einem Verständnis von Gesundheit auf, das weit über das traditionelle<br />

biomedizinische Krankheitskonzept hinausgeht und psychische, soziale und gesellschaftspolitische<br />

Aspekte sowohl in die Diagnose als auch in die Behandlung mit einbezieht.“<br />

35


36


37


WONCA 2000<br />

I<br />

m Juli 2000 präsentierten Gustav Mittelbach und Rainer Possert das Sozialmedizinische<br />

Zentrum Graz beim Europäischen Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin<br />

WONCA in der Wiener Hofburg vor rund 2.200 TeilnehmerInnen.<br />

Ein Schwerpunkt des internationalen Kongresses war auch den „Gruppenpraxen“ gewidmet,<br />

etabliert vor allem in England. So war man sich mit dem Referenten BD. M. Fleming<br />

einig, dass die europaweite Entwicklung weg vom Hausarzt als Einzelkämpfer hin zum<br />

Betreuungsteam gehen müsste. In England, so Fleming, sei ein Arzt für die Betreuung<br />

einer bestimmten Anzahl von BewohnerInnen, meist 1.500 – 1.800, verantwortlich. Vorteile<br />

für die PatientInnen seien ein breiteres Leistungsspektrum und keine Sperren durch<br />

Urlaub, etc. Für die Ärzte böten Gruppenpraxen den Vorteil geringerer Betriebskosten,<br />

besserer Vertretungs- und Fortbildungsmöglichkeiten, Reduzierung der Belastung des<br />

Einzelnen durch Teamarbeit, Möglichkeiten zu vermehrter wissenschaftlicher Arbeit und<br />

besserer Umsetzung von Maßnahmen der Qualitätssicherung.<br />

38<br />

Das <strong>SMZ</strong> vertrat seine Arbeitsgrundsätze, Menschen – und nicht Krankheiten – in den<br />

Mittelpunkt einer vernetzten Gesundheitswelt zu stellen: „Medizinische Behandlung,<br />

Beratung, Prävention, Pflege und kommunale Gesundheitsförderung sind die integralen<br />

und eng vernetzten Schwerpunkte der täglichen Arbeit im <strong>SMZ</strong>, in dem 15 verschiedene<br />

Berufsgruppen PatientInnen/KlientInnen in allen Lebensphasen begleiten und beraten.<br />

Damit verwirklichen wir seit 1984 das von der WHO geforderte Modell der „Primary<br />

Health Care“, so Possert und Mittelbach beim WONCA-Kongress 2000. Ein eigenes<br />

Referat der beiden Ärzte war auch dem Thema „Substitutionsbehandlung von Drogenkranken“<br />

gewidmet.


2000:<br />

GESUNDHEITSPLATTFORM LIEBENAU<br />

Was hat die 4. Internationale Gesundheitsförderungs-Konferenz in<br />

Jakarta mit der Gesundheitsplattform in <strong>Liebenau</strong> zu tun?<br />

V<br />

iel – denn genau ein Jahr nach der Jakarta-Erklärung für das 21. Jahrhundert,<br />

welche die Wichtigkeit gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen, also kollektiver<br />

Bürgerbeteiligung, unterstrich, wurde 2000 im kleinen Graz die Gesundheitsplattform<br />

<strong>Liebenau</strong> vom <strong>SMZ</strong> aus der Taufe geholt.<br />

Denn gerade Gesundheitsförderung im Bezirk oder Stadtteil bietet gute Möglichkeiten,<br />

Strategien zur Gesundheitsentwicklung praktisch umzusetzen. „Aber dies kann nur von<br />

den Menschen selbst kommen und mit ihnen verwirklicht werden“, betont Gustav Mittelbach,<br />

„Gesundheit kann nicht von oben verordnet werden! Daher brauchten wir Netzwerke<br />

und MultiplikatorInnen.“<br />

Ein solches Netzwerk sollte die Gesundheitsplattform <strong>Liebenau</strong> werden.<br />

Das <strong>SMZ</strong> stellte also einen Antrag an die Bezirksversammlung von <strong>Liebenau</strong>, um die Plattform<br />

als wesentliches Anliegen der Bezirkspolitik zu institutionalisieren. <strong>Liebenau</strong>er Vereine<br />

und Organisationen (Parteifraktionen, BezirksvorsteherInnen, BezirksrätInnen, GemeinderätInnen,<br />

Pfarren, Schulen, Seniorenvereine, BürgerInneninitiativen, etc.) erklärten<br />

sich bereit, an der Gründung und Weiterführung der Plattform mitzuarbeiten.<br />

