Interorganizational Information Exchange in Horizontal Alliances

Interorganizational Information Exchange in Horizontal Alliances Interorganizational Information Exchange in Horizontal Alliances

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Unternehmensübergreifender Informationsaustausch in horizontalen Allianzen: Eine spieltheoretische Analyse mit Hilfe eines agentenbasierten Simulationsmodells eingereicht von: Roland Bauer Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum socialium oeconomicarumque (Dr. rer. soc. oec.) Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik Universität Wien Wien, im Oktober 2003 Erstgutachter: Univ. Prof. Dr. Rudolf Vetschera Zweitgutachter: Univ. Prof. Dr. Thomas Pfeiffer

Unternehmensübergreifender<br />

<strong>Information</strong>saustausch <strong>in</strong> horizontalen Allianzen:<br />

E<strong>in</strong>e spieltheoretische Analyse mit Hilfe e<strong>in</strong>es<br />

agentenbasierten Simulationsmodells<br />

e<strong>in</strong>gereicht von:<br />

Roland Bauer<br />

Dissertation<br />

zur Erlangung des akademischen Grades<br />

Doctor rerum socialium oeconomicarumque<br />

(Dr. rer. soc. oec.)<br />

Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Informatik<br />

Universität Wien<br />

Wien, im Oktober 2003<br />

Erstgutachter: Univ. Prof. Dr. Rudolf Vetschera<br />

Zweitgutachter: Univ. Prof. Dr. Thomas Pfeiffer


Vorwort<br />

Vorwort<br />

Seite I<br />

„Obwohl wir weiterh<strong>in</strong> davon überzeugt s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> ei-<br />

ner Industriegesellschaft zu leben, s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> Wirklichkeit<br />

auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die auf<br />

Erstellung von <strong>Information</strong>en und deren Verbreitung<br />

basiert.“<br />

John Naisbitt (*1930), amerik. Prognostiker<br />

Wir alle leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Welt, die durch die zunehmende <strong>in</strong>formationstechnische Vernetzung<br />

immer kle<strong>in</strong>er wird. Daten und <strong>Information</strong>en können <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> Sekundenbruchteilen<br />

weltweit verbreitet werden und noch nie war es so e<strong>in</strong>fach, <strong>Information</strong>en e<strong>in</strong>em großen Publikum<br />

zugänglich zu machen, wie heute. Allerd<strong>in</strong>gs wird ob dieser technischen Möglichkeiten<br />

vielfach auf die zentrale Grundfrage vergessen, ob Personen und <strong>in</strong>sbesondere Firmen bereit<br />

s<strong>in</strong>d, ihre wichtigen <strong>Information</strong>en mit anderen zu teilen oder weiterzugeben. <strong>Information</strong>en<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der heutigen Wissensgesellschaft e<strong>in</strong> wichtiger Produktionsfaktor für die Generierung<br />

von Wissen und den damit verbundenen Wettbewerbsvorteilen. So zeigt beispielsweise der<br />

jüngste Fall der Softwarefirma Valve, deren kompletter Quellcode ihrer lang erwarteten Software<br />

kurz vor der Veröffentlichung von Hackern gestohlen und im Internet publiziert wurde,<br />

welcher Schaden durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> dieser vernetzten Welt entstehen kann 1 .<br />

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit der zentralen Fragestellung, ob ökonomische<br />

Anreize für e<strong>in</strong>en unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>saustausch <strong>in</strong> der heutigen<br />

Wissensgesellschaft bestehen.<br />

Im Zuge dieser Forschungsarbeiten war ich selber immer wieder mit dem Phänomen des <strong>Information</strong>stransfers<br />

konfrontiert, der sich <strong>in</strong> den vielen Diskussionen mit Kollegen, Freunden<br />

und Verwandten ergeben hat. Ohne deren Hilfe und <strong>Information</strong>en wäre diese Arbeit nicht<br />

möglich gewesen.<br />

Me<strong>in</strong> besonderer Dank gilt daher me<strong>in</strong>em Doktorvater und akademischen Lehrer, Herrn Prof.<br />

Dr. Rudolf Vetschera, der mich <strong>in</strong> den wichtigen Phasen dieser Arbeit immer unterstützt und<br />

gefördert hat. Durch se<strong>in</strong>e Ratschläge war es mir möglich diese Arbeit zielstrebig und wissen-<br />

1 Für nähere <strong>Information</strong>en siehe http://news.bbc.co.uk/1/hi/technology/3162074.stm. Zugriff: 16.10.2003.


Vorwort<br />

Seite II<br />

schaftlich korrekt voranzutreiben ohne <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er eigenen (Forschungs)freiheit e<strong>in</strong>geschränkt<br />

gewesen zu se<strong>in</strong>. Danken möchte ich auch me<strong>in</strong>em Zweitbegutachter Herrn Prof. Dr. Thomas<br />

Pfeiffer, dessen Anregungen vor allem im spieltheoretischen Teil sehr nützlich und hilfreich<br />

für mich waren.<br />

Me<strong>in</strong>en Kollegen, <strong>in</strong>sbesondere Herrn Mag. Albert Schw<strong>in</strong>genschlögl danke ich für die Dis-<br />

kussionsbereitschaft und emotionale Unterstützung. Me<strong>in</strong> ganz spezieller Dank gilt me<strong>in</strong>er<br />

langjährigen Kolleg<strong>in</strong> Frau Dr. Sab<strong>in</strong>e Köszegi, die mich auf die Idee zu diesem Thema gebracht<br />

hat und mir <strong>in</strong> schwierigen Phasen stets hilfreich zur Seite gestanden ist.<br />

Zum Abschluss möchte ich auch me<strong>in</strong>er Familie, me<strong>in</strong>en Freunden und me<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> danken,<br />

die auch <strong>in</strong> diesen schwierigen Zeiten stets h<strong>in</strong>ter mir gestanden s<strong>in</strong>d.<br />

Roland Bauer


Eidesstattliche Erklärung<br />

Eidesstattliche Erklärung<br />

Seite III<br />

Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benut-<br />

zung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt<br />

oder <strong>in</strong>direkt übernommenen Gedanken s<strong>in</strong>d also solche kenntliche gemacht.<br />

Die Arbeit wurde bisher <strong>in</strong> gleicher oder ähnlicher Form ke<strong>in</strong>er anderen Prüfungsbehörde<br />

vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.<br />

Wien, Oktober 2003


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite IV<br />

1 EINLEITUNG .................................................................................................................. 1<br />

1.1 AUSGANGSSITUATION UND PROBLEMSTELLUNG......................................................... 1<br />

1.2 METHODIK .................................................................................................................. 4<br />

1.3 AUFBAU UND STRUKTUR DER ARBEIT......................................................................... 6<br />

2 INFORMATION UND WISSEN.................................................................................... 8<br />

2.1 INFORMATIONSBEGRIFF............................................................................................. 12<br />

2.2 WISSENSBEGRIFF....................................................................................................... 17<br />

2.3 INFORMATIONS- UND WISSENSGENERIERUNG IN ORGANISATIONEN ......................... 20<br />

2.4 EIGENSCHAFTEN VON INFORMATION UND WISSEN.................................................... 28<br />

2.4.1 <strong>Information</strong> und Wissen als öffentliche Güter.................................................. 28<br />

2.4.2 <strong>Information</strong> und Wissen als Produktionsfaktoren............................................ 32<br />

2.4.3 Qualitätskriterien der <strong>Information</strong>................................................................... 35<br />

2.4.4 Zusammenfassung ............................................................................................ 37<br />

2.5 BEDEUTUNG VON INFORMATION UND WISSEN IN DER BETRIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE ..<br />

................................................................................................................................. .38<br />

2.5.1 Entscheidungstheorie ....................................................................................... 38<br />

2.5.2 Strategisches Management............................................................................... 48<br />

2.6 ZUSAMMENFASSUNG................................................................................................. 56<br />

3 INFORMATIONSTRANSFER IN ALLIANZEN ...................................................... 60<br />

3.1 ARTEN DES INFORMATIONSTRANSFERS..................................................................... 60<br />

3.2 WISSENSALLIANZEN UND HORIZONTALE NETZWERKE .............................................. 65<br />

3.3 PROBLEMSTELLUNG DES INFORMATIONSTRANSFERS ................................................ 74<br />

3.4 EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE TRANSFERENTSCHEIDUNG........................................... 78<br />

3.4.1 Änderung des <strong>Information</strong>swertes.................................................................... 78<br />

3.4.2 Änderung der Instrumentalität......................................................................... 85<br />

3.4.3 Unsicherheit der Erwartungen......................................................................... 90<br />

3.4.4 Nutzen der Kooperation ................................................................................... 93<br />

3.4.5 Kritische Anmerkungen zur Literatur .............................................................. 97<br />

3.4.6 Zusammenfassung ............................................................................................ 98


Inhaltsverzeichnis<br />

4 SPIELTHEORETISCHE ANALYSE DES<br />

Seite V<br />

INFORMATIONSTRANSFERPROBLEMS.................................................................... 100<br />

4.1 SPIELTHEORETISCHES GRUNDMODELL NACH VON HIPPEL ...................................... 100<br />

4.2 ERWEITERUNGSMÖGLICHKEITEN DES GRUNDMODELLS .......................................... 107<br />

4.3 ERWEITERUNG DER PRÄFERENZEN.......................................................................... 109<br />

4.3.1 Ord<strong>in</strong>ale Präferenzen..................................................................................... 109<br />

4.3.2 Soziale Präferenzen........................................................................................ 111<br />

4.4 INFORMATIONSASYMMETRIEN ................................................................................ 115<br />

4.4.1 Sequentielle Spiele und Imperfekte <strong>Information</strong>en......................................... 116<br />

4.4.2 Sequentielle Spiele und unvollständige <strong>Information</strong>en .................................. 119<br />

4.4.3 Zusammenfassung .......................................................................................... 129<br />

4.5 ÄNDERUNG DER AUSZAHLUNGSFUNKTIONEN ......................................................... 131<br />

4.5.1 Regelorientierte Lösung ................................................................................. 131<br />

4.5.2 Erweitertes Modell mit Synergieeffekten und direktem Kooperationsnutzen 133<br />

4.6 WIEDERHOLTE SPIELE............................................................................................. 144<br />

4.6.1 E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Theorie wiederholter Spiele.............................................. 144<br />

4.6.2 Das <strong>Information</strong>stransferdilemma als wiederholtes Spiel ............................. 147<br />

4.6.3 Zusammenfassung .......................................................................................... 155<br />

4.7 INFORMATIONSTRANSFER AUS SPIELTHEORETISCHER SICHTWEISE – EINE<br />

ZUSAMMENFASSUNG........................................................................................................... 156<br />

5 AGENTENBASIERTES SIMULATIONSMODELL DES<br />

INFORMATIONSTRANSFERS ........................................................................................ 160<br />

5.1 AGENTENBASIERTE SIMULATIONSMODELLE ........................................................... 161<br />

5.2 DAS MODELL .......................................................................................................... 168<br />

5.2.1 Die Umwelt..................................................................................................... 170<br />

5.2.2 Die Firmenagenten......................................................................................... 175<br />

5.2.3 Verhaltensregeln ............................................................................................ 188<br />

5.2.4 Modellzusammenfassung................................................................................ 190<br />

5.3 MODELLVERIFIKATION UND -VALIDIERUNG ............................................................ 193<br />

5.4 EXPERIMENTELLES DESIGN..................................................................................... 197<br />

5.5 HYPOTHESEN........................................................................................................... 201<br />

5.6 SIMULATIONSERGEBNISSE....................................................................................... 209<br />

5.6.1 Hypothese 1.................................................................................................... 209


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite VI<br />

5.6.2 Hypothese 2.................................................................................................... 213<br />

5.6.3 Hypothese 3.................................................................................................... 222<br />

5.6.4 Hypothese 4.................................................................................................... 224<br />

5.6.5 Hypothese 5.................................................................................................... 235<br />

5.6.6 Hypothesen 6 und 7........................................................................................ 238<br />

5.6.7 Konfirmatorisches Regressionsmodell der Hypothesen 4 bis 7..................... 240<br />

5.6.8 Hypothese 8.................................................................................................... 245<br />

6 ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................. 248<br />

7 LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................... 252<br />

8 ANHANG ...................................................................................................................... 265<br />

8.1 ANHANG 1: PROGRAMMCODE ................................................................................. 265<br />

8.1.1 Startfunktion................................................................................................... 265<br />

8.1.2 Funktion Parameter ....................................................................................... 271<br />

8.1.3 Funktion Vertrauen ........................................................................................ 272<br />

8.1.4 Funktion Marktapproximation ....................................................................... 273<br />

8.1.5 Funktion Likelihoods...................................................................................... 274<br />

8.1.6 Funktion Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsapproximation ................................................ 276<br />

8.1.7 Funktion Entscheidung................................................................................... 277<br />

8.1.8 Funktion Ergebnis.......................................................................................... 279<br />

8.1.9 Funktion Gew<strong>in</strong>n............................................................................................ 280<br />

8.2 ANHANG 2: LATIN SQUARE………………………………………………...………...281


Verzeichnisse<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Seite VII<br />

ABBILDUNG 1: AUFBAU UND STRUKTUR DER ARBEIT............................................................................................. 6<br />

ABBILDUNG 2: MODELLE DES WISSENS. ................................................................................................................. 9<br />

ABBILDUNG 3: ANALYSEEBENEN DER INFORMATIONSÜBERTRAGUNG. ................................................................. 12<br />

ABBILDUNG 4 : DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN DEN EBENEN DER BEGRIFFSHIERARCHIE. .......................................... 14<br />

ABBILDUNG 5: SPIRALE DER ORGANISATIONALEN WISSENSERZEUGUNG. ............................................................. 22<br />

ABBILDUNG 6: ORGANISATIONALE WISSENSBASIS. .............................................................................................. 25<br />

ABBILDUNG 7: ZUSAMMENFASSENDES MODELL DER INFORMATIONS- UND WISSENSENTSTEHUNG IN<br />

ORGANISATIONEN. ....................................................................................................................................... 27<br />

ABBILDUNG 8: ENTSCHEIDUNGSMATRIX............................................................................................................... 40<br />

ABBILDUNG 9: KONTINUUM DES INFORMATIONSSTANDES.................................................................................... 42<br />

ABBILDUNG 10: SINNHAFTIGKEIT DER INFORMATIONSBESCHAFFUNG. ................................................................. 46<br />

ABBILDUNG 11: TRIEBKRÄFTE DES WANDELS ZUR INFORMATIONS- UND WISSENSGESELLSCHAFT...................... 49<br />

ABBILDUNG 12 :UNTERNEHMERISCHE IDEE ALS KREATIVER BRÜCKENSCHLAG ZWISCHEN INFORMATIONSPHÄREN<br />

..................................................................................................................................................................... 50<br />

ABBILDUNG 13: QUELLEN NACHHALTIGER WETTBEWERBSVORTEILE................................................................... 51<br />

ABBILDUNG 14: DIE WISSENSTREPPE.................................................................................................................... 55<br />

ABBILDUNG 15: EVOLUTION DER INFORMATIONSTECHNISCHEN ZUSAMMENARBEIT. ........................................... 66<br />

ABBILDUNG 16: KGN-MODELL DES INTERORGANISATIONALEN LERNENS IN ALLIANZEN.................................... 72<br />

ABBILDUNG 17: GRUNDPROBLEM DES INFORMATIONSTRANSFERS IN KOOPERATIONEN. ...................................... 76<br />

ABBILDUNG 18: ÄNDERUNG DES INFORMATIONSWERTES. .................................................................................... 81<br />

ABBILDUNG 19: ZUSAMMENSETZUNG DES ZUSATZWERTES. ................................................................................. 83<br />

ABBILDUNG 20: DREI MÖGLICHE GRÜNDE FÜR EINE GERINGE INSTRUMENTALITÄT. ............................................ 90<br />

ABBILDUNG 21: EINTEILUNG DES KOOPERATIONSNUTZEN.................................................................................... 93<br />

ABBILDUNG 22: WICHTIGKEIT, ERWARTUNG UND BEREITSCHAFT DES INFORMATIONSTRANSFERS IM VERGLEICH.<br />

..................................................................................................................................................................... 95<br />

ABBILDUNG 23: EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE TRANSFERENTSCHEIDUNG............................................................. 99<br />

ABBILDUNG 24: DILEMMA DES ZWISCHENBETRIEBLICHEN INFORMATIONSTRANSFERS....................................... 102<br />

ABBILDUNG 25: MÖGLICHE FÄLLE AUFGRUND DER DIFFERENZ AUS GRUND- UND ZUSATZWERT. ..................... 102<br />

ABBILDUNG 26: ZAHLENBEISPIEL DER MÖGLICHEN SPIELSITUATIONEN.............................................................. 106<br />

ABBILDUNG 27: VORGENOMMENE ERWEITERUNGEN DES GRUNDMODELLS. ...................................................... 108<br />

ABBILDUNG 28: INFORMATIONSTRANSFERDILEMMA MIT ORDINALEN PRÄFERENZEN. ........................................ 110<br />

ABBILDUNG 29: INFORMATIONSTRANSFER-SPIEL MIT SOZIALEN PRÄFERENZEN. ................................................ 114<br />

ABBILDUNG 30: INFORMATIONSTRANSFERDILEMMA ALS SEQUENTIELLES SPIEL MIT PERFEKTER UND<br />

IMPERFEKTER INFORMATION...................................................................................................................... 118<br />

ABBILDUNG 31: INFORMATIONSTRANSFER-SPIEL MIT UNVOLLSTÄNDIGER INFORMATION ÜBER DEN<br />

GEGENSPIELER........................................................................................................................................... 122<br />

ABBILDUNG 32: INFORMATIONSTRANSFER-SPIEL MIT UNVOLLSTÄNDIGER INFORMATION ÜBER DEN EIGENEN<br />

INFORMATIONSWERT.................................................................................................................................. 125


Verzeichnisse<br />

Seite VIII<br />

ABBILDUNG 33: INFORMATIONSTRANSFER-SPIEL MIT VERTRAGLICHEN STRAFZAHLUNGEN............................... 132<br />

ABBILDUNG 34: ALLGEMEINE SPIELMATRIX DES SYMMETRISCHEN INFORMATIONSTRANSFER-SPIELS. .............. 135<br />

ABBILDUNG 35: INFORMATIONSTRANSFER-SPIEL MIT EINER ERWEITERTEN AUSZAHLUNGSMATRIX. ................. 136<br />

ABBILDUNG 36: ZAHLENBEISPIEL DES ERWEITERTEN MODELLS MIT SYNERGIEEFFEKTEN FÜR DEN FALL DES<br />

INFORMATIONSTRANSFERDILEMMAS. ........................................................................................................ 140<br />

ABBILDUNG 37: ERWEITERTE AUSZAHLUNGSMATRIX DES INFORMATIONSTRANSFER-SPIELS MIT DIREKTEM<br />

KOOPERATIONSNUTZEN. ............................................................................................................................ 141<br />

ABBILDUNG 38: ZWEIPERIODIGES INFORMATIONSTRANSFERDILEMMA-SPIEL..................................................... 151<br />

ABBILDUNG 39: COMPUTERSIMULATION UND EXPERIMENTE.............................................................................. 161<br />

ABBILDUNG 40: MÖGLICHKEITEN ZUR ANALYSE EINES KOMPLEXEN, INTERAKTIVEN SYSTEMS......................... 164<br />

ABBILDUNG 41: EINFACHE SCHEMATISCHE DARSTELLUNG ADAPTIVER, AGENTENBASIERTER<br />

SIMULATIONSSYSTEME. ............................................................................................................................. 166<br />

ABBILDUNG 42: SCHEMATISCHER MODELLÜBERBLICK....................................................................................... 169<br />

ABBILDUNG 43: SUBJEKTIVE WAHRSCHEINLICHKEITEN DER UMWELTZUSTÄNDE IM<br />

INFORMATIONSTRANSFERDILEMMA-SPIEL................................................................................................. 171<br />

ABBILDUNG 44: SUBJEKTIVE WAHRSCHEINLICHKEITEN DER UMWELTZUSTÄNDE AUFGRUND DER GEGNERISCHEN<br />

ALLIANZPERFORMANCE. ............................................................................................................................ 172<br />

ABBILDUNG 45: MÖGLICHE FÄLLE DER MARKTGEWINNAUFTEILUNG ANHAND DER DREI METASTRATEGIEN..... 174<br />

ABBILDUNG 46: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN SUBJEKTIVER KOOPERATIONSERWARTUNG V T,I UND ANZAHL VON<br />

KOOPERATIONEN. ...................................................................................................................................... 180<br />

ABBILDUNG 47: ANPASSUNG DER A PRIORI WAHRSCHEINLICHKEITEN................................................................ 182<br />

ABBILDUNG 48: VERHALTEN DER ANPASSUNGSALGORITHMEN UNTER REALEN SIMULATIONSBEDINGUNGEN. .. 186<br />

ABBILDUNG 49: INFORMATIONSTRANSFERENTSCHEIDUNGSPROBLEM EINES RATIONALEN UNTERNEHMENS. ..... 189<br />

ABBILDUNG 50: HIERARCHISCHES EXPERIMENTDESIGN...................................................................................... 201<br />

ABBILDUNG 51: EINFLUSS DES MARKTVOLUMENS M AUF DEN INFORMATIONSTRANSFER. ................................. 202<br />

ABBILDUNG 52: BEISPIEL FÜR POSITIVE AUSWIRKUNGEN DES MARKTDRUCKS AUF DEN INFORMATIONSTRANSFER.<br />

................................................................................................................................................................... 204<br />

ABBILDUNG 53: BEISPIEL FÜR NEGATIVE AUSWIRKUNGEN DES MARKTDRUCKS AUF DEN<br />

INFORMATIONSTRANSFER. ......................................................................................................................... 205<br />

ABBILDUNG 54: TRANSFERIERTE INFORMATIONEN JE SPIELER IN ABHÄNGIGKEIT VOM MARKTVOLUMEN......... 210<br />

ABBILDUNG 55: BOXPLOT DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN IN ABHÄNGIGKEIT VOM MARKTVOLUMEN. 211<br />

ABBILDUNG 56: TRANSFERIERTE INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH MARKTDRUCK UND VERTRAUENSVOLLEN<br />

STRATEGIEN............................................................................................................................................... 216<br />

ABBILDUNG 57: TRANSFERIERTE INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH MARKTDRUCK UND GEMISCHTEN<br />

STRATEGIEN............................................................................................................................................... 218<br />

ABBILDUNG 58: TRANSFERIERTE INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH MARKTDRUCK UND RATIONALEN<br />

STRATEGIEN............................................................................................................................................... 219<br />

ABBILDUNG 59: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN IM ZEITABLAUF................................... 223<br />

ABBILDUNG 60: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN IM ZEITABLAUF GEGLIEDERT NACH<br />

STRATEGIEKOMBINATIONEN. ..................................................................................................................... 224<br />

ABBILDUNG 61: ANZAHL TRANSFERIERTER INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH STRATEGIEKOMBINATIONEN. 225


Verzeichnisse<br />

Seite IX<br />

ABBILDUNG 62: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN AUFGESCHLÜSSELT NACH SPIELERN UND<br />

STRATEGIKOMBINATIONEN. ....................................................................................................................... 227<br />

ABBILDUNG 63: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BASIS-KOOPERATIONSERWARTUNG UND INFORMATIONSTRANSFER<br />

BEI RATIONALER STRATEGIE. ..................................................................................................................... 229<br />

ABBILDUNG 64: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BASIS-KOOPERATIONSERWARTUNG UND INFORMATIONSTRANSFER<br />

BEI EINER VERTRAUENSSTRATEGIE............................................................................................................ 230<br />

ABBILDUNG 65: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN AUFGESCHLÜSSELT NACH SPIELERN UND<br />

STRATEGIKOMBINATIONEN MIT V I=0.8...................................................................................................... 231<br />

ABBILDUNG 66: ANZAHL TRANSFERIERTER INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH STRATEGIEKOMBINATIONEN MIT<br />

V I=0.8. ....................................................................................................................................................... 232<br />

ABBILDUNG 67: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN AUFGESCHLÜSSELT NACH SPIELERN UND<br />

STRATEGIKOMBINATIONEN MIT V I=0.2...................................................................................................... 233<br />

ABBILDUNG 68: ANZAHL TRANSFERIERTER INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH STRATEGIEKOMBINATIONEN MIT<br />

V I=0.2. ....................................................................................................................................................... 234<br />

ABBILDUNG 69: MITTELWERT DER GEWINNE AUFGESCHLÜSSELT NACH STRATEGIEKOMBINATIONEN. .............. 237<br />

ABBILDUNG 70: EINFLUSS DER GEDÄCHTNISTIEFE ALLIANZ A I. ......................................................................... 239<br />

ABBILDUNG 71: ERKLÄRTE VARIANZ DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN UND ANZAHL GERECHNETER<br />

INTERAKTIONSTERME................................................................................................................................. 244<br />

ABBILDUNG 72: HIERARCHISCHES SYSTEM DER EINFLUSSFAKTOREN IM DETERMINISTISCHEN MODELL............ 245<br />

ABBILDUNG 73: MITTELWERT UND MEDIAN DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN IN ABHÄNGIGKEIT VON DER<br />

FEHLERWAHRSCHEINLICHKEIT................................................................................................................... 246<br />

ABBILDUNG 74: HISTOGRAMM DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN MIT F I=0.05.......................................... 246


Verzeichnisse<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Seite X<br />

TABELLE 1: VERGLEICH DER DREI WISSENSEPISTEMOLOGIEN............................................................................... 11<br />

TABELLE 2: ARTEN DER ORGANISATIONALEN WISSENSERZEUGUNG/-TRANSFORMATION. .................................... 21<br />

TABELLE 3 : VERGLEICH MATERIELLER PRODUKTIONSFAKTOREN MIT INFORMATION UND WISSEN. .................... 35<br />

TABELLE 4: DIE WICHTIGSTEN EIGENSCHAFTEN VON INFORMATION UND WISSEN IM VERGLEICH. ...................... 58<br />

TABELLE 5: KLASSIFIKATION DES INFORMATIONSTRANSFERS. ............................................................................. 64<br />

TABELLE 6: MÖGLICHE FÄLLE UND AUSZAHLUNGEN DER VERSCHIEDENEN STRATEGIEN. ................................. 126<br />

TABELLE 7: MÖGLICHE VARIANTEN DES INFORMATIONSTRANSFER-SPIELS MIT SYNERGIEEFFEKTEN. ............... 139<br />

TABELLE 8: ZUSAMMENFASSUNG DER SPIELTHEORETISCHEN ERKENNTNISSE..................................................... 159<br />

TABELLE 9: MÖGLICHE FÄLLE ZUR AUFTEILUNG DES MARKTGEWINNS. ............................................................ 172<br />

TABELLE 10: BEOBACHTETES VERHALTEN DER SPIELER IN DEN LETZEN ZEHN PERIODEN.................................. 183<br />

TABELLE 11: BEOBACHTETES ALLIANZVERHALTEN IN DEN LETZTEN 10 PERIODEN. .......................................... 187<br />

TABELLE 12: PARAMETERÜBERSICHT DES MODELLS. ......................................................................................... 192<br />

TABELLE 13: STRATEGIEKOMBINATIONEN BEI VIER SPIELERN. ........................................................................... 199<br />

TABELLE 14: KRUSKAL-WALLIS-TEST ZUM VERGLEICH DER UNABHÄNGIGEN STICHPROBEN HINSICHTLICH<br />

GEWINN UND TRANSFERIERTER INFORMATIONEN DER SPIELER. ................................................................ 212<br />

TABELLE 15: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH MARKTDRUCK. ......... 215<br />

TABELLE 16: KRUSKAL-WALLIS-TEST HINSICHTLICH TRANSFERIERTER INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH DEN<br />

STRATEGIEKOMBINATIONEN. ..................................................................................................................... 220<br />

TABELLE 17: KRUSKAL-WALLIS-TEST HINSICHTLICH TRANSFERIERTER INFORMATIONEN GEGLIEDERT NACH<br />

MARKTDRUCK............................................................................................................................................ 221<br />

TABELLE 18: MITTELWERTE DER TRANSFERIERTEN INFORMATIONEN NACH STRATEGIEKLASSEN. ..................... 226<br />

TABELLE 19: MARKANTE GESAMTGEWINNE DER SPIELER. ................................................................................. 236<br />

TABELLE 20: KORRELATIONSKOEFFIZIENT NACH SPEARMAN UND KENDALL MIT M=8....................................... 238<br />

TABELLE 21: REGRESSIONSMODELL TRANSFERIERTE INFORMATION JE SPIELER................................................. 242<br />

TABELLE 22: U-TEST NACH MANN UND WHITNEY MIT F I=0 UND F I=0.05. ......................................................... 247<br />

TABELLE 23: U-TEST NACH MANN UND WHITNEY MIT F I=0.25 UND F I=0.5. ...................................................... 247


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Seite 1<br />

„Kooperation durch zwischenbetrieblichen <strong>Information</strong>stransfer<br />

stellt für Unternehmen und Gesellschaft<br />

e<strong>in</strong>e Chance dar. Um diese Chance nutzen zu<br />

können, gilt es, das Spannungsverhältnis zwischen<br />

Kooperation und Konkurrenz zu erkennen und dessen<br />

Besonderheiten zu verstehen.“<br />

Schrader, 1990<br />

1.1 Ausgangssituation und Problemstellung<br />

Die heutige Wirtschaftswelt ist durch zunehmende Globalisierung, kürzere Produkt- und<br />

Technologiezyklen, steigende Komplexität der Umwelt sowie e<strong>in</strong>e verschärfte Wettbewerbssituation<br />

gekennzeichnet 2 . Durch die zunehmende Globalisierung verschärft sich der Wettbewerbsdruck<br />

und <strong>in</strong>ternationale Konkurrenten dr<strong>in</strong>gen bis <strong>in</strong> lokale Märkte vor. Mit Hilfe moderner<br />

<strong>Information</strong>s- und Kommunikationstechnologien können Geschäftsprozesse global<br />

gesteuert und die Transaktionskosten gesenkt werden. Auf Knopfdruck wird <strong>in</strong>nerhalb von<br />

Sekunden e<strong>in</strong>e Vielzahl an wichtigen <strong>Information</strong>en weltweit verteilt, wodurch die <strong>Information</strong>stransparenz<br />

enorm zunimmt und <strong>in</strong>ternationale Lernprozesse beschleunigt werden. Viele<br />

Autoren sprechen von e<strong>in</strong>em Wandel der Industrie- zur Dienstleistungs- und <strong>Information</strong>sgesellschaft<br />

3 .<br />

In diesem Wettbewerbsumfeld können gemäß der Marktprozesstheorie 4 letztlich Wettbewerbsvorteile<br />

durch die Ausnützung von <strong>Information</strong>s- und Wissensvorsprüngen, die durch<br />

die ungleiche Verteilung von Wissen und <strong>Information</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft entstehen, realisiert<br />

werden 5 . Daher wird <strong>Information</strong> häufig <strong>in</strong>zwischen auch als vierter dispositiver Produktionsfaktor<br />

neben Arbeit, Kapital und Land genannt 6 . Allerd<strong>in</strong>gs gehen diese Wettbewerbsvorteile<br />

2<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 2ff, Müller-Stewens (1997) S.1f und Skyrme (1997) S.1.<br />

3<br />

Vgl. Österle (1995) S. 1f, Skyrme (1997) S.1f, Scheer, Milius et al. (1997) S. 46, Bleicher (2002) S. 59ff. und<br />

Drucker (1992) S. 95.<br />

4<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 32ff und North (1998) S. 64f.<br />

5<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 13.<br />

6<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 9, Lamberton (1993) S. 19 und Drucker (1992) S. 96.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 2<br />

aufgrund von Imitationen meist rasch wieder verloren, sodass e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Suche nach<br />

<strong>Information</strong>s- und Wissensvorsprüngen notwendig ist.<br />

Folgt man dem wissensbasierten Ansatz 7 , so können sich langfristige Vorteile aus dem Besitz<br />

von <strong>Information</strong>en und <strong>in</strong>sbesondere Wissen für Unternehmen ergeben. Da jedoch diese<br />

Wettbewerbsvorteile aufgrund der beschränkten Mobilität, Substituier- und Imitierbarkeit der<br />

Ressourcen entstehen, müssen die <strong>Information</strong>en wegen ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut<br />

mit Hilfe verschiedener Schutzmechanismen, wie Patente, Copyrights, Lizenzen etc. geschützt<br />

werden. Viele Firmen unternehmen daher enorme, kosten<strong>in</strong>tensive Anstrengungen,<br />

um ihre rechtmäßigen Eigentums- und Genussrechte an <strong>Information</strong>en gegenüber von Dritten<br />

geltend zu machen und ihre nachhaltigen Wettbewerbsvorteile zu schützen 8 .<br />

Auf der anderen Seite führt die veränderte wirtschaftliche Situation zu e<strong>in</strong>er vermehrten Bildung<br />

von unternehmensübergreifenden Kooperationen und Allianzen 9 . Untersuchungen zeigen,<br />

dass e<strong>in</strong>e Hauptmotivation für die Bildung von Allianzen der erhoffte <strong>Information</strong>s- und<br />

Wissenstransfer zwischen den Unternehmen ist 10 . Insbesondere aufgrund der immer kürzer<br />

werdenden Technologiezyklen und der damit verbundenen kürzer werdenden Halbwertszeit<br />

von Wissen, s<strong>in</strong>d die wenigsten Unternehmen heute noch <strong>in</strong> der Lage, selbständig und ohne<br />

Kooperationen im Markt zu überleben 11 . Der unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>saustausch<br />

im Rahmen von Kooperationen wird somit zu e<strong>in</strong>em wichtigen Wettbewerbsfaktor von<br />

Unternehmen. Mit Hilfe moderner <strong>Information</strong>stechnologie kann der <strong>Information</strong>saustausch<br />

zwischen den Firmen unterstützt werden, was sich gemäß der Transaktionskostentheorie 12<br />

vorteilhaft auf die Koord<strong>in</strong>ation <strong>in</strong>nerhalb von unternehmensübergreifenden Allianzen auswirkt,<br />

da die Koord<strong>in</strong>ationskosten gesenkt werden. Indem die Unternehmen also kooperieren<br />

und ihre <strong>Information</strong>en und ihr Wissen austauschen, können sie sich e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil<br />

gegenüber Dritten verschaffen 13 .<br />

7<br />

Vgl. Grant (1996) S. 110ff, North (1998) S. 65, Zahn (1998) S. 44ff und Earl (1997) S. 6ff.<br />

8<br />

Vgl. Contractor und Ra (2002) S. 13 und 17f.<br />

9<br />

Vgl. Badaracco (1991) S. 10ff und Richards und De Carolis (2003) S. 33.<br />

10<br />

Vgl. Hamel, Doz et al. (1989) S. 134, North (1998) S. 110ff, Larsson, Bengtsson et al. (1998) S. 286, Koza<br />

und Lew<strong>in</strong> (1998) S. 256 und Khanna, Gulati et al. (1998) S. 193.<br />

11<br />

Vgl. Bougra<strong>in</strong> und Haudeville (2002) S. 735f.<br />

12<br />

Vgl. Williamson (1975), Williamson (1985), Williamson (1996).<br />

13 Vgl. Hamel, Doz et al. (1989) S. 133.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 3<br />

Zusammenfassend kommt es also zu e<strong>in</strong>er paradoxen Situation im heutigen Wettbewerbsum-<br />

feld: Auf der e<strong>in</strong>en Seite bedeuten exklusive <strong>Information</strong>svorsprünge potentielle Wettbewerbsvorteile<br />

und die Beschaffung, der exklusive Besitz und die Verarbeitung von relevanten<br />

<strong>Information</strong>en sowie deren Schutz vor unberechtigten Dritten wird zu e<strong>in</strong>er wichtigen Überlebensfrage<br />

von Organisationen. Auf der anderen Seite können sich Unternehmen aber auch<br />

Wettbewerbsvorteile gegenüber Dritten verschaffen, <strong>in</strong>dem sie mit anderen, zum Teil konkurrierenden<br />

Unternehmen <strong>Information</strong>en austauschen, um so langfristige Vorteile aus der Zusammenarbeit<br />

zu erzielen. Der <strong>Information</strong>stransfer ist somit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spannungsverhältnis<br />

aus Kooperation und Konkurrenz e<strong>in</strong>gebettet, da gerade konkurrierende Unternehmen oftmals<br />

wertvolle <strong>Information</strong>en besitzen 14 .<br />

In dieser paradoxen Situation stellt sich die Frage, ob <strong>in</strong>sbesondere Unternehmen <strong>in</strong> kooperativen<br />

Wettbewerbsbeziehungen wie Strategischen Allianzen oder horizontalen Netzwerken<br />

wirklich Anreize besitzen, ihre technischen Möglichkeiten zu nutzen, um ihre wertvollen <strong>Information</strong>en<br />

zu transferieren? Oder aber versuchen die Unternehmen ihre wichtigen <strong>Information</strong>en<br />

zu schützen, um ihre nachhaltigen Wettbewerbsvorteile zu bewahren?<br />

Da letzteres natürlich die S<strong>in</strong>nhaftigkeit von unternehmensübergreifenden Wissensallianzen<br />

<strong>in</strong> Frage stellen würde, ist es wichtig, mehr über die E<strong>in</strong>flussfaktoren und die Anreize des<br />

unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfers zu wissen. Diese Arbeit ist e<strong>in</strong>e Grundlagenforschung<br />

im Bereich der Organisationstheorie mit der Zielsetzung, den unternehmensübergreifenden<br />

<strong>Information</strong>stransfer mit Hilfe ökonomischer Methoden näher zu untersuchen.<br />

Von besonderem Forschungs<strong>in</strong>teresse s<strong>in</strong>d somit die folgenden Fragestellungen:<br />

1. Besitzen Unternehmen <strong>in</strong> kooperativen Wettbewerbsbeziehungen ökonomische Anreize<br />

wichtige <strong>Information</strong>en auszutauschen, um sich geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil<br />

gegenüber Dritten zu verschaffen? Welche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wirken sich förderlich<br />

auf den <strong>Information</strong>stransfer aus? Liefern die ökonomischen Theorien<br />

vernünftige Erklärungsansätze für den unternehmensübergreifenden<br />

<strong>Information</strong>stransfer oder gibt es Gründe, die dagegen sprechen?<br />

2. Gibt es unterschiedliche Arten von <strong>Information</strong>en, die e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf das Transferverhalten<br />

der Firmen haben, oder s<strong>in</strong>d alle <strong>Information</strong>en gleichwertig? Falls es unterschiedliche<br />

Arten von <strong>Information</strong>en gibt, welche Arten von <strong>Information</strong>en werden<br />

14 Vgl. Schrader (1990) S. VII.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 4<br />

weitergegeben bzw. welche Voraussetzungen müssen für e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer<br />

erfüllt se<strong>in</strong>?<br />

3. Welche E<strong>in</strong>flussfaktoren spielen bei der <strong>Information</strong>stransferentscheidung von Unternehmen<br />

e<strong>in</strong>e Rolle? Gibt es Möglichkeiten, das <strong>Information</strong>stransferverhalten des Kooperationspartners<br />

positiv zu bee<strong>in</strong>flussen?<br />

1.2 Methodik<br />

Da das <strong>Information</strong>stransferproblem bereits von Schrader (1990) und von Hippel (1988) aus-<br />

führlich empirisch untersucht worden ist, wird <strong>in</strong> dieser Arbeit e<strong>in</strong> anderer methodischer Zugang<br />

gewählt werden. Aus diesen empirischen Studien wissen wir, dass es <strong>in</strong> der Praxis immer<br />

wieder zu <strong>Information</strong>stransfers kommt und diese auch zwischen konkurrierenden Unternehmen<br />

stattf<strong>in</strong>den. Allerd<strong>in</strong>gs liefern diese Arbeiten ke<strong>in</strong>e umfassende Analyse der vorliegenden<br />

Fragestellungen anhand von ökonomischen Theorien und kaum Antworten auf die<br />

Frage, warum rationale Firmen ihre <strong>Information</strong>en transferieren.<br />

Beg<strong>in</strong>nend mit e<strong>in</strong>er umfassenden Literaturstudie werden daher die vorhandenen Theorien <strong>in</strong><br />

diesem Bereich aufgearbeitet, um die wesentlichen E<strong>in</strong>flussfaktoren und Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

für das <strong>Information</strong>stransferproblem herauszufiltern. Anschließend werden diese E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

mit Hilfe spieltheoretischer Analysen näher untersucht und auf Plausibilität im S<strong>in</strong>ne<br />

der ökonomischen Theorie h<strong>in</strong>terfragt. Die Methode der Spieltheorie wurde aufgrund der strategischen<br />

Entscheidungssituation gewählt, welche bei e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer vorliegt.<br />

Zwischen den Spielern <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Kooperation besteht e<strong>in</strong> Interessenskonflikt bzw. e<strong>in</strong><br />

Koord<strong>in</strong>ationsproblem, welches dadurch entstehen, dass die Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers<br />

von den Transferentscheidungen aller Entscheidungsträger abhängt und ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner<br />

Spieler das Ergebnis unabhängig von der Wahl der anderen bestimmen kann. Da sich<br />

alle Spieler dieser Interdependenzen bewusst s<strong>in</strong>d, werden diese bei e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>stransferentscheidung<br />

explizit berücksichtigt 15 . Erste Ansätze <strong>in</strong> die Richtung spieltheoretischer<br />

Analysen des <strong>Information</strong>stransferproblems f<strong>in</strong>den sich bereits bei von Hippel (1988) S. 85ff.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist diese Analyse weitgehend auf e<strong>in</strong>e Fallunterscheidung möglicher Arten von<br />

<strong>Information</strong>en beschränkt, ohne weitere Lösungsmöglichkeiten für das <strong>Information</strong>stransferproblem<br />

zu untersuchen. In dieser Arbeit werden daher durch die konsequente Anwendung<br />

15 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 1.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 5<br />

spieltheoretischer Methoden verschiedenste Möglichkeiten zur Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

getestet und analysiert.<br />

Aufgrund der zunehmenden Komplexität s<strong>in</strong>d Untersuchungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dynamischen Kontext<br />

mit den herkömmlichen spieltheoretischen Methoden nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt bzw. mit<br />

hohem technischen Aufwand möglich. Um das <strong>Information</strong>stransferproblem dennoch s<strong>in</strong>nvoll<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dynamischen Kontext analysieren zu können, wird als geeignete Forschungsmethode<br />

die Modellierung mit Hilfe e<strong>in</strong>es agentenbasierten Simulationsmodells gewählt. Die Verwendung<br />

von adaptiven Agenten bietet sich aufgrund des dynamischen Kontexts an, da die Lernprozesse<br />

der Firmen im Zeitverlauf explizit modelliert werden können und weiters die Möglichkeit<br />

besteht, heterogene Firmenagenten zu schaffen. Insgesamt s<strong>in</strong>d agentenbasierte Computersimulationen<br />

aufgrund dieser Eigenschaften besonders gut geeignet, um die sozialen<br />

Interaktionen von Firmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplexen und dynamischen System zu analysieren 16 . Die<br />

steigende Bedeutung dieser Forschungsmethode <strong>in</strong> den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />

ist an der zunehmenden Anzahl von Publikationen <strong>in</strong> diesem Bereich ersichtlich 17 . Im Rahmen<br />

dieser Arbeit wird der E<strong>in</strong>fluss der verschiedensten Faktoren auf den <strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kontrollierten, komplexen, dynamischen Umwelt untersucht.<br />

16<br />

Vgl. Klüver, Stoica et al. (2003) Absatz 2.5.<br />

17<br />

Vgl. Epste<strong>in</strong> und Axtell (1996), Klos und Nooteboom (2001), Holland und Miller (1991), Tesfatsion (2002),<br />

Bauer, Schw<strong>in</strong>genschlögl et al. (2002).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 6<br />

1.3 Aufbau und Struktur der Arbeit<br />

Abbildung 1 gibt e<strong>in</strong>en Überblick über den Aufbau und die Struktur dieser Arbeit. Die e<strong>in</strong>zel-<br />

nen Teile werden im Anschluss genauer beschrieben.<br />

Abhandlung und<br />

Identifikation der<br />

wichtigsten<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren der<br />

<strong>Information</strong>stransferentscheidung<br />

Ökonomische<br />

Analyse der<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

Kapitel 1: 1:<br />

E<strong>in</strong>leitung, Problemstellung und Aufbau<br />

Kapitel 2: 2:<br />

Begriffsabgrenzung: <strong>Information</strong> und Wissen<br />

Kapitel 3: 3:<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Kapitel 4: 4:<br />

Spieltheoretische Analysen<br />

Kapitel 5: 5:<br />

Agentenbasiertes Simulationsmodell und Ergebnisse<br />

Kapitel 6: 6:<br />

Zusammenfassung<br />

Abbildung 1: Aufbau und Struktur der Arbeit.<br />

In Kapitel 2 werden die Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen aus betriebswirtschaftlicher Sicht-<br />

weise diskutiert und vone<strong>in</strong>ander abgegrenzt. Dabei wird auf die Eigenschaften und Beson-<br />

derheiten dieser beiden Ressourcen im wirtschaftlichen Kontext e<strong>in</strong>gegangen, die für die wei-<br />

tere Analyse von Bedeutung s<strong>in</strong>d. Weiters werden die unterschiedlichen Annahmen der ver-<br />

schiedenen betriebswirtschaftlichen Teildiszipl<strong>in</strong>en <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf das <strong>Information</strong>stransfer-<br />

problem beleuchtet und deren verschiedene Auswirkungen auf die vorliegenden Forschungs-<br />

fragen aufgezeigt.<br />

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>strans-<br />

fers. Ausgehend von e<strong>in</strong>er Klassifikation des <strong>Information</strong>stransfers im betriebswirtschaftli-<br />

chen Kontext, wird das <strong>Information</strong>stransferproblem aus theoretischer Sicht beschrieben. An-<br />

hand der Erkenntnisse aus empirischen Studien 18 und der Literatur, werden die wesentlichsten<br />

18 Vgl. von Hippel (1988) und Schrader (1990).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 7<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren auf den unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfer herausgearbeitet<br />

und zu e<strong>in</strong>em Überblicksmodell verdichtet.<br />

Im vierten Kapitel werden die theoretischen E<strong>in</strong>flussfaktoren spieltheoretisch analysiert. Beg<strong>in</strong>nend<br />

mit dem simplen Grundmodell von von Hippel (1988) S. 85ff. werden sukzessive<br />

Erweiterungen vorgenommen, um neue Lösungsmöglichkeiten für das <strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

zu f<strong>in</strong>den. Die vorgenommenen Erweiterungen reichen von der Änderung der Präferenzordnung<br />

über Veränderungen der Auszahlungsmatrix bis h<strong>in</strong> zu mehrmaligen Wiederholungen<br />

des <strong>Information</strong>stransferdilemmas.<br />

Da die spieltheoretischen Analysen weitgehend auf den statischen Fall beschränkt s<strong>in</strong>d und<br />

der unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>saustausch im Regelfall aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dynamischen<br />

Kontext stattf<strong>in</strong>det, wird im fünften Kapitel e<strong>in</strong> agentenbasiertes Simulationsmodell des<br />

unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfers entwickelt. Mit Hilfe dieses Modells wird<br />

das <strong>Information</strong>stransferdilemma <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wettbewerbs<strong>in</strong>tensiven, dynamischen Markt analysiert.<br />

Den Abschluss dieses Kapitels bilden die Ergebnisse aus dem Simulationsmodell.<br />

Abschließend werden im letzten Kapitel 6 die wesentlichsten Erkenntnisse dieser Arbeit zusammengefasst.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

2 <strong>Information</strong> und Wissen<br />

Seite 8<br />

„In an economy where the only certa<strong>in</strong>ty is uncerta<strong>in</strong>ty,<br />

the only sure source of last<strong>in</strong>g competitive<br />

advantage is knowledge“<br />

Nonaka und Takeuchi, 1995<br />

Im unternehmerischen Alltag bzw. <strong>in</strong> der Umgangssprache werden Begriffe wie Zeichen, Daten,<br />

Nachricht, Signal, Kommunikation, <strong>Information</strong> oder Wissen meist ohne e<strong>in</strong>e klare Trennung<br />

als Synonyme verwendet 19 . Ohne auf die e<strong>in</strong>zelnen Bedeutungen der verschiedene Begriffe<br />

näher e<strong>in</strong>zugehen, werden sie <strong>in</strong> unterschiedlichster Art und Weise gebraucht.<br />

Auch <strong>in</strong> der betriebswirtschaftlichen Literatur f<strong>in</strong>det man im Zusammenhang mit der Def<strong>in</strong>ition<br />

von <strong>Information</strong> und Wissen völlig unterschiedliche Ansätze, Begriffsverwendungen und<br />

Konzepte. Während <strong>in</strong> vielen Publikationen <strong>Information</strong> und Wissen als Synonyme verwendet<br />

werden 20 , f<strong>in</strong>det man vor allem <strong>in</strong> jüngster Zeit e<strong>in</strong>e zunehmende Trennung dieser beiden<br />

Begriffe 21 . E<strong>in</strong>e mögliche Ursache für diese verwirrende Begriffsvielfalt und -verwendung<br />

s<strong>in</strong>d verschiedenartige zugrundeliegende Denkansätze und Sichtweisen der Autoren 22 . Jede<br />

dieser Sichtweisen def<strong>in</strong>iert die Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen unterschiedlich, wodurch<br />

sich auch verschiedene Implikationen für deren Anwendung ergeben. So wird beispielsweise<br />

die „Leibnitz-Welt“ von der Idee bestimmt, dass das Universum vollständig <strong>in</strong> Kalkülen abbildbar<br />

sei. Wissen wird demnach als e<strong>in</strong>e objektive, teilbare, körper- und kontextungebundene,<br />

positiv gegebene Ressource betrachtet, welche „paketweise“ verschoben werden kann. Im<br />

Gegensatz dazu wird <strong>in</strong> der „Konstruktivistischen Weltsicht“ Wissen nicht als objektiv gegeben<br />

angesehen, sondern als objektiviert durch die permanente Abstimmung der verschiedenen<br />

Wirklichkeitskonstruktionen zwischen Menschen 23 . Wissen ist somit kontextgebunden und<br />

wird erst durch den Austauschprozess von <strong>Information</strong>en zwischen Wissensträgern generiert.<br />

19<br />

Vgl. August<strong>in</strong> (1990) S. 15, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 3 und Keller (1995) S. 6f.<br />

20<br />

Vgl. Arrow (1969), Nordhaus (1969), Hirsch (1969), Liebesk<strong>in</strong>d (1996), Disterer (2001) etc..<br />

21<br />

Vgl. Osterloh und Frey (2000), Roberts (2000), Grant (1996), Boisot und Canals (2002), Contractor und Ra<br />

(2002).<br />

22<br />

Vgl. Schneider (1996) S. 17f.<br />

23<br />

Vgl. Brunner (2002) S. 54.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 9<br />

Die Differenzierung dieser beiden gegensätzlichen Positionen wird von Schneider (1996) S.<br />

19 als Paket- bzw. Interaktionsmodell herausgearbeitet (vgl. Abbildung 2).<br />

Paketmodell Paketmodell<br />

Interaktionsmodell<br />

Interaktionsmodell<br />

Sender Empfänger Sender ? Empfänger<br />

Wissen ist Input <strong>in</strong> Prozesse<br />

Wissen ist Abbildung von Realität<br />

Leibniz-Welt<br />

Fokus auf Rationalisierung<br />

<strong>Information</strong>smanagement<br />

Künstliche Intelligenz<br />

Abbildung 2: Modelle des Wissens 24 .<br />

Wissen entsteht im Prozess<br />

Wissen ist Konstruktion über Realität<br />

Konstruktivistische Weltsicht<br />

Fokus auf Beziehungsebene<br />

Prozessmanagement<br />

Menschliche Intelligenz<br />

E<strong>in</strong>e weitere Beschreibung von verschiedenen Sichtweisen f<strong>in</strong>det sich beispielsweise bei<br />

Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 35, welche drei Wissens-Epistemologien unterscheiden:<br />

1. <strong>Information</strong>sverarbeitungs-Epistemologie<br />

2. Netzwerk-Epistemologie<br />

3. Selbstbezogene-Epistemologie<br />

Während die Netzwerk-Epistemologie e<strong>in</strong>e Zwischenform darstellt, spiegeln die anderen bei-<br />

den Epistemologien die Extrempunkte von „Wissen ist e<strong>in</strong> Objekt“ (<strong>Information</strong>sverarbei-<br />

tungs-Epistemologie) und „Wissen ist e<strong>in</strong> Prozess“ (Selbstbezogene-Epistemologie) wieder.<br />

Obwohl Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) die Sichtweise von „Wissen als Prozess“ bevorzu-<br />

gen, weisen sie darauf h<strong>in</strong>, dass auch die anderen Sichtweisen für e<strong>in</strong> effizientes Wissensma-<br />

nagement von Bedeutung s<strong>in</strong>d, da sie zu e<strong>in</strong>em besseren Verständnis dieses komplexen The-<br />

mas beitragen. Welche Sichtweise letztlich am besten s<strong>in</strong>nvoll verwendet werden soll, hängt<br />

auch von der jeweiligen Aufgabe und dem spezifischen Kontext ab 25 . So bauen gerade <strong>in</strong> der<br />

Betriebswirtschaftslehre unterschiedliche Teildiszipl<strong>in</strong>en auf unterschiedlichen Grundannah-<br />

men auf, was die Kenntnis der verschiedenen Epistemologien und deren Implikationen not-<br />

24 Modifiziert übernommen aus Schneider (1996) S. 19.<br />

25 Vgl. Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 36f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 10<br />

wendig macht 26 . Die folgende Tabelle 1 gibt e<strong>in</strong>en detaillierten Überblick über diese drei E-<br />

pistemologien und deren Implikationen auf ausgewählte Bereiche des Wissensmanagements.<br />

Sichtweise der<br />

Organisation<br />

Wahrnehmung<br />

der Umwelt<br />

Def<strong>in</strong>ition<br />

Wissen<br />

Wissensentstehung<br />

Wissen als Quelle<br />

nachhaltiger<br />

Wettbewerbsvorteile <br />

<strong>Information</strong>sverarbei- Netzwerk-Epistemologie Selbstbezogenetungs-Epistemologie<br />

Epistemologie<br />

Organisationen funktionie- Organisationen s<strong>in</strong>d netz- Organisationen s<strong>in</strong>d autoren<br />

ähnlich wie e<strong>in</strong> Compuwerkähnliche Gebilde von – nome Systeme, die Daten<br />

ter. Sie sammeln Informati- mittels <strong>Information</strong>s- und beobachten und <strong>in</strong> ihrem<br />

onen über ihre Umwelt, die Kommunikationstechnolo- spezifischen Kontext als<br />

zentral gespeichert werden. gien – <strong>in</strong>teragierenden Indi- <strong>Information</strong> <strong>in</strong>terpretieren.<br />

Sämtliche Handlungen werviduen. Handlungen werden Sie bestehen aus Individuen,<br />

den durch das Top Mana- durch Selbstabstimmung die die Regeln und Grenzen<br />

gement koord<strong>in</strong>iert. und durch lokale Regeln<br />

koord<strong>in</strong>iert.<br />

der Organisation festlegen.<br />

Die Umwelt ist fix vordefi- Die Umwelt ist fix vordefi- Die Umwelt und die Organiert.<br />

Die Hauptaufgabe von niert. Unterschiedliche nisation s<strong>in</strong>d koevolutionäre<br />

Organisationen ist die Netzwerke verfügen über Systeme, die sich gegensei-<br />

Schaffung e<strong>in</strong>es adäquaten verschiedene Wahrnehmuntig bee<strong>in</strong>flussen und verän-<br />

Abbildes der Umwelt und gen dieser Umwelt, woraus dern.<br />

die Anpassung an dieses. unterschiedliche Anpassungsmuster<br />

resultieren.<br />

Wissen besteht aus fixen, Wissen ist problemorientiert Wissen bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> den<br />

die Umwelt repräsentieren- und ist das Ergebnis der Köpfen von Individuen und<br />

den Daten, die <strong>in</strong> Compu- Interaktion von Individuen. dem sozialen System. Es ist<br />

tern, Datenbanken, Archi- Es ist also <strong>in</strong> den Verb<strong>in</strong>- subjekt- und kontextspeziven<br />

und Manuals gespeidungen zwischen den e<strong>in</strong>fisch, pfadabhängig und<br />

chert werden. Dieses Wiszelnen Experten gespei- kann nicht direkt geteilt<br />

sen kann sehr e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> chert, ist somit vom Zustand oder transferiert werden.<br />

Organisationen verteilt des gesamten Netzwerkes<br />

werden.<br />

abhängig.<br />

Wissen wird durch die As- Lokale Regeln bee<strong>in</strong>flussen <strong>Information</strong>en entstehen<br />

similierung und Verbreitung die Interaktion der Individu- durch die subjektive Inter-<br />

aus <strong>Information</strong>en gewonen und bestimmen somit wie pretation von Daten. Durch<br />

nen. Das gewonnene Wissen Wissen <strong>in</strong> diesem Netzwerk deren Vernetzung und An-<br />

ist e<strong>in</strong> mehr oder weniger entsteht. Jede selbstorganiwendung entsteht Wissen.<br />

genaues Abbild der Umwelt. sierte Gruppe entwickelt Dadurch, dass die Bedeu-<br />

E<strong>in</strong>e Steigerung der Infor- dabei ihr eigenes spezifitung <strong>in</strong> Abhängigkeit von<br />

mationsverarbeitungskapazitsches Wissen <strong>in</strong> Abhängig- Beobachtungen und frühe-<br />

ät führt zu e<strong>in</strong>er Steigerung keit von ihrer Umweltwahrren Erfahrungen entsteht,<br />

der Wissensentwicklung im nehmung. Je mehr Men- können wichtige Informati-<br />

Unternehmen.<br />

schen also die Möglichkeit onen für den e<strong>in</strong>en, bloß<br />

haben zu <strong>in</strong>teragieren, desto Rohdaten für den anderen<br />

mehr Wissen entsteht. se<strong>in</strong>. Organisationales Wissen<br />

entsteht immer <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit anderen Personen.<br />

Da Wissen und <strong>Information</strong> Da die lokalen Regeln und Da Wissen <strong>in</strong>dividuell durch<br />

wie jede andere Ressource die Interaktion zwischen Internalisierung und Exter-<br />

transferiert werden können, den e<strong>in</strong>zelnen Experten naliserung entsteht und<br />

existiert ke<strong>in</strong>e signifikante nicht immer direkt beo- daher nicht frei transferier-<br />

Auswirkung auf die Heterobacht- und imitierbar s<strong>in</strong>d, bar ist, können nachhaltige<br />

genität der Ressourcenaus- können nachhaltige Wett- Wettbewerbsvorteile realistattung.<br />

Alle Firmen haben bewerbsvorteile realisiert siert werden.<br />

gleichen Zugang zu Wissen. werden.<br />

26 Mehr dazu f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Kapitel 2.5.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Pfadabhängigkeit<br />

<strong>in</strong> der Wissensgesellschaft <br />

Kontextabhängigkeit<br />

Implizites Wissen<br />

Wissenstransfer<br />

<strong>Information</strong> und<br />

Wissen<br />

Die Pfadabhängigkeit<br />

nimmt nicht zu, da Wissen<br />

frei transferierbar ist. Benötigtes<br />

Wissen kann daher<br />

immer extern zugekauft<br />

werden.<br />

Wissen ist allgeme<strong>in</strong> gültig<br />

und nicht kontextabhängig.<br />

Implizites Wissen an sich<br />

existiert eigentlich kaum.<br />

Lediglich wenn die Datenmenge<br />

zu groß oder zu<br />

komplex wird, kann es vorkommen,<br />

dass Teile des<br />

Wissens nicht explizit vor-<br />

liegen.<br />

Wissen kann grundsätzlich<br />

frei transferiert werden. Um<br />

implizites Wissen zu transferieren<br />

muss lediglich die<br />

Kapazität der Datenverarbeitungsmechanismenerhöht<br />

werden. Dadurch wird<br />

implizites Wissen zu explizitem<br />

umgewandelt.<br />

<strong>Information</strong> ist gleich Wissen.<br />

Die Pfadabhängigkeit<br />

nimmt zu, da es e<strong>in</strong>ige Zeit<br />

benötigt, um das Netzwerk<br />

mit se<strong>in</strong>en lokalen Regeln<br />

und Wahrnehmungen anzu-<br />

passen und zu verändern.<br />

Wissen hängt teilweise vom<br />

Kontext ab: dem Status des<br />

Netzwerkes<br />

Wissen ist dann implizit,<br />

wenn bestimmte Suchregeln<br />

nach verstecktem Wissen<br />

nicht transparent s<strong>in</strong>d.<br />

Der Wissenstransfer wird<br />

durch die Identifikation von<br />

Schlüsselexperten erleichtert.<br />

Durch die Offenlegung<br />

der lokalen Suchregeln kann<br />

auch implizites Wissen<br />

transferiert werden.<br />

<strong>Information</strong> kann gleich<br />

Wissen se<strong>in</strong>.<br />

Tabelle 1: Vergleich der drei Wissensepistemologien 27 .<br />

Seite 11<br />

Aufgrund der besonderen<br />

Eigenschaften von Wissen<br />

und der schlechten Transferier-<br />

und Imitierbarkeit<br />

nimmt die Pfadabhängigkeit<br />

stark zu.<br />

Wissen entsteht <strong>in</strong>dividuell<br />

und ist daher immer subjekt-<br />

und kontextabhängig.<br />

Wissen wird immer subjektiv<br />

und kontextabhängig<br />

gebildet und ist somit immer<br />

implizit und an e<strong>in</strong>e Person<br />

gebunden. Es ist nur sehr<br />

schwierig transferierbar.<br />

Wissen ist nur bed<strong>in</strong>gt transferierbar,<br />

da es nur beschränkt<br />

externalisiert und<br />

<strong>in</strong> Form von <strong>Information</strong><br />

weitergegeben werden kann.<br />

Durch <strong>in</strong>tensive Sozialisierungsprozesse<br />

wie z.B.<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g on the Job kann<br />

der Wissenstransfer zum<strong>in</strong>dest<br />

teilweise unterstützt<br />

werden.<br />

<strong>Information</strong> ist ungleich<br />

Wissen.<br />

In dem folgenden Kapitel werden nun die beiden Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen mit Hilfe<br />

bereits existierender Literatur näher analysiert, def<strong>in</strong>iert und wenn notwendig vone<strong>in</strong>ander<br />

abgegrenzt werden. E<strong>in</strong>e theoretische Fundierung dieser beiden Begriffe stellt e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Grundlage für die weitere Analyse der Forschungsfragen im Rahmen dieser Arbeit dar. Dazu<br />

werden zuerst die Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen aus betriebswirtschaftlicher Sichtweise<br />

genauer def<strong>in</strong>iert und deren mögliche Entstehung und Generierung <strong>in</strong> Organisationen aufgezeigt.<br />

Anschließend wird auf die besonderen Eigenschaften von Wissen und <strong>Information</strong> h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

die e<strong>in</strong> besonderes Management dieser beiden Unternehmensressourcen notwendig<br />

machen. Zum Abschluss wird dann noch die Bedeutung der verschiedenen Wissens-<br />

Epistemologien und deren Annahmen anhand zweier verschiedener betriebswirtschaftlicher<br />

Teildiszipl<strong>in</strong>en aufgezeigt.<br />

27 Erstellt <strong>in</strong> Anlehnung an Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 39, 41, 43, 45f, 52, 59 und North (1998) S. 46f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 12<br />

2.1 <strong>Information</strong>sbegriff<br />

Generell stammt der Begriff <strong>Information</strong> vom late<strong>in</strong>ischen „<strong>in</strong>formare“ ab, was so viel bedeu-<br />

tet wie „durch Unterweisung bilden, unterrichten“. In Meyers Enzyklopädischem Lexikon<br />

wird der Begriff <strong>Information</strong> mit „Unterrichtung, Benachrichtigung, Aufklärung, (zweckori-<br />

entierte) Nachricht, Mitteilung oder Daten“ def<strong>in</strong>iert 28 . Auch <strong>in</strong> der Brockhaus Enzyklopädie<br />

wird der Begriff <strong>Information</strong> mit „Mitteilung, Nachricht, Auskunft und formulierte Unterrich-<br />

tung“ nur sehr allgeme<strong>in</strong> umschrieben, ohne e<strong>in</strong>e klare Begriffsabgrenzung vorzunehmen 29 .<br />

Umgangssprachlich wird beispielsweise vieles als <strong>Information</strong> <strong>in</strong>terpretiert „was e<strong>in</strong>fach den<br />

Charakter e<strong>in</strong>er „Neuigkeit“ hat und ke<strong>in</strong>erlei def<strong>in</strong>ierbare Zielrelevanz hat“ 30 . Diese sehr<br />

allgeme<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition des Begriffs <strong>Information</strong> trifft also immer dann zu, wenn jemand von<br />

etwas allgeme<strong>in</strong> Neuem <strong>in</strong> Kenntnis gesetzt wird 31 .<br />

Für die vorliegende Arbeit ist e<strong>in</strong>e derart allgeme<strong>in</strong>e Beschreibung der e<strong>in</strong>zelnen Begriffe<br />

jedoch nicht ausreichend. E<strong>in</strong>en ersten Ausgangspunkt für e<strong>in</strong>e nähere Def<strong>in</strong>ition der Begriffe<br />

stellt die Semiotik (Lehre von sprachlichen Zeichen) dar. Mit ihrer Hilfe kann man die unter-<br />

schiedlichen Betrachtungsebenen der <strong>Information</strong> unterscheiden und vone<strong>in</strong>ander abgrenzen<br />

(vgl. Abbildung 3) 32 :<br />

Mensch/Masch<strong>in</strong>e<br />

S<br />

E<br />

N<br />

D<br />

E<br />

R<br />

Kommunikationsprozesse<br />

Pragmatische Ebene<br />

Übertragung von Zeichen + Bedeutung + Absicht des Senders<br />

Semantische Ebene<br />

Übertragung von Zeichen + Bedeutung der Zeichen<br />

Syntaktische Ebene<br />

Übertragung von (physikalischen) Zeichen<br />

Abbildung 3: Analyseebenen der <strong>Information</strong>sübertragung 33 .<br />

28 Vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon (1981) S. 581.<br />

29 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (1989) S. 496f.<br />

30 August<strong>in</strong> (1990) S. 15.<br />

31 Vgl. Schneider (1990) S. 300.<br />

32 Vgl. Mag (1977) S. 5, August<strong>in</strong> (1990) S. 15f, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 3ff und Keller (1995) S. 7.<br />

33 Picot, Reichwald et al. (2001) S. 90.<br />

E<br />

M<br />

P<br />

F<br />

Ä<br />

N<br />

G<br />

E<br />

R<br />

Mensch/Masch<strong>in</strong>e


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

1. Syntaktische Ebene:<br />

Seite 13<br />

Auf der untersten Ebene stehen Zeichen und Symbole und deren Beziehung untere<strong>in</strong>ander<br />

im Mittelpunkt. Zeichen (Signale) s<strong>in</strong>d das kle<strong>in</strong>ste Datenelement und können<br />

aus Zahlen, Buchstaben oder Sonderzeichen etc. bestehen. Die Menge aller zur Verfügung<br />

stehender Zeichen wird als Zeichenvorrat bezeichnet. Durch die syntaktische<br />

Verknüpfung 34 der Zeichen entstehen Daten, die allerd<strong>in</strong>gs noch ke<strong>in</strong>e Aussage über<br />

ihren Verwendungszweck zulassen.<br />

2. Semantische Ebene:<br />

Auf dieser Ebene steht die Bedeutung der Daten im Vordergrund. Durch die Interpretation<br />

der Daten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em problembezogenen Kontext werden aus den Daten konkrete<br />

<strong>Information</strong>en, die für die Erreichung e<strong>in</strong>es Zieles verwendet werden.<br />

3. Pragmatische Ebene:<br />

Auf der letzten Ebene wird die Relevanz der <strong>Information</strong> für das Zielsystem e<strong>in</strong>es Individuums<br />

betrachtet. Die Bedeutung der <strong>Information</strong> ist abhängig vom jeweiligen <strong>Information</strong>sempfänger<br />

sowie der unterschiedlichen Zweckorientierung zu verschiedene<br />

Zeitpunkten. Nur relevante <strong>Information</strong>en werden von Individuen <strong>in</strong> weiterer Folge<br />

für ihre Handlungen und Entscheidungen verarbeitet und genützt. Allerd<strong>in</strong>gs muss<br />

nicht jede relevante <strong>Information</strong> notwendigerweise zu e<strong>in</strong>er Handlung oder Entscheidung<br />

führen, da beispielsweise die Kenntnis des Sachverhaltes schon vor dem E<strong>in</strong>treffen<br />

der <strong>Information</strong> vorlag und die <strong>Information</strong> somit redundant ist 35 . Durch die<br />

zweckorientierte Vernetzung von verschiedenen, relevanten <strong>Information</strong>en entsteht<br />

Wissen. Diese Vernetzung erfordert Kenntnisse über den Zusammenhang der verschiedenen<br />

<strong>Information</strong>en und deren Bedeutung für die Zielerreichung. Wissen stellt<br />

somit die höchste Stufe <strong>in</strong> der gesamten Begriffshierarchie dar.<br />

In Abhängigkeit von der jeweiligen semiotischen Betrachtungsebene verfügt der <strong>Information</strong>sbegriff<br />

also über unterschiedliche Bedeutungen, die sich <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Begriffen wie<br />

Zeichen, Daten, <strong>Information</strong> oder Wissen widerspiegeln. Natürlich wäre es auch weiterh<strong>in</strong><br />

34<br />

Durch die syntaktische Verknüpfung werden bestimmte Zeichen aus dem Zeichenvorrat herausgenommen und<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Ordnung gebracht. Existiert beispielsweise folgender Zeichenvorrat {1 2 3 4 5 , . * / }, dann wäre 23.45<br />

e<strong>in</strong>e geordnete Zeichenfolge, die aufgrund der syntaktischen Verknüpfung entsteht. Diese Zeichenfolge besitzt<br />

allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Bedeutung auf der syntaktischen Ebene.<br />

35<br />

Vgl. Hofacker (1998) S. 10.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 14<br />

möglich, für alle Ebenen den sehr allgeme<strong>in</strong>en und weit gefassten Begriff der <strong>Information</strong> zu<br />

verwenden, allerd<strong>in</strong>gs würde dies e<strong>in</strong>e umfassende <strong>Information</strong>stheorie für die gleichzeitige<br />

Erforschung aller drei Ebenen notwendig machen, was für vorliegende Arbeit nicht s<strong>in</strong>nvoll<br />

ersche<strong>in</strong>t 36 . Im Folgenden werden daher die Begriffe im S<strong>in</strong>ne der semiotischen Betrach-<br />

tungsebenen 37 sprachlich klar unterschieden und nicht – wie umgangssprachlich oft üblich -<br />

als Synonyme verwendet. Die folgende Abbildung 4 gibt nochmals e<strong>in</strong>en Überblick über die<br />

drei Betrachtungsebenen der Semiotik, die Bedeutung der e<strong>in</strong>zelnen Begriffe, sowie deren<br />

Beziehungen untere<strong>in</strong>ander.<br />

Beispiel Wissen Hierarchiestufe<br />

Wissen Hierarchiestufe<br />

Vernetzung mit bekannten<br />

Marktmechanismen<br />

und Kauf/Verkauf als<br />

Handlungskonsequenz<br />

Devisenkurs<br />

$1 = € 1.50<br />

1.50<br />

„1“, “2“, „5“, „0“, „.“, „*“ etc.<br />

<strong>Information</strong><br />

Daten<br />

Zeichen<br />

Pragmatik (Relevanz, Vernetzung)<br />

Semantik (Bedeutung, Kontext)<br />

Syntax (Ordnung)<br />

Zeichenvorrat<br />

Abbildung 4 : Die Beziehung zwischen den Ebenen der Begriffshierarchie 38 .<br />

Übernimmt man den Begriff der <strong>Information</strong> direkt aus der semiotischen Begriffshierarchie,<br />

so versteht man darunter sämtliche Daten, welche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kontext <strong>in</strong>terpretiert werden kön-<br />

nen und somit e<strong>in</strong>e gewisse Bedeutung besitzen. Dieser <strong>Information</strong>sbegriff ist allerd<strong>in</strong>gs<br />

immer noch sehr allgeme<strong>in</strong> gehalten, sodass sich <strong>in</strong> verschiedenen Diszipl<strong>in</strong>en genauere Defi-<br />

nitionen entwickelt haben. In Folge wird daher auf die <strong>in</strong> der betriebswirtschaftlichen Litera-<br />

tur entwickelten Def<strong>in</strong>itionen näher e<strong>in</strong>gegangen.<br />

Durch die Abgrenzung der Begriffe wurde klar, dass <strong>Information</strong> immer an e<strong>in</strong>en Kontext<br />

gebunden ist, der e<strong>in</strong>e Interpretation der Daten h<strong>in</strong>sichtlich der Zielfunktion e<strong>in</strong>es Indivi-<br />

duums erst zulässt. Erst durch diese spezifische Zweckorientierung entsteht <strong>Information</strong>. Ge-<br />

36 Vgl. Mag (1977) S. 5.<br />

37 Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 3f, August<strong>in</strong> (1990) S. 15f und Mag (1977) S. 5.<br />

38 Erstellt <strong>in</strong> Anlehnung an Rehäuser und Krcmar (1996) S. 6 und August<strong>in</strong> (1990) S. 16.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 15<br />

hen Daten oder Nachrichten bei e<strong>in</strong>em Empfänger e<strong>in</strong>, so handelt es sich vorerst nur um laten-<br />

te/potentielle <strong>Information</strong>en. Nur wenn der Empfänger die Bedeutung der Daten erkennt und<br />

e<strong>in</strong>en Zweckbezug feststellt, handelt es sich um relevante <strong>Information</strong> für ihn. Redundante<br />

und irrelevante Teile e<strong>in</strong>er Nachricht, die ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Entscheidung und somit auf<br />

die Handlungen haben, zählen demnach nicht zu den relevanten <strong>Information</strong>en 39 . Für Unternehmen<br />

leitet sich diese Zweck- oder Verwendungsorientierung von den für die Erreichung<br />

der Betriebsziele notwendigen Aufgaben ab 40 . Anhand der Kenntnis von relevanten <strong>Information</strong>en<br />

ist e<strong>in</strong> Individuum nun <strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong>e Entscheidung über verschiedene Handlungsalternativen<br />

zu treffen, um so se<strong>in</strong>e Ziele – gegeben dem aktuellen <strong>Information</strong>sstand – optimal<br />

verfolgen zu können. Je mehr relevante <strong>Information</strong>en über die Handlungsalternativen und<br />

Bed<strong>in</strong>gungen verfügbar s<strong>in</strong>d, desto besser können die Handlungen vorbereitet werden und<br />

umso größer ist im Normalfall der Erfolg h<strong>in</strong>sichtlich der Zielerreichung 41 . H<strong>in</strong>reichende 42<br />

<strong>Information</strong> stellt also e<strong>in</strong>e Voraussetzung für die Vorbereitung von (wirtschaftlichen) Handlungen<br />

dar.<br />

In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird daher <strong>Information</strong> häufig als das, dem Handeln<br />

zugrunde liegende Wissen bezeichnet. So def<strong>in</strong>iert Wittmann <strong>Information</strong> als<br />

„zweckorientiertes Wissen, also solches Wissen, das zur Erreichung e<strong>in</strong>es Zweckes, nämlich<br />

e<strong>in</strong>er vollkommenen Disposition e<strong>in</strong>gesetzt wird“ 43 .<br />

Allerd<strong>in</strong>gs darf man <strong>in</strong> diesem Zusammenhang Wissen nicht im herkömmlichen S<strong>in</strong>ne oder<br />

im S<strong>in</strong>ne der Def<strong>in</strong>ition dieser Arbeit sehen, sondern vielmehr als Kenntnisse und Daten, die<br />

der Vorbereitung und Durchführung von (ökonomischen) Handlungen dienen 44 . Auch Wittmann<br />

selbst weist auf diesen Widerspruch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Arbeit h<strong>in</strong>, da sich Wissen im strengen<br />

S<strong>in</strong>ne nie auf e<strong>in</strong>en zukünftigen Zeitpunkt beziehen kann 45 . <strong>Information</strong> kann daher als „Tat-<br />