Die von allen Beteiligten gemeinsam verfasste Resolution der Gesundheitsplattform<br />

lautete:<br />

Die Gesundheitsplattform <strong>Liebenau</strong> ist eine Initiative aktiver BürgerInnen des Bezirks,<br />

die sich zum Ziel gesetzt hat, gesundheitsrelevante Themen öffentlich zu diskutieren und<br />

gesundheitsförderliche, öffentlichkeitswirksame Aktionen im Sinne der Resolutionen<br />

der WHO zu ermöglichen. Dabei stützt sich die Gesundheitsplattform <strong>Liebenau</strong> auch auf<br />

das von der Stadt Graz angenommene Programm „Gesunde Städte“ des Regionalbüros<br />

Kopenhagen der WHO.<br />

Inhaltliche Schwerpunkte für die kommenden Jahre:<br />

1. Probleme des Bezirkes: <strong>Info</strong>rmationsmangel untereinander und kaum gesundheitsbezogene<br />

Angebote. Ziel der Plattform: Gesundheitsrelevante <strong>Info</strong>s den BewohnerInnen zukommen<br />

zu lassen und den Kontakt mit den Medien zu fördern. Außerdem sollte eine<br />

bessere Identifikation mit dem eigenen Wohnumfeld geschaffen werden.<br />

2. Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fördern. Diese fänden in <strong>Liebenau</strong> kaum<br />

Freizeit- und Erholungsangebote und würden an Bewegungsmangel, fehlender Motivation,<br />

sowie an Alkohol- und Nikotinmissbrauch leiden. Ziel der Gesundheitsplattform:<br />

einerseits Lust auf Bewegung zu machen, Gesundheitsinformationen an Kinder,<br />

Jugendliche und Eltern weitergeben und andererseits die Schaffung eines kinder- und jugendgerechten<br />

Umfeldes im Bezirk.<br />

3. Als dritter Schwerpunkt wurde die Förderung sozial benachteiligter Gruppen genannt.<br />

39


20<strong>01</strong>: WIE GESUND<br />

IST LIEBENAU?<br />

Im April 1999 fand erstmals eine Diskussion über die gesundheitlichen Belastungen im<br />

Bezirk <strong>Liebenau</strong> statt. An erster Stelle standen hier erhöhte Staubbelastung und Luftverschmutzung,<br />

verursacht durch Verkehr und Industrie. <strong>Liebenau</strong>, als Grazer Randbezirk,<br />

hat besonders mit dem Durchzugs-Schwerverkehr zu kämpfen. Auch der Flächenwidmungsplan<br />

war von Anfang an immer wieder Thema in der Gesundheitsplattform.<br />

Befürchtet wurde eine massive „Umwidmungswelle“ von landwirtschaftlichen Grünflächen<br />

zu Industriegebiet.<br />

<strong>Liebenau</strong>er BürgerInnen bemängelten dabei das kaum vorhandene Engagement eines Großteils<br />

der BezirksbewohnerInnen. Viele von ihnen hätten das Gefühl, als BürgerInnen keinen<br />

Einfluss auf die Entscheidungen der Politik zu haben.<br />

Für das <strong>SMZ</strong> und die Gesundheitsplattform bot sich hier ein wichtiges Aufgabenfeld,<br />

nämlich konsequent einen Empowerment-Ansatz zu verfolgen, der den Menschen die<br />

Möglichkeit gäbe, dieses Gefühl der Machtlosigkeit zu überwinden.<br />

Außerdem wurde beschlossen, aktuelle Daten über die Gesundheit der BürgerInnen in<br />

<strong>Liebenau</strong> zu erheben.<br />

Die <strong>Liebenau</strong>er Gesundheitsstudie sollte der Gesundheitsplattform als Grundlage<br />

dienen, weitere gezielte Aktionen und Projekte zu planen.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse des Berichtes unter der wissenschaftlichen Begleitung von<br />

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Freidl und der Projektleitung der <strong>SMZ</strong>-Ärzte unterstützten internationale<br />

Forschungsresultate, wonach es einen deutlichen Zusammenhang zwischen<br />

Krankheit und Schichtzugehörigkeit und auch schichtspezifische Unterschiede in der<br />

Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands gibt.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:<br />

Menschen mit niedriger Schulbildung fühlen sich kränker, klagen häufiger über<br />

Beschwerden und suchen öfter einen Arzt auf.<br />

<strong>Liebenau</strong>er Frauen haben weniger Selbstvertrauen und leiden weit häufiger an<br />

stressbedingten Schmerzen wie Kopfweh oder Rückenproblemen. Aber Frauen leben<br />

weit gesünder als Männer, sie achten mehr auf ihre Essgewohnheiten, machen<br />

mehr Sport und sind weniger übergewichtig. Dennoch sind die <strong>Liebenau</strong>er Frauen<br />

öfter krank, öfter im Krankenstand und Krankenhaus als Männer.<br />

Die häufigsten Schmerzen sind Rücken- und Kreuzschmerzen, gefolgt von<br />

Nacken- und Schulterschmerzen, aber auch Müdigkeit tagsüber.<br />

40<br />

Der <strong>Liebenau</strong>er Verkehr wird von den<br />

BewohnerInnen als sehr belastend empfunden.


in %<br />

Beinahe tägliche Rückenschmerzen<br />

Ab Maturaniveau<br />

Fachschule<br />

Lehre<br />

21,3 13,6 9,4 2,4<br />

PflichtschulabsolventInnen<br />

in %<br />

Verteilung der Bildungskategorien<br />

unter jenen, die beinahe täglich<br />

über Rückenschmerzen klagen<br />

Ab Maturaniveau<br />

Fachschule<br />

Lehre<br />

54,3 35,7 7,1 2,9<br />

PflichtschulabsolventInnen<br />

in %<br />

Beinahe tägliche Kopfschmerzen<br />

Ab Maturaniveau<br />

Fachschule<br />

Lehre<br />

17 9,3 3,8 7<br />

PflichtschulabsolventInnen<br />

in %<br />

Sehr guter Gesundheitszustand<br />

7,3 20,8 17 34,9<br />

Ab Maturaniveau<br />

Fachschule<br />

Lehre<br />

PflichtschulabsolventInnen<br />

41


42


43


Empowerment-Prozess durch die Gesundheitsplattform –<br />

Entwicklung der <strong>Liebenau</strong>er Bürgerinitiativen:<br />

Im Juni 1999 fand der „<strong>Liebenau</strong>er Naturspaziergang“ mit dem Ziel einer Bestandsaufnahme<br />

der Grünflächen im Bezirk statt. Das Interesse der Bevölkerung war sehr<br />

groß und die fotografischen Eindrücke dieses Spazierganges wurden öffentlich bei<br />

einem <strong>Info</strong>-Abend präsentiert.<br />

Im Juli 1999 Verkehrszählung durch die BürgerInnen von <strong>Liebenau</strong> in der <strong>Liebenau</strong>er<br />

Hauptstraße: 17.000 Autos täglich machen das Radfahren und zu Fußgehen<br />

in dieser Straße beinahe unmöglich.<br />

Wegen bekannt hoher Feinstaubwerte verlangten die TeilnehmerInnen der Plattform<br />

mehr Messstationen und eine Reduktion des Verkehrs in den Wohnstraßen.<br />

Man fordert den Ausbau von Freizeitangeboten und Grünflächen.<br />

Einen großen inhaltlichen Schwerpunkt der Plattformtreffen bildete ab dem Jahr<br />

2000 das Stadtentwicklungskonzept (STEK).<br />

Die Hauptkritikpunkte der Plattform-TeilnehmerInnen kreisten um die geplante Umwidmung<br />

von Grünflächen in Industriezonen. Da die BürgerInnenbeteiligung bei der Erstellung<br />

des STEK sträflich vernachlässigt worden war, wurden die Plattform-TeilnehmerInnen<br />

selbst initiativ und verfassten eine Resolution, unterstützt von den Bezirksvorstehern.<br />

Darin wurde von der Stadt Graz offiziell gefordert, den öffentlichen Verkehr als Gegenleistung<br />

dafür auszubauen, dass die geplanten Betriebsansiedelungen in <strong>Liebenau</strong> zusätzliche<br />

Kommunalsteuern für die Stadt einbringen.<br />

44<br />

Nachdem das STEK im Jahr 20<strong>01</strong> beschlossen wurde, jedoch die Forderungen der Bürger-<br />

Innen nach einer Erweiterung der Grünflächen und einer Verringerung der Industriezonen<br />

nicht berücksichtigt worden waren, begannen sich BürgerInneninitiativen zu formieren.