39<br />

Vgl. Gablers Wirtschafts Lexikon (2000) S. 1517, Lip<strong>in</strong>ski (1995) S. 213 und Longely und Sha<strong>in</strong> (1993) S.<br />

204.<br />

40<br />

Vgl. Berthel (1992) S. 873.<br />

41<br />

Vgl. Wittman (1980) S. 894.<br />

42<br />

Die Fragestellung wie viel <strong>Information</strong> ausreichend ist und wor<strong>in</strong> das <strong>Information</strong>soptimum besteht, wird <strong>in</strong><br />

Kapitel 2.5.1 genauer behandelt.<br />

43<br />

Wittman (1959) S. 14.<br />

44<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 4f und (1997) S. 326.<br />

45 Vgl. Wittman (1959) S. 14f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 16<br />

sachenwissen“ verstanden werden, welches „für die Anwendung e<strong>in</strong>es vorgegebenen Prognose-<br />

oder Entscheidungsmodells benötigt wird“ 46 . Die Entwicklung von Theorien bzw. die<br />

Modellbildung ist gemäß dieser Def<strong>in</strong>ition nicht im <strong>Information</strong>sbegriff enthalten 47 . So me<strong>in</strong>en<br />

beispielsweise auch Voß und Gutenschwager (2001) S. 12, dass <strong>Information</strong>en zwar die<br />

E<strong>in</strong>gangsdaten für Entscheidungsmodelle darstellen, die richtige Anwendung, Auswahl und<br />

Entwicklung der entsprechenden Entscheidungsmodelle sowie die Auswahl der relevanten<br />

<strong>Information</strong>en aber letztlich dem Begriff Wissen entsprechen. Dieser <strong>Information</strong>sbegriff ist<br />

der pragmatischen Betrachtungsebene zuzuordnen.<br />

Aus obiger Def<strong>in</strong>ition wird klar, dass e<strong>in</strong> enger Zusammenhang zwischen <strong>Information</strong> und der<br />

Entscheidungsf<strong>in</strong>dung zur Handlungsvorbereitung besteht. <strong>Information</strong> ist also nicht irgendwo<br />

vorhanden, sondern ist stets an e<strong>in</strong>en bestimmten Entscheidungsträger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Entscheidungssituation gebunden 48 . In entscheidungstheoretischer Sicht ist <strong>Information</strong> daher<br />

e<strong>in</strong> Stimulus, der die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsurteile e<strong>in</strong>es Entscheidungsträgers bezüglich se<strong>in</strong>er<br />

Handlungsalternativen verändert 49 . So lassen sich m<strong>in</strong>destens drei verschiedene Wirkungen<br />

von <strong>Information</strong>en auf e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>sempfänger unterscheiden 50 :<br />

1. Mittels <strong>Information</strong>en kann die aktuelle Handlungsmenge des Empfängers erweitert<br />

werden.<br />

2. Es könnend die Folgen e<strong>in</strong>er Handlung klar bzw. die subjektiven Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsannahmen<br />

des Empfängers über das E<strong>in</strong>treten der verschiedenen Folgen e<strong>in</strong>er<br />

Handlung modifiziert werden.<br />

3. Die <strong>Information</strong> kann den Empfänger dazu veranlassen, se<strong>in</strong>e Nutzenfunktion zu revidieren<br />

und eventuell neue Argumente <strong>in</strong> die Nutzenfunktion aufzunehmen.<br />

Zusammenfassend wird im S<strong>in</strong>ne dieser Arbeit <strong>Information</strong> als zweckorientierte, kodifizier-<br />

bare, neue Daten, welche die Basis für die Anwendung von Prognose- oder Entscheidungsmodellen<br />

und der Vorbereitung und Durchführung von ökonomischen Handlungen<br />

darstellen, verstanden.<br />

46<br />

Stickel, Groffmann et al. (1997) S. 326.<br />

47<br />

Vgl. Stickel, Groffmann et al. (1997) S. 326.<br />

48<br />

Vgl. Mag (1977) S. 5.<br />

49<br />

Vgl. Lawrence (1999) S. 2 und Gablers Wirtschafts Lexikon (2000) S. 1517.<br />

50 Vgl. Keck (1990) S. 360.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 17<br />

2.2 Wissensbegriff<br />

Bereits <strong>in</strong> der Antike hat Platon Wissen als „wahre mit Begründung versehene Me<strong>in</strong>ung“<br />

def<strong>in</strong>iert 51 . So versteht man unter Wissen üblicherweise sichere Erfahrungen und Beobach-<br />

tungen, aus denen Schlüsse abgeleitet werden können, die ihrerseits wiederum als Wissen<br />

bezeichnet werden 52 . Im Unterschied zu „Glauben“, „Vermutung“ oder „Me<strong>in</strong>ung“ ist Wissen<br />

e<strong>in</strong>e rational begründbare und begründete Kenntnis, die strengen Überprüfungspostulaten<br />

unterliegt, sodass Gewissheit e<strong>in</strong> wesentliches Merkmal von Wissen ist 53 . Allgeme<strong>in</strong> kann<br />

Wissen daher als „Gesamtheit aller Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung<br />

von Problemen e<strong>in</strong>setzen“ 54 def<strong>in</strong>iert werden. Dieser Wissensbegriff umfasst im Gegensatz<br />

zur <strong>Information</strong> nun auch die Theorie und Modellbildung, die als Grundlage für erfolgreiches<br />

unternehmerisches Handeln gilt 55 .<br />

Dieses Wissen basiert grundsätzlich auf Daten und <strong>Information</strong>en 56 . Durch zweckorientierte<br />

Vernetzung von verschiedenen <strong>Information</strong>en und bereits vorhandenem Wissen entsteht e<strong>in</strong>e<br />

Menge von Modellen, die als Wissen bezeichnet werden. Wie bereits angedeutet erfordert<br />

diese Vernetzung der <strong>Information</strong>en umfangreiche Kenntnisse über den Zusammenhang und<br />

S<strong>in</strong>nhaftigkeit <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den Verwendungszweck, sodass Wissen immer an e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Person und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gewissen Kontext gebunden ist. Demnach ist Wissen e<strong>in</strong>e modellierte,<br />

subjektive und perspektivische Wirklichkeit, die immer auf etwas oder jemanden<br />

bezogen ist und stets nur für den Zweck gültig ist, für den es umgeformt wurde. Generell besteht<br />

der Zweck von Wissen <strong>in</strong> der Vorbereitung und Durchführung von Handlungen und<br />

Entscheidungen 57 .Wissen ist somit e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividueller Prozess <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em spezifischen Kontext,<br />

der sich <strong>in</strong> Handlungen manifestiert 58 . Im Gegensatz zur <strong>Information</strong> kann Wissen daher nie<br />

wirklich objektiv se<strong>in</strong>, da es zweckrelativ, perspektivisch, kontextbezogen sowie verhaltensrelevant<br />

ist und die Kenntnis se<strong>in</strong>er Herkunft voraussetzt.<br />

51<br />

Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (1999) S. 291.<br />

52<br />

Vgl. Wittman (1959) S. 15.<br />

53<br />

Vgl Wittman (1959) S. 15, Meyers Enzyklopädisches Lexikon (1981) S. 434, Brockhaus Enzyklopädie (1999)<br />

S. 291 und Rehäuser und Krcmar (1996) S. 5.<br />

54<br />

Gablers Wirtschafts Lexikon (2000) S. 3542.<br />

55<br />

Vgl. Voß und Gutenschwager (2001) S. 12.<br />

56<br />

Vgl. Gablers Wirtschafts Lexikon (2000) S. 3542 und North (1998) S. 16.<br />

57<br />

Vgl. Voß und Gutenschwager (2001) S. 24.<br />

58<br />

Vgl. North (1998) S. 41 und Nonaka und Takeuchi (1995) S. 59


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 18<br />

Zusammengefasst ist Wissen e<strong>in</strong> subjektiver, zweckrelativer, perspektivischer, kontextbezo-<br />

gener Prozess, der die Gesamtheit aller, auf vernetzten <strong>Information</strong>en basierenden, rational<br />

begründbaren und begründeten Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung<br />

von Problemen e<strong>in</strong>setzen und <strong>in</strong> Handlungen resultiert.<br />

Ebenfalls wichtig <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung <strong>in</strong> implizites (tacit know-<br />

ledge) und explizites Wissen (explicit knowledge), welche man häufig <strong>in</strong> der Literatur f<strong>in</strong>det<br />

59 . Implizites Wissen ist <strong>in</strong> den Köpfen von e<strong>in</strong>zelnen Personen gespeichert (embodied<br />

knowledge) und beruht auf Idealen, Werten, Gefühlen, Handlungen und Erfahrungen. Es stellt<br />

das persönliche Wissen e<strong>in</strong>es Individuums dar, welches schwer kommunizierbar, formalisierbar<br />

und teilbar ist und auf subjektiven E<strong>in</strong>sichten und Intuition beruht. Implizites Wissen lässt<br />

sich generell <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e technische und e<strong>in</strong>e kognitive Dimension unterscheiden 60 : Während die<br />

technische Dimension die schwer dokumentierbaren und <strong>in</strong>formalen Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

– also das Know-how – umfasst, besteht die kognitive Dimension aus Schemata,<br />

mentalen Modellen, Überzeugungen und Wahrnehmungen. Diese kognitive Dimension<br />

bee<strong>in</strong>flusst vor allem unsere Vorstellung und Wahrnehmung von der Wirklichkeit (Was ist)<br />

und der Zukunft (Was sollte se<strong>in</strong>) und def<strong>in</strong>iert somit unsere Umwelt. Aufgrund se<strong>in</strong>er<br />

Beschaffenheit ist die Übertragbarkeit, Speicherbarkeit und Verarbeitbarkeit von implizitem<br />

Wissen nur sehr schwierig oder kaum möglich 61 .<br />

Explizites Wissen h<strong>in</strong>gegen ist methodisch, systematisch und kann entweder <strong>in</strong> der Form von<br />

Symbolen (Schriftstücke, Zeichnungen, etc.) oder anderen Medien (Masch<strong>in</strong>en, Werkzeuge<br />

etc.) gespeichert werden (disembodied knowledge). Daher ist explizites Wissen auch sehr<br />

e<strong>in</strong>fach mittels elektronischer Datenverarbeitung übertragbar, verarbeitbar und speicherbar.<br />

Typische Beispiele für explizites Wissen wären Prozessbeschreibungen, Patente, Organigramme<br />

etc..<br />

Betrachtet man diese Beschreibung von explizitem Wissen genauer, so stellt sich die Frage,<br />

wor<strong>in</strong> nun der Unterschied zur <strong>Information</strong> besteht und ob e<strong>in</strong>e Unterscheidung <strong>in</strong> implizites<br />

59 Vgl. North (1998) S. 49, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 6, Roberts (2000) S. 430f und Nonaka und Takeuchi<br />

(1995) S. 59f.<br />

60<br />

Vgl. Nonaka und Takeuchi (1995) S. 60.<br />

61<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 7.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 19<br />

und explizites Wissen s<strong>in</strong>nvoll ist? Scheuble (1998) S. 26 def<strong>in</strong>iert beispielsweise explizites<br />

Wissen als<br />

„...implizites Wissen, das auf der Basis von Zeichen übertragen werden kann.“<br />

Aufgrund dieser Def<strong>in</strong>ition besteht ke<strong>in</strong> offensichtlicher Unterschied zwischen explizitem<br />

Wissen und <strong>Information</strong>. Betrachtet man aber nun obige Arbeitsdef<strong>in</strong>ition von Wissen, so<br />

wird Wissen als e<strong>in</strong> kontext- und personenspezifischer Prozess, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Aktion resultiert<br />

verstanden. Im Gegensatz dazu kann explizites Wissen aufgrund se<strong>in</strong>er Kodifizierbarkeit beliebig<br />

verteilt werden und ist somit weder zw<strong>in</strong>gend subjektiv noch an irgende<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Person gebunden. Weiters muss explizites Wissen auch nicht zwangsweise verhaltensrelevant<br />

se<strong>in</strong> und zu e<strong>in</strong>er Handlung führen. Somit werden aber e<strong>in</strong>ige wesentliche Aspekte der Def<strong>in</strong>ition<br />

von Wissen im S<strong>in</strong>ne dieser Arbeit nicht erfüllt. Vielmehr entspricht dieses explizite<br />

Wissen dem Begriff der <strong>Information</strong>. E<strong>in</strong>e Unterscheidung <strong>in</strong> explizites Wissen und <strong>Information</strong><br />

sche<strong>in</strong>t daher für diese Arbeit nicht s<strong>in</strong>nvoll. Für die restliche Arbeit wird explizites Wissen<br />

somit als <strong>Information</strong> def<strong>in</strong>iert 62 und verhaltensrelevantes, implizites Wissen als Wissen<br />

im S<strong>in</strong>ne obiger Arbeitsdef<strong>in</strong>ition. Daraus ergibt sich die Implikation, dass Wissen an sich nur<br />

bed<strong>in</strong>gt kodifiziert werden kann und durch die Kodifizierung Wissen bereits zur <strong>Information</strong><br />

konvertiert wird. Im strengen S<strong>in</strong>ne dieser Def<strong>in</strong>ition kann Wissen auch nicht mehr transferiert<br />

werden, sondern es muss vom jeweiligen Individuum immer neu gelernt werden 63 . E<strong>in</strong>e<br />

genauere Beschreibung dieses Prozesses <strong>in</strong> Organisationen f<strong>in</strong>det sich im Kapitel 2.3.<br />

62 Ähnliche Ansätze f<strong>in</strong>den sich beispielsweise auch bei Marchand (1998) S. 256, Kogut und Zander (1992) S.<br />

20 und Voß und Gutenschwager (2001) S. 10.<br />

63<br />

Vgl. Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 58.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 20<br />

2.3 <strong>Information</strong>s- und Wissensgenerierung <strong>in</strong> Organisationen<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielt die Interaktion von Wissen und <strong>Information</strong> bei der Wissenserzeu-<br />

gung und -transformation <strong>in</strong> Organisationen. Als Grundproblem des organisatorischen Wissensmanagements<br />

stellt sich die Frage, wie subjektives Wissen <strong>in</strong> <strong>Information</strong>en überführt<br />

werden kann 64 ? Nur wenn es zum<strong>in</strong>dest teilweise gel<strong>in</strong>gt Wissen zu externalisieren, ist es<br />

möglich, dieses Know-how <strong>in</strong> Form von <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> Organisationen zu verbreiten und<br />

e<strong>in</strong>em größeren Personenkreis zugänglich zu machen 65 .<br />

„The cont<strong>in</strong>uous conversion that goes from knowledge to <strong>in</strong>formation and from <strong>in</strong>formation to<br />

knowledge <strong>in</strong> an organization“ 66 ist daher e<strong>in</strong>e wesentliche Grundvoraussetzung, um organisationales<br />

Wissen zu erzeugen. Dabei versteht man unter organisationaler Wissenserzeugung<br />

„the capability of a company as a whole to create new knowledge, dissem<strong>in</strong>ate it throughout<br />

the organization and embody it <strong>in</strong> products, services and systems“ 67 .<br />

Aufgrund der Interaktionsmöglichkeiten von Wissen und <strong>Information</strong> haben Nonaka und Takeuchi<br />

(1995) vier Arten der Wissenserzeugung <strong>in</strong> Organisationen unterschieden (vgl. auch<br />

Tabelle 2) 68 :<br />

• Sozialisation:<br />

Wissen wird direkt zwischen zwei Personen ausgetauscht, <strong>in</strong>dem beispielsweise e<strong>in</strong>e<br />

Person die andere bei der Arbeit beobachtet (Lernen durch Sozialisation, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g-onthe-Job).<br />

Das Gelernte wird Teil der eigenen Wissensbasis, woraus letztlich Wissen<br />

und Handlungen generiert werden. Geme<strong>in</strong>same Sprache, Erfahrungen, Symbole und<br />

Zeichen s<strong>in</strong>d wichtige Voraussetzungen für den erfolgreichen Wissenstransfer 69 .<br />

• Externalisierung:<br />

Wissen wird so kodifiziert und dokumentiert, dass es für die gesamte Organisation zu-<br />

64<br />

North (1998) S. 50.<br />

65<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 7.<br />

66<br />

Marchand (1998) S. 256.<br />

67<br />

Nonaka und Takeuchi (1995) S. VIII.<br />

68<br />

Vgl. Nonaka und Takeuchi (1995) S62 ff, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 33f, North (1998) S. 50f und<br />

Marchand (1998) S. 256ff.<br />

69<br />

Vgl. Grant (1996) S. 116.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 21<br />

gänglich wird. Wissen wird also zur <strong>Information</strong> konvertiert, welche gespeichert, be-<br />

arbeitet und übertragen werden kann. Diese Explikation ist der Schlüssel zur Wissens-<br />

erzeugung, da neue „explizite Konzepte von Wissen“ <strong>in</strong> Form von <strong>Information</strong>en generiert<br />

werden.<br />

• Internalisierung:<br />

Bereits vorhandene <strong>Information</strong> wird mit der bestehenden Wissensbasis zweckorientiert<br />

vernetzt und assimiliert, sodass neues, kontextbezogenes Wissen entsteht, welches<br />

sich <strong>in</strong> Handlungen manifestiert.<br />

• Komb<strong>in</strong>ation:<br />

Bereits bekannte <strong>Information</strong>en werden neu zusammengefasst, komb<strong>in</strong>iert oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

anderen Form dargestellt. Das Gesamtwissen des Unternehmens wird dadurch jedoch<br />

nicht verändert. Allerd<strong>in</strong>gs kann diese „Neu-Komb<strong>in</strong>ation“ der <strong>Information</strong>en<br />

sehr nützlich se<strong>in</strong>.<br />

Von<br />

Wissen<br />

<strong>Information</strong><br />

Zu<br />

Wissen <strong>Information</strong><br />

Externalisierung<br />

Sozialisation<br />

implizit/explizit<br />

implizit/implizit<br />

<strong>Information</strong> entsteht durch Kodifizierung<br />

Austausch erlernten Wissens zwischen<br />

und Dokumentation<br />

Personen<br />

z.B. Dokumente, Nachrichten, etc.<br />

Komb<strong>in</strong>ation<br />

explizit/explizit<br />

Internalisierung<br />

explizit/implizit<br />

Wissen wird <strong>in</strong>dividuell operrationalisiert<br />

„Neu-Komb<strong>in</strong>ation“ durch Zusammenfügen<br />

bekannter <strong>Information</strong>en<br />

z.B. Dokumente, Übersichtpläne, etc.<br />

Tabelle 2: Arten der organisationalen Wissenserzeugung/-transformation 70 .<br />

Organisationen als solche können also ke<strong>in</strong> Wissen an sich erzeugen 71 . Im Mittelpunkt dieser<br />

vier Grundarten der Wissenserzeugung steht daher nach wie vor das Wissen und die <strong>Information</strong>en<br />

von Individuen. Nonaka und Takeuchi (1995) S. 70ff schlagen daher als Modell der<br />

organisationalen Wissenserzeugung e<strong>in</strong>en dynamischen, <strong>in</strong>teraktiven Prozess zwischen <strong>Information</strong><br />

und Wissen, die sogenannte Spirale des Wissens vor. Erst<br />

70 In Anlehnung an Nonaka und Takeuchi (1995) S 62, North (1998) S. 50, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 34<br />

und Marchand (1998) S. 256.<br />

71<br />

Vgl. Nonaka und Takeuchi (1995) S. 72 und Grant (1996) S. 112.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 22<br />

„durch den ständigen Wechsel von Wissensexternalisierung und Wissens<strong>in</strong>ternalisierung ent-<br />

lang der Wissensträger Mitarbeiter, Gruppe, Organisation und über die Organisationsgren-<br />

zen h<strong>in</strong>aus, wird e<strong>in</strong>erseits Wissen auf diesen unterschiedlichen Ebenen verfügbar gemacht,<br />

andererseits entsteht e<strong>in</strong> Wissenszuwachs für das Unternehmen“ 72 .<br />

Diese Interaktion ist also durch e<strong>in</strong>en ständigen Wechsel zwischen den verschiedenen<br />

Grundmustern der Wissenserzeugung (Sozialisation, Externalisierung, Internalisierung und<br />

Komb<strong>in</strong>ation) gekennzeichnet, die durch verschiedene Trigger ausgelöst werden. Dadurch<br />

kann sich das <strong>in</strong>dividuelle Wissen bis weit über die Organisationsgrenzen ausweiten und er-<br />

weitert werden (vgl. Abbildung 5) 73 .<br />

<strong>Information</strong><br />

Wissen<br />

Komb<strong>in</strong>ation<br />

Sozialisation<br />

Individuum Gruppe Organisation Organisationsübergreifend<br />

Wissensebene<br />

Externalisierung<br />

Internalisierung<br />

Abbildung 5: Spirale der organisationalen Wissenserzeugung 74 .<br />

Organisationen müssen also ständig darauf bedacht se<strong>in</strong>, diese Spirale des Wissens <strong>in</strong> Gang<br />

zu halten, um so e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche <strong>Information</strong>s- und Wissenserzeugung zu gewährleisten.<br />

Nur wenn es gel<strong>in</strong>gt den notwendigen Kontext zu schaffen, <strong>in</strong> dem diese soziale Interaktion<br />

von Externalisierung, Internalisierung und Sozialisation gefördert wird, kann e<strong>in</strong>e Organisati-<br />

72 North (1998) S. 52.<br />

73 Vgl. Nonaka und Takeuchi (1995) S. 72.<br />

74 Adaptiert <strong>in</strong> Anlehnung an Nonaka und Takeuchi (1995) S. 73.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 23<br />

on langfristig Wissen erzeugen 75 . Dabei wird die Wissenserzeugung durch folgende Faktoren<br />

begünstigt 76 :<br />

1. Intention:<br />

Im Rahmen der Unternehmensstrategie muss e<strong>in</strong>e klare Vision bzw. Zielsetzung über<br />

die Art des aufzubauenden Wissens und den damit verbundenen organisatorischen Fä-<br />

higkeiten entwickelt und artikuliert werden. In weiterer Folge soll diese Vision <strong>in</strong><br />

Form von Leitl<strong>in</strong>ien und Handlungsanweisungen operationalisiert werden.<br />

2. Autonomie:<br />

Alle Mitglieder der Organisation sollen die Freiheit haben <strong>in</strong>nerhalb der gegebenen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen kreativ und autonom handeln zu können. Dadurch wird e<strong>in</strong>erseits<br />

die Motivation der Organisationsmitglieder gefördert und andererseits ist es möglich,<br />

unvorhergesehene Chancen zu nutzen.<br />

3. Instabilität:<br />

Bestehende Denkweisen, Perspektiven und Rout<strong>in</strong>en müssen kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong>fragegestellt<br />

und überdacht werden. Organisationen müssen also ständig offen für Neues se<strong>in</strong>,<br />

um e<strong>in</strong>e optimale Anpassung an die ständig wechselnde Umwelt zu gewährleisten.<br />

4. Redundanz:<br />

Grundsätzlich sollten Organisationsmitgliedern mehr <strong>Information</strong>en zur Verfügung<br />

stehen als sie für ihre unmittelbare Aufgabenerledigung benötigen. Dadurch entsteht<br />

e<strong>in</strong>e Überlappung verschiedenster, sich teilweise ergänzender <strong>Information</strong>en, welche<br />

die Wissensgenerierung fördert. Indem die Organisationsmitglieder wahrnehmen können<br />

was andere versuchen zu artikulieren, bekommen sie e<strong>in</strong> Gefühl für deren Wissen.<br />

5. Vielfalt:<br />

Um auf die zunehmende Komplexität der Umwelt optimal reagieren zu können, müssen<br />

Organisationsmitglieder ständig <strong>Information</strong>en mit ihrer bestehenden Wissensbasis<br />

schnell und flexibel komb<strong>in</strong>ieren. Daher sollte jedes Organisationsmitglied e<strong>in</strong>en<br />

schnellen Zugang zu e<strong>in</strong>er breiten Vielfalt an notwendigen <strong>Information</strong>en haben.<br />

75<br />

Vgl. Tsai (2002) S. 188.<br />

76<br />

Vgl. Nonaka und Takeuchi (1995) S. 74ff, Krebs (1998) S. 196ff, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 25 und<br />

North (1998) S. 165.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 24<br />

Letztlich ist also dieser Kontext für die sozialen Prozesse zwischen e<strong>in</strong>zelnen Individuen der<br />

Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Wissenserzeugung <strong>in</strong> Organisationen 77 . Auch wenn Indi-<br />

viduen immer die Wissensträger bleiben werden, ist das Unternehmenswissen mehr als die<br />

Summe des E<strong>in</strong>zelwissens der Mitarbeiter. Neues Wissen entsteht dadurch, dass die Mitarbeiter<br />

ihr Wissen zusammenbr<strong>in</strong>gen, neu vernetzen und davon neue Entscheidungen ableiten 78 .<br />

So sehen Cohen und Lev<strong>in</strong>thal (1990) S. 131 <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dividuellen Aufnahmekapazität und<br />

deren organisatorischer Nutzung die Grundlage für den Aufbau der organisatorischen Aufnahmekapazität<br />

und somit letztlich der Wissenserzeugung <strong>in</strong> Organisationen. Organisationales<br />

Wissen kann daher als Interaktionsmuster zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedern begriffen<br />

werden, welches sich <strong>in</strong> Handlungen und Kommunikation manifestiert 79 .<br />

In weiterer Folge betrachtet Grant (1996) S. 112 die Anwendung von bestehendem Wissen für<br />

die Produktion von Gütern und Dienstleistungen als e<strong>in</strong>e Hauptaufgabe von Firmen. Die<br />

Grundlage dafür ist die kollektive, organisationale Wissensbasis, die mittels Interaktionen und<br />

Kommunikation erzeugt wird. Aufbauend auf dem Lernmodell von Argyris und Schön (1999)<br />

entwickelte Schüppel (1996) e<strong>in</strong> systemtheoretisches Modell e<strong>in</strong>er kollektiven Wissensbasis.<br />

Die Wissensbasis besteht e<strong>in</strong>erseits aus Oberflächen-Wissen <strong>in</strong> der Form von außen rekonstruierbarem<br />

Fakten- und Rezeptwissen sowie den Fähigkeiten und Fertigkeiten e<strong>in</strong>es Kollektivs<br />

80 und andererseits dem nicht rekonstruierbarem Tiefen-Wissen <strong>in</strong> Form kollektiver Verarbeitungsmuster<br />

und Weltanschauungen. Ergänzt wird diese Wissensbasis durch organisationelle<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie Struktur oder Prozessabläufen, sowie politisch-kulturellen<br />

Phänomenen wie Werte, Normen oder Unternehmenskultur. Durch e<strong>in</strong>e ständige Interaktion<br />

und Kommunikation dieser Teilbereiche – Schüppel (1996) spricht auch vom kollektiven Lernen<br />

oder organisationalen Lernen – wird diese Wissensbasis evolutionär weiterentwickelt<br />

(vgl. Abbildung 6).<br />

77<br />

Vgl. Nonaka und Takeuchi (1995) S. 61.<br />

78<br />

Vgl. Herbst (2000) S. 9f.<br />

79<br />

Vgl. Brunner (2002) S. 66f.<br />

80<br />

Dieses Oberflächen-Wissen entspricht dem Begriff <strong>Information</strong> im S<strong>in</strong>ne dieser Arbeit.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Interaktionen/ Kommunikationen mit der Umwelt<br />

erzeugen extrasystemische Kommunikationsregeln<br />

Interaktionen/ Kommunikationen<br />

von Individuen <strong>in</strong>nerhalb von Kollektiven<br />

erzeugen <strong>in</strong>trasystemische Kommunikationsregeln<br />

Oberflächen-Wissen:<br />

Kollektive<br />

Handlungsrout<strong>in</strong>en<br />

Tiefen-Wissen:<br />

Kollektive<br />

Verarbeitungsmuster und<br />

Weltanschauungen<br />

Kollektive Wissensbasis<br />

Materielle<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen:<br />

Organisationsstruktur,<br />

Ablaufprozesse etc.<br />

Politisch-kulturelle<br />

Phänomene:<br />

Werte, Normen etc.<br />

Abbildung 6: Organisationale Wissensbasis 81 .<br />

Seite 25<br />

Fasst man nun die wesentlichen Aspekte der organisationalen <strong>Information</strong>s- und Wissenser-<br />

zeugung zusammen, dann ergibt sich folgendes Bild 82 :<br />

1. Daten und <strong>in</strong> weiterer Folge <strong>Information</strong>en s<strong>in</strong>d die Rohstoffe für die Wissenserzeu-<br />

gung 83 . Sie werden entweder von der Organisationsumwelt oder vom <strong>in</strong>ternen organi-<br />

satorischen Kontext extrahiert und verarbeitet. Generell sehen sich Unternehmen e<strong>in</strong>er<br />

wahren Flut an Daten gegenüber, sodass die wesentlichen <strong>Information</strong>en herausselek-<br />

tiert werden müssen. Aufgrund der begrenzten <strong>Information</strong>sverarbeitungskapazität<br />

entstehen <strong>Information</strong>sverarbeitungskosten und es kann immer wieder zu fehlerhaften<br />

Selektionen kommen.<br />

2. Entsprechend dem jeweiligen Kontext und der spezifischen Aufgabenstellung müssen<br />

die <strong>Information</strong>en <strong>in</strong>terpretiert werden, wodurch deren Wissenspotential entsteht. Für<br />

diesen Interpretationsprozess ist, wie wir bereits gesehen haben, sowohl e<strong>in</strong>e bereits<br />

bestehende organisationelle als auch <strong>in</strong>dividuelle Wissensbasis notwendig. In Abhän-<br />

gigkeit von dieser Wissensbasis und der Aufnahmekapazität des Unternehmens besitzt<br />

die jeweilige <strong>Information</strong> e<strong>in</strong> mehr oder weniger großes Wissenspotential.<br />

3. In weiterer Folge f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Lernprozess im engeren S<strong>in</strong>ne statt. Ausgehend von e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Problemstellung und e<strong>in</strong>er def<strong>in</strong>ierten Zielsetzung wird die selektierte und<br />

<strong>in</strong>terpretierte <strong>Information</strong> mit der bestehenden Wissensbasis vernetzt und Wissen ge-<br />

neriert, welches sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Handlung manifestiert. Im S<strong>in</strong>ne Nonaka und Takeuchi<br />

81 Schüppel (1996) S. 95.<br />

82 Vgl. Wahren (1996) S. 98ff.<br />

83 Vgl. Bleicher (2002) S. 61.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 26<br />

(1995) handelt es sich um den Prozess der Internalisierung. Um vor allem auch die<br />

nicht kodifizierbaren Bestandteile des Wissens zugänglich zu machen, spielt neben der<br />

Internalisierung noch die Sozialisierung – im Zuge der regulären Zusammenarbeit o-<br />

der des Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs on the Job – e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle. Erst beide Prozesse zusammen<br />

können zu e<strong>in</strong>er umfassenden Wissenserzeugung <strong>in</strong> Organisationen führen.<br />

4. Nachdem nun das neue Wissen generiert worden ist und zu e<strong>in</strong>er Handlung geführt<br />

hat, muss es objektiviert und soweit möglich der gesamten Organisation zugänglich<br />

gemacht werden. Im Zuge des Objektivierungsprozesses wird aus <strong>in</strong>dividuellem Wissen<br />

e<strong>in</strong>e kollektiv anerkannte Kenntnis und Gewissheit, die bestimmten Überprüfungspostulaten<br />

unterliegt. Im Anschluss daran wird dieses objektivierte, kollektive<br />

Wissen – soweit möglich – externalisiert und <strong>in</strong> <strong>Information</strong>en konvertiert. Dadurch<br />

wird die Speicherung und optimale Verbreitung <strong>in</strong>nerhalb der Organisation gewährleistet.<br />

5. Die organisationale Wissensbasis besteht aus leicht reproduzierbaren <strong>Information</strong>en<br />

und nicht kodifizierbarem, mentalem Wissen. Weiters kann zwischen <strong>in</strong>dividuellen<br />

und kollektiven Bestandteilen unterschieden werden. Individuelle Bestandteile wären<br />

z.B. das Wissen des e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiters oder bestimmte Akten und <strong>Information</strong>en,<br />

die nur e<strong>in</strong>e bestimmte Person besitzt. Auf der anderen Seite existieren kollektive Datenbanken,<br />

<strong>Information</strong>ssysteme, Prozessbeschreibungen oder e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Unternehmenskultur,<br />

Werte und Visionen. Durch die ständige Komb<strong>in</strong>ation bekannter <strong>Information</strong>en<br />

entstehen neue Meta<strong>in</strong>formationen, welche die Wissensbasis erweitern.<br />

Durch die wechselseitige Bee<strong>in</strong>flussung und ständiger Interaktion mit den anderen<br />

Schritten kommt es zu e<strong>in</strong>em fortlaufenden Kreislauf der <strong>Information</strong>s- und Wissensgenerierung,<br />

der zu e<strong>in</strong>er Erweiterung der organisationalen Wissensbasis führt.<br />

Die folgende Abbildung 7 gibt nochmals e<strong>in</strong>en Überblick über die soeben besprochenen Abläufe<br />

<strong>in</strong> Organisationen.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Neues Neues Wissen Wissen<br />

testen testen und und ggf. ggf.<br />

externalisieren<br />

externalisieren<br />

<strong>Information</strong><br />

Organisations<strong>in</strong>terner Kontext<br />

Daten Daten / / <strong>Information</strong>en <strong>Information</strong>en selektieren selektieren<br />

Organisationale Organisationale Wissensbasis<br />

Wissensbasis<br />

<strong>in</strong>dividuell kollektiv<br />

Mentales Wissen Mitarbeiter,…<br />

Handlungen setzen<br />

Umwelt der Organisation<br />

Akten,… Datenbanken, Normen<br />

Prozessbeschreibungen,…<br />

Komb<strong>in</strong>ation von <strong>Information</strong>en<br />

Unternehmenskultur,<br />

Werte, Visionen,…<br />

Lernprozess Lernprozess i.e. i.e. S<strong>in</strong>ne S<strong>in</strong>ne<br />

Wissen<br />

Probleme def<strong>in</strong>ieren<br />

Internalisierung<br />

Sozialisation<br />

Ziele festlegen<br />

Kontext<br />

Teamwork, Teamwork, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g on on the the Job,… Job,…<br />

<strong>Information</strong>en<br />

<strong>Information</strong>en<br />

<strong>in</strong>terpretieren<br />

<strong>in</strong>terpretieren<br />

Seite 27<br />

Abbildung 7: Zusammenfassendes Modell der <strong>Information</strong>s- und Wissensentstehung <strong>in</strong> Organisationen 84 .<br />

84 Modifiziert und Erweitert <strong>in</strong> Anlehnung an Wahren (1996) S. 98.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 28<br />

2.4 Eigenschaften von <strong>Information</strong> und Wissen<br />

Im nachfolgenden Abschnitt werden die wichtigsten Eigenschaften von <strong>Information</strong> und Wis-<br />

sen aus betriebswirtschaftlicher Sicht beschrieben. Hierbei wird <strong>in</strong>sbesondere auf jene Eigen-<br />

schaften näher e<strong>in</strong>gegangen die für die weitere Arbeit von besonderer Bedeutung s<strong>in</strong>d.<br />

2.4.1 <strong>Information</strong> und Wissen als öffentliche Güter<br />

In der Neoklassischen Ökonomie werden die Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen häufig gleichgesetzt<br />

bzw. als Synonyme verwendet 85 . In dieser klassischen ökonomischen Betrachtungsweise<br />

werden sowohl Wissen als auch <strong>Information</strong> als e<strong>in</strong> öffentliches Gut bezeichnet. Generell<br />

s<strong>in</strong>d öffentliche Güter durch folgende Eigenschaften charakterisiert 86 :<br />

1. Ke<strong>in</strong>e Transferkosten<br />

2. Ke<strong>in</strong>e Rivalität des Konsums<br />

3. Ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung der Konsummöglichkeiten<br />

Aufgrund dieser Eigenschaften ergeben sich vor allem Probleme des Trittbrettfahrens und der<br />

Bestimmung der optimalen Menge e<strong>in</strong>es öffentlichen Gutes 87 . E<strong>in</strong>erseits kann e<strong>in</strong>e Person<br />

nämlich auch dann nicht von der Nutzung e<strong>in</strong>es öffentlichen Gutes ausgeschlossen werden,<br />

wenn sie ke<strong>in</strong>en Beitrag zur Erstellung des Gutes geleistet hat. Somit haben viele Personen<br />

ke<strong>in</strong>en Anreiz, e<strong>in</strong>en Beitrag zur Errichtung e<strong>in</strong>es öffentlichen Gutes zu leisten. Andererseits<br />

s<strong>in</strong>d unterschiedliche Personen auch nicht bereit, gleich viel für die Errichtung des öffentlichen<br />

Gutes beizutragen, da jede Person dem öffentlichen Gut e<strong>in</strong>en unterschiedlichen Nutzen<br />

zuordnen. So hat beispielsweise die Landesverteidigung für manche Personen e<strong>in</strong>e höhere<br />

Bedeutung als für andere und dementsprechend s<strong>in</strong>d diese Personen natürlich auch bereit<br />

mehr für die Landesverteidigung auszugeben 88 . Das Problem der optimalen Menge ergibt sich<br />

aber dadurch, dass alle Personen die Kosten für Landesverteidigung geme<strong>in</strong>sam tragen müs-<br />

85<br />

Vgl. Nordhaus (1969) S. 18, Arrow (1969) S. 29ff, Hirsch (1969) S. 36ff, Voß und Gutenschwager (2001) S.<br />

20f, und Krebs (1998) S. 73.<br />

86<br />

Vgl. Weimann (1990) S. 85, Varian (1996) S. 605ff, Monge, Fulk et al. (1998) S. 412 und Contractor und Ra<br />

(2002) S. 12.<br />

87<br />

Vgl. Varian (1996) S. 605ff und Weimann (1990) S. 83.<br />

88<br />

Vgl. beispielsweise das Abfangjäger Volksbegehren <strong>in</strong> Österreich 2002, bei dem 624,720 Personen (Quelle:<br />

Bundesm<strong>in</strong>isterium für Inneres) gegen den Ankauf neuer Abfangjäger unterschrieben haben.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 29<br />

sen. Als weitere typische Beispiele für öffentliche Güter neben der Landesverteidigung wären<br />

Umweltschutzmaßnahmen oder öffentliche Gehwege zu nennen.<br />

Ausgehend von der Überlegung, welche Aspekte bei e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>s- bzw. Wissenstrans-<br />

fer von besonderer Bedeutung s<strong>in</strong>d, vergleichen Contractor und Ra (2002) S. 15ff anhand von<br />

sieben verschiedene Dimensionen wie sich Wissen und <strong>Information</strong> von e<strong>in</strong>em öffentliches<br />

Gut unterscheiden. Anhand dieses Vergleichs wird ersichtlich, dass zum<strong>in</strong>dest Wissen im<br />

S<strong>in</strong>ne dieser Arbeit ke<strong>in</strong> öffentliches Gut se<strong>in</strong> kann:<br />

1. Transferkosten:<br />

Während bei öffentlichen Gütern per Def<strong>in</strong>ition ke<strong>in</strong>e Transferkosten anfallen, muss<br />

Wissen – sofern überhaupt möglich – zuerst externalisiert und <strong>in</strong> <strong>Information</strong> umgewandelt<br />

werden. Dadurch können hohe Transferkosten entstehen. Der Transfer von <strong>Information</strong>en<br />

h<strong>in</strong>gegen verursacht – vor allem wenn sie bereits <strong>in</strong> digitalisierter Form<br />

vorliegen – kaum Transferkosten.<br />

2. Beobachtbarkeit:<br />

Wissen an sich kann nicht beobachtet werden, da es <strong>in</strong> den Köpfen von Menschen<br />

stattf<strong>in</strong>det. Lediglich das Resultat der Handlung, wie z.B. e<strong>in</strong> fertiges Produkt, e<strong>in</strong><br />

Manuskript oder e<strong>in</strong> Produktionsprozess können beobachtet werden 89 . Allerd<strong>in</strong>gs<br />

muss das Resultat nicht immer so e<strong>in</strong>deutig beobachtbar se<strong>in</strong> wie <strong>in</strong> diesen Beispielen.<br />

Öffentliche Güter, wie öffentliche Gehsteige oder Straßen s<strong>in</strong>d im Regelfall sehr gut<br />

beobachtbar, wenngleich im Falle von Sicherheit oder Umweltschutz die Beobachtbarkeit<br />

auch manchmal nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt möglich ist. <strong>Information</strong>en h<strong>in</strong>gegen<br />

s<strong>in</strong>d grundsätzlich relativ e<strong>in</strong>fach beobachtbar, <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn sie <strong>in</strong> kodifizierter<br />

Form vorliegen.<br />

3. Anwendungskonsequenzen:<br />

Öffentliche Güter zeichnen sich durch fehlende Rivalität des Konsums aus. Die negativen<br />

Konsequenzen für den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer aus der Anwendung<br />

se<strong>in</strong>er transferierter <strong>Information</strong>en hängen e<strong>in</strong>erseits von den Aufnahmefähigkeiten<br />

der Konkurrenzfirmen 90 und andererseits von der Bedeutung und Wichtigkeit der <strong>Information</strong><br />

ab. Die Anwendung bereits bekannter Tatsachen oder <strong>Information</strong>en kann<br />

kaum zu e<strong>in</strong>em neuen Wettbewerbsvorteil und somit negativen Konsequenzen für den<br />

89<br />

Vgl. Grant (1996) S. 111.<br />

90<br />

Vgl. Cohen und Lev<strong>in</strong>thal (1990).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 30<br />

ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer führen 91 . Je neuer und je größer das<br />

Wissenspotential der transferierten <strong>Information</strong>en und je bedeutungsvoller das<br />

zugrundeliegende Wissen jedoch ist, desto größer s<strong>in</strong>d die zu erwartenden negativen<br />

Konsequenzen für das transferierende Unternehmen.<br />

4. <strong>Information</strong>sasymmetrie:<br />

Da Wissen selbst durch Externalisierung nicht vollständig transferiert werden kann,<br />

hat der Wissensbesitzer immer e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>svorteil. Bereits Polanyi (1966) S.<br />

136 me<strong>in</strong>te „we can know more than we can tell“.<br />

5. Offenlegungsdilemma:<br />

Öffentliche Güter brauchen nicht mehr offengelegt werden, da sie ja bereits allseits<br />

bekannt s<strong>in</strong>d. Wissen kann nicht vollständig offengelegt werden, da es nur sehr schwer<br />

externalisierbar und somit transferierbar ist, d.h. die Gefahr ungewollt wichtige Details<br />

preiszugeben und somit auch das Offenlegungsdilemma s<strong>in</strong>d eher ger<strong>in</strong>g. Gibt<br />

man aber z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verhandlungsprozess teilweise <strong>Information</strong>en mit Wissenspotential<br />

weiter, so kann es durchaus passieren, dass der Empfänger daraus bereits alle<br />

wichtigen <strong>Information</strong>en und teilweise auch Wissen ableiten kann und die <strong>Information</strong><br />

nicht mehr käuflich erwerben muss 92 . Die Gefahr ungewollt wichtige Details offen zu<br />

legen ist daher bei den <strong>Information</strong>en am größten.<br />

6. Wertbestimmungsproblematik:<br />

Diese Wertbestimmungsproblematik ergibt sich direkt aus dem <strong>Information</strong>sparadoxon<br />

93 . Dieses Paradoxon besagt, dass der Wert e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong> a priori nicht festgestellt<br />

werden kann ohne sie zu kennen. Kennt man aber die <strong>Information</strong> oder auch nur<br />

e<strong>in</strong>en Teil davon, so braucht man die <strong>Information</strong> nicht mehr käuflich erwerben und<br />

die Wertbestimmung wird überflüssig. Da Wissen <strong>in</strong> den Köpfen von Menschen stattf<strong>in</strong>det<br />

und es nicht immer vollständig externalisiert werden kann, ist auch die Wertbestimmung<br />

sehr problematisch bzw. nicht e<strong>in</strong>deutig möglich. Diese Problematik hängt<br />

sehr eng mit dem Offenlegungsdilemma zusammen. Der objektive Wert von öffentlichen<br />

Gütern ist h<strong>in</strong>gegen meist relativ e<strong>in</strong>fach zu bestimmen, da zumeist die Errichtungskosten<br />

als Anhaltspunkt verwendet werden können.<br />

7. Schutzmechanismen:<br />

Mittels Schutzmechanismen wie Patenten, Urheberrechten oder Lizenzen können Un-<br />

91<br />

Vgl. Barney (1986) und Dierickx und Cool (1989).<br />

92<br />

Vgl. Grant (1996) S. 111.<br />

93<br />

Vgl. Babe (1993) S. 52, Glaser (1980) S. 940 und Gablers Wirtschafts Lexikon (2000) S. 1526.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 31<br />

ternehmen die unberechtigte Nutzung von <strong>Information</strong>en kontrollieren. Dadurch werden<br />

die Effekte des Offenlegungsdilemmas gem<strong>in</strong>dert. Im Gegensatz dazu spielen<br />

Schutzmechanismen bei öffentliche Güter und Wissen ke<strong>in</strong>e besondere Rolle. Öffentliche<br />

Güter können per Def<strong>in</strong>ition nicht geschützt werden und Wissen braucht nicht<br />

geschützt zu werden, da es nicht transferiert werden kann.<br />

Wäre Wissen wirklich e<strong>in</strong> öffentliches Gut so könnte es aufgrund der spezifischen Eigenschaften<br />

def<strong>in</strong>itiv ke<strong>in</strong>e strategische Ressource im S<strong>in</strong>ne des Wissensorientierten Ansatzes<br />

se<strong>in</strong> 94 . Denn per Def<strong>in</strong>ition müssten dann auch alle anderen Firmen über das gleiche Wissen<br />

verfügen und die Grundlagen nachhaltiger Wettbewerbsvorteile wären nicht mehr gegeben 95 .<br />

Im Gegensatz dazu weisen <strong>Information</strong>en durchaus ähnliche Eigenschaften wie öffentliche<br />

Güter auf. Aufgrund moderner <strong>Information</strong>s- und Kommunikationssysteme s<strong>in</strong>d <strong>Information</strong>en<br />

mit marg<strong>in</strong>alen Transferkosten b<strong>in</strong>nen Sekunden weltweit verfügbar. Der mehrfache Besitz<br />

und Gebrauch von <strong>Information</strong> führt zu ke<strong>in</strong>em Wertverlust des Gutes <strong>Information</strong> und<br />

somit zu ke<strong>in</strong>er Rivalität des Konsums. Weiters können e<strong>in</strong>mal verbreitete <strong>Information</strong>en<br />

auch nicht mehr zurückgezogen werden, sodass ke<strong>in</strong>e geplante E<strong>in</strong>schränkung des <strong>Information</strong>skonsums<br />

mehr möglich ist. Die zunehmende Bedeutung von Schutzmechanismen wie Patente<br />

oder Urheberechte s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Indiz dafür, dass auch <strong>in</strong> der Politik der Charakter der <strong>Information</strong><br />

als öffentliches Gut vermehrt erkannt wird 96 . Denn obwohl diese Schutzmechanismen<br />

die Verbreitung der <strong>Information</strong> nur bed<strong>in</strong>gt verh<strong>in</strong>dern, räumen sie dennoch den rechtmäßigen<br />

Besitzern besondere Nutzungsrechte gegenüber Dritten e<strong>in</strong>. Solange <strong>Information</strong>en also<br />

nicht geheimgehalten oder mittels Schutzmechanismen geschützt werden, entspricht <strong>Information</strong><br />

<strong>in</strong> vielen Eigenschaften durchwegs e<strong>in</strong>em öffentlichen Gut. <strong>Information</strong>en s<strong>in</strong>d zwar<br />

nicht <strong>in</strong> allen Ausprägungen mit e<strong>in</strong>em öffentlichen Gut vollständig ident, aber diesen <strong>in</strong> vielen<br />

Bereichen sehr ähnlich bzw. viel ähnlicher als Wissen.<br />

94<br />

Vgl. Probst, Büchel et al. (1998) und Grant (1996).<br />

95<br />

Vgl. Barney (1991) S. 105, Liebesk<strong>in</strong>d (1996) S. 104 und Peteraf (1993) S. 186.<br />

96 Vgl. Contractor und Ra (2002) S. 13.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 32<br />

2.4.2 <strong>Information</strong> und Wissen als Produktionsfaktoren<br />

Neuerd<strong>in</strong>gs wird <strong>Information</strong> <strong>in</strong> der Literatur auch als vierter Produktionsfaktor bezeichnet,<br />

der e<strong>in</strong>e zielgesteuerte Komb<strong>in</strong>ation der klassischen Produktionsfaktoren erst ermöglicht 97 .<br />

Allerd<strong>in</strong>gs unterscheidet sich dieser Produktionsfaktor aufgrund se<strong>in</strong>er bereits angedeuteten<br />

Eigenschaften grundlegend von den herkömmlichen, materiellen Produktionsfaktoren. In der<br />

Literatur f<strong>in</strong>det man daher folgende wesentliche Unterschiede zwischen <strong>Information</strong>, Wissen<br />

und materiellen Produktionsfaktoren 98 :<br />

1. Besitz:<br />

Der vielfache Besitz von <strong>Information</strong> an unterschiedlichen Orten ist im Unterschied zu<br />

materiellen Produktionsfaktoren problemlos möglich. Da Wissen nie ident transferiert<br />

werden kann ist der mehrfache Besitz nur e<strong>in</strong>geschränkt möglich.<br />

2. Gebrauch:<br />

Im Gegensatz zu anderen Produktionsfaktoren entstehen durch den bloßen Gebrauch<br />

von <strong>Information</strong> und Wissen ke<strong>in</strong>e unmittelbaren Kosten oder e<strong>in</strong> Wertverlust. Ähn-<br />

lich wie beim E<strong>in</strong>satz anderer Produktionsfaktoren führt die Verwendung von Infor-<br />

mationen und der E<strong>in</strong>satz von Wissen, aufgrund der verbesserten Steuerung der ande-<br />

ren Produktionsfaktoren, zu e<strong>in</strong>em Wertgew<strong>in</strong>n. Der Nichtgebrauch der vorhandenen<br />

<strong>Information</strong> hat grundsätzlich ke<strong>in</strong>erlei negative Auswirkungen, allerd<strong>in</strong>gs kann somit<br />

auch ke<strong>in</strong> möglicher Wertgew<strong>in</strong>n realisiert werden.<br />

3. Weitergabe:<br />

Vielfach bleibt durch die Weitergabe der Wert der <strong>Information</strong> für den <strong>Information</strong>s-<br />

besitzer gleich. Die Weitergabe der <strong>Information</strong> kann aber auch für den <strong>Information</strong>sbesitzer<br />

zu e<strong>in</strong>er Wertsteigerung führen, wenn durch die Komb<strong>in</strong>ation verschiedener<br />

<strong>Information</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Kontext neues Wissen generiert wird. Im Falle von<br />

Werbung entsteht der Wert der <strong>Information</strong> eben erst durch die Weitergabe. Andererseits<br />

kann auch e<strong>in</strong> Wertverlust beim <strong>Information</strong>sbesitzer auftreten. In diesem Fall ist<br />

der Wert der exklusiven Nutzung höher als der <strong>Information</strong>swert nach e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer.<br />

Da Wissen nur beschränkt transferiert werden kann, ist die Weitergabe<br />

nur e<strong>in</strong>geschränkt möglich.<br />

97<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 9, Lamberton (1993) S. 19, Drucker (1992) S. 95 und Boisot und Canals<br />

(2002) S. 16.<br />

98<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 10ff, Lamberton (1993) S. 25., Babe (1993) S. 52f, Lachmann, Sella et<br />

al. (2000) S. 1287, Varian (1996) S. 601, Wittman (1980) S. 896, Weggeman (1999) S. 21 und Schrader (1990)<br />

S. 35.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

4. Teilung:<br />

Seite 33<br />

Grundsätzlich ist die Teilung von <strong>Information</strong>en und Wissen nur bis zu e<strong>in</strong>em gewissen<br />

Grad s<strong>in</strong>nvoll und möglich. Die Zerlegung von <strong>Information</strong>en und Wissen kann<br />

e<strong>in</strong>en Wertverlust mit sich br<strong>in</strong>gen, wenn die e<strong>in</strong>zelnen Teile aus ihrem Kontext und<br />

ihrer Vernetzung herausgerissen werden. Auf der anderen Seite können die herausgelösten<br />

Teile <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em neuen Kontext oder e<strong>in</strong>er neuen Vernetzung auch zu e<strong>in</strong>em<br />

Wertgew<strong>in</strong>n und Wissenszuwachs führen.<br />

5. Vervielfältigung/Speicherung:<br />

Generell s<strong>in</strong>d die Vervielfältigungs- und Verteilungskosten von <strong>Information</strong>en viel<br />

kle<strong>in</strong>er als deren Produktionskosten, wodurch hohe Economies of Scale realisiert werden<br />

können. Um <strong>Information</strong>en vervielfältigen und verbreiten zu können, bedarf es<br />

Speicher- bzw. Übertragungsmedien, deren Kosten im Regelfall vernachlässigbar<br />

s<strong>in</strong>d. Wenn die <strong>Information</strong>en digital gespeichert s<strong>in</strong>d und mittels elektronischer Medien<br />

verbreitet werden können, gehen diese Kosten sogar gegen Null. Im Gegensatz<br />

dazu s<strong>in</strong>d die Vervielfältigungskosten von Wissen mitunter sehr hoch, da das vorhandene<br />

Wissen – sofern überhaupt möglich – entweder mühsam kodifiziert 99 oder mittels<br />

Sozialisation weiter gegeben werden muss.<br />

6. Identifikation/Schutz:<br />

Aufgrund der vielfachen Besitzmöglichkeit und der e<strong>in</strong>fachen und kostengünstigen<br />

Verbreitung können <strong>Information</strong>en als öffentliche Güter betrachtet werden. Somit ist<br />

es auch sehr schwierig, Dritte von der Benutzung frei verfügbarer <strong>Information</strong> auszuschließen.<br />

Im Gegensatz zu normalen Produktionsfaktoren und Wissen müssen <strong>Information</strong>en<br />

daher geheimgehalten werden, um sie vor dem Gebrauch unbefugter Dritter<br />

zu schützen. Ansätze zur Verbesserung der Probleme der Datensicherheit s<strong>in</strong>d Patente<br />

oder Lizenzen, die versuchen, den rechtmäßigen Eigentümern besondere Eigentumsoder<br />

Genussrechte gegenüber Dritten zu gewähren.<br />

99<br />

Obwohl es sich um Produktionskosten von <strong>Information</strong>en handelt, müssen diese Kosten dem Wissenstransfer<br />

zugeordnet werden, da <strong>Information</strong>sproduktion und -transfer zeitlich zusammenfallen. Werden h<strong>in</strong>gegen bereits<br />

vorhandene <strong>Information</strong>en transferiert, so fallen ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Produktionskosten mehr an. Die ursprünglichen<br />

Produktionskosten können zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt als Sunk Costs betrachtet werden, da sie <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en<br />

Zusammenhang mit dem Transfer stehen und auch nur e<strong>in</strong>malig anfallen.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

7. Preisbildung/<strong>Information</strong>swert:<br />

Seite 34<br />

Da für <strong>Information</strong>en und Wissen ke<strong>in</strong>e klassischen Faktormärkte existieren und der<br />

Wert der <strong>Information</strong> a priori nicht genau bestimmt werden kann, ist die Preisfestlegung<br />

sehr problematisch. Es existiert im Gegensatz zu den materiellen Produktionsfaktoren<br />

bis heute ke<strong>in</strong> geeigneter Maßstab, mit dem man den Wert von <strong>Information</strong><br />

und Wissen bestimmen kann. Daher versuchen beispielsweise <strong>Information</strong>sbroker sich<br />

an Kosten<strong>in</strong>dikatoren wie Rechnerzeit, Personalaufwand etc. zu orientieren.<br />

8. Kosten:<br />

Auch im <strong>Information</strong>szeitalter verursachen <strong>Information</strong>en und Wissen Kosten. Aufgrund<br />

der Probleme bei der Preisbildung lassen sich aber auch die Kosten von <strong>Information</strong>en<br />

und Wissen nur sehr schwer quantifizieren. Am ehesten kann man noch die<br />

<strong>Information</strong>sbeschaffungskosten oder die Produktionskosten 100 beziffern, da hier auf<br />

Kosten<strong>in</strong>dikatoren zurückgegriffen werden kann.<br />

9. Bestandsbewertung:<br />

<strong>Information</strong>en können grundsätzlich unbegrenzt gelagert werden, ohne dass sie an ihrer<br />

Substanz verlieren. Allerd<strong>in</strong>gs kann es vorkommen, dass <strong>Information</strong>en nach e<strong>in</strong>iger<br />

Zeit veraltern und somit nutzlos werden. Die Lagerkosten an sich halten sich, vor<br />

allem für digital gespeicherte Daten, <strong>in</strong> Grenzen. Die Speicherbarkeit von Wissen unterliegt<br />

im wesentlichen der begrenzten Aufnahmekapazität des menschlichen Gehirns.<br />

E<strong>in</strong>e genaue Bestandsbewertung wie bei anderen Produktionsfaktoren ist aber<br />

aufgrund der bereits angedeuteten Probleme der Preis- und Kostenbildung weder bei<br />

<strong>Information</strong>en noch bei Wissen möglich.<br />

10. Theorie-/Modelldefizit:<br />

Derzeit gibt es <strong>in</strong> der Literatur ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlichen Modelle und Theorien über <strong>Information</strong><br />

oder <strong>Information</strong>saustausch oder Wissen, sodass von e<strong>in</strong>em Defizit im Vergleich<br />

zu den herkömmlichen Produktionsfaktoren gesprochen werden kann.<br />

<strong>Information</strong>en und Wissen können daher nicht mit den anderen Produktionsfaktoren gleichgesetzt<br />

werden, sondern müssen gesondert betrachtet werden. Die folgende Tabelle 3 fasst die<br />

Unterscheidungskriterien der <strong>Information</strong> im Vergleich mit materiellen Produktionsfaktoren<br />

und Wissen nochmals zusammen.<br />

100 Produktionskosten können entstehen, wenn beispielsweise Wissen mühsam kodifiziert werden muss, wie dies<br />

etwa bei Prozessbeschreibungen oder Handbüchern der Fall ist.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 35<br />

Materieller<br />

Produktionsfaktor<br />

<strong>Information</strong> Wissen<br />

Besitz Individueller Besitz Vielfacher Besitz möglich Vielfacher Besitz nur bed<strong>in</strong>gt<br />

möglich<br />

Gebrauch<br />

Wertverlust durch Gebrauch Wertgew<strong>in</strong>n durch<br />

Gebrauch<br />

Wertgew<strong>in</strong>n durch<br />

Gebrauch<br />

Weitergabe<br />

Besitzverlust Wertverlust/ -gew<strong>in</strong>n möglich<br />

Nur beschränkt möglich<br />

Teilung<br />

Wertverlust/ -gew<strong>in</strong>n durch<br />

Teilung<br />

Wertverlust/ -gew<strong>in</strong>n durch<br />

Teilung<br />

Wertverlust/ -gew<strong>in</strong>n durch<br />

Teilung<br />

Vervielfältigung<br />

Hohe Vervielfältigungskosten<br />

Niedrige Vervielfältigungskosten<br />

Hohe<br />

Vervielfältigungskosten<br />

Verbreitung Schwierig E<strong>in</strong>fach Schwierig<br />

Identifikations- und Probleme des Datenschutzes Ger<strong>in</strong>ge Probleme des Da-<br />

Schutzmöglichkeit und der Datensicherheit tenschutzes und der Daten-<br />

Identifikation/ Schutz<br />

sicherheit, da Wissen nur<br />

bed<strong>in</strong>gt transferiert werden<br />

kann<br />

Preisbildung/<strong>Information</strong>swert<br />

Preisbildungsmechanismen<br />

bekannt; Preis/ Wert objektiv<br />

ermittelbar<br />

Preisbildungsmechanismen<br />

teilw. bekannt; Preis/ Wert<br />

Bestimmung problematisch<br />

Preisbildungsmechanismen<br />

nicht bekannt; Preis/ Wert<br />

Bestimmung problematisch<br />

Kosten Leicht identifizierbar Nur schwer identifizierbar Nur schwer identifizierbar<br />

Bestandsbewertung Möglich Problematisch Problematisch<br />

Wirtschaftswissen- Theorie- und Modelldefizit Theorie- und Modelldefizit<br />

Theorien und Modelle schaftliche Theorien und<br />

Modelle verfügbar<br />

Tabelle 3 : Vergleich materieller Produktionsfaktoren mit <strong>Information</strong> und Wissen 101 .<br />

2.4.3 Qualitätskriterien der <strong>Information</strong><br />

<strong>Information</strong>en werden dazu verwendet den <strong>Information</strong>sbedarf zu decken. Dabei versteht man<br />

unter <strong>Information</strong>sbedarf die Summe derjenigen <strong>Information</strong>en, die zur Erfüllung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>-<br />

formationellen Interesses erforderlich s<strong>in</strong>d 102 . E<strong>in</strong>e genauere Def<strong>in</strong>ition des <strong>Information</strong>sbe-<br />

darfs f<strong>in</strong>det sich bei Szyperski (1980) S. 904, der <strong>Information</strong>sbedarf als<br />

„Art, Menge und Qualität der <strong>Information</strong>sgüter, die e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>ssubjekt im gegebenen<br />

<strong>Information</strong>skontext zur Erfüllung e<strong>in</strong>er Aufgabe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit und <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

gegeben Raumgebietes benötigt bzw. braucht“<br />

def<strong>in</strong>iert. Zur Deckung des <strong>Information</strong>sbedarfs s<strong>in</strong>d daher seitens der <strong>Information</strong> verschie-<br />

dene Anforderungen <strong>in</strong> Abhängigkeit vom jeweiligen Bedarfsfall zu erfüllen. So können <strong>Information</strong>en<br />

h<strong>in</strong>sichtlich verschiedener Qualitätskriterien oder <strong>Information</strong>seigenschaften<br />

101 Adaptiert <strong>in</strong> Anlehnung an Rehäuser und Krcmar (1996) S. 11.<br />

102 Vgl. Berthel (1992) S. 873.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 36<br />

unterschiedlich gut geeignet se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en bestimmten <strong>Information</strong>sbedarf zu decken. Die wich-<br />

tigsten dieser <strong>Information</strong>seigenschaften wurden von Keller (1995) S. 124ff <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Literatur-<br />

studie zusammengefasst, bewertet und verglichen. Als wichtigste Bewertungskriterien wären<br />

demnach zu nennen 103 :<br />

1. Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit:<br />

Ist die Erwartung, dass e<strong>in</strong>e zukunftsorientierte <strong>Information</strong> auch tatsächlich mit dem<br />

Ereignis übere<strong>in</strong>stimmt.<br />

2. Prüfbarkeit<br />

Ist die Möglichkeit e<strong>in</strong>er nachträglichen Verifizierung der <strong>Information</strong> im S<strong>in</strong>ne der<br />

sachlichen und <strong>in</strong>haltlichen Richtigkeit.<br />

3. Genauigkeit:<br />

Die Genauigkeit gibt den Präzisions- bzw. Detaillierungsgrad der <strong>Information</strong> wieder.<br />

E<strong>in</strong> zu hoher oder zu niedriger Detaillierungsgrad der <strong>Information</strong> m<strong>in</strong>dert den Nutzen<br />

der <strong>Information</strong>.<br />

4. Vollständigkeit:<br />

E<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> gilt als vollständig, wenn sie alle Aspekte enthält, die e<strong>in</strong> Entscheidungsträger<br />

im Zusammenhang mit dieser <strong>Information</strong> erwartet.<br />

5. Relative Bedeutung:<br />

Darunter versteht man den Nutzen der <strong>Information</strong> <strong>in</strong> der konkreten Problemstellung.<br />

6. Anpassung an Subjekt:<br />

Ist das Ausmaß, <strong>in</strong>wieweit die <strong>Information</strong> auf den <strong>Information</strong>sempfänger bezüglich<br />

se<strong>in</strong>er persönlichen Besonderheiten, wie Sprache, Aufgabenbereich oder Zieldeduktion<br />

angepasst ist.<br />

7. Objektivität/unpersönlich:<br />

Gibt an, <strong>in</strong>wieweit die <strong>Information</strong> von den subjektiven E<strong>in</strong>flüssen des <strong>Information</strong>ssenders<br />

befreit ist.<br />

8. Aktualität:<br />

Unter Aktualität versteht man die Zeitspanne zwischen dem Auftreten des Sachverhaltes<br />

und dem <strong>Information</strong>se<strong>in</strong>gang beim <strong>Information</strong>sempfänger. Je ger<strong>in</strong>ger diese<br />

Zeitspanne ist, desto aktueller ist die <strong>Information</strong>.<br />

103 Vgl. Keller (1995) S. 145ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

9. Wahrheitsgehalt:<br />

Seite 37<br />

Der Wahrheitsgehalt ist die sachliche Richtigkeit von <strong>Information</strong>en, deren Überprü-<br />

fung möglich ist, da sie – im Gegensatz zur Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit - sich nicht auf die<br />

Zukunft bezieht.<br />

10. Formatierung:<br />

Formatierung bezieht sich auf die formale Darstellung und Gestaltung der <strong>Information</strong>.<br />

11. Objektivität/nachvollziehbar:<br />

E<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> ist objektiv nachvollziehbar, wenn der Weg der <strong>Information</strong>serzeugung<br />

für den <strong>Information</strong>snutzer nachvollziehbar ist.<br />

12. Allgeme<strong>in</strong>verständlichkeit:<br />

Je weniger Fachterm<strong>in</strong>i zugunsten von allgeme<strong>in</strong>verständlichen Umschreibungen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong> enthalten s<strong>in</strong>d, desto größer ist die Allgeme<strong>in</strong>verständlichkeit.<br />

13. Dokumentation:<br />

Unter Dokumentation wird das Festhalten oder Speichern von <strong>Information</strong>en nach<br />

verschiedenen Ordnungskriterien bezeichnet. Je schneller man auf die gewünschte <strong>Information</strong><br />

zugreifen kann, desto besser ist die Dokumentation.<br />

2.4.4 Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend ist <strong>Information</strong> aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften e<strong>in</strong>em öffentlichen<br />

Gut sehr ähnlich. Dadurch unterscheidet sich die <strong>Information</strong> natürlich grundlegend von<br />

Wissen und den klassischen Produktionsfaktoren und es s<strong>in</strong>d andere Managementstile und<br />

Aktivitäten erforderlich 104 . Nur wenn <strong>Information</strong> geheimgehalten wird oder wenn besondere<br />

Schutzmechanismen wie Patente oder Urheberrechte zur Anwendung kommen, kann die <strong>Information</strong>snutzung<br />

und -verbreitung durch Unbefugte ausgeschlossen werden. Weiters existieren<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl von verschiedenen Qualitätskriterien h<strong>in</strong>sichtlich der Eignung der <strong>Information</strong><br />

zur Deckung e<strong>in</strong>es bestimmten <strong>Information</strong>sbedarfes.<br />

104 Vgl. von Krogh und Wicki (2002) S. 136.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 38<br />

2.5 Bedeutung von <strong>Information</strong> und Wissen <strong>in</strong> der Betriebswirtschaftslehre<br />

Wie wir bereits <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung zu Kapitel 2 gesehen haben, existieren verschiedene Wis-<br />

sens-Epistemologien, deren Sichtweise und Implikationen sich grundlegend vone<strong>in</strong>ander unterscheiden.<br />

Obwohl diese Arbeit grundsätzlich die Auffassungen der Selbstbezogenen-<br />

Epistemologie vertritt, darf die Bedeutung der anderen Epistemologien nicht unterschätzt<br />

werden. Gerade <strong>in</strong> der Betriebswirtschaftslehre stützen sich die unterschiedlichen Teildiszipl<strong>in</strong>en<br />

auf unterschiedliche Wissens-Epistemologien, womit auch die Bedeutung und E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />

der <strong>Information</strong> im betriebswirtschaftlichen Kontext variieren. Nichtsdestotrotz<br />

leistet jede dieser Teildiszipl<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen<br />

Gesamtverständnis. Daher ist sowohl für Praktiker als auch Theoretiker die Kenntnis der unterschiedlichen<br />

Epistemologien und deren zugrunde liegenden Annahme von besonderer<br />

Nützlichkeit 105 . Im folgenden Abschnitt werden daher zwei betriebswirtschaftliche Teildiszipl<strong>in</strong>en<br />

herausgegriffen und stellvertretend für viele andere <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Bedeutung der<br />

<strong>Information</strong> diskutiert. Gerade an diesen beiden Teildiszipl<strong>in</strong>en lassen sich die beiden Extrempunkte<br />

„Wissen als Objekt“ (<strong>Information</strong>sverarbeitungs-Epistemologie) und „Wissen als<br />

<strong>in</strong>dividueller Prozess“ (Selbstbezogene-Epistemologie ) sehr schön zeigen. Während die betriebswirtschaftliche<br />

Entscheidungstheorie Wissen wie e<strong>in</strong>en normalen Produktionsfaktor<br />

behandelt, der frei gehandelt und dessen E<strong>in</strong>satz optimiert werden kann und muss, betrachtet<br />

das Strategische Management die heterogene Wissensverteilung zwischen Individuen und<br />

Organisationen als Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile. Obwohl beide Teildiszipl<strong>in</strong>en<br />

fest <strong>in</strong> der Betriebswirtschaftslehre <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d, liegen ihnen also völlig unterschiedliche<br />

Annahmen bezüglich Wissen und <strong>Information</strong> zugrunde.<br />

2.5.1 Entscheidungstheorie<br />

Untersuchungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre s<strong>in</strong>d wirtschaftliche Handlungen, die<br />

„mit der Absicht erfolgen, Bedürfnisse durch Entscheidungen über die Auswahl zwischen<br />

alternativen Verwendungsweisen knapper Mittel so zu befriedigen, dass das Verhältnis zwischen<br />

dem Ergebnis <strong>in</strong>tendierter Bedürfnisbefriedigung und dem E<strong>in</strong>satz knapper Mittel nach<br />

der Maßgabe von Handlungskriterien bestmöglich ausfällt.“ 106<br />

105 Vgl. Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 36f.<br />

106 Vgl. Zelewski (1994) S.15.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 39<br />

Diese Def<strong>in</strong>ition von wirtschaftlichen Handlungen be<strong>in</strong>haltet zwei wesentliche Elemente:<br />

E<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>e Entscheidung über m<strong>in</strong>destens zwei unterschiedliche Alternativen zum E<strong>in</strong>satz<br />

von knappen Ressourcen und andererseits die Zielorientierung am allgeme<strong>in</strong>en ökonomischen<br />

Pr<strong>in</strong>zip. Um die Zielsetzungen unternehmerischer Tätigkeiten zu erreichen, müssen ständig<br />

Entscheidungen über den E<strong>in</strong>satz produktiver Faktoren, wie Arbeit, Kapital etc. getroffen<br />

werden. Wirtschaftliche Handlungen s<strong>in</strong>d demnach immer mit Entscheidungen über e<strong>in</strong>en<br />

ökonomisch s<strong>in</strong>nvollen Mittele<strong>in</strong>satz verknüpft 107 . Da diese Entscheidungen im Mittelpunkt<br />

des wirtschaftlichen Geschehens stehen, hat sich als eigener Zweig die betriebswirtschaftliche<br />

Entscheidungstheorie entwickelt. Diese entscheidungsorientierte Sichtweise der Betriebswirtschaftslehre<br />

beschäftigt sich mit Entscheidungen im wirtschaftlichen Kontext und reicht <strong>in</strong><br />

sämtliche Bereiche der Betriebswirtschaftslehre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Somit ersche<strong>in</strong>t es oftmals auch s<strong>in</strong>nvoll,<br />

Unternehmen als e<strong>in</strong> dynamisches, offenes und komplexes System von Entscheidungs<strong>in</strong>stanzen<br />

darzustellen 108 .<br />

Grundsätzlich versteht man unter Entscheidung<br />

„die Wahl e<strong>in</strong>er Handlungsmöglichkeit aus mehreren, nicht gleichzeitig zu verwirklichenden<br />

Alternativen.“ 109<br />

E<strong>in</strong>e Entscheidung liegt allerd<strong>in</strong>gs nur dann vor, wenn a priori ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Lösung vorhanden<br />

ist und wenn die Handlungsalternativen auch wirklich realisierbar s<strong>in</strong>d und unterschiedliche<br />

ökonomische Konsequenzen aufweisen 110 . Das Ergebnis e<strong>in</strong>er Entscheidung ist<br />

der Entschluss, der die Realisationsphase der Handlungsalternative e<strong>in</strong>leitet. Generell lässt<br />

sich der Ablauf e<strong>in</strong>er Entscheidung, der sogenannte Entscheidungsprozess, <strong>in</strong> folgende Phasen<br />

e<strong>in</strong>teilen 111 :<br />

107 Vgl. Sieben und Schildbach (1994) S. 5 und Mag (1977) S. 1.<br />

108<br />

Vgl. Voß und Gutenschwager (2001) S. 6.<br />

109<br />

Witte (1980) S. 634.<br />

110<br />

Vgl. Witte (1980) S. 634 und Mag (1977) S. 3.<br />

111<br />

Vgl. Laux (1998) S. 8 und Witte (1980) S.635.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

1. Problemformulierung<br />

2. Festlegung des Zielsystems<br />

3. Sammlung von <strong>Information</strong>en<br />

4. Erforschung und Bewertung möglicher Handlungsalternativen<br />

5. Auswahl e<strong>in</strong>er Alternative (=Entschluss)<br />

6. Entscheidungen <strong>in</strong> der Realisationsphase<br />

Seite 40<br />

Allerd<strong>in</strong>gs müssen nicht alle Phasen <strong>in</strong> genau diesem zeitlichen Ablauf erfolgen. Vielmehr<br />

können zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Phasen Interdependenzen bestehen, die parallele Überlegun-<br />

gen h<strong>in</strong>sichtlich mehrerer Phasen nötig machen 112 .<br />

In der betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie werden Entscheidungsmodelle meist<br />

durch e<strong>in</strong>e Entscheidungsmatrix dargestellt (vgl. Abbildung 8).<br />

S1<br />

w(S1)<br />

S2<br />

w(S2)<br />

S3<br />

w(S3)<br />

A1 E11 E12 E13<br />

A2 E21 E22 E23<br />

A3 E31 E32 E33<br />

A4 E41 E42 E43<br />

Abbildung 8: Entscheidungsmatrix 113 .<br />

Die Grundgesamtheit aller Handlungsalternativen N nennt man Aktionenraum und umfasst<br />

die Menge aller möglichen Alternativen A=(A1, A2, ..., AN). Jede Alternative n besteht wieder-<br />

um aus e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation von möglichen Ergebnissen Eni <strong>in</strong> Abhängigkeit vom jeweiligen<br />

Umweltzustand Si (=Ergebnisraum). Die Menge I der möglichen – vom Entscheidungsträger<br />

nicht bee<strong>in</strong>flussbaren – Umweltzustände wird als Zustandsraum bezeichnet. In Risikosituatio-<br />

nen wird diese Entscheidungsmatrix durch die E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit w(Si) der Umwelt-<br />

zustände ergänzt, für die gilt ∑ w S<br />

I<br />

i=<br />

1<br />

( ) = 1<br />

i<br />

. Bereits zur Bestimmung des Aktionen-, Ergebnis-<br />

und Zustandsraum e<strong>in</strong>es derartig simplen Entscheidungsmodells s<strong>in</strong>d umfangreiche Informa-<br />

tionen erforderlich. Genau genommen stellt die Entscheidungsmatrix nur das Entscheidungs-<br />

114<br />

problem für e<strong>in</strong>en gegebenen <strong>Information</strong>sstand dar . Es ist also durchaus denkbar, dass e<strong>in</strong>e<br />

112 Vgl. Laux (1998) S. 12.<br />

113 Vgl. Laux (1998) S. 35 und Mag (1977) S. 13.<br />

114 Vgl. Coenenberg (1966) S. 12.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 41<br />

mögliche Handlungsalternative nicht im Modell enthalten ist, da dem Entscheidungsträger die<br />

notwendigen <strong>Information</strong>en für die Identifizierung dieser Alternative fehlen. Entscheidungssituationen<br />

s<strong>in</strong>d also im Regelfall mit Unsicherheit bezüglich bestimmter Ereignisse behaftet.<br />