Adelheid Mayr, Sprecherin der <strong>Liebenau</strong>er Union der BürgerInneninitiativen, LUBI: „Als<br />

ich vor 10 Jahren nach <strong>Liebenau</strong> zog, wollte ich für meine Kinder eine gute, gesunde Umgebung.<br />

20<strong>01</strong>, mit dem Entwurf des Flächenwidmungsplans, kam der Schock: Landwirtschaftlich<br />

ausgewiesene Flächen sollten umgewidmet werden, Bauern und Bäuerinnen<br />

wussten nicht Bescheid! Wir begannen, Unterschriften gegen diesen Plan zu sammeln.“<br />

Dass mehr als 1.000 Menschen in <strong>Liebenau</strong> unterzeichneten, war ein großer Erfolg und<br />

bewirkte die Rücknahme eines Großteils der als Industriezone ausgewiesenen Flächen.<br />

LUBI vereinte mittlerweile 11 Einzelinitiativen, deren SprecherInnen in der Gesundheitsplattform<br />

vertreten waren, wie z.B.<br />

▪ die BürgerInneninitiative Neufeldweg,<br />

▪ BI Engelsdorf/Neudorf,<br />

▪ die Initiative Anschluss Styriastraße,<br />

▪ Initiative Esserweg,<br />

▪ der Verein „Nachbar Anrainer Schutz Allianz – NASA“<br />

▪ BI „Verkehr Eichbachgasse“, etc.<br />

Sie alle forderten die Trennung von Wohngebieten, Industrie und Gewerbe, ausreichende<br />

Pufferzonen dazwischen, regelmäßige Lärmpegel-Messungen, Lärmschutzwände, Stopp<br />

des Wirtschaftsverkehrs in den Wohnsiedlungen, Maßnahmen gegen die starke Geruchsbelästigung<br />

der Lackiererei der Fa. Magna, Tempo 30 in Wohngebieten, Tempo 60 oder 80<br />

auf dem Autobahnzubringer Graz-Ost bei Tag und bei Nacht, Maßnahmen gegen die hohe<br />

Feinstaubbelastung in <strong>Liebenau</strong>.<br />

Gründungsziel der LUBI war es, die Anliegen und Forderungen aller <strong>Liebenau</strong>erInnen zu<br />

vertreten, das <strong>SMZ</strong> sah seine Aufgabe darin, Zusammenkünfte der Initiativen zu bündeln<br />

und <strong>Info</strong>rmationen an die Bevölkerung, Presse und politischen Vertreter weiterzugeben.<br />

Um ihren Interessen verstärkt Gehör zu verschaffen, griff die Union der BürgerInneninitiativen<br />

auch zu drastischen Mitteln wie einer Straßenblockade.<br />

45


Leitbild für einen „gesunden Bezirk“<br />

Anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Gesundheitsplattform wurde eine Art Zwischenevaluierung<br />

durchgeführt. Wichtig war allen Beteiligten, dass diese „Gesundheitscharta“<br />

konkrete Forderungen an die PolitikerInnen und Ziele enthalten sollte.<br />

Die Kategorien im Leitbild:<br />

▪ Verkehr<br />

▪ Industrie und Gewerbe<br />

▪ Wohnen<br />

▪ Natur<br />

▪ Infrastruktur und Angebote im Bezirk<br />

▪ Soziales<br />

▪ Kinder und Jugendliche<br />

▪ BürgerInnenbeteiligung<br />

Im Juli 2006 konnte das Leitbild der Öffentlichkeit präsentiert werden:<br />

Der Obmann des <strong>SMZ</strong>, Dr. Rainer Possert, verwies anlässlich der Präsentationsveranstaltung<br />

darauf, dass „das Leitbild ‚Gesundes <strong>Liebenau</strong>‘ als Ergebnis einer langen und<br />

intensiven Arbeit engagierter Bürgerinnen und Bürger des Bezirkes <strong>Liebenau</strong> betrachtet<br />

werden kann“. Dr. Gustav Mittelbach betonte, dass das Leitbild kein geistiges Produkt<br />

des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> sei: „Wir verstehen uns in der Rolle der Mediatoren, die zwischen<br />

BürgerInnen und PolitikerInnen vermitteln. Wir haben die Ziele und Forderungen der<br />

BürgerInnen gesammelt und zusammengefasst“.<br />

Das Leitbild wurde an die anwesenden Stadt- und Bezirksräte übergeben und von der zuständigen<br />

Gesundheitsstadträtin als Maßnahme gewürdigt, die „unbedingt in die Grazer<br />

Stadtplanung einfließen sollte“.<br />

Doch die Mühlen der Politik mahlen langsam.<br />

Einige Forderungen wurden in den letzten<br />

Jahren umgesetzt, wie etwa:<br />

46<br />

▪ die Schaffung und der Ausbau von sicheren Radwegen im Bezirk,<br />

▪ eine bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr durch Straßenbahn<br />

und S-Bahn,<br />

▪ die Errichtung einer Park & Ride Anlage,<br />

▪ die Nutzbarmachung der Murauen für Gehwege und Freizeitgestaltung,<br />

▪ die Errichtung eines Rad- und Fußweges entlang des Petersbaches,<br />

▪ die Renaturierung dieses Baches,<br />

▪ die Gestaltung eines Sport-, Spiel- und Skaterparks für Kinder und<br />

Jugendliche und die Ausweitung des Jugendzentrums im Bezirk auf<br />

neue, wintertaugliche Räumlichkeiten.<br />

▪ Die Murauen südlich der Autobahn sind mittlerweile ein Freizeitpark.<br />

▪ Der Grünanger bekam eine <strong>SMZ</strong>-Beratungs-Aussenstelle und einen<br />

„Gemeinschaftsgarten“.


Eine der wichtigsten Auswirkungen der Interventionen durch die Gesundheitsplattform<br />

<strong>Liebenau</strong> ist sicherlich die Stärkung der BürgerInnenbeteiligung im Bezirk.<br />

Veranstaltungen zu medizinischen Themen dienen der Patienteninformation, die<br />

Themen selbst werden dabei auch von den TeilnehmerInnen der Plattform eingefordert<br />

und können in der Zeitschrift „<strong>SMZ</strong>-<strong>Info</strong>“ nachgelesen werden. Die Zeitschrift wird<br />

kostenlos an ca. 1.300 Interessierte versandt.<br />

Viele, viele kleine und große Schritte wurden gesetzt, viele Forderungen der „befähigten<br />

BürgerInnen“ müssen aber noch umgesetzt werden. Es ist zu wünschen, dass sich der<br />

Elan und Kampfgeist der <strong>Liebenau</strong>er Bevölkerung in den nächsten Jahren fortsetzt, wenn<br />

es darum geht, die eigene Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern!<br />

Wir verstehen uns in der Rolle der Mediatoren, die<br />

zwischen BürgerInnen und PolitikerInnen vermitteln.<br />

Wir haben die Ziele und Forderungen der BürgerInnen<br />

gesammelt und zusammengefasst.<br />

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SEIT 2000:<br />

<strong>SMZ</strong>-GESUNDHEITSPROJEKTE<br />

WENN SCHON FALLEN, DANN RICHTIG!<br />

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Mädchen lassen sich fallen, und rollen am Boden. Ganz bewusst. Sie<br />

lernen, wie sie richtig stürzen, ohne sich wehzutun!<br />

Mit dem Projekt „Sturz und Fall“, organisiert von Soziologin Saskia Dyk,<br />

das ab 2000 in der Hauptschule Dr. Renner und ab 20<strong>01</strong> in der Engelsdorfer<br />

Schule mit vierzehnjährigen Mädchen durchgeführt wurde, kam das <strong>SMZ</strong> wieder<br />

Wünschen von TeilnehmerInnen der Gesundheitsplattform nach.<br />

Mit einer finanziellen Förderung des Amtes für Jugend und Familie und der Allgemeinen<br />

Unfallversicherung AUVA konnten Taekwondo-Jugendtrainer engagiert werden, die im<br />

Rahmen des Turnunterrichts das Selbstvertrauen der Mädchen und ihre Geschicklichkeit<br />

in Koordination und auch in Selbstverteidigungsübungen stärkten.<br />

Im Evaluierungsbericht dieses Projekts kann nachvollzogen werden, wie sich z.B. das<br />

soziale Verhalten der Mädchen in folgenden Monaten geändert hat: „Die Mädchen der<br />

HS Dr. Renner sind von Anfang an recht unkoordiniert und undiszipliniert, vor allem<br />

Ausländerinnen fühlen sich als Außenseiterinnen. Mit der Zeit kann man sehr deutlich<br />

beobachten, wie alle Mädchen mehr und mehr mitmachen. Vor allem die Außenseiterinnen<br />

gewinnen an Selbstvertrauen, genießen die Aufmerksamkeit des Trainers und<br />

werden bis zum Ende stärker in die Gruppe eingebunden. Insgesamt lässt sich eine<br />

deutliche Leistungssteigerung erkennen, was die Lerngeschwindigkeit betrifft, auch<br />

schwierige Übungen, z.B. höhere Distanzen beim Sprung auf die Weichmatte, werden<br />

selbstsicher ausgeführt.“<br />

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