Kann man den unsicheren Ereignissen e<strong>in</strong>e bestimmte subjektive oder objektive E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

zuordnen, so spricht man von e<strong>in</strong>er Risikosituation. Generell herrscht <strong>in</strong><br />

der Literatur weitgehende E<strong>in</strong>igkeit darüber, dass jede Unsicherheit auf e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>smangel<br />

zurückzuführen ist 115 . So me<strong>in</strong>t beispielsweise auch Mag (1977) S. V<br />

„Entscheidungsprobleme s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>Information</strong>sprobleme.“<br />

Aber auch Gutenberg (1971) S. 268 sieht e<strong>in</strong>e enorme Bedeutung der <strong>Information</strong>en für den<br />

betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozess. So me<strong>in</strong>t er beispielweise:<br />

„Das betriebswirtschaftliche Interesse an <strong>Information</strong> beruht auf der Tatsache, dass <strong>Information</strong>en<br />

unlösbare Bestandteile des betrieblichen Kommunikations- und damit des betrieblichen<br />

Entscheidungsprozesses s<strong>in</strong>d“ 116 .<br />

Grundsätzlich unterscheidet man drei verschiedene <strong>Information</strong>sannahmen im Entscheidungsmodell<br />

117 :<br />

1. Vollkommene <strong>Information</strong>:<br />

Stehen e<strong>in</strong>em Entscheidungsträger lückenlose und sichere <strong>Information</strong>en über alle am<br />

Entscheidungsproblem beteiligten Größen und deren Veränderungen zur Verfügung,<br />

so spricht man von vollkommener <strong>Information</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs impliziert diese vollkommene<br />

Voraussicht e<strong>in</strong>en absoluten Determ<strong>in</strong>ismus, da e<strong>in</strong>em rationalen Entscheidungsträger<br />

ke<strong>in</strong>e Entscheidungsfreiheit mehr gelassen wird. Nichtsdestotrotz kann<br />

der Entscheidungsträger aber auch im Falle der vollkommenen <strong>Information</strong> noch immer<br />

e<strong>in</strong>e suboptimale Alternative auswählen.<br />

2. Vollkommene Ignoranz:<br />

Der Entscheidungsträger hat e<strong>in</strong>en absoluten Mangel an <strong>Information</strong> und verfügt somit<br />

über ke<strong>in</strong>erlei Anhaltspunkte bezüglich der entscheidungsrelevanten Größen. Sofern<br />

e<strong>in</strong> Entscheidungsträger weiß, dass es e<strong>in</strong>e bestimmte Alternative gibt, ist es fraglich,<br />

115<br />

Vgl. Ripperger (1998) S. 17.<br />

116<br />

Gutenberg (1971) S. 268.<br />

117<br />

Vgl. Wittman (1959) S. 18ff, Wittman (1980) S. 897 und Mag (1977) S. 17.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 42<br />

ob e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>sstand von Null überhaupt möglich ist, oder ob <strong>in</strong> der Praxis nicht<br />

eher der Fall der unvollkommenen <strong>Information</strong> vorliegt.<br />

3. Unvollkommene <strong>Information</strong>:<br />

Obwohl der Entscheidungsträger gewisse Anhaltspunkte und <strong>Information</strong>en besitzt,<br />

führen Unsicherheit und Unvollständigkeit zur lückenhaften Bestimmung der E<strong>in</strong>-<br />

flussgrößen. So führt beispielsweise die Unsicherheit dazu, dass zukünftige Umwelt-<br />

zustände nicht genau vorausgesagt werden können oder dass relevante Handlungsal-<br />

ternativen oder Umweltzustände aufgrund von unvollständigen <strong>Information</strong>en fehlen.<br />

Generell gilt, je ger<strong>in</strong>ger der <strong>Information</strong>sstand ist, desto größer ist die Unsicherheit<br />

und Unvollständigkeit.<br />

Die vollkommene <strong>Information</strong> und Ignoranz können als Eckpunkte e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stands-<br />

kont<strong>in</strong>uums angesehen werden. Ihre praktische Relevanz ist <strong>in</strong> der Regel eher als ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>-<br />

zustufen. Alle Bereiche <strong>in</strong> der Mitte dieses Kont<strong>in</strong>uums gehören zur unvollständigen Informa-<br />

tion (vgl. Abbildung 9). Es sprechen drei Gründe dafür, dass die unvollkommene <strong>Information</strong><br />

der Standardfall ist 118 : (1) Entscheidungen bauen auf unvollkommenen <strong>Information</strong>en über<br />

Tatbestände der Vergangenheit auf, (2) vollständige und richtige <strong>Information</strong>en werden häu-<br />

fig falsch ausgewertet und (3) zukünftige Entwicklungen s<strong>in</strong>d per Def<strong>in</strong>ition immer mit Un-<br />

gewissheit behaftet.<br />

vorhandene<br />

<strong>Information</strong><br />

vollkommene<br />

<strong>Information</strong><br />

118 Vgl. Mag (1977) S. 19.<br />

119 In Anlehnung an Mag (1977) S. 126.<br />

unvollkommene<br />

<strong>Information</strong><br />

bestimmter<br />

<strong>Information</strong>sstand<br />

Abbildung 9: Kont<strong>in</strong>uum des <strong>Information</strong>sstandes 119 .<br />

vollkommene<br />

Ignoranz<br />

notwendige<br />

<strong>Information</strong>


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 43<br />

Unterstellt man, dass <strong>Information</strong>en kard<strong>in</strong>al messbar s<strong>in</strong>d 120 , so lässt sich jede beliebige In-<br />

formationsstandsituation durch den <strong>Information</strong>sgrad, also dem Verhältnis der vorhandenen<br />

<strong>Information</strong> zu der notwendigen <strong>Information</strong> beschreiben 121 :<br />

Informatio nsgrad =<br />

tatsächlichvorhandene<br />

<strong>Information</strong><br />

notwendige <strong>Information</strong><br />

Die notwendige <strong>Information</strong> ist def<strong>in</strong>iert als jenes Ausmaß an <strong>Information</strong>en, bei dem sich<br />

durch e<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>svermehrung ke<strong>in</strong>e Verbesserung des Entscheidungsergebnisses erzie-<br />

len lässt. Im Extremfall ist die notwendige <strong>Information</strong> ident mit der vollkommenen Informa-<br />

tion. Für die meisten Entscheidungsprobleme reicht allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> niedrigerer <strong>Information</strong>s-<br />

stand aus, um befriedigende Ergebnisse erzielen zu können. Der <strong>Information</strong>sbedarf hängt<br />

von der Aufgaben- und Subjektorientierung ab und umfasst somit e<strong>in</strong>e objektive und <strong>in</strong>divi-<br />

duelle Komponente 122 . Während der objektive <strong>Information</strong>sbedarf von der Entscheidung und<br />

der Zielsetzung abhängt und für alle Entscheidungsträger gleich ist, variiert der subjektive<br />

<strong>Information</strong>sbedarf von Entscheidungsträger zu Entscheidungsträger, da er von dessen Vor-<br />

wissen abhängig ist.<br />

Grundsätzlich s<strong>in</strong>d zwei verschiedene Szenarien für den Fall der unvollkommenen Informati-<br />

on möglich 123 :<br />

1. Die unvollkommene <strong>Information</strong> ist fixiert und ist als Datum anzusehen.<br />

2. Die unvollkommene <strong>Information</strong> ist variabel, d.h. der Entscheidungsträger kann sich<br />

zusätzliche <strong>Information</strong>en beschaffen.<br />

Im ersten Fall hat der Entscheidungsträger ke<strong>in</strong>e Möglichkeit sich zusätzliche <strong>Information</strong>en<br />

zu besorgen. Er muss das Entscheidungsproblem mit se<strong>in</strong>em vorhandenen <strong>Information</strong>sstand<br />

lösen. Im zweiten Fall muss der Entscheidungsträger nun e<strong>in</strong>e Entscheidung treffen ob er zu-<br />

sätzliche <strong>Information</strong>en beschaffen soll, um so se<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>sstand zu verbessern oder<br />

nicht. Er steht also nun vor e<strong>in</strong>em neuen, vorgelagerten Entscheidungsproblem. Der Verzicht<br />

120 Diese Annahme ergibt sich aus der <strong>Information</strong>sverarbeitungs-Epistemologie. E<strong>in</strong>e ähnliche Überlegung<br />

f<strong>in</strong>det sich auch bei Voß und Gutenschwager (2001) S. 22.<br />

121 Vgl. Wittman (1959) S. 25, Wittman (1980) S. 898, Berthel (1992) S. 876 und Mag (1977) S. 126.<br />

122 Vgl. Szyperski (1980) S. 905.<br />

123 Vgl. Mag (1977) S. 127.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 44<br />

auf e<strong>in</strong>e zusätzliche <strong>Information</strong>sbeschaffung kann verschiedene Gründe wie Zeitknappheit,<br />

Mittelknappheit oder Zufriedenheit mit dem bisherigen Wissensstand umfassen 124 . Häufig<br />

werden <strong>Information</strong>en aber bis zum Erreichen e<strong>in</strong>es bestimmten Anspruchsniveaus gesam-<br />

melt, welches verschiedenen Schwankungen unterliegen kann 125 . Werden zusätzliche Infor-<br />

mationen beschafft und verursacht diese Zusatz<strong>in</strong>formation Kosten, ergibt sich neben e<strong>in</strong>em<br />

technischen Problem der <strong>Information</strong>sbeschaffung auch noch e<strong>in</strong> ökonomisches Informati-<br />

onsproblem. Die E<strong>in</strong>holung von zusätzlichen <strong>Information</strong>en erweist sich als ökonomisch nur<br />

dann s<strong>in</strong>nvoll, wenn sie e<strong>in</strong>en positiven Wert aufweisen. Dies ist immer dann der Fall, wenn<br />

„die auf der Grundlage dieser <strong>Information</strong>en getroffenen Handlungsentscheidungen zu e<strong>in</strong>em<br />

höheren Zielerreichungsgrad führen als die im H<strong>in</strong>blick auf den ursprünglichen <strong>Information</strong>sstand<br />

optimalen Handlungen.“ 126<br />

Dies bedeutet der <strong>in</strong> Gelde<strong>in</strong>heiten ausgedrückte Zusatznutzen der zusätzlichen <strong>Information</strong>en<br />

muss größer se<strong>in</strong> als die Kosten der <strong>Information</strong>sbeschaffung. Daher muss die <strong>Information</strong><br />

vor e<strong>in</strong>er möglichen <strong>Information</strong>se<strong>in</strong>holung bewertet werden. Allerd<strong>in</strong>gs ergibt sich hierbei <strong>in</strong><br />

der Praxis wieder das grundsätzliche Problem des <strong>Information</strong>sparadoxons. Der Wert der <strong>Information</strong><br />

kann a priori nicht bestimmt werden. Die Kenntnis der <strong>Information</strong> ist die Grundlage<br />

für die Bewertung dieser. Kennt man die <strong>Information</strong> aber nun, so hat man sie entweder<br />

bereits käuflich erworben und die Kosten dafür bezahlt, oder aber man braucht sie nicht mehr<br />

zu erwerben, da die <strong>Information</strong> ja <strong>in</strong>zwischen bekannt ist 127 . Aufgrund des<br />

<strong>Information</strong>sparadoxon kann man daher ex ante nur mit Erwartungswerten rechnen. Dies<br />

kann allerd<strong>in</strong>gs ex post auch zu e<strong>in</strong>er Verschlechterung führen, wenn e<strong>in</strong>e negative<br />

Umweltentwicklung e<strong>in</strong>tritt und die Kosten der <strong>Information</strong>sbeschaffung höher s<strong>in</strong>d als der<br />

zusätzliche Wert der <strong>Information</strong>en oder wenn der Entscheidungsträger aufgrund der<br />

zusätzlichen <strong>Information</strong> e<strong>in</strong>e schlechtere Alternative wählt, als er ohne <strong>Information</strong> gewählt<br />

h ätte.<br />

124 Vgl. Mag (1977) S. 161.<br />

125 Vgl. Voß und Gutenschwager (2001) S. 2 und Krebs (1998) S. 76.<br />

126 Glaser (1980) S. 934.<br />

127 Vgl. Babe (1993) S. 52 und Glaser (1980) S. 940.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 45<br />

Dieses Entscheidungsproblem über die zusätzliche <strong>Information</strong>sbeschaffung ist, unter der<br />

Annahme von <strong>Information</strong>sbeschaffungskosten, zugleich auch e<strong>in</strong> Optimierungsproblem. Es<br />

sei E das Resultat e<strong>in</strong>er Entscheidung und EI das Resultat der Entscheidung bei zusätzlicher<br />

<strong>Information</strong>sbeschaffung. Unterstellt man, dass zusätzliche <strong>Information</strong>en zu e<strong>in</strong>er Entschei-<br />

dungsverbesserung führen, d.h. es gilt EI > E , dann ergibt sich der <strong>Information</strong>swert IW<br />

als 128<br />

IW = EI − E (Gleichung 2-1)<br />

Um die ökonomische S<strong>in</strong>nhaftigkeit der <strong>Information</strong>sbeschaffung beurteilen zu können, müs-<br />

sen noch die Kosten der <strong>Information</strong>sbeschaffung vom <strong>Information</strong>swert abgezogen werden.<br />

Der Nettowert der <strong>Information</strong> ergibt sich somit als<br />

IW netto<br />

= IW − K<br />

(Gleichung 2-2)<br />

Nur wenn der Nettowert der <strong>Information</strong> positiv ist, macht es S<strong>in</strong>n, die zusätzlichen Informa-<br />

tionen zu beschaffen. Allgeme<strong>in</strong> betrachtet ergibt sich das <strong>Information</strong>soptimum nun aus der<br />

Maximierung des <strong>Information</strong>snutzens abzüglich der <strong>Information</strong>skosten.<br />

( I ) − K(<br />

I )<br />

I EI<br />

opt<br />

max =<br />

(Gleichung 2-3)<br />

Leitet man das <strong>Information</strong>soptimum nun nach der zusätzlichen <strong>Information</strong> ab, so erhält man<br />

∂<br />

∂I<br />

I opt<br />

∂EI<br />

=<br />

∂I<br />

( I ) ∂K(<br />

I )<br />

0<br />

−<br />

∂I<br />

=<br />

(Gleichung 2-4)<br />

Das theoretische <strong>Information</strong>soptimum ergibt sich also dort, wo der Grenzerlös (MV) aus ei-<br />

ner zusätzlichen <strong>Information</strong> gleich den Grenzkosten (MC) aus diesen <strong>Information</strong>en s<strong>in</strong>d 129 .<br />

In Abhängigkeit vom Verlauf der Grenzkosten und Grenzerlöse s<strong>in</strong>d drei verschieden Fälle<br />

denkbar (vgl. Abbildung 10): (1) <strong>Information</strong>soptimum als <strong>in</strong>terne Lösung von MC und MV,<br />

128 Vgl. Mag (1977) S. 137, Lawrence (1999) S. 6 und Glaser (1980) S. 938.<br />

129 Vgl. Mag (1977) S. 139.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 46<br />

(2) ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>sbeschaffung, da MC > MV und (3) maximale <strong>Information</strong>sbeschaffung,<br />

da MV > MC.<br />

Fall 1<br />

Fall 2<br />

Fall 3<br />

Geldnutzen<br />

Geldnutzen<br />

Geldnutzen<br />

<strong>Information</strong>soptimum<br />

MC<br />

MC<br />

MV<br />

MV<br />

<strong>Information</strong><br />

MV<br />

MC<br />

<strong>Information</strong><br />

<strong>Information</strong><br />

Abbildung 10: S<strong>in</strong>nhaftigkeit der <strong>Information</strong>sbeschaffung 130 .<br />

Zusätzliche <strong>Information</strong>en können grundsätzlich sämtliche E<strong>in</strong>flussgrößen des Entschei-<br />

dungsmodells wie Aktionenraum, Zustandsraum, Entscheidungsraum oder das Zielsystem<br />

bee<strong>in</strong>flussen. Besonders bedeutsam ist allerd<strong>in</strong>gs die Revision der subjektiven E<strong>in</strong>trittswahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeiten der verschiedenen Umweltzustände mit Hilfe des Bayesschen Theorems.<br />

Dies mag darauf zurückzuführen se<strong>in</strong>, dass Entscheidungsträger <strong>in</strong> den seltensten Fällen wirk-<br />

lich <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, zukünftige Umweltentwicklungen mit Sicherheit abschätzen zu können,<br />

während die anderen E<strong>in</strong>flussgrößen mit weniger Unsicherheit behaftet se<strong>in</strong> dürften. So me<strong>in</strong>t<br />

beispielsweise der Ökonom Charles Loscher<br />

“Demand for <strong>Information</strong> arises because of the presence of uncerta<strong>in</strong>ty; without uncerta<strong>in</strong>ty<br />

there is no need for <strong>in</strong>formation.” 131<br />

Risikoentscheidungen, also Entscheidungen mit unvollkommener <strong>Information</strong> über zukünfti-<br />

ge Umweltzustände nehmen daher sowohl <strong>in</strong> der Theorie als auch <strong>in</strong> der Praxis e<strong>in</strong>e besonde-<br />

re Stellung e<strong>in</strong>. Der Entscheider weiß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Risikosituation nicht, welcher Umweltzustand<br />

e<strong>in</strong>treten wird, d.h. er kann ke<strong>in</strong>em Umweltzustand die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit w(Si) = 1 zuord-<br />

130 Vgl. Lawrence (1999) S. 30.<br />

131 Charles Loscher zitiert nach Babe (1993) S. 48.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 47<br />

nen. Er kann lediglich den verschiedenen Umweltzuständen e<strong>in</strong>e bestimmte Wahrsche<strong>in</strong>lich-<br />

keitsverteilung zuordnen oder bei maximaler Unsicherheit von e<strong>in</strong>er Gleichverteilung der<br />

E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten w(S1)=...=w(SI)=1/I ausgehen 132 . Allerd<strong>in</strong>gs kann der Entschei-<br />

dungsträger <strong>in</strong> vielen Fällen se<strong>in</strong>e subjektive Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung verbessern, revi-<br />

dieren oder verändern, <strong>in</strong>dem er beispielsweise Experten befragt, Marktforschungen durch-<br />

führen lässt oder auf bestehende Studien zurückgreift. Mit Hilfe des Bayesschen Theorems<br />

kann die a priori Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung aufgrund von zusätzlichen <strong>Information</strong>en <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e a posteriori Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung umgerechnet werden. Es seien die a priori<br />

E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten w(S1), w(S2),..., w(SI) gegeben. Ferner steht e<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>s-<br />

quelle zur Verfügung, die e<strong>in</strong>e Beobachtung aus der <strong>Information</strong>smenge Y={Y1, Y2,..., YJ}<br />

liefert. Weiters kennen wir die bed<strong>in</strong>gten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten w(Yj|Si), die angeben mit wel-<br />

cher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit die <strong>Information</strong> Yj beobachtet werden kann, wenn der Umweltzu-<br />

stand Si e<strong>in</strong>getreten ist. Daraus können wir sofort die geme<strong>in</strong>same Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit w(Yj,Si)<br />

berechnen, dass wir die <strong>Information</strong> Yj beobachten und der Umweltzustand Si e<strong>in</strong>tritt.<br />

( Y S ) w(<br />

S ) * w(<br />

Y S )<br />

w , = |<br />

(Gleichung 2-5)<br />

j<br />

i<br />

i<br />

j<br />

Ist nun die <strong>Information</strong> Yj bekannt, dann handelt es sich bei den a posteriori E<strong>in</strong>trittswahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeiten um bed<strong>in</strong>gte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten:<br />

w<br />

( S Y )<br />

i<br />

j<br />

( Y j , Si<br />

)<br />

w(<br />

Y )<br />

j<br />

i<br />

w<br />

| = (Gleichung 2-6)<br />

Substituiert man nun den Zähler mit der rechten Seite von Gleichung 2-5 und ersetzt man<br />

Nenner mit der Summe aller Ereigniskomb<strong>in</strong>ationen <strong>in</strong> denen Yj auftritt, dann erhält man den<br />

Satz von Bayes 133 .<br />

w<br />

132 Vgl. Mag (1977) S. 163.<br />

( S Y )<br />

133 Vgl. Eisenführ und Weber (1999) S. 169f.<br />

i<br />

w(<br />

Si<br />

) * w(<br />

Y j | Si<br />

)<br />

∑ w(<br />

Si<br />

) * w(<br />

Y j | Si<br />

)<br />

| =<br />

(Gleichung 2-7)<br />

j<br />

i


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 48<br />

Mit Hilfe der revidierten a posteriori E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten kann man nun den Netto<strong>in</strong>formationswert<br />

berechnen und die Vorteilhaftigkeit der <strong>Information</strong>sbeschaffung beurteilen.<br />

Obwohl des Bayessche Theorem zunehmend auch <strong>in</strong> der Praxis an Bedeutung gew<strong>in</strong>nt, haben<br />

zahlreiche Untersuchungen gezeigt, dass Menschen <strong>in</strong> der Regel Probleme haben, bestimmte<br />

logische Gesetze der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsrechnung richtig anzuwenden 134 .<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bedeutung der <strong>Information</strong> <strong>in</strong> der Entscheidungstheorie<br />

sehr hoch ist. Es zeigt sich, dass zusätzliche <strong>Information</strong>en ex ante zu e<strong>in</strong>er verbesserten<br />

Entscheidungsgrundlage führen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass sämtliche<br />

<strong>Information</strong>en ähnlich wie andere Produktionsfaktoren frei erwerblich s<strong>in</strong>d. Abgesehen<br />

von praktischen Problemen stellt sich damit vor allem das Problem der Bestimmung des <strong>Information</strong>soptimums.<br />

Der E<strong>in</strong>satz von <strong>Information</strong> und somit Wissen muss <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />

von den <strong>Information</strong>skosten optimiert werden. Von besonderer Bedeutung ist die Revidierung<br />

der a priori Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten aufgrund von zusätzlichen <strong>Information</strong>en mit Hilfe des<br />

Bayesschen Theorems.<br />

2.5.2 Strategisches Management<br />

Die heutige Wirtschaftswelt ist durch e<strong>in</strong>en radikalen Wandel gekennzeichnet. Zunehmende<br />

Globalisierung, kürzere Produkt- und Technologiezyklen sowie steigende Komplexität der<br />

Umwelt s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Beispiele der verschärften Wettbewerbssituation 135 . Viele Autoren<br />

sprechen von e<strong>in</strong>em stattf<strong>in</strong>denden Wandel von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungsund<br />

<strong>Information</strong>sgesellschaft 136 . So me<strong>in</strong>t beispielsweise Drucker (1992) S. 95<br />

„In this society, knowledge is the primary resource for <strong>in</strong>dividuals and for the economy overall.<br />

Land, labour, and capital – the economist’s traditional factors of production – do not<br />

disappear, but they become secondary.”<br />

Die Triebkräfte für diesen Wandel zur post<strong>in</strong>dustriellen Ära s<strong>in</strong>d die zunehmende Globalisierung,<br />

die modernen <strong>Information</strong>s- und Kommunikationstechnologien und der strukturelle<br />

Wandel von arbeits- und kapital<strong>in</strong>tensiven zu <strong>in</strong>formations- und wissens<strong>in</strong>tensiven Aktivitä-<br />

134<br />

Vgl. Camerer (1998) S. 171, Tversky und Kahnemann (1974), Eisenführ und Weber (1999) S. 151 und<br />

Sandhofer (2002) S. 16.<br />

135<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 2ff, Müller-Stewens (1997) S.1f und Skyrme (1997) S.1.<br />

136<br />

Vgl. Österle (1995) S. 1f, Skyrme (1997) S.1f, Scheer, Milius et al. (1997) S. 46, Bleicher (2002) S. 59ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 49<br />

ten 137 . Durch die zunehmende Globalisierung verschärft sich der Wettbewerbsdruck und <strong>in</strong>-<br />

ternationale Konkurrenten dr<strong>in</strong>gen bis <strong>in</strong> lokale Märkte vor. Mit Hilfe der modernen Informa-<br />

tions- und Kommunikationstechnologien können Geschäftsprozesse global gesteuert werden.<br />

Zusätzlich s<strong>in</strong>ken die Transaktionskosten, wodurch die <strong>Information</strong>stransparenz zunimmt und<br />

<strong>in</strong>ternationale Lernprozesse beschleunigt werden. Wissen wird damit zu e<strong>in</strong>er strategischen<br />

Ressource 138 , die aus <strong>Information</strong>en gewonnen wird. Die folgende Abbildung 11 gibt e<strong>in</strong>en<br />

zusammenfassenden Überblick über diese Triebkräfte des Wandels.<br />

<strong>Information</strong>s- und<br />

Kommunikationstechnologie<br />

• Beschleunigt Transaktionen<br />

• Reduziert Transaktionskosten<br />

Struktureller<br />

Wandel zur<br />

<strong>Information</strong>s- und<br />

Wissensgesellschaft<br />

• Wissen wird knappe Ressource<br />

• <strong>Information</strong>s- und Wissensmärkte entstehen<br />

Bedeutung<br />

der Ressource<br />

Wissen steigt<br />

• Weltweite <strong>Information</strong>stransparenz<br />

• Weltweite Steuerung von<br />

Geschäftsprozessen<br />

Globalisierung<br />

• Lokaler u. globaler Wettbewerb<br />

• Beschleunigte <strong>in</strong>ternationale<br />

Lernprozesse<br />

Abbildung 11: Triebkräfte des Wandels zur <strong>Information</strong>s- und Wissensgesellschaft 139 .<br />

Voraussetzung, um <strong>in</strong> diesem Wettbewerbsumfeld letztlich Wettbewerbsvorteile verwirkli-<br />

chen zu können, s<strong>in</strong>d <strong>Information</strong>s- und Wissensvorsprünge, die durch die ungleiche Vertei-<br />

lung von Wissen und <strong>Information</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft ermöglicht werden 140 . Im S<strong>in</strong>ne der<br />

Marktprozesstheorie besteht die Herausforderung des Unternehmertums nun dar<strong>in</strong>, die wirt-<br />

schaftlich relevanten <strong>Information</strong>s- und Wissensvorsprünge zu erkennen und sie entweder<br />

durch Arbitrage (Kirznerischer Unternehmer) oder durch Innovation (Schumpeterscher Un-<br />

137 Vgl. North (1998) S. 14ff.<br />

138 Vgl. Grant (1996) S. 110, Liebesk<strong>in</strong>d (1996) S. 93, Osterloh und Frey (2000) S. 539, Disterer (2001) S. 1,<br />

Earl (1997) S. 1ff und Probst, Büchel et al. (1998) S. 240ff.<br />

139 North (1998) S. 15.<br />

140 Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 13.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 50<br />

ternehmer) für das Unternehmen zu nutzen 141 . Die Unternehmensstrategie oder –idee ist somit<br />

der kreative Brückenschlag zwischen zwei erkannten <strong>Information</strong>ssphären (vgl. Abbildung<br />

12).<br />

Wissen und<br />

<strong>Information</strong> über<br />

Beschaffungsmärkte<br />

(Know-how,<br />

Personal,<br />

Material,<br />

Betriebsmittel)<br />

Unternehmerische Idee<br />

=<br />

Wissen und <strong>Information</strong> über<br />

den Transformationsprozess<br />

Kreativer Brückenschlag<br />

(=Unternehmensstrategie)<br />

Wissen und<br />

<strong>Information</strong> über<br />

Absatzmärkte<br />

(Kundenprobleme,Zahlungsbereitschaft)<br />

Abbildung 12 :Unternehmerische Idee als kreativer Brückenschlag zwischen <strong>Information</strong>sphären 142<br />

Um allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> dieser dynamischen Wettbewerbssituation dauerhaft bestehen zu können ist<br />

e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Suche nach neuen <strong>Information</strong>s- und somit Wissensvorsprüngen notwen-<br />

dig, da dieser Wettbewerbsvorteil durch Imitation leicht untergraben werden kann 143 . Nicht<br />

selten versuchen Konkurrenten mittels Wirtschaftsspionage an sensible <strong>Information</strong>en und<br />

Daten heranzukommen, um ihre wirtschaftliche Position zu verbessern 144 . Daher s<strong>in</strong>d die Si-<br />

cherheit und Schnelligkeit der Abwicklung von <strong>Information</strong>sprozessen sowie e<strong>in</strong>e hohe In-<br />

formationsqualität von besonderer Bedeutung 145 . <strong>Information</strong> wird damit zu e<strong>in</strong>em kritischen<br />

Überlebensfaktor von Organisationen. Diese besondere Bedeutung wird auch dar<strong>in</strong> ersicht-<br />

lich, dass <strong>Information</strong> neuerd<strong>in</strong>gs als vierter dispositiver Produktionsfaktor, neben Arbeit,<br />

Kapital und Land, genannt wird 146 . Schätzungen zur Folge macht dieser Produktionsfaktor<br />

141 Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 37.<br />

142 Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 38.<br />

143 Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 14, Barney (1986) S. 1232, North (1998) S. 65 und Dierickx und Cool<br />

(1989) S. 1504.<br />

144 Vgl. Bundesamt (2002) S. 6f.<br />

145 Vgl. August<strong>in</strong> (1990) S. 185.<br />

146 Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 9, Lamberton (1993) S. 19, Drucker (1992) S. 95 und Boisot und Canals<br />

(2002) S. 16.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 51<br />

bereits über 50% der Wertschöpfung aus 147 . Um diesen neuen Produktionsfaktor richtig nut-<br />

zen zu können, ist<br />

„e<strong>in</strong>e systematische Planung der Unternehmensressource <strong>Information</strong> [...] damit m<strong>in</strong>destens<br />

ebenso bedeutsam wie die Planung der menschlichen, f<strong>in</strong>anziellen oder materiellen Ressour-<br />

cen.“ 148<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>Information</strong> aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit als „Öffentliches Gut“<br />

149 nur bed<strong>in</strong>gt geeignet, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu garantieren. Dabei versteht<br />

man unter nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen e<strong>in</strong>e „value creat<strong>in</strong>g strategy not simultane-<br />

ously be<strong>in</strong>g implemented by any current or potential competitors and when these other firms<br />

are unable to duplicate the benefits of this strategy“ 150 . Gemäß dem Ressourcenorientierten<br />

Ansatz müssen Ressourcen bestimmte Anforderungen erfüllen, um Quellen nachhaltiger<br />

Wettbewerbsvorteile zu se<strong>in</strong> (vgl. Abbildung 13) 151 .<br />

Heterogenität Ex-post<br />

Heterogenität<br />

Ex-post Wettbewerbs-<br />

Heterogenität<br />

Ex-post WettbewerbsWettbewerbsbeschränkungenbeschränkungen<br />

Entstehung<br />

B<strong>in</strong>dung an<br />

Unternehmen<br />

Imperfekte Imperfekte Mobilität<br />

Mobilität<br />

Wettbewerbsvorteile<br />

Wettbewerbsvorteile<br />

Aufrechterhaltung<br />

Ke<strong>in</strong>e Kompensation<br />

Ex-ante Ex-ante WettbewerbsWettbewerbsbeschränkungenbeschränkungen<br />

Abbildung 13: Quellen nachhaltiger Wettbewerbsvorteile 152 .<br />

Da <strong>Information</strong> durch Gebrauch nicht an Wert verliert und mit modernen <strong>Information</strong>s- und<br />

Kommunikationstechnologien nahezu kostenlos gespeichert, verarbeitet und verteilt werden<br />

kann, ist generell davon auszugehen, dass Mitbewerber über die gleichen <strong>Information</strong>en ver-<br />

147 Vgl. Bull<strong>in</strong>ger, Wörner et al. (1998) S. 21 und Bürgel und Zeller (1998) S. 54.<br />

148 Picot, Reichwald et al. (2001) S. 61.<br />

149 Vgl. auch Kapitel 2.4.1 und Sveiby (1997) S. 22.<br />

150 Barney (1991) S. 102.<br />

151 Vgl. Peteraf (1993) und Barney (1991).<br />

152 Peteraf (1993). S. 186.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 52<br />

fügen oder zum<strong>in</strong>dest b<strong>in</strong>nen kurzer Zeit verfügen können 153 . Wenn es e<strong>in</strong>em Unternehmen<br />

daher nicht gel<strong>in</strong>gt z.B. durch Patente oder Lizenzen e<strong>in</strong>e Monopolstellung bezüglich se<strong>in</strong>er<br />

<strong>Information</strong> zu erlangen, können nur kurzfristige Wettbewerbsvorteile realisiert werden, die<br />

im schlimmsten Falle langfristig nicht e<strong>in</strong>mal das Überleben des Unternehmens sichern.<br />

Im Gegensatz zur <strong>Information</strong> hat aber Wissen optimale Voraussetzungen als strategische<br />

Ressource. Wie wir <strong>in</strong> Kapitel 2.4 bereits gesehen haben, ist Wissen aufgrund se<strong>in</strong>er besonderen<br />

Eigenschaften sehr schwer imitierbar. Es ist organisations- und kontextbezogen, subjektiv<br />

und kann daher nur sehr schwer kodifiziert werden. Aufgrund der daraus resultierenden <strong>Information</strong>sasymmetrie<br />

und den damit verbundenen Problemen der Wertbestimmung und des<br />

Offenlegungsdilemmas kann Wissen auf Faktormärkten nicht gehandelt werden, da diese versagen<br />

154 .<br />

Die Anforderungen, die Barney (1991) S. 105ff an Ressourcen stellt, um strategische Wettbewerbsvorteile<br />

zu ermöglichen, lassen sich somit sehr leicht auf Wissen anwenden 155 :<br />

1. Wertgenerierung:<br />

Wissen kann als wertvoll angesehen werden, wenn es entweder die Ausnützung von<br />

Marktchancen oder die Vermeidung von Bedrohungen ermöglicht.<br />

2. Knappheit:<br />

E<strong>in</strong>e Ressource, die allen Firmen zur Verfügung steht, führt zu ke<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteilen<br />

156 . Je schwieriger Wissen daher externalisiert werden kann und je komplexer<br />

der dah<strong>in</strong>ter liegende Prozess und die damit zusammenhängenden Abläufe s<strong>in</strong>d, desto<br />

schwieriger lässt sich Wissen transferieren oder dessen Wert bestimmen. Daher existieren<br />

ke<strong>in</strong>e Faktormärkte, auf denen Wissen käuflich erwerbbar ist. Wissen ist also<br />

e<strong>in</strong>e knappe Ressource 157 .<br />

3. Beschränkte-Imitierbarkeit:<br />

Wenn e<strong>in</strong>e Firma e<strong>in</strong>e wertvolle und knappe Ressource besitzt, so werden die anderen<br />

Firmen natürlich versuchen diese Ressource zu imitieren. Ist e<strong>in</strong>e Ressource perfekt<br />

imitierbar, so ist es letztlich nur e<strong>in</strong>e Zeitfrage, bis die Konkurrenz den Wettbewerbs-<br />

153<br />

Vgl. Barney (1986) und Liebesk<strong>in</strong>d (1996) S. 104.<br />

154<br />

Vgl. Contractor und Ra (2002) S. 16, Roberts (2000) S. 432 und Davenport und Prusak (1998) S. 39ff.<br />

155 Vgl. North (1998) S. 65 und Probst, Büchel et al. (1998) S. 241.<br />

156 Vgl. Barney (1986) und Dierickx und Cool (1989).<br />

157 Vgl. Bleicher (2002) S. 65.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 53<br />

nachteil aufgeholt hat und die Grundlage nachhaltiger Wettbewerbsvorteile verschwunden<br />

ist. Barney (1991) S. 107ff zählt drei Gründe für die Beschränkte-<br />

Imitierbarkeit von Ressourcen auf: (1) Historische, pfadabhängige Entwicklung der<br />

Ressource, (2) unklarer Ursache-Wirkungs Zusammenhang und (3) soziale Komplexität.<br />

Wie bereits <strong>in</strong> Kapitel 2.3 gezeigt wurde ist die organisationale Wissensentwicklung<br />

e<strong>in</strong> sehr komplexer Prozess, der nicht von heute auf morgen stattf<strong>in</strong>det. Durch die<br />

soziale Interaktion von <strong>in</strong>dividuellen Wissensträgern und dem ständigen Wechseln<br />

von Externalisierung und Internalisierung wird neues Wissen erzeugt 158 Weiters haben<br />

Untersuchungen gezeigt, dass Organisationen, die bereits entsprechendes Vorwissen<br />

besitzen, leichter neue <strong>Information</strong>en aufnehmen und zu Wissen verarbeiten können<br />

159 . Wissensgenerierung ist also durchwegs pfadabhängig und zeitaufwendig 160 Da<br />

sich das Wissen <strong>in</strong> Organisationen auf viele verschiedene Personen verteilt und damit<br />

häufig nicht lokalisierbar ist, besteht meist auch ke<strong>in</strong> klarer Ursache-Wirkungs Zusammenhang<br />

161 . Organisationales Wissen kann also als e<strong>in</strong>e knappe Ressource gesehen<br />

werden, die kaum oder nur sehr schwierig imitierbar ist.<br />

4. Nicht-Substituierbarkeit<br />

Die letzte Voraussetzung für die Generierung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen<br />

ist die Nicht-Substituierbarkeit e<strong>in</strong>er wertvollen, knappen und nicht imitierbaren Ressource<br />

durch e<strong>in</strong>e andere. Nur wenn es e<strong>in</strong>em Konkurrenten nicht gel<strong>in</strong>gt, die gleiche<br />

Strategie auf e<strong>in</strong>e andere Art und Weise mit anderen Ressourcen zu implementieren,<br />

kann e<strong>in</strong> nachhaltiger Wettbewerbsvorteil erlangt werden. Gerade dieser Punkt sche<strong>in</strong>t<br />

bei Wissen aber nicht immer erfüllt zu se<strong>in</strong>. Untersuchungen haben beispielsweise gezeigt,<br />

dass ca. 60% der patentierten Innovationen <strong>in</strong> der chemischen, pharmazeutischen,<br />

elektronischen und masch<strong>in</strong>entechnischen Industrie <strong>in</strong>nerhalb von vier Jahren<br />

legal imitiert wurden 162 . So ist es also durchaus denkbar, dass e<strong>in</strong> Unternehmen mit<br />

e<strong>in</strong>er völlig anderen Technologie und deren Anwendung e<strong>in</strong> ähnlich <strong>in</strong>novatives Produkt<br />

auf den Markt br<strong>in</strong>gt wie se<strong>in</strong>e Konkurrenz, ohne das gleiche Wissen verarbeitet<br />

zu haben. Allerd<strong>in</strong>gs kann die Entwicklung und Anwendung e<strong>in</strong>er neuen Technologie<br />

158 Vgl, Kapitel 2.3, North (1998) S. 52, Rehäuser und Krcmar (1996) S. 35 und Nonaka und Takeuchi (1995) S.<br />

72.<br />

159<br />

Vgl. Cohen und Lev<strong>in</strong>thal (1990) S. 135f und Dierickx und Cool (1989) S. 1508.<br />

160<br />

Vgl. Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 32.<br />

161<br />

Vgl. Probst, Büchel et al. (1998) S. 242 und Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) S. 31.<br />

162 Vgl. Badaracco (1991) S. 37.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 54<br />

viele Jahre dauern, sodass e<strong>in</strong> Wettbewerbsvorteil auf der Basis von Wissen durchaus<br />

möglich ist.<br />

Da Wissen alle diese Anforderungen erfüllt hat es das Potential e<strong>in</strong>e Quelle nachhaltiger<br />

Wettbewerbsvorteile zu se<strong>in</strong> 163 . Somit ist Wissen – im Gegensatz zur <strong>Information</strong> – der ei-<br />

gentliche Wettbewerbsfaktor, der es e<strong>in</strong>em Unternehmen erlaubt, langfristig Wettbewerbsvor-<br />

teile zu realisieren 164 . Erst durch die Komb<strong>in</strong>ation von aktuellen <strong>Information</strong>en über die Be-<br />

schaffungs- und Absatzmärkte mit dem Wissen über Transformationsprozesse, Nutzungsmög-<br />

lichkeiten und Bedeutung der <strong>Information</strong>en oder Produkt<strong>in</strong>novationsmöglichkeiten können<br />

nachhaltige Wettbewerbsvorteile realisiert werden 165 . <strong>Information</strong>en s<strong>in</strong>d also die Grundvor-<br />

aussetzung für die <strong>in</strong>dividuelle und organisationale Wissens- und Wettbewerbsvorteilsgene-<br />

rierung 166 . Die Bedeutung der <strong>Information</strong> für den wirtschaftlichen Transformationsprozess<br />

und die Schaffung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen ist daher enorm 167 . Zusammenfas-<br />

send stellen <strong>Information</strong>en also den grundlegenden Produktionsfaktor für die Entstehung von<br />

Wissen dar, welches als bedeutsamer Wettbewerbsfaktor gesehen werden muss 168 .<br />

Wissen kann aber nur e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil schaffen, wenn es anwendungsbezogen und<br />

bewusst e<strong>in</strong>gesetzt wird, um besondere Kompetenzen zu erlangen (vgl Abbildung 14). Aufbauend<br />

auf dem Können und Wollen d.h. wissen WIE und der notwendigen Motivation es<br />

auch anzuwenden, konkretisieren sich diese Kompetenzen im Moment der Wissensanwendung.<br />

Das Ziel muss schlussendlich die Schaffung von Kernkompetenzen se<strong>in</strong>, die auf Wissen<br />

beruhen und e<strong>in</strong> Verbund von Fähigkeiten, Technologien und Prozessen s<strong>in</strong>d 169 . Für Unternehmen<br />

ist es daher bedeutsam sämtliche Stufen der Wissenstreppe zu gestalten und <strong>in</strong> ihren<br />

Überlegungen mit zu berücksichtigen.<br />

163<br />

Vgl. North (1998) S. 65 und Davenport und Prusak (1998) S. 17.<br />

164<br />

Vgl. Zahn (1998) S. 44ff.<br />

165<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 37f.<br />

166<br />

Vgl. Bleicher (2002) S. 61.<br />

167<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 61.<br />

168<br />

Vgl. Rehäuser und Krcmar (1996) S. 9ff, North (1998) S. 16 und Brunner (2002) S. 77.<br />

169 Vgl. Prahalad und Hamel (1990) S. 82.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Zeichen<br />

Daten<br />

+ Syntax<br />

<strong>Information</strong><br />

+ Bedeutung<br />

Wissen<br />

Können<br />

Handeln<br />

+ Wollen<br />

+ Anwendungsbezug<br />

+ Vernetzung<br />

(Kontext,<br />

Erfahrungen,<br />

Erwartungen)<br />

Daten-, Daten-, Daten-, <strong>Information</strong>s- <strong>Information</strong>s- <strong>Information</strong>s- und und und Wissensmanagement<br />

Wissensmanagement<br />

Wissensmanagement<br />

(operativ) (operativ) (operativ)<br />

Strategisches Strategisches Strategisches Management<br />

Management<br />

Management<br />

Kompetenz<br />

+ richtig handeln<br />

Abbildung 14: Die Wissenstreppe 170 .<br />

Wettbewerbsfähigkeit<br />

+ E<strong>in</strong>zigartigkeit<br />

Seite 55<br />

Abschließend kann die Bedeutung der <strong>Information</strong> für das Strategische Management als hoch<br />

angesehen werden. <strong>Information</strong>en s<strong>in</strong>d die Grundlage für die Entstehung von Wissen. Durch<br />

die heterogene Wissensverteilung <strong>in</strong> unserer Gesellschaft haben Firmen die Möglichkeit, sich<br />

Wissensvorsprünge zu erarbeiten und diese als Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile zu<br />

nutzen. Unternehmen müssen allerd<strong>in</strong>gs darauf bedacht se<strong>in</strong>, den Produktionsfaktor Informa-<br />

tion entweder geheim zu halten oder ihn mittels Schutzmechanismen vor unbefugter Verwen-<br />

dung zu schützen. Um allerd<strong>in</strong>gs diesen <strong>Information</strong>svorteil auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en nachhaltigen Wett-<br />

bewerbsvorteil umwandeln zu können, müssen diese <strong>Information</strong>en noch zu Wissen vernetzt<br />

werden. Dieser Prozess setzt allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e gewisse Aufnahmefähigkeit seitens der Unter-<br />

nehmen voraus.<br />

170 North (1998) S. 41.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 56<br />

2.6 Zusammenfassung<br />

Wie wir <strong>in</strong> diesem Kapitel gesehen haben, existieren ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlichen Def<strong>in</strong>itionen bezüg-<br />

lich <strong>Information</strong> und Wissen im Allgeme<strong>in</strong>en und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Betriebswirtschaftsleh-<br />

re. So haben Venz<strong>in</strong>, von Krogh et al. (1998) gezeigt, dass m<strong>in</strong>destens drei unterschiedliche<br />

Wissens-Epistemologien existieren, deren Annahmen und Implikationen <strong>in</strong> den unterschied-<br />

lichsten Teilbereichen der Betriebswirtschaftslehre e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielen. Obwohl die<br />

Kenntnis aller drei Epistemologien von großem Nutzen für e<strong>in</strong> umfassendes Verständnis der<br />

Bedeutung von <strong>Information</strong> und Wissen <strong>in</strong> der Betriebswirtschaftslehre ist, setzt sich <strong>in</strong> letzter<br />

Zeit vor allem die Selbstbezogene-Epistemologie vermehrt <strong>in</strong> der Literatur durch.<br />

Auch diese Arbeit orientiert sich im wesentlichen an der Selbstbezogenen-Sichtweise und<br />

beruht daher auf e<strong>in</strong>em konstruktivistischen Weltbild. Wissen wird als subjektiver, kontextbezogener,<br />

zweckrelativer Prozess gesehen, der sämtliche vorhandenen <strong>Information</strong>en, Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten zur Lösung e<strong>in</strong>es Problems vernetzt und sich letztlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Handlung<br />

manifestiert. Dieser Wissensbegriff impliziert, dass Wissen nur <strong>in</strong> den Köpfen von Individuen<br />

vorhanden ist und kaum transferiert werden kann. Die Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen<br />

beschreiben also zwei unterschiedliche Konstrukte. Daher<br />

„... ist die Unterscheidung zwischen <strong>Information</strong>en und Wissen wichtig, da beide Formen<br />

fundamental andere Managementstile und Aktivitäten erfordern“ 171 .<br />

Allerd<strong>in</strong>gs können die beiden Konstrukte nicht isoliert vone<strong>in</strong>ander betrachtet werden. Vielmehr<br />

stehen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>teraktiven Zusammenhang zue<strong>in</strong>ander. Während also Wissen e<strong>in</strong>erseits<br />

durch die Vernetzung von <strong>Information</strong>en und die darauf folgenden Handlungen entsteht,<br />

bedarf auch die <strong>Information</strong>sbeschaffung und -auswahl die Anwendung bereits vorhandenen<br />

Wissens 172 . <strong>Information</strong>en werden durch die zweckorientierte Interpretation von Daten<br />

gewonnen. Dieser Interpretationsprozess basiert se<strong>in</strong>erseits wiederum auf bereits bestehenden<br />

Kategorien von Erwartungen, die als Vorwissen oder Wissensbasis bereits existieren müssen<br />

173 . Ohne e<strong>in</strong>e derartige Wissensbasis ist es nicht möglich, neues Wissen zu generieren.<br />

171<br />

von Krogh und Wicki (2002) S. 136.<br />

172<br />

Vgl. Roberts (2000) S. 430.<br />

173<br />

Vgl. Boisot und Canals (2002) S. 11f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 57<br />

Sämtliches relevante <strong>Information</strong>en und Wissen werden <strong>in</strong> dieser Wissensbasis, welche im<br />

Regelfall das menschliche Gehirn ist, für die spätere Verwendung gespeichert. Es stellt sozu-<br />

sagen e<strong>in</strong> Wissenspotential dar, welches bei zukünftigen Handlungen aktiviert werden kann.<br />

Die Implikation dieser Betrachtungsweise besteht dar<strong>in</strong>, dass aus identen Daten – <strong>in</strong> Abhän-<br />

gigkeit von der bereits vorhandenen Wissensbasis und der Zweckorientierung – unterschiedli-<br />

che <strong>Information</strong>en und damit auch verschiedenes Wissen generiert werden kann 174 . Aber auch<br />

<strong>in</strong> identen Entscheidungssituationen können unterschiedlich (aus-)gebildete Personen die<br />

gleichen Daten unterschiedlich nutzen 175 . Im konkreten Anwendungsfall kann man daher<br />

auch zwischen <strong>Information</strong>en mit und <strong>Information</strong>en ohne Wissenspotential unterscheiden 176 .<br />

So kann beispielsweise e<strong>in</strong> und derselbe wissenschaftliche Artikel von zwei unterschiedlichen<br />

Wissenschaftlern völlig verschieden <strong>in</strong>terpretiert werden und somit e<strong>in</strong>e völlig andere Bedeutung<br />

für deren wissenschaftliche Arbeit haben 177 . Es spielen also sowohl das bereits vorhandene<br />

Vorwissen als auch die Aufnahmekapazität e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle bei der <strong>Information</strong>sverarbeitung.<br />

Organisationales Wissen hängt daher letztlich von dem Wissen der e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter ab.<br />

Nur durch e<strong>in</strong>e ständige soziale Interaktion und der damit e<strong>in</strong>hergehenden Externalisierung,<br />

Internalisierung und Sozialisation von Wissen und <strong>Information</strong> kann neues Wissen entstehen.<br />

Insgesamt kann nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil des Wissens externalisiert und <strong>in</strong> <strong>Information</strong>en konvertiert<br />

werden, welche dann beliebig verteilt und verarbeitet werden können. Der <strong>Information</strong>stransfer<br />

ist somit immer e<strong>in</strong> immanenter Bestandteil, um Wissen von e<strong>in</strong>er Person an e<strong>in</strong>e<br />

andere weiterzugeben. Damit aber neues Wissen entstehen kann, muss diese <strong>Information</strong> von<br />

e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>sempfänger neu aufgenommen, vernetzt und <strong>in</strong>ternalisiert werden. Da dieser<br />

Internalisierungsprozess aber wiederum sehr stark von der bereits vorhandenen Wissensbasis<br />

abhängt, kann es sich streng genommen selbst nach e<strong>in</strong>em Wissenstransfer nie um identes<br />

Wissen handeln 178 . So me<strong>in</strong>t beispielsweise Weggeman (1999) S. 238, dass<br />

174<br />

Vgl. Sveiby (1997) S. 39.<br />

175<br />

Vgl. Voß und Gutenschwager (2001) S. 23.<br />

176<br />

Vgl. Brunner (2002) S. 72.<br />

177<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Ausführung f<strong>in</strong>det sich auch bei Voß und Gutenschwager (2001) S. 21.<br />

178 Vgl. Weggeman (1999) S. 39.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 58<br />

„...Wissen nicht auf die gleiche Weise transferiert werden kann wie <strong>Information</strong>, und dass der<br />

Transfer von <strong>Information</strong> nicht dasselbe ist wie der Transfer von Wissen, weil bei ersterem<br />

das Teilen von Erfahrungen, Kenntnissen und E<strong>in</strong>stellungen gar nicht zur Debatte steht.“<br />

Neben der Externalisierung und Internalisierung spielt daher die Sozialisation e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle für die Wissensweitergabe, weil eben diese Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und<br />

E<strong>in</strong>stellungen als wesentlicher Teil des Wissens kaum externalisiert werden können. In vielen<br />

Fällen ist die Sozialisation somit die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit, um Wissen zwischen zwei Personen<br />

weiterzugeben.<br />

Fasst man abschließend die wichtigsten Eigenschaften der <strong>Information</strong> und von Wissen im<br />

S<strong>in</strong>ne der Selbstbezogenen-Epistemologie und dieses Kapitels nochmals zusammen, so ergibt<br />

sich folgendes Bild <strong>in</strong> Tabelle 4.<br />

<strong>Information</strong> Wissen<br />

Bedeutung Produktionsfaktor Wettbewerbsfaktor<br />

Transferierbarkeit Öffentliches Gut Schwer transferier- und imitierbar<br />

Kodifizierbarkeit Leicht kodifizierbar Schwer kodifizierbar<br />

Beobachtbarkeit Beobachtbar Nur <strong>in</strong>direkt über die Handlungen<br />

beobachtbar<br />

Transferkosten Niedrige Transferkosten Hohe Transferkosten<br />

Bedeutung von<br />

Hohe Bedeutung von Schutzmecha- Ger<strong>in</strong>ge Bedeutung von Schutzmecha-<br />

Schutzmechanismen<br />

nismen<br />

Objekt vs. Prozess Ist e<strong>in</strong> Objekt z.B. Manuskript, Buch,<br />

Datenbank etc.<br />

nismen<br />

Ist e<strong>in</strong> Prozess<br />

Tabelle 4: Die wichtigsten Eigenschaften von <strong>Information</strong> und Wissen im Vergleich 179 .<br />

Aufgrund dieser Eigenschaften ergeben sich e<strong>in</strong>ige wichtige Konsequenzen für den <strong>Information</strong>stransfer:<br />

Da <strong>Information</strong>en e<strong>in</strong> wichtiger Produktionsfaktor für die Generierung von<br />

Wettbewerbsvorteilen s<strong>in</strong>d, ist <strong>in</strong> vielen Fällen e<strong>in</strong> Nachteil mit e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer<br />

für den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer verbunden. Allerd<strong>in</strong>gs muss dieser Nachteil nicht<br />

automatisch mit jedem <strong>Information</strong>stransfer auftreten, da nicht jeder <strong>Information</strong>stransfer mit<br />

e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>swertverlust verbunden ist. So ist der mehrfache Besitz und Gebrauch von<br />

<strong>Information</strong>en grundsätzlich problemlos möglich und vielfach existieren Fälle <strong>in</strong> denen der<br />

Wert der <strong>Information</strong> erst durch die Weitergabe entsteht. E<strong>in</strong> möglicher Nachteil aus dem<br />

179 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 59<br />

<strong>Information</strong>stransfer ergibt sich für den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer erst aus den An-<br />

wendungskonsequenzen der transferierten <strong>Information</strong>.<br />

Aufgrund des <strong>Information</strong>sparadoxons kann der Wert der <strong>Information</strong>en a priori nicht be-<br />

stimmt werden ohne e<strong>in</strong>en Teil der <strong>Information</strong>en preisgeben zu müssen. Da <strong>Information</strong>en<br />

öffentlichen Gütern sehr ähnlich s<strong>in</strong>d kann nach e<strong>in</strong>em erfolgten <strong>Information</strong>stransfer die<br />

Verbreitung der <strong>Information</strong>en nicht mehr kontrolliert oder rückgängig gemacht werden. Diese<br />

Wertbestimmungsproblematik und das Offenlegungsdilemma verh<strong>in</strong>dern somit die Schaffung<br />

von funktionierenden Faktormärkten zur Regelung des zwischenbetrieblichen <strong>Information</strong>saustausches.<br />

E<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer ist somit immer mit e<strong>in</strong>em hohen Risiko für beide<br />

Partner verbunden.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

3 <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> Allianzen<br />

Seite 60<br />

“A strategic alliance can strengthen both companies<br />

aga<strong>in</strong>st outsiders even as it weakens one partner visá-vis<br />

the other.”<br />

Hamel, Doz und Prahalad, 1989<br />

Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, ist Wissen nicht transferierbar. Lediglich <strong>Information</strong>en<br />

können zwischen Personen und somit <strong>in</strong> weiterer Folge auch zwischen Unternehmen<br />

ausgetauscht werden. Allerd<strong>in</strong>gs können Personen aus den erhaltenen <strong>Information</strong>en neues<br />

Wissen generieren, welches e<strong>in</strong>e Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile se<strong>in</strong> kann. E<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

kann sich daher <strong>in</strong> manchen Fällen für das transferierende Unternehmen<br />

nachteilig auswirken. Jedes Unternehmen steht daher vor der Entscheidung, se<strong>in</strong>e eigenen<br />

<strong>Information</strong>en im Rahmen e<strong>in</strong>er Allianz zu transferieren oder die <strong>Information</strong>en für sich zu<br />

behalten. Im folgenden Kapitel werden daher die E<strong>in</strong>flussgrößen auf diese Transferentscheidung<br />

näher untersucht. Ausgehend von e<strong>in</strong>er Klassifikation des <strong>Information</strong>stransfers, wird<br />

die Bedeutung des <strong>Information</strong>stransfers und der damit verbundene E<strong>in</strong>fluss auf die Wettbewerbssituation<br />

der Firmen <strong>in</strong> unternehmensübergreifenden Kooperationen betrachtet. Den<br />

Abschluss dieses Kapitels bildet e<strong>in</strong> theoretisches Überblicksmodell des <strong>in</strong>terorganisationalen<br />

<strong>Information</strong>stransfers.<br />

3.1 Arten des <strong>Information</strong>stransfers<br />

Allgeme<strong>in</strong> betrachtet kann e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>saustausch auf mehreren verschiedenen Ebenen<br />

stattf<strong>in</strong>den. Primär kann unterschieden werden, ob der <strong>Information</strong>stransfer unternehmens<strong>in</strong>tern<br />

oder unternehmensübergreifend erfolgt. Weiters kann der <strong>Information</strong>stransfer e<strong>in</strong>erseits<br />

explizit oder implizit erfolgen. Während bei e<strong>in</strong>em expliziten <strong>Information</strong>stransfer e<strong>in</strong>e Person<br />

bewusst (sensible) <strong>Information</strong>en an andere Personen weitergibt, ist sie sich der impliziten<br />

<strong>Information</strong>sweitergabe im Rahmen e<strong>in</strong>er regulären Zusammenarbeit oder e<strong>in</strong>es Leistungsaustausches<br />

meistens gar nicht bewusst. Beim unternehmens<strong>in</strong>ternen <strong>Information</strong>stransfer<br />

steht die Verteilung von <strong>Information</strong> und die damit verbundene Wissensgenerierung im<br />

S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es ganzheitlichen Wissensmanagements <strong>in</strong>nerhalb der Organisation im Vordergrund<br />

180 . In e<strong>in</strong>zelnen Bereichen isoliert vorhandene <strong>Information</strong>en müssen für die gesamte<br />

180 Vgl. Bull<strong>in</strong>ger, Wörner et al. (1998) S. 22.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 61<br />

Organisation, unter Berücksichtigung ökonomischer Pr<strong>in</strong>zipien, nutzbar und zugänglich ge-<br />

macht werden 181 . Es ist die Aufgabe der <strong>Information</strong>slogistik oder des <strong>Information</strong>smanage-<br />

ments<br />

„die richtige <strong>Information</strong>, zum richtigen Zeitpunkt, <strong>in</strong> der richtigen Menge, am richtigen Ort,<br />

<strong>in</strong> der erforderlichen Qualität“ 182<br />

zur Verfügung zu stellen. In vielen Unternehmen wird versucht, diesen <strong>Information</strong>stransfer<br />

bereits mittels e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>ssystems zu standardisieren und zu vere<strong>in</strong>fachen 183 . Aller-<br />

d<strong>in</strong>gs kann dieser <strong>Information</strong>stransfer nur bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Maß die Wissensgenerie-<br />

rung im Unternehmen unterstützen 184 . Für die organisationale Wissensentstehung durch Sozi-<br />

alisation ist daher vor allem der implizite <strong>Information</strong>stransfer im Rahmen der täglichen Zu-<br />

sammenarbeit und Teamwork von besonderer Bedeutung. Unterstützt wird dieser implizite<br />

<strong>Information</strong>stransfer durch e<strong>in</strong>e entsprechende Unternehmenskultur, Leitbilder oder e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Sprache und Symbolik.<br />

Der unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>stransfer f<strong>in</strong>det zwischen zwei selbständigen,<br />

teilweise auch konkurrierenden Unternehmen statt. Wie bereits angesprochen, ist jeder Leistungsaustausch<br />

zugleich auch immer mit e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer und somit möglichen<br />

Wissensgenerierung des anderen Unternehmens verbunden. Dabei kann dieser <strong>Information</strong>stransfer<br />

auf völlig unterschiedlichen Wegen erfolgen.<br />

„Knowledge 185 flows from companies to outside groups through market<strong>in</strong>g, f<strong>in</strong>ancial reports,<br />

patent applications and other channels. It also flows <strong>in</strong>to firms through market research, the<br />

hir<strong>in</strong>g of skilled employees, <strong>in</strong>dustrial research, and, of course, through prices.“ 186<br />

181<br />

Vgl. Bull<strong>in</strong>ger, Wörner et al. (1998) S. 29.<br />

182<br />

August<strong>in</strong> (1990) S. 23.<br />

183<br />

Vgl. Keller (1995) S. 18ff.<br />

184<br />

Vgl. Kapitel 2.3 und Bull<strong>in</strong>ger, Wörner et al. (1998) S. 23.<br />

185<br />

Der Begriff „Knowledge“, welchen Badaracco (1991) hier verwendet entspricht im S<strong>in</strong>ne dieser Arbeit dem<br />

Begriff der <strong>Information</strong>, da es sich hierbei um bereits externalisiertes und kodifiziertes Wissen handelt.<br />

186<br />

Badaracco (1991) S. 3.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 62<br />

Aber auch Produkte be<strong>in</strong>halten wichtige <strong>Information</strong>en, die mittels Reverse- und Verbesse-<br />

rungstechniken extrahiert werden können 187 . Dieser implizite <strong>Information</strong>stransfer kann daher<br />

auch bereits zu e<strong>in</strong>er Verschiebung der potentiellen Wettbewerbsvorteile führen 188 .<br />

Weiters unterscheidet man, ob der <strong>Information</strong>stransfer zwischen Unternehmen, die sich, auf<br />

der gleichen oder auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette bef<strong>in</strong>den, stattf<strong>in</strong>det.<br />

Am häufigsten tritt der vertikale <strong>Information</strong>stransfer zwischen Lieferanten und Abnehmer<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Supply-Cha<strong>in</strong> auf. Durch den (elektronischen) Austausch von Lager-, Nachfra-<br />

ge- oder Lieferdaten <strong>in</strong> der Supply-Cha<strong>in</strong> erhofft man sich erhebliche Vorteile, wie kürzere<br />

Lieferzeiten, ger<strong>in</strong>gere Lagerbestände oder Kostene<strong>in</strong>sparungen 189 . Neue Konzepte wie E-<br />

Procurement oder Supply-Cha<strong>in</strong>-Collaboration s<strong>in</strong>d entstanden, bei denen durch die vollkommene<br />

elektronische Verknüpfung und Zusammenarbeit der Unternehmen,<br />

E<strong>in</strong>sparungspotentiale realisiert werden sollen 190 . Die positiven Effekte aufgrund des<br />

vertikalen <strong>Information</strong>saustausches, wie die Vermeidung des Bullwhip Effektes 191 , ger<strong>in</strong>gere<br />

Losgrößen, verkürzte Lieferzeiten 192 oder Kostene<strong>in</strong>sparungen 193 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Literatur bereits<br />

ausreichend belegt und diskutiert. Kritiker allerd<strong>in</strong>gs zeigen auch, dass die zusätzliche<br />

<strong>Information</strong> nicht immer e<strong>in</strong>en wirklichen Mehrwert br<strong>in</strong>gt, der die Investition <strong>in</strong> teure<br />

<strong>Information</strong>s- und Kommunikationssysteme rechtfertigen würde 194 bzw. dass der<br />

<strong>Information</strong>stransfer nur unter bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen zu optimalen Ergebnissen führt 195 .<br />

In jüngster Zeit gew<strong>in</strong>nt auch der horizontale, unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>saustausch<br />

zunehmend an Bedeutung. Immer häufiger schließen sich Unternehmen auf der gleichen<br />

Wertschöpfungsstufe zu Allianzen und Kooperationen zusammen, um geme<strong>in</strong>same Synergieeffekte<br />

auszunutzen. Dabei ist die Generierung von neuem Wissen und die Möglichkeit<br />

187<br />

Vgl. Badaracco (1991) S. 36f.<br />

188<br />

Vgl. Dowl<strong>in</strong>g und Lechner (1998) S. 87.<br />

189<br />

Vgl. Gavierneni, Kapusc<strong>in</strong>ski et al. (1999) S. 20f, Cachon und Fisher (2000) S. 1033 und Fleisch und Powell<br />

(2001) S. 29.<br />

190<br />

Vgl. Hartmann (1999) S. 48f, Backhaus (1999) S. 67, Eyholzer und Hunziker (2000) S. 336f und Qu<strong>in</strong>n<br />

(2001).<br />

191<br />

Vgl. Lee, Padmanabhan et al. (1997) S. 558.<br />

192<br />

Vgl. Cachon und Fisher (2000) S. 1046.<br />

193<br />

Vgl. Gavierneni, Kapusc<strong>in</strong>ski et al. (1999) S. 20.<br />

194<br />

Vgl. Raghunathan (2001) S. 605f.<br />

195<br />

Vgl. Gavierneni, Kapusc<strong>in</strong>ski et al. (1999; Raghunathan (2001) S. 22 und Cachon und Fisher (2000) S. 1033.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 63<br />

von anderen Partnern zu lernen vielfach e<strong>in</strong> Hauptgrund, warum derartige Allianzen e<strong>in</strong>gegangen<br />

werden 196 . Durch die Verwendung von unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>sund<br />

Kommunikationssystemen können e<strong>in</strong>erseits die Transaktionskosten gesenkt und andererseits<br />

e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>spool geschaffen werden, der allen beteiligten Unternehmen die notwendigen<br />

<strong>Information</strong>en zur Verfügung stellt. E<strong>in</strong> derartiger <strong>Information</strong>spool ist e<strong>in</strong> öffentliches<br />

Gut, welches durch den <strong>Information</strong>saustausch <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Allianz entsteht 197 . Die<br />

Covis<strong>in</strong>t-Plattform <strong>in</strong> der Automobil<strong>in</strong>dustrie 198 , geme<strong>in</strong>same Datenbanken für Schadensfälle<br />

<strong>in</strong> der Versicherungswirtschaft 199 oder der gegenseitige <strong>Information</strong>saustausch zwischen<br />

verschiedenen staatlichen Stellen zur Verbrechensbekämpfung 200 s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Beispiele für<br />

derartige <strong>Information</strong>splattformen. Neben diesen <strong>Information</strong>ssystemen spielt aber auch der<br />

<strong>in</strong>formelle, explizite <strong>Information</strong>saustausch zwischen konkurrierenden Unternehmen e<strong>in</strong>e<br />

bedeutende Rolle für die externe <strong>Information</strong>sbeschaffung <strong>in</strong> unserem heutigen Wirtschaftsleben.<br />

Empirische Studien haben gezeigt, dass häufig sensible <strong>Information</strong>en zwischen Personen<br />

<strong>in</strong> konkurrierenden Firmen ausgetauscht werden 201 . Nicht selten basiert dieser <strong>Information</strong>stransfer<br />

auf e<strong>in</strong>em reziproken Verhalten der beteiligten Personen, welches zu e<strong>in</strong>em vermehrten<br />

Nutzen für beide Firmen führen kann 202 . Teilweise werden regelrechte <strong>in</strong>formelle<br />

<strong>Information</strong>stausch-Netzwerke aufgebaut, die sich mitunter über ganze Branchen erstrecken<br />

können.<br />

Zusammenfassend kann daher der implizite und explizite, unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>stransfer,<br />

neben der Unternehmensakquisition, dem Kauf von Lizenzen und Patenten<br />

oder der Rekrutierung von Wissensträgern oder Experten 203 als e<strong>in</strong>e sehr wichtige Quelle bezeichnet<br />

werden, um externe <strong>Information</strong>en zu akquirieren. Die folgende Tabelle 5 gibt noch<br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Überblick über die besprochenen Klassifikationsmöglichkeiten des <strong>Information</strong>stransfers.<br />

196 Vgl. Koza und Lew<strong>in</strong> (1998) S. 256, Larsson, Bengtsson et al. (1998) S. 287 und Kumar und Nti (1998) S.<br />

356.<br />

197<br />

Vgl. Monge, Fulk et al. (1998) S. 413.<br />

198<br />

Vgl. Covis<strong>in</strong>t (2001).<br />

199<br />

Vgl. Monge, Fulk et al. (1998) S. 413.<br />

200<br />

Vgl. Monge, Fulk et al. (1998) S. 426ff.<br />

201<br />

Vgl. von Hippel (1988) S. 76ff und Schrader (1990) S. 2f.<br />

202<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 128.<br />

203<br />

Vgl. Bull<strong>in</strong>ger, Wörner et al. (1998) S. 27.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

implizit<br />

explizit<br />

unternehmens<strong>in</strong>tern<br />

Teamwork, Unterneh-<br />

menskultur,<br />

Leitbilder, Sprache,<br />

Symbolik<br />

Nonaka und Takeuchi (1995)<br />

Wissensmanagement,<br />

<strong>Information</strong>slogistik,<br />

<strong>Information</strong>smanagement<br />

Keller (1995)<br />

Bull<strong>in</strong>ger, Wörner et al. (1998)<br />

August<strong>in</strong> (1990)<br />

Nonaka und Takeuchi (1995)<br />

Voß und Gutenschwager (2001)<br />

unternehmensübergreifend<br />

vertikal horizontal<br />

Beobachtungen, Handlungen,<br />

Produkte, Bilanzen, etc.<br />

Dowl<strong>in</strong>g und Lechner (1998)<br />

Badaracco (1991)<br />

Supply-Cha<strong>in</strong>-Management,<br />

Collaborative Plann<strong>in</strong>g,<br />

E-Procurement<br />

Informeller <strong>Information</strong>stausch<br />

Qu<strong>in</strong>n (2001)<br />

Cachon und Fisher (2000)<br />

Gavierneni, Kapusc<strong>in</strong>ski et al. (1999)<br />

Fleisch und Powell (2001)<br />

Tucci, Kaufman et al. (2001)<br />

Raghunathan (2001)<br />

Eyholzer und Hunziker (2000)<br />

Lee und Whang (2000)<br />

Tabelle 5: Klassifikation des <strong>Information</strong>stransfers 204 .<br />

Seite 64<br />

Beobachtungen, Handlungen,<br />

Produkte Bilanzen, etc.<br />

Jo<strong>in</strong>t Venture<br />

Strategische Allianzen<br />

Dowl<strong>in</strong>g und Lechner (1998)<br />

Badaracco (1991)<br />

Hamel, Doz et al. (1989)<br />

Unternehmensübergreifendes-<br />

<strong>Information</strong>ssystem,<br />

Geme<strong>in</strong>samer <strong>Information</strong>spool<br />

Informeller <strong>Information</strong>stausch<br />

Jo<strong>in</strong>t Ventures<br />

Strategische Allianzen<br />

von Hippel (1988)<br />

Monge, Fulk et al. (1998)<br />

Schrader (1990)<br />

Lachmann, Sella et al. (2000)<br />

Lawrence (1999)<br />

Badaracco (1991)<br />

Im Zuge dieser Arbeit fokusieren sich die weiteren Untersuchung auf den unternehmensüber-<br />

greifenden, expliziten, horizontalen <strong>Information</strong>stransfer. Gerade der horizontale Informati-<br />

onsaustausch besitzt e<strong>in</strong>e Sonderstellung, da er häufig im Rahmen von (kooperativen) Wettbewerbsbeziehung<br />

stattf<strong>in</strong>det. Daher s<strong>in</strong>d natürlich die <strong>in</strong>härenten Gefahren der <strong>Information</strong>sweitergabe<br />

bzw. die Anreize opportunistischen Verhaltens weitaus größer als <strong>in</strong> den anderen<br />

Fällen. Zudem ist der horizontale <strong>Information</strong>stransfer, im Gegensatz zum vertikalen <strong>Information</strong>saustausch,<br />

auch <strong>in</strong> der Literatur noch nicht wirklich umfassend behandelt worden.<br />

Erste Ansätze f<strong>in</strong>den sich bei von Hippel (1988), Schrader (1990), Monge, Fulk et al. (1998),<br />

Lawrence (1999) oder Lachmann, Sella et al. (2000). Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d noch viele Fragen offen,<br />

sodass diese Arbeit e<strong>in</strong>en Versuch darstellt, e<strong>in</strong>ige Wissenslücken zu schließen.<br />

204 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 65<br />

3.2 Wissensallianzen und horizontale Netzwerke<br />

Mittels moderner <strong>Information</strong>s- und Kommunikationssysteme können komplexe Informatio-<br />

nen <strong>in</strong> Sekundenbruchteilen relativ kostengünstig weltweit verfügbar gemacht, Raum- und<br />

Zeitgrenzen durchbrochen und neue organisatorische Gestaltungsmöglichkeiten s<strong>in</strong>nvoll umgesetzt<br />

werden 205 . Technologien wie Electronic Data Interchange (EDI) oder das Internet hören<br />

aber nicht bei den Unternehmensgrenzen auf, sondern versuchen vielmehr unternehmensübergreifende<br />

Zusammenarbeit zu fördern und zu ermöglichen. Se<strong>in</strong>en Höhepunkt f<strong>in</strong>det diese<br />

Entwicklung derzeit im E-Bus<strong>in</strong>ess-Bereich. Hier eröffnen sich für Unternehmen durch die<br />

<strong>in</strong>formations- und kommunikationstechnologische Vernetzung völlig neue Möglichkeiten der<br />

Zusammenarbeit, die von der Integration der Supply-Cha<strong>in</strong>s bis h<strong>in</strong> zur Bildung unternehmensübergreifender<br />

Elektronischer Märkte und Plattformen reichen 206 .<br />

Ausgehend vom vorerst e<strong>in</strong>fachen <strong>Information</strong>saustausch zwischen den rechtlich eigenständigen<br />

Unternehmen, kann e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same elektronische Plattform zur Kooperation (Collaboration)<br />

entstehen (vgl. Abbildung 15) 207 . E<strong>in</strong>es der bekanntesten Beispiele für e<strong>in</strong>e derartige<br />

unternehmensübergreifende Plattform f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Automobil<strong>in</strong>dustrie. Fast alle großen<br />

Automobilhersteller haben sich auf der Covis<strong>in</strong>t Plattform zusammengeschlossen, deren Leistungsangebot<br />

den elektronischen E<strong>in</strong>kauf, Supply Cha<strong>in</strong> Management sowie die geme<strong>in</strong>same<br />

Produktentwicklung umfasst 208 .<br />

205<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 6 und 275ff und Venkatraman (1991) S. 126ff.<br />

206<br />

Vgl. O´Leary (2000) S. 431 und Schneider und Schnetkamp (2000) S. 20.<br />

207<br />

Vgl. Strub (2000) S 49.<br />

208<br />

Vgl. Schneider und Schnetkamp (2000) S. 88ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Abbildung 15: Evolution der <strong>Information</strong>stechnischen Zusammenarbeit 209 .<br />

Seite 66<br />

Kooperationen 210 können sowohl als Ursache als auch als Wirkung des wissens<strong>in</strong>tensiven<br />

Wettbewerbs gesehen werden 211 . Durch die beschleunigte Verbreitung von <strong>Information</strong>en <strong>in</strong><br />

Kooperationen und der damit e<strong>in</strong>hergehenden Möglichkeit neues Wissen zu generieren, gehen<br />

vor allem neue Wettbewerber häufig Kooperationen e<strong>in</strong>, um möglichst rasch und effektiv <strong>in</strong><br />

neue Märkte e<strong>in</strong>zusteigen. Dadurch werden auch etablierte Marktteilnehmer gezwungen zu<br />

reagieren. Indem sie ebenfalls Kooperationen e<strong>in</strong>gehen, haben sie die Möglichkeit, sich auf<br />

ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und ihre Lernprozesse zu beschleunigen. Somit ent-<br />

steht e<strong>in</strong>e wettbewerbsverstärkende Wirkungskette von Kooperationen, welche im Gegensatz<br />

zu kartellrechtlichen Befürchtungen negativer Wirkungen von Kooperationen steht 212 .<br />

Die technologische Umwelt, <strong>in</strong> der Unternehmen agieren, hat sich <strong>in</strong> letzter Zeit stark verän-<br />

dert. Neue Technologien und Prozesse s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen so komplex geworden, dass kaum<br />

noch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Unternehmen <strong>in</strong> der Lage ist, alle Bereiche alle<strong>in</strong>e abzudecken 213 . Viele<br />

verschiedene Institutionen wie Universitäten, Firmen, Forschungslabors etc. produzieren täg-<br />

lich Unmengen von neuen <strong>Information</strong>en und Wissen 214 . Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese <strong>Information</strong>en<br />

und Wissen <strong>in</strong> der vorliegenden Form ke<strong>in</strong>esfalls für alle Zeiten gültig. Vielmehr ist dieses<br />

209 Vgl. Strub (2000) S. 49.<br />

210 Im folgenden Abschnitt werden die Begriffe Allianz und Kooperation als Synonyme verwendet.<br />

211 Vgl. Badaracco (1991) S. 10 und Kronen (1994) S. 102.<br />

212 Vgl. Kronen (1994) S. 102.<br />

213 Vgl. Bougra<strong>in</strong> und Haudeville (2002) S. 735.<br />

214 Wissen wird natürlich nicht von den Institutionen an sich, sondern vielmehr von den dort arbeitenden Perso-<br />

nen generiert.<br />

1. 1. Stufe 2. 2. Stufe 3. 3. Stufe<br />

Suchmasch<strong>in</strong>en<br />

Datenbanken<br />

Intranet für<br />

E<strong>in</strong>kauf<br />

E<strong>in</strong>kaufshomepage<br />

<strong>Information</strong>ssuche<br />

und -Austausch<br />

Kataloge Marktplätze<br />

Auschreibungen<br />

Auktionen<br />

Anwendungen<br />

im Netz<br />

•Kontakte<br />

•Zeichnungen<br />

•Qualität<br />

•F<strong>in</strong>anz<br />

•Forschung<br />

Geme<strong>in</strong>same<br />

Plattform<br />

Sichere Internet<br />

Zusammenarbeit<br />

Kunde-Lieferant<br />

Shar<strong>in</strong>g Application Collaboration


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 67<br />

Wissen – und das gilt umso mehr, je spezieller dieses Wissen ist – <strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit<br />

veraltet 215 . Aufgrund der s<strong>in</strong>kenden Halbwertszeit von <strong>Information</strong> und Wissen s<strong>in</strong>d Unter-<br />

nehmen daher bemüht, ihre Wissensbasis permanent aktuell zu halten. E<strong>in</strong>e der wichtigsten<br />

Möglichkeiten, um ihre Wissensbasis aktuell zu halten, stellt die Formierung von Kooperationen<br />

dar. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Akquisition von neuen <strong>Information</strong>en<br />

und die damit erhoffte Wissensgenerierung zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen<br />

e<strong>in</strong> Hauptmotiv für die Gründungen von Allianzen darstellt 216 . Neben diesen Gründen für<br />

die Bildung von Allianzen spielen vor allem andere strategische Überlegungen e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle. Mit Hilfe von Allianzen kann der – durch die eigenen beschränkten Ressourcen gegebene<br />

– Aktionsradius erweitert und somit e<strong>in</strong>e größere strategische Reichweite erzielt werden<br />

217 . Kooperationen werden daher vor allem auch e<strong>in</strong>gegangen, um Risiko und Kosten zu<br />

teilen, neue spezifische Ressourcen zu erlangen bzw. komplementäre Ressourcen zu komb<strong>in</strong>ieren,<br />

Zugang zu neuen Märkten zu erhalten oder Marktbarrieren geme<strong>in</strong>sam zu überw<strong>in</strong>den<br />

218 .<br />

Teile dieser Ziele können aber auch ohne Allianzen entweder mittels Markttransaktionen oder<br />

Unternehmenszusammenschlüssen oder -übernahmen erreicht werden. Ariño und de la Torre<br />

(1998) S. 306 und Madhok und Tallman (1998) S. 329 identifizieren drei Voraussetzungen,<br />

die erfüllt se<strong>in</strong> müssen, damit unternehmensübergreifende Kooperationen vorteilhafter als<br />

oben genannte Alternativen s<strong>in</strong>d:<br />

1. Unvollständige Faktormärkte<br />

2. Leichte Transferierbarkeit e<strong>in</strong>iger Ressourcen<br />

3. Schlüsselressourcen s<strong>in</strong>d schwer imitier- und transferierbar<br />

Diese drei Voraussetzungen für die Vorteilhaftigkeit von unternehmensübergreifenden Kooperationen<br />

lassen sich sehr leicht auf den Austausch von <strong>Information</strong>en und den damit verbundenen<br />

Wissenserwerb übertragen. Zum Ersten s<strong>in</strong>d weder Wissen noch <strong>Information</strong>en<br />

215<br />

Vgl. Drucker (1992) S. 96 und Bürgel und Zeller (1998) S. 55.<br />

216<br />

Vgl. Koza und Lew<strong>in</strong> (1998) S. 256, Mowery, Oxley et al. (1996) S. 77, Madhok und Tallman (1998) S. 327,<br />

Bougra<strong>in</strong> und Haudeville (2002) S. 735f, Contractor und Ra (2002) S. 12, North (1998) S. 108ff, Kumar und Nti<br />

(1998) S. 356, Larsson, Bengtsson et al. (1998) S. S286, Khanna, Gulati et al. (1998) S. 193 und Khanna, Gulati<br />

et al. (2000).<br />

217<br />

Vgl. Bleicher (2002) S. 77.<br />

218 Vgl. North (1998) S. 108 und Mowery, Oxley et al. (1996) S. 79.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 68<br />

aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften auf Faktormärkten handelbar 219 . Zweitens haben<br />

Firmen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Allianz mehr Möglichkeiten, gegenseitig Vertrauen aufzubauen und<br />

die Anwendungskonsequenzen e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers besser abzuschätzen. Damit können<br />

die mit e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer verbundenen Probleme des Offenlegungsdilemmas<br />

und der Wertbestimmungsproblematik <strong>in</strong> Kooperationen reduziert werden und die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers ist höher als <strong>in</strong> anderen alternativen Koord<strong>in</strong>ationsformen.<br />

Drittens ist Wissen als Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile nicht oder nur sehr<br />

schwer imitier- und transferierbar. Nur mittels Kooperationen ist es möglich, nicht kodifizierbares<br />

Wissen durch Sozialisation im Rahmen der Zusammenarbeit und Interaktion zwischen<br />

Unternehmen zu erfassen. So betrachtet Badaracco (1991) S. 12 Wissenskoppelungen zwischen<br />

Unternehmen als die treibende Kraft für die vermehrten Unternehmenskooperationen:<br />

„Knowledge l<strong>in</strong>ks are def<strong>in</strong>ed by learn<strong>in</strong>g and creation of knowledge. Many of these alliances<br />

reflect the special character of embedded knowledge 220 : it is sticky – it moves only slowly and<br />

awkwardly among organizations. For one organization to acquire knowledge embedded <strong>in</strong><br />

the rout<strong>in</strong>es of another, it must form a complex, <strong>in</strong>timate relationship with it. The knowledge<br />

cannot be put <strong>in</strong> a formula or a book and then exchanged for cash.”<br />

Daher gew<strong>in</strong>nen Unternehmenskooperationen zunehmend an Bedeutung, um <strong>Information</strong>en<br />

zu transferieren und neues Wissen zu generieren 221 . Die Bildung von Allianzen für den Austausch<br />

von <strong>Information</strong>en ist daher e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle organisatorische Alternative.<br />

Die Vorteilhaftigkeit der Kooperation im Vergleich zur zweitbesten organisatorischen Alternative<br />

lässt sich formal durch den Wert der Allianz ausdrücken. Dabei versteht man aus Sicht<br />

der Kooperationspartner unter dem ökonomischen Wert e<strong>in</strong>er Kooperation<br />

219<br />

Vgl. Kapitel 2.4.2 und 2.5.2 sowie Roberts (2000) S. 432, Contractor und Ra (2002) S. 16 und Krebs (1998)<br />

S. 258.<br />

220<br />

Dieser Begriff „Embedded Knowledge“ entspricht dem Begriff nicht externalisierbaren Wissens <strong>in</strong> dieser<br />

Arbeit. Badaracco (1991) verwendet den Begriff „Knowledge“ e<strong>in</strong>mal im S<strong>in</strong>ne von Wissen (embedded knowledge)<br />

und e<strong>in</strong>mal im S<strong>in</strong>ne von <strong>Information</strong> (migratory knowledge) ohne auf deren Unterscheidung näher bedacht<br />

zu nehmen. Die Bedeutung dieses Begriffs im S<strong>in</strong>ne dieser Arbeit ergibt sich daher aus dem Kontext der<br />

Verwendung.<br />

221<br />

Vgl. Krebs (1998) S. 258.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 69<br />

„...the ability of the partners to earn rents over and above what could have been achieved <strong>in</strong><br />

the absence of the partnership i.e., <strong>in</strong> alternative organizational arrangements” 222 .<br />

Bezeichnet man die potentielle ökonomische Rente der komb<strong>in</strong>ierten Ressourcen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Al-<br />

lianz mit R und die potentiellen Kosten der Allianz mit C dann ergibt sich im S<strong>in</strong>ne des res-<br />

sourcenbasierten Ansatzes der potentielle ökonomische Wert e<strong>in</strong>er Allianz V als 223<br />

V = ( R − C)<br />

(Gleichung 3-1)<br />

Die Kooperation ist also genau dann vorteilhafter als die zweitbeste organisatorische Alterna-<br />

tive, wenn deren Wert V größer ist als der Wert anderen Alternative V . Es muss also gelten<br />

alt<br />

V > Valt<br />

(Gleichung 3-2)<br />

Allerd<strong>in</strong>gs muss der potentielle Wert V e<strong>in</strong>er Allianz vom realisierten Wert V unterschieden<br />

werden. Während der erste Wert die theoretisch möglichen Synergien und Potentiale der be-<br />

trachteten Organisationsform aufzeigt, reflektiert der zweite Wert die realisierten Ergebnisse<br />

der Allianz aufgrund der Effektivität des Managements und der Umweltentwicklung <strong>in</strong> der<br />

Realität. Beide Werte s<strong>in</strong>d eng mite<strong>in</strong>ander verbunden. So kann der realisierte Wert Vreal<br />

e<strong>in</strong>er<br />

Kooperation niemals größer se<strong>in</strong> als deren potentieller Wert V 224<br />

222 Madhok und Tallman (1998) S. 328.<br />

223 Madhok und Tallman (1998) S. 328.<br />

Vreal ≤ V<br />

(Gleichung 3-3)<br />

224 In diesem Modell wird unterstellt, dass der potentielle Wert ke<strong>in</strong> Risiko <strong>in</strong> sich birgt und daher wirklich die<br />

maximale Vorteilhaftigkeit der Organisationsform aufzeigt.<br />

real


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 70<br />

Ziel der Partner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Allianz muss es letztlich se<strong>in</strong>, die Differenz zwischen potentiellem<br />

und realisiertem Wert V −V<br />

zu m<strong>in</strong>imieren, um so den geme<strong>in</strong>samen Nutzen aus der<br />

real<br />

Kooperation zu maximieren. Dafür s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs spezifische Investitionen <strong>in</strong> die<br />

Kooperation <strong>in</strong> der Form von Zeit, Energie, Geld, soziale B<strong>in</strong>dungen oder Management<br />

Kapazitäten erforderlich. Aus transaktionskostenorientierter Sichtweise besitzen diese<br />

Investitionen e<strong>in</strong>e hohe Spezifität, da es sich um „Sunk Costs“ im Falle der Auflösung der<br />

225<br />

Kooperation handelt . Unternehmen stehen daher vor e<strong>in</strong>em Trade-off zwischen<br />

kooperationsspezifischen Investitionen zur Erhöhung des Wertes der Kooperation und der<br />

Gefahr des opportunistischen Verhaltens seitens des Kooperationspartners. Verstärkt wird<br />

dieses Problem <strong>in</strong> Wissensallianzen durch das sogenannte <strong>in</strong>terorganisationale Lern-<br />

Dilemma 226 . Untersuchungen haben gezeigt, dass konkurrierende Partner häufig versuchen<br />

mehr <strong>Information</strong>en und Erkenntnisse auf Kosten des anderen Unternehmens im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er Kooperation zu lernen, als sie bereit s<strong>in</strong>d selber zu <strong>in</strong>vestieren 227 . Obwohl dieses<br />

Verhalten auf den ersten Blick <strong>in</strong>dividuell rational ersche<strong>in</strong>en mag, da die Unternehmen<br />

versuchen ihren privaten Nutzen zu erhöhen, führt dies schlussendlich zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren<br />

Lernerfolg der gesamten Allianz. Die erhofften Synergieeffekte, also der geme<strong>in</strong>same Nutzen<br />

der Kooperation, gehen dadurch verloren. So me<strong>in</strong>en beispielsweise Kumar und Nti (1998) S.<br />

3 60<br />

„We hypothesize that an alliance is likely to create more economic value and knowledge for<br />

its members as more partners adopt cooperative collaborative strategies”.<br />

Es entsteht e<strong>in</strong>e wettbewerbsähnliche Situation 228 , die sogar selbstverstärkend wirkt, da der<br />

andere Partner ebenfalls versucht, se<strong>in</strong>en persönlichen Nutzen auf Kosten des anderen zu ma-<br />

ximieren. Es handelt sich hierbei um e<strong>in</strong>e klassische Gefangenendilemma-Situation, <strong>in</strong> der die<br />

kollektive Rationalität durch die <strong>in</strong>dividuelle Rationalität verletzt wird 229 .<br />

225 Vgl. Madhok und Tallman (1998) S. 331.<br />

226 Vgl. Larsson, Bengtsson et al. (1998) S. 288.<br />

227 Vgl. Hamel (1991) S. 89.<br />

228 Vgl. Khanna, Gulati et al. (1998) S. 194, Khanna, Gulati et al. (2000) S. 781 und Larsson, Bengtsson et al.<br />

(1998) S. 288.<br />

229 Vgl. Axelrod (1995) S. 8, Locher (1991a) S. 19, Weck-Hannemann (1988) S. 185, Schenk (1995) S. 21f,<br />

Schüßler (1990) S. 5 und Mehlmann (1997) S. 30.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 71<br />

Auch Khanna, Gulati et al. (1998) weisen auf diese Problematik des Lernverhaltens <strong>in</strong> Koope-<br />

rationen h<strong>in</strong>. Sie unterscheiden zwischen privatem Nutzen (private benefits) und geme<strong>in</strong>sa-<br />

mem Nutzen (common benefits). Während sich der private Nutzen auf die Anwendung der<br />

erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse unabhängig von der Allianz bezieht, ergibt sich der<br />

geme<strong>in</strong>same Nutzen aus den Synergieeffekten der Kooperation. Allerd<strong>in</strong>gs muss der geme<strong>in</strong>-<br />

same Nutzen nicht zw<strong>in</strong>gend für beide Partner gleich se<strong>in</strong>, da letztlich der Wert der Koopera-<br />

tion zwischen den Partnern aufgeteilt wird und somit auch von der Verhandlungsmacht und<br />

möglichen Verteilungsmechanismen abhängt. Die Höhe des privaten Nutzens hängt se<strong>in</strong>er-<br />

seits von der Ähnlichkeit der Anwendungsgebiete zwischen der Allianz und den anderen<br />

Märkten des Unternehmens ab, sowie von der Aufnahmekapazität der Firmen 230 .<br />

Je mehr Möglichkeiten e<strong>in</strong>e Firma hat, das Gelernte außerhalb der Kooperation anzuwenden,<br />

desto größer ist der private Nutzen im Verhältnis zum geme<strong>in</strong>samen Nutzen. Wenn jedoch<br />

Unternehmen nur <strong>in</strong> sehr wenig anderen Märkten außerhalb der Allianz tätig ist und wenn das<br />

Aufgabengebiet der Allianz mit se<strong>in</strong>en restlichen Zielen und Märkten sehr eng beisammen<br />

liegt, dann hat das Unternehmen wenig Möglichkeiten, privaten Nutzen außerhalb der Allianz<br />

zu generieren. Die geme<strong>in</strong>samen Nutzeneffekte der Allianz werden dann den privaten Nutzen<br />

übertreffen und die Firma wird e<strong>in</strong>en hohen Anreiz haben, den Wert der Kooperation zu maximieren.<br />

Um diesen Zusammenhang zu operationalisieren, verwenden Khanna, Gulati et al.<br />

(1998) das Konzeptes des „Relative Scope“. Darunter verstehen sie<br />

„…the ratio of the scope of the alliance to the total set of markets <strong>in</strong> which the firm is acti-<br />

ve“ 231<br />

Dieses Verhältnis ist e<strong>in</strong>e Maßzahl zwischen 0 und 1. Je näher der Wert bei 0 ist, desto weniger<br />

deckt sich das Anwendungsgebiet der Allianz mit den restlichen Märkten des Unternehmens.<br />

Der private Nutzen der Allianz steigt somit im Vergleich zum geme<strong>in</strong>samen Nutzen an.<br />

Es besteht also e<strong>in</strong> enger Zusammenhang zwischen dem „Relative Scope“ und dem privaten<br />

und geme<strong>in</strong>samen Nutzen e<strong>in</strong>er Allianz. Je kle<strong>in</strong>er der „Relative Scope“ ist, desto größer ist<br />

das Verhältnis von privatem zum geme<strong>in</strong>samen Nutzen. Geht man nun davon aus, dass sich<br />

der private Nutzen schneller realisieren lässt als der geme<strong>in</strong>same, so kann es durchaus zu dem<br />

oben genannten <strong>in</strong>terorganisationalen Lerndilemma kommen. Ist beispielsweise der „Relative<br />

230 Vgl. Khanna, Gulati et al. (1998) S. 196 und Cohen und Lev<strong>in</strong>thal (1990).<br />

231 Khanna, Gulati et al. (1998) S. 195.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 72<br />

Scope“ sehr kle<strong>in</strong>, haben Unternehmen wenig Anreize noch weiter <strong>in</strong> die Allianz zu <strong>in</strong>vestie-<br />

ren. Sobald das Unternehmen se<strong>in</strong>en privaten Nutzen erreicht und alle wichtigen Informatio-<br />

nen und Fähigkeiten von se<strong>in</strong>em Partner erworben hat, ist es s<strong>in</strong>nvoll aus der Allianz auszu-<br />

steigen, wenn die Gefahr eigene Kenntnisse und Fähigkeiten an den Partner zu verlieren sehr<br />

groß und der geme<strong>in</strong>same Nutzen der Allianz ger<strong>in</strong>g ist. Dies ist vor allem dann der Fall wenn<br />

die Allianz von e<strong>in</strong>em Partner primär als Lernallianz e<strong>in</strong>gegangen wird und der geme<strong>in</strong>same<br />

Nutzen für dieses Unternehmen von Beg<strong>in</strong>n an sekundäre Bedeutung hat. Derartiges Wettbe-<br />

werbsverhalten <strong>in</strong> Allianzen führt natürlich somit dazu, dass die Kooperation beendet wird,<br />

noch lange bevor die geme<strong>in</strong>samen Synergieeffekte realisiert worden s<strong>in</strong>d 232 . Die folgende<br />

Abbildung 16 gibt e<strong>in</strong>en Überblick über dieses Modell.<br />

Relative Relative Scope<br />

Scope<br />

Private Private &<br />

&<br />

Common<br />

Common<br />

Benefits<br />

Benefits<br />

Cooperative Cooperative and<br />

and<br />

Competitive<br />

Competitive<br />

(Rac<strong>in</strong>g)<br />

(Rac<strong>in</strong>g)<br />

Behavior<br />

Behavior<br />

Abbildung 16: KGN-Modell des Interorganisationalen Lernens <strong>in</strong> Allianzen 233 .<br />

Bisher war immer nur von Allianzen oder Kooperationen die Rede, ohne näher auf deren Be-<br />

schaffenheit e<strong>in</strong>zugehen. Die möglichen Formen reichen von vertraglich festgelegten kurzfris-<br />

tigen Zusammenarbeiten, über Netzwerke, Virtuellen Organisationen bis h<strong>in</strong> zu Jo<strong>in</strong>t Ven-<br />

tures und Strategischen Allianzen. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese verschiedene Formen von Allianzen<br />

unterschiedlich gut geeignet, um <strong>Information</strong> zwischen den Partner zu transferieren. So konn-<br />

ten beispielsweise Mowery, Oxley et al. (1996) S. 87 nachweisen, dass sich „engere“ Allianz-<br />

formen wie Jo<strong>in</strong>t Ventures besser dafür eignen, um <strong>Information</strong>en auszutauschen und vom<br />

Partner zu lernen Dies ist darauf zurückzuführen, dass <strong>in</strong> stabilen Allianzformen Unterneh-<br />

men e<strong>in</strong>erseits die Möglichkeit haben, auch nicht externalisierbares Wissen mit Hilfe der So-<br />

zialisation im Rahmen der geme<strong>in</strong>samen Tätigkeiten zu erfassen und andererseits die Gefah-<br />

ren des Opportunismus ger<strong>in</strong>ger s<strong>in</strong>d. Weitere E<strong>in</strong>flussgrößen für die optimale Auswahl ge-<br />

232 Vgl. Khanna, Gulati et al. (2000) S. 782.<br />

233 Khanna, Gulati et al. (1998) S. 196.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 73<br />

eigneter Allianzformen s<strong>in</strong>d die Aufnahmekapazität der Firmen, die Komplexität der Informa-<br />

tionen, die Kodifizierbarkeit des Wissens etc. 234 .<br />

Schlussendlich hat auch der Kontext, <strong>in</strong> dem die Allianz gegründet wird, e<strong>in</strong>en wesentlichen<br />

E<strong>in</strong>fluss auf den <strong>Information</strong>stransfer und den <strong>in</strong>terorganisatorischen Lernprozess. Monge,<br />

Fulk et al. (1998) S. 413 unterscheiden vier verschiedene Allianztypen:<br />

1. Vorwettbewerbs-Allianzen:<br />

In diesen Allianzen f<strong>in</strong>det die Kooperation statt um Grundlagen für den späteren<br />

Wettbewerb zwischen den Partnern zu schaffen. Typische Beispiele s<strong>in</strong>d Forschungsprogramme<br />

<strong>in</strong> denen mehrere Firmen geme<strong>in</strong>sam neue Technologien oder Produkte<br />

entwickeln, mit denen sie später mite<strong>in</strong>ander konkurrieren. Sehr häufig f<strong>in</strong>det man<br />

derartige Kooperationen <strong>in</strong> der Elektronik oder Halbleiter Industrie 235 .<br />

2. Geme<strong>in</strong>same Wertschöpfungsallianzen:<br />

E<strong>in</strong>zelne Firmen schließen sich zusammen, um geme<strong>in</strong>sam als Team im Produktmarkt<br />

mit anderen Firmen zu konkurrieren oder um geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> besseres Service anbieten<br />

zu können.<br />

3. Wettbewerbs-Allianzen:<br />

Obwohl Firmen voll <strong>in</strong> Konkurrenz stehen, schließen sie sich zusammen, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Teilbereich zu kooperieren. E<strong>in</strong> Beispiel hierfür s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>same Schadensfall<br />

Datenbanken <strong>in</strong> der Versicherungswirtschaft 236 .<br />

4. Supply-Cha<strong>in</strong> Partnerschaften:<br />

Wie bereits angesprochen, werden immer engere Verb<strong>in</strong>dungen zwischen Lieferanten<br />

und Käufern e<strong>in</strong>gegangen, um vor allem die Transaktionskosten zwischen den Firmen<br />

zu senken und die geme<strong>in</strong>same Produktentwicklung und Qualitätssicherung zu forcieren.<br />

In allen diesen Beispielen ist das Konkurrenzverhältnis zwischen den beteiligten Allianzpartner<br />

unterschiedlich. Untersuchungen haben gezeigt, dass mit zunehmender Konkurrenz<strong>in</strong>tensität<br />

die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit des <strong>Information</strong>stransfers abnimmt 237 . Daher kann es vor allem <strong>in</strong><br />

Wettbewerbs-Allianzen zu Problemen kommen, da wichtige <strong>Information</strong>en natürlich zu e<strong>in</strong>er<br />

234 Vgl. Contractor und Ra (2002) S. 18f und Mowery, Oxley et al. (1996) S. 88.<br />

235<br />

Vgl. Hagendoorn (2002) S. 482.<br />

236<br />

Vgl. Monge, Fulk et al. (1998) S. 413.<br />

237 Vgl. Schrader (1990) S. 108.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 74<br />

Verschiebung der Wettbewerbsposition und somit e<strong>in</strong>er erhöhten Rivalität führen können 238 .<br />

Des weiteren können auch die Anwendungskonsequenzen und somit die potentiellen Nachteile<br />

e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers unterschiedlich se<strong>in</strong>. Nähere <strong>Information</strong>en dazu f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong><br />

Kapitel 3.4.1.<br />

3.3 Problemstellung des <strong>Information</strong>stransfers<br />

Der <strong>Information</strong>stransfer ist häufig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spannungsverhältnis aus Kooperation und Kon-<br />

kurrenz e<strong>in</strong>gebettet, da gerade konkurrierende Unternehmen oftmals wertvolle <strong>Information</strong>en<br />

besitzen 239 . Durch die neuen organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten entstehen immer<br />

öfter kooperative Wettbewerbsbeziehungen zwischen den Unternehmen 240 . Lieferanten, Abnehmer,<br />

Käufer und/oder Partner können zugleich auch Hauptkonkurrenten des eigenen Unternehmens<br />

se<strong>in</strong>. Derartige Beziehungen br<strong>in</strong>gen natürlich neue Probleme mit sich. Alle<strong>in</strong>e<br />

durch den bloßen Austausch von Waren oder Dienstleistungen werden die potentiellen Konkurrenten<br />

mit wertvollen <strong>Information</strong>en versorgt, welche zu e<strong>in</strong>er Verschiebung der Verhandlungsmacht<br />

oder Wettbewerbsposition führen können 241 .<br />

Gegeben der bereits angesprochenen Bedeutung von <strong>Information</strong> als Produktionsfaktor für<br />

Wissen ersche<strong>in</strong>t es fraglich, ob Unternehmen bereit s<strong>in</strong>d, sensible <strong>Information</strong>en bewusst an<br />

potentielle Konkurrenten weiterzugeben? Allgeme<strong>in</strong> betrachtet s<strong>in</strong>d sowohl positive als auch<br />

negative Effekte mit e<strong>in</strong>em unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfer verbunden. Auf<br />

der e<strong>in</strong>en Seite verliert die <strong>Information</strong> durch die Weitergabe ihren Exklusivcharakter, was<br />

sich für den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em reduzierten Gew<strong>in</strong>n- und Wettbewerbspotential<br />

auswirken kann. Auf der anderen Seite kann der <strong>Information</strong>saustausch im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er Kooperation für das e<strong>in</strong>zelne Unternehmen e<strong>in</strong>en Mehrwert schaffen, <strong>in</strong>dem<br />

beispielsweise die zusätzlichen <strong>Information</strong>en zu besseren Entscheidungen führen 242 oder<br />

neues Wissen generiert wird. Weiters entsteht durch den <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> Kooperationen<br />

e<strong>in</strong>e positive Signalwirkung, die vor allem <strong>in</strong> langfristigen Kooperationsbeziehungen zu<br />

e<strong>in</strong>er Verbesserung des Kooperationsklimas führt 243 . Aufgrund e<strong>in</strong>es erfolgten <strong>Information</strong>s-<br />

238<br />

Vgl. Dowl<strong>in</strong>g und Lechner (1998) S. 87.<br />

239<br />

Vgl. Schrader (1990) S. VII.<br />

240<br />

Vgl. Dowl<strong>in</strong>g und Lechner (1998) S. 86f.<br />

241<br />

Vgl. Dowl<strong>in</strong>g und Lechner (1998) S. 87.<br />

242<br />

Vgl. Monge, Fulk et al. (1998) S. 418.<br />

243 Vgl. Dyer (1997) S. 546.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 75<br />

transfers kann sich somit die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass der Kooperationspartner zukünftig e-<br />

benfalls wichtige <strong>Information</strong>en zur Verfügung stellt, ändern. Schrader (1990) S. 33 spricht <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang von Instrumentalität und me<strong>in</strong>t damit den subjektiven Grad des langfristigen<br />

Nutzens, den e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>sbesitzer– <strong>in</strong> Abhängigkeit von se<strong>in</strong>em eigenen Verhalten<br />

– aus der Kooperationsbeziehung ziehen kann.<br />

Zusammenfassend kommt es also zu e<strong>in</strong>er paradoxen Situation im heutigen Wettbewerbsumfeld:<br />

Auf der e<strong>in</strong>en Seite bedeuten exklusive <strong>Information</strong>svorsprünge potentielle Wettbewerbsvorteile<br />

und die Beschaffung, der exklusive Besitz und die Verarbeitung von relevanten<br />

<strong>Information</strong>en sowie deren Schutz vor unberechtigten Dritten wird zu e<strong>in</strong>er wichtigen Überlebensfrage<br />

von Organisationen. Auf der anderen Seite können sich Unternehmen aber auch<br />

Wettbewerbsvorteile gegenüber Dritten verschaffen, <strong>in</strong>dem sie mit anderen, zum Teil auch<br />

konkurrierenden Unternehmen <strong>Information</strong>en austauschen, um so langfristige Vorteile aus der<br />

Kooperation zu erzielen.<br />

Aufgrund dieser besonderen Situation ist für Firmen der Anreiz gegeben, ihre eigenen, wertvollen<br />

<strong>Information</strong>en zurückzuhalten, um mittels der <strong>Information</strong> der anderen Firmen e<strong>in</strong>en<br />

Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Unternehmen stehen daher vor der komplexen Entscheidung,<br />

entweder (sensible) <strong>Information</strong>en (meist ohne direkte Gegenleistung) weiterzugeben und<br />

sich somit opportunistischem Verhalten der Konkurrenz auszusetzen (<strong>Information</strong>sweitergabe)<br />

oder aber die eigenen wertvollen <strong>Information</strong>en zurückzuhalten und zu versuchen, von der<br />

<strong>Information</strong> der anderen zu profitieren (Trittbrettfahren) 244 . Dieses Entscheidungsproblem ist<br />

naturgemäß jenem sehr ähnlich, welches beim E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kooperation angesichts möglichen<br />

opportunistischen Verhaltens seitens des Partners besteht 245 . Formal lässt sich dieser<br />

Zusammenhang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entscheidungsbaum darstellen (vgl. Abbildung 17).<br />

244<br />

Vgl. Schrader (1990) S. 32ff und Appleyard (1996) S. 138.<br />

245<br />

Vgl. Vetschera (2004) S. 2f und Köszegi (2001) S. 51.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

• Änderung des<br />

Zusatzwertes<br />

• positive Änderung der<br />

Instrumentalität<br />

• Nutzen des<br />

<strong>Information</strong>spools<br />

steigt<br />

Trittbrettfahren<br />

• ke<strong>in</strong>e Änderung<br />

des Zusatzwertes<br />

• negative Änderung<br />

der Instrumentalität<br />

• Nutzen des<br />

<strong>Information</strong>spools<br />

bleibt gleich<br />

Kooperation<br />

p c<br />

1-p c<br />

ke<strong>in</strong>e Kooperation<br />

Verhalten des Partners<br />

Kooperation<br />

p d<br />

1-p d<br />

ke<strong>in</strong>e Kooperation<br />

Seite 76<br />

geme<strong>in</strong>samer<br />

geme<strong>in</strong>samer<br />

Kooperationsnutzen<br />

Kooperationsnutzen<br />

u(x u(x c )<br />

c )<br />

Opportunistisches<br />

Opportunistisches<br />

Verhalten Verhalten des des<br />

Partners Partners<br />

u(x u(x d )<br />

d )<br />

Eigenes Eigenes<br />

Opportunistisches<br />

Opportunistisches<br />

Verhalten Verhalten<br />

u(x u(x e )<br />

e )<br />

ke<strong>in</strong> ke<strong>in</strong><br />

Kooperationsnutzen<br />

Kooperationsnutzen<br />

u(x u(x n )<br />

n )<br />

Abbildung 17: Grundproblem des <strong>Information</strong>stransfers <strong>in</strong> Kooperationen 246 .<br />

E<strong>in</strong> Unternehmen wird für jede der beiden Handlungsalternativen e<strong>in</strong>en Nutzen-<br />

Erwartungswert bilden und dann jene Alternative auswählen, welche den höheren Nutzen-<br />

Erwartungswert aufweist. Die Höhe des Nutzen-Erwartungswertes ergibt sich aus der Ände-<br />

rung des Zusatzwertes, der Änderung der Instrumentalität sowie der subjektiven Unsicherheit<br />

bezüglich der Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Partners.<br />

Aufgrund der Überlegungen <strong>in</strong> Kapitel 2.5.2 ist es für e<strong>in</strong> Unternehmen am besten, wenn es<br />

se<strong>in</strong>e eigene <strong>Information</strong> geheim hält und zusätzlich die <strong>Information</strong> des Partners bekommt<br />

(eigenes opportunistisches Verhalten), bzw. ist es für e<strong>in</strong> Unternehmen am schlechtesten,<br />

wenn es se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en alle<strong>in</strong>e hergibt ohne e<strong>in</strong>e Gegenleistung zu bekommen (opportu-<br />

nistisches Verhalten des Partners). Gehen wir weiters davon aus, dass der gegenseitige Infor-<br />

mationsaustausch besser ist als ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>saustausch d.h. xe>xc>xn>xd und dass die<br />

Firmen über e<strong>in</strong>e streng monotone Nutzenfunktion verfügen, so ergibt sie die plausible Präfe-<br />

renzordnung <strong>in</strong> Gleichung 3-4. Generell s<strong>in</strong>d auch andere Fälle denkbar <strong>in</strong> denen der gegen-<br />

seitige <strong>Information</strong>saustausch nachteilig für beide Unternehmen ist und somit beispielsweise<br />

246 Eigene Darstellung <strong>in</strong> Anlehnung an Appleyard (1996) S. 138, Schrader (1990) S. 34, Vetschera (2004) S. 3<br />

und Köszegi (2001) S. 51.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 77<br />

gilt xe>xn>xc>xd 247 . Allerd<strong>in</strong>gs lassen sich die meisten Fällen im <strong>Information</strong>stransferent-<br />

scheidungsproblem mit Hilfe der Präferenzordnung <strong>in</strong> Gleichung 3-4 abbilden, sodass diese<br />

hier zur Illustration verwendet wird 248 .<br />

( x ) u(<br />

x ) > u(<br />

x ) u(<br />

x )<br />

u > ><br />

(Gleichung 3-4)<br />

e<br />

c<br />

n<br />

Auf den ersten Blick ersche<strong>in</strong>t es bei dieser Präferenzordnung kurzfristig durchaus s<strong>in</strong>nvoll<br />

Trittbrett zu fahren, um von den <strong>Information</strong>en der anderen zu profitieren. Wenn aber alle<br />

beteiligten Unternehmen dieser <strong>in</strong>dividuellen Rationalität folgen, führt dies mittelfristig zum<br />

Zusammenbruch der Kooperation. Der Erfolg der Kooperation hängt also wesentlich von der<br />

Bereitschaft e<strong>in</strong>zelner Unternehmen ab, kurzfristige (opportunistische) Chancen gegen (mög-<br />

liche) langfristige kollektive Wettbewerbsvorteile zu tauschen 249 .<br />

Die Möglichkeit langfristige Wettbewerbsvorteile zu realisieren ist dann gegeben, wenn die<br />

Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Partners langfristig auch vom eigenen Verhalten ab-<br />

hängt, d.h. die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Partners größer ist, wenn man selber<br />

kooperiert hat. Formal ausgedrückt muss gelten<br />

p > p<br />

(Gleichung 3-5)<br />

c<br />

d<br />

Ist die Gleichung 3-5 nicht erfüllt, existiert für die Präferenzordnung <strong>in</strong> Gleichung 3-4 e<strong>in</strong>e<br />

dom<strong>in</strong>ante Strategie und somit die triviale Lösung „ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer“ für dieses Ent-<br />

scheidungsproblem.<br />

Gleichung 3-4 entspricht genau dem Verhältnis der Auszahlungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gefangenendi-<br />

lemma-Situation 250 . Die zweite konstituierende Voraussetzung für das Vorliegen e<strong>in</strong>er Gefan-<br />

genendilemma-Situation ist die Forderung nach der kollektiven Rationalität der Kooperation,<br />

247 Für e<strong>in</strong>e ausführlicher Diskussion der anderen Fälle siehe Kapitel 4.1.<br />

248 Vorraussetzung ist, dass der Zusatzwert der <strong>Information</strong> nicht größer ist als deren Grundwert Für e<strong>in</strong>e genaue<br />

Erläuterung dieser beiden Begriffe siehe Kapitel 3.4.1.<br />

249 Vgl. Monge, Fulk et al. (1998) S. 419.<br />

250 Vgl. Axelrod (1995) S. 9, Locher (1991a) S. 20 und Schrader (1990) S. 23.<br />

d


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 78<br />

d.h. der Nutzen bei wechselseitiger Ausnützung 251 der Partner ist ger<strong>in</strong>ger als der Nutzen der<br />

beiderseitigen Kooperation. Formal ausgedrückt muss gelten 252<br />

( x ) > u(<br />

x ) u(<br />

x )<br />

2 u +<br />

(Gleichung 3-6)<br />

c<br />

e<br />

d<br />

Gerade im Falle e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>stransferentscheidung kann man davon ausgehen, dass man<br />

bei gegenseitiger Kooperation mehr vom anderen Partner lernt, als man langfristig mittels<br />

opportunistischen Verhaltens erreichen kann 253 . Es ersche<strong>in</strong>t also naheliegend, das Problem<br />

des <strong>Information</strong>stransfers <strong>in</strong> Analogie zu e<strong>in</strong>er Gefangenendilemma-Situation zu untersuchen.<br />

3.4 E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die Transferentscheidung<br />

In der Literatur f<strong>in</strong>det sich bereits e<strong>in</strong>e Vielzahl von E<strong>in</strong>flussfaktoren, welche die oben be-<br />

schriebene Transferentscheidung bee<strong>in</strong>flussen. E<strong>in</strong> Teil dieser E<strong>in</strong>flussfaktoren wurde <strong>in</strong>zwi-<br />

schen mittels empirischer Studien überprüft. Als die wohl wichtigsten Arbeiten <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich können die empirischen Untersuchungen von von Hippel (1988) und Schrader (1990)<br />

betrachtet werden. Vor allem Schrader (1990) hat den E<strong>in</strong>fluss vieler wesentlicher Faktoren<br />

empirisch nachgewiesen. Andere E<strong>in</strong>flussfaktoren s<strong>in</strong>d zwar empirisch teilweise noch nicht<br />

überprüft, lassen sich aber aus der Theorie und Literatur ableiten. Der folgende Abschnitt gibt<br />

daher e<strong>in</strong>en wesentlichen Überblick über die wichtigsten E<strong>in</strong>flussfaktoren <strong>in</strong> der Literatur.<br />

3.4.1 Änderung des <strong>Information</strong>swertes<br />

Jede <strong>Information</strong> besitzt e<strong>in</strong>en bestimmten, <strong>in</strong>dividuellen Wert für e<strong>in</strong> Unternehmen. Dieser<br />

<strong>Information</strong>swert ergibt sich beispielsweise dadurch, dass Unternehmen mittels der Informa-<br />

tionen bessere Entscheidungen treffen können oder neues Wissen generieren, welches mögli-<br />

cherweise zu e<strong>in</strong>em Wettbewerbsvorteil und somit höheren Gew<strong>in</strong>nen führt 254 . Der Wert ent-<br />

spricht also im wesentlichen dem Wissenspotential der <strong>Information</strong>. Durch e<strong>in</strong>en möglichen<br />

<strong>Information</strong>stransfer kann sich dieser <strong>Information</strong>swert allerd<strong>in</strong>gs verändern.<br />

251 D.h. <strong>in</strong> 50% der Fälle defektiert der e<strong>in</strong>e Partner und <strong>in</strong> den anderen 50% der Fälle defektiert der andere Part-<br />

ner.<br />

252 Vgl. Schrader (1990) S. 23 und Axelrod (1995) S. 9.<br />

253 Vgl. Kumar und Nti (1998) S. 60.<br />

254 Vgl. beispielsweise Kapitel 2.5.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 79<br />

In Analogie zu von Hippel (1988) S. 85 kann man den <strong>Information</strong>swert IW <strong>in</strong> zwei verschie-<br />

dene Komponenten zerlegen: den Grundwert und den Zusatzwert. Der Grundwert IW ba ist<br />

jener Wert der <strong>Information</strong>, den e<strong>in</strong>e Firma auch nach e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer noch be-<br />

sitzt, wenn die <strong>Information</strong> den Charakter e<strong>in</strong>es öffentlichen Gutes aufweist 255 . Der Zusatz-<br />

wert IW ex ist e<strong>in</strong> potentieller Wert, den e<strong>in</strong>e Firma zusätzlich zum Grundwert realisieren kann,<br />

solange sie e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>smonopol besitzt. Der Zusatzwert ergibt sich also aus dem Infor-<br />

mationsvorsprung des Unternehmens. Gel<strong>in</strong>gt es e<strong>in</strong>em Unternehmen beispielsweise mittels<br />

e<strong>in</strong>es neu entwickelten Produktionsverfahrens e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges <strong>in</strong>novatives Produkt auf den<br />

Markt zu br<strong>in</strong>gen, kann es mit diesem Produkt Monopolgew<strong>in</strong>ne erzielen. Gibt das Unter-<br />

nehmen die <strong>Information</strong>en über das neue Produktionsverfahren aber an se<strong>in</strong>e Konkurrenten<br />

weiter, würde es wahrsche<strong>in</strong>lich sehr bald se<strong>in</strong>e Monopolgew<strong>in</strong>ne verlieren, da sukzessive<br />

ähnliche Produkte auf den Markt kommen würden. Die <strong>Information</strong> über das neue Produkti-<br />

onsverfahren besitzt somit e<strong>in</strong>en hohen Zusatzwert. Damit dieser erhalten bleibt, versuchen<br />

die Unternehmen den Zusatzwert mittels Patenten, Lizenzen oder anderen Mechanismen zu<br />

schützen 256 . Im Gegensatz dazu bleibt der Grundwert der <strong>Information</strong> auch trotz e<strong>in</strong>es Infor-<br />

mationstransfers erhalten. So kann das Unternehmen selbst nach e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer<br />

das Produkt weiterh<strong>in</strong> mit dem neuen Produktionsverfahren produzieren und normale Gew<strong>in</strong>-<br />

ne damit erzielen. Allerd<strong>in</strong>gs hat es dann die Möglichkeit, den <strong>Information</strong>svorsprung exklu-<br />

siv zu nutzen, verloren. Formal kann man diesen Zusammenhang folgendermaßen anschrei-<br />

ben<br />

IW +<br />

ba ex<br />

= IW IW<br />

(Gleichung 3-7)<br />

Nicht jede <strong>Information</strong> muss allerd<strong>in</strong>gs zwangsweise e<strong>in</strong>en Zusatzwert aufweisen. So besitzen<br />

beispielsweise öffentlich bekannte <strong>Information</strong>en ke<strong>in</strong>en realisierbaren Zusatzwert, da ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>smonopol mehr besteht 257 . Dennoch können Unternehmen aber auch mit öffentli-<br />

chen <strong>Information</strong>en neues Wissen generieren, welches anderen Firmen nicht zur Verfügung<br />

steht. Wie wir bereits <strong>in</strong> Kapitel 2.3 gesehen haben, spielen die bestehende Wissensbasis und<br />

organisationale Aufnahmekapazität für die <strong>Information</strong>sselektion, -<strong>in</strong>terpretation und -<br />

255 Vgl. von Hippel (1988) S. 85, Schrader (1990) S. 25 und Löbbecke, Van Fenema et al. (1999) S. 17.<br />

256 Vgl. Appleyard (1996) S. 138.<br />

257 In weiterer Folge werden daher öffentliche <strong>Information</strong>en als <strong>Information</strong>en def<strong>in</strong>iert, welche nur mehr über<br />

e<strong>in</strong>en Grundwert verfügen d.h. IW=IW ba .


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 80<br />

verarbeitung e<strong>in</strong>e wichtige Rolle 258 . Somit ist es durchaus denkbar, dass manche Unterneh-<br />

men nicht <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, bestimmte <strong>Information</strong>en zu nutzen, während andere Unterneh-<br />

men mit den gleichen <strong>Information</strong>en nachhaltige Wettbewerbsvorteile generieren können.<br />

Daher s<strong>in</strong>d sowohl der Grundwert als auch der Zusatzwert <strong>in</strong>dividuelle Größen, die je nach<br />

Unternehmen e<strong>in</strong>e unterschiedliche Höhe aufweisen.<br />

Um die Höhe des <strong>Information</strong>swertes zu ermitteln, schlägt Schrader (1990) S. 35 vor den<br />

Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Unternehmens vor und nach erfolgtem <strong>Information</strong>stransfer zu bestimmen und<br />

die Differenz als transfer<strong>in</strong>itiierte Änderung des <strong>Information</strong>swertes zu betrachten. Diese<br />

Vorgehensweise beruht im wesentlichen auf dem Ansatz zur <strong>Information</strong>swertbestimmung,<br />

wie sie im Rahmen der Entscheidungstheorie <strong>in</strong> Kapitel 2.5.1 verwendet wurde. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

reicht der bloße Besitz der <strong>Information</strong> nicht aus, um e<strong>in</strong>en Wert für das Unternehmen zu generieren.<br />

So me<strong>in</strong>en Picot, Reichwald et al. (2001) S. 446:<br />

„<strong>Information</strong>en als Produktionsfaktor haben ke<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sischen Wert. Der Wert entsteht erst<br />

durch die Transformation <strong>in</strong> Wissen und die Anwendung dieses Wissens im Unternehmen“<br />

Daraus folgt, dass letztlich <strong>Information</strong> nur e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil und somit Wert schafft,<br />

wenn sie anwendungsbezogen und bewusst e<strong>in</strong>gesetzt wird.<br />

Durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer kann es nun zu e<strong>in</strong>er Veränderung der Wissensbasen und<br />

somit zu e<strong>in</strong>er Verschiebung der Wettbewerbsfähigkeit kommen. Daher besteht e<strong>in</strong> enger<br />

Zusammenhang zwischen den positiven oder negativen Auswirkungen, der durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer<br />

ermöglichten Handlungen und dem Zusatzwert der transferierten <strong>Information</strong><br />

(vgl. Abbildung 18).<br />

258 Vgl. das z. B. das Konzept der Aufnahmekapazität nach Cohen und Lev<strong>in</strong>thal (1990).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

<strong>Information</strong>s<strong>Information</strong>stransfertransfer<br />

durch durch A<br />

A<br />

<strong>Information</strong>s<strong>Information</strong>szuwachszuwachs<br />

bei bei<br />

B<br />

B<br />

Filterfunktion der<br />

Wissensbasis und<br />

Aufnahmekapazität<br />

Verlust des Zusatzwertes IWex Verlust des des Zusatzwertes IWex Verlust des Zusatzwertes IWex<br />

Interpretation<br />

der<br />

<strong>Information</strong><br />

Reaktion<br />

Reaktion<br />

von von A<br />

A<br />

<strong>in</strong>direkter Effekt<br />

WissensWissensgenerierunggenerierung<br />

und und Handlung<br />

Handlung<br />

von von B<br />

B<br />

direkter Effekt<br />

Feedbackschleife<br />

Abbildung 18: Änderung des <strong>Information</strong>swertes 259 .<br />

Reduzierung<br />

Reduzierung<br />

des des Gew<strong>in</strong>nGew<strong>in</strong>nundundWettbewerbsWettbewerbspotentialspotentials<br />

von von A<br />

A<br />

NRI<br />

Änderung Änderung des des<br />

Gew<strong>in</strong>n- Gew<strong>in</strong>n- und und<br />

WettbewerbsWettbewerbspotentialspotentials<br />

von von<br />

B<br />

B<br />

Seite 81<br />

Angenommen Unternehmen A ist im exklusiven Besitz e<strong>in</strong>er wichtige <strong>Information</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />

hohen Wissenspotential, wie z.B. <strong>Information</strong>en über e<strong>in</strong> neues Produktionsverfahren. Indem<br />

A nun e<strong>in</strong> <strong>in</strong>novatives Produkt auf den Markt br<strong>in</strong>gt, erlangt es e<strong>in</strong>e Monopolstellung. Wird<br />

diese <strong>Information</strong> an Unternehmen B weitergegeben, kommt es vorerst nur zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Information</strong>szuwachs bei B. In Abhängigkeit von der bestehenden organisationalen<br />

Wissensbasis und der Aufnahmekapazität besitzt die transferierte <strong>Information</strong> e<strong>in</strong> mehr oder<br />

weniger hohes Wissenspotential für B 260 . Beide Faktoren wirken also gleichsam als Filter bei<br />

der Bewertung und Interpretation der erhaltenen <strong>Information</strong>en. Je höher das<br />

Wissenspotential der <strong>Information</strong> ist und je besser sich die neuen <strong>Information</strong>en mit der<br />

bestehenden organisationalen Wissensbasis vernetzen lassen, desto größer ist der Nutzen der<br />

neuen <strong>Information</strong>en für Unternehmen B. Im Regelfall wirkt sich der Nutzen der neuen<br />

<strong>Information</strong>en positiv auf den Gew<strong>in</strong>n von B aus. In unserem Beispiel kann B mittels der<br />

<strong>Information</strong> von A das neue Produktionsverfahren ebenfalls implementieren und e<strong>in</strong> ähnliches<br />

Produkt auf den Markt br<strong>in</strong>gen. Dadurch steigt auch der Gew<strong>in</strong>n von B an.<br />

259 Erweiterung <strong>in</strong> Anlehnung an Schrader (1990) S. 37.<br />

260 Vgl. Kapitel 2.3.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 82<br />

Die bisherigen Überlegungen unseres Beispiels waren bis jetzt mit ke<strong>in</strong>erlei Nachteilen für<br />

Unternehmen A verbunden. Grundsätzlich ist es für Firma A nämlich egal, wie sich der Gew<strong>in</strong>n<br />

bei B aufgrund des <strong>Information</strong>stransfers verändert. Wirklich relevant s<strong>in</strong>d für den <strong>Information</strong>sbesitzer<br />

letztlich nur die Auswirkungen auf se<strong>in</strong>en eigenen Gew<strong>in</strong>n 261 . Allerd<strong>in</strong>gs<br />

können die transfer<strong>in</strong>itiierten Handlungen der Firma B auch dann direkte und <strong>in</strong>direkte Konsequenzen<br />

für das Unternehmen A haben, wenn B nicht die Absicht A zu schaden. So kann<br />

beispielsweise die Implementierung des neuen Produktionsverfahrens bei B als direkter Effekt<br />

des <strong>Information</strong>stransfers zum Verlust der Monopolstellung von Firma A führen. Andererseits<br />

kann Unternehmen A se<strong>in</strong>erseits auf die Produktneue<strong>in</strong>fühung von B reagieren und z.B. se<strong>in</strong>e<br />

eigenen Preise senken. Dadurch kommt es <strong>in</strong>direkt zu e<strong>in</strong>em Gew<strong>in</strong>nrückgang bei A als Folge<br />

der Reaktion auf die Handlungen von B. Beide Effekte treten aber als Resultat des erfolgten<br />

<strong>Information</strong>stransfers und dem dadurch erweiterten Handlungsspielraum bei Firma B e<strong>in</strong>.<br />

Langfristig wäre es des weiteren auch denkbar, dass B mit se<strong>in</strong>em erhöhten Gew<strong>in</strong>n Maßnahmen<br />

f<strong>in</strong>anziert, die negative Konsequenzen für A aufweisen und die ohne diesen zusätzlichen<br />

Gew<strong>in</strong>n nie f<strong>in</strong>anziert worden wären. Löbbecke, Van Fenema et al. (1999) S. 18 sprechen<br />

<strong>in</strong> diesem Zusammenhang vom sogenannten „Negative Reverse Impact (NRI)“ und<br />

me<strong>in</strong>en damit sämtliche von Unternehmen B bewusst <strong>in</strong>itiierten negativen Konsequenzen,<br />

welche sich für den <strong>Information</strong>sbesitzer <strong>in</strong>folge des <strong>Information</strong>stransfers ergeben. Der NRI<br />

umfasst daher alle mit Hilfe der transfer<strong>in</strong>itiierten Gew<strong>in</strong>nsteigerung f<strong>in</strong>anzierten Handlungen,<br />

welche Firma B absichtlich durchführt, um Firma A zu schaden. Dieser NRI steht damit<br />

<strong>in</strong> unmittelbarem Zusammenhang mit dem opportunistischen Verhaltens des <strong>Information</strong>sempfängers.<br />

Zusammenfassend kann der Zusatzwert daher als die Vermeidung e<strong>in</strong>es potentiellen Nach-<br />

teils, der aufgrund e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers beim ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer<br />

entsteht, def<strong>in</strong>iert werden. Insgesamt setzt sich die Höhe des Zusatzwertes aus den direkten<br />

und <strong>in</strong>direkten Effekten sowie dem NRI zusammen (vgl. Abbildung 19).<br />

261 Vgl. Schrader (1990) S. 37.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

NRI<br />

Indirekte Effekte IWex Direkte Effekte<br />

Abbildung 19: Zusammensetzung des Zusatzwertes 262 .<br />

Seite 83<br />

Umgekehrt kann der Zusatzwert auch als zusätzliches, maximales Gew<strong>in</strong>npotential e<strong>in</strong>es Un-<br />

ternehmens aufgrund von <strong>Information</strong>svorsprüngen gesehen werden. Allerd<strong>in</strong>gs muss der<br />

realisierte Gew<strong>in</strong>n im Falle e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>smonopols nicht völlig mit diesem Gew<strong>in</strong>npo-<br />

tential übere<strong>in</strong>stimmen, da auch noch andere Faktoren, wie z.B. die Umweltentwicklung, e<strong>in</strong>e<br />

Rolle spielen. Darüber h<strong>in</strong>aus muss durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer auch nicht zwangsweise<br />

der gesamte Zusatzwert verloren gehen, da Unternehmen B nicht gezwungen ist, bestimmte<br />

Handlungen zu setzen. E<strong>in</strong>e transfer<strong>in</strong>itiierte Änderung des <strong>Information</strong>swertes ∆IW ist aber<br />

letztlich immer mit e<strong>in</strong>em (Teil)Verlust dieses Zusatzwertes gleichzusetzen:<br />

ex<br />

∆ IW ≤ IW<br />

(Gleichung 3-8)<br />

Obwohl <strong>in</strong> allen bisherigen Ausführungen immer von den negativen Konsequenzen e<strong>in</strong>es In-<br />

formationstransfers die Rede war, kommt es <strong>in</strong> der Praxis auch sehr häufig vor, dass Informa-<br />

tionen erst an Wert gew<strong>in</strong>nen, wenn sie publik gemacht werden. E<strong>in</strong> typisches Beispiel s<strong>in</strong>d<br />

Werbemittel, welche erst durch ihre Verbreitung wahren Wert erlangen. In diesem Fall be-<br />

steht e<strong>in</strong> negativer Zusatzwert, der durch die Verbreitung der <strong>Information</strong> wegfällt.<br />

Die Höhe des Zusatzwertes hängt von e<strong>in</strong>igen bestimmten E<strong>in</strong>flussfaktoren ab. Je mehr alter-<br />

native <strong>Information</strong>squellen e<strong>in</strong> möglicher <strong>Information</strong>sempfänger besitzt, desto ger<strong>in</strong>ger ist<br />

das Gew<strong>in</strong>npotential der <strong>Information</strong> 263 . Besitzt der <strong>Information</strong>sempfänger nämlich alterna-<br />

tive <strong>Information</strong>squellen, so kann er die <strong>Information</strong> anderwärtig erwerben, und das Gew<strong>in</strong>n-<br />

potential für den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer ist bestenfalls zeitlich befristet. Nur<br />

wenn es e<strong>in</strong>em Unternehmen daher wirklich gel<strong>in</strong>gt, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en mittels Schutzme-<br />

262 Eigenerstellung.<br />

263 Vgl. Schrader (1990) S. 45.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 84<br />

chanismen oder Geheimhaltung zu schützen, kann von e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>smonopol die Rede<br />

se<strong>in</strong>. Die Höhe des Zusatzwertes hängt damit also wesentlich von der Zeitdauer 264 und den<br />

<strong>Information</strong>sbeschaffungskosten ab. Je kürzer der <strong>Information</strong>svorsprung zeitlich aufrechter-<br />

halten werden kann und je ger<strong>in</strong>ger die alternativen <strong>Information</strong>sbeschaffungskosten der an-<br />

deren s<strong>in</strong>d, desto kle<strong>in</strong>er ist der Zusatzwert der <strong>Information</strong>.<br />

Zwei weitere wichtige E<strong>in</strong>flussfaktoren s<strong>in</strong>d die Konkurrenz<strong>in</strong>tensität sowie die Aufnahme-<br />

kapazität. Beide E<strong>in</strong>flussfaktoren stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engen Verhältnis zue<strong>in</strong>ander und können<br />

nicht isoliert betrachtet werden. Für die Höhe des Zusatzwertes ist nur der E<strong>in</strong>fluss der Hand-<br />

lungen des <strong>Information</strong>sempfängers auf den Gew<strong>in</strong>n des ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzers<br />

relevant. Obwohl das <strong>Information</strong>smonopol verloren geht, kommt es daher zu ke<strong>in</strong>er Ände-<br />

rung des <strong>Information</strong>swertes, wenn die <strong>Information</strong> an e<strong>in</strong> nicht konkurrierendes Unterneh-<br />

men transferiert wird, dessen Handlungen <strong>in</strong> weiterer Folge auch ke<strong>in</strong>erlei E<strong>in</strong>fluss auf den<br />

Gew<strong>in</strong>n des ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzers haben 265 . Mit zunehmender Konkurrenz<strong>in</strong>-<br />

tensität steigt allerd<strong>in</strong>gs die Gefahr negativer Konsequenzen für das eigene Unternehmen an.<br />

Konkurrierende Firmen stellen nämlich häufig ähnliche Produkte her bzw. operieren <strong>in</strong> den<br />

gleichen Marktsegmenten, wodurch sie sich auch mit ähnlichen Problemen und Herausforde-<br />

rungen beschäftigen 266 . Somit besitzen diese Firmen – zum<strong>in</strong>dest für branchenspezifische<br />

<strong>Information</strong>en –e<strong>in</strong>e größere Aufnahmekapazität, als dies bei nicht konkurrierenden Firmen<br />

der Fall ist 267 . In weiterer Folge s<strong>in</strong>d konkurrierende Unternehmen auch besser <strong>in</strong> der Lage,<br />

anhand der transferierten <strong>Information</strong>en eigenständig neues Wissen zu generieren und Hand-<br />

lungen zu setzen, die sich negativ auf den Gew<strong>in</strong>n des ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzers<br />

auswirken.<br />

264 Vgl. Schrader (1990) S. 45.<br />

265<br />

Dies bedeutet ∆IW<br />

= 0 . Allerd<strong>in</strong>gs kann es selbstverständlich passieren, dass die transferierte <strong>Information</strong> <strong>in</strong><br />

weitere Folge über Umwege an mögliche Konkurrenten gelangt und dann der Verlust des gesamten Exklusiv-<br />

wertes e<strong>in</strong>tritt.<br />

266 Vgl. von Hippel (1988) S. 76f und Tsai (2002) S. 182.<br />

267 Vgl. Cohen und Lev<strong>in</strong>thal (1990) S. 135.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 85<br />

3.4.2 Änderung der Instrumentalität<br />

<strong>Information</strong>stransfers, welche im Rahmen von Kooperationen stattf<strong>in</strong>den, s<strong>in</strong>d immer Be-<br />

standteil e<strong>in</strong>er längerfristigen Austauschbeziehung. <strong>Information</strong>en werden also nicht nur e<strong>in</strong>-<br />

malig vom <strong>Information</strong>sbesitzer an e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>sempfänger transferiert, sondern es f<strong>in</strong>-<br />

det e<strong>in</strong> wiederholter <strong>Information</strong>saustausch zwischen den Kooperationspartnern statt. Es liegt<br />

daher die Vermutung nahe, dass e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>sempfänger den Erhalt wichtiger Informatio-<br />

nen mit e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>erseitigen <strong>Information</strong>sweitergabe an den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesit-<br />

zer honoriert 268 . Schrader (1990) S. 47 spricht <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von der Instrumenta-<br />

lität der <strong>in</strong>formationellen Austauschbeziehung. Darunter versteht er den<br />

„...Grad, zu dem e<strong>in</strong> Austauschpartner me<strong>in</strong>t, langfristig <strong>in</strong>formationellen Nutzen aus der<br />

Beziehung zu ziehen...“ 269 .<br />

Die Instrumentalität impliziert e<strong>in</strong>en langfristigen Nutzen des <strong>Information</strong>stransfers für beide<br />

Partner. Transferiert e<strong>in</strong> Partner wichtige <strong>Information</strong>en an den anderen, so erwartet er sich<br />

e<strong>in</strong>e Gegenleistung, selbst wenn diese nicht explizit zwischen den beiden vere<strong>in</strong>bart wurde.<br />

Diese Erwartungshaltung geht e<strong>in</strong>erseits auf die Entstehung kooperativen Verhaltens bei wiederholten<br />

Interaktionen 270 und andererseits auf die sogenannte Reziprozitätsnorm zurück,<br />

welche <strong>in</strong> allen Kulturen universelle Gültigkeit besitzt 271 .<br />

Obwohl die Gefahr des Trittbrettfahrens besteht, spielt die Reziprozität <strong>in</strong> vielen Bereichen<br />

unseres täglichen Lebens e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Viele Leute spenden Blut, weil sie darauf vertrauen,<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>e Bluttransfusion zu erhalten, wenn sie verletzt s<strong>in</strong>d. Nachbarn helfen<br />

e<strong>in</strong>ander und passen z.B. gegenseitig auf die K<strong>in</strong>der auf, und häufig kommt es vor, dass e<strong>in</strong>e<br />

Person e<strong>in</strong>e Lokalrunde ausgibt und <strong>in</strong>direkt darauf vertraut, im Gegenzug von den anderen<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>geladen zu werden 272 . Reziprokes Verhalten setzt somit e<strong>in</strong> gewisses M<strong>in</strong>dest-<br />

268<br />

Vgl. Schrader (1990) S. 47.<br />

269<br />

Schrader (1990) S. 47.<br />

270<br />

Da die Entstehung von kooperativen Verhalten bei wiederholten Interaktionen ausführlich <strong>in</strong> Kapitel 4.6<br />

behandelt wird, wird hier nicht näher darauf e<strong>in</strong>gegangen. Für mehr <strong>Information</strong>en sei auch auf die e<strong>in</strong>schlägige<br />

Literatur bei Axelrod (1995), Schüßler (1990), Schenk (1995) etc. verwiesen.<br />

271<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 128.<br />

272 Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 128 und Borcherd<strong>in</strong>g und Filson (2002) S. 238.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 86<br />

maß an Vertrauen <strong>in</strong> die Dankbarkeit und Reziprozitätsbereitschaft des Nutznießers voraus 273 .<br />

Durch die moralische Verpflichtung, entgegengebrachtes Vertrauen nicht zu enttäuschen,<br />

wird der Mechanismus der Fremdkontrolle mit der Eigenkontrolle ersetzt, und Vertrauen er-<br />

füllt e<strong>in</strong>e verhaltenssteuernde Eigenschaft 274 .<br />

Aber auch im wirtschaftlichen Kontext wird reziprokes Verhalten außerhalb vertraglicher<br />

Vere<strong>in</strong>barungen immer wieder beobachtet 275 . Fehr und Fischbacher (2002) S. C2f def<strong>in</strong>ieren<br />

die Reziprozitätsnorm im ökonomischen Kontext folgendermaßen:<br />

„A reciprocal <strong>in</strong>dividual responds to actions that are perceived to be k<strong>in</strong>d <strong>in</strong> a k<strong>in</strong>d manner,<br />

an d to actions that are perceived to be hostile <strong>in</strong> a hostile manner. Whether an action is perceived<br />

as k<strong>in</strong>d or hostile depends on the fairness or unfairness of the consequences and the<br />

<strong>in</strong>tention associated with the action. … It is important to emphasise that reciprocity is not<br />

driven by the expectation of future material benefit.”<br />

Im S<strong>in</strong>ne dieser Def<strong>in</strong>ition unterscheidet sich reziprokes Verhalten e<strong>in</strong>deutig von re<strong>in</strong>em altruistischen<br />

Verhalten oder kooperativen Verhalten <strong>in</strong> wiederholten Interaktionen, da dieses<br />

Verhalten nicht bed<strong>in</strong>gungslos erfolgt bzw. ke<strong>in</strong>e zukünftigen materiellen Vorteile erfordert<br />

276 . Für Firmen bedeutet dies, dass auch <strong>in</strong> Fällen <strong>in</strong> denen es zu e<strong>in</strong>em ständigen Wechsel<br />

der <strong>in</strong>teragierenden Personen kommt und somit ke<strong>in</strong>e mehrmalige Interaktion zwischen gleichen<br />

Personen stattf<strong>in</strong>det – wie dies häufig auf verschiedenen Ebenen und Abteilungen bei<br />

unternehmensübergreifenden Allianzen der Fall ist – die Instrumentalität der Austauschbeziehung<br />

hoch se<strong>in</strong> kann.<br />

Im menschlichen Zusammenleben ist der gegenseitige <strong>Information</strong>saustausch e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Manifestation reziproken Verhaltens, der e<strong>in</strong>e gewisse Intention signalisiert. Häufig ist die<br />

Weitergabe von <strong>Information</strong>en mit ger<strong>in</strong>gen Kosten für den <strong>Information</strong>sbesitzer verbunden,<br />

erzeugt aber oft e<strong>in</strong>en erheblichen Nutzen beim <strong>Information</strong>sempfänger. Ist allerd<strong>in</strong>gs der<br />

Zusatzwert der <strong>Information</strong> sehr hoch, wird der <strong>Information</strong>sbesitzer wahrsche<strong>in</strong>lich die <strong>Information</strong><br />

eher zurückhalten und nicht transferieren. E<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer lohnt sich <strong>in</strong><br />

273<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 128.<br />

274<br />

Vgl. Köszegi (2001) S. 44.<br />

275<br />

Vgl. von Hippel (1988) S. 77ff und Fehr und Schmidt (2002) S. 247ff.<br />

276 Vgl. Fehr und Gächter (2000) S. 160ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 87<br />

diesem Fall nur dann, wenn die Instrumentalität der Austauschbeziehung sehr hoch ist, d.h.<br />

wenn sich der ursprüngliche <strong>Information</strong>sbesitzer im Gegenzug ebenfalls wichtige <strong>Information</strong>en<br />

erhoffen kann. Allerd<strong>in</strong>gs erfordert diese gegenseitige Austauschbeziehung e<strong>in</strong> besonderes<br />

Maß an Vertrauen, da durch e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>seitigen <strong>Information</strong>stransfer e<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>sasymmetrie<br />

zwischen den beiden Partnern entsteht. Der <strong>Information</strong>sbesitzer verliert nämlich<br />

durch den Transfer möglicherweise se<strong>in</strong>en Zusatzwert, und der <strong>Information</strong>sempfänger besitzt<br />

nun neben se<strong>in</strong>en eigenen exklusiven <strong>Information</strong>en zusätzlich die neue <strong>Information</strong>. Er ist<br />

daher im Vorteil.<br />

Bereits Akerlof (1970) hat die möglichen Auswirkungen von <strong>Information</strong>sasymmetrien anhand<br />

des Beispiels e<strong>in</strong>es Gebrauchtwagenkaufs aufgezeigt. Dadurch, dass der Verkäufer über<br />

den tatsächlichen Zustand des Gebrauchtwagens <strong>in</strong>formiert ist, hat er die Möglichkeit, die<br />

Autos mit schlechter Qualität (Lemons) zu überhöhten Preisen zu verkaufen. Er kann sich<br />

also opportunistisch verhalten. Der Käufer h<strong>in</strong>gegen kennt die Qualität der Autos nicht und ist<br />

somit den Aussagen des Händlers ausgeliefert Der Autokauf ist für ihn mit e<strong>in</strong>er gewissen<br />

Unsicherheit behaftet. <strong>Information</strong>sasymmetrien ermöglichen also e<strong>in</strong>er Person, sich – aufgrund<br />

des <strong>Information</strong>svorsprunges – opportunistisch zu verhalten, und bewirken damit Unsicherheit<br />

beim Gegenüber. Auch im Falle e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfer entsteht für den <strong>Information</strong>sempfänger<br />

e<strong>in</strong>e Wahlmöglichkeit zwischen opportunistischem Verhalten oder e<strong>in</strong>er Gegenleistung.<br />

Er kann entweder die erhaltene <strong>Information</strong> für sich nützen und mit se<strong>in</strong>er eigenen<br />

exklusiven <strong>Information</strong> verwenden (Trittbrettfahren) oder er revanchiert sich und gibt<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>en Teil se<strong>in</strong>er exklusiven <strong>Information</strong>en bekannt (Kooperation). Der ursprüngliche<br />

<strong>Information</strong>sbesitzer sieht sich demnach e<strong>in</strong>er gewissen Unsicherheit bezüglich des Verhaltens<br />

des <strong>Information</strong>sempfängers gegenüber.<br />

E<strong>in</strong>e Möglichkeit, um diese Unsicherheit zu überw<strong>in</strong>den, ist der Aufbau von persönlichem<br />

Vertrauen zwischen den beiden Partnern 277 . Dieses persönliche Vertrauen benötigt aber meist<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Zeit, um zu wachsen. Daher s<strong>in</strong>d für die Instrumentalität e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>formationellen<br />

Austauschbeziehung, das Alter und die Dauer der erfolgreichen Kooperation natürlich wichtige<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren 278 .<br />

277<br />

Vgl. Köszegi (2001) S. 50.<br />

278<br />

Vgl. Schrader (1990) S. 97.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 88<br />

Allgeme<strong>in</strong> gesprochen kann die Instrumentalität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Inhalts- und e<strong>in</strong>e Wertkomponente<br />

zerlegt werden 279 . Die Inhaltskomponente gibt an welche <strong>Information</strong>en I1,I2,...IN von Infor-<br />

mationsempfänger B überhaupt an den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer A retourniert<br />

werden können. Sie bezeichnet den gesamten <strong>Information</strong>spool IP ( I I , I ,..., I )<br />

B<br />

1 , 2 3 N des In-<br />

formationsempfängers B, der dem ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer A unbekannt ist, aber<br />

für ihn von Bedeutung se<strong>in</strong> könnte. Die Bedeutung, der im <strong>Information</strong>spool enthaltenen In-<br />

formation, wird durch die Wertkomponente WA(IPi) bestimmt 280 . Wie wir bereits <strong>in</strong> Kapitel<br />

3.4.1 gesehen haben, entsteht durch den bloßen Besitz der <strong>Information</strong> noch ke<strong>in</strong> Wert. Viel-<br />

mehr muss die <strong>Information</strong> zuerst selektiert, <strong>in</strong>terpretiert und gegebenenfalls <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Handlung<br />

umgewandelt werden. Der potentielle Wert der <strong>Information</strong>en von B hängt also wesentlich<br />

von der Filterfunktion WA(.), der Wissensbasis und der Aufnahmekapazität von A ab. Ten-<br />

denziell wird dieser Wert umso höher se<strong>in</strong>, je größer die Konkurrenz<strong>in</strong>tensität, die Aufnah-<br />

mekapazität und die vorhandene Wissensbasis s<strong>in</strong>d. Da die potentielle Instrumentalität e<strong>in</strong>er<br />

Austauschbeziehung umso größer ist, je umfangreicher und bedeutsamer der <strong>Information</strong>s-<br />

pool von B ist, können schon aufgrund der Größe des <strong>Information</strong>spools, die Instrumentalitä-<br />

ten möglicher Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Firmen unterschiedlich se<strong>in</strong>.<br />

Die Instrumentalität ist daher immer e<strong>in</strong> firmenspezifisches Konstrukt, welches immer nur<br />

zwischen zwei bestimmten Partnern A und B gilt.<br />

Bisher handelt es sich nur um e<strong>in</strong>e potentielle Instrumentalität für A, da es unklar ist, ob sich<br />

B revanchiert und se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en weitergibt. Die Instrumentalität umfasst daher auch<br />

noch e<strong>in</strong>e Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitskomponente 281 . Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit pc ist e<strong>in</strong>e subjektive<br />

E<strong>in</strong>schätzung des ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzers A, die se<strong>in</strong>e Erwartungen über die<br />

Kooperationsbereitschaft des <strong>Information</strong>sempfängers B ausdrückt. Sie wird auch als erwarte-<br />

te Transferbereitschaft des <strong>Information</strong>sempfängers bezeichnet 282 .<br />

Durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer kann nun die Instrumentalität verändert werden. Es besteht<br />

e<strong>in</strong> direkter Zusammenhang zwischen der positiven Signalwirkung e<strong>in</strong>es erfolgten Informati-<br />

279 Vgl. Schrader (1990) S. 47.<br />

280 Die Funktion WA(.) kann im S<strong>in</strong>ne des Bernoulli-Pr<strong>in</strong>zips der klassischen Entscheidungstheorie als Nutzen-<br />

funktion der <strong>Information</strong>en <strong>in</strong>terpretiert werden. Vgl. Laux (1998) S. 162ff, Bamberg und Coenenberg (1996) S.<br />

74ff, Raiffa (1973) S. 71 und Eisenführ und Weber (1999) S. 211ff.<br />

281 Vgl. Schrader (1990) S. 48.<br />

282 Vgl. Schrader (1990) S. 48.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 89<br />

onstransfers und der Entstehung von Vertrauen 283 . Je größer das Vertrauen zwischen beiden<br />

Partnern ist, desto größer ist auch die Transferbereitschaft des <strong>Information</strong>sempfängers B 284 .<br />

E<strong>in</strong> Anstieg der Transferbereitschaft von B entspricht formal gesehen der Erhöhung der Ko-<br />

operationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit pc und bewirkt e<strong>in</strong>e Steigerung der Instrumentalität. Indirekt<br />

kann die transferierte <strong>Information</strong> beim <strong>Information</strong>sempfänger auch die Generierung von<br />

neuem Wissen bewirken, welches im Falle der Kodifizierbarkeit den <strong>Information</strong>spool von<br />

Unternehmen B vergrößert und somit ebenfalls zu e<strong>in</strong>er Steigerung der Instrumentalität führt.<br />

E<strong>in</strong>en weiteren E<strong>in</strong>fluss hat die Bedeutung der transferierten <strong>Information</strong> für den <strong>Information</strong>sempfänger<br />

B. Je wichtiger B die erhaltene <strong>Information</strong> e<strong>in</strong>stuft, desto eher ist er bereit,<br />

se<strong>in</strong>erseits wiederum wichtige <strong>Information</strong> für A zur Verfügung zu stellen 285 . Dies kann e<strong>in</strong>erseits<br />

die Menge und andererseits die Bedeutung der transferierten <strong>Information</strong>en betreffen.<br />

Letztlich entscheidet aber die Filterfunktion WA(.) von A über die Bedeutung der von B transferierten<br />

<strong>Information</strong>en.<br />

Die folgende Abbildung 20 gibt nochmals e<strong>in</strong>en Überblick über die möglichen E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

auf die Instrumentalität und stellt drei unterschiedliche Fälle dar, <strong>in</strong> denen die Instrumentalität<br />

der Austauschbeziehung aus der Sicht von Firma A ger<strong>in</strong>g ist.<br />

283 Vgl. Dyer (1997) S. 546, Köszegi (2001) S. 64 und Picot, Reichwald et al. (2001) S. 131ff.<br />

284<br />

Vgl. Schrader (1990) S. 97.<br />

285<br />

Vgl. Schrader (1990) S. 92.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Ger<strong>in</strong>ge Transferwahrsche<strong>in</strong>lichkeit p c<br />

c<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

A<br />

IP A (I 1 , I 2 ,...,I N )<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

A<br />

IP A (I 1 , I 2 ,...,I N )<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

A<br />

IP A (I 1 , I 2 ,...,I N )<br />

Filterfunktion<br />

W A (.)<br />

Ger<strong>in</strong>ger Wert Wert der der <strong>Information</strong> für für A<br />

Kle<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>spool von von B<br />

Filterfunktion<br />

W A (.)<br />

Filterfunktion<br />

W A (.)<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

B<br />

IP B (I 1 , I 2 ,...,I N )<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

B<br />

IP B (I 1 , I 2 ,...,I N )<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

B<br />

IP B (I 1 , I 2 ,...,I N )<br />

Abbildung 20: Drei mögliche Gründe für e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Instrumentalität 286 .<br />

p c<br />

p c<br />

p c<br />

Seite 90<br />

3.4.3 Unsicherheit der Erwartungen<br />

Wie wir <strong>in</strong> den letzten beiden Kapiteln gesehen haben, spielt die Unsicherheit 287 der Erwar-<br />

tungen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle bei der Bestimmung des <strong>Information</strong>swertes und der Instrumenta-<br />

lität. Viele E<strong>in</strong>flussfaktoren, wie die Höhe des Zusatzwertes, der potentielle Nutzen der In-<br />

formation für den <strong>Information</strong>sempfänger, die möglichen transfer<strong>in</strong>itiierten Handlungskonse-<br />

quenzen, die Größe des potentiellen <strong>Information</strong>spools oder die Transferbereitschaft des Part-<br />

ners s<strong>in</strong>d unsichere Größen.<br />

Da sich der <strong>Information</strong>sempfänger opportunistisch verhalten kann, geht e<strong>in</strong> Entscheidungs-<br />

träger im Falle des <strong>Information</strong>stransfers aufgrund der Unsicherheit natürlich auch e<strong>in</strong> Risiko<br />

e<strong>in</strong>, Schaden zu erleiden. E<strong>in</strong> wichtiger Mechanismus, um diese Unsicherheit zu reduzieren,<br />

ist Vertrauen. Indem der Vertrauende gewisse Verhaltenmöglichkeiten anderer ausschließt,<br />

286 Eigenerstellung.<br />

287 Der Begriff Unsicherheit wird hier nicht im S<strong>in</strong>ne der klassischen Entscheidungstheorie verstanden, wo der<br />

Entscheidungsträger nicht <strong>in</strong> der Lage ist, bestimmten Umweltentwicklungen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

zuzuordnen. Vielmehr wird hier der Begriff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em alltagssprachlichen Gebrauch als „Nicht-Sicherheit“ ver-<br />

standen. Vgl. Schrader (1990) S. 54.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 91<br />

hat er e<strong>in</strong>e Möglichkeit, die Komplexität und die daraus resultierende Unsicherheit zu umgehen<br />

288 . Folgende vertrauensfördernde Faktoren spielen auch für das <strong>Information</strong>stransferentscheidungsproblem<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle 289 :<br />

1. Zeit:<br />

Je länger e<strong>in</strong>e Beziehung besteht und je größer die Kontakthäufigkeit ist, desto eher<br />

kann Vertrauen entstehen. So konnte auch Schrader (1990) S. 97 e<strong>in</strong>e positive Korrelation<br />

zwischen dem Alter der Austauschbeziehung und der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Information</strong>stransfers feststellen.<br />

2. Vertrauensfördernde Eigenschaften der Personen bzw. Firmen:<br />

Die Entstehung von Vertrauen hängt e<strong>in</strong>erseits von der Vertrauensneigung des Vertrauensgebers,<br />

aufgrund von persönlichen Erfahrungen, kulturellen H<strong>in</strong>tergründen oder<br />

verschiedenen Persönlichkeitstypen ab. Andererseits hat auch die Vertrauenswürdigkeit<br />

des Vertrauensnehmers e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung. Eigenschaften wie Kompetenz,<br />

Loyalität, Offenheit oder Reputation s<strong>in</strong>d wichtige Determ<strong>in</strong>anten der Vertrauenswürdigkeit.<br />

Diese Eigenschaften s<strong>in</strong>d vor allem <strong>in</strong> freundschaftlichen Verhältnissen<br />

zu f<strong>in</strong>den, welche die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit des <strong>Information</strong>stransfers erhöhen 290 . Da<br />

der unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>saustausch zwischen Firmen stattf<strong>in</strong>det,<br />

spielen auch die Eigenschaften der Unternehmen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Strategische<br />

Überlegungen, Reputation, Erfahrungen aus früheren Kooperationen oder e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

Image s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Beispiele, die auf der Unternehmensebene wichtig<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

3. Kommunikation:<br />

Mit Hilfe der Kommunikation werden geme<strong>in</strong>same Normen und Werte entwickelt und<br />

bestehende <strong>Information</strong>sasymmetrien abgebaut. Kommunikation besitzt daher e<strong>in</strong>e<br />

Signalwirkung und steigert die Vertrauenswürdigkeit. Untersuchungen haben gezeigt,<br />

dass beispielsweise <strong>in</strong> der japanischen Automobil<strong>in</strong>dustrie mehr <strong>Information</strong>en ausgetauscht<br />

werden und dadurch die Gefahr des opportunistischen Verhaltens niedriger ist<br />

als <strong>in</strong> der US Automobil<strong>in</strong>dustrie 291 . Je mehr also zwischen den Unternehmen kommuniziert<br />

wird, desto größer wird das Vertrauen zwischen den Kooperationspartnern.<br />

288<br />

Vgl. Köszegi (2001) S. 44ff.<br />

289<br />

Vgl. Köszegi (2001) S. 61ff.<br />

290<br />

Vgl. Schrader (1990) S. 102.<br />

291<br />

Vgl. Dyer (1997) S. 546f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

4. Kontext:<br />

Seite 92<br />

Sämtliche Faktoren des Vertrauensbildungsprozesses wie z.B. Abhängigkeitsverhält-<br />

nisse, Höhe des Risikos der Situation oder Handlungsalternativen etc. bilden den Kontext,<br />

<strong>in</strong> dem sich Vertrauen entwickelt. Je nachdem wie förderlich der Kontext für die<br />

Entstehung von Vertrauen ist, kann sich die Vertrauensbasis zwischen den Firmen unterschiedlich<br />

rasch entwickeln. Beispielsweise ist die enge B<strong>in</strong>dung zwischen Unternehmen<br />

e<strong>in</strong>er japanischen Keiretsu-Gruppe vorteilhaft für die Entstehung von Vertrauen<br />

und <strong>in</strong> weiterer Folge für den keiretsu-<strong>in</strong>ternen Know-how Transfer 292 .<br />

E<strong>in</strong> weiterer Punkt, der e<strong>in</strong>en wichtigen E<strong>in</strong>fluss auf die wahrgenommene Unsicherheit der<br />

Erwartungen hat, ist die Risikoe<strong>in</strong>stellung des Entscheidungsträgers. Da der ursprüngliche<br />

<strong>Information</strong>sbesitzer das Verhalten se<strong>in</strong>es Partners nicht genau kennt, handelt es sich bei der<br />

<strong>Information</strong>stransferentscheidung um e<strong>in</strong>e Entscheidung bei Risiko. Der Entscheidungsträger<br />

kennt zwar die genauen Handlungen des <strong>Information</strong>sempfängers nicht, aber wir nehmen an,<br />

dass er den verschiedenen Handlungsalternativen subjektive E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

zuordnen und somit die Auswirkungen se<strong>in</strong>er Entscheidung abschätzen kann. Neben den klas-<br />

sischen Entscheidungskriterien wie µ-Pr<strong>in</strong>zip und (µ,σ)-Pr<strong>in</strong>zip hat vor allem die Erwar-<br />

tungsnutzentheorie e<strong>in</strong>e enorme Bedeutung zur Lösung von Entscheidungsproblemen <strong>in</strong> Risikosituationen<br />

293 . Im S<strong>in</strong>ne der Erwartungsnutzentheorie wird zwischen drei verschiedenen<br />

Risikoe<strong>in</strong>stellungen unterschieden 294 :<br />

1. risikoneutral<br />

2. risikoscheu<br />

3. risikofreudig<br />

Während sich e<strong>in</strong> risikoneutraler Entscheidungsträger nur am Erwartungswert der verfügbaren<br />

Alternativen orientiert, bezieht e<strong>in</strong> risikoscheuer bzw. risikofreudiger Entscheidungsträger<br />

auch das Risiko <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Nutzenfunktion zur Alternativenbewertung e<strong>in</strong> 295 . So zieht möglicherweise<br />

e<strong>in</strong> risikoscheuer Entscheidungsträger e<strong>in</strong>e Alternative mit niedrigerem Erwar-<br />

292<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 318.<br />

293<br />

Vgl. Eisenführ und Weber (1999) S. 207ff, Bamberg und Coenenberg (1996) S. 66ff, Sieben und Schildbach<br />

(1994) S. 56ff und Laux (1998) S. 143ff.<br />

294<br />

Vgl. Eisenführ und Weber (1999) S. 222ff.<br />

295<br />

Vgl. Eisenführ und Weber (1999) S. 222ff, Bamberg und Coenenberg (1996) S. 80ff oder Laux (1998) S.<br />

154ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 93<br />

tungswert und mittlerem Risiko e<strong>in</strong>er anderen Alternative mit höherem Erwartungswert und<br />

höherem Risiko vor. Umgelegt auf den <strong>Information</strong>stransfer bedeutet dies, dass die Transfer-<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es risikoneutralen oder risikofreudigen Entscheidungsträgers im Ver-<br />

gleich zu e<strong>in</strong>em risikoaversen Entscheidungsträger umso höher ist, je größer das Risiko e<strong>in</strong>es<br />

Schadens aufgrund des Transfers ist.<br />

3.4.4 Nutzen der Kooperation<br />

Neben den bisherigen direkten Effekten e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers können auch noch <strong>in</strong>di-<br />

rekte Nutzeneffekte im Rahmen der Kooperation auftreten. Grundsätzlich unterscheidet man<br />

zwischen dem geme<strong>in</strong>samen und privaten Nutzen e<strong>in</strong>er Kooperation 296 . Während sich der<br />

private Nutzen aus der Anwendung der neu gewonnenen Erkenntnisse und Fähigkeiten au-<br />

ßerhalb der Kooperation ergibt, entsteht der geme<strong>in</strong>same Nutzen der Kooperation aus der ge-<br />

me<strong>in</strong>samen Zusammenarbeit und der Erreichung der vorher festgelegten Kooperationsziele.<br />

Den geme<strong>in</strong>samen Nutzen kann man weiters unterteilen <strong>in</strong> den direkten Nutzen der Koopera-<br />

tion und <strong>in</strong> die potentiellen Synergieeffekte des <strong>Information</strong>stransfers (vgl. Abbildung 21).<br />

Kooperationsnutzen<br />

Kooperationsnutzen<br />

Geme<strong>in</strong>samer Geme<strong>in</strong>samer Nutzen Nutzen<br />

Privater Privater Nutzen<br />

Nutzen<br />

Direkter Kooperationsnutzen<br />

• Allgeme<strong>in</strong>e Kooperation<br />

<strong>in</strong>direkt abhängig von <strong>Information</strong>stransfer<br />

• Kooperation mit Hauptzweck<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

direkter abhängig vom <strong>Information</strong>stransfer<br />

Synergieeffekte des <strong>Information</strong>stransfers<br />

• Treten nur bei beiderseitiger<br />

Kooperation auf<br />

• Wissen nur bed<strong>in</strong>gt kodifizierbar<br />

• Entwicklung neuer Technologien,<br />

Patente, etc.<br />

Leverag<strong>in</strong>g Effekt<br />

• Nutzen der transferierten<br />

<strong>Information</strong> und des neuen<br />

Wissens außerhalb der<br />

Kooperation<br />

• Ke<strong>in</strong> opportunistisches<br />

Verhalten<br />

Abbildung 21: E<strong>in</strong>teilung des Kooperationsnutzen 297 .<br />

Der direkte Nutzen e<strong>in</strong>er Kooperation lässt sich aus den Kooperationszielen ableiten. Koope-<br />

rationen werden ja grundsätzlich e<strong>in</strong>gegangen, um e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ziel zu erreichen. Die<br />

296 Vgl. Khanna, Gulati et al. (1998) S. 195.<br />

297 In Anlehnung an Khanna, Gulati et al. (1998) S. 195.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 94<br />

Motive für die Bildung von Allianzen s<strong>in</strong>d vielfältig und reichen von der Risikodiversifikati-<br />

on, über Kostenreduktion, Erschließung neuer Märkte, Entwicklung neuer Standards, Forschung<br />

und Entwicklung, bis h<strong>in</strong> zur geme<strong>in</strong>samen Produktion von Waren und Dienstleistungen<br />

298 . In jedem Fall steht aber e<strong>in</strong> bestimmtes, meist genau def<strong>in</strong>iertes Kooperationsziel im<br />

Mittelpunkt der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit.<br />

In vielen Fällen f<strong>in</strong>det hierbei der <strong>Information</strong>stransfer, wie etwa bei der Erschließung neuer<br />

Märkte, nur nebenbei im Rahmen der normalen Zusammenarbeit statt und bee<strong>in</strong>flusst den<br />

Kooperationsnutzen nur <strong>in</strong>direkt. Manchmal steht aber auch der <strong>Information</strong>stransfer im Mittelpunkt<br />

der Kooperation, wenn beispielsweise die Kooperation e<strong>in</strong>gegangen wird um geme<strong>in</strong>sam<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>splattform oder e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames <strong>Information</strong>ssystem aufzubauen<br />

299 . In jedem Fall hat allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> regelmäßiger <strong>Information</strong>saustausch zwischen den Partnern<br />

e<strong>in</strong>e positive Signalwirkung, da <strong>Information</strong>sasymmetrien abgebaut und die Entstehung<br />

von Vertrauen gefördert wird. Somit trägt der <strong>Information</strong>stransfer wesentlich zu e<strong>in</strong>em positiven<br />

Kooperationsklima und <strong>in</strong> weiterer Folge zu e<strong>in</strong>er möglichen Steigerung des geme<strong>in</strong>samen<br />

Kooperationsnutzens bei.<br />

Der <strong>Information</strong>saustausch ist daher e<strong>in</strong>e wichtige Grundbed<strong>in</strong>gung für e<strong>in</strong>e funktionierende<br />

unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und stellt somit e<strong>in</strong>en zusätzlichen E<strong>in</strong>flussfaktor<br />

dar, den der Entscheidungsträger bei se<strong>in</strong>er Transferentscheidung berücksichtigen muss. Je<br />

enger der jeweilige <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> Zusammenhang mit den Kooperationszielen steht<br />

und je wichtiger die transferierten <strong>Information</strong>en für die Realisierung des Kooperationsnutzen<br />

s<strong>in</strong>d, desto wichtiger ist es, die Auswirkungen des <strong>Information</strong>stransfers auf den Kooperationsnutzen<br />

zu berücksichtigen. So hat etwa beim Aufbau e<strong>in</strong>er unternehmensübergreifenden<br />

<strong>Information</strong>splattform der <strong>Information</strong>stransfer mehr unmittelbaren E<strong>in</strong>fluss auf die Realisierung<br />

des Kooperationsnutzens als bei e<strong>in</strong>er möglichen Risikodiversifikation. E<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>splattform,<br />

<strong>in</strong> der niemand bereit ist <strong>Information</strong>en zur Verfügung zu stellen, ist auf Dauer<br />

grundsätzlich nutzlos, während die Risikodiversifikation auch ohne großen <strong>Information</strong>saustausch<br />

erreicht werden kann. Interessanterweise wurde <strong>in</strong> Untersuchungen festgestellt, dass<br />

Unternehmen, wenn sie e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>splattform beitreten, e<strong>in</strong>e gewisse Erwartungshaltung<br />

für bestimmte <strong>Information</strong>en besitzen und diesen auch e<strong>in</strong>e besondere Wichtigkeit e<strong>in</strong>-<br />

298<br />

Vgl. Fontanari (1995) S.141.<br />

299<br />

Siehe z.B. die Bestrebungen der österreichischen Baubranche e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same <strong>Information</strong>splattform zu<br />

schaffen. Vgl. Jungwirth (2002).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 95<br />

räumen. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese Unternehmen selber kaum bereit, die gewünschten Informatio-<br />

nen bereitzustellen (vgl. Abbildung 22). Würden jedoch alle Unternehmen so denken, gäbe es<br />

<strong>in</strong> der Praxis ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>splattformen mehr. Man kann daher davon auszugehen, dass<br />

der E<strong>in</strong>fluss des <strong>Information</strong>stransfers auf den potentiellen direkten Kooperationsnutzen eben-<br />

falls e<strong>in</strong>e wichtige E<strong>in</strong>flussgröße auf die <strong>Information</strong>stransferentscheidung darstellt und Un-<br />

ternehmen solange bereit s<strong>in</strong>d ihre <strong>Information</strong>en zu transferieren, als der Nutzen aus der Ko-<br />

operation die Kosten übersteigt.<br />

Vergleich der Mittelwerte bzgl. der Kategorien Wichtigkeit,<br />

Erwartung und Preisgabe bzgl. <strong>Information</strong>en<br />

Umw eltpolitik<br />

Infos über Baurichtl<strong>in</strong>ien<br />

Beratung (Produktausw ahl, etc.)<br />

Inf ormationen über Neuentw icklungen (neue<br />

Technologien, etc.)<br />

<strong>Information</strong>en über Entw icklung der Baubranche<br />

Unternehmenspolitik und -entw icklung<br />

<strong>Information</strong>en über Partnerfirmen<br />

Sonderaktionen<br />

Auss chreibungen<br />

Auftragsdaten (Baupläne,<br />

Fertigstellungsterm<strong>in</strong>e, etc.)<br />

Lief erzeit<strong>in</strong>formationen<br />

Preis<strong>in</strong>formationen<br />

1<br />

Produktbeschreibungen (Qualität, etc.)<br />

1,71<br />

1,93<br />

1,86<br />

3,14<br />

2,50<br />

2,79<br />

2,57<br />

2,36<br />

2,29<br />

2,64<br />

2,36<br />

2,00<br />

2,36<br />

2,29<br />

2,64<br />

2,86<br />

2,93<br />

2,93<br />

2,86<br />

2,71<br />

3,29<br />

3,50<br />

3,50<br />

3,29<br />

3,50<br />

3,21<br />

3,29<br />

3,14<br />

3,14<br />

3,36<br />

3,36<br />

3,29<br />

3,29<br />

3,50<br />

3,71<br />

3,57<br />

3,57<br />

3,29<br />

3,79<br />

1 2 3 4<br />

trifft nicht zu...trifft zu<br />

N=14<br />

Wichtigke it<br />

Bereitschaft<br />

Erw artung<br />

Abbildung 22: Wichtigkeit, Erwartung und Bereitschaft des <strong>Information</strong>stransfers im Vergleich 300 .<br />

Weiters muss der direkte Kooperationsnutzen von den möglichen Synergieeffekten unter-<br />

schieden werden, die bei e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer auftreten können. Von e<strong>in</strong>em Synergie-<br />

effekt spricht man, wenn der Gesamtwert der transferierten <strong>Information</strong>en G größer ist als die<br />

Summe der beiden Grundwerte der <strong>Information</strong>en d.h. s=G-(IW baA +IW baB )>0. Diese Syner-<br />

gieeffekte können vor allem dann auftreten, wenn das h<strong>in</strong>ter der <strong>Information</strong> stehende Wissen<br />

nur bed<strong>in</strong>gt kodifizierbar ist und damit nicht vollständig weitergegeben werden kann. So wird<br />

erst durch die Kooperation zwischen beiden Unternehmen das vollständige Potential der In-<br />

formationen ausgeschöpft. Da e<strong>in</strong> Unternehmen bei e<strong>in</strong>seitiger Defektion nur über die beiden<br />

300 Jungwirth (2002) S. 115.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 96<br />

Grundwerte der <strong>Information</strong>en verfügt, kann es ke<strong>in</strong>e Synergieeffekte realisieren. Derartige<br />

Synergieeffekte spielen daher vor allem <strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samen Forschung und Entwicklungsprojek-<br />

ten e<strong>in</strong>e besondere Rolle. Während der direkte Kooperationsnutzen also zum<strong>in</strong>dest großteils<br />

unabhängig von e<strong>in</strong>er bestimmten zu transferierenden <strong>Information</strong> erreicht werden kann, kön-<br />

nen die Synergieeffekte nur realisiert werden, wenn beide Partner wirklich zusammenarbeiten<br />

und ihre wichtigen <strong>Information</strong>en gegenseitig zur Verfügung stellen. Allerd<strong>in</strong>gs können <strong>in</strong><br />

bestimmten Sonderfällen, wie beispielsweise der Schaffung e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>splattform die<br />

potentiellen Synergieeffekte dem gewünschten direkten Kooperationsnutzen entsprechen,<br />

sodass e<strong>in</strong>e klare Trennung dieser beiden Nutzeneffekte nicht immer möglich ist.<br />

Neben dem geme<strong>in</strong>samen Nutzen können Firmen auch noch e<strong>in</strong>en privaten Nutzen aus der<br />

Kooperation ziehen 301 . Dieser private Nutzen, teilweise auch als „Leverag<strong>in</strong>g Effect“ be-<br />

zeichnet, entsteht dadurch, dass Firmen, die <strong>in</strong> der Allianz erworbenen Erkenntnisse und Fä-<br />

higkeiten auch außerhalb der Kooperation anwenden können. Je mehr Möglichkeiten e<strong>in</strong> Un-<br />

ternehmen hat, um das Gelernte <strong>in</strong> anderen Situationen anzuwenden, desto größer ist der private<br />

Nutzen. Die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten können beispielsweise dazu<br />

genützt werden, um neues Wissen zu generieren, welches <strong>in</strong> anderen Märkten verwendet<br />

wird. Der private Nutzen steht also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engen Zusammenhang mit der Spezifität der Allianz.<br />

Je spezifischer und ausgefallener die Ziele und somit die Leistung der Kooperation<br />

s<strong>in</strong>d, umso ger<strong>in</strong>ger wird der private Nutzen und die „Leverageability“ se<strong>in</strong> 302 . Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />

es auch denkbar, dass der private Nutzen den geme<strong>in</strong>samen Nutzen bei weitem überwiegt und<br />

somit e<strong>in</strong>en bedeutenden E<strong>in</strong>flussfaktor darstellt 303 .<br />

Zusammenfassend kann e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer als Investition <strong>in</strong> den Fortbestand der Kooperation<br />

gesehen werden. Die Bedeutung des Fortbestandes der Kooperation hängt wesentlich<br />

von dem geme<strong>in</strong>samen und privaten Nutzen ab, den e<strong>in</strong> Unternehmen aus der Zusammenarbeit<br />

ziehen kann. E<strong>in</strong> Unternehmen wird umso wahrsche<strong>in</strong>licher <strong>Information</strong>en an den<br />

Partner transferieren, je größer der direkte Kooperationsnutzen, die Synergieeffekte des <strong>Information</strong>stransfers<br />

und der private Nutzen aus der Allianz s<strong>in</strong>d. Selbst wenn e<strong>in</strong>e Firma den<br />

Zusatzwert der <strong>Information</strong> verlieren würde, kann es S<strong>in</strong>n machen, die <strong>Information</strong> dennoch<br />

zu transferieren, weil z.B. der geme<strong>in</strong>same und private Nutzen aus dem funktionierenden<br />

301<br />

Vgl. Khanna, Gulati et al. (1998) S. 194.<br />

302<br />

Vgl. Löbbecke, Van Fenema et al. (1999) S. 18.<br />

303 Vgl. Hamel, Doz et al. (1989) S. 134.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 97<br />

Fortbestand der Kooperation größer s<strong>in</strong>d als der Verlust des Zusatzwertes. Letztlich hängt<br />

nämlich die Realisierung des gesamten Kooperationsnutzen vom geme<strong>in</strong>samen Verhalten<br />

beider Partner ab.<br />

3.4.5 Kritische Anmerkungen zur Literatur<br />

Auch wenn das hier vorgestellte Modell des <strong>Information</strong>stransfers sehr gut geeignet ist, um<br />

theoretisch den unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>saustausch <strong>in</strong> Kooperationen zu beschreiben,<br />

be<strong>in</strong>haltet es doch e<strong>in</strong>ige Probleme <strong>in</strong> der Praxis: Zum e<strong>in</strong>en handelt es sich sowohl<br />

beim Grundwert als auch beim Zusatzwert um <strong>in</strong>dividuelle Größen, die von der Bewertung<br />

der <strong>Information</strong> des jeweiligen Unternehmens abhängen. So kann e<strong>in</strong> und dieselbe <strong>Information</strong><br />

für zwei verschiedene Unternehmen völlig unterschiedliche Grund- und Zusatzwerte besitzen.<br />

Während e<strong>in</strong> Unternehmen mit der <strong>Information</strong> etwas anfangen kann, ist die <strong>Information</strong><br />

für das andere Unternehmen nutzlos. Dies kann aber zu e<strong>in</strong>em suboptimalen Verhalten der<br />

Entscheidungsträger führen. Verzichtet beispielsweise der <strong>Information</strong>sbesitzer auf den <strong>Information</strong>stransfer,<br />

da er den Zusatzwert höher e<strong>in</strong>stuft als die <strong>Information</strong> für den <strong>Information</strong>sempfänger<br />

wirklich wert ist, vergibt er möglicherweise e<strong>in</strong>e Chance, im Gegenzug <strong>Information</strong>en<br />

zu erhalten, welche für ihn von Bedeutung s<strong>in</strong>d 304 .<br />

Umgekehrt kann natürlich auch der Fall e<strong>in</strong>treten, dass der <strong>Information</strong>sbesitzer der <strong>Information</strong><br />

nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Bedeutung beimisst und sie daher transferiert. Wenn der <strong>Information</strong>sempfänger<br />

aus den erhaltenen <strong>Information</strong>en neues Wissen generieren kann, besteht die Möglichkeit,<br />

dass dies zu e<strong>in</strong>em Gew<strong>in</strong>nrückgang beim ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer führt.<br />

In der Praxis spielt also das Verhältnis der Wertbestimmungspräferenzen der e<strong>in</strong>zelnen Firmen<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Problem stellt die Bestimmbarkeit des Zusatzwertes dar. Da der Zusatzwert e<strong>in</strong><br />

zusätzliches Gew<strong>in</strong>npotential darstellt, welches realisiert werden kann, solange man e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>smonopol<br />

besitzt, ist es a priori sehr schwierig zu bestimmen, wie hoch der Zusatzwert<br />

wirklich ist. Der mögliche Gew<strong>in</strong>nrückgang <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers kann so<br />

viele verschiedene Ursachen, wie Bedeutung der <strong>Information</strong> für den <strong>Information</strong>sempfänger,<br />

Umweltentwicklungen, unkontrollierbare Verbreitung der <strong>Information</strong> an andere potentielle<br />

304 Vgl. die Ausführungen über reziprokes Verhalten <strong>in</strong> Kapitel 3.4.2.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 98<br />

Konkurrenten etc. haben, dass e<strong>in</strong> Entscheidungsträger den Zusatzwertverlust nur sehr unge-<br />

nau e<strong>in</strong>schätzen kann.<br />

Auch das Konzept der Instrumentalität verursacht e<strong>in</strong>ige Probleme <strong>in</strong> der Praxis: Das größte<br />

Problem stellt die Abschätzung des potentiellen <strong>Information</strong>spools dar. Damit e<strong>in</strong> Entschei-<br />

dungsträger wirklich abschätzen kann, wie groß und bedeutsam der <strong>Information</strong>spool se<strong>in</strong>es<br />

Kooperationspartners ist, müsste er die <strong>Information</strong>en zum<strong>in</strong>dest ungefähr kennen. Wenn er<br />

die <strong>Information</strong> allerd<strong>in</strong>gs kennt, braucht er sie nicht mehr im Rahmen e<strong>in</strong>es unternehmens-<br />

übergreifenden <strong>Information</strong>saustausches erwerben. Diese Problematik steht <strong>in</strong> engem Zu-<br />

sammenhang mit dem Offenlegungsdilemma und dem Wertbestimmungsproblem aufgrund<br />

des <strong>Information</strong>sparadoxons. Auch die E<strong>in</strong>schätzung der subjektiven Kooperationswahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeit des Partners kann <strong>in</strong> der Praxis Probleme verursachen. Allerd<strong>in</strong>gs können Indi-<br />

katoren wie Dauer der Austauschbeziehung, frühere Erfahrungen erfolgreicher Zusammenar-<br />

beit oder der persönliche Kontakt als Hilfe verwendet werden.<br />

3.4.6 Zusammenfassung<br />

In diesem Teilkapitel wurden die wichtigsten E<strong>in</strong>flussfaktoren für die <strong>Information</strong>stransfer-<br />

entscheidung aus der Literatur beschrieben. Grundsätzlich stellt sich das Problem des Infor-<br />

mationstransfers erst dann, wenn der <strong>Information</strong>sbesitzer e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>smonopol hat und<br />

er durch den <strong>Information</strong>stransfer den Zusatzwert der <strong>Information</strong> verliert. Besitzt die Infor-<br />

mation ke<strong>in</strong>en Zusatzwert, oder kommt es durch den Transfer zu ke<strong>in</strong>er Veränderung des In-<br />

formationswertes beim ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer d.h. ∆IW = 0<br />

305 , so wird die Ent-<br />

scheidung zu e<strong>in</strong>em relativ e<strong>in</strong>fach lösbaren Problem. In diesem Fall entstehen dem Informa-<br />

tionsbesitzer nämlich durch den Transfer ke<strong>in</strong>e Kosten, die den positiven Konsequenzen 306<br />

des Transfers gegenüberstehen. E<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer ist daher grundsätzlich vorteilhaft.<br />

Entstehen dem <strong>Information</strong>sbesitzer allerd<strong>in</strong>gs Nachteile aufgrund des <strong>Information</strong>stransfers,<br />

so müssen diese gegen die positiven Effekte abgewogen werden. Zu den positiven Auswir-<br />

305 E<strong>in</strong>e derartige Situation ist beispielweise bei ger<strong>in</strong>ger Aufnahmekapazität des <strong>Information</strong>sempfängers denk-<br />

bar.<br />

306 Auch wenn der <strong>Information</strong>stransfer mit ke<strong>in</strong>en negativen Anwendungskonsequenzen verbunden ist, kann er<br />

sich positiv auf das Verhältnis zwischen den beiden Partner auswirken, da beispielsweise das Vertrauen gestärkt<br />

wird oder der ursprüngliche <strong>Information</strong>sbesitzer im S<strong>in</strong>ne der Reziprozitätsnorm auf e<strong>in</strong>e Gegenleistung hoffen<br />

darf.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 99<br />

kungen e<strong>in</strong>es Transfers, zählen die Änderung der Instrumentalität, die Steigerung des Ver-<br />

trauens <strong>in</strong>nerhalb der Kooperation oder die Erhöhung des Kooperationsnutzens. Da allerd<strong>in</strong>gs<br />

zwischen vielen E<strong>in</strong>flussfaktoren, wie z.B. der Konkurrenz<strong>in</strong>tensität und der Aufnahmekapa-<br />

zität Abhängigkeiten bestehen, steht der Entscheidungsträger vor e<strong>in</strong>em sehr komplexen Ent-<br />

scheidungsproblem, welches er zu lösen hat. Die folgende Abbildung 23 gibt nochmals e<strong>in</strong>en<br />

Überblick über die beschriebenen E<strong>in</strong>flussfaktoren, von denen e<strong>in</strong> Teil bereits von Schrader<br />

(1990) empirisch nachgewiesen wurde.<br />

Neuigkeit der <strong>Information</strong><br />

Verfügbarkeit von<br />

<strong>Information</strong>salternativen<br />

Konkurrenz<strong>in</strong>tensität<br />

Aufnahmekapazität<br />

des Partners<br />

<strong>Information</strong>spool<br />

des Partners<br />

Vertrauen<br />

Alter der<br />

Austauschbeziehung<br />

Kontext<br />

Risikoe<strong>in</strong>stellung<br />

Geme<strong>in</strong>samer Nutzen<br />

Privater Nutzen<br />

Negative Änderung<br />

<strong>Information</strong>swert<br />

Positive Änderung<br />

Instrumentalität<br />

Unsicherheit der<br />

Erwartungen<br />

Kooperationsnutzen<br />

-<br />

+<br />

-<br />

+<br />

Vorteilhaftigkeit des<br />

<strong>Information</strong>stransfers<br />

Zusammenhang empirisch<br />

nachgewiesen<br />

Zusammenhang empirisch<br />

noch nicht nachgewiesen<br />

Abbildung 23: E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die Transferentscheidung 307 .<br />

307 Erweiterung <strong>in</strong> Anlehnung an Schrader (1990) S. 113.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 100<br />

4 Spieltheoretische Analyse des <strong>Information</strong>stransferproblems<br />

„All models are wrong, but some are useful.”<br />

George Box <strong>in</strong> Voss und Gutenschwager, 2001<br />

Wie wir bereits <strong>in</strong> Kapitel 3.3 gesehen haben, ist das grundlegende Entscheidungsproblem des<br />

zwischenbetrieblichen <strong>Information</strong>stransfers der Spielsituation e<strong>in</strong>es Gefangenendilemmas<br />

sehr ähnlich. Es ersche<strong>in</strong>t daher s<strong>in</strong>nvoll, diese Entscheidungssituation mit spieltheoretischen<br />

Methoden näher zu untersuchen, um neue Erkenntnisse zu gew<strong>in</strong>nen. Erste spieltheoretische<br />

Ansätze zum zwischenbetrieblichen <strong>Information</strong>stransferproblem f<strong>in</strong>den sich bei von Hippel<br />

(1988) S. 85ff, Schrader (1990) S. 21ff, Löbbecke, Van Fenema et al. (1999) S. 17ff und<br />

Picot, Reichwald et al. (2001) S. 129ff. Die meisten dieser Ansätze gehen auf das ursprüngli-<br />

che Modell von von Hippel (1988) zurück und stellen lediglich ger<strong>in</strong>gfügige Erweiterungen<br />

dar. Im nachfolgenden Kapitel wird daher ausgehend vom Grundmodell versucht, die Prob-<br />

lemstellung des unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>saustausches <strong>in</strong> Allianzen umfas-<br />

send spieltheoretisch zu analysieren.<br />

4.1 Spieltheoretisches Grundmodell nach von Hippel<br />

In se<strong>in</strong>em Grundmodell konzeptualisiert von Hippel (1988) S. 85 den <strong>Information</strong>stransfer<br />

unter der Annahme, dass zwei Firmen A und B je e<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> besitzen, die der anderen<br />

Firma unbekannt ist. Der <strong>Information</strong>swert IW unterteilt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Grundwert<br />

IW ba und e<strong>in</strong>em (<strong>in</strong> diesem Fall objektiven) Zusatzwert IW ex . Da es sich um e<strong>in</strong> symmetri-<br />

sches Modell handelt, s<strong>in</strong>d sowohl der Grundwert der <strong>Information</strong> als auch der Zusatzwert für<br />

beide Firmen ident. Des weiteren wird unterstellt, dass e<strong>in</strong> additiver 308 Zusammenhang zwi-<br />

schen dem Grund- und Zusatzwert besteht. Damit ergibt sich derWert der <strong>Information</strong> vor<br />

e<strong>in</strong>em Transfer als die Summe dieser beiden Komponenten<br />

IW +<br />

vor ba ex<br />

= IW IW (Gleichung 4-1)<br />

308 Die Annahmen der Symmetrie sowie der additiven Verknüpfung der <strong>Information</strong>swerte wurden von Hippel<br />

(1988) S. 85ff getroffen und dienen der Vere<strong>in</strong>fachung des Modells. Aus methodischer Sichtweise s<strong>in</strong>d diese<br />

Annahmen allerd<strong>in</strong>gs nicht zw<strong>in</strong>gend notwendig. Vgl. dazu auch Axelrod (1995) S. 15f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 101<br />

Weiters wird unterstellt, dass der Zusatzwert durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer völlig verloren<br />

geht, sodass der <strong>Information</strong>swert nach e<strong>in</strong>em Transfer nur mehr aus dem Grundwert besteht.<br />

Formal gesehen bedeutet dies, dass<br />

und<br />

ex<br />

∆ IW = IW<br />

(Gleichung 4-2)<br />

IW =<br />

nach ba ex<br />

ba<br />

= IW + IW − ∆IW<br />

IW<br />

(Gleichung 4-3)<br />

Aus Sicht der beiden Spieler lassen sich nun folgende drei Fälle unterscheiden:<br />

1. Beiderseitige Kooperation:<br />

Beide Firmen tauschen ihre <strong>Information</strong>en aus und verlieren dadurch ihren Zusatzwert<br />

IW ex , erhalten aber gleichzeitig auch die <strong>Information</strong> des anderen. Dies entspricht ei-<br />

nem Wertzuwachs von IW ba . Beide Firmen verfügen somit über <strong>Information</strong>en mit ei-<br />

nem Wert <strong>in</strong> der Höhe von IW nach =2*IW ba .<br />

2. Beiderseitige Nicht-Kooperation:<br />

Wenn beide Firmen ihre <strong>Information</strong>en geheim halten und ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

stattf<strong>in</strong>det, dann behält jede Firma ihren ursprünglichen <strong>Information</strong>swert, d.h.<br />

IW vor =IW nach =IW ba +IW ex . Allerd<strong>in</strong>gs kann auch ke<strong>in</strong>e Firma e<strong>in</strong>en Wertzuwachs ver-<br />

zeichnen.<br />

3. Komb<strong>in</strong>ation aus Kooperation und Nicht-Kooperation:<br />

Während e<strong>in</strong>e Firma ihre <strong>Information</strong> transferiert, hält die andere Firma ihre Informa-<br />

tionen auch weiterh<strong>in</strong> geheim. Dadurch verliert die transferierende Firma ihren Zu-<br />

satzwert IW ex ohne etwas h<strong>in</strong>zuzugew<strong>in</strong>nen und besitzt nur mehr ihren Grundwert<br />

IW ba . Im Gegensatz dazu erhält die andere Firma zusätzlich zu ihrem ursprünglichen<br />

<strong>Information</strong>swert IW vor noch die <strong>Information</strong> der anderen Firma. Insgesamt verfügt sie<br />

somit nach dem Transfer über e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>swert von IW nach =2*IW ba +IW ex .<br />

Fasst man diese Strategiemöglichkeiten der beiden Firmen zusammen, so ergibt sich folgen-<br />

des Spiel <strong>in</strong> Normalform <strong>in</strong> Abbildung 24.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Firma A<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

2*IWba 2*IWba 2*IWba +IWex 2*IWba +IWex 2*IWba 2*IWba IWba IWba Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

IWba IWba IWba +IWex IWba +IWex 2*IWba +IWex 2*IWba +IWex IWba +IWex IWba +IWex <strong>Information</strong>swert von B<br />

<strong>Information</strong>swert von A<br />

Abbildung 24: Dilemma des zwischenbetrieblichen <strong>Information</strong>stransfers 309 .<br />

Seite 102<br />

Die optimalen Strategien <strong>in</strong> diesem Spiel hängen nun von der Höhe des Grund- und Zusatz-<br />

wertes der <strong>Information</strong> und deren Differenz ab. Insgesamt lassen sich vier verschiedene Fälle<br />

unterscheiden (vgl. Abbildung 25) 310 :<br />

Fall 1:<br />

Fall 4<br />

0<br />

Fall 3<br />

Fall 2<br />

IW ba<br />

Fall 1<br />

IW ex<br />

Abbildung 25: Mögliche Fälle aufgrund der Differenz aus Grund- und Zusatzwert 311 .<br />

Im ersten Fall ist der Zusatzwert größer als der Grundwert der <strong>Information</strong>, d.h.<br />

ex ba<br />

IW > IW<br />

(Gleichung 4-4)<br />

Somit ist der exklusive Besitz der <strong>Information</strong> e<strong>in</strong> wesentlicher Wettbewerbsvorteil und es ist<br />

für beide Firmen optimal, ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en auszutauschen, da gilt<br />

309 Modifiziert nach Schrader (1990) S. 27.<br />

ba ba ex<br />

2 * IW < IW + IW<br />

(Gleichung 4-5)<br />

310 Die folgende Abhandlung basiert auf den Ausführungen von von Hippel (1988) S. 86ff.<br />

311 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 103<br />

Da die beiderseitige Defektion e<strong>in</strong> Nash-Gleichgewicht 312 ist, ist es pareto-optimal für beide<br />

Seiten nicht zu kooperieren, zumal ke<strong>in</strong>e der beiden Firmen besser gestellt werden kann, ohne<br />

die Situation des anderen Spielers zu verschlechtern.<br />

Diese Spielsituation ist vor allem dann denkbar, wenn die eigene <strong>Information</strong> für das Unter-<br />

nehmen e<strong>in</strong>en hohen Zusatzwert im Verhältnis zum Grundwert besitzt. da sie <strong>in</strong> unmittelba-<br />

rem Zusammenhang mit den Kernkompetenzen oder der Realisierung von Wettbewerbsvor-<br />

teilen steht. E<strong>in</strong> besonders hoher Zusatzwert kann allerd<strong>in</strong>gs auch zeitlich befristet entstehen,<br />

sofern es anderen Unternehmen nicht möglich ist, die <strong>Information</strong> alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es be-<br />

stimmten Zeitraumes zu entwickeln 313 . Bewerben sich beispielsweise zwei Firmen als Kon-<br />

kurrenten um e<strong>in</strong>en Auftrag, kann dies ist vor Ausschreibungen oder Auktionen der Fall se<strong>in</strong>.<br />

Hierbei ist es egal, ob die fragliche <strong>Information</strong> mittel- bis langfristig von der anderen Firma<br />

entwickelt oder beschafft werden kann, da sich der unmittelbare Wert der <strong>Information</strong> im<br />

Rahmen der Auftragsvergabe kurzfristig ergibt.<br />

Fall 2:<br />

Wenn – wie im zweiten Fall – der Zusatzwert IW ex größer ist als Null aber kle<strong>in</strong>er als der<br />

Grundwert IW ba , d.h.<br />

ex ba<br />

IW < IW<br />

(Gleichung 4-6)<br />

entspricht dieses Spiel aufgrund se<strong>in</strong>er besonderen Struktur e<strong>in</strong>er Gefangenendilemma-<br />

Situation. In diesem Fall besteht die <strong>in</strong>dividuell dom<strong>in</strong>ante Strategie für beide Firmen dar<strong>in</strong>,<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> zu transferieren und nicht zu kooperieren, da gilt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW < 2*<br />

IW + IW<br />

(Gleichung 4-7)<br />

312 E<strong>in</strong> Nash-Gleichgewicht ist e<strong>in</strong>e Strategiekomb<strong>in</strong>ation s*, bei der jeder Spieler se<strong>in</strong>e optimale Strategie si*<br />

beibehält – gegeben der optimalen Strategie aller anderen Spieler – d.h. es gilt ui(si*,s-i*)≥ui(si,s-i*) für alle Spie-<br />

ler i und alle Strategien si∈Si. Für mehr <strong>Information</strong>en siehe Rasmusen (1994) S. 23 und Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993)<br />

S. 60f.<br />

313 Vgl. von Hippel (1988) S. 88.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 104<br />

Obwohl die gegenseitige Defektion e<strong>in</strong> Nash-Gleichgewicht ist, führt diese Lösung zu e<strong>in</strong>em<br />

schlechteren Ergebnis als nötig, da gilt<br />

ba ba ex<br />

2 * IW > IW + IW<br />

(Gleichung 4-8)<br />

Beide Spieler könnten sich besser stellen, wenn sie gegenseitig kooperieren würden. Es be-<br />

steht also e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransferdilemma 314 , bei dem die kollektive Rationalität durch die<br />

<strong>in</strong>dividuelle Rationalität der Spieler verletzt wird. In der Realität tritt dieser Fall vor allem<br />

dann e<strong>in</strong>, wenn die neue <strong>Information</strong> vom <strong>Information</strong>sempfänger entweder selber entwickelt<br />

oder über alternative <strong>Information</strong>squellen bezogen werden kann. Letztlich ist es dann e<strong>in</strong>e<br />

Frage der <strong>Information</strong>sbeschaffungskosten, bzw. des zeitlichen Vorsprunges, wie hoch der<br />

Wert des exklusiven <strong>Information</strong>sbesitzes ist 315 . Unter diesen Annahmen ist es für beide Fir-<br />

men durchaus vorteilhaft, die <strong>Information</strong>en auszutauschen und die Zeit und Kosten der dop-<br />

pelten <strong>Information</strong>sbeschaffung oder -entwicklung zu sparen.<br />

Fall 3:<br />

Die dritte Möglichkeit, dass e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>smonopol ke<strong>in</strong>en zusätzlichen Wert für den In-<br />

formationsbesitzer hat, beschreibt e<strong>in</strong>e weitere mögliche Spielsituation. Dem ursprünglichen<br />

<strong>Information</strong>sbesitzer entsteht also durch e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer ke<strong>in</strong> Schaden <strong>in</strong> Form des<br />

Zusatzwertverlustes. Es gilt<br />

und<br />

ex<br />

IW = 0<br />

(Gleichung 4-9)<br />

IW =<br />

vor nach ba ex ba<br />

= IW = IW + IW IW<br />

(Gleichung 4-10)<br />

Aus Gleichung 4-10 folgt, dass e<strong>in</strong> Spieler somit <strong>in</strong>different ist, ob er se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en<br />

weitergeben soll oder nicht, wenn der andere Spieler se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en transferiert, da gilt<br />

314 Vgl. Schrader (1990) S. 27.<br />

315 Vgl. von Hippel (1988) S. 86 und Kapitel 3.4.1.<br />

ba<br />

ba<br />

2 * IW = 2*<br />

IW<br />

(Gleichung 4-11)


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 105<br />

Beide Strategien führen demnach zu den gleichen Auszahlungen bei den Spielern 316 . Obwohl<br />

<strong>in</strong> dieser Spielsituation bei e<strong>in</strong>maliger Wiederholung ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige spieltheoretische Lö-<br />

sung existiert (beide Spieler s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>different zwischen <strong>Information</strong>stransfer und ke<strong>in</strong>er Wei-<br />

tergabe der <strong>Information</strong>, solange die andere Firma ihre <strong>Information</strong>en hergibt) ist davon aus-<br />

zugehen, dass beide Firmen eher kooperieren werden, da e<strong>in</strong> „schwaches“ Nash-<br />

Gleichgewicht vorliegt 317 . Weitere Gründe für dieses kooperative Verhalten s<strong>in</strong>d<br />

möglicherweise die positiven Signalwirkungen e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers und der damit<br />

verbundene Vertrauenszuwachs <strong>in</strong>nerhalb der Kooperation oder die langfristige Perspektive<br />

der Zusammenarbeit 318 . E<strong>in</strong> typisches Beispiel für diese Spielsituation s<strong>in</strong>d die geme<strong>in</strong>samen<br />

Schadensfall Datenbanken <strong>in</strong> der Versicherungswirtschaft. Für alle beteiligten Firmen ist es<br />

von Vorteil, die <strong>Information</strong>en auszutauschen, obwohl diese ke<strong>in</strong>en Zusatzwert aufweisen.<br />

Durch die geme<strong>in</strong>samen Datenbanken können aber alle beteiligten Firmen schneller reagieren<br />

und somit Kosten und Zeit e<strong>in</strong>sparen. Ähnliches gilt auch für den <strong>Information</strong>saustausch<br />

zwischen Unternehmen, die idente Produkte <strong>in</strong> unterschiedlichen geografischen Regionen<br />

absetzen. So kann es z.B. durchaus s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, neue Mischverfahren für Beton zwischen<br />

regional verteilten Firmen auszutauschen, da aufgrund der hohen Transportkosten ke<strong>in</strong>erlei<br />

negative Effekte auf den eigenen Gew<strong>in</strong>n zu erwarten s<strong>in</strong>d.<br />

Fall 4:<br />

Für den letzten Fall, dass der Zusatzwert negativ ist, gilt folgender Zusammenhang<br />

und<br />

ex<br />

IW < 0<br />

(Gleichung 4-12)<br />

316 In diesem Fall hängt die Konsequenz der eigenen Handlungen nur von der Gegenstrategie des anderen Spie-<br />

lers ab und nicht von der eigenen Strategie.<br />

317 Gemäß Def<strong>in</strong>ition <strong>in</strong> Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 60 und Rasmusen (1994) S. 23 liegt e<strong>in</strong> „normales“ Nash-<br />

Gleichgewicht vor. Um allerd<strong>in</strong>gs zu verdeutlichen, dass <strong>in</strong> diesem Fall ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige spieltheoretische Lö-<br />

sung existiert, wird es <strong>in</strong> dieser Arbeit als „schwaches“ Nash-Gleichgewicht bezeichnet.<br />

318 Anhand dieses Beispiels werden bereits die Grenzen dieser simplen spieltheoretischen Betrachtungsweise des<br />

zwischenbetrieblichen <strong>Information</strong>stransfers ersichtlich. Positive Signalwirkungen aufgrund e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>s-<br />

transfers spielen nämlich nur dann e<strong>in</strong>e Rolle, wenn das Spiel mehrmals wiederholt wird. Diese Annahme stellt<br />

aber bereits e<strong>in</strong>e Erweiterung des ursprünglichen Spiels dar.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

IW <<br />

ba ex ba<br />

+ IW IW<br />

(Gleichung 4-13)<br />

Somit ist es für beide Firmen e<strong>in</strong>e dom<strong>in</strong>ante Strategie zu kooperieren, weil gilt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW > 2*<br />

IW + IW<br />

(Gleichung 4-14)<br />

Seite 106<br />

E<strong>in</strong>seitiges opportunistisches Verhalten führt <strong>in</strong> diesem Spiel sogar zu e<strong>in</strong>er Verschlechte-<br />

rung, sodass der beiderseitige <strong>Information</strong>stransfer die Eigenschaft e<strong>in</strong>es Nash-<br />

Gleichgewichtes besitzt und sehr stabil ist. E<strong>in</strong> negativer Zusatzwert liegt immer dann vor,<br />

wenn der exklusive Besitz der <strong>Information</strong> zu e<strong>in</strong>em Nachteil für den <strong>Information</strong>sbesitzer<br />

führt. Typische Beispiele s<strong>in</strong>d die Werbung oder die Etablierung neuer Standards <strong>in</strong> der Com-<br />

puter<strong>in</strong>dustrie. Diese <strong>Information</strong>en gew<strong>in</strong>nen für den ursprünglichen <strong>Information</strong>sbesitzer<br />

also erst durch die Weitergabe an Wert.<br />

Die folgende Abbildung 26 stellt die besprochenen Spielsituationen zur besseren Verständ-<br />

lichkeit nochmals anhand e<strong>in</strong>es Zahlenbeispiels dar.<br />

1.Fall: IWex >IWba IWba =2<br />

IWex 1.Fall: IW<br />

=3<br />

ex >IWba IWba =2<br />

IWex 1.Fall: IW<br />

=3<br />

ex >IWba IWba =2<br />

IWex 1.Fall: IW<br />

=3<br />

ex >IWba IWba =2<br />

IWex 1.Fall: IW<br />

=3<br />

ex >IWba IWba =2<br />

IWex 1.Fall: IW<br />

=3<br />

ex >IWba IWba =2<br />

IWex =3<br />

Firma A<br />

Firma A<br />

319 Eigenerstellung.<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

3.Fall: IWex =0<br />

IWba =2<br />

IWex 3.Fall: IW<br />

=0<br />

ex =0<br />

IWba =2<br />

IWex 3.Fall: IW<br />

=0<br />

ex =0<br />

IWba =2<br />

IWex 3.Fall: IW<br />

=0<br />

ex =0<br />

IWba =2<br />

IWex =0<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

4,4 2,7<br />

7,2 5,5<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Nash-Gleichgewicht<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

4,4 = 2,4<br />

=<br />

4,2 2,2<br />

2.Fall: IWex


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 107<br />

Obwohl dieses spieltheoretische Modell sehr simpel ist, lassen sich doch bereits e<strong>in</strong>ige wesentliche<br />

Aussagen davon ableiten:<br />

1. Dieses Grundmodell zeigt, dass die Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers von<br />

der Situation und dem jeweiligen, spezifischen Wert der <strong>Information</strong> abhängt. Insbesondere<br />

<strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen der Zusatzwert kle<strong>in</strong>er als der Grundwert ist, dürfte<br />

der beiderseitige <strong>Information</strong>stransfer im wirtschaftlichen Interesse der Firmen se<strong>in</strong><br />

und beiden Seiten e<strong>in</strong>en Vorteil br<strong>in</strong>gen (Fälle 2, 3, 4).<br />

2. In manchen Fällen führen die <strong>in</strong>dividuell-rationalen Maximierungsstrategien beider<br />

Firmen zu e<strong>in</strong>em suboptimalen Ergebnis. Es liegt dann e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

vor. Dieses Dilemma wird umso größer, je größer die Gefahr des opportunistischen<br />

Verhaltens der anderen Firma ist (Fall 2).<br />

3. Es gibt Fälle, <strong>in</strong> denen es für e<strong>in</strong> Unternehmen nie vorteilhaft ist, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en<br />

preiszugeben (Fall 1).<br />

4. Lässt man e<strong>in</strong>e mehrmalige Wiederholung des Spiels zu, so können auch andere Effekte,<br />

wie die positive Signalwirkung e<strong>in</strong>es erfolgten <strong>Information</strong>saustausches, bei der<br />

Lösung des Spiels berücksichtigt werden. Diese Erweiterung führt unter Umständen<br />

zu neuen Lösungsmöglichkeiten (Fall 1 und 3).<br />

4.2 Erweiterungsmöglichkeiten des Grundmodells<br />

Aufgrund se<strong>in</strong>er sehr restriktiven Annahmen, weist dieses Grundmodell e<strong>in</strong>ige Nachteile auf.<br />

So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass der Wert der <strong>Information</strong> objektiv kard<strong>in</strong>al<br />

messbar ist. Wie wir jedoch bereits <strong>in</strong> Kapitel 3.4 gesehen haben, spielen verschiedene subjektive<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren, wie die Aufnahmekapazität oder die Konkurrenz<strong>in</strong>tensität, e<strong>in</strong>e<br />

wichtige Rolle bei der Bestimmung des Grund- und Zusatzwertes. Dem <strong>Information</strong>stransfer<br />

kommt somit strategische Bedeutung zu, welche nur sehr ungenau monetär quantifiziert werden<br />

kann. Zusätzlich ist es aufgrund der subjektiven E<strong>in</strong>flussfaktoren sehr schwierig, den <strong>Information</strong>swert<br />

vergleichbar zu machen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Problem stellen die Annahmen über die Spieler dar. So ist es <strong>in</strong> dem hier betrachteten<br />

Kontext, der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit, eher unwahrsche<strong>in</strong>lich,<br />

dass die beiden Spieler gleichzeitig ihre <strong>Information</strong>en transferieren. In der Praxis f<strong>in</strong>det<br />

man eher e<strong>in</strong> schrittweises Vorgehen, bei dem sukzessive e<strong>in</strong>mal der e<strong>in</strong>e und dann wieder


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 108<br />

der andere Partner <strong>Information</strong>en zur Verfügung stellt 320 . Auch die Annahme der vollständi-<br />

gen <strong>Information</strong> im Spiel und der symmetrischen Verteilung der <strong>Information</strong>swerte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

der Praxis kaum gegeben. So ist es sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass beide Spieler über Informati-<br />

onen mit identen <strong>Information</strong>swerten verfügen, bzw. dass man die <strong>Information</strong>swerte des an-<br />

deren Spielers aufgrund des <strong>Information</strong>sparadoxons a priori überhaupt kennt<br />

Des weiteren wird von der Vielzahl an E<strong>in</strong>flussfaktoren aus Kapitel 3.4 nur der Informati-<br />

onswert explizit <strong>in</strong> diesem Modell berücksichtigt. Wie wir aber bereits im dritten Fall des o-<br />

bigen Beispiels gesehen haben, spielen auch die anderen Faktoren e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, bzw.<br />

erlauben e<strong>in</strong>e detailliertere Analyse der Problemstellung. Neben diesen sehr restriktiven An-<br />

nahmen des Modells werden auch Erweiterungsmöglichkeiten, die sich durch die E<strong>in</strong>führung<br />

Wiederholter Spiele ergeben, <strong>in</strong> diesem Grundmodell nicht berücksichtigt.<br />

In den nachfolgenden Kapiteln sollen daher nun die wesentlichsten E<strong>in</strong>schränkungen dieses<br />

simplen Grundmodells von von Hippel (1988) Schritt für Schritt aufgehoben und deren Aus-<br />

wirkungen aus spieltheoretischer Sichtweise analysiert werden. Da die Fälle 1,3 und 4 bereits<br />

<strong>in</strong> diesem simplen Modell e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Lösung besitzen, beschränkt sich die weitere Ana-<br />

lyse auf den Fall des <strong>Information</strong>stransferdilemmas (Fall 2). Die nachfolgende Abbildung 27<br />

gibt e<strong>in</strong>en Überblick über die vorgenommenen Erweiterungen des Grundmodells.<br />

Erweiterung der<br />

Präferenzen<br />

Ord<strong>in</strong>ale<br />

Präferenzen<br />

Soziale<br />

Präferenzen<br />

Erweiterungen des Grundmodells<br />

Berücksichtigung von<br />

<strong>Information</strong>sasymmetrien<br />

Imperfekte<br />

<strong>Information</strong><br />

Unvollständige<br />

<strong>Information</strong><br />

Änderung der<br />

Auszahlungsfunktion<br />

Regelorientierte<br />

Lösungen<br />

Erweiterte Modelle<br />

Abbildung 27: Vorgenommene Erweiterungen des Grundmodells 321 .<br />

320 Vgl. von Hippel (1988) S. 76ff und Schrader (1990) S. 47ff.<br />

321 Eigenerstellung.<br />

Wiederholte Spiele


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 109<br />

4.3 Erweiterung der Präferenzen<br />

Allgeme<strong>in</strong> wird <strong>in</strong> der klassischen Spieltheorie e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Nutzenmaximierung aus-<br />

gegangen. Neuere empirische Untersuchungen zeigen allerd<strong>in</strong>gs, dass ca. 40 bis 50% Prozent<br />

aller Personen über reziproke Präferenzen verfügen und diese Präferenzen e<strong>in</strong>en wesentlichen<br />

E<strong>in</strong>fluss auf ökonomische Entscheidungen haben 322 . Da schlussendlich auch beim unterneh-<br />

mensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfer die Transferentscheidungen von Personen getroffen<br />

werden, die unter Umständen über soziale Präferenzen verfügen, ist es s<strong>in</strong>nvoll, die Auswirkungen<br />

von geänderten Präferenzen <strong>in</strong> unserem <strong>Information</strong>stransfer-Spiel zu berücksichtigen.<br />

In den folgenden Teilkapiteln werden daher mögliche Modellierungsansätze für soziale<br />

Präferenzen diskutiert und deren Auswirkungen auf das <strong>Information</strong>stransferdilemma untersucht.<br />

4.3.1 Ord<strong>in</strong>ale Präferenzen<br />

Wie bereits im letzten Kapitel angemerkt wurde, ist die Annahme von kard<strong>in</strong>al messbaren und<br />

<strong>in</strong>terpersonell vergleichbaren <strong>Information</strong>swerten <strong>in</strong> der Praxis durchaus kritisch zu sehen.<br />

Viele nicht monetär quantifizierbare E<strong>in</strong>flussgrößen, welche e<strong>in</strong>e bedeutsame Rolle spielen,<br />

können <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Modell mit kard<strong>in</strong>aler Präferenzordnung nur unzureichend berücksichtigt<br />

werden. In derartigen Entscheidungssituationen ist es daher s<strong>in</strong>nvoll, anstatt e<strong>in</strong>er kard<strong>in</strong>al<br />

messbaren Präferenzordnung, ord<strong>in</strong>ale Präferenzen zu verwenden, um das Entscheidungsproblem<br />

abzubilden 323 . Dazu werden die e<strong>in</strong>zelnen Strategien der Spieler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rangordnung<br />

gebracht und entsprechend ihres Nutzens durchnummeriert, wobei die beste Strategie<br />

die Nummer 1 erhält, die zweitbeste die Nummer 2 usw.. Beispielsweise zeigt die folgende<br />

Abbildung 28 das <strong>Information</strong>stransferdilemma (Fall 2) mit ord<strong>in</strong>alen Präferenzen. Da hier<br />

die ursprüngliche Präferenzordnung der e<strong>in</strong>zelnen Strategie beibehalten wurde, dom<strong>in</strong>iert<br />

„ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer“ als Nash-Gleichgewicht. Die Lösung des Spiels ist somit ident<br />

mit der Lösung bei kard<strong>in</strong>aler Präferenzordnung.<br />

322 Vgl. Fehr und Fischbacher (2002) S. C28.<br />

323 Vgl. Keck (1990) S. 51ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Firma A<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Zweitbestes Ergebnis<br />

Zweitbestes Ergebnis<br />

Viertbestes Ergebnis<br />

Erstbestes Ergebnis<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Erstbestes Ergebnis<br />

Viertbestes Ergebnis<br />

Drittbestes Ergebnis<br />

Drittbestes Ergebnis<br />

Ergebnis von A<br />

Ergebnis von B<br />

Abbildung 28: <strong>Information</strong>stransferdilemma mit ord<strong>in</strong>alen Präferenzen 324 .<br />

Seite 110<br />

Anhand dieses Beispiels sieht man, dass die ursprüngliche Lösung des Spiels mit kard<strong>in</strong>alen<br />

Präferenzen erhalten bleibt, sofern sich aufgrund der Berücksichtung des nicht monetär quan-<br />

tifizierbaren Nutzens die Rangfolge der e<strong>in</strong>zelnen Strategien nicht verändert. In diesem spe-<br />

ziellen Fall ist es egal, ob die Problemstellung mittels e<strong>in</strong>er ord<strong>in</strong>alen oder kard<strong>in</strong>alen Präfe-<br />

renzordnung modelliert wird. Allerd<strong>in</strong>gs entfällt bei Verwendung e<strong>in</strong>er ord<strong>in</strong>alen Präferenz-<br />

ordnung vor allem das Messproblem der Nutzenwerte. Die betroffenen Spieler müssen dabei<br />

nur mehr <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, alle verschiedenen Ergebnisse der verschiedenen Strategien mit-<br />

e<strong>in</strong>ander zu vergleichen und zu reihen 325 . Daher kann mit Hilfe ord<strong>in</strong>aler Präferenzen auch<br />

nicht monetär quantifizierbarer Nutzen im Entscheidungsmodell berücksichtigt werden. Des<br />

weiteren stehen e<strong>in</strong>em Entscheidungsträger mit ord<strong>in</strong>aler Präferenzordnung e<strong>in</strong>e größere<br />

Auswahl an Verfahren zur Nutzenmessung zur Verfügung, da er nicht nur auf monetäre An-<br />

sätze e<strong>in</strong>geschränkt ist 326 .<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist für viele mathematisch orientierte ökonomische Modelle e<strong>in</strong>e kard<strong>in</strong>ale Präfe-<br />

renzordnung notwendig, um analytische Modelle rechnen zu können. Da es <strong>in</strong> dieser Arbeit<br />

324 Eigenerstellung.<br />

325 Diese Forderung entspricht e<strong>in</strong>er vollständigen und transitiven Präferenzordnung. Vgl. Eisenführ und Weber<br />

(1999) S. 98f und Bamberg und Coenenberg (1996) S. 32.<br />

326 Für e<strong>in</strong>en Überblick über Verfahren zur Nutzenbestimmung sei auf die e<strong>in</strong>schlägige Literatur verwiesen.<br />

Siehe z.B. Wottawa und Thierau (1990) S. 93ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 111<br />

bei den spieltheoretischen Analysen vor allem darum geht, die E<strong>in</strong>flussfaktoren der Transfer-<br />

entscheidung zu untersuchen, um neue Erkenntnisse zu gew<strong>in</strong>nen, spielen die praxisbezoge-<br />

nen Überlegungen der Nutzenbestimmung e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle. Vielmehr würde die<br />

Verwendung e<strong>in</strong>er ord<strong>in</strong>alen Präferenzordnung <strong>in</strong> diesem Bereich zu e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>sver-<br />

lust führen, da man unter Umständen nicht mehr zeigen kann, warum e<strong>in</strong>e Lösung optimal ist.<br />

Aus diesem Grund wird auch bei den nachfolgenden Modellen weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e kard<strong>in</strong>alen Prä-<br />

ferenzmessung unterstellt.<br />

4.3.2 Soziale Präferenzen<br />

In der ökonomischen Theorie 327 wird meistens davon ausgegangen, dass Firmen und Indivi-<br />

duen <strong>in</strong>dividuelle Nutzenmaximierer s<strong>in</strong>d, die nur auf ihren eigenen Nutzen achten und diesen<br />

gegebenenfalls auch auf Kosten anderer zu maximieren versuchen. Die wichtigste E<strong>in</strong>fluss-<br />

größe <strong>in</strong> der Nutzenfunktion ist im Regelfall der Gew<strong>in</strong>n oder e<strong>in</strong>e andere damit verbundene<br />

und ebenfalls quantifizierbare Größe. Andere nicht ökonomische und schwer quantifizierbare<br />

E<strong>in</strong>flussgrößen, wie beispielsweise persönliche Genugtuung, Fairness oder Zufriedenheit f<strong>in</strong>-<br />

den bisher kaum E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die ökonomischen Nutzenfunktionen. Die konsequente Umset-<br />

zung dieser ökonomischen Nutzentheorie resultiert letztendlich <strong>in</strong> der Opportunismusannah-<br />

me, die <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e grundlegende Gestaltungsgrundlage bedeutsamer ökonomischer<br />

Theorien, wie beispielsweise der Transaktionskostentheorie geworden ist. Viele Untersu-<br />

chungen haben jedoch gezeigt, dass diese ökonomische Annahme des „Homo oeconomicus“<br />

mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Nutzenmaximierung nicht immer ganz der Realität entspricht. So<br />

f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> Experimenten, <strong>in</strong> denen beispielsweise das Diktator- oder Ultimatumspiel gespielt<br />

werden, immer wieder altruistisches und auf Fairness bedachtes Verhalten der Versuchspersonen<br />

328 , welches völlig im Widerspruch zur ökonomischen Annahme der <strong>in</strong>dividuellen<br />

Nutzenmaximierung oder spieltheoretischen Analysen steht. Anhand der Untersuchungen<br />

wird der Anteil der Spieler mit hart egoistischen Präferenzen auf ca. 20 bis 30 Prozent und der<br />

Anteil der Spieler mit sozialen Präferenzen auf ca. 40 bis 60% geschätzt 329 . Soziale Präferenzen<br />

wie Fairness, Reziprozität, Altruismus oder die Abneigung gegen Ungerechtigkeiten ha-<br />

327<br />

Vgl. beispielsweise Williamson (1985), Barney und Ouchi (1986), Kreps (1990) und Varian (1996).<br />

328<br />

Sethi und Somanathan (2003) S. 1, Cason und Mui (2002) S. 244f, Croson, Boles et al. (2003) S. 144, Fehr<br />

und Schmidt (2002) S. 213ff und Falk, Fehr et al. (2003) S. 23f.<br />

329<br />

Vgl. Fehr und Gächter (2000) S. 162.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 112<br />

ben somit auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ökonomischen Kontext e<strong>in</strong>en bedeutsamen E<strong>in</strong>fluss auf das Verhal-<br />

ten von Personen 330 .<br />

Inzwischen versucht man daher diese Phänomene vermehrt <strong>in</strong> der ökonomischen Theorie zu<br />

berücksichtigen, <strong>in</strong>dem man materielle Nutzenfunktionen um diese sozialen Aspekte erwei-<br />

tert 331 . Gemäß Fehr und Schmidt (2002) S. 219 lassen sich zwei grundsätzliche Zugänge zur<br />

Beschreibung und Modellierung sozialer Präferenzen unterscheiden. Erstens die Berücksich-<br />

tigung der sozialen Präferenzen <strong>in</strong> der Nutzenfunktion der Entscheidungsträger. Bei diesem<br />

Ansatz wird weiterh<strong>in</strong> davon ausgegangen, dass sich die Spieler rational verhalten, und die<br />

traditionellen Konzepte der klassischen Spieltheorie können als Analyse<strong>in</strong>strument verwendet<br />

werden 332 . Der zweite Ansatz berücksichtigt auch die Absicht, mit der die e<strong>in</strong>zelnen Entscheidungen<br />

getroffen werden. Die Spieler berücksichtigen daher nicht nur den Nutzen der<br />

anderen Spieler oder etwaige wahrgenommene Ungerechtigkeiten <strong>in</strong> ihrer eigenen Nutzenfunktion,<br />

sondern auch die Absicht, mit der die Gegner die jeweiligen Entscheidungen treffen.<br />

Hier spielen also auch die möglichen Verhaltensalternativen, sowie die Interpretation des<br />

gegnerischen Verhaltens, e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle 333 . Allerd<strong>in</strong>gs bedarf dieser Ansatz der<br />

Verwendung e<strong>in</strong>er komplizierten Modellierungstechnik, <strong>in</strong> Form von „Psychologischen Spielen“,<br />

sodass die traditionellen Analysemethoden nicht angewandt werden können 334 .<br />

Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse spielen die sozialen Aspekte auch <strong>in</strong> Gefangenendilemmasituationen<br />

e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle 335 . So zeigen beispielsweise Dixon (2000) und<br />

Oechssler (2002), dass es selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gefangenendilemmasituation zu kooperativem Verhalten<br />

kommt, wenn die e<strong>in</strong>zelnen Spieler ihre optimalen Strategien an den durchschnittlichen<br />

Auszahlungen der gesamten Population der Spieler orientieren. Indem die <strong>in</strong>dividuellen Auszahlungen<br />

des Spiels mit den durchschnittlichen Auszahlungen <strong>in</strong> der gesamten Population<br />

komb<strong>in</strong>iert werden, kommt es zu e<strong>in</strong>er Integration sozialer Präferenzen <strong>in</strong> Nutzenfunktion.<br />

Auch Locher (1991b) S. 61 schlägt die Berücksichtung sozialer Aspekte als möglichen Aus-<br />

330<br />

Vgl. Fehr und Fischbacher (2002) S. C2ff und Fehr und Schmidt (2002) S. 211ff.<br />

331<br />

Vgl. Sethi und Somanathan (2003) S. 17, Fehr und Schmidt (1999) 820ff und Fehr und Schmidt (2002) S.<br />

219ff.<br />

332<br />

Vgl Sethi und Somanathan (2003) S. 21, Dixon (2000) S. 224 und Oechssler (2002) S. 406ff.<br />

333<br />

Vgl. Falk, Fehr et al. (2003) S. 25.<br />

334<br />

Vgl. Geanakoplos und Pearce (1989) S. 63ff.<br />

335<br />

Vgl. Fehr und Fischbacher (2002) S. C13ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 113<br />

weg aus dem Gefangenendilemma vor und spricht von e<strong>in</strong>er motivationsorientierten Lösung<br />

des Dilemmas.<br />

Angenommen e<strong>in</strong> Spieler verhält sich im S<strong>in</strong>ne der Reziprozitätsnorm, d.h. er ist grundsätz-<br />

lich bereit zu kooperieren, wenn die anderen Spieler ebenfalls kooperieren, bzw. er ist bereit<br />

die anderen Spieler zu bestrafen, wenn sie nicht kooperieren 336 . In Folge kommt es zu e<strong>in</strong>er<br />

Veränderung se<strong>in</strong>er ursprünglichen Präferenzordnung, weil er den Nutzen aus der beiderseiti-<br />

gen Kooperation höher bewertet als den Nutzen aus se<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>seitigen opportunistischen<br />

Verhalten. Inzwischen existiert e<strong>in</strong>e Vielzahl an verschiedenen Modellen und Theorien mit<br />

denen man solche reziproke Präferenzen <strong>in</strong> die Nutzenfunktion <strong>in</strong>tegrieren kann 337 . Da aller-<br />

d<strong>in</strong>gs die Forschung <strong>in</strong> diesem Bereich noch sehr jung ist und sämtliche Modelle noch ver-<br />

schiedene Nachteile und Unzulänglichkeiten aufweisen, wird hier zur Illustration – stellvertre-<br />

tend für die verschiedenen Modellierungsmöglichkeiten – e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Form u(x,y) der<br />

sozialen Nutzenfunktion gewählt 338 . X und Y stehen für die Auszahlungen der beiden Spieler<br />

<strong>in</strong> den jeweiligen Strategien und die Spieler mit der sozialen Nutzenfunktion bewerten den<br />

Nutzen durch die beiderseitige Kooperation höher als den Nutzen aus e<strong>in</strong>seitiger Defektion.<br />

Setzen wir nun beispielsweise die <strong>Information</strong>swerte der e<strong>in</strong>zelnen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

für den Fall des <strong>Information</strong>stransferdilemmas (2*IW ba +IW ex >2*IW ba >IW ba +IW ex >IW ba ) <strong>in</strong><br />

die soziale Nutzenfunktion e<strong>in</strong>, so ergibt sich die folgende soziale Präferenzordnung<br />

u<br />

u<br />

ba<br />

ba<br />

ba ex ba<br />

( 2*<br />

IW , 2*<br />

IW ) > u(<br />

2*<br />

IW + IW , IW ) ><br />

ba ex ba ex<br />

ba<br />

ba ex<br />

( IW + IW , IW + IW ) > u(<br />

IW , 2*<br />

IW + IW )<br />

(Gleichung 4-15)<br />

Der Unterschied zur ursprünglichen Nutzenfunktion liegt nun dar<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> Spieler <strong>in</strong> jedem<br />

Fall kooperiert, wenn auch alle anderen kooperieren. Mit hart egoistischen Präferenzen würde<br />

der Spieler immer das opportunistische Verhalten vorziehen, unabhängig davon was die ande-<br />

ren machen. Allerd<strong>in</strong>gs spielt jetzt aufgrund der veränderten Präferenzordnung die Unsicher-<br />

heit über das Verhalten der anderen Spieler e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle zur Bestimmung der<br />

336 Vgl. Falk, Fehr et al. (2003) S. 20.<br />

337 Für e<strong>in</strong>e ausführliche Diskussion verschiedener Nutzenfunktionen zur Berücksichtigung sozialer Präferenzen<br />

siehe z.B. Fehr und Schmidt (2002) und die dar<strong>in</strong> zitierten Literaturquellen.<br />

338 Die direkte Integration von sozialen Präferenzen <strong>in</strong> der Nutzenfunktion entspricht dem oben beschriebenen<br />

ersten Modellierungsansatz. Dieser Ansatz wird gewählt, da er e<strong>in</strong>e explizite Analyse mit klassischen spieltheo-<br />

retischen Methoden erlaubt.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 114<br />

optimalen Strategie 339 . Wenn es den Spielern aber gel<strong>in</strong>gt, diese Unsicherheit bezüglich ihres<br />

Verhaltens zu überw<strong>in</strong>den, kann das Gefangenendilemma aufgelöst werden.<br />

Die nachfolgende Abbildung 29 stellt das <strong>Information</strong>stransfer-Spiel mit der geänderten Nut-<br />

zenfunktion dar. Wenn beide Spieler nun <strong>in</strong> diesem Spiel über idente Nutzenfunktionen ver-<br />

fügen 340 und die Unsicherheit über das Verhalten des anderen ger<strong>in</strong>g ist, ist es e<strong>in</strong> Nash-<br />

Gleichgewicht, wenn beide Firmen ihre <strong>Information</strong>en austauschen. Die Berücksichtigung<br />

sozialer Aspekte wie beispielsweise Fairness oder Reziprozität, kann also bei entsprechender<br />

Transformation der Nutzenfunktion zu e<strong>in</strong>er Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

führen. Allerd<strong>in</strong>gs spielen auch die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und die Interaktion zwischen hart<br />

egoistischen und sozialen Präferenzen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, da sich selbst Spieler mit sozialen<br />

Präferenzen nicht immer automatisch fair verhalten und kooperieren 341 .<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

A<br />

339 Vgl. Locher (1991b) S. 62.<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

u A(4,4)>u A(5,2)>u A(3,3)>u A(2,5)<br />

u B(4,4)>u B(5,2)>u B(3,3)>u B(2,5)<br />

uA (2*IWba ,2*IWba ),<br />

uB(2*IWba ,2*IWba uA (2*IW<br />

)<br />

uA (4,4); uB (4,4)<br />

ba ,2*IWba ),<br />

uB (2*IWba ,2*IWba )<br />

uA (4,4); uB (4,4)<br />

uA (IWba ,2*IWba +IWex ),<br />

uB (2*IWba +IWex ,IWba uA(IW )<br />

uA (2,5); uB (5,2)<br />

ba ,2*IWba +IWex ),<br />

uB (2*IWba +IWex ,IWba )<br />

uA (2,5); uB (5,2)<br />

uA (2*IWba +IWex ,IWba ),<br />

uB(IWba , 2*IWba +IWex uA (2*IW<br />

)<br />

uA (5,2); uB (2,5)<br />

ba +IWex ,IWba ),<br />

uB (IWba , 2*IWba +IWex )<br />

uA(5,2); uB(2,5) uA (IWba +IWex ,IWba +IWex ),<br />

uB (IWba +IWex ,IWba +IWex uA (IW<br />

)<br />

uA (3,3); uB (3,3)<br />

ba +IWex ,IWba +IWex ),<br />

uB (IWba +IWex ,IWba +IWex )<br />

uA (3,3); uB (3,3)<br />

Abbildung 29: <strong>Information</strong>stransfer-Spiel mit sozialen Präferenzen 342 .<br />

340 Die Annahme, dass beide Spieler über soziale Präferenzen verfügen, ist nicht zw<strong>in</strong>gend notwendig, wie die<br />

Untersuchungen von Fehr und Fischbacher (2002), Fehr und Schmidt (1999) zeigen. Vielmehr spielen die Rah-<br />

menbed<strong>in</strong>gungen und die Interaktionen zwischen hart egoistischen und sozialen Präferenzen e<strong>in</strong> wichtige Rolle.<br />

341 Für e<strong>in</strong>e Diskussion über die verschiedenen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, <strong>in</strong> denen die sozialen Präferenzen e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Entscheidungen haben siehe z.B. Fehr und Schmidt (2002), Fehr und Gächter (2000) und Fehr<br />

und Schmidt (1999).<br />

342 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 115<br />

Insgesamt ersche<strong>in</strong>t es durchaus plausibel, dass bei (langfristigen) Austauschbeziehungen<br />

faires Verhalten im S<strong>in</strong>ne der Reziprozitätsnorm aufgrund der erhöhten Instrumentalität e<strong>in</strong>en<br />

Nutzen für die e<strong>in</strong>zelnen Firmen darstellt, der über den materiell quantifizierbaren Wert des<br />

<strong>Information</strong>stransfers h<strong>in</strong>ausgeht. So konnte Schrader (1990) <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er empirischen Studie<br />

nachweisen, dass der <strong>Information</strong>stransfer umso wahrsche<strong>in</strong>licher ist, je freundschaftlicher<br />

das Verhältnis zwischen den Unternehmen ist. Schlussendlich werden auch beim unternehmensübergreifenden<br />

<strong>Information</strong>stransfer im Regelfall die <strong>Information</strong>en zwischen e<strong>in</strong>zelnen<br />

Personen ausgetauscht, sodass die Annahme sozialer Präferenzen im jeweiligen E<strong>in</strong>zelfall<br />

durchaus zutreffen kann. Zusätzlich bietet die Annahme sozialer Präferenzen auch e<strong>in</strong>en Erklärungsansatz<br />

für e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> kurzfristigen und oder e<strong>in</strong>maligen Interaktionen,<br />

da Erwartungen über zukünftige materielle Vorteile nachweislich ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss haben<br />

343 .<br />

4.4 <strong>Information</strong>sasymmetrien<br />

Im Gegensatz zur Neoklassischen Ökonomie, <strong>in</strong> der sämtliche Marktteilenehmer über voll-<br />

ständige und perfekte <strong>Information</strong>en verfügen 344 , haben <strong>Information</strong>sasymmetrien <strong>in</strong> den<br />

Theorien der neuen Institutsökonomie e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung 345 . Viele ökonomische Problemstellungen<br />

ergeben sich aus der ungleichen Verteilung von <strong>Information</strong>en zwischen den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Akteuren. Insbesondere neuere Theorien wie die Property-Rights-Theorie, Transaktionskostentheorie<br />

oder die Pr<strong>in</strong>cipal-Agent-Theorie versuchen diese <strong>Information</strong>sasymmetrien<br />

explizit zu modellieren und zu berücksichtigen 346 .<br />

In Anlehnung an die Pr<strong>in</strong>cipal-Agent-Theorie lassen sich zwei verschiedene Problemtypen<br />

der <strong>Information</strong>sasymmetrien unterscheiden 347 :<br />

1. Hidden Action Problem:<br />

Beim Hidden Action Problem kann der Pr<strong>in</strong>zipal weder die Handlungen des Agenten<br />

beobachten, noch kann er Rückschlüsse aus den Ergebnissen auf das Verhalten des<br />

343<br />

Vgl. Fehr und Fischbacher (2002) S. C3.<br />

344<br />

Vgl. Picot, Dietl et al. (1997) S. 45 und Dierickx und Cool (1989) S. 1504.<br />

345<br />

Vgl. Picot, Reichwald et al. (2001) S. 39.<br />

346<br />

Vgl. Vetschera (2000) S. 152.<br />

347<br />

Die folgende Klassifizierung f<strong>in</strong>det sich beispielsweise bei Arrow (1991) S. 38 und Vetschera (1999) S. 343.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Literatur auch andere Klassifizierungsmöglichkeiten: Vgl., Picot, Dietl et al. (1997)<br />

S. 85ff und Picot, Reichwald et al. (2001) S. 57ff oder Rasmusen (1994) S. 165ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 116<br />

Agenten ziehen. Dies kann dazu führen, dass der Agent se<strong>in</strong>e Handlungsspielräume<br />

opportunistisch ausnützt und den Interessen des Pr<strong>in</strong>zipals zuwider handelt (Moral<br />

Hazard). E<strong>in</strong> typisches Beispiel für imperfekte <strong>Information</strong>en ist die Beziehung zwischen<br />

Aktionären und Management.<br />

2. Hidden <strong>Information</strong> Problem:<br />

Vom Hidden <strong>Information</strong> Problem spricht man, wenn der Pr<strong>in</strong>zipal zwar die Handlungen<br />

des Agenten beobachten kann, ihm aber notwendige (Umwelt)<strong>Information</strong>en zur<br />

Beurteilung dieser fehlen. Der Agent besitzt also private <strong>Information</strong>en, die dem Pr<strong>in</strong>zipal<br />

nicht zur Verfügung stehen. E<strong>in</strong>ige Beispiele für unvollständige <strong>Information</strong>en<br />

s<strong>in</strong>d bestimmte Eigenschaften des Agenten, welche dem Pr<strong>in</strong>zipal vor Vertragsabschluss<br />

unbekannt s<strong>in</strong>d oder die Probleme e<strong>in</strong>er zentralen Produktionsplanung bei dezentralen<br />

Produktionsstätten. Durch Signall<strong>in</strong>g und Screen<strong>in</strong>g kann man versuchen,<br />

die <strong>Information</strong>sasymmetrien zwischen dem Pr<strong>in</strong>zipal und dem Agenten zu verr<strong>in</strong>gern.<br />

In den nachfolgenden Modellen dienen diese <strong>Information</strong>sasymmetrien als Ausgangspunkt<br />

für e<strong>in</strong>e vertiefende Analyse des <strong>Information</strong>stransferdilemmas. Indem man versucht diese<br />

<strong>Information</strong>sasymmetrien explizit zu modellieren, soll deren E<strong>in</strong>fluss auf e<strong>in</strong>en möglichen<br />

<strong>Information</strong>stransfer untersucht und gegebenenfalls mögliche Maßnahmen zur Verr<strong>in</strong>gerung<br />

der <strong>Information</strong>sdefizite abgeleitet werden.<br />

4.4.1 Sequentielle Spiele und Imperfekte <strong>Information</strong>en<br />

Im bisherigen Grundmodell wurde immer davon ausgegangen, dass die Spieler gleichzeitig<br />

entscheiden und ihre Züge parallel durchführen. In der Praxis f<strong>in</strong>den die meisten Spielzüge<br />

jedoch häufig statt, nachdem die Spieler die vorangegangenen Züge ihrer Mitspieler zum<strong>in</strong>dest<br />

zum Teil beobachten konnten. Dadurch haben die Spieler auch die Möglichkeit, im Zeitverlauf<br />

des Spiels zusätzliche <strong>Information</strong>en, welche sich aus dem Verhalten der Mitspieler<br />

ableiten lassen, <strong>in</strong> ihrer Entscheidung mit zu berücksichtigen. Auch im Falle des <strong>Information</strong>stransfers<br />

werden die <strong>Information</strong>en im Regelfall nicht gleichzeitig zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Zeitpunkt, sondern meist Zug um Zug im Rahmen e<strong>in</strong>er längerfristigen Zusammenarbeit ausgetauscht<br />

348 . Es stellt sich daher die Frage, ob es im Falle <strong>Information</strong>stransferdilemmas e<strong>in</strong>en<br />

Unterschied gibt zwischen parallelen Zügen und den damit verbundenen Problemen der<br />

348 Vgl. von Hippel (1998) S. 76ff und Schrader (1990) S. 47ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 117<br />

„Hidden Action“ sowie e<strong>in</strong>em schrittweisen <strong>Information</strong>saustausch, bei dem die Informatio-<br />

nen Zug um Zug ausgetauscht werden.<br />

Um solche dynamische Spielsituationen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>zelne Züge <strong>in</strong> Abhängigkeit von voraus-<br />

gegangenen Aktionen der Mitspieler geplant und durchgeführt werden, zu modellieren und zu<br />

analysieren, eignet sich die extensive Form bzw. der Spielbaum 349 . Dabei wird jeder Zug ei-<br />

nes Spielers durch e<strong>in</strong>en Knoten dargestellt, an dem der Spieler zwischen den verschiedenen<br />

Ästen (se<strong>in</strong>en Handlungsalternativen) auswählen kann. Die zeitliche Reihenfolge der Züge<br />

e<strong>in</strong>es Spielers ergibt sich aus der Abfolge der Knoten im Spielbaum (vgl. Abbildung 30). Des<br />

weiteren kann der <strong>Information</strong>sstand des Spielers aus dem Spielbaum abgelesen werden.<br />

Kennt e<strong>in</strong> Spieler sämtliche vorangegangenen Spielzüge se<strong>in</strong>er Gegner, so weiß er zu e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Zeitpunkt genau, <strong>in</strong> welchen Knoten des Spielbaumes er sich bef<strong>in</strong>det. Man<br />

spricht dann von perfekter <strong>Information</strong> 350 . Wenn er jedoch die Handlungen se<strong>in</strong>er Mitspieler<br />

nicht beobachten kann, so handelt es sich um e<strong>in</strong> Spiel mit imperfekter <strong>Information</strong>. Diese<br />

imperfekte <strong>Information</strong> wird im Spielbaum durch e<strong>in</strong>en grauen Rahmen, der nicht unterscheidbare<br />

Knoten kennzeichnet, dargestellt. So weiß beispielsweise Spieler B im rechten<br />

Spiel der Abbildung 30 nicht, ob A nun se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en transferiert hat oder nicht. Auch<br />

wenn die Annahme imperfekter <strong>Information</strong>en im Grundmodell von von Hippel (1988) S.<br />

85ff nicht sehr realistisch ist, da der Empfänger immer weiß, ob es e<strong>in</strong>en Transfer gegeben hat<br />

oder nicht, ist es als Vergleich zum Modell mit perfekten <strong>Information</strong> sehr brauchbar. Anhand<br />

des Vergleichs kann der E<strong>in</strong>fluss der perfekten <strong>Information</strong> auf das <strong>Information</strong>stransferproblem<br />

untersucht werden.<br />

349 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 13ff, Kreps (1993) S. 13ff und Rasmusen (1994) S. 35ff.<br />

350 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 15 und Rasmusen (1994) S.45.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

A<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

2*IWba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 4,4<br />

IWba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex 2,5<br />

2*IWba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 5,2<br />

IWba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex 3,3<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

A<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

Seite 118<br />

Perfekte <strong>Information</strong> Imperfekte <strong>Information</strong><br />

Abbildung 30: <strong>Information</strong>stransferdilemma als Sequentielles Spiel mit perfekter und<br />

imperfekter <strong>Information</strong> 351 .<br />

2*IWba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 2*IW<br />

4,4<br />

ba , 2*IWba 4,4<br />

IWba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex IW<br />

2,5<br />

ba , 2*IWba +IWex 2,5<br />

2*IWba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 2*IW<br />

5,2<br />

ba +IWex ,IWba 5,2<br />

IWba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba +IWex , IWba +IWex 3,3<br />

Um derartige Sequentielle Spiele zu lösen, bedient man sich der Methode der Backward-<br />

Induction d.h. man beg<strong>in</strong>nt am letzten Entscheidungsknoten und untersucht rückwärts gehend<br />

für jeden weiteren Knoten, welche Strategiekomb<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> diesem Teilspiel optimal ist 352 .<br />

Betrachtet man das Spiel mit imperfekter <strong>Information</strong>, so wird Spieler B unabhängig davon<br />

was A macht, <strong>in</strong> jedem Entscheidungsknoten immer „ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer“ als optimale<br />

Strategie wählen 353 , da gilt<br />

und<br />

2 * IW > 2*<br />

ba ex<br />

ba<br />

+ IW IW<br />

(Gleichung 4-16)<br />

IW ><br />

ba ex ba<br />

+ IW IW<br />

(Gleichung 4-17)<br />

Da Spieler A die optimale Strategie von Spieler B antizipiert, ist wegen<br />

351 Eigenerstellung.<br />

IW ><br />

352 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 115.<br />

ba ex ba<br />

+ IW IW<br />

(Gleichung 4-18)<br />

353 Die optimalen Strategien der Spieler s<strong>in</strong>d durch die dickeren Striche <strong>in</strong> der Abbildung gekennzeichnet.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 119<br />

die beste Antwort von A ebenfalls „ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer“ zu spielen. Dies bedeutet, dass<br />

bei imperfekter <strong>Information</strong> und sequentiellem Spielverlauf das <strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

nicht aufgelöst werden kann. Die Lösung „ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer“ „ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>s-<br />

transfer“ ist <strong>in</strong> diesem Beispiel sogar teilspielperfekt d.h. ke<strong>in</strong> Spieler wird se<strong>in</strong>e Strategie<br />

ändern, unabhängig davon, <strong>in</strong> welchem Knoten des Spiels er sich tatsächlich bef<strong>in</strong>det 354 .<br />

Auch wenn Spieler B volle <strong>Information</strong> über die Spielzüge von A besitzt (Spiel mit perfekter<br />

<strong>Information</strong>), wird er nicht von se<strong>in</strong>er optimalen Strategie „ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer“ abwei-<br />

chen. Beide Spieler kooperieren wiederum nicht und es kommt ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer zustande.<br />

Dieses Beispiel zeigt, dass auch mit Hilfe von zusätzlichen <strong>Information</strong>en über das<br />

Verhalten des Partners, das <strong>Information</strong>stransferdilemma nicht aufgelöst werden kann, da<br />

Spieler B – selbst oder gerade, wenn Spieler A kooperiert – immer den Anreiz hat, sich opportunistisch<br />

zu verhalten. Dieses Ergebnis impliziert auch, dass ke<strong>in</strong>er der beiden Spieler aus<br />

der Beobachtung des gegnerischen Verhaltens e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>svorteil zieht 355 . Dadurch ist<br />

es letztlich irrelevant, welcher Spieler den ersten Zug durchführt, solange ke<strong>in</strong> kooperatives<br />

Verhalten des zweiten Spielers <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er anderen Art und Weise erzwungen werden<br />

kann.<br />

4.4.2 Sequentielle Spiele und unvollständige <strong>Information</strong>en<br />

Bisher wurde immer davon ausgegangen, dass alle Spieler über e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Wissen über<br />

das Spiel verfügen. Unter geme<strong>in</strong>samem Wissen versteht man D<strong>in</strong>ge, die jeder Spieler weiß<br />

und von denen jeder auch weiß, dass sie allen anderen bekannt s<strong>in</strong>d und zudem auch, dass alle<br />

anderen wiederum wissen, dass sie allen bekannt s<strong>in</strong>d etc. 356 . Wenn jeder Spieler die Strategiemengen<br />

Si, die Anzahl der Spieler N und die möglichen Auszahlungsfunktionen ui(s) aller<br />

Spieler kennt, dann handelt es sich um e<strong>in</strong> Spiel mit vollständiger <strong>Information</strong>, welches sich<br />

relativ e<strong>in</strong>fach analysieren lässt. Allerd<strong>in</strong>gs f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> der Realität immer wieder Spielsituationen,<br />

<strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>zelne Spieler private <strong>Information</strong>en über bestimmte Charakteristika<br />

354<br />

Vgl. Rasmusen (1994) S. 94.<br />

355<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 46 und Rasmusen (1994) S. 165.<br />

356<br />

Ursprünglich wurde dieses Konzept des geme<strong>in</strong>samen Wissens von Aumann (1976) formalisiert. Mehr <strong>Information</strong><br />

dazu f<strong>in</strong>det sich bei Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 45 und Osborne und Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> (1994) S. 73ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 120<br />

oder Eigenschaften besitzen, die den anderen Spieler nicht zur Verfügung stehen 357 . In diesen<br />

Fällen spricht man dann von Spielen mit unvollständiger <strong>Information</strong> 358 .<br />

Aufgrund des <strong>Information</strong>sparadoxons ist auch im Falle des <strong>Information</strong>stransfer a priori da-<br />

von auszugehen, dass die beiden Spieler <strong>in</strong> der Praxis ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en über den Informa-<br />

tionswert des Gegenspielers besitzen 359 . So ist der <strong>Information</strong>swert den anderen Spielern<br />

zum<strong>in</strong>dest vor e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer def<strong>in</strong>itiv unbekannt und es ist durchaus realistisch,<br />

dass der Wert selbst nach erfolgtem <strong>Information</strong>stransfer nicht genau bestimmt werden kann.<br />

Da aber der Grund- und Zusatzwert die Auszahlungsfunktionen <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Strategien<br />

des Gegenspielers bestimmen, handelt es sich dann genau genommen um e<strong>in</strong> Spiel mit un-<br />

vollständiger <strong>Information</strong>. Beide Spieler kennen im Regelfall nur ihre eigenen <strong>Information</strong>s-<br />

werte, nicht aber die ihres Gegenspielers, sodass aufgrund der privaten <strong>Information</strong>en im<br />

Spiel, ke<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Wissen mehr über die möglichen Auszahlungsfunktionen existiert.<br />

Dieser Sachverhalt verlangt nach e<strong>in</strong>er tiefgreifenden Erweiterung des Grundmodells, da die-<br />

ses als Spiel mit vollständiger <strong>Information</strong> modelliert ist.<br />

Um Spiele mit unvollständiger <strong>Information</strong> zu modellieren, wird die Natur als Dummy-<br />

Spieler am Beg<strong>in</strong>n des Spiels e<strong>in</strong>geführt. Die Natur wählt für jeden e<strong>in</strong>zelnen Spieler i gewis-<br />

{ }<br />

se Eigenschaften aus, <strong>in</strong>dem sie ihm e<strong>in</strong>en bestimmten Typ ti ∈ Ti<br />

mit T i = T 1,<br />

T2,...,<br />

Tn<br />

zu-<br />

360<br />

ordnet, deren konkrete Ausprägungen die anderen Spieler nicht beobachten können . Diese<br />

erweiterte Form des Spielbaumes wird als Bayessches Spiel bezeichnet. Um e<strong>in</strong> solches Bay-<br />

essches Spiel zu lösen, benötigt man <strong>Information</strong>en über die Menge aller erdenklichen Typen<br />

Ti sowie e<strong>in</strong>e Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung p(t-i|ti), die angibt, welche subjektive Wahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeit man dem Ereignis zuordnet, dass die Komb<strong>in</strong>ation der Typen der Mitspieler t-i<br />

ist, wenn man selber vom Typ ti ist 361 . Somit kennt zwar jeder Spieler se<strong>in</strong>en eigenen Typ ti,<br />

er kann sich aber über die Verteilung der Typen se<strong>in</strong>er Gegenspieler nur e<strong>in</strong>e Wahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeitsvorstellung bilden, ohne deren genauen Eigenschaften zu kennen. Somit entsteht aus<br />

357 Jedes Kartenspiel, wie beispielsweise Poker lebt, davon, dass nur der Spieler selbst <strong>Information</strong>en über den<br />

wahren Wert se<strong>in</strong>er eignen Karten hat, die er etwa durch Täuschungsmanöver oder Bluffs etc. zu se<strong>in</strong>em Vorteil<br />

ausnutzen kann.<br />

358 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 48 und Rasmusen (1994) S. 47.<br />

359 Vgl. Glaser (1980) S. 940.<br />

360 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 49.<br />

361 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 81.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 121<br />

e<strong>in</strong>em Spiel mit unvollständiger <strong>Information</strong> e<strong>in</strong> Spiel mit vollständiger aber imperfekter In-<br />

formation. In unserem Falle des <strong>Information</strong>stransfers bestimmt die Natur also zufällig das<br />

Verhältnis des Grund- und Zusatzwertes der <strong>Information</strong>, d.h. die Eigenschaften der <strong>Information</strong>swerte<br />

des Gegenspielers entsprechen e<strong>in</strong>em der vier möglichen Fälle aus Kapitel 4.1.<br />

Unvollständige <strong>Information</strong>en über den gegnerischen <strong>Information</strong>swert:<br />

In der ersten Erweiterung gehen wir nun von der Annahme aus, dass Spieler A den Zusatzwert<br />

der <strong>Information</strong> des Spielers B nicht kennt 362 . Weiters gilt für Spieler A, dass se<strong>in</strong><br />

Grundwert größer ist als se<strong>in</strong> Zusatzwert, also IW ba >IW ex . Dies entspricht dem Fall des <strong>Information</strong>stransferdilemmas.<br />

Um diese Erweiterung mit den bisherigen Spielen möglichst vergleichbar zu machen, gelten<br />

für Spieler B wie bisher die Annahmen vollständiger und perfekter <strong>Information</strong>en. Spieler B<br />

kennt also sowohl se<strong>in</strong>e eigenen <strong>Information</strong>swerte als auch die von A und er kann die Aktionen<br />

von A beobachten. Die folgende Abbildung 31 stellt diese Spielsituation anhand e<strong>in</strong>es<br />

Zahlenbeispiels dar. Die Ungewissheit über die genauen Eigenschaften der <strong>Information</strong>swerte<br />

von B ist bei Spieler A durch den grauen <strong>Information</strong>sbezirk dargestellt. Spieler A ist also<br />

lediglich <strong>in</strong> der Lage, bestimmte E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten für die verschiedenen Typen<br />

festzulegen, ohne genau zu wissen, <strong>in</strong> welchem Ast des Spielbaumes er sich bef<strong>in</strong>det.<br />

362<br />

Es ist <strong>in</strong> diesem Beispiel ausreichend, wenn nur der Zusatzwert unbekannt ist, da letztlich das Verhältnis von<br />

Zusatzwert zum Grundwert entscheidend ist und nicht deren absolute Höhe. Daher ist formal ke<strong>in</strong> Unterschied,<br />

ob nur der Zusatzwert oder auch der Grundwert unbekannt s<strong>in</strong>d.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

N<br />

00<br />

p 1<br />

IW ex =0<br />

p 3<br />

IW ex 0 ist, dann ist es für B stets optimal, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en nicht zu transferieren, da er<br />

se<strong>in</strong>en Zusatzwert verlieren würde und A e<strong>in</strong>en eventuellen <strong>Information</strong>stransfer ohneh<strong>in</strong> be-<br />

reits durchgeführt hat. In den restlichen beiden Fällen ist es entweder e<strong>in</strong> Vorteil für B die<br />

363 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 123<br />

<strong>Information</strong>en zu transferieren (IW ex


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 124<br />

also nicht vom Verhalten des Gegenspielers ab. Daher ist es letztendlich egal, ob man <strong>in</strong> die-<br />

sem Modell <strong>Information</strong>en über die <strong>Information</strong>swerte des Gegenspielers besitzt oder nicht.<br />

Die absolute Höhe des Grund- bzw. Zusatzwertes spielt, wie man <strong>in</strong> diesem <strong>Information</strong>s-<br />

transfer-Spiel erkennen kann, e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle. Der entscheidende E<strong>in</strong>flussfaktor des<br />

Modells ist das Verhältnis des Grundwertes zum Zusatzwert. E<strong>in</strong>e Erweiterung des Modells<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der Ungewissheit über die Höhe der Grundwerte br<strong>in</strong>gt daher ke<strong>in</strong>e zusätzlichen<br />

Erkenntnisse, da sich sämtliche Komb<strong>in</strong>ationen aus Grund- und Zusatzwert auf e<strong>in</strong>en der vier<br />

Grundfälle reduzieren lassen. Die Analyse dieses erweiterten Modells ergibt sich also analog<br />

zu unseren bisherigen Überlegungen.<br />

Unvollständige <strong>Information</strong>en über den eigenen <strong>Information</strong>swert:<br />

In den bisherigen Modellen hat man lediglich die Eigenschaften der <strong>Information</strong>swerte des<br />

Gegenspielers nicht gekannt, während zum<strong>in</strong>dest der eigene Zusatzwert bekannt war. Auf-<br />

grund der komplizierten Bestimmung des Zusatzwertes und der dah<strong>in</strong>terliegenden komplexen<br />

Zusammenhänge, ersche<strong>in</strong>t es <strong>in</strong> der Praxis allerd<strong>in</strong>gs durchaus plausibel, dass Unternehmen<br />

nicht genau <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, die Höhe ihres eigenen Zusatzwertes zu bestimmen 366 . In diesem<br />

Fall sehen sich die Unternehmen bezüglich ihres eigenen Zusatzwertes mit e<strong>in</strong>er ähnlichen<br />

Situation konfrontiert, wie wir sie bereits im letzten Modell h<strong>in</strong>sichtlich des gegnerischen<br />

Zusatzwertes kennen gelernt haben. Wir wollen diese Situation anhand des folgenden<br />

Spielbaums <strong>in</strong> Abbildung 32 veranschaulichen.<br />

366 Vgl. dazu die Ausführungen zur Bestimmung des Zusatzwertes <strong>in</strong> Kapitel 3.4.1


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

N<br />

00<br />

p 1<br />

IW ex =0<br />

p 3<br />

IW ex IW ex ).<br />

367 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 126<br />

Unabhängig davon welche <strong>Information</strong>swerte Spieler A hat, ist es <strong>in</strong> diesem Spiel die optima-<br />

le Strategie von B, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en nie zu transferieren. Dies ist nicht weiter verwunder-<br />

lich, da die Spielsituation aus der Sicht von B analog zum letzten Beispiel ist und wir bereits<br />

weiter oben zu diesem Ergebnis gekommen s<strong>in</strong>d. Der Unterschied zum letzten Spiel liegt aber<br />

nun <strong>in</strong> der Situation von A. Da A se<strong>in</strong>e eigenen <strong>Information</strong>swerte nicht kennt, kann er se<strong>in</strong>e<br />

optimale Strategie nicht explizit bestimmen. Vielmehr hängt se<strong>in</strong>e optimale Strategie nun von<br />

der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung der vier möglichen Fälle ab. Es sei Π(0) der Gew<strong>in</strong>n ohne<br />

<strong>Information</strong>stransfer und Π(1) der Gew<strong>in</strong>n mit <strong>Information</strong>stransfer. Geht man nun im e<strong>in</strong>-<br />

fachsten Fall von Risikoneutralität bei Spieler A und e<strong>in</strong>er Gleichverteilung der vier möglichen<br />

Fälle, also pi=1/4 aus, dann kann man die Erwartungswerte für die beiden Strategien<br />

berechnen. Vorausgesetzt, dass Spieler B se<strong>in</strong>e optimale Strategie spielt, d.h. ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en<br />

transferiert, beträgt der Erwartungswert e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers für Spieler A gleich<br />

E(Π(1))=0.25*2+0.25*2+0.25*2+0.25*2=2. Der Erwartungswert, wenn ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong><br />

transferiert wird, ist E(Π(0))=0.25*3+0.25*5+0.25*2+0.25*1=2.75. Somit ist es für Spieler<br />

A vorteilhafter, wenn er ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en transferiert, da der Erwartungswert dieser Strategie<br />

größer ist als der Erwartungswert bei <strong>Information</strong>stransfer. In diesem Fall wird also ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>Information</strong> transferiert, bzw. es kommt zu ke<strong>in</strong>er Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs hängt die Vorteilhaftigkeit der jeweiligen Strategie für A von se<strong>in</strong>er subjektiven<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung ab. Würde Spieler A vor allem die E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

der Umweltzustände 3 und 4 höher gewichten, so wäre es durchaus denkbar, dass der Erwartungswert<br />

bei <strong>Information</strong>stransfer größer wird als ohne Transfer. Dies ist möglich, da im<br />

Umweltzustand S4 der <strong>Information</strong>stransfer immer besser ist als ke<strong>in</strong> Transfer und im Umweltzustand<br />

S3 Spieler A <strong>in</strong>different zwischen Transfer und ke<strong>in</strong>em Transfer ist (vgl. Tabelle<br />

6).<br />

368 Eigenerstellung.<br />

Fall Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

pi<br />

Transfer<br />

von A<br />

Ke<strong>in</strong><br />

Transfer<br />

von A<br />

S1 p1 2 < 5<br />

S2 p2 2 < 3<br />

S3 p3 2 = 2<br />

S4 p4 2 > 1<br />

Tabelle 6: Mögliche Fälle und Auszahlungen der verschiedenen Strategien 368 .


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 127<br />

Anhand unseres Beispiels lässt sich rechnerisch zeigen, dass es e<strong>in</strong>e bestimmte Wahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeitsverteilung gibt, bei der der <strong>Information</strong>stransfer zu e<strong>in</strong>er dom<strong>in</strong>anten Strategie wird.<br />

Da die Summe der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der vier möglichen Umweltzustände 1 ergeben muss<br />

und der dritte Fall für beide Strategien ident ist und somit ke<strong>in</strong>erlei Auswirkung auf deren<br />

Vorteilhaftigkeit hat, folgt<br />

p + −<br />

(Gleichung 4-20)<br />

1 p2<br />

+ p4<br />

= 1 p3<br />

Fasst man die Summe von p1, p2 und p4 als Variable c zusammen, d.h. p1+p2+p4 = c, dann<br />

kann man Gleichung 4-20 umformulieren 369 :<br />

Daraus ergibt sich<br />

1<br />

c = 1− p<br />

(Gleichung 4-21)<br />

2<br />

3<br />

p = c − p − p<br />

(Gleichung 4-22)<br />

4<br />

Schreibt man nun die Bed<strong>in</strong>gung, dass der Erwartungswert mit <strong>Information</strong>stransfer größer ist<br />

als ohne Transfer, <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Ungleichung an und ersetzt man die e<strong>in</strong>zelnen Wahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeiten mit den obigen Ausrücken, so erhält man für p4<br />

2 p + 2 p + 2 p + 2 p ≥ 5p<br />

+ 3p<br />

+ 2 p + 1p<br />

2<br />

( c − p − p ) + 2 p + 2 p ≥ 5(<br />

c − p − p )<br />

4<br />

1<br />

2 p<br />

2<br />

2<br />

2<br />

+ 4 p<br />

4<br />

4<br />

2c<br />

≥ 5c<br />

− 2 p<br />

p<br />

2<br />

≥ 3c<br />

3c<br />

1<br />

≥ − p<br />

4 2<br />

2<br />

3<br />

− 4 p<br />

2<br />

4<br />

4<br />

4<br />

1<br />

2<br />

2<br />

3<br />

4<br />

4<br />

+ 3p<br />

2<br />

+ 1p<br />

4<br />

(Gleichung 4-23)<br />

369 Die E<strong>in</strong>führung der Variable c dient zur Vere<strong>in</strong>fachung der Berechnung. In diesem Beispiel wurde p3 heraus-<br />

gegriffen, allerd<strong>in</strong>gs kann jede andere Variable p1, p2 und p4 ebenfalls gewählt werden, da analoge Überlegungen<br />

gelten.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 128<br />

Unter der Annahme, dass p1=0 ist, ergibt sich die maximale Obergrenze von p2 <strong>in</strong> Abhängig-<br />

keit von p3 und p4 als<br />

Schließlich ergibt sich p1 aus<br />

p<br />

4<br />

+ p<br />

2<br />

≤ c<br />

3c<br />

1<br />

− p2<br />

+ p2<br />

≤ c<br />

4 2<br />

c 1−<br />

p3<br />

p2<br />

≤ =<br />

2 2<br />

1 1− p2<br />

− p3<br />

p4<br />

(Gleichung 4-24)<br />

p = −<br />

(Gleichung 4-25)<br />

Verfügt Spieler A also nun beispielsweise über e<strong>in</strong>e Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung mit<br />

p1=0.05, p2=0.3, p3=0.1 und p4=0.55, dann ist der Erwartungswert bei <strong>Information</strong>stransfer<br />

E(Π(1))=2 und der Erwartungswert ohne Transfer E(Π(0))=1.9. In diesem Fall wäre es für<br />

e<strong>in</strong>en risikoneutralen Spieler A optimal, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en zu transferieren. Analoge Über-<br />

legungen gelten natürlich auch für Spieler B, wenn er se<strong>in</strong>e eigenen <strong>Information</strong>swerte nicht<br />

kennt.<br />

Geht man davon aus, dass beide Spieler gleichzeitig unvollständige <strong>Information</strong>en über ihre<br />

eigenen <strong>Information</strong>swerte besitzen, so kann plötzlich der gegenseitige <strong>Information</strong>saustausch<br />

zu e<strong>in</strong>er dom<strong>in</strong>anten Gleichgewichtsstrategie werden. Angenommen Spieler A verfügt über<br />

oben angegebene Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung und Spieler B schätzt die E<strong>in</strong>trittswahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeiten mit p1=0.1, p2=0.25, p3=0.05 und p4=0.6. Dann ist auch für Spieler B der<br />

Erwartungswert bei Transfer E(Π(1))=2 größer als der Erwartungswert ohne Transfer<br />

E(Π(0))=1.95. Beide Spieler würden also, obwohl sie davon ausgehen, dass der andere Spie-<br />

ler se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en nicht tauscht, ihre <strong>Information</strong>en transferieren. Hierbei ist letztlich<br />

dann egal, ob die subjektiven Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen den realen Gegebenheiten ent-<br />

sprechen oder aufgrund e<strong>in</strong>er Fehle<strong>in</strong>schätzung der beiden Spieler zustande kommen.<br />

Es tritt also der paradoxe Fall e<strong>in</strong>, dass unvollständige <strong>Information</strong>en über die eigenen Infor-<br />

mationswerte zu e<strong>in</strong>er Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas und somit zu e<strong>in</strong>er Bes-<br />

serstellung der beiden Spieler führen. Dieses Resultat steht im Widerspruch zu der klassi-


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 129<br />

schen Annahme, dass im entscheidungstheoretischen Kontext mehr <strong>Information</strong> immer besser<br />

ist als weniger <strong>Information</strong>, sofern ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>sbeschaffungskosten anfallen 370 . So<br />

me<strong>in</strong>t beispielsweise Laux (1998) S. 356<br />

„Wenn nach <strong>Information</strong> der Zustand mit Sicherheit bekannt ist, kann sich e<strong>in</strong>e kostenlose<br />

<strong>Information</strong> ex post <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall als nachteilig erweisen.“<br />

In unserem <strong>Information</strong>stransfer-Spiel kann allerd<strong>in</strong>gs die genaue Kenntnis der <strong>Information</strong>swerte<br />

im Falle des <strong>Information</strong>stransferdilemmas zu e<strong>in</strong>em schlechteren Ergebnis führen,<br />

als dies ohne die zusätzliche <strong>Information</strong> der Fall ist. Würden beispielsweise beide Spieler<br />

wissen, dass sie das <strong>Information</strong>stransferdilemma spielen, würden sie ihre <strong>Information</strong>en<br />

nicht transferieren und nur e<strong>in</strong>e Auszahlung von 3 anstatt von 4 erhalten. Grundsätzlich bleibt<br />

die Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers jedoch fraglich, wenn sich e<strong>in</strong> Spieler bezüglich<br />

se<strong>in</strong>er subjektiven Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsannahme sehr verschätzt hat und <strong>in</strong> Realität die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für Fall 1 (IW ex >IW ba ) sehr hoch ist. Dann würde nämlich der <strong>Information</strong>stransfer<br />

mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zu e<strong>in</strong>em langfristigen Nachteil für das transferierende<br />

Unternehmen führen. Solange dieser erste Fall aber sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich ist, kann die<br />

unvollständige <strong>Information</strong> über die eigenen <strong>Information</strong>swerte beide Spieler besser stellen,<br />

da der <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> allen anderen Fällen zu e<strong>in</strong>em besseren oder zum<strong>in</strong>dest gleich<br />

guten Ergebnis führt.<br />

4.4.3 Zusammenfassung<br />

Fasst man die Ergebnisse des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels bei <strong>Information</strong>sasymmetrien zusammen,<br />

so kommt man zu dem überraschenden Schluss, dass zusätzliche <strong>Information</strong>en über<br />

die <strong>Information</strong>swerte des Gegenspielers oder über se<strong>in</strong> Verhalten ke<strong>in</strong>en (<strong>Information</strong>s)vorteil<br />

br<strong>in</strong>gen. Überraschend ist dieser Schluss deswegen, weil vor allem <strong>in</strong> den Ansätzen<br />

der neueren Institutsökonomien, <strong>Information</strong>sasymmetrien e<strong>in</strong>e Ursache für pareto <strong>in</strong>effiziente<br />

Situationen (im ökonomischen S<strong>in</strong>n) darstellen, die durch die Beschaffung zusätzlicher<br />

<strong>Information</strong>en häufig aufgelöst werden können. Wie wir <strong>in</strong> diesen Beispielen gesehen haben,<br />

entsteht ke<strong>in</strong> Vorteil für e<strong>in</strong>en Spieler, wenn er sich zusätzliche <strong>Information</strong>en über se<strong>in</strong>en<br />

Gegenspieler besorgt. Vielmehr s<strong>in</strong>d die optimalen Strategien <strong>in</strong> den hier betrachteten <strong>Information</strong>stransfer-Spielen<br />

e<strong>in</strong>zig und alle<strong>in</strong> von den jeweiligen Zusatzwerten der Spieler und<br />

370 Vgl. Demski (1988) S. 142.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 130<br />

dem damit verbundenen Verhältnis zum Grundwert abhängig. Somit ist e<strong>in</strong>e Lösung des In-<br />

formationstransferdilemmas durch die Beschaffung von zusätzlichen <strong>Information</strong>en über die<br />

Aktionen oder Charakteristika des Gegenspielers nicht möglich. Es macht auch ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, a<br />

priori teure Signale über mögliche Aktionen oder <strong>Information</strong>swerte an den anderen zu sen-<br />

den oder <strong>in</strong> teure <strong>Information</strong>ssysteme zu <strong>in</strong>vestieren, um die Handlungen und Aktionen des<br />

anderen Spielers zu beobachten und zu dokumentieren, da dies die optimalen Strategien nicht<br />

bee<strong>in</strong>flusst. Aus spieltheoretischer Sichtweise führen – unter den genannten Rahmenbed<strong>in</strong>-<br />

gungen – weder Signall<strong>in</strong>g noch Screen<strong>in</strong>g zu e<strong>in</strong>er Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas.<br />

Besonders bemerkenswert ist allerd<strong>in</strong>gs die Erkenntnis, dass die Unwissenheit über die eigenen<br />

<strong>Information</strong>swerte unter bestimmten Vorraussetzungen den <strong>Information</strong>stransfer zu e<strong>in</strong>er<br />

Gleichgewichtsstrategie werden lässt und dies zu e<strong>in</strong>er Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

führen kann. Da viele Unternehmen ihre <strong>Information</strong>swerte nicht genau kennen, ersche<strong>in</strong>t<br />

dieser Erklärungsansatz für das Zustandekommen des <strong>Information</strong>saustausches zwischen<br />

Unternehmen durchaus plausibel. Allerd<strong>in</strong>gs tendieren die Firmen <strong>in</strong> der Praxis wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

eher dazu, den Zusatzwert IW ex zu überschätzen, wodurch dieser Erklärungsansatz<br />

nur <strong>in</strong> bestimmten Fällen anwendbar ist.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 131<br />

4.5 Änderung der Auszahlungsfunktionen<br />

E<strong>in</strong>ige Autoren schlagen zur Überw<strong>in</strong>dung des Gefangenendilemmaproblems e<strong>in</strong>e Änderung<br />

der Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und Spielregeln vor 371 . Gängige Regeländerungen s<strong>in</strong>d beispiels-<br />

weise Strafen, vertragliche Vere<strong>in</strong>barungen, Prämien oder Steuern. Derartige Lösungen füh-<br />

ren normalerweise zu e<strong>in</strong>er Änderung der Auszahlungsmatrix, wodurch es zu e<strong>in</strong>er Verände-<br />

rung des ursprünglichen Spiels kommt. Im nachfolgenden Teilkapitel werden daher e<strong>in</strong>ige<br />

mögliche Veränderungen an der Auszahlungsfunktion des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels disku-<br />

tiert und deren Auswirkungen auf das <strong>Information</strong>stransferdilemma untersucht.<br />

4.5.1 Regelorientierte Lösung<br />

E<strong>in</strong> bekannter Lösungsansatz im klassischen Gefangenendilemma ist die sogenannte „Mafia-<br />

lösung“. Wenn beide Verbrecher wissen, dass ihnen der Tod droht, wenn sie das „Gesetz des<br />

Schweigens“ brechen und ihre Komplizen denunzieren, wird ke<strong>in</strong>er von ihnen e<strong>in</strong> Geständnis<br />

ablegen 372 . Durch diese Drohung wird die Auszahlungsmatrix so verändert, dass Nicht-<br />

Gestehen zu e<strong>in</strong>er optimalen Strategie für beide Gefangene wird. Die Kooperation kann also<br />

durch e<strong>in</strong>e übergeordnete Instanz erzwungen werden, sofern deren Drohungen glaubwürdig<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Im Falle unseres <strong>Information</strong>stransferdilemmas wollen wir e<strong>in</strong>en ähnlichen Lösungsansatz<br />

betrachten. Angenommen beide Spieler vere<strong>in</strong>baren e<strong>in</strong>e Strafzahlung an den anderen zu leisten,<br />

falls nur e<strong>in</strong>er der beiden Spieler nicht kooperiert. Wenn die Höhe der Strafe 2 beträgt,<br />

dann ergibt sich für unser <strong>Information</strong>stransferdilemma die folgende Spielsituation <strong>in</strong><br />

Abbildung 33.<br />

371<br />

Vgl. Locher (1991b) S. 62 und Axelrod (1995) S. 119f.<br />

372<br />

Vgl. Helmedag (2001) S. 1496, Dixit und Nalebuff (1995) S. 97 und Picot, Reichwald et al. (2001) S. 43f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

A<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

Strafe -2<br />

B<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

B<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

2 * IWba , 2 * IWba 2 * IW<br />

4,4<br />

ba , 2 * IWba 2 * IW<br />

4,4<br />

ba , 2 * IWba 2 * IW<br />

4,4<br />

ba , 2 * IWba 4,4<br />

IWba + Strafe, 2 * IWba +IWex _ IW Strafe<br />

4,3<br />

ba + Strafe, 2 * IWba +IWex _ IW Strafe<br />

4,3<br />

ba + Strafe, 2 * IWba +IWex _ IW Strafe<br />

4,3<br />

ba + Strafe, 2 * IWba +IWex _ Strafe<br />

4,3<br />

2*IWba +IWex - Strafe, IWba 2*IW + Strafe<br />

ba +IWex -Strafe, IWba 2*IW + Strafe<br />

ba +IWex - Strafe, IWba 2*IW + Strafe<br />

ba +IWex -Strafe, IWba + Strafe<br />

3,4 3,4<br />

IWba + IWex , Iwba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba + IWex , Iwba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba + IWex , Iwba +IWex IW<br />

3,3<br />

ba + IWex , Iwba +IWex 3,3<br />

Abbildung 33: <strong>Information</strong>stransfer-Spiel mit vertraglichen Strafzahlungen 373 .<br />

Seite 132<br />

In diesem neuen Spiel ist der beiderseitige <strong>Information</strong>stransfer e<strong>in</strong> stabiles Nash-<br />

Gleichgewicht, da ke<strong>in</strong>er der beiden Spieler freiwillig von dieser dom<strong>in</strong>anten Strategie ab-<br />

weicht. Das Nash-Gleichgewicht ist <strong>in</strong> diesem Spiel unabhängig davon, ob die Entscheidun-<br />

gen h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander – also sequentiell – oder parallel getroffen werden. Somit ist der Abschluss<br />

e<strong>in</strong>es Vertrages e<strong>in</strong>e mögliche Lösungsvariante für das <strong>Information</strong>stransferdilemma.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d im Falle des <strong>Information</strong>stransfers e<strong>in</strong>ige zusätzliche Probleme bei der Ver-<br />

tragsgestaltung zu berücksichtigen, die unter Umständen den Abschluss e<strong>in</strong>es Vertrages zur<br />

Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas verh<strong>in</strong>dern können: A priori ist es grundsätzlich<br />

sehr schwierig, die M<strong>in</strong>desthöhe des Strafausmaßes optimal festzulegen, solange man die<br />

betreffende <strong>Information</strong> nicht kennt. Die optimale M<strong>in</strong>desthöhe der Strafe hängt nämlich vom<br />

Zusatzwert ab. Setzt man das Strafausmaß zu niedrig an, besteht immer noch der Anreiz, die<br />

betreffende <strong>Information</strong> aufgrund des hohen Zusatzwertes für sich zu behalten und lieber die<br />

Strafe zu bezahlen. E<strong>in</strong>e Strafe von 0.5 würde <strong>in</strong> unserem Beispiel nicht zur Lösung des Prob-<br />

lems beitragen, da sich Spieler B trotz Strafe besser stellt, wenn er se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en für<br />

sich behält (4.5>4). Die korrekte Festlegung des Strafausmaßes ist also e<strong>in</strong>e notwendige<br />

Grundvoraussetzung für das Funktionieren des vertraglichen Lösungsansatzes.<br />

373 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 133<br />

E<strong>in</strong> weiteres Problem ergibt sich aus der Glaubwürdigkeit der vertraglichen Verpflichtung. Es<br />

ist fraglich, ob der Abschluss des Vertrages e<strong>in</strong>e wirklich b<strong>in</strong>dende Verpflichtung darstellt,<br />

zukünftig relevante <strong>Information</strong>en mit dem anderen Spieler zu teilen. Hat e<strong>in</strong> Spieler nämlich<br />

se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> bereits an den anderen Spieler transferiert, existiert ke<strong>in</strong>e Möglichkeit<br />

mehr, dem Gegenspieler diese <strong>Information</strong> wieder wegzunehmen 374 . Sobald e<strong>in</strong> Spieler die<br />

<strong>Information</strong>en des anderen besitzt, hat er sehr wenig Anreize, die vertraglichen Vere<strong>in</strong>barungen<br />

auch weiterh<strong>in</strong> zu erfüllen. Insbesondere als es ex post auch sehr schwierig ist, die<br />

E<strong>in</strong>haltung des Vertrages zu überprüfen. Da Spieler A den Wert der zu transferierenden<br />

<strong>Information</strong> von B a priori nicht kennt, kann er ex post nicht beurteilen, ob er von Spieler B<br />

auch wirklich relevante <strong>Information</strong>en erhalten hat oder nicht. Spieler B kann dies zu se<strong>in</strong>em<br />

Vorteil ausnutzen, <strong>in</strong>dem er Spieler A irrelevante <strong>Information</strong>en, also z.B. <strong>Information</strong>en<br />

ohne hohen Zusatzwert zur Verfügung stellt. Es ist also zu befürchten, dass es sich bei den<br />

vertraglichen Vere<strong>in</strong>barungen aufgrund der fehlenden Überprüfungs- und<br />

Sanktionierungsmöglichkeiten, um leere Ankündigung handeln kann (Cheap Talk) 375 . Nur<br />

wenn es wirklich gel<strong>in</strong>gt, den Wert der <strong>Information</strong> a priori zu bestimmen ohne die<br />

<strong>Information</strong> preisgeben zu müssen, kann die vertragliche Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>e praxistaugliche<br />

Lösung se<strong>in</strong>. Im Vergleich zur oben beschriebenen „Mafialösung“ ist der vertragliche<br />

Lösungsansatz daher deutlich schwächer, da die Glaubwürdigkeit e<strong>in</strong>er übergeordneten<br />

I nstanz im Regelfall größer ist.<br />

4.5.2 Erweitertes Modell mit Synergieeffekten und direktem Kooperationsnutzen<br />

In den bisher betrachteten Modellen wurden nur der Grund- und Zusatzwert – also die Änderung<br />

des <strong>Information</strong>swertes – als E<strong>in</strong>flussfaktoren auf die Transferentscheidung berücksichtigt.<br />

Wie wir aber bereits <strong>in</strong> Kapitel 3.4 gesehen haben, spielen auch noch andere E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle bei der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers.<br />

In den meisten Fällen f<strong>in</strong>det der <strong>Information</strong>stransfer nicht nur e<strong>in</strong>malig statt, sondern ist<br />

vielmehr e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil e<strong>in</strong>er längerfristigen Austauschbeziehung (z.B. <strong>in</strong> Strategischen<br />

Allianzen oder unternehmensübergreifenden Netzwerken) zwischen zwei oder mehreren<br />

Unternehmen. Da der <strong>Information</strong>saustausch e<strong>in</strong>e wichtige Grundbed<strong>in</strong>gung für das Funktionieren<br />

der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit ist 376 , kann der <strong>Information</strong>stransfer<br />

nicht e<strong>in</strong>fach isoliert betrachtet werden, sondern muss im Gesamtkontext der zwi-<br />

374<br />

Vgl. Kapitel 2.4.1.<br />

375<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 19.<br />

376 Vgl. Dyer (1997) S. 546.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 134<br />

schenbetrieblichen Kooperation gesehen werden. Sofern der Nutzen der Kooperation den Zu-<br />

satzwertverlust kompensiert, ist es für e<strong>in</strong> Unternehmen vorteilhaft, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en zu<br />

transferieren. Der Zusatzwertverlust kann also gleichermaßen als Investition <strong>in</strong> die Kooperation<br />

und deren Fortbestand betrachtet werden, die so lange S<strong>in</strong>n macht, als die erwarteten<br />

Rückflüsse aus der Kooperation die Investitionskosten übersteigen. Da diese Rückflüsse aus<br />

der Kooperation von Allianz zu Allianz unterschiedlich se<strong>in</strong> können, macht es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n,<br />

den möglichen Kooperationsnutzen oder Synergieeffekte direkt im <strong>Information</strong>swert zu berücksichtigen.<br />

Viel s<strong>in</strong>nvoller ist es neben dem Verhältnis von Grund- und Zusatzwert, auch<br />

den geme<strong>in</strong>samen und privaten Nutzen der Kooperation explizit als E<strong>in</strong>flussfaktoren für die<br />

Transferentscheidung zu berücksichtigen.<br />

In Anlehnung an Kapitel 3.4.4 unterscheiden wir zwischen dem direkten Nutzen der Kooperation,<br />

den Synergieeffekten des <strong>Information</strong>stransfers und dem privaten Nutzen (Leverag<strong>in</strong>g<br />

Effekt) der Kooperation. Während die Synergieeffekte und der private Nutzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em direkten<br />

Zusammenhang mit den transferierten <strong>Information</strong>en stehen, wird der direkte Kooperationsnutzen<br />

meistens nur <strong>in</strong>direkt durch den <strong>Information</strong>stransfer bee<strong>in</strong>flusst. In der Praxis<br />

spielt jedoch die Unterscheidung zwischen direktem Kooperationsnutzen und Synergieeffekten<br />

nur e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle. Letztlich zählt der absolute Nutzen, den der Entscheidungsträger<br />

zusätzlich zu den neuen <strong>Information</strong>en aufgrund des <strong>Information</strong>saustausches <strong>in</strong> der<br />

Kooperation erhält. Betrachten wir beispielsweise nachfolgende allgeme<strong>in</strong>e Spielmatrix unseres<br />

symmetrischen <strong>Information</strong>stransfer-Spiels <strong>in</strong> Abbildung 34 377 . In Abhängigkeit von der<br />

Höhe der Auszahlungen und deren Verhältnis untere<strong>in</strong>ander, liegen unterschiedliche Spielsituationen<br />

vor, die jeweils verschiedene Optimalstrategien aufweisen. So ergeben sich z.B. die<br />

wichtigsten vier Fälle aus folgenden Komb<strong>in</strong>ationen:<br />

1. <strong>Information</strong>stransfer als vorteilhaftes Nash-Gleichgewicht:<br />

Bed<strong>in</strong>gung: a>b, a>c, a>d<br />

2. Ke<strong>in</strong>-<strong>Information</strong>stransfer als vorteilhaftes Nash-Gleichgewicht:<br />

Bed<strong>in</strong>gung: d>a, d>b, d>c<br />

3. <strong>Information</strong>stransferdilemma:<br />

Bed<strong>in</strong>gung: c>a>d>b<br />

4. <strong>Information</strong>stransfers als „schwaches“ Nash-Gleichgewicht:<br />

Bed<strong>in</strong>gung: a=c und a>b, a>d<br />

377<br />

Da e<strong>in</strong> nicht-symmetrisches <strong>Information</strong>stransfer-Spiel acht unterschiedliche Werte hätte, wodurch die<br />

Komplexität der Analyse stark zunimmt, beschränkt sich die vorliegende Analyse auf den symmetrischen Fall.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 135<br />

Aus welchen konkreten Bestandteilen sich dieser Nutzen des <strong>Information</strong>saustausches<br />

schlussendlich zusammensetzt, ist zur Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas solange e-<br />

gal, als der absolute Wert der Auszahlungen bestimmt werden kann.<br />

Firma A<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

a<br />

c<br />

a<br />

b<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

b<br />

d<br />

c<br />

d<br />

<strong>Information</strong>swert von B<br />

<strong>Information</strong>swert von A<br />

Abbildung 34: Allgeme<strong>in</strong>e Spielmatrix des symmetrischen <strong>Information</strong>stransfer-Spiels 378 .<br />

Allerd<strong>in</strong>gs dürfte <strong>in</strong> der Praxis die Bestimmung des absoluten Nutzens e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>s-<br />

transfers aufgrund der komplexen Zusammenhänge und der besonderen Eigenschaften der<br />

<strong>Information</strong> nicht immer so e<strong>in</strong>fach möglich se<strong>in</strong>. Daher ist die genaue Kenntnis der mögli-<br />

chen E<strong>in</strong>flussfaktoren zur Bestimmung des absoluten Wertes für e<strong>in</strong>en Entscheidungsträger<br />

enorm wichtig, da das gesamte Entscheidungsproblem <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>ere Bestandteile zerlegt werden<br />

kann, welche er dann systematisch analysieren kann. Es werden daher im folgenden Abschnitt<br />

e<strong>in</strong>ige Beispiele analysiert wie der E<strong>in</strong>fluss von Synergieeffekten und Kooperationsnutzen zu<br />

unterschiedlichen Spielsituationen und somit verschiedenen optimalen Strategien führen kön-<br />

nen.<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Schritt werden der Synergieeffekt und der Leverag<strong>in</strong>g Effekt als Erweiterung<br />

<strong>in</strong> unser <strong>Information</strong>stransfer-Spiel aufgenommen. Kommt also e<strong>in</strong> gegenseitiger Informati-<br />

onsaustausch zustande, so können beide Firmen neben den beiden Grundwerten 2*IW ba auch<br />

noch e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Synergieeffekt s realisieren, der mehr ist, als die Summe der beiden<br />

Grundwerte. Der Gesamtwert G der transferierten <strong>Information</strong>en bei beiderseitiger Koopera-<br />

tion ergibt sich dann aus der Summe der beiden Grundwerte plus e<strong>in</strong>em möglichen Synergie-<br />

effekt<br />

378 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

G=2*IW ba +s (Gleichung 4-26)<br />

Seite 136<br />

Während dieser Synergieeffekt nur realisiert werden kann, wenn beide Unternehmen koope-<br />

rieren, kann der Leverag<strong>in</strong>g Effekt l sofort realisiert werden, sobald e<strong>in</strong> Unternehmen die<br />

<strong>Information</strong> des anderen Unternehmens erhalten hat. Die Realisierung des Leverag<strong>in</strong>g<br />

Effektes ist also unabhängig davon, ob man selber kooperiert oder nicht. Erweitert man nun<br />

das ursprüngliche Modell um diese beiden Effekte so ergibt sich die neue Auszahlungsmatrix<br />

<strong>in</strong> Abbildung 35 für unser <strong>Information</strong>stransfer-Spiel.<br />

Firma A<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

s Synergieeffekt<br />

l Leverag<strong>in</strong>g Effekt<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

2*IWba 2*IW +s+l ba 2*IW +s+l ba +s+l<br />

2*IWba 2*IW +s+l ba 2*IW +s+l ba +s+l<br />

2*IWba +IWex 2*IW +l<br />

ba +IWex 2*IW +l<br />

ba +IWex +l<br />

IWba IWba IWba Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

IWba IWba IWba 2*IWba +IWex 2*IW +l<br />

ba +IWex 2*IW +l<br />

ba +IWex +l<br />

IWba +IWex IWba +IWex IWba +IWex IWba +IWex IWba +IWex IWba +IWex <strong>Information</strong>swert von B<br />

<strong>Information</strong>swert von A<br />

Abbildung 35: <strong>Information</strong>stransfer-Spiel mit e<strong>in</strong>er erweiterten Auszahlungsmatrix 379 .<br />

In diesem neuen <strong>Information</strong>stransfer-Spiel ist der <strong>Information</strong>stransfer genau dann e<strong>in</strong> vor-<br />

teilhaftes Nash-Gleichgewicht, wenn gilt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l ≥ 2*<br />

IW + IW + l (Gleichung 4-27)<br />

Die optimale Strategie der beiden Spieler ist nun nicht mehr alle<strong>in</strong>e vom Verhältnis des<br />

Grund- zum Zusatzwerts, sondern auch vom Verhältnis des Synergieeffektes zum Zusatzwert<br />

abhängig. Insgesamt lassen sich hierbei drei verschieden Varianten unterscheiden: Der Syner-<br />

gieeffekt s kann gleich se<strong>in</strong>, größer se<strong>in</strong> oder kle<strong>in</strong>er se<strong>in</strong> als der Zusatzwert IW ex . Komb<strong>in</strong>iert<br />

379 Abänderung <strong>in</strong> Anlehnung an Löbbecke, Van Fenema et al. (1999) S. 19.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 137<br />

man diese drei Möglichkeiten mit den vier denkbaren Szenarien der <strong>Information</strong>swerte, so<br />

lassen sich 12 verschiedene Fälle <strong>in</strong> unserem <strong>Information</strong>stransfer-Spiel unterscheiden. Geht<br />

man allerd<strong>in</strong>gs von der realistischen Annahme aus, dass der Synergieeffekt nicht negativ se<strong>in</strong><br />

kann, so verbleiben nur mehr neun s<strong>in</strong>nvolle Fälle, die es zu analysieren gilt 380 .<br />

Ist der Synergieeffekt gleich groß wie der Zusatzwert, so ist e<strong>in</strong> Spieler <strong>in</strong>different, ob er sei-<br />

ne <strong>Information</strong>en weitergeben soll oder nicht, sofern der andere Spieler bereit ist, se<strong>in</strong>e In-<br />

formationen herzugeben. Es gilt also<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l = 2*<br />

IW + IW + l (Gleichung 4-28)<br />

Der Anreiz sich opportunistisch zu verhalten wird also ger<strong>in</strong>ger als im Grundmodell, da kei-<br />

ner e<strong>in</strong>en Vorteil hat, e<strong>in</strong>seitig von der kooperativen Lösung abzuweichen. Obwohl <strong>in</strong> dieser<br />

Spielsituation der <strong>Information</strong>stransfer nur e<strong>in</strong> „schwaches“ Nash-Gleichgewicht ist, ersche<strong>in</strong>t<br />

im Vergleich zum Nash-Gleichgewicht des Nicht-Transfers e<strong>in</strong>e Kooperation der beiden Fir-<br />

men durchaus plausibel, da sich beide Firmen verbessern können, wenn sie kooperieren. Die-<br />

se Spielsituation ist <strong>in</strong> ihrer Gesamtwirkung also dem dritten Fall (IW ex =0) unseres Grundmo-<br />

dells sehr ähnlich. Allerd<strong>in</strong>gs wird durch die möglichen Synergieeffekte selbst <strong>in</strong> den Fällen 1<br />

(IW ex >IW ba ) und 2 (IW ba >IW ex ) der <strong>Information</strong>stransfer zu e<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>nvollen Lösungsmög-<br />

lichkeit, sodass dies e<strong>in</strong>e deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Modell dar-<br />

stellt.<br />

Wenn der Synergieeffekt größer ist als der Zusatzwert, dann wird der Verlust des Zusatzwer-<br />

tes durch den Synergieeffekt mehr als kompensiert, da gilt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l > 2*<br />

IW + IW + l (Gleichung 4-29)<br />

Somit ist der beiderseitige <strong>Information</strong>saustausch und die Realisierung der potentiellen Syn-<br />

ergieeffekt für beide Firmen e<strong>in</strong>e optimale Strategie. Typische Beispiele für diese Situation<br />

s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>same Forschungs- und Entwicklungsprojekte, bei denen neue Technologien und<br />

Know-how entstehen, von denen beide Unternehmen durch die <strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit<br />

380 Wie wir <strong>in</strong> weiterer Folge sehen werden, lassen sich diese neun Fälle noch weiter auf die vier Grundfälle<br />

reduzieren.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 138<br />

profitieren. Der <strong>Information</strong>stransfer und die Kooperation erhöhen somit den Nutzen der ei-<br />

genen <strong>Information</strong>en und <strong>in</strong> weiterer Folge die Wissensbasis des eigenen Unternehmens. Es<br />

kommt also durch den <strong>Information</strong>stransfer zu e<strong>in</strong>er Art Hebelwirkung der eigenen Informa-<br />

tionen, der sich <strong>in</strong> den möglichen Synergieeffekten und neuen Wissensvorsprüngen nieder-<br />

schlägt 381 .<br />

Für den Fall, dass der Synergieeffekt kle<strong>in</strong>er ist als der Zusatzwert, gilt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l < 2*<br />

IW + IW + l (Gleichung 4-30)<br />

Absolut gesehen kommt es zu ke<strong>in</strong>er Veränderung der Auszahlungsmatrix im Vergleich zum<br />

Grundmodell des <strong>Information</strong>stransferdilemmas. Somit kann das Dilemma auch nicht aufge-<br />

löst werden und es ist für beide Spieler weiterh<strong>in</strong> optimal, ihre <strong>Information</strong>en nicht zu transfe-<br />

rieren, da die Gefahr des opportunistischen Verhaltens sehr groß ist. Im Gegensatz zum<br />

Grundmodell kann sich aber für den Fall 1 (IW ex >IW ba ) die Grundstruktur des Spiels aufgrund<br />

des Synergieeffektes und des Leverag<strong>in</strong>g Effektes verändern. Ist nämlich die Summe der Ef-<br />

fekte IW ba +s+l zusammen größer als der Zusatzwert IW ex , ist zum<strong>in</strong>dest der beiderseitige In-<br />

formationsaustausch besser als das E<strong>in</strong>behalten der eigenen <strong>Information</strong>en, da gilt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l > IW + IW<br />

(Gleichung 4-31)<br />

Unter dieser Bed<strong>in</strong>gung verwandelt sich Fall 1 zu e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransferdilemma (Fall 2<br />

des Grundmodells). Die Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas wird also auch für den<br />

Fall, dass der Zusatzwert größer ist als der Grundwert, zu e<strong>in</strong>er zentralen Frage, wenn man die<br />

Synergieeffekte der Kooperation explizit berücksichtigt.<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass Synergieeffekte dazu beitragen können, das Infor-<br />

mationstransferdilemma zu überw<strong>in</strong>den, sofern sie ausreichend hoch s<strong>in</strong>d. Tabelle 7 gibt<br />

nochmals e<strong>in</strong>en Überblick über alle 12 möglichen Fälle.<br />

381 Vgl. Hamel, Doz et al. (1989) S. 134.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 139<br />

s=IW ex s>IW ex s<br />

2*IW ba +IW ex 2*IW<br />

+l<br />

ba +s+l <<br />

2*IW ba +IW ex +l<br />

Fall 1: IW ex >IW ba >0 <strong>Information</strong>stransfer wird <strong>Information</strong>stransfer wird wenn IW<br />

s<strong>in</strong>nvoll<br />

Nash-Gleichgewicht<br />

ba +s+l>IW ex :<br />

<strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

Fall 2: 0


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 140<br />

theoretischen Abhandlung über die Bestimmung des Zusatzwertes haben wir gesehen, dass<br />

e<strong>in</strong>e transfer<strong>in</strong>duzierte Gew<strong>in</strong>nänderung beim <strong>Information</strong>sempfänger für den ursprünglichen<br />

<strong>Information</strong>sbesitzer solange bedeutungslos ist, als der <strong>Information</strong>sempfänger nicht versucht,<br />

die zusätzlichen Gew<strong>in</strong>ne zum Nachteil des <strong>Information</strong>sbesitzers zu verwenden. Verwendet<br />

der <strong>Information</strong>sempfänger aber die neue <strong>Information</strong> dazu, um dem ursprünglichen Informa-<br />

tionsbesitzer zu schaden, handelt es sich um den sogenannten „Negative Reverse Impact Ef-<br />

fekt“, der aufgrund der Def<strong>in</strong>ition <strong>in</strong> Kapitel 3.4.1 bereits <strong>in</strong> der Höhe des Zusatzwertes mit<br />

berücksichtigt ist. Daher ersche<strong>in</strong>t es mehr als fraglich, ob der Leverag<strong>in</strong>g Effekt gemäß der<br />

Def<strong>in</strong>ition dieser Arbeit e<strong>in</strong>en negativen E<strong>in</strong>flussfaktor auf die Transferentscheidung darstel-<br />

len kann. Auch <strong>in</strong> unserem spieltheoretischen Modell ist klar ersichtlich, dass der Leverag<strong>in</strong>g<br />

Effekt ke<strong>in</strong>erlei Auswirkungen auf die Transferentscheidung besitzt, da er die optimale Stra-<br />

tegie der beiden Spieler nicht bee<strong>in</strong>flusst.<br />

Zur besseren Veranschaulichung der hier diskutierten Ergebnisse dieses erweiterten Modells<br />

stellt die folgende Abbildung 36 nochmals e<strong>in</strong> Zahlenbeispiel für den ursprünglichen Fall des<br />

<strong>Information</strong>stransferdilemmas (IW ba >IW ex ) dar.<br />

2.Fall: IWba >IWex 2.Fall: IWba >IWex S= IW ex =1<br />

Firma A<br />

S< IW ex =0,5<br />

Firma A<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

6,6 = 2,6<br />

=<br />

6,2 3,3<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

5,5;5,5 2,6<br />

6,2 3,3<br />

S> IW ex =2<br />

Firma A<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Nash-Gleichgewicht<br />

IW ba =2<br />

IW ex =1<br />

l = 1<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

7,7 2,6<br />

6,2 3,3<br />

„schwaches“ Nash-Gleichgewicht<br />

Abbildung 36: Zahlenbeispiel des erweiterten Modells mit Synergieeffekten für den Fall des<br />

<strong>Information</strong>stransferdilemmas 383 .<br />

383 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 141<br />

Nachdem wir nun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt den Synergieeffekt und den Leverag<strong>in</strong>g Effekt <strong>in</strong><br />

unserem <strong>Information</strong>stransfer-Spiel berücksichtigt haben, können wir <strong>in</strong> weiterer Folge noch<br />

den direkten Kooperationsnutzen k im erweiterten Modell <strong>in</strong>tegrieren. Da der direkte Koope-<br />

rationsnutzen vom <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> den meisten Fällen nur <strong>in</strong>direkt bee<strong>in</strong>flusst wird,<br />

kann er auch realisiert werden, wenn ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> zwischen den beiden Partnern ausge-<br />

tauscht wird. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>in</strong> diesen Fällen dann durchaus zu erwarten, dass aufgrund der<br />

fehlenden Kommunikation die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und somit der<br />

direkte Kooperationsnutzen nicht <strong>in</strong> vollem Ausmaß realisiert wird, bzw. dass die Partner nur<br />

bed<strong>in</strong>gt bereit s<strong>in</strong>d zu kooperieren wenn die nötige Vertrauensbasis fehlt. In unserem Infor-<br />

mationstransfer-Spiel können wir diesen Umstand e<strong>in</strong>fach berücksichtigen <strong>in</strong>dem wir den<br />

Anteil des direkten Kooperationsnutzens, welcher ohne <strong>Information</strong>saustausch erreicht wer-<br />

den kann, als Prozentsatz γ�[0,1] anschreiben. Transferieren also beide Unternehmen ihre<br />

<strong>Information</strong>en und kooperieren, kann der direkte Kooperationsnutzen im vollen Umfang rea-<br />

lisiert werden, wenn allerd<strong>in</strong>gs nur e<strong>in</strong>e oder ke<strong>in</strong>e Firma ihre <strong>Information</strong>en transferiert, kann<br />

nur e<strong>in</strong> gewisser Anteil γ*k des direkten Kooperationsnutzen realisiert werden. Erweitert man<br />

nun das <strong>Information</strong>stransfer-Spiel um den direkten Kooperationsnutzen, erhält man die Aus-<br />

zahlungsmatrix <strong>in</strong> Abbildung 37.<br />

Firma Firma AA<br />

384 Eigenerstellung.<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

2*IWba 2*IW +k+s+l<br />

ba +k+s+l<br />

2*IWba 2*IW +k+s+l<br />

ba +k+s+l<br />

2*IWba +IWex 2*IW<br />

+l + γk<br />

ba +IWex +l + γk<br />

IWba IW + γk ba + γk<br />

Firma B<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

IWba IW + γk ba + γk<br />

2*IWba +IWex 2*IW<br />

+l + γk<br />

ba +IWex +l + γk<br />

IWba +IWex IW + γ k<br />

ba +IWex + γ k<br />

IWba +IWex IW + γ k<br />

ba +IWex + γ k<br />

<strong>Information</strong>swert von B<br />

s<br />

l<br />

Synergieeffekt<br />

Leverag<strong>in</strong>geffekt<br />

<strong>Information</strong>swert von A<br />

k direkter Kooperationsnutzen<br />

γ 0< γ


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Der <strong>Information</strong>stransfer ist dann e<strong>in</strong>e optimale Strategie, wenn gilt<br />

woraus folgt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l + k < 2*<br />

IW + IW + l + γk<br />

(Gleichung 4-33)<br />

k k + s > IW<br />

ex<br />

−γ (Gleichung 4-34)<br />

Seite 142<br />

Der mögliche Verlust des Zusatzwertes aufgrund des <strong>Information</strong>stransfer muss also mittels<br />

des Synergieeffektes und der Differenz aus direkten Kooperationsnutzen bei <strong>Information</strong>saus-<br />

tausch und Kooperationsnutzen ohne <strong>Information</strong>saustausch kompensiert werden. Daraus<br />

lassen sich zwei grundsätzliche Fälle für den Kooperationsnutzen unterscheiden: Wenn der<br />

realisierte Anteil γ nahe bei 1 ist, dann ist die Differenz fast Null und unser <strong>Information</strong>s-<br />

transfer-Spiel reduziert sich auf den bereits diskutierten Fall des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels<br />

mit Synergieeffekten. Der direkte Kooperationsnutzen ist dann weitgehend vom <strong>Information</strong>s-<br />

transfer unabhängig. Ist aber der Anteil γ nahe bei Null, dann ist die Differenz positiv und der<br />

direkte Kooperationsnutzen steigert die S<strong>in</strong>nhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfers. Es gelten für<br />

die Summe aus k-γk+s zwar die analogen Überlegungen wie für das <strong>Information</strong>stransfer-<br />

Spiel bei Synergieeffekten, allerd<strong>in</strong>gs wird die Vorteilhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfer nun<br />

sowohl vom Synergieeffekt als auch vom direkten Kooperationsnutzen bee<strong>in</strong>flusst. Dies kann<br />

beispielsweise <strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen der Synergieeffekt kle<strong>in</strong>er als der Zusatzwert (s


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 143<br />

als möglichen E<strong>in</strong>flussfaktor auf die <strong>Information</strong>stransferentscheidung. Wie <strong>in</strong> diesem Modell<br />

ersichtlich wird, spielt der direkte Kooperationsnutzen nur dann e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle,<br />

wenn e<strong>in</strong> direkter Zusammenhang zwischen der Realisierung des Kooperationsnutzens und<br />

des <strong>Information</strong>stransfers besteht. Kann der direkte Kooperationsnutzen auch ohne Informati-<br />

onstransfer realisiert werden, d.h. ist der Anteil γ gleich 1, so hat er bei der Beurteilung der<br />

S<strong>in</strong>nhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfer ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss, da gilt<br />

woraus folgt<br />

ba<br />

ba ex<br />

2 * IW + s + l + k ≥ 2*<br />

IW + IW + l + γk<br />

(Gleichung 4-35)<br />

ex<br />

s ≥ IW<br />

(Gleichung 4-36)<br />

Die Vorteilhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfers ergibt sich <strong>in</strong> diesem Fall aus dem Verhältnis<br />

zwischen dem Synergieeffekt s und dem Zusatzwert IW ex . E<strong>in</strong> Entscheidungsträger wird <strong>in</strong><br />

diesem Fall daher trotz e<strong>in</strong>es möglichen hohen direkten Kooperationsnutzen k ke<strong>in</strong>e Informa-<br />

tionen transferieren, wenn der Zusatzwertverlust zu groß oder der Synergieeffekt zu ger<strong>in</strong>g<br />

ist.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 144<br />

4.6 Wiederholte Spiele<br />

Obwohl der unternehmensübergreifende <strong>Information</strong>stransfer meist Bestandteil e<strong>in</strong>er länger-<br />

fristigen Austauschbeziehung zwischen zwei oder mehr Firmen ist 385 , haben wir das Informa-<br />

tionstransferdilemma bisher nur für den E<strong>in</strong>perioden-Fall analysiert. Allerd<strong>in</strong>gs f<strong>in</strong>det gerade<br />

<strong>in</strong> Wissensallianzen oder unternehmensübergreifenden Kooperationen der <strong>Information</strong>strans-<br />

fer im Regelfall öfter als e<strong>in</strong>mal statt. Dadurch erhalten die beteiligten Firmen die Möglich-<br />

keit, das vorangegangene Verhalten des Partners <strong>in</strong> ihrer <strong>Information</strong>stransferentscheidung<br />

mit zu berücksichtigen und darauf zu reagieren. Die Unternehmen können sich daher bei<br />

mehrmaliger Wiederholung der Entscheidungssituation strategisch verhalten und gegebenen-<br />

falls das Verhalten des Partners entsprechend sanktionieren oder belohnen. Es gilt daher zu<br />

prüfen, ob und wenn ja, welchen E<strong>in</strong>fluss die mehrmalige Wiederholung der Entscheidungssituation<br />

aus spieltheoretischer Sichtweise für die beteiligten Firmen im Zusammenhang mit<br />

dem <strong>Information</strong>stransferdilemma hat.<br />

4.6.1 E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Theorie wiederholter Spiele<br />

Werden Spiele mehrmals h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander wiederholt, so können sich im Vergleich zu e<strong>in</strong>em<br />

re<strong>in</strong> statischen Spiel neue strategische Handlungsmöglichkeiten ergeben 386 . Durch die wiederholte<br />

Interaktion der Spieler besteht nämlich die Möglichkeit, die Auswirkungen des eigenen<br />

Verhaltens auf zukünftige Verhaltensweisen des Gegenspielers zu berücksichtigen und<br />

sich somit strategisch zu verhalten. Zusätzlich hat der Spieler auch die Möglichkeit, auf das<br />

vorangegangene Verhalten des Gegenspielers entweder mit Kooperation oder Vergeltung zu<br />

reagieren. Damit hat e<strong>in</strong> Spieler die Möglichkeit sowohl direkt als auch <strong>in</strong>direkt – über den<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die künftigen Handlungen der Mitspieler 387 – auf die zukünftigen Auszahlungen<br />

e<strong>in</strong>zuwirken 388 . Durch die kont<strong>in</strong>uierliche Interaktion der Spieler entsteht somit automatisch<br />

e<strong>in</strong>e Art Kommunikation zwischen den Spielern, die sich aus verschiedenen Sequenzen von<br />

Kooperation, Vergeltung, Drohung und Reputation zusammensetzt und die <strong>in</strong> der Entschei-<br />

385<br />

Vgl. von Hippel (1998) S. 76ff und Schrader (1990) S. 47ff.<br />

386<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 139.<br />

387<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong>direkter E<strong>in</strong>fluss besteht dann, wenn sich beispielsweise der Gegenspieler als Antwort auf das eigenen<br />

Verhalten plötzlich kooperativ verhält. Dies setzt allerd<strong>in</strong>gs voraus, dass die eigenen Handlungen E<strong>in</strong>fluss auf<br />

die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Gegenspielers haben.<br />

388<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 140.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 145<br />

dungsf<strong>in</strong>dung berücksichtigt werden muss . Die Spieler werden also versuchen, aus dem<br />

beobachteten Verhalten des Gegenspielers Rückschlüsse auf se<strong>in</strong> zukünftiges Verhalten zu<br />

ziehen und dies gegebenenfalls zu bee<strong>in</strong>flussen. Axelrod (1995) S. 11 spricht <strong>in</strong> diesem Zu-<br />

sammenhang vom Schatten der Zukunft und me<strong>in</strong>t<br />

389<br />

"Die Zukunft kann folglich e<strong>in</strong>en Schatten auf die Gegenwart zurückwerfen und dadurch die<br />

aktuelle strategische Situation bee<strong>in</strong>flussen.“<br />

390<br />

Je größer dieser Schatten der Zukunft ist, d.h. je bedeutsamer der E<strong>in</strong>fluss der heutigen Ent-<br />

scheidung auf das zukünftige Verhalten des Gegenspielers und somit den zukünftigen Aus-<br />

zahlungen des Spiels ist, desto wichtiger ist es, diesen E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> der aktuellen Entschei-<br />

dungssituation mit zu berücksichtigen. Bezieht e<strong>in</strong> Spieler nun diesen Schatten der Zukunft <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Entscheidungsf<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>, kann es passieren, dass die ursprünglich dom<strong>in</strong>ante<br />

Strategie des statischen Spiels nicht mehr die beste Strategie im wiederholten Spiel ist. Die<br />

Berücksichtigung des Schattens der Zukunft führt bisweilen zu völlig neuen Optimalstrate-<br />

gien, die mitunter auch <strong>in</strong> krassem Widerspruch zu den Ergebnissen der Analyse im E<strong>in</strong>-<br />

Perioden-Fall stehen können. So kann es für e<strong>in</strong>en Spieler durchaus rational se<strong>in</strong>, auf kurzfris-<br />

tige Gew<strong>in</strong>ne zu verzichten, wenn die Realisierung dieser Gew<strong>in</strong>ne Vergeltungsmaßnahmen<br />

der Mitspieler provozieren würden, die <strong>in</strong> späteren Perioden zu Verlusten führen . Es<br />

kommt also zu e<strong>in</strong>em Trade Off zwischen kurz- und langfristiger Gew<strong>in</strong>nmaximierung, den<br />

der Entscheidungsträger <strong>in</strong> der wiederholten Spielsituation berücksichtigen muss. Dabei spie-<br />

len vor allem zwei E<strong>in</strong>flussfaktoren e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle : Erstens bewerten Spieler<br />

aktuelle Gew<strong>in</strong>ne zumeist höher als zukünftige Gew<strong>in</strong>ne und daher fallen die Auszahlungen<br />

des gegenwärtigen Zuges mehr <strong>in</strong>s Gewicht als zukünftige Zahlungen. Diesen Umstand kann<br />

man am besten <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Diskontierungsfaktors berücksichtigen, der angibt, um wie viel<br />

e<strong>in</strong>e Auszahlung a im Vergleich zur vergangenen Periode reduziert wird. Dadurch entsteht<br />

2 3<br />

e<strong>in</strong>e unendliche Reihe a+aδ+aδ +aδ +... deren Summe ist. Der Diskontparameter muss<br />

1−<br />

δ<br />

also entsprechend groß se<strong>in</strong>, um den Auszahlungen <strong>in</strong> der Zukunft e<strong>in</strong>e große Bedeutung für<br />

die aktuelle Entscheidungssituation zu geben. Wenn der Diskontierungsfaktor nahe bei Null<br />

389 Vgl. Axelrod (1995) S. 11.<br />

390 Axelrod (1995) S. 11.<br />

391 Vgl. Osborne und Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> (1994) S. 133 und Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 140.<br />

392 Vgl. Axelrod (1995) S. 11f.<br />

a<br />

392<br />

391


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 146<br />

ist, spielt die Zukunft ke<strong>in</strong>e Rolle, und die Wirksamkeit von möglichen Vergeltungsmaßnah-<br />

393<br />

men ist sehr ger<strong>in</strong>g . Das wiederholte Spiel unterscheidet sich dann nicht mehr von e<strong>in</strong>em<br />

394<br />

E<strong>in</strong>-Perioden-Spiel .<br />

Der zweite E<strong>in</strong>flussfaktor ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass die Spieler im kommenden Spiel<br />

wieder aufe<strong>in</strong>ander treffen. Spielen die Spieler das Spiel mit e<strong>in</strong>er sehr hohen Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

zum letzten Mal mite<strong>in</strong>ander, so reduziert sich das wiederholte Spiel wieder auf den<br />

statischen Fall ohne Wiederholungen. Da es nun ke<strong>in</strong>e Möglichkeit mehr gibt, <strong>in</strong> den kommenden<br />

Perioden das Verhalten des Gegenspielers zu bestrafen oder zu belohnen, haben die<br />

Spieler ke<strong>in</strong>e zusätzlichen Strategien, und es wird wieder das ursprünglich Gleichgewicht des<br />

E<strong>in</strong>-Perioden-Falles gespielt. Grundsätzlich unterscheidet man daher bei den Wiederholten<br />

Spielen zwischen Spielen mit endlichem und unendlichem Zeithorizont 395 . E<strong>in</strong> endlich wiederholtes<br />

Spiel liegt dann vor, wenn den Spielern von Spielbeg<strong>in</strong>n an exakt bekannt ist, wie<br />

viele Perioden sie spielen werden. Da es <strong>in</strong> der letzten Periode für die Spieler rational ist, so<br />

zu spielen wie im E<strong>in</strong>-Perioden-Fall, wird auch richtiges Verhalten <strong>in</strong> der vorletzten Periode<br />

von den Gegenspielern nicht mehr belohnt werden. Dies bed<strong>in</strong>gt allerd<strong>in</strong>gs wiederum, dass<br />

sich die Spieler auch <strong>in</strong> der vorletzten Periode so verhalten werden wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em statischen<br />

Spiel. Aufgrund des Backward-Induction-Argumentes kann man diese Überlegungen bis zur<br />

Anfangsperiode fortsetzen und die Drohung e<strong>in</strong>er möglichen Bestrafung wird von Anfang an<br />

unglaubwürdig. Dies bedeutet <strong>in</strong> weitere Folge, dass <strong>in</strong> endlichen Spielen <strong>in</strong> jeder Wiederholung<br />

das idente Gleichgewicht wie im statischen Fall gespielt wird 396 . Im Gegensatz dazu<br />

kann bei unendlicher Wiederholung e<strong>in</strong>es Spiels durchaus kooperatives Verhalten entstehen.<br />

Indem das Spiel unendlich lange wiederholt wird, bzw. die Spieler nie wissen, wann die letzte<br />

Periode ist, besteht immer die Chance, abweichendes Verhalten <strong>in</strong> den darauffolgenden Perioden<br />

vergelten, bzw. richtiges Verhalten belohnen zu können. Wenn die Spieler beispielsweise<br />

vere<strong>in</strong>baren e<strong>in</strong>e Trigger-Strategie 397 zu spielen und ihren Mitspielern glaubhaft versichern<br />

393<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 140.<br />

394<br />

Vgl. Osborne und Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> (1994) S. 136.<br />

395<br />

Vgl. Osborne und Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> (1994) S. 134f, Rasmusen (1994) S. 121ff und Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S.<br />

396<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 141.<br />

397<br />

Die Trigger-Strategie ist e<strong>in</strong>e sehr simple Vergeltungsstrategie, bei der, nachdem e<strong>in</strong>er der Spieler von der<br />

vere<strong>in</strong>barten Strategie abgewichen ist, sofort dauerhaft die Rückkehr zum nicht-kooperativen Gleichgewicht des<br />

Stufenspiels ausgelöst wird. Solange daher die (abdiskontierte) Summe aller unendlichen, nicht-kooperativen<br />

Auszahlungen <strong>in</strong>klusive des kurzfristigen Gew<strong>in</strong>nes kle<strong>in</strong>er ist als die unendliche (abdiskontierte) Summe der


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 147<br />

können, dass sie deren abweichendes Verhalten bestrafen werden, kann kooperatives Verhal-<br />

ten ohne b<strong>in</strong>dende Vere<strong>in</strong>barungen entstehen. Neben der Trigger-Strategie existiert e<strong>in</strong>e<br />

schier unendliche Menge 398 an möglichen Strategien, welche Spieler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unendlichen<br />

Spielsituation anwenden können. Obwohl <strong>in</strong> Axelrod´s Computerturnier die Tit-for-Tat-<br />

Strategie am erfolgreichsten abgeschnitten hat 399 , gibt es ke<strong>in</strong>e universell gültige Optimalstra-<br />

tegie für unendliche Spiele. Welche Strategie schlussendlich <strong>in</strong> der jeweiligen Spielsituation<br />

optimal, ist hängt e<strong>in</strong>erseits von der gegnerischen Strategie ab und anderseits davon ob die<br />

eigene Strategie e<strong>in</strong>en glaubwürdigen Vergeltungsmechanismus besitzt, der e<strong>in</strong>e Ausbeutung<br />

verh<strong>in</strong>dert.<br />

Zusammenfassend hat daher der Schatten der Zukunft e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss auf die Entschei-<br />

dungssituation, wenn die zukünftigen Auszahlungen e<strong>in</strong>en großen Wert haben und die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

den anderen Spieler wieder zu treffen, sehr groß ist. Dies wiederum bed<strong>in</strong>gt,<br />

dass <strong>in</strong> wiederholten Spielen möglicherweise neue (kooperative) Optimalstrategien existieren,<br />

die sich wesentlich von den Ergebnissen im E<strong>in</strong>-Perioden-Spiel unterscheiden. So konnte<br />

Axelrod (1995) S. 18 beispielsweise <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Computerturnier zeigen, dass <strong>in</strong> unendlich<br />

wiederholt gespielten Gefangenendilemma-Situationen, Kooperation entstehen kann, sofern<br />

„...die Individuen e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichend große Chance haben, sich wieder zu treffen, [und damit]<br />

... e<strong>in</strong> ausreichendes Interesse für ihre zukünftige Interaktion besitzen.“ 400<br />

4.6.2 Das <strong>Information</strong>stransferdilemma als wiederholtes Spiel<br />

Unternehmensübergreifende Allianzen wie Jo<strong>in</strong>t Ventures oder Strategische Allianzen werden<br />

im Regelfall meist mit e<strong>in</strong>er langfristigen Perspektive gegründet 401 , wodurch es im Zeitablauf<br />

zwangsläufig zu e<strong>in</strong>er großen Anzahl an Interaktionen zwischen den beteiligten Partnern<br />

kommt. Da der <strong>Information</strong>saustausch e<strong>in</strong> <strong>in</strong>härenter Bestandteil e<strong>in</strong>er jeden unternehmensübergreifenden<br />

Zusammenarbeit ist, müssen die beteiligten Firmen während des Fortbestan-<br />

kooperativen Auszahlungen, besitzt ke<strong>in</strong> Spieler den Anreiz zu defektieren. Mehr <strong>Information</strong>en zu Trigger-<br />

Strategie f<strong>in</strong>den sich bei Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 142.<br />

398<br />

Siehe Axelrod (1995) S. 27ff um e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Variantenvielfalt möglicher Strategien zu bekommen.<br />

399<br />

Die Strategie Tit-for-Tat bedeutet <strong>in</strong> der ersten Periode zu kooperieren und dann immer das zu spielen, was<br />

der Gegner im vorangegangenen Zug gemacht hat. Vgl. Axelrod (1995) S. 12 und 47.<br />

400<br />

Axelrod (1995) S. 18.<br />

401 Vgl. Richards und De Carolis (2003) S. 35.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 148<br />

des dieser Kooperationen wiederholt ihre <strong>Information</strong>stransferentscheidungen treffen. Daher<br />

macht es S<strong>in</strong>n, das <strong>Information</strong>stransferdilemma als e<strong>in</strong>e wiederholte Spielsituation, <strong>in</strong> der<br />

e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Bewertung des gegnerischen Verhaltens stattf<strong>in</strong>det, zu modellieren.<br />

Bereits das <strong>in</strong> Kapitel 3.4.2 vorgestellte Konzept der Instrumentalität zeigt, dass der langfristige<br />

Nutzen aus der Austauschbeziehung e<strong>in</strong>e wichtige Rolle bei der Bewertung e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers<br />

spielt. Die Spieler versuchen demnach die zukünftigen Handlungen ihrer<br />

Mitspieler zu antizipieren und <strong>in</strong> ihrer <strong>Information</strong>stransferentscheidung mit zu berücksichtigen.<br />

Empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers<br />

dabei zunimmt, je höher die Entscheidungsträger den langfristigen Nutzen aus<br />

der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit e<strong>in</strong>stufen 402 . Ebenso wurde der E<strong>in</strong>fluss<br />

des Verhaltens <strong>in</strong> der aktuellen Periode auf die Handlungen der Mitspieler <strong>in</strong> den kommenden<br />

Perioden bei der <strong>Information</strong>stransferentscheidung nachgewiesen. Schrader (1990) S. 92<br />

konnte beispielsweise zeigen, dass mit zunehmender Bedeutung der transferierten <strong>Information</strong><br />

die Transferneigung des Partners zunimmt.<br />

Auch das Alter der Austauschbeziehung spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle für die <strong>Information</strong>stransferentscheidung.<br />

Während mit zunehmendem Alter der Austauschbeziehung die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers zunimmt, verliert e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne <strong>Information</strong>stransferentscheidung<br />

um so mehr an Bedeutung für die Instrumentalität der Kooperation, je älter diese<br />

ist 403 . Dieses Ergebnis ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong>sofern plausibel, als sich <strong>in</strong> langfristigen Allianzen nach<br />

e<strong>in</strong>iger Zeit bereits stabile Verhaltensmuster <strong>in</strong> der wiederholten Spielsituation herausgebildet<br />

haben und somit der E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen Entscheidung nicht mehr so arg <strong>in</strong>s Gewicht<br />

fällt wie am Beg<strong>in</strong>n der Austauschbeziehung. Die Spieler s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er auf Vertrauen basierenden,<br />

längerfristigen Austauschbeziehung wahrsche<strong>in</strong>lich eher bereit, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Defektion<br />

des Gegenspielers als Missgeschick zu akzeptieren, als dies am Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er neuen Kooperation<br />

der Fall wäre. Kooperatives Verhalten spielt daher vor allem <strong>in</strong> den Anfangsphasen<br />

e<strong>in</strong>er neuen Allianz e<strong>in</strong>e besondere Rolle und trägt damit langfristig wesentlich zum Erfolg<br />

der Zusammenarbeit bei.<br />

402 Vgl. Schrader (1990) S. 92, 103 und 113.<br />

403 Vgl. Schrader (1990) S. 94ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 149<br />

Generell kommt es daher zu e<strong>in</strong>em Trade Off zwischen kurzfristiger Nutzenmaximierung,<br />

durch E<strong>in</strong>behaltung relevanter <strong>Information</strong>en und der langfristigen Nutzenmaximierung auf-<br />

grund der Instrumentalität und durch Realisierung des geplanten Kooperationszieles. Damit<br />

dieser Trade Off entsteht, ist es allerd<strong>in</strong>gs notwendig, dass der Diskontierungsfaktor <strong>in</strong> unserem<br />

<strong>Information</strong>stransfer-Spiel groß ist, d.h. e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Abdiskontierung erfolgt und die<br />

Spieler die zukünftigen Auszahlungen sehr hoch bewerten. Diese Bed<strong>in</strong>gung dürfte <strong>in</strong> den<br />

meisten Allianzen erfüllt se<strong>in</strong>, da sich der Aufwand für die Gründung dieser Organisationen<br />

nur rentiert, wenn e<strong>in</strong>e langfristige Perspektive mit e<strong>in</strong>er hohen Nutzenerwartung vorhanden<br />

ist 404 . Daher dürften die zukünftigen Auszahlungen zum<strong>in</strong>dest so lange von Bedeutung, bzw.<br />

der Diskontierungsfaktor groß se<strong>in</strong>, als der gewünschte Kooperationsnutzen noch nicht komplett<br />

realisiert wurde. Wenn der langfristige Nutzen <strong>in</strong> der wiederholten Spielsituation nun<br />

h<strong>in</strong>reichend groß ist, kann es für die Spieler durchaus rational se<strong>in</strong>, ihre wichtigen <strong>Information</strong>en<br />

zu transferieren um e<strong>in</strong>e optimale Realisierung der Kooperationsziele zu gewährleisten.<br />

Der <strong>Information</strong>stransfer kann dann als Investition <strong>in</strong> den langfristigen Fortbestand der Kooperation<br />

betrachtet werden. Allerd<strong>in</strong>gs birgt diese Betrachtungsweise – vor allem <strong>in</strong> Forschungs-<br />

und Entwicklungsallianzen – auch e<strong>in</strong> hohes Risiko <strong>in</strong> sich 405 . Im S<strong>in</strong>ne der Transaktionskosten<br />

Theorie handelt es sich nämlich um sehr spezifische Investitionen, die verloren<br />

s<strong>in</strong>d (Sunk Costs), wenn die Kooperation vor Erreichung des Kooperationszieles aufgelöst<br />

wird 406 . Verschärft wird dieses Problem durch das bereits <strong>in</strong> Kapitel 3.2 beschriebene <strong>in</strong>terorganisationale<br />

Lerndilemma. Indem jeder Partner den Anreiz hat weniger <strong>Information</strong>en und<br />

Erkenntnisse zu <strong>in</strong>vestieren als er erhält, kann es passieren, dass die Allianz vorzeitig aufgelöst<br />

wird, sobald e<strong>in</strong>er der Partner der Me<strong>in</strong>ung ist genug vom anderen gelernt zu haben 407 .<br />

Typische Beispiele für derartige Kooperationen s<strong>in</strong>d Forschungs- und Entwicklungsallianzen,<br />

<strong>in</strong> denen beide Partner ihr bestehende Know-how zur Verfügung stellen, um geme<strong>in</strong>sam neue<br />

Produkte oder Technologien zu entwickeln 408 . Allerd<strong>in</strong>gs ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit sehr<br />

groß, dass die Partner auch im Falle Forschungskooperationen über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum<br />

wiederholt aufe<strong>in</strong>andertreffen und a priori ke<strong>in</strong> genauer Endzeitpunkt für die Allianz existiert.<br />

Daher ist es s<strong>in</strong>nvoll, das <strong>Information</strong>stransferdilemma als unendliche Wiederholung des sta-<br />

404<br />

Vgl. Richards und De Carolis (2003) S. 35.<br />

405<br />

Vgl. Richards und De Carolis (2003) S. 35.<br />

406<br />

Vgl. Madhok und Tallman (1998) S. 331.<br />

407<br />

Vgl. Richards und De Carolis (2003) S. 35, Khanna, Gulati et al. (1998) S. 194 und Khanna, Gulati et al.<br />

(2000) S. 781.<br />

408<br />

Vgl. Richards und De Carolis (2003) S. 36.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 150<br />

tischen Stufenspiels modellieren. Man spricht <strong>in</strong> diesem Fall dann auch von e<strong>in</strong>em Super-<br />

spiel 409 .<br />

Insgesamt ist die Spielsituation <strong>in</strong> unserem <strong>Information</strong>stransferdilemma e<strong>in</strong>erseits durch ei-<br />

nen großen Diskontierungsfaktor und andererseits durch e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Abbruchswahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeit gekennzeichnet. Somit ist sowohl aus empirischer als auch aus spieltheoretischer<br />

Sichtweise der E<strong>in</strong>fluss des Schattens der Zukunft sehr groß. Die mehrmalige Wiederholung<br />

des <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiels dürfte daher e<strong>in</strong>en wesentlichen E<strong>in</strong>fluss auf die<br />

Transferentscheidungen der Spieler haben und neue Lösungsmöglichkeiten und Auswege aus<br />

dem Dilemma möglich und plausibel machen.<br />

Diese Überlegungen sollen nun anhand e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>fachen Models, bei dem das <strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

zweimal <strong>in</strong> Folge gespielt wird, illustriert werden. Wir haben zwei Spieler A<br />

und B, von denen Spieler A e<strong>in</strong>e gemischte Strategie <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung<br />

spielt 410 . In der ersten Periode spielt Spieler A zufällig mit jeweils 50 Prozent Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

entweder die Strategie „<strong>Information</strong>stransfer“ oder die Strategie „Ke<strong>in</strong>-<br />

<strong>Information</strong>stransfer“. In der zweiten Periode reagiert Spieler A auf das Verhalten von Spieler<br />

B, <strong>in</strong>dem er se<strong>in</strong>e Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung – <strong>in</strong> Abhängigkeit des vorangegangen Verhaltens<br />

von Spieler B – adaptiert. Hat Spieler B zuvor kooperiert steigt die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

von Spieler A ebenfalls an, hat B h<strong>in</strong>gegen defektiert, so nimmt die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

von Spieler A ab. Spieler B kann daher mit se<strong>in</strong>em Verhalten<br />

die Auszahlungen des Spiels <strong>in</strong>direkt über das Verhalten von Spieler A bee<strong>in</strong>flussen. Im Gegensatz<br />

zu Spieler A spielt Spieler B e<strong>in</strong> völlig rationales Spiel, bei dem er sich am Gew<strong>in</strong>nerwartungswert<br />

orientiert. Dies bed<strong>in</strong>gt allerd<strong>in</strong>gs auch, dass er <strong>in</strong> der letzen Periode defektiert<br />

und se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en nicht mehr transferiert 411 . Aus Gründen der E<strong>in</strong>fachheit nehmen<br />

wir an, der Diskontierungsfaktor δ sei 1 <strong>in</strong> unserem Spiel, d.h. die Spieler gewichten die zu-<br />

künftigen Auszahlungen gleich wie die aktuellen Zahlungen. Die gerade beschriebene Spielsituation<br />

ist <strong>in</strong> Abbildung 38 dargestellt. Die Zahlen im Spielbaum s<strong>in</strong>d die summierten Aus-<br />

409<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 139.<br />

410<br />

Die Annahme, dass Spieler A e<strong>in</strong>e gemischte Strategie spielt, kann aus der Sicht von Spieler B durchaus S<strong>in</strong>n<br />

machen, wenn dieser ke<strong>in</strong>erlei <strong>Information</strong>en über das Verhalten von Spieler A besitzt und Spieler A nicht rational<br />

im S<strong>in</strong>ne der klassischen Spieltheorie spielt.<br />

411<br />

Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 141, Osborne und Rub<strong>in</strong>ste<strong>in</strong> (1994) S. 155 und Rasmusen (1994) S. 122.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 151<br />

zahlungen der beiden Spieler <strong>in</strong> der jeweiligen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen, wenn sie zwei Infor-<br />

mationstransfer-Spiele h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander spielen.<br />

A<br />

Transfer<br />

0,5<br />

¬ Transfer<br />

0,5<br />

A spielt e<strong>in</strong>e gemischte<br />

Strategie<br />

B<br />

B<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

A<br />

A<br />

A<br />

A<br />

Transfer<br />

p<br />

¬Transfer<br />

1-p<br />

Transfer<br />

1-p<br />

¬Transfer<br />

p<br />

Transfer<br />

p<br />

¬Transfer<br />

1-p<br />

Transfer<br />

1-p<br />

¬Transfer<br />

p<br />

B<br />

B<br />

B<br />

B<br />

B<br />

B<br />

B<br />

B<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Abbildung 38: Zweiperiodiges <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiel 412 .<br />

8,8<br />

8,8<br />

6,9<br />

6,9<br />

9,6<br />

9,6<br />

7,7<br />

7,7<br />

6,9<br />

6,9<br />

4,10<br />

4,10<br />

7,7<br />

7,7<br />

5,8<br />

5,8<br />

9,6<br />

9,6<br />

7,7<br />

7,7<br />

10,4<br />

10,4<br />

Es stellt sich nun die Frage wie sich Spieler B <strong>in</strong> der ersten Periode verhalten soll, wenn er<br />

das Verhalten von Spieler A nicht beobachten kann. Angenommen, die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

mit der Spieler A <strong>in</strong> der zweiten Periode kooperiert, sofern B <strong>in</strong> der ersten Periode ebenfalls<br />

kooperiert hat sei p, bzw. bei Nicht-Kooperation 1-p. Des weiteren sei Π(1) der Gew<strong>in</strong>n mit<br />

<strong>Information</strong>stransfer und Π(0) der Gew<strong>in</strong>n ohne <strong>Information</strong>stransfer. Dann beträgt der Ge-<br />

w<strong>in</strong>nerwartungswert von Spieler B bei <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> der ersten Periode 413<br />

412 Eigenerstellung.<br />

413<br />

Alternativ kann man das Problem mit Hilfe der allgeme<strong>in</strong>en Spielmatrix aus Abbildung 34 anschreiben. Dann<br />

ergibt sich als Bed<strong>in</strong>gung für die Vorteilhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfers 0.5(p(a+c)+(1-<br />

p)(a+d))+0.5(p(b+c)+(1-p)(b+d))>0.5((1-p)(c+c)+p(c+d))+0.5((1-p)(d+c)+p(d+d)). Daraus folgt, dass<br />

a + b − 3c<br />

+ d<br />

p > −<br />

se<strong>in</strong> muss, damit der <strong>Information</strong>stransfer vorteilhaft ist.<br />

4c<br />

− 4d<br />

8,5<br />

8,5<br />

7,7<br />

7,7<br />

5,8<br />

5,8<br />

8,5<br />

8,5<br />

6,6<br />

6,6


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

( Π() ) = 0,<br />

5*<br />

( 9 p + 7(<br />

1−<br />

p)<br />

) + 0,<br />

5*<br />

( 7 p + 5(<br />

1 p)<br />

)<br />

E 1 −<br />

(Gleichung 4-37)<br />

und bei Nicht-Transfer<br />

( ( 0 ) ) = 0,<br />

5*<br />

( 10(<br />

1−<br />

p)<br />

+ 8 p)<br />

+ 0,<br />

5*<br />

( 8(<br />

1−<br />

p)<br />

+ p)<br />

E Π 6<br />

(Gleichung 4-38)<br />

Seite 152<br />

Damit nun der <strong>Information</strong>stransfer e<strong>in</strong>e optimale Strategie für Spieler B ist, muss der Erwar-<br />

tungswert bei Transfer (Gleichung 4-37) größer se<strong>in</strong> als ohne (Gleichung 4-38). Formal aus-<br />

gedrückt muss gelten<br />

( 9 p + 7(<br />

1−<br />

p)<br />

) + 0,<br />

5*<br />

( 7 p + 5(<br />

1−<br />

p)<br />

) > 0,<br />

5*<br />

( 10(<br />

1−<br />

p)<br />

+ 8 p)<br />

+ 0,<br />

5*<br />

( 8(<br />

1−<br />

p)<br />

6 p)<br />

0 , 5*<br />

+<br />

(Gleichung 4-39)<br />

Löst man Gleichung 4-39 nach p, ergibt sich als Bed<strong>in</strong>gung<br />

3<br />

p ><br />

(Gleichung 4-40)<br />

4<br />

Sofern also die bed<strong>in</strong>gte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p von Spieler A <strong>in</strong> der zweiten Periode se<strong>in</strong>e<br />

<strong>Information</strong>en zu transferieren größer ist als ¾, ist es für Spieler B rational kooperativ zu<br />

spielen und se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> der ersten Periode ebenfalls zu transferieren. Man sieht<br />

anhand dieses Beispiels sehr schön, wie der Schatten der Zukunft e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf aktuelle<br />

Handlungen von Spieler B und somit <strong>in</strong>direkt auf zukünftige Auszahlungen im Spiel hat.<br />

Spieler B muss also den Trade Off zwischen kurzfristiger Gew<strong>in</strong>nmaximierung <strong>in</strong> der ersten<br />

Periode und dem langfristigen Gesamtgew<strong>in</strong>n am Ende des Spiels bewerten und sich dement-<br />

sprechend verhalten.<br />

Auf den ersten Blick mag das Verhalten von Spieler A irrational ersche<strong>in</strong>en, da er zum<strong>in</strong>dest<br />

<strong>in</strong> der letzten Periode von Spieler B ausgebeutet wird. Dennoch kann man zeigen, dass es<br />

auch aus der Sicht von Spieler A vorteilhaft ist, se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en zu transferieren, sofern er


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 153<br />

Spieler B <strong>in</strong> der ersten Periode zur Kooperation bewegen vermag. Der Gesamtgew<strong>in</strong>nerwar-<br />

tungswert von Spieler A bei kooperativem Verhalten von Spieler B ist 414<br />

( Π) = , 5*<br />

( 6 p + 7(<br />

1−<br />

p)<br />

) + 0,<br />

5*<br />

( 7 p + 8(<br />

1 p)<br />

)<br />

E 0 −<br />

(Gleichung 4-41)<br />

Aus Gleichung 4-41 folgt<br />

( Π) = . 5 p<br />

E 7 −<br />

(Gleichung 4-42)<br />

Da Spieler B nur dann kooperativ spielt, wenn p>¾ und die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p per Def<strong>in</strong>i-<br />

tion nicht größer als 1 se<strong>in</strong> kann, liegt der Gew<strong>in</strong>nerwartungswert von Spieler A zwischen 6.5<br />

und 6.75. Wenn also Spieler A glaubhaft versichern kann, dass er <strong>in</strong> der ersten Periode mit<br />

p=0.5 kooperiert und <strong>in</strong> der letzten Periode mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p>¾ <strong>Information</strong>en<br />

transferieren wird, hat er die Möglichkeit, sich besser zu stellen 415 . Sofern nämlich Spieler B<br />

<strong>in</strong> der ersten Periode se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en zur Verfügung stellt, steigt A <strong>in</strong> jedem Fall besser<br />

aus, als wenn beide Spieler ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en transferieren und nur 6 als Auszahlung erhal-<br />

ten. Allerd<strong>in</strong>gs ist es für e<strong>in</strong>en vollständig rationalen Spieler A natürlich am s<strong>in</strong>nvollsten, <strong>in</strong><br />

der zweiten Periode ebenfalls zu defektieren, nachdem Spieler B ja bereits se<strong>in</strong>e Informatio-<br />

nen transferiert hat und mit Sicherheit <strong>in</strong> der letzten Periode nicht kooperieren wird. Spieler A<br />

könnte sich dann e<strong>in</strong>en Gesamtgew<strong>in</strong>n von 7 sichern. Dieses Beispiel zeigt aber, dass Spieler<br />

A sogar dann besser aussteigt, wenn er wirklich zu se<strong>in</strong>er naiv optimistischen Strategie steht<br />

und <strong>in</strong> der letzten Periode e<strong>in</strong>e gemischte Strategie mit p>¾ spielt. Letztendlich ist es somit<br />

e<strong>in</strong>e Frage der Glaubwürdigkeit ob Spieler B <strong>in</strong> der ersten Periode kooperiert oder nicht. Ins-<br />

gesamt kann aber e<strong>in</strong>e mehrmalige Wiederholung der <strong>Information</strong>stransfer-Spiels zum<strong>in</strong>dest<br />

unter bestimmten Voraussetzungen zu e<strong>in</strong>er Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas und<br />

Vorteilen für beide Spieler führen.<br />

414 Gemäß Annahme des Spiels verhält sich Spieler A nicht rational im S<strong>in</strong>ne der klassischen Spieltheorie. Daher<br />

defektiert er nicht <strong>in</strong> der letzten Periode. Vielmehr hängt die Strategie von A <strong>in</strong> der zweiten Periode nur vom<br />

Verhalten des Spielers B ab, da er mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p bzw. 1-p kooperiert. Spieler A spielt also e<strong>in</strong>e<br />

naiv optimistische gemischte Strategie.<br />

415 Wenn Spieler A bemüht ist, se<strong>in</strong>en eigenen Gew<strong>in</strong>n zu maximieren, ist p=0.75 optimal.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 154<br />

Bisher haben wir die zukünftigen Auszahlungen gleich gewichtet wie die aktuellen Zahlun-<br />

gen, <strong>in</strong>dem wir den Diskontierungsfaktor δ auf 1 gesetzt haben. Aus den theoretischen Über-<br />

legungen <strong>in</strong> Kapitel 4.6.1 wissen wir allerd<strong>in</strong>gs, dass dies zu e<strong>in</strong>em großen E<strong>in</strong>fluss des<br />

Schattens der Zukunft führt. Es stellt sich daher die Frage, wie sich das ursprüngliche Modell<br />

verändert, wenn man den Diskontierungsfaktor kle<strong>in</strong>er macht und die Spieler zukünftige Aus-<br />

zahlungen ger<strong>in</strong>ger bewerten als aktuelle Zahlungen? Nehmen wir an, der Diskontierungsfak-<br />

tor δ sei e<strong>in</strong> Wert zwischen 0 und 1, d.h. ∈[<br />

0;<br />

1]<br />

wert von Spieler B bei <strong>Information</strong>stransfer als<br />

und bei Nicht-Transfer als<br />

δ . Dann ergibt sich der Gew<strong>in</strong>nerwartungs-<br />

( Π() 1 ) = 0,<br />

5*<br />

( 5 pδ<br />

+ 3δ<br />

( 1−<br />

p)<br />

+ 4)<br />

+ 0,<br />

5*<br />

( 5 pδ<br />

+ 3 ( 1−<br />

p)<br />

+ 2)<br />

E δ<br />

(Gleichung 4-43)<br />

E<br />

( Π( 0 ) ) = 0,<br />

5*<br />

( 5δ<br />

( 1−<br />

p)<br />

+ 3pδ<br />

+ 5)<br />

+ 0,<br />

5*<br />

( 5δ<br />

( 1−<br />

p)<br />

+ 3pδ<br />

+ 3)<br />

(Gleichung 4-44)<br />

Aus der Bed<strong>in</strong>gung, dass der Erwartungswert bei <strong>Information</strong>stransfer (Gleichung 4-43) grö-<br />

ßer ist als der Erwartungswert bei Nicht-Kooperation (Gleichung 4-44), ergibt sich<br />

1 1<br />

> +<br />

2 4δ<br />

p (Gleichung 4-45)<br />

Da <strong>in</strong> Gleichung 4-45 die erste Ableitung nach δ kle<strong>in</strong>er als 0 ist, besteht e<strong>in</strong> negativer Zu-<br />

sammenhang zwischen p und δ.<br />

δp 1<br />

= − < 0 2<br />

δδ 4δ<br />

(Gleichung 4-46)<br />

Dies bedeutet, je kle<strong>in</strong>er der Diskontierungsfaktor δ ist, desto größer muss die Kooperations-<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Spieler A <strong>in</strong> der zweiten Periode se<strong>in</strong>, damit Spieler B bereit ist, <strong>in</strong> der<br />

ersten Periode zu kooperieren. Dieser negative Zusammenhang entspricht genau den theoreti-<br />

schen Überlegungen von Kapitel 4.6.1. Der Schatten der Zukunft nimmt ab, je kle<strong>in</strong>er der<br />

Diskontierungsfaktor ist. Da p nicht größer als 1 werden darf, gilt


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

und aus Gleichung 1-47 folgt, dass<br />

1 1<br />

p = + < 1<br />

(Gleichung 4-47)<br />

2 4δ<br />

1<br />

δ ><br />

(Gleichung 4-48)<br />

2<br />

Seite 155<br />

In unserem Beispiel darf der Diskontierungsfaktor daher δ m<strong>in</strong>imal ½ werden, damit der In-<br />

formationstransfer überhaupt noch e<strong>in</strong>e rationale Strategie se<strong>in</strong> kann. Wird der Diskontie-<br />

rungsfaktor zu kle<strong>in</strong>, verliert der Schatten der Zukunft so sehr an E<strong>in</strong>fluss, dass sich das wie-<br />

derholte Spiel auf das ursprüngliche Stufenspiel reduziert und das <strong>Information</strong>stransferdi-<br />

lemma nicht mehr aufgelöst werden kann.<br />

4.6.3 Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass obwohl dieses simple Modell sehr viele E<strong>in</strong>schrän-<br />

kungen und restriktive Annahmen besitzt, es dennoch bereits e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>teressante Aspekte zur<br />

Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas aufzeigt. Die Betrachtung des <strong>Information</strong>strans-<br />

ferdilemmas als e<strong>in</strong> wiederholtes Spiel macht sowohl aus empirischer als auch aus spieltheo-<br />

retischer Sichtweise S<strong>in</strong>n. Aufgrund der empirischen Untersuchungen ist davon auszugehen,<br />

dass der Schatten der Zukunft beispielsweise <strong>in</strong> Form der Instrumentalität e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />

bei der <strong>Information</strong>stransferentscheidung spielt. Aus spieltheoretischer Sicht s<strong>in</strong>d ebenfalls<br />

wesentliche Voraussetzungen für e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss des Schattens der Zukunft erfüllt.<br />

Gerade <strong>in</strong> unternehmensübergreifenden Allianzen spielen langfristige Perspektiven zur Zieler-<br />

reichung e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle 416 , was sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em hohen Diskontierungsfaktor nieder-<br />

schlägt, und auch die Abbruchswahrsche<strong>in</strong>lichkeit ist <strong>in</strong> stabilen Allianzen zum<strong>in</strong>dest mittel-<br />

fristig eher sehr ger<strong>in</strong>g. Sofern die Spieler also daher <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, ihr Verhalten <strong>in</strong> wie-<br />

derholten Spielsituation wechselseitig zu bee<strong>in</strong>flussen, kann Kooperation und somit Informa-<br />

tionstransfer entstehen.<br />

416 Vgl. Richards und De Carolis (2003) S. 35.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 156<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist dieses simple Modell nur sehr bed<strong>in</strong>gt dazu geeignet, das <strong>Information</strong>stransfer-<br />

dilemma <strong>in</strong> wiederholten Spielsituationen adäquat zu analysieren. Die E<strong>in</strong>schränkungen und<br />

Annahmen s<strong>in</strong>d zu restriktiv, um es als allgeme<strong>in</strong>es Modell verwenden zu können, welches<br />

dazu geeignet ist, neue Erkenntnisse aus der Spieltheorie abzuleiten. E<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es Modell<br />

sollte vielmehr <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, über mehrere Perioden, verschiedenste Strategien und Verhaltensweisen<br />

der Spieler zu berücksichtigen. Leider s<strong>in</strong>d derartige komplexe und dynamische<br />

Spiele technisch so anspruchsvoll, dass sie sich mit herkömmlichen spieltheoretischen<br />

Methoden nur ungenügend oder nur mit hohem technischen Aufwand analysieren lassen. Daher<br />

soll <strong>in</strong> weiterer Folge der dynamische Fall des <strong>Information</strong>stransferdilemmas im nachfolgenden<br />

Kapitel 5 mit Hilfe e<strong>in</strong>er agentenbasierten Computersimulation nochmals im Detail<br />

analysiert werden.<br />

4.7 <strong>Information</strong>stransfer aus spieltheoretischer Sichtweise<br />

– E<strong>in</strong>e Zusammenfassung<br />

Fasst man die spieltheoretischen Überlegungen <strong>in</strong> diesem Kapitel zum <strong>Information</strong>stransfer<br />

zusammen, so ergeben sich e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>teressante Erkenntnisse. Ausgehend vom simplen<br />

Grundmodell von von Hippel (1988) S. 85 wurde sukzessive versucht, das Modell zu erweitern.<br />

Bereits anhand des Grundmodells wurde gezeigt, dass die Vorteilhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfers<br />

vom Verhältnis des Grundwertes IW ba zum Zusatzwert IW ex abhängt. Somit<br />

lassen sich verschiedene Fälle unterscheiden. Es gibt Fälle, <strong>in</strong> denen der <strong>Information</strong>stransfer<br />

immer vorteilhaft ist, bzw. Fälle, <strong>in</strong> denen er nie vorteilhaft ist. Das eigentliche Problem ergibt<br />

sich <strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen das <strong>Information</strong>stransferdilemma auftritt. Im Falle des <strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

wäre es für alle beteiligten Firmen kollektiv rational, ihre <strong>Information</strong>en<br />

gegenseitig auszutauschen. Allerd<strong>in</strong>gs können sich die Firmen durch e<strong>in</strong>seitiges<br />

Abweichen von der kooperativen Strategie noch besser stellen als bei Kooperation. Daher<br />

wird aufgrund der <strong>in</strong>dividuellen Nutzenmaximierung das Gesamtoptimum für beide Firmen<br />

verfehlt. In weiterer Folge wurde daher das Hauptaugenmerk auf die Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

gelegt.<br />

Zuerst wurde der E<strong>in</strong>fluss von sozialen Präferenzen auf den Ausgang des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

untersucht. Anstatt reziprokes Verhalten als Strategie zu modellieren, versucht<br />

man es als e<strong>in</strong>e Eigenschaft <strong>in</strong> den <strong>in</strong>dividuellen Präferenzfunktionen zu <strong>in</strong>kludieren. Transformiert<br />

man nun die materiellen Nutzenfunktionen der Spieler <strong>in</strong> soziale Nutzenfunktionen,<br />

kann sich die Präferenzordnung der Spieler so verändern, dass kooperative Strategien optimal


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 157<br />

werden können. Allerd<strong>in</strong>gs existieren bis jetzt ke<strong>in</strong>e klaren Regeln, wie diese Transformation<br />

stattf<strong>in</strong>den soll und welche Aspekte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sozialen Nutzenfunktion mit berücksichtigt werden<br />

müssen, da die Forschungsanstrengungen <strong>in</strong> diesem Bereich noch relativ jung s<strong>in</strong>d 417 .<br />

Daher hängt diese motivationsorientierte Lösung von den <strong>in</strong>dividuellen Eigenschaften der<br />

e<strong>in</strong>zelnen Spieler sowie dem strategischen Kontext ab und kann nur <strong>in</strong> bestimmten E<strong>in</strong>zelfällen<br />

zur Lösung des Dilemmas beitragen.<br />

In e<strong>in</strong>em nächsten Schritt wurden die Auswirkungen von <strong>Information</strong>sasymmetrien zwischen<br />

den Spielern analysiert. Interessanterweise kann durch die Beseitigung von <strong>Information</strong>sasymmetrien<br />

das <strong>Information</strong>stransferdilemma nicht aufgelöst werden. Zusätzliche <strong>Information</strong>en<br />

über das gegnerische Verhalten oder über dessen <strong>Information</strong>swerte br<strong>in</strong>gen ke<strong>in</strong>en zusätzlichen<br />

Nutzen für die Spieler. Weder Signall<strong>in</strong>g noch Screen<strong>in</strong>g, noch Investitionen <strong>in</strong><br />

teure Kommunikationssysteme führen daher aus spieltheoretischer Sicht zu e<strong>in</strong>er Auflösung<br />

des <strong>Information</strong>stransferdilemmas.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kann die Unkenntnis der eigenen <strong>Information</strong>swerte unter bestimmten Vorraussetzungen<br />

zu e<strong>in</strong>er Auflösung des Dilemmas führen. Indem die Spieler beispielsweise den Wert<br />

ihrer eigenen <strong>Information</strong>en falsch e<strong>in</strong>schätzen, verändern sie unbewusst das Verhältnis zwischen<br />

Grund- und Zusatzwert der <strong>Information</strong>en. Daher kann selbst bei völlig rationalem<br />

Verhalten der Spieler, der <strong>Information</strong>stransfer zu e<strong>in</strong>er dom<strong>in</strong>anten Strategie werden. Da die<br />

Unkenntnis der eigenen <strong>Information</strong>swerte <strong>in</strong> der Praxis durchaus plausibel ersche<strong>in</strong>t, dürfte<br />

dies e<strong>in</strong> möglicher Erklärungsansatz für unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfer<br />

se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit das <strong>Information</strong>stransferdilemma aufzulösen, s<strong>in</strong>d Änderungen der<br />

Spielregeln. Spieler können beispielsweise verb<strong>in</strong>dende Verträge vere<strong>in</strong>baren, die Strafzahlungen<br />

bei nicht kooperativen Verhalten vorsehen. Aufgrund dieser Strafzahlungen kommt es<br />

zu e<strong>in</strong>er Veränderung der Auszahlungsmatrix, wodurch das ursprüngliche Spiel abgeändert<br />

wird. Unter Berücksichtigung der negativen Strafzahlungen wird dann der <strong>Information</strong>stransfer<br />

zu e<strong>in</strong>er dom<strong>in</strong>anten Strategie. Allerd<strong>in</strong>gs be<strong>in</strong>haltet diese regelorientierte Lösung e<strong>in</strong>ige<br />

Probleme, die es <strong>in</strong> der Praxis zu lösen gilt. So muss die optimale Höhe der Strafe a priori<br />

bestimmt werden was im Falle von <strong>Information</strong>en aufgrund des <strong>Information</strong>sparadoxons nicht<br />

417 Vgl. Falk, Fehr et al. (2003), Fehr und Fischbacher (2002) oder Fehr und Schmidt (2002).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 158<br />

immer möglich ist. Weiters ist es fraglich, ob der Abschluss e<strong>in</strong>es Vertrages im Falle des In-<br />

formationstransfers wirklich e<strong>in</strong>e b<strong>in</strong>dende Verpflichtung darstellen kann.<br />

Neben vertraglichen Vere<strong>in</strong>barungen wurden auch noch die Auswirkungen von zusätzlichen<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren wie Synergieeffekten und direktem Kooperationsnutzen untersucht. Die ex-<br />

plizite Berücksichtigung dieser E<strong>in</strong>flussfaktoren kann <strong>in</strong> vielen Fällen zur Auflösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

beitragen, da das Verhältnis zwischen Grund- und Zusatzwert<br />

verändert wird. So können beispielsweise <strong>in</strong> Forschungs- und Entwicklungsallianzen hohe<br />

Synergieeffekte <strong>in</strong> Form von neu entwickelten Technologien durch den gegenseitigen <strong>Information</strong>saustausch<br />

entstehen, die den Verlust des Zusatzwertes mehr als überkompensieren.<br />

Derartige Faktoren müssen daher explizit bei e<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>stransferentscheidung berücksichtigt<br />

werden.<br />

Zum Abschluss wurden noch die Auswirkungen der mehrmaligen Wiederholung des Spiels<br />

untersucht. Es zeigte sich, dass gerade im Falle des <strong>Information</strong>stransfers wesentliche Voraussetzungen<br />

für e<strong>in</strong>en hohen E<strong>in</strong>fluss des Schattens der Zukunft erfüllt s<strong>in</strong>d. Generell sche<strong>in</strong>t<br />

der Ansatz zur Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas durch mehrmalige Interaktionen der<br />

Spieler sehr vielversprechend zu se<strong>in</strong>, sodass auf diesem Gebiet noch e<strong>in</strong> großes Potential für<br />

weitere Forschungsarbeiten liegt.<br />

Abschließend s<strong>in</strong>d die wesentlichsten Erkenntnisse dieses Kapitels <strong>in</strong> der nachfolgenden<br />

Tabelle 8 zusammengefasst.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 159<br />

Anmerkungen Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas<br />

möglich?<br />

Ord<strong>in</strong>ale Präferenzen Berücksichtigung nicht monetärer<br />

Aspekte <strong>in</strong> der Nutzenfunktion<br />

Ja<br />

Soziale Präferenzen Berücksichtigung reziproken Verhaltens<br />

<strong>in</strong> der Nutzenfunktion<br />

Ja<br />

Imperfekte <strong>Information</strong> Zusätzliche <strong>Information</strong> über das<br />

Verhalten des Gegenspielers –<br />

Signall<strong>in</strong>g<br />

Ne<strong>in</strong><br />

Unvollständige <strong>Information</strong> Zusätzliche <strong>Information</strong> über die<br />

<strong>Information</strong>swerte des Gegenspielers<br />

– Screen<strong>in</strong>g<br />

Ne<strong>in</strong><br />

Fehlende <strong>Information</strong>en über die<br />

eigenen <strong>Information</strong>swerte<br />

Ja<br />

Regelorientierte Lösung Vertragliche Vere<strong>in</strong>barung mit<br />

Strafzahlungen<br />

Ja<br />

Erweitertes Modell<br />

Synergieeffekte und Leverag<strong>in</strong>g<br />

Effekt<br />

Ja<br />

Direkter Kooperationsnutzen Ja<br />

Wiederholte Spiele Berücksichtigung des Schattens der<br />

Zukunft<br />

Ja<br />

418 Eigenerstellung.<br />

Tabelle 8: Zusammenfassung der spieltheoretischen Erkenntnisse 418 .


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 160<br />

5 Agentenbasiertes Simulationsmodell des <strong>Information</strong>stransfers<br />

„The essence of this approach is that economic phenomena<br />

are studied as they emerge from actual (simulated)<br />

<strong>in</strong>teractions between <strong>in</strong>dividual, boundedly<br />

rational, adaptive agents.“<br />

Klos und Noteboom, 2001<br />

Wie wir bereits im letzten Abschnitt des vorangegangen Kapitels gesehen haben, br<strong>in</strong>gt die<br />

mehrmalige Wiederholung des <strong>Information</strong>stransferspiels neue, <strong>in</strong>teressante Aspekte mit sich,<br />

die es im Kontext des unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>saustausches zu analysieren<br />

gilt. Allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e dynamische Analyse des gegenseitigen <strong>Information</strong>stransfer mit herkömmlichen<br />

spieltheoretischen Methoden technisch so anspruchsvoll und komplex, dass e<strong>in</strong>e<br />

detaillierte Analyse nicht möglich bzw. s<strong>in</strong>nvoll ersche<strong>in</strong>t 419 . Daher soll nun <strong>in</strong> weiterer Folge<br />

mit Hilfe e<strong>in</strong>es adaptiven, agentenbasierenden Simulationsmodells des gegenseitigen <strong>Information</strong>saustausches<br />

im dynamischen Kontext näher untersucht und analysiert werden. Das<br />

nachfolgende Kapitel gliedert sich wie folgt: Zuerst wird auf die Methode der agentenbasierten<br />

Simulationsmodelle e<strong>in</strong>gegangen und deren Tauglichkeit für die vorliegende Problemstellung<br />

untersucht. Im Anschluss daran wird e<strong>in</strong> Modell des unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfers<br />

entwickelt. Nach e<strong>in</strong>em kurzen Abriss über die Verifikation und Validierung<br />

von agentenbasierten Simulationsmodellen, werden dann die Ergebnisse des Modells<br />

vorgestellt und neue Erkenntnisse daraus abgeleitet.<br />

419 Vgl. Holler und Ill<strong>in</strong>g (1993) S. 139.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 161<br />

5.1 Agentenbasierte Simulationsmodelle<br />

Bereits seit Beg<strong>in</strong>n der 60iger Jahre werden Computersimulationen <strong>in</strong> den Sozial- und Wirt-<br />

schaftswissenschaften als Methodik e<strong>in</strong>gesetzt 420 und vor allem <strong>in</strong> jüngster Zeit hat die Ver-<br />

wendung von Simulationsmodellen für ökonomische Fragestellungen e<strong>in</strong>en enormen Auf-<br />

schwung verzeichnet 421 . Betrachtet man den Begriff Simulation ganz allgeme<strong>in</strong>, so f<strong>in</strong>det man<br />

folgenden Def<strong>in</strong>itionen <strong>in</strong> der Literatur:<br />

„Simulation means driv<strong>in</strong>g a model of a system with suitable <strong>in</strong>puts and observ<strong>in</strong>g the cor-<br />

respond<strong>in</strong>g outputs.“ 422<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Def<strong>in</strong>ition f<strong>in</strong>det man auch bei Law und Kelton (1991) S. 1<br />

„In a Simulation we use a computer to evaluate a model numerically, and data are gathered<br />

<strong>in</strong> order to estimate the desired true characteristics of the model.”<br />

Generell geht es bei Simulationen also darum, e<strong>in</strong> reales, <strong>in</strong>teraktives System von verschiede-<br />

nen E<strong>in</strong>heiten und Akteuren als mathematisch-logisches Modell abzubilden und dann im<br />

Rahmen von mehreren Experimenten anhand von verschiedenen Inputdaten entsprechende<br />

Outputdaten zu generieren, mit deren Hilfe die Eigenschaften des zugrundeliegenden Systems<br />

geschätzt werden können, um neue Erkenntnisse daraus abzuleiten (vgl. Abbildung 39).<br />

420 Vgl. Pidd (1997) S. 3.<br />

Inputs<br />

Strategien<br />

Umweltparameter<br />

Systemparameter<br />

Basierend auf mathematisch,<br />

logischen Annahmen der realen Welt<br />

Experimente<br />

Outputs<br />

Ergebnisse<br />

Abbildung 39: Computersimulation und Experimente 423<br />

421 Vgl. Axelrod (1997), Klos und Nooteboom (2001), Holland und Miller (1991), Miller (1996) und Tesfatsion<br />

(2002).<br />

422 Bratley, Fox et al. (1987) S. IX.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 162<br />

Im Gegensatz zu herkömmlichen Experimenten mit menschlichen Akteuren bieten Computer-<br />

simulationen e<strong>in</strong>e Vielzahl von Vorteilen, die für deren Anwendung als Analysemethode <strong>in</strong><br />

den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sprechen 424 :<br />

1. Ger<strong>in</strong>gere Kosten: E<strong>in</strong>mal programmierte Simulationen können beliebig oft verwendet<br />

und wiederholt, bzw. meist auch mit sehr ger<strong>in</strong>gem Aufwand adaptiert werden.<br />

Daher entstehen enorme Kostenvorteile aufgrund der Economies of Scale, wodurch im<br />

Regelfall Experimente mittels Computersimulationen ger<strong>in</strong>gere Kosten verursachen<br />

als Experimente mit realen Personen oder Systemen.<br />

2. Zeitvorteile: Obwohl es e<strong>in</strong>e gewisse Zeit dauert, um e<strong>in</strong> Simulationsprogramm zu<br />

implementieren, ergeben sich erhebliche Zeitvorteile aus der Verwendung von Computersimulationen<br />

im Vergleich zu realen Experimenten und Untersuchungen. So kann<br />

man Simulationsprogramme, nachdem sie erstellt wurden, relativ e<strong>in</strong>fach für neue Experimente<br />

und Simulationsläufe adaptieren, <strong>in</strong>dem man beispielsweise Inputparameter<br />

variiert oder e<strong>in</strong>zelne Programmmodule austauscht. Weiters bieten Simulationsmodelle<br />

den Vorteil, dass sich Effekte <strong>in</strong> dynamischen Modellen selbst über relativ lange<br />

Zeitperioden h<strong>in</strong>weg im Zeitraffer simulieren und beobachten lassen 425 . Daher besteht<br />

auch die Möglichkeit langfristige Auswirkungen von Strategien und Verhaltensweisen<br />

mittels e<strong>in</strong>es vernünftigen Zeitaufwandes zu studieren, was <strong>in</strong> der Praxis kaum bzw.<br />

nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt möglich ist.<br />

3. Une<strong>in</strong>geschränkte Replikaktionsmöglichkeiten: Im Gegensatz zu Experimenten <strong>in</strong><br />

der realen Welt können Computersimulation unter identen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen genau<br />

und beliebig oft repliziert werden. Bereits die Auswahl anderer Versuchspersonen<br />

kann bei realen Experimenten unter Umständen zu neuen oder anderen Ergebnissen<br />

führen als bei der ursprünglichen Untersuchung. Daher erhöht sich durch die Verwendung<br />

von Computersimulationen die Transparenz <strong>in</strong> der wissenschaftlichen Forschung<br />

enorm, da die Ergebnisse von Dritten problemlos repliziert und überprüft werden können<br />

426 .<br />

423<br />

Modifiziert <strong>in</strong> Anlehnung an Pidd (1997) S. 5.<br />

424<br />

Vgl. Pidd (1997) S. 7f, Axelrod (1997) S. 23ff, Bossel (1994) S. 13 und Bauer, Schw<strong>in</strong>genschlögl et al.<br />

(2002) S. 120f.<br />

425<br />

Vgl. Bauer, Schw<strong>in</strong>genschlögl et al. (2002) S. 121 und Bossel (1994) S. 13..<br />

426 Vgl. Axelrod (1997) S. 32.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 163<br />

4. Risikom<strong>in</strong>imierung: Simulationen bieten die Möglichkeit Extremsituationen ohne<br />

Risiko für die beteiligten Personen zu untersuchen. Mit Hilfe von Simulationen kann<br />

man Extremsituationen, die man <strong>in</strong> der Praxis kaum f<strong>in</strong>det, bzw. deren Dynamik zum<br />

Zusammenbruch des gesamten System führen würden, gefahrlos untersuchen und<br />

mögliche Strategien und deren Auswirkungen auf das Gesamtsystem testen 427 . So<br />

verwendet man beispielweise Simulationen für Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gszwecke, um Personen für Ex-<br />

tremsituationen zu schulen, wie dies z.B. bei Piloten am Flugsimulator erfolgt 428 .<br />

5. Analysierbarkeit der Ergebnisse: E<strong>in</strong> besonderer Vorteil von Simulationsmodellen<br />

ist die Möglichkeit, e<strong>in</strong>e große Menge an künstlichen Daten zu erzeugen. Dadurch fal-<br />

len sämtliche Erhebungsfehler <strong>in</strong> Form von fehlenden, falschen oder unkontrollierten<br />

Daten automatisch weg, da der Modellierer selber entscheidet, welche Daten er mit<br />

se<strong>in</strong>en Simulationsläufen generiert und archiviert. Zum anderen können sämtliche<br />

E<strong>in</strong>schränkungen statistischer Auswertungsmethoden aufgrund zu kle<strong>in</strong>er Samplegrößen<br />

durch zusätzliche Simulationsläufe und -daten nahezu beliebig aufgehoben werden<br />

429 .<br />

Allerd<strong>in</strong>gs stellt die Simulation nur e<strong>in</strong>e Möglichkeit dar, um e<strong>in</strong> reales, <strong>in</strong>teraktives System<br />

zu analysieren. Neben Computersimulationen könnte man auch versuchen mit dem Realsystem<br />

zu experimentieren. Allerd<strong>in</strong>gs ist dies <strong>in</strong> den meisten sozialen Systemen nur bed<strong>in</strong>gt<br />

oder gar nicht möglich, da entweder die Kosten zu hoch wären oder der experimentelle E<strong>in</strong>griff<br />

<strong>in</strong>s System zu viele negative Auswirkungen auf das System selbst hätte 430 . Weitere Analysemöglichkeiten<br />

s<strong>in</strong>d, das Modell entweder physisch – etwa als 1 zu 1 Modell – nachzubauen<br />

oder e<strong>in</strong> mathematisches Modell zu erstellen. Mathematische Modelle können schlussendlich<br />

wiederum analytisch oder mittels Simulation untersucht werden. Die folgende Abbildung<br />

40 gibt e<strong>in</strong>en Überblick über die beschriebenen Analysemöglichkeiten von komplexen, <strong>in</strong>teraktiven<br />

Systemen.<br />

427<br />

Vgl. Bossel (1994) S. 13 und Celler (1982) S. 2f.<br />

428<br />

Vgl. Bratley, Fox et al. (1987) S. 3.<br />

429<br />

Vgl. Bauer, Schw<strong>in</strong>genschlögl et al. (2002) S. 121 und Axelrod (1997) 27.<br />

430 Vgl. Bossel (1994) S. 12.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Experimente mit<br />

dem Realsystem<br />

System<br />

System<br />

Physisches<br />

Modell<br />

Experimente mit<br />

e<strong>in</strong>em Modell<br />

Analytische<br />

Lösung<br />

Mathematisches<br />

Modell<br />

Analyse mittels<br />

Simulation<br />

Abbildung 40: Möglichkeiten zur Analyse e<strong>in</strong>es komplexen, <strong>in</strong>teraktiven Systems 431 .<br />

Seite 164<br />

Gerade <strong>in</strong> den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften stehen häufig komplexe, adaptive sozia-<br />

le Systeme im Mittelpunkt des Forschungs<strong>in</strong>teresses. Diese sozialen Systeme bestehen aus<br />

e<strong>in</strong>em Netzwerk von adaptiven Akteuren (=Agenten), die durch ihre gegenseitigen Interaktio-<br />

nen die Dynamik des Systems endogen erzeugen 432 . Auf der Makroebene können die aggre-<br />

gierten Ergebnisse des Systems zumeist beobachtet und <strong>in</strong>terpretiert werden, ohne das<br />

zugrundeliegende Verhalten der Agenten im Detail zu kennen. Da die im Mittelpunkt des<br />

Forschungs<strong>in</strong>teresses stehenden Interaktionseffekte der Agenten und Wirkungsweisen des<br />

Realsystems aber weitgehend unbekannt s<strong>in</strong>d, ist im Regelfall die physische Nachbildung von<br />

sozialen Systemen nicht möglich. Somit lassen sich diese Zusammenhänge nicht so e<strong>in</strong>fach<br />

nachbilden wie Auto- oder Flugzeugmodelle. Des weiteren s<strong>in</strong>d die untersuchten Systeme<br />

häufig auch so komplex, dass man sie nicht mehr mit herkömmlichen mathematisch-<br />

analytischen Modellen untersuchen kann 433 . Dann s<strong>in</strong>d Simulationen die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit,<br />

um diese komplexen, adaptiven Sozialen Systeme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dynamischen Kontext zu analysie-<br />

ren.<br />

Aufgrund der komplexen, adaptiven Struktur der zu untersuchenden Systeme im sozialwis-<br />

senschaftlichen Kontext, haben sich <strong>in</strong> jüngster Zeit <strong>in</strong>sbesondere adaptive agentenbasierte<br />

431 Übernommen aus Law und Kelton (1991) S. 4.<br />

432 Vgl. Holland und Miller (1991) S. 365.<br />

433 Vgl. Holland und Miller (1991) S. 366 und Law und Kelton (1991) S. 1.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 165<br />

Simulationsmodelle verstärkt als Untersuchungsmethode <strong>in</strong> der Literatur durchgesetzt 434 . Die<br />

Grundidee h<strong>in</strong>ter diesem methodischen Ansatz lässt sich folgendermaßen beschreiben:<br />

„In this approach fundamental social structures and group behaviors emerge from the <strong>in</strong>teractions<br />

of <strong>in</strong>dividuals operat<strong>in</strong>g <strong>in</strong> artificial environments under rules that place only bounded<br />

demands on each agent´s <strong>in</strong>formation and computational capacity.” 435<br />

Im wesentlichen bestehen diese adaptiven, agentenbasierten Simulationen aus drei grundlegenden<br />

Bestandteilen 436 :<br />

1. Agenten:<br />

Zum ersten benötigt man e<strong>in</strong>e Vielzahl von adaptiven Agenten, die über unterschiedliche<br />

Eigenschaften und Verhaltensmaßnahmen verfügen. Diese unterschiedlichen Eigenschaften<br />

und Verhaltensmaßnahmen können e<strong>in</strong>erseits fix vorgegeben se<strong>in</strong>, d.h. sie<br />

s<strong>in</strong>d für die gesamte Simulationsdauer entweder konstant oder sie werden anderseits<br />

im Zeitverlauf aufgrund von Interaktions- oder Lerneffekten kont<strong>in</strong>uierlich verändert<br />

und angepasst.<br />

2. Umwelt:<br />

Weiters benötigt man e<strong>in</strong>e künstliche Umwelt, <strong>in</strong> der sich die Agenten bewegen und<br />

<strong>in</strong>teragieren können. Diese Umwelt kann die verschiedensten Formen und Ausprägungen<br />

annehmen und von künstlichen Landschaften oder Märkten bis h<strong>in</strong> zu abstrakten<br />

Kommunikationsstrukturen oder Ressourcenverteilungen reichen.<br />

3. Regeln:<br />

Zum Schluss werden dann noch verschiedene Regeln zur Steuerung des Agentenverhaltens<br />

benötigt, die vorgeben, wie sich die Agenten untere<strong>in</strong>ander als auch im Zusammenspiel<br />

mit der Umwelt verhalten.<br />

Innerhalb dieses Frameworks wird e<strong>in</strong> Agent dann als adaptive bezeichnet, wenn er <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em jeweiligen Kontext, den ihm zur Verfügung stehenden Aktionen, e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Wert zuordnen kann (z.B. Gew<strong>in</strong>n, Nutzen, Auszahlungen etc.) und er im Zeitverlauf<br />

434 Vgl. Holland und Miller (1991), Klos und Nooteboom (2001), Tesfatsion (2002), Axelrod (1997) S. 26,<br />

Natter, Mild et al. (2001), Miller, Butts et al. (2002) und Epste<strong>in</strong> und Axtell (1996).<br />

435<br />

Epste<strong>in</strong> und Axtell (1996) S. 4.<br />

436 Vgl. Epste<strong>in</strong> und Axtell (1996) S. 17f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 166<br />

versucht diesen Wert zu maximieren 437 . Die Agenten versuchen also ständig, ihr eigenes<br />

Verhalten an die geänderten Umweltbed<strong>in</strong>gungen und das Verhalten der anderen Agenten<br />

anzupassen, um ihre eigenen Ziele möglichst optimal zu erreichen. Dies gel<strong>in</strong>gt ihnen, <strong>in</strong>-<br />

dem sie ihre Entscheidungen aufgrund der Verhaltensregeln treffen, welche sie auf Basis<br />

von aktuellen <strong>Information</strong>en aus der Umwelt oder von anderen Agenten adaptieren und<br />

anpassen. Die nachfolgende Abbildung 41 gibt e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen schematischen Überblick<br />

über die Funktionsweise von adaptiven, agentenbasierten Simulationssystemen.<br />

Aggregiertes, dynamisches Verhalten des Systems<br />

Regeln<br />

Interaktion<br />

und Beobachtung<br />

Umwelt<br />

Agenten<br />

Umwelt<br />

Adaptierung<br />

und Lernen<br />

<strong>Information</strong>en<br />

Ressourcen<br />

Ziele und Nutzen<br />

Adaptierung<br />

und Lernen<br />

Adaptierung<br />

und Lernen<br />

Entscheidungsregeln<br />

und<br />

Verhaltensmaßnahmen<br />

Agent<br />

Entscheidungen<br />

Aktionen<br />

Abbildung 41: E<strong>in</strong>fache schematische Darstellung adaptiver, agentenbasierter Simulationssysteme 438 .<br />

Aufgrund se<strong>in</strong>er besonderen Eigenschaften ist dieser Ansatz besonders gut geeignet, um die<br />

sozialen Interaktionen von verschieden Agenten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplexen, dynamischen System<br />

zu analysieren 439 . E<strong>in</strong>e der Haupteigenschaften von adaptiven, agentenbasierten Simulations-<br />

modellen ist nämlich, dass durch die Interaktion von heterogenen Agenten, die simple Verhal-<br />

tensregeln befolgen, sehr komplexe Dynamiken des untersuchten Systems endogen erzeugt<br />

werden können 440 . Hierbei s<strong>in</strong>d die Möglichkeiten so vielfältig, dass es meist a priori gar nicht<br />

437 Vgl. Holland und Miller (1991) S. 365.<br />

438 Eigenerstellung.<br />

439 Vgl. Klüver, Stoica et al. (2003) Absatz 2.5.<br />

440 Vgl. Holland und Miller (1991) S. 366.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 167<br />

möglich ist vorauszusagen, welche Strukturen und Verhaltensweise selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em simplen<br />

Simulationsmodell entstehen können. Somit entstehen häufig auch völlig unerwartete Resulta-<br />

te, die zu neuen Erkenntnissen und theoretischen Ansätzen führen. Damit man allerd<strong>in</strong>gs die-<br />

se Ergebnisse auch verstehen und <strong>in</strong>terpretieren kann, ist es notwendig, die zugrundeliegenden<br />

Annahmen, Agenten und Regeln möglichst e<strong>in</strong>fach zu modellieren 441 . Nur wenn wir<br />

sämtliche Inputs und Annahmen <strong>in</strong> unseren Simulationsmodellen auch verstehen, besteht die<br />

Möglichkeit, die resultierenden Interaktionseffekte zu erfassen. So me<strong>in</strong>t beispielsweise<br />

Axelrod (1997) S. 26<br />

„The complexity of agent-based model<strong>in</strong>g should be <strong>in</strong> the simulated results, not <strong>in</strong> the assumptions<br />

of the model.“<br />

E<strong>in</strong> weiterer Vorteil von adaptiven, agentenbasierten Simulationsmodellen zur Analyse von<br />

komplexen Sozialen Systemen ist die Möglichkeit, Modelle mit heterogenen Entscheidungsträgern<br />

und Agenten zu modellieren. In der klassischen Ökonomie 442 wird häufig von homogenen<br />

Agenten, die sich völlig rational verhalten, ausgegangen. Allerd<strong>in</strong>gs stellt diese Annahme<br />

e<strong>in</strong>e völlig unzulässige Vere<strong>in</strong>fachung der Realität dar, da weder alle ökonomischen<br />

Akteure homogene Eigenschaften besitzen noch wirklich vollständig rational s<strong>in</strong>d. 443 . Mit<br />

Hilfe von agentenbasierten Simulationen können nun zum e<strong>in</strong>en beliebig große, heterogene<br />

Populationen von verschiedenen Agenten modelliert werden und zum anderen kann man die<br />

Agenten auch beschränkt rational modellieren, <strong>in</strong>dem man ihnen nur e<strong>in</strong>geschränkte <strong>Information</strong>en<br />

oder Verhaltensweisen zur Verfügung stellt 444 . Die Methode adaptiver, agentenbasierte<br />

Simulationssysteme ist somit die beste Annäherung zur realistischen Modellierung komplexer,<br />

dynamischer sozialer Systeme, die uns derzeit zur Verfügung steht.<br />

Zusammenfassend stellen Simulationsmodelle daher e<strong>in</strong> mächtiges Analysetool zur Untersuchung<br />

von komplexen Systemen dar. So streicht beispielsweise Axelrod (1997) S. 25 den<br />

besonderen Stellenwert der Simulation als neue Methode hervor und spricht <strong>in</strong>zwischen von<br />

e<strong>in</strong>er dritten Möglichkeit – neben Induktion und Deduktion – wissenschaftliche Forschung zu<br />

betreiben. Insbesondere adaptive, agentenbasierte Simulationsmodelle stellen e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teres-<br />

441<br />

Vgl. Law und Kelton (1991) S. 301.<br />

442<br />

Vgl. Williamson (1985), Barney (1986), Kreps (1990) und Varian (1996).<br />

443 Vgl. Epste<strong>in</strong> und Axtell (1996) S. 1f.<br />

444 Vgl. Arthur (1991) S. 353.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 168<br />

santen neuen Ansatz zur Modellierung von komplexen sozialen Systemen dar, mit deren Hilfe<br />

man bisherigen Unzulänglichkeiten <strong>in</strong> bestehenden Forschungsmethoden vermeiden kann.<br />

5.2 Das Modell<br />

Nachdem im letzten Abschnitt gezeigt wurde, dass adaptive, agentenbasierte Simulationssys-<br />

teme e<strong>in</strong>e geeignete Methode zur Analyse von komplexen, <strong>in</strong>teraktiven sozialen Systemen<br />

s<strong>in</strong>d, soll nun <strong>in</strong> diesem Teilkapitel unser <strong>Information</strong>stransferdilemma <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dynamischen<br />

Kontext mit Hilfe dieser neuen Methode untersucht werden. Dem Grundgedanken von adaptiven,<br />

agentenbasierten Modellen folgend, soll das Modell von den Annahmen und der Modellierung<br />

her möglichst e<strong>in</strong>fach gehalten werden, damit die resultierenden Resultate logisch<br />

erfasst und <strong>in</strong>terpretiert werden können 445 . Aus diesem Grund wird die Anzahl der verschiedenen<br />

Firmen (=Agenten) <strong>in</strong> unserem Modell auf vier Stück beschränkt.<br />

Gegeben seien vier verschiedene Firmen, welche alle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wissens<strong>in</strong>tensiven Markt –<br />

beispielsweise der Biotechnologiebranche – agieren und <strong>in</strong> Konkurrenz mite<strong>in</strong>ander stehen.<br />

Weiters nehmen wir an, dass jeweils zwei dieser vier Firmen e<strong>in</strong>e langfristige Kooperation <strong>in</strong><br />

Form e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Forschungs- und Entwicklungsallianz e<strong>in</strong>gehen können, wodurch<br />

sich der Wettbewerbsdruck von der e<strong>in</strong>zelnen Firma weg, h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em Konkurrenzkampf<br />

zwischen den beiden Wissensallianzen verlagert. Kooperieren die beiden Firmen <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Allianz nun untere<strong>in</strong>ander, d.h. tauschen sie ihre <strong>Information</strong>en gegenseitig aus, so können<br />

sie ihre neuen Produkte schneller entwickeln und auf den Markt br<strong>in</strong>gen, was ihnen gegenüber<br />

der anderen Allianz e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil verschafft. Indem die Firmen defektieren<br />

und ihre eigenen <strong>Information</strong>en nicht zur Verfügung stellen, können sie allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

versuchen ihren eigenen Partner <strong>in</strong> der Allianz auszunutzen, um an dessen wertvolle<br />

<strong>Information</strong>en zu gelangen. Innerhalb der eignen Allianz spielen die e<strong>in</strong>zelnen Firmen daher<br />

jeweils das bereits bekannte <strong>Information</strong>stransferdilemma Spiel (vgl. Abbildung 42).<br />

In Abhängigkeit davon wie sich die Firmen <strong>in</strong> der Allianz verhalten, verfügt die Allianz über<br />

e<strong>in</strong>e unterschiedliche Allianzperformance, die wiederum e<strong>in</strong>en direkten E<strong>in</strong>fluss auf den<br />

Marktanteil der Allianz am Gesamtmarkt hat. Kooperieren beide Spieler und tauschen ihre<br />

445 Vgl. Axelrod (1997) S. 26 und Law und Kelton (1991) S. 300f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 169<br />

<strong>Information</strong>en aus, so ist die Allianzperformance 8, d.h. hoch 446 . Kooperiert nur e<strong>in</strong>er der bei-<br />

den Partner, so wird zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> Teil der <strong>Information</strong>en ausgetauscht und die Allianz ver-<br />

fügt über e<strong>in</strong>e mittlere Performance von 7. Defektieren h<strong>in</strong>gegen beide Spieler, so kommt<br />

ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer zustande und die Allianzperformance ist mit 6 niedrig. Gew<strong>in</strong>nt<br />

e<strong>in</strong>e Allianz nun den Wettbewerb im Markt gegenüber der anderen Allianz, so kann sie den<br />

gesamten Markt für sich gew<strong>in</strong>nen, s<strong>in</strong>d beide Allianzen gleich gut, so erhält jede Allianz<br />

genau die Hälfte des Marktes zugeteilt. Die nachfolgende Abbildung 42 gibt e<strong>in</strong>en Überblick<br />

über das soeben beschriebene Grundmodell.<br />

Firma 1<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Marktgew<strong>in</strong>n/ Kooperationsgew<strong>in</strong>n<br />

Allianzperformance 1 Allianzperformance 2<br />

Firma 2<br />

<strong>Information</strong>s- Ke<strong>in</strong><br />

transfer<strong>Information</strong>stransfer 4,4 2,5<br />

5,2 3,3<br />

8 7<br />

7 6<br />

Konkurrenz<br />

Vergleich<br />

Firma 3<br />

8 7<br />

7 6<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

<strong>Information</strong>stransfer-Dilemma<br />

Abbildung 42: Schematischer Modellüberblick 447 .<br />

Firma 4<br />

<strong>Information</strong>s- Ke<strong>in</strong><br />

transfer<strong>Information</strong>stransfer 4,4 2,5<br />

5,2 3,3<br />

In den nachfolgenden Abschnitten werden nun die e<strong>in</strong>zelnen Bestandteile des Modells herge-<br />

leitetet und im Detail erklärt. Aufbauend auf den drei Bestandteilen von adaptiven, agenten-<br />

basierten Systemen werden zuerst die Umwelt, dann die Firmenagenten und am Schluss die<br />

Regeln des Modells beschrieben 448 .<br />

446 Die Allianzperformance entspricht der Summe der jeweiligen <strong>in</strong>dividuellen Auszahlungen des <strong>Information</strong>s-<br />

transferdilemma-Spiels.<br />

447 Eigenerstellung.<br />

448 Vgl. Kapitel 5.1.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 170<br />

5.2.1 Die Umwelt<br />

In unserem Modell agieren die vier konkurrierenden Firmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wissens<strong>in</strong>tensiven<br />

Markt, der durch das Marktvolumen m charakterisiert wird. Dieses Marktvolumen m ist e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>facher Inputparameter des Modells, der die Größe des realen Marktvolumens <strong>in</strong> monetären<br />

Termen festlegt. Je größer das reale Marktvolumen m ist, desto größer ist der Markt der auf-<br />

geteilt wird und desto höhere Marktgew<strong>in</strong>ne kann e<strong>in</strong>e (erfolgreiche) Allianz machen. Im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>es Simulationslaufes bleibt das Marktvolumen m konstant und verändert sich<br />

nicht.<br />

Der zweite wesentliche Bestandteil unserer Modellumwelt ist das Verhalten der anderen Agenten.<br />

Bereits Holland und Miller (1991) S. 365 schreiben, dass die Umwelt e<strong>in</strong>es adaptiven<br />

Agenten die anderen Agenten im System be<strong>in</strong>haltet und jeder Agent bei se<strong>in</strong>er Beurteilung<br />

der Umwelt das Verhalten der anderen Agenten im System explizit berücksichtigen muss.<br />

Jede Firma <strong>in</strong> unserem Modell sieht sich daher auf zwei verschiedenen Ebenen mit möglichen<br />

Umweltentwicklungen aufgrund des Verhaltens der anderen Agenten konfrontiert. Die erste<br />

Ebene ist das Verhalten des Partners <strong>in</strong>nerhalb der Allianz. Da die Auszahlungen des <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiels<br />

nicht nur von der eigenen Strategie, sondern auch von der<br />

Strategie des Partners abhängen, muss e<strong>in</strong> Spieler die Verhaltensmöglichkeiten des Partners<br />

explizit berücksichtigen. Grundsätzlich lassen sich im <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiel<br />

zwei mögliche Umweltzustände identifizieren:<br />

1. D1 Partner spielt „<strong>Information</strong>stransfer“:<br />

• <strong>Information</strong>stransfer / <strong>Information</strong>stransfer<br />

• ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer / <strong>Information</strong>stransfer<br />

2. D2 Partner spielt „Ke<strong>in</strong>-<strong>Information</strong>stransfer“:<br />

• <strong>Information</strong>stransfer / ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

• ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer / ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

In Komb<strong>in</strong>ation mit den beiden eigenen Strategien ergeben sich dann vier mögliche Auszahlungsvarianten,<br />

die zu unterschiedlichen Ergebnissen für die e<strong>in</strong>zelnen Firmen führen 449 . Da<br />

der Spieler i aber a priori nicht weiß wie sich se<strong>in</strong> Partner verhalten wird, muss er den beiden<br />

Umweltzuständen D1 und D2 zum jeweiligen Zeitpunkt t e<strong>in</strong>e subjektive E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

xt,i zuordnen (vgl. Abbildung 43). Die Annahme subjektiver Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten ist<br />

zwar e<strong>in</strong>e Abweichung zur klassischen Spieltheorie, die nach e<strong>in</strong>er optimalen Lösung gege-<br />

449 Für e<strong>in</strong>e ausführliche Beschreibung des <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiels siehe Kapitel 3.3 und 4.1.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 171<br />

ben der optimalen gegnerischen Strategien sucht. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Verwendung von subjek-<br />

tiven Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten <strong>in</strong> der Literatur e<strong>in</strong>e etablierte Methode, um beschränkte Rationa-<br />

lität zu modellieren 450 , welche <strong>in</strong>teressante Modellierungsmöglichkeiten und Verbesserungen<br />

mit sich br<strong>in</strong>gt 451 .<br />

Firma 1<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Firma 2<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>s<strong>Information</strong>stransfertransfer x t,i<br />

1-x t,i<br />

4,4 2,5<br />

5,2 3,3<br />

x t,i<br />

1-x t,i<br />

D 1 : Partner kooperiert<br />

D 2 : Partner defektiert<br />

Abbildung 43: Subjektive Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der Umweltzustände<br />

im <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiel 452 .<br />

Die zweite Ebene ist das Verhalten der gegnerischen Allianz am Markt. Je nachdem wie sich<br />

die konkurrierenden Firmen verhalten, verfügt die gegnerische Allianz über e<strong>in</strong>e unterschied-<br />

liche Allianzperformance. Die Allianzperformance ergibt sich aus der Summe der <strong>in</strong>dividuel-<br />

len Auszahlungen des <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiels der beiden Spieler <strong>in</strong> der Allianz.<br />

Aufgrund der vier möglichen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen im <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiel<br />

ergeben sich bei e<strong>in</strong>em symmetrischen Spiel drei verschiedene Umweltzustände für die Per-<br />

formance der gegnerischen Allianz:<br />

1. Z1 Beide Spieler kooperieren:<br />

Allianzperformance ist 8<br />

2. Z2 E<strong>in</strong>er der beiden Spieler defektiert:<br />

Allianzperformance ist 7<br />

3. Z3 Beide Spieler defektieren:<br />

Allianzperformance ist 6<br />

Da Spieler i zum Zeitpunkt t wiederum nicht weiß, wie sich die generische Allianz verhalten<br />

wird, kann er jedem dieser drei möglichen Umweltzustände Z1 bis Z3 nur e<strong>in</strong>e subjektive E<strong>in</strong>-<br />

trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit pZ,t,i mit Z∈{1,2,3} zuordnen (vgl. Abbildung 44).<br />

450 Vgl. Kadane und Learkey (1982) S. 115.<br />

451 Vgl. Kadane und Larkey (1983) S. 1375f.<br />

452 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Allianzperformance<br />

8 Z1 7<br />

p 1<br />

7 Z2 6<br />

p p2/2 2/2 2/2<br />

Z2<br />

p p2/2 2/2 2/2<br />

Z3<br />

p 3<br />

P 1,t,i<br />

P 2,t,i<br />

P 3,t,i<br />

Z 1 : Gegnerische Allianz spielt 8<br />

Z 2 : Gegnerische Allianz spielt 7<br />

Z 3 : Gegnerische Allianz spielt 6<br />

Abbildung 44: Subjektive Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der<br />

Umweltzustände aufgrund der gegnerischen Allianzperformance 453 .<br />

Seite 172<br />

Aus Sicht der eigenen Allianz kann man diese verschiedenen Umweltzustände auch als ag-<br />

gregierte Metastrategien, die sich aus der Komb<strong>in</strong>ation der e<strong>in</strong>zelnen Verhaltensweisen der<br />

beiden Kooperationspartner ergeben, <strong>in</strong>terpretieren. Jede Allianz verfügt demnach über drei<br />

mögliche Metastrategien, die zu e<strong>in</strong>er unterschiedlichen Allianzperformance führen: beider-<br />

seitige Kooperation, beiderseitige Defektion und e<strong>in</strong>seitige Defektion.<br />

Komb<strong>in</strong>iert man nun diese drei möglichen Umweltzustände der gegnerischen Allianzperfor-<br />

mance mit den eigenen Metastrategien, so ergeben sich aus Sicht e<strong>in</strong>er Allianz neun verschie-<br />

dene Fälle für die Aufteilung des Marktgew<strong>in</strong>nes (vgl. Tabelle 9) 454 . Aufgrund der Symmetrie<br />

im Spiel existieren <strong>in</strong> mehreren Umweltzuständen idente Fälle, die zu e<strong>in</strong>em Fall zusammen-<br />

gefasst werden können, wodurch im Endeffekt sieben unterschiedliche Fälle verbleiben.<br />

Allianz 1<br />

Z3: 6<br />

Allianz 2<br />

Z2: 7 Z1: 8<br />

Z3: 6 Fall 3 Fall 4 Fall 4<br />

Z2: 7 Fall 7 Fall 6 Fall 5<br />

Z1: 8 Fall 2 Fall 2 Fall 1<br />

Tabelle 9: Mögliche Fälle zur Aufteilung des Marktgew<strong>in</strong>ns 455 .<br />

Im nachfolgenden werden diese sieben Fälle aus Sicht der ersten Allianz A1 beschrieben:<br />

1. Fall:<br />

Sämtliche Spieler kooperieren und sowohl die erste Allianz A1 als auch die zweite Al-<br />

lianz A2 verfügen jeweils über e<strong>in</strong>e Allianzperformance von 8. Dann erhält jede Alli-<br />

m<br />

anz die Hälfte des Marktes . Dieser Fall kann nur im Umweltzustand Z1 e<strong>in</strong>treten.<br />

2<br />

453 Eigenerstellung.<br />

454 Für e<strong>in</strong>e detaillierte Beschreibung des Marktaufteilungsmechanismus siehe Kapitel 5.2.3.<br />

455 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

2. Fall:<br />

Seite 173<br />

Die erste Allianz A1 kooperiert und verfügt über e<strong>in</strong>e Performance von 8, während <strong>in</strong><br />

der zweiten Allianz A2 zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>er der Spieler defektiert und die Performance nur<br />

7 beträgt. Allianz A1 gew<strong>in</strong>nt somit den gesamten Markt m, während die zweite Alli-<br />

anz A2 <strong>in</strong> diesem Fall gar nichts erhält. Dieser Fall kann <strong>in</strong> den Umweltzuständen Z2<br />

und Z3 e<strong>in</strong>treten.<br />

3. Fall:<br />

Weder die erste Allianz A1 noch die zweite Allianz A2 kooperieren. Beide Allianzen<br />

verfügen dann über e<strong>in</strong>e Performance von 6 und jede Allianz erhält wieder die Hälfte<br />

m<br />

des Marktes . Dieser Fall kann nur im Umweltzustand Z3 auftreten.<br />

2<br />

4. Fall:<br />

Wenn die erste Allianz A1 nicht kooperiert und über e<strong>in</strong>e Performance von 6 verfügt,<br />

verliert sie den Markt, sofern zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>er der beiden Spieler <strong>in</strong> Allianz A2 koope-<br />

riert. Dann erhält die erste Allianz A1 ke<strong>in</strong>en Marktgew<strong>in</strong>n und A2 erhält den gesam-<br />

ten Markt m. Dieser Fall kann <strong>in</strong> den Umweltzuständen Z1 und Z2 auftreten.<br />

5. Fall:<br />

In der ersten Allianz A1 defektiert e<strong>in</strong>er der beiden Spieler, was zu e<strong>in</strong>er mittleren Al-<br />

lianzperformance von 7 führt, während <strong>in</strong> der zweiten Allianz A2 alle Spieler koope-<br />

rieren und somit e<strong>in</strong>e Performance von 8 erreichen. Dann verliert die erste Allianz A1<br />

den gesamten Markt m an die Allianz A2. Dieser Fall kann nur im Umweltzustand Z1<br />

e<strong>in</strong>treten.<br />

6. Fall:<br />

Beide Allianzen A1 und A2 verfügen jeweils über e<strong>in</strong>e Allianzperformance von 7 und<br />

teilen sich somit den Markt m gleichmäßig untere<strong>in</strong>ander auf, d.h. jede Allianz erhält<br />

m<br />

. Dieser Fall kann nur im Umweltzustand Z2 e<strong>in</strong>treten<br />

2<br />

7. Fall:<br />

Allianz A1 verfügt über e<strong>in</strong>e Allianzperformance von 7 und gew<strong>in</strong>nt den gesamten<br />

Markt m, da <strong>in</strong> der zweiten Allianz A2 niemand kooperiert. Dieser Fall kann im Um-<br />

weltzustand Z3 e<strong>in</strong>treten.<br />

Vergleicht man nun diese sieben Fälle anhand der drei Metastrategien e<strong>in</strong>er Allianz, so zeigt<br />

sich, dass diese Strategien e<strong>in</strong>en unterschiedlichen E<strong>in</strong>fluss auf den möglichen Kooperations-<br />

gew<strong>in</strong>n der Allianz haben. Während es durch die Strategie Kooperation im schlechtesten Fall


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 174<br />

zu e<strong>in</strong>er gleichmäßigen Marktaufteilung kommt, können die beiden anderen Strategien auch<br />

zu e<strong>in</strong>em völligen Verlust des Marktes führen. Weiters kann e<strong>in</strong>e Allianz bei e<strong>in</strong>seitiger De-<br />

fektion theoretisch alle drei Marktaufteilungsmöglichkeiten realisieren, woh<strong>in</strong>gegen sie im<br />

besten Fall bei der beiderseitigen Defektion nur die Hälfte des Marktes erhält. Es besteht da-<br />

her e<strong>in</strong> Trade Off zwischen dem optimalen Verhalten der Spieler <strong>in</strong>nerhalb der Allianz und<br />

der Allianzperformance am Markt. Die e<strong>in</strong>zelnen Entscheidungsträger müssen daher bei ihrer<br />

<strong>Information</strong>stransferentscheidung die möglichen Umweltzustände aufgrund der gegnerischen<br />

Allianzperformance sowie die Auswirkungen der eigenen Strategien auf die eigene Allianz-<br />

performance explizit berücksichtigen.<br />

Die nachfolgende Abbildung 45 fasst die soeben beschriebenen sieben Fälle noch e<strong>in</strong>mal an-<br />

hand der drei Metastrategien aus Sicht der ersten Allianz A1 zusammen.<br />

Kooperation<br />

� Fall 1: Z1<br />

A1 und A2 spielen 8<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=m/2 und A2=m/2<br />

� Fall 2: Z2 + Z3<br />

A1 spielt 8 und gew<strong>in</strong>nt<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=m und A2=0<br />

Beiderseitige Defektion<br />

� Fall 3: Z3<br />

A1 und A2 spielen 6<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=m/2 und A2=m/2<br />

� Fall 4: Z1+Z2<br />

A1 spielt 6 und A2 gew<strong>in</strong>nt<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=0 und A2=m<br />

E<strong>in</strong>seitige Defektion<br />

� Fall 5: Z1<br />

A1 spielt 7 und A2 spielt 8<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=0 und A2=m<br />

� Fall 6: Z2<br />

A1 und A2 spielen 7<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=m/2 und A2=m/2<br />

� Fall 7: Z3<br />

A1 spielt 7 und A2 spielt 6<br />

Gew<strong>in</strong>n:<br />

A1=m und A2=0<br />

Abbildung 45: Mögliche Fälle der Marktgew<strong>in</strong>naufteilung anhand der drei Metastrategien 456 .<br />

456 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 175<br />

5.2.2 Die Firmenagenten<br />

Wie bereits <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung zu diesem Kapitel angesprochen wurde, s<strong>in</strong>d die Firmen als a-<br />

daptive Agenten modelliert. Die bedeutet e<strong>in</strong>erseits, dass die Firmen ihren verschiedenen<br />

Strategien <strong>in</strong> den jeweiligen Umweltzuständen e<strong>in</strong>en bestimmten Wert (Gew<strong>in</strong>n) zuordnen<br />

und andererseits, dass diese Firmen bemüht s<strong>in</strong>d, im Laufe der (Simulations-)Zeit diesen Wert<br />

(Gew<strong>in</strong>n) zu maximieren 457 . Damit diese adaptiven Firmen dieses Ziel erreichen können, ver-<br />

fügen sie <strong>in</strong>tern über verschiedene Zustände, Eigenschaften und Verhaltensregeln 458 . Während<br />

die Eigenschaften im gesamten Simulationsverlauf konstant bleiben, können sich die Zustän-<br />

de im Laufe der Zeit an aktuelle Entwicklungen anpassen. Dadurch erhalten die Firmen die<br />

Möglichkeit zu lernen und sich adaptiv zu verhalten.<br />

Grundsätzlich wird jede Firma durch folgende Eigenschaften, die am Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Simulationslaufes<br />

festgelegt werden, charakterisiert:<br />

• Basis-Kooperationserwartung: Vi∈[0,1]<br />

Ist die subjektive Erwartungshaltung der Firma i, dass der eigene Partner <strong>in</strong> der Allianz<br />

zum<strong>in</strong>dest mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Vi kooperiert. Diese Basis-<br />

Kooperationserwartung ist e<strong>in</strong> Anfangswert, den Spieler i im Zeitverlauf aufgrund des<br />

Verhaltens se<strong>in</strong>es Partners anpasst. Er verfügt somit zu jedem bestimmten Zeitpunkt t<br />

über e<strong>in</strong>en verhaltensabhängigen Zustand vt,i, der se<strong>in</strong>e Erwartungshaltung über die<br />

Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partners ausdrückt. Zusätzlich ist Vi auch die<br />

Untergrenze für diese subjektive Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit vt,i. Beträgt beispielsweise<br />

Vi=0,2, so schätzt dieser Spieler i die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit vt,i<br />

se<strong>in</strong>es Partner zum<strong>in</strong>dest immer auf 20% e<strong>in</strong>, egal wie oft se<strong>in</strong> Partner <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

bereits defektiert hat. Diese Basis-Kooperationserwartung ist daher unabhängig<br />

vom Verhalten des Partners und kann auch als naive Kooperationserwartung bezeichnet<br />

werden. Die Basis-Kooperationserwartung kann Werte zwischen Null und<br />

E<strong>in</strong>s annehmen.<br />

• Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit: Fi∈[0,1]<br />

Die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit Fi gibt an, mit welcher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit Spieler i von<br />

se<strong>in</strong>er berechneten Optimalstrategie abweicht. Dieser Parameter dient dazu, um e<strong>in</strong>e<br />

gewisse stochastische Dynamik im System zu generieren. Ist die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>-<br />

457<br />

Holland und Miller (1991) S. 365.<br />

458<br />

Vgl. Epste<strong>in</strong> und Axtell (1996) S. 4.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 176<br />

lichkeit Fi gleich Null, so verhalten sich die Firmen im S<strong>in</strong>ne ihrer Entscheidungsre-<br />

geln völlig rational und determ<strong>in</strong>istisch.<br />

• Gedächtnistiefe Partner: Pi∈[1,400]<br />

Die Gedächtnistiefe Partner Pi gibt, an über wieviele Perioden <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

sich Spieler i das Verhalten se<strong>in</strong>es Partners merkt. Je größer die Gedächtnistiefe Pi ist,<br />

desto vollständiger s<strong>in</strong>d die <strong>Information</strong>en von Spieler i über das Verhalten se<strong>in</strong>es<br />

Partners <strong>in</strong> der Vergangenheit. Ist die Gedächtnistiefe kle<strong>in</strong>er als die maximale Perio-<br />

denanzahl, so vergisst Spieler i das Verhalten se<strong>in</strong>es Partner nach e<strong>in</strong>iger Zeit wieder<br />

und merkt sich nur das Verhalten der letzten Pi Perioden.<br />

• Gedächtnistiefe gegnerische Allianz: Ai∈[1,400]<br />

Die Gedächtnistiefe Partner Ai gibt an, über wieviele Perioden <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

sich Spieler i das Verhalten der generischen Allianz merkt. Je größer die Gedächtnis-<br />

tiefe Ai ist, desto vollständiger s<strong>in</strong>d die <strong>Information</strong>en von Spieler i über das Verhalten<br />

der gegnerischen Allianz <strong>in</strong> der Vergangenheit. Ist die Gedächtnistiefe kle<strong>in</strong>er als die<br />

maximale Periodenanzahl, so vergisst Spieler i das Verhalten der gegnerischen Allianz<br />

nach e<strong>in</strong>iger Zeit wieder und merkt sich nur das Verhalten der letzten Ai Perioden.<br />

• Strategietyp: Si∈[0,1]<br />

Jeder Spieler i kann entweder e<strong>in</strong>e rationale Strategie oder alternativ e<strong>in</strong>e Vertrauens-<br />

strategie spielen. Wenn Si = 1 ist, spielt der Spieler i völlig rational im S<strong>in</strong>ne se<strong>in</strong>er<br />

Entscheidungsregeln. Ist Si aber kle<strong>in</strong>er als 1, so kooperiert der Spieler automatisch,<br />

sobald er die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partners xt,i größer als Si e<strong>in</strong>-<br />

schätzt. Wenn xt,i≥ Si vertraut der Spieler i darauf, dass se<strong>in</strong> Partner ebenfalls koope-<br />

rieren wird und stellt se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en zur Verfügung.<br />

Des weiteren verfügen die Firmen noch über mehrere Zustandsvariablen, die sich während<br />

e<strong>in</strong>es Simulationslaufes kont<strong>in</strong>uierlich verändern und den adaptierten Status des Agenten zum<br />

Zeitpunkt t charakterisieren:<br />

• Geschätztes Marktvolumen: mˆ ∈[0,20]<br />

Geschätztes Marktvolumen von Spieler i zum Zeitpunkt t.<br />

t, i<br />

• Geschätzte E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Umweltzustände Z1 bis Z3: pZ,t,i∈[0,1]<br />

mit Z∈{1,2,3}<br />

Geschätzte E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit der verschiedenen gegnerischen Allianzstrate-<br />

gien (Z1 bis Z3) aus Sicht von Spieler i zum Zeitpunkt t.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

• Subjektive Kooperationserwartung: vt,i∈[0,1]<br />

Seite 177<br />

Die subjektive Kooperationserwartung ist e<strong>in</strong> Zustand, der die Erwartungshaltung des<br />

Spielers i über die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partners ausdrückt. Als<br />

Grundlage für die Bildung der Erwartungshaltung dient das kooperative Verhalten des<br />

Partners im Zeitverlauf.<br />

• Adaptierte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit: xt,i∈[0,1]<br />

Die adaptierte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit xt,i ist die an das realen Partnerverhaltens<br />

angepasste subjektive Kooperationserwartung vt,i. Spieler i versucht anhand se<strong>in</strong>er<br />

Beobachtungen aus dem realen Verhalten se<strong>in</strong>es Partners zu lernen und se<strong>in</strong>e subjektive<br />

Kooperationserwartung vt,i dementsprechend anzupassen. Diese adaptierte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

xt,i wird schlussendlich von Spieler i dazu verwendet um<br />

se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>stransferentscheidung zu treffen.<br />

• Empirische Likelihoods: pt,i∈[0,1]<br />

Die Likelihoods beschreiben die Spielsituation <strong>in</strong>nerhalb der Allianz mit Hilfe von<br />

bed<strong>in</strong>gten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten aufgrund der empirischen Beobachtungen des Partnerverhaltens<br />

aus Sicht von Spieler i zum Zeitpunkt t.<br />

Anhand dieser verschiedenen Eigenschaften und Zustandsvariablen kann man nun diverse<br />

heterogene Arten von Firmenagenten modellieren und die Auswirkungen dieser Eigenschaften<br />

auf das <strong>Information</strong>stransferdilemma untersuchen.<br />

Oberstes Ziel unserer Firmenagenten ist es, den Gesamtgew<strong>in</strong>n zu maximieren. Der Gesamtgew<strong>in</strong>n<br />

setzt sich aus dem Marktgew<strong>in</strong>n und dem Gew<strong>in</strong>n des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels 459<br />

zusammen. Die Firmen müssen also versuchen beide E<strong>in</strong>zelgew<strong>in</strong>ne zu maximieren, um den<br />

Gesamtgew<strong>in</strong>n zu maximieren. Dabei kommt es zu e<strong>in</strong>em Trade Off zwischen der kurzfristigen<br />

Gew<strong>in</strong>nmaximierung (= e<strong>in</strong>seitige Defektion) im <strong>Information</strong>stransfer-Spiel und e<strong>in</strong>em<br />

hohen Marktgew<strong>in</strong>n aufgrund e<strong>in</strong>er guten Allianzperformance, die nur bei beiderseitiger Kooperation<br />

möglich ist. Wie wir bereits im letzten Kapitel gesehen haben, müssen die Spieler<br />

daher bei ihrer <strong>Information</strong>stransferentscheidung die möglichen Umweltzustände aufgrund<br />

der gegnerischen Allianzperformance sowie die möglichen Umweltentwicklungen <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Allianz explizit <strong>in</strong> ihrer <strong>Information</strong>stransferentscheidung berücksichtigen. Die Firmenagenten<br />

versuchen daher ständig im Laufe der Zeit ihre Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsvorstellungen<br />

459 Der Gew<strong>in</strong>n des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels kann beispielsweise aus anderen Märkten stammen.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 178<br />

über die anderen Agenten zu verbessern, um ihre Entscheidungen an die jeweiligen Umwelt-<br />

veränderungen anzupassen. Dazu schätzen die e<strong>in</strong>zelnen Firmen i zum jeweiligen Zeitpunkt t<br />

die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit ihres eigenen Partners xt,i, die E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkei-<br />

ten der verschiedenen gegnerischen Allianzstrategien pZ,t,i und das Marktvolumen ˆ ab.<br />

Schätzung der adaptierten Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit:<br />

Jeder Spieler i verfügt zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt t über e<strong>in</strong>en verhaltensabhängigen Zu-<br />

stand vt,i, der se<strong>in</strong>e Erwartungshaltung über die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Part-<br />

ners ausdrückt. Je nachdem ob der Partner nun kooperiert oder nicht, verändert sich dieser<br />

Zustand <strong>in</strong> jeder Periode, was sich <strong>in</strong> weiterer Folge auf die erwartete Kooperationswahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeit auswirkt. Allerd<strong>in</strong>gs besitzt jeder Spieler auch e<strong>in</strong>e naive Basis-<br />

Kooperationserwartung Vi, die unabhängig vom Verhalten des Partners existiert und nie un-<br />

terschritten wird. Beträgt beispielsweise Vi=0,2, so schätzt dieser Spieler i die subjektive Ko-<br />

operationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partner zum<strong>in</strong>dest immer auf 20% e<strong>in</strong>, egal, wie oft se<strong>in</strong><br />

Partner <strong>in</strong> der Vergangenheit bereits defektiert hat. Klos und Nooteboom (2001) S. 515 spre-<br />

chen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch vom Grundvertrauen, welches man se<strong>in</strong>em Partner <strong>in</strong><br />

jedem Fall entgegen br<strong>in</strong>gt. Insofern könnte man vt,i auch als verhaltensabhängiges, subjekti-<br />

ves Vertrauen <strong>in</strong> den Partner <strong>in</strong>terpretieren, welches sich langsam zwischen den beiden Part-<br />

ner entwickelt. In Anlehnung an das Vertrauensmodell von Klos und Nooteboom (2001) S.<br />

515 sei daher dieser verhaltensabhängige Zustand gegeben durch<br />

mit<br />

und<br />

k<br />

t,<br />

j<br />

v<br />

t,<br />

i<br />

= V<br />

i<br />

+<br />

( 1−V<br />

)<br />

i<br />

⎛<br />

* ⎜1−<br />

⎜<br />

⎝ η *<br />

1<br />

⎞<br />

( ) ⎟ k + e + 1<br />

⎪⎧<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

von Spieler j<strong>in</strong><br />

t −1→<br />

kt<br />

, j = k<br />

= ⎨<br />

⎪⎩ ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

von Spieler j<strong>in</strong><br />

t −1→<br />

k<br />

(Gleichung 5-2)<br />

t,<br />

j<br />

t,<br />

i<br />

⎠<br />

(Gleichung 5-1)<br />

t−1<br />

t,<br />

j<br />

m t,<br />

i<br />

, j + 1 ⎪⎫<br />

⎬<br />

= max(<br />

kt<br />

−1,<br />

j −1,<br />

0)⎪⎭


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

e<br />

t,<br />

i<br />

⎧<strong>Information</strong>stransfer<br />

von Spieleri<br />

<strong>in</strong> t −1→<br />

et,<br />

i = 1<br />

= ⎨<br />

⎩ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

von Spieleri<br />

<strong>in</strong> t −1→<br />

e<br />

(Gleichung 5-3)<br />

t,<br />

i<br />

⎫<br />

⎬<br />

= 0⎭<br />

Seite 179<br />

In Gleichung 5-1 dient η als e<strong>in</strong> Skalierungsfaktor der Funktion, der die Anpassungsge-<br />

schw<strong>in</strong>digkeit an die Veränderung von kt,i steuert. Weiters versucht Spieler i die Auswirkun-<br />

gen se<strong>in</strong>es eigenen Verhaltens auf das Verhalten des Partners zu antizipieren. Somit <strong>in</strong>tegriert<br />

et,i das eigene Verhalten des Spielers i <strong>in</strong> der Vertrauensfunktion. Spieler i geht davon aus,<br />

dass sich se<strong>in</strong> Partner j <strong>in</strong> der kommenden Periode ebenfalls erkenntlich zeigen und se<strong>in</strong>e In-<br />

formationen eher zur Verfügung stellen wird, sofern er <strong>in</strong> der letzten Periode selber kooperiert<br />

hat. Wenn et,i=1 ist, dann erhöht sich <strong>in</strong>sbesondere am Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Kooperationsbeziehung<br />

das subjektive Vertrauen <strong>in</strong> den Kooperationspartner. In den späteren Perioden hat der Faktor<br />

et,i=1 aufgrund der abnehmenden Grenzkooperationserwartung ke<strong>in</strong>e große Bedeutung mehr<br />

(vgl. Abbildung 46).<br />

Je länger nun die positive Austauschbeziehung zwischen den Partner dauert, d.h. je öfter der<br />

Partner j kooperiert und je größer demnach kt,j ist, desto höher schätzt Spieler i die Kooperati-<br />

onswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partners j e<strong>in</strong>. Das subjektive Vertrauen nimmt also mit steigen-<br />

der Kooperationsanzahl vom Partner j stetig zu, unterliegt aber e<strong>in</strong>er abnehmenden Grenzko-<br />

operationserwartung. Die nachfolgende Abbildung 46 zeigt den Zusammenhang zwischen der<br />

Kooperationserwartung und der Anzahl der positiven Kooperationsperioden.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Subjektive Kooperationserwartung<br />

Parameter:<br />

V i ..........<br />

η...........<br />

0.2<br />

0.2<br />

k t,j ..........<br />

e t,i ............<br />

fortlaufend<br />

0<br />

1<br />

Abbildung 46: Zusammenhang zwischen subjektiver Kooperationserwartung vt,i<br />

und Anzahl von Kooperationen 460 .<br />

Seite 180<br />

Allerd<strong>in</strong>gs führt diese abnehmende Grenzkooperationserwartung auch dazu, dass e<strong>in</strong> Spieler<br />

nach e<strong>in</strong>er genügend großen Anzahl von Kooperationen auf defektierendes Verhalten seitens<br />

des Partners kaum mehr reagiert. Verlässt sich e<strong>in</strong> Spieler daher nur auf den Zustand se<strong>in</strong>es<br />

subjektiven Vertrauens <strong>in</strong> den Partner, so könnte der Partner diesen Umstand ausnützen und<br />

nach e<strong>in</strong>er genügend großen Anzahl von Kooperationen beg<strong>in</strong>nen zu defektieren. Aus diesem<br />

Grund berücksichtigen die Firmen auch das reale Verhalten des Partners, um ihre subjektive<br />

Erwartungshaltung an die bestehenden Gegebenheiten anzupassen. Indem sich Spieler i die<br />

vergangenen Spielzüge se<strong>in</strong>es Partners merkt, kann er aus dem Verhalten des Partners lernen<br />

und se<strong>in</strong>e Kooperationserwartung vt,i weiter verbessern. Dazu revidiert er aufgrund se<strong>in</strong>er<br />

realen Beobachtungen se<strong>in</strong>e subjektiven a priori Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten.<br />

Damit Spieler i se<strong>in</strong>e subjektive Kooperationserwartung vt,i anpassen kann, s<strong>in</strong>d zwei ver-<br />

schiedene Schritte notwendig:<br />

1. Bestimmung der Likelihoods:<br />

Anhand der Beobachtung des Partnerverhaltens <strong>in</strong> Abhängigkeit vom eigenen Verhal-<br />

ten über Pi Perioden h<strong>in</strong>weg, bestimmt Spieler i die empirischen Likelihoods, dass<br />

se<strong>in</strong> Partner kooperiert oder nicht.<br />

460 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

2. Anpassung der subjektiven Kooperationserwartung vt,i:<br />

Seite 181<br />

Mit Hilfe dieser Likelihoods versucht Spieler i se<strong>in</strong>e subjektive Kooperationserwar-<br />

tung gegenüber se<strong>in</strong>em Partner an die realen Gegebenheiten anzupassen.<br />

Wenn wir zwei Spieler A und B haben und wenn weiters Spieler A davon ausgeht, dass das<br />

Verhalten von Spieler B die Reaktion auf das Verhalten von Spieler A ist, dann lässt sich die<br />

Spielsituation <strong>in</strong>nerhalb der Allianz <strong>in</strong> vier verschiedenen Fällen unterscheiden und als Likelihoods<br />

mit Hilfe von bed<strong>in</strong>gten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten modellieren. Im Detail sehen die vier<br />

verschiedenen Fälle folgendermaßen aus:<br />

1. Fall I:<br />

Spieler B transferiert se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en, obwohl Spieler A nichts transferiert. Dann<br />

ist die Likelihood gegeben durch:<br />

pt,i(B Transfer|A ke<strong>in</strong> Transfer)<br />

2. Fall II:<br />

Beide Spieler transferieren ihre <strong>Information</strong>en nicht. Dann ist die Likelihood gegeben<br />

durch:<br />

pt,i(B ke<strong>in</strong> Transfer|A ke<strong>in</strong> Transfer)<br />

3. Fall III:<br />

Spieler B transferiert se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en nicht, obwohl Spieler A se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en<br />

transferiert. Dann ist die Likelihood gegeben durch:<br />

pt,i(B ke<strong>in</strong> Transfer|A Transfer)<br />

4. Fall IV:<br />

Beide Spieler transferieren ihre <strong>Information</strong>en. Dann ist die Likelihood gegeben<br />

durch:<br />

pt,i(B Transfer|A Transfer)<br />

Nachdem Spieler A nun diese bed<strong>in</strong>gten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten aus se<strong>in</strong>en realen Beobachtungen<br />

über das Verhalten se<strong>in</strong>es Partners hergeleitet hat, steht er aus se<strong>in</strong>er Sicht vor folgendem<br />

Entscheidungsproblem <strong>in</strong> Abbildung 47: Zum Zeitpunkt t=0 verfügt A nur über se<strong>in</strong>e subjektive<br />

E<strong>in</strong>schätzung vt,i, die angibt, mit welcher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit Spieler B aus Sicht von<br />

Spieler A vermutlich kooperieren wird. In jedem Fall aber kann sich A entweder für e<strong>in</strong>en<br />

<strong>Information</strong>stransfer oder für die E<strong>in</strong>behaltung se<strong>in</strong>er <strong>Information</strong>en entscheiden. Das zukünftige<br />

Verhalten von Spieler B <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Verhalten des Spielers A, lässt sich dann<br />

zum Zeitpunkt t=0 mit Hilfe der empirischen Likelihoods antizipieren.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

t=0 t=1<br />

B<br />

B Transfer<br />

v t,i=0.3<br />

B ¬ Transfer<br />

1- v t,i =0.7<br />

v t,i = Annahme<br />

von A über B<br />

A<br />

A<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

Transfer<br />

¬Transfer<br />

B<br />

B<br />

B<br />

B<br />

Transfer<br />

likeliD t,i =3/5<br />

¬Transfer<br />

likeliC t,i =2/5<br />

Transfer<br />

likeliA t,i =2/5<br />

¬Transfer<br />

likeliB t,i =3/5<br />

Transfer<br />

likeliD t,i =3/5<br />

¬Transfer<br />

likeliC t,i =2/5<br />

Transfer<br />

likeliA t,i =2/5<br />

¬Transfer<br />

likeliB t,i =3/5<br />

0.3*0.4<br />

0.3*0.4<br />

=<br />

=<br />

0.12<br />

0.12<br />

1-x t,i = 0.54<br />

0.3*0.6<br />

0.3*0.6<br />

=<br />

=<br />

0.18<br />

0.18<br />

0.7*0.4<br />

0.7*0.4<br />

=<br />

=<br />

0.28<br />

0.28<br />

0.7*0.6<br />

0.7*0.6<br />

=<br />

=<br />

0.42<br />

0.42<br />

Abbildung 47: Anpassung der a priori Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten 461 .<br />

+<br />

x t,i = 0.46<br />

Seite 182<br />

Des weiteren gehen wir davon aus, dass Spieler A e<strong>in</strong>e Tit-for-Tat Strategie spielt und sich<br />

analog zum vermuteten Verhalten von Spieler B verhält. Dies bedeutet Spieler A transferiert<br />

se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en, wenn er e<strong>in</strong>en <strong>Information</strong>stransfer von Spieler B erwartet, bzw. transfe-<br />

riert se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en nicht, wenn er ke<strong>in</strong>en Transfer vermutet. Die Annahme dieser Tit-<br />

for-Tat Strategie ist <strong>in</strong>sofern sehr plausibel, da es für Spieler A <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gefangenendilemma-<br />

Situation ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n macht kooperativ zu spielen, sofern er vermutet, dass se<strong>in</strong> Gegner de-<br />

fektiert. Zusätzlich ist am Beg<strong>in</strong>n von unternehmensübergreifenden Allianzen die S<strong>in</strong>nhaftig-<br />

keit von e<strong>in</strong>seitig opportunistischem Verhalten zu bezweifeln, da dies der langfristigen Reali-<br />

sierung des Kooperationsnutzens h<strong>in</strong>derlich ist. Insgesamt verbleiben somit für Spieler A je-<br />

weils nur mehr e<strong>in</strong>e Verhaltensweise <strong>in</strong> Abhängigkeit vom vermuteten Verhalten des Spielers<br />

B. Die revidierte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit xt,i des Partners aus Sicht von Spieler A<br />

ergibt sich dann als die Summe der geme<strong>in</strong>samen Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten aller verbleibenden<br />

Ereigniskomb<strong>in</strong>ationen, <strong>in</strong> denen B se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en transferiert mit<br />

461 Eigenerstellung.<br />

+


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

( BTransfer<br />

| ATransfer)<br />

+ ( 1−<br />

v ) * p ( BTransfer<br />

| Ake<strong>in</strong>Transfer)<br />

xt , i = vt,<br />

i * pIV<br />

, t,<br />

i<br />

t,<br />

i I , t,<br />

i<br />

(Gleichung 5-4)<br />

Seite 183<br />

Die erwartete Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit xt,i des Partner ist also e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation aus<br />

e<strong>in</strong>er subjektiven Zustandskomponente vt,i des Agenten und e<strong>in</strong>er adaptiven Lernfunktion, die<br />

das reale Verhaltens des Partners berücksichtigt. Somit ist es möglich, heterogene Agenten zu<br />

modellieren, ohne auf e<strong>in</strong>e rationale, adaptive und verhaltensgesteuerte Anpassungsfunktion<br />

zu verzichten.<br />

Zum besseren Verständnis soll dieser Anpassungsvorgang nochmals anhand des Zahlenbei-<br />

spiels <strong>in</strong> Abbildung 47 illustriert werden. Angenommen Spieler A verfügt über e<strong>in</strong>e subjekti-<br />

ve Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitserwartung vt,i=0.3 und e<strong>in</strong>er Gedächtnistiefe von zehn Perioden, d.h.<br />

Pi=10. Weiters beobachtet er folgende Komb<strong>in</strong>ation von Spielzügen <strong>in</strong> den letzten 10 Perio-<br />

den, wobei e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer mit E<strong>in</strong>s und ke<strong>in</strong> Transfer mit Null kodiert ist:<br />

Spieler A Spieler B Fall<br />

0 1 I<br />

0 0 II<br />

1 0 III<br />

0 0 II<br />

1 1 IV<br />

0 0 II<br />

1 0 III<br />

0 1 I<br />

1 1 IV<br />

1 1 IV<br />

Tabelle 10: Beobachtetes Verhalten der Spieler <strong>in</strong> den letzen zehn Perioden 462 .<br />

Da Spieler A selber <strong>in</strong> fünf der zehn möglichen Fälle kooperiert hat, ergibt sich aufgrund der<br />

Beobachtungen für die verschiedenen Likelihoods folgende Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung:<br />

• pt,i(B Transfer|A ke<strong>in</strong> Transfer)=2/5<br />

• pt,i(B ke<strong>in</strong> Transfer|A ke<strong>in</strong> Transfer)=3/5<br />

• pt,i(B ke<strong>in</strong> Transfer|A Transfer)=2/5<br />

• pt,i(B Transfer|A Transfer)=3/5<br />

462 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 184<br />

Die Gesamtwahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass Spieler B nun kooperiert, berechnet sich dann aus der<br />

Sicht von Spieler A folgendermaßen<br />

x = 0.<br />

3*<br />

0.<br />

6 + 0.<br />

7*<br />

0.<br />

4 = 0.<br />

46<br />

(Gleichung 5-5)<br />

t,<br />

i<br />

Spieler A geht also davon aus, dass se<strong>in</strong> Partner mit 46%iger Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>in</strong> der kom-<br />

menden Periode kooperiert und se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en zur Verfügung stellen wird. Dieses Bei-<br />

spiel zeigt auch deutlich, wie sich durch die Anpassung der subjektiven, a priori Wahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeiten, die subjektiv geschätzte Kooperationserwartung verändern kann.<br />

Um die Anpassungsfähigkeit und Tauglichkeit dieses Algorithmus für unsere Problemstellung<br />

zu testen wurde e<strong>in</strong> Testprogramm geschrieben, welches das Lernverhalten der Spieler unter<br />

Simulationsbed<strong>in</strong>gungen nachstellt. Jeder Spieler musste dazu die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>-<br />

lichkeit e<strong>in</strong>es Dummy-Spielers, welche explizit vorgegeben wurde, über 400 Perioden h<strong>in</strong>weg<br />

abschätzen und lernen.<br />

Anhand des Testprogramms zeigt sich ganz deutlich, wie der Anpassungsmechanismus funk-<br />

tioniert und welchen E<strong>in</strong>fluss die verschiedenen Inputparameter besitzen. So zeigt sich bei-<br />

spielsweise, dass mit e<strong>in</strong>er hohe Basis-Kooperationserwartung Vi bereits am Beg<strong>in</strong>n der Simu-<br />

lation rasch e<strong>in</strong>e hohe Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit geschätzt wird, die dann aber unter<br />

Umständen wieder nach unten revidiert wird. Weiters hat die Gedächtnistiefe Pi E<strong>in</strong>fluss auf<br />

die Anpassungsfähigkeit des Spielers i. Je größer die Gedächtnistiefe Pi ist, desto genauer<br />

antizipiert der Spieler i die langfristige Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partners. Je-<br />

doch hat e<strong>in</strong>e große Gedächtnistiefe Pi auch den Nachteil, dass der Spieler i auf kurzfristige<br />

Verhaltensänderungen des Partners <strong>in</strong>flexibler reagiert. Dieses Verhalten ist ganz deutlich auf<br />

der l<strong>in</strong>ken Seite <strong>in</strong> Abbildung 48 erkennbar. Diese Abbildung zeigt die subjektive, a priori<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitse<strong>in</strong>schätzung der Spieler (durchgängige L<strong>in</strong>ie) <strong>in</strong> Bezug auf den Dummy-<br />

Spieler sowie die mittels der empirischen Likelihoods angepasste a posteriori Kooperations-<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichkeit (gepunktete L<strong>in</strong>ie). Während der Spieler A e<strong>in</strong>e Gedächtnistiefe von 400<br />

Perioden besitzt, d.h. er über vollständige <strong>Information</strong>en verfügt, kann sich Spieler B nur an<br />

die letzten 20 Perioden er<strong>in</strong>nern. Beide Spieler versuchen das Verhalten e<strong>in</strong>es Dummy-<br />

Spielers, der jeweils mit 50%iger Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit kooperiert oder defektiert zu antizipie-<br />

ren (vgl. gezackte blaue L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken unteren Grafik von Abbildung 48). Wie man sieht,<br />

gel<strong>in</strong>gt es dem Spieler A ziemlich rasch diese 50%ige Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 185<br />

Dummy-Spielers genau zu lernen (siehe gepunktete L<strong>in</strong>ie). Allerd<strong>in</strong>gs geschieht dies auf Kos-<br />

ten se<strong>in</strong>er Flexibilität, wie man am relativ konstanten Verlauf der gepunkteten L<strong>in</strong>ie erkennt.<br />

Im Gegensatz dazu reagiert Spieler B ziemlich flexibel auf die ger<strong>in</strong>gsten Verhaltensänderungen<br />

des Dummy-Spielers. Allerd<strong>in</strong>gs ist se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schätzung der Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

deutlich volatiler und ungenauer als die von Spieler A. Se<strong>in</strong>e geschätzte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

weicht teilweise sehr deutlich von der 50% Geraden des Dummy-Spielers<br />

ab.<br />

E<strong>in</strong>e weitere sehr <strong>in</strong>teressante Eigenschaft des Anpassungsalgorithmuses zeigt sich auf der<br />

rechten Seite von Abbildung 48. Spielt e<strong>in</strong> Spieler immer nur konstant e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Strategie,<br />

also beispielsweise Ke<strong>in</strong>-<strong>Information</strong>stransfer (ersichtlich am nicht vorhandenen blauen Balken<br />

<strong>in</strong> der rechten unteren Grafik von Abbildung 48), so kann er das Verhalten des Dummy-<br />

Spielers nicht mehr richtig antizipieren. Der Grund für dieses Verhalten liegt <strong>in</strong> den Likelihoods.<br />

Wenn e<strong>in</strong> Spieler immer nur defektiert bzw. kooperiert, so kann er ke<strong>in</strong>e anderen Likelihoods<br />

und somit Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen für die restlichen Strategien herleiten. Er<br />

verschätzt sich <strong>in</strong> diesem Fall systematisch. Dies bedeutet, dass e<strong>in</strong>e gewisse Variation im<br />

Verhalten e<strong>in</strong>es Spielers notwendig ist, um zu lernen 463 . Hierbei ist es irrelevant, ob diese Variation<br />

aufgrund von Fehlern oder beabsichtigten Verhaltensweisen zustande kommt.<br />

463 Vgl. Vetschera (2004) S. 17f.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Gedächtnistiefe<br />

400<br />

Gedächtnistiefe<br />

20<br />

Seite 186<br />

Falsche Anpassung d.h. Variation<br />

ist notwendig<br />

Abbildung 48: Verhalten der Anpassungsalgorithmen unter realen Simulationsbed<strong>in</strong>gungen 464 .<br />

Schätzung der E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der gegnerischen Allianzstrategien:<br />

Neben den möglichen Verhaltensweisen des eigenen Partners muss jede Firma auch versu-<br />

chen, das Verhalten der gegnerischen Allianz zu antizipieren. Jede Firma i kann sich daher<br />

auch das Verhalten der gegnerischen Allianz merken. Aus diesem Grund verfügen die Fir-<br />

menagenten über e<strong>in</strong>e bestimmte Gedächtnistiefe Ai, die angibt über wieviele Perioden h<strong>in</strong>-<br />

weg sie sich das Verhalten der gegnerischen Allianz merken. Indem e<strong>in</strong>e Firma ihre Beobach-<br />

tungen auswertet und auszählt, wie oft die gegnerische Allianz welche Strategie gespielt hat,<br />

kann sie dann den drei verschiedenen Umweltzuständen e<strong>in</strong>e bestimmte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeits-<br />

verteilung pZ,t,i mit Z∈{1,2,3} zuordnen. Diese Vorgangsweise soll wieder anhand e<strong>in</strong>es Bei-<br />

spiels illustriert werden. Angenommen Spieler i beobachtet folgende Allianzperformance der<br />

beiden Allianzen <strong>in</strong> den letzten 10 Perioden:<br />

464 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Allianz 1 Allianz 2<br />

7 8<br />

8 8<br />

8 7<br />

8 8<br />

7 6<br />

6 6<br />

6 7<br />

7 8<br />

8 8<br />

7 7<br />

Tabelle 11: Beobachtetes Allianzverhalten <strong>in</strong> den letzten 10 Perioden 465 .<br />

Seite 187<br />

Aufgrund dieser zehn Beobachtungen ergibt sich dann aus Sicht der ersten Allianz folgende<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung der drei Umweltzustände Z1 bis Z3:<br />

• Z1: Gegnerische Allianz spielt 8: p1,t,i =5/10<br />

• Z2: Gegnerische Allianz spielt 7: p2,t,i =3/10<br />

• Z3: Gegnerische Allianz spielt 6: p3,t,i =2/10<br />

Je größer die Gedächtnistiefe Ai e<strong>in</strong>es Spielers ist, desto mehr <strong>Information</strong> besitzt dieser Spie-<br />

ler und desto genauer kann er die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilung pZ,t,i der drei Umweltzustän-<br />

de bestimmen.<br />

Schätzung des Marktvolumens:<br />

Zum Abschluss muss jede Firma auch noch das reale Marktvolumen m abschätzen, da dies<br />

den Firmen am Beg<strong>in</strong>n nicht bekannt ist. Aus Gründen der E<strong>in</strong>fachheit erfolgt die Berechnung<br />

des Marktvolumens m mittels exponentieller Glättung 466 . Dabei berechnet sich das geschätzte<br />

Marktvolumen ˆ zum Zeitpunkt t wie folgt<br />

m t,<br />

i<br />

( 1−<br />

i ) * mt<br />

i<br />

ˆ = α ˆ α −<br />

(Gleichung 5-6)<br />

m t,<br />

i i * mt−1,<br />

i +<br />

1,<br />

Hierbei stellt αi die Anpassungsgeschw<strong>in</strong>digkeit von Spieler i zwischen geschätzten und rea-<br />

len, beobachteten Marktvolumen <strong>in</strong> der letzten Periode dar. Als Startwert am Simulationsbe-<br />

g<strong>in</strong>n wird m ˆ , = 0 angenommen. Da das reale Marktvolumen m <strong>in</strong> der Simulation konstant<br />

t i<br />

465 Eigenerstellung.<br />

466 Brannath und Futschik (1999) S. 267.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 188<br />

gehalten wird, s<strong>in</strong>d die Firmen nach e<strong>in</strong>iger Zeit <strong>in</strong> der Lage, das Marktvolumen genau abzu-<br />

schätzen.<br />

5.2.3 Verhaltensregeln<br />

Nachdem die Umwelt und die Agenten im Modell def<strong>in</strong>iert worden s<strong>in</strong>d, fehlen noch die<br />

Verhaltensregeln, welche das Zusammenspiel der e<strong>in</strong>zelnen Komponenten steuern. Hierbei<br />

kommen sogenannte Umwelt-Agenten und Agenten-Agenten Regeln zum E<strong>in</strong>satz.<br />

Die Gew<strong>in</strong>naufteilung regelt das Zusammenspiel zwischen Agenten und Umwelt. Je nach<br />

Allianzperformance erhalten die Firmen e<strong>in</strong>en unterschiedlichen Marktgew<strong>in</strong>n zugeteilt.<br />

Hierbei lassen sich zwei verschiedene Fälle der Gew<strong>in</strong>naufteilung unterscheiden:<br />

1. Fall: Unterschiedliche Allianzperformance<br />

In diesem Fall erhält die erfolgreichere Allianz den gesamten Marktgew<strong>in</strong>n m zuge-<br />

teilt. E<strong>in</strong>e derartige Gew<strong>in</strong>naufteilung nach dem Motto „The w<strong>in</strong>ner takes all“ ist e<strong>in</strong>e<br />

gebräuchliche Annahme, wenn es um rasche Produktneuentwicklungen und deren Pa-<br />

tentierung geht, wie dies <strong>in</strong> der Biotechnologie Branche häufig zu f<strong>in</strong>den ist 467 . In die-<br />

m<br />

sem Fall erhält dann jeder Spieler der siegreichen Allianz als Marktgw<strong>in</strong>n.<br />

2<br />

2. Fall: Gleiche Allianzperformance<br />

Für den Fall, dass beide Allianzen über e<strong>in</strong>e idente Performance verfügen, erhält jede<br />

m<br />

Allianz genau die Hälfte des Marktes. Somit erhält dann jeder Spieler als Markt-<br />

4<br />

gew<strong>in</strong>n zugeteilt.<br />

Neben dieser Umwelt-Agenten Regel existiert auch noch e<strong>in</strong>e Agenten-Agenten Regel, die<br />

das Verhalten der Firmen untere<strong>in</strong>ander regelt. Wie bereits weiter oben angesprochen, verfügt<br />

jede Firma über die Möglichkeit, entweder e<strong>in</strong>e völlig rationale oder e<strong>in</strong>e vertrauensvolle<br />

Strategie zu spielen. Welche Strategie e<strong>in</strong>e Firma i verfolgt, hängt von dem fix vorgegebenen<br />

Strategietyp Si ab, der im Laufe e<strong>in</strong>es Simulationslaufes konstant bleibt.<br />

Verfolgt die Firma e<strong>in</strong>e rationale Strategie d.h. Si=1, so muss sie sich vollständig rational ent-<br />

scheiden, ob sie ihre <strong>Information</strong>en transferiert oder für sich behält. In Abhängigkeit vom<br />

467 Vgl. Amaldoss, Meyer et al. (2000) S. 107.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 189<br />

Verhalten des Kooperationspartners und der gegnerischen Allianz, sowie der Auszahlungs-<br />

matrix des <strong>Information</strong>stransferdilemma-Spiels lässt sich das Entscheidungsproblem bei ei-<br />

nem <strong>Information</strong>stransfer e<strong>in</strong>es rationalen Firmenagenten wie folgt <strong>in</strong> Normalform darstellen:<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

p<br />

4 +<br />

5<br />

4<br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

* mˆ<br />

p<br />

+<br />

x t,i<br />

* mˆ<br />

2<br />

p<br />

+<br />

* mˆ<br />

1, t,<br />

i t,<br />

i 2,<br />

t,<br />

i t,<br />

i 3,<br />

t,<br />

i t,<br />

i<br />

p * ˆ 2,<br />

t,<br />

i mt,<br />

i p<br />

p 1,<br />

t,<br />

i * 0 + +<br />

4<br />

2<br />

* mˆ<br />

2<br />

Ke<strong>in</strong><br />

<strong>Information</strong>stransfer<br />

1-x t,i<br />

p * ˆ 2,<br />

t,<br />

i mt,<br />

i p<br />

2 + p 1,<br />

t,<br />

i * 0 + +<br />

4<br />

p<br />

p * 0 +<br />

3,<br />

t,<br />

i t,<br />

i<br />

+ 3 + ( 1,<br />

t,<br />

i + p2,<br />

t,<br />

i )<br />

Abbildung 49: <strong>Information</strong>stransferentscheidungsproblem e<strong>in</strong>es rationalen Unternehmens 468 .<br />

Die Auszahlungen <strong>in</strong> der Matrix entsprechen den Auszahlungen des <strong>Information</strong>stransferdi-<br />

lemma-Spiels plus den Erwartungswerten des Marktgew<strong>in</strong>nes <strong>in</strong> den jeweiligen Strategie-<br />

komb<strong>in</strong>ationen. Die Erwartungswerte des Marktgew<strong>in</strong>nes errechnen sich aus den E<strong>in</strong>tritts-<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten pZ,t,i der drei Umweltzustände sowie den sieben möglichen Fällen der<br />

Gew<strong>in</strong>naufteilung 469 . Geht man nun davon aus, dass der eigene Partner e<strong>in</strong>e gemischte Strate-<br />

gie mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von xt,i spielt, so ist der <strong>Information</strong>stransfer für den Zeilen-<br />

spieler e<strong>in</strong>e optimale Strategie wenn gilt<br />

x<br />

t,<br />

i<br />

⎛ p<br />

* ⎜4<br />

+<br />

⎝<br />

x<br />

t,<br />

i<br />

1,<br />

t,<br />

i<br />

4<br />

⎛<br />

* ⎜5<br />

+ p<br />

⎝<br />

* mˆ<br />

1,<br />

t,<br />

i<br />

t,<br />

i<br />

+<br />

* 0<br />

+<br />

p<br />

2,<br />

t,<br />

i<br />

p<br />

* mˆ<br />

2<br />

2t<br />

, i<br />

* mˆ<br />

4<br />

t,<br />

i<br />

t,<br />

i<br />

+<br />

+<br />

p<br />

3,<br />

t,<br />

i<br />

p<br />

* mˆ<br />

2<br />

3,<br />

t,<br />

i<br />

* mˆ<br />

2<br />

t,<br />

i<br />

⎞<br />

⎟ +<br />

⎠<br />

t,<br />

i<br />

⎞<br />

⎟ +<br />

⎠<br />

( 1−<br />

x )<br />

><br />

t,<br />

i<br />

(Gleichung 5-7)<br />

⎛<br />

* ⎜2<br />

+ p<br />

⎝<br />

⎛<br />

3,<br />

t,<br />

i<br />

3,<br />

t,<br />

i<br />

* mˆ<br />

4<br />

* mˆ<br />

3t,<br />

i t,<br />

i<br />

( 1−<br />

x ) * ⎜3<br />

+ ( p + p ) * 0 + ⎟<br />

E<strong>in</strong> rationaler Spieler transferiert also immer dann se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en, wenn der Erwar-<br />

tungswert bei Kooperation größer ist als der Erwartungswert bei Defektion. Im Vergleich zum<br />

klassischen Gefangenendilemma wird die strikte Dom<strong>in</strong>anz der defektiven Strategie durch<br />

468 Eigenerstellung.<br />

469 Vgl. Kapitel 5.2.1.<br />

t,<br />

i<br />

⎝<br />

1,<br />

t,<br />

i<br />

* 0<br />

1t,<br />

i<br />

+<br />

p<br />

2t<br />

, i<br />

2,<br />

t,<br />

i<br />

* mˆ<br />

4<br />

2<br />

t,<br />

i<br />

p<br />

t,<br />

i<br />

t,<br />

i<br />

+<br />

p<br />

* mˆ<br />

4<br />

3,<br />

t,<br />

i<br />

* mˆ<br />

2<br />

⎞<br />

⎠<br />

t,<br />

i<br />

⎞<br />

⎟<br />


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 190<br />

den möglichen Allianzgew<strong>in</strong>n bei Kooperation aufgehoben. Es existiert daher a priori ke<strong>in</strong>e<br />

Gleichgewichtslösung des Spiels mehr, sondern die optimale Lösung ist von den verschiede-<br />

nen Parameterwerten und deren Komb<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> unserer Entscheidungsfunktion abhängig.<br />

Gerade aufgrund der Vielzahl verschiedener Komb<strong>in</strong>ationsmöglichkeiten der unterschiedlichen<br />

Parametersett<strong>in</strong>gs sowie der dynamischen Struktur des Problems ist e<strong>in</strong>e mathematischanalytische<br />

Lösung daher nicht weiter s<strong>in</strong>nvoll und zielführend.<br />

Die Vertrauensstrategie unterscheidet sich nur ger<strong>in</strong>gfügig von der rationalen Strategie. Solange<br />

nämlich die geschätzte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit xt,i e<strong>in</strong>es vertrauensvollen Spielers<br />

den Grenzwert Si nicht überschreitet, spielt er ebenfalls rational im S<strong>in</strong>ne der Gleichung<br />

5-7. Ist die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit xt,i jedoch höher als der Grenzwert Si, d.h. es gilt<br />

xt,i ≥ Si<br />

(Gleichung 5-8)<br />

dann kooperiert der vertrauensvolle Spieler i <strong>in</strong> jedem Fall, und zwar unabhängig davon was<br />

im S<strong>in</strong>ne von Gleichung 5-7 rational se<strong>in</strong> würde. Der Vertrauensspieler vertraut daher ab e<strong>in</strong>em<br />

gewissen Grenzwert Si darauf, dass se<strong>in</strong> Partner ebenfalls kooperiert und se<strong>in</strong>e <strong>Information</strong>en<br />

zur Verfügung stellt.<br />

5.2.4 Modellzusammenfassung<br />

Das oben dargestellte Modell beschreibt die dynamische Interaktion von vier verschiedenen<br />

Firmenagenten, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wettbewerbs<strong>in</strong>tensiven Markt das <strong>Information</strong>stransferdilemma-<br />

Spiel spielen. Jeweils zwei dieser Firmen formen e<strong>in</strong>e Allianz, um ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />

zu erhöhen und verlagern somit den Konkurrenzdruck von den Firmen zu den Allianzen. Jede<br />

Firma sieht sich daher auf zwei verschiedenen Ebenen mit möglichen Umweltentwicklungen<br />

konfrontiert. Auf Ebene der Allianz hängen die Umweltentwicklungen vom Verhalten des<br />

eigenen Partners ab, der entweder kooperieren oder defektieren kann. Auf Marktebene hängen<br />

die Umweltzustände von den drei möglichen Metastrategien der konkurrierenden Allianz ab.<br />

Jede Firma kann sich adaptiv verhalten und verfügt über bestimmte Eigenschaften. Sie hat die<br />

Möglichkeit aus dem Verhalten des Partners und der gegnerischen Allianz zu lernen, um ihre<br />

Verhaltensstrategien an die Umweltentwicklungen anzupassen. Somit schätzen die Firmen die<br />

Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der Partner sowie die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen der<br />

gegnerischen Allianzstrategien ab. In weiterer Folge versuchen die Firmen ihren Gesamtge-


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 191<br />

w<strong>in</strong>n zu maximieren, der sich aus dem Gew<strong>in</strong>n des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels und dem<br />

Marktgew<strong>in</strong>n zusammensetzt. Anhand der Gew<strong>in</strong>naufteilungsregel wird der Marktgew<strong>in</strong>n <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit vom Verhalten der Firmen auf die e<strong>in</strong>zelnen Allianzen aufgeteilt. Zusätzlich<br />

erhalten die Firmen mögliche Kooperationsgew<strong>in</strong>ne aufgrund der gespielten<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen im <strong>Information</strong>stransfer-Spiel.<br />

Insgesamt wird dieses adaptive Simulationssystem mittels 19 verschiedenen Parametern beschrieben.<br />

Grundsätzlich wird zwischen Konstanten und endogen variierten Parametern differenziert.<br />

Während die Konstanten im gesamten Simulationsverlauf e<strong>in</strong>en fixen Wert besitzen,<br />

können sich die variablen Parameter im Simulationsablauf kont<strong>in</strong>uierlich verändern. Weiters<br />

wird zwischen Parametern, die zur Skalierung und Beschreibung des Modells dienen und Parametern,<br />

welche die Eigenschaften der Agenten festlegen, unterschieden. Letztere Parameter<br />

werden im Rahmen der verschiedenen Simulationsläufe systematisch variiert, um deren E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die Höhe des Gew<strong>in</strong>ns sowie den <strong>Information</strong>stransfer der Firmen zu untersuchen.<br />

Allgeme<strong>in</strong> werden diese Variablen, die vom Experimentator im Rahmen von Experimenten<br />

geändert werden, als „Faktoren“ bezeichnet.<br />

Die nachfolgende Tabelle 12 gibt nochmals e<strong>in</strong>en Überblick über die verwendeten Modellparameter,<br />

deren Wertebereich, deren Typus sowie die verwendeten Startwerte für die Standardsimulation.<br />

Abweichende Modellparameter oder Werte werden <strong>in</strong> den nachfolgenden Kapiteln<br />

gesondert ausgewiesen.<br />

×i<br />

et,i<br />

Parameter Beschreibung Werteb<br />

ereich<br />

Startwert Typ<br />

Skalierungsfaktor für die Anpassungsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

der subjektiven Kooperationserwartung<br />

vt,i<br />

[0,1] 0.2 const<br />

Inkludiert das eigene Verhalten von Spieler<br />

i <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er subjektiven Schätzfunktion<br />

der Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit vt,i<br />

0 oder 1 0 endogen,<br />

variabel<br />

Fi Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Spieler i [0,1] Faktor const<br />

kt,,j<br />

pt,i(B Transfer|A Transfer)<br />

pt,i(B Transfer|A ke<strong>in</strong><br />

Transfer)<br />

Anzahl der Kooperationen von Spieler j<br />

mit Spieler i zum Zeitpunkt t<br />

[0,400] 0 endogen,<br />

variabel<br />

Likelihoods von Spieler i zum Zeitpunkt t [0,1] 0 endogen,<br />

variabel<br />

m Reales Marktvolumen {0, 1, 2,<br />

..., 13}<br />

Faktor const


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

ˆ<br />

m t,<br />

i<br />

αi<br />

p1,t,i<br />

p2,t,i<br />

p3,t,i<br />

Geschätztes Marktvolumen von Spieler i<br />

zum Zeitpunkt t<br />

Anpassungsgeschw<strong>in</strong>digkeit für exponentielles<br />

Glätten<br />

E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit von<br />

Umweltzustand Z1 aus Sicht von Spieler i<br />

zum Zeitpunkt t<br />

E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit von<br />

Umweltzustand Z2 aus Sicht von Spieler i<br />

zum Zeitpunkt t<br />

E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeit von<br />

Umweltzustand Z3 aus Sicht von Spieler i<br />

zum Zeitpunkt t<br />

Seite 192<br />

[0,20] 0 endogen,<br />

variabel<br />

[0,1] 0.6 const<br />

[0,1] 0.25 endogen,<br />

variabel<br />

[0,1] 0.5 endogen,<br />

variabel<br />

[0,1] 0.25 endogen,<br />

variabel<br />

SpielA Spielmatrix von Spieler A 4 2; 5 3 const<br />

SpielB Spielmatrix von Spieler B 4 2; 5 3 const<br />

Si<br />

Vi<br />

vt,i<br />

xt,i<br />

Ai<br />

Pi<br />

Strategie von Spieler i. Ist Si = 1, dann<br />

spielt der Spieler e<strong>in</strong>e rationale Strategie.<br />

Ist Si < 1, dann spielt der Spieler e<strong>in</strong>e<br />

Vertrauensstrategie. Si ist dann der<br />

Grenzwert, ab dem Spieler i kooperativ<br />

spielt<br />

Basis-Kooperationserwartung von Spieler<br />

i<br />

Subjektive Kooperationserwartung des<br />

Spielers i über die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

se<strong>in</strong>es Partners zum Zeitpunkt<br />

t<br />

Adaptierte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

des Partners zum Zeitpunkt t aus<br />

Sicht von Spieler i<br />

Gedächtnistiefe von Spieler i bezüglich<br />

Allianz<br />

Gedächtnistiefe von Spieler i bezüglich<br />

Partner<br />

Tabelle 12: Parameterübersicht des Modells 470 .<br />

[0,1] Faktor const<br />

[0,1] Faktor const<br />

[0,1] 0 endogen,<br />

variabel<br />

[0,1] 0 endogen,<br />

variabel<br />

[0,400] Faktor const<br />

[0,400] Faktor const<br />

Als Outputgrößen liefert das Modell <strong>Information</strong>en über den Gesamtgew<strong>in</strong>n des Spielers i,<br />

den Marktgew<strong>in</strong>n, den Gew<strong>in</strong>n des <strong>Information</strong>stransfer-Spiels, die Fehlerquote von Spieler i<br />

sowie die Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en.<br />

470 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 193<br />

5.3 Modellverifikation und -validierung<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil jeder wissenschaftlichen Arbeit ist die Verifikation und Validierung<br />

der Modelle sowie deren Ergebnisse. Mit Hilfe der Validierung soll sichergestellt werden,<br />

dass das Modell für die vorgesehenen Aufgabenstellung geeignet ist. Allerd<strong>in</strong>gs stellt gerade<br />

im Bereich der Simulation die Modelverifikation und -validierung e<strong>in</strong> großes Problem dar 471 .<br />

Simulationen s<strong>in</strong>d per Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>e Menge von subjektiven Regeln, Verhaltensweisen und<br />

Annahmen, die das Verhalten e<strong>in</strong>es realen Systems nachahmen sollen. Aber gerade aufgrund<br />

dieser subjektiven Sichtweise, der vielfältigsten Anwendungsmöglichkeiten und der häufig<br />

fehlenden Vergleichsysteme und -daten ist es sehr schwierig, die Validität e<strong>in</strong>es Simulationssystems<br />

sicherzustellen.<br />

Grundsätzlich unterscheidet man <strong>in</strong> der Literatur zwischen den beiden Begriffen Verifikation<br />

und Validierung. Obwohl beide Begriffe <strong>in</strong> der Praxis sehr eng zusammenhängen, s<strong>in</strong>d sie auf<br />

unterschiedlichen Stufen der Modellüberprüfung anzusiedeln. So f<strong>in</strong>det man unter dem Begriff<br />

Modellverifikation folgende Def<strong>in</strong>itionen <strong>in</strong> der Literatur:<br />

„Check<strong>in</strong>g that the simulation program operates <strong>in</strong> the way that the model implementer th<strong>in</strong>ks<br />

it does; that is, is the program free of bugs and consistent with the model?“ 472<br />

E<strong>in</strong>e sehr ähnliche Def<strong>in</strong>ition f<strong>in</strong>det sich bei Law und Kelton (1991) S. 299<br />

„Verification is determ<strong>in</strong><strong>in</strong>g that a simulation computer program performs as <strong>in</strong>tended, i.e.,<br />

debugg<strong>in</strong>g the computer program.”<br />

Während es bei der Modellverifikation also um die Sicherstellung der fehlerfreien Implementierung<br />

und Programmierung e<strong>in</strong>es Simulationsmodells geht, beschäftigt sich die Modelvalidierung<br />

mit der Frage<br />

„…whether the conceptual simulation model (as opposed to the computer program) is an<br />

accurate representation of the system under study.” 473<br />

471 Vgl. Bratley, Fox et al. (1987) S. 8, Pidd (1997) S. 103, Kleijnen (1995) S. 145 und Law und Kelton (1991) S.<br />

308.<br />

472<br />

Bratley, Fox et al. (1987) S. 8.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 194<br />

Die Validierung befasst sich also mit der Problemstellung, ob das Simulationsmodell von<br />

se<strong>in</strong>er Konzeption her e<strong>in</strong>e adäquate und ausreichende Abbildung der Realität darstellt. In der<br />

Praxis kommt es häufig zu e<strong>in</strong>er Überlappung dieser beiden Begriffe, da es oftmals unklar ist,<br />

wor<strong>in</strong> die Ursache e<strong>in</strong>es fehlerhaften Outputs e<strong>in</strong>es Simulationssystems besteht. Somit ist es<br />

weiter nichts ungewöhnliches, wenn bei der Modellentwicklung und Implementierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

dynamischen Feedbackschleife zwischen Modellkonstruktion, -verifikation und -<br />

validierung öfters h<strong>in</strong> und hergewechselt wird 474 .<br />

Aus der e<strong>in</strong>schlägigen Literatur lassen sich folgende Techniken zur Verifikation von Simulationsmodellen<br />

herleiten 475 :<br />

• Manuelle Verifikation:<br />

Die wichtigsten Ergebnisse der Simulation sollten unter Verwendung analytischer<br />

Hilfsmittel manuell nachgerechnet und verglichen werden. Zu Testzwecken können<br />

dazu vere<strong>in</strong>fachte Annahmen getroffen werden.<br />

Im Rahmen der Implementierung wurden sämtliche Ergebnisse der Gleichungssysteme<br />

anhand der realen Inputdaten manuell nachgerechnet, um die mathematische Korrektheit<br />

zu gewährleisten. Die Berechnungen wurden auch für spätere Zeitperioden der<br />

Simulation durchgeführt um pfadabhängige Fehler zu entdecken.<br />

• Modulare Tests:<br />

Grundsätzlich sollte jedes Computerprogramm sauber programmiert und <strong>in</strong> verschieden<br />

Subrout<strong>in</strong>en aufgeteilt werden. Anschließen soll jede Subrout<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zeln auf korrekte<br />

Ergebnisse h<strong>in</strong> überprüft werden.<br />

Die wichtigsten Berechnungen wurden <strong>in</strong> unserem Modell <strong>in</strong> eigene Subrout<strong>in</strong>en ausgelagert.<br />

In weiterer Folge wurden – wie beispielsweise bereits <strong>in</strong> Kapitel 5.2.2 beschrieben<br />

– die e<strong>in</strong>zelnen Subrout<strong>in</strong>en auf Korrektheit der Ergebnisse und Plausibilität<br />

überprüft. Dazu wurden teilweise eigene Testumgebungen für die e<strong>in</strong>zelnen Subrout<strong>in</strong>en<br />

entwickelt.<br />

• Vergleich mit bekannten Lösungen:<br />

Die Ergebnisse der Simulation sollten mit bereits bekannten Lösungen anderer Simulationssystemen<br />

oder Modellen verglichen werden. Weiters macht es S<strong>in</strong>n, bereits e-<br />

473<br />

Law und Kelton (1991) S. 299.<br />

474<br />

Vgl. Bratley, Fox et al. (1987) S. 8.<br />

475<br />

Vgl. Bratley, Fox et al. (1987) S. 9, Law und Kelton (1991) S. 302ff und Kleijnen (1995) S. 146ff.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 195<br />

tablierte Konzepte wie Funktionen oder Modellierungstechniken aus der Theorie und<br />

Literatur zu übernehmen.<br />

Im Rahmen des Modells wurde versucht, soweit wie möglich auf bereits bestehende<br />

Konzepte und Funktionen <strong>in</strong> der Literatur zurückzugreifen. Weiters wurden die Ergebnisse<br />

des Modells mit den Lösungen spieltheoretischer Modelle verglichen und<br />

abgestimmt.<br />

• Sensitivitätsanalyse:<br />

Mit Hilfe der Sensitivitätsanalyse können die Auswirkungen der Veränderung e<strong>in</strong>es<br />

Parameters auf das gesamte Simulationssystem überprüft werden. Indem man alle anderen<br />

Parameter konstant hält und e<strong>in</strong>en Parameter systematisch verändert, können die<br />

Auswirkungen der Veränderung erfasst werden.<br />

Soweit wie möglich wurde das Modell mit Hilfe der Sensitivitätsanalyse auf sensible<br />

Parametere<strong>in</strong>stellungen h<strong>in</strong> untersucht und deren Auswirkungen beseitigt oder explizit<br />

berücksichtigt.<br />

• Stress Tests:<br />

Indem die Inputparameter auf ungewöhnliche und absurde Werte gesetzt werden,<br />

können unerwünschte Eigenschaften und Programmierfehler des Modells ermittelt<br />

werden.<br />

Daher wurde das Modell mit ungewöhnlichen und absurden Parametersett<strong>in</strong>gs getestet<br />

und dabei auftretende Fehler beseitigt.<br />

Zusammenfassend wurde also versucht, das implementierte Modell soweit als möglich zu<br />

verifizieren, um e<strong>in</strong>e fehlerfreie Implementierung zu gewährleisten.<br />

Leider ist die Validierung e<strong>in</strong>es Simulationsmodells nicht so e<strong>in</strong>fach wie dessen Verifikation.<br />

Obwohl es möglich ist e<strong>in</strong>e Simulation fehlerfrei zu implementieren, kann selbst die beste<br />

Validierung niemals zu e<strong>in</strong>em perfekten Modell führen 476 . Verschiedenste Annahmen, Vere<strong>in</strong>fachungen<br />

und Annäherungen <strong>in</strong> Form der verwendeten Funktionen, Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen,<br />

bzw. die Unkenntnis der wahren Abläufe <strong>in</strong> der Realität, verh<strong>in</strong>dern die Erstellung<br />

e<strong>in</strong>es perfekten Modells. Das e<strong>in</strong>zig wirklich perfekte Modell ist die Realität selbst. E<strong>in</strong><br />

Modell ist auch immer nur für den Zweck geeignet, für den es entwickelt wurde. Somit kann<br />

e<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>en bestimmten Zweck validiertes Modell <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Bereich völlig ungeeig-<br />

476 Vgl. Law und Kelton (1991) S. 306 und Schenk (1995) S. 3.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 196<br />

net se<strong>in</strong>. Wie gut e<strong>in</strong> Modell validiert werden muss, damit es den Anforderungen entspricht,<br />

hängt daher auch von der Verwendung und Zielsetzung des Modells ab. So me<strong>in</strong>t beispiels-<br />

weise Kleijnen (1995) S. 145<br />

„The model should be ‚good enough‘, which depends on the goal of the model.“<br />

Letztendlich geht es also bei der Validierung darum, für den jeweiligen Anwendungsfall unter<br />

Bedachtnahme des Kosten-Nutzen-Kalküls, das theoretisch bestmögliche Modell zu verwenden.<br />

Bratley, Fox et al. (1987) S. 8 hat dies bereits folgendermaßen formuliert<br />

„The real question is the practical significance of any disparities.“<br />

Zur Überprüfung der Modellvalidität schlagen Law und Kelton (1991) S. 307ff e<strong>in</strong>e dreistufige<br />

Vorgehensweise vor:<br />

1. Überprüfung der Face Validität:<br />

Anhand von Expertengesprächen, Beobachtungen, bestehenden Theorien und Vergleichen<br />

mit anderen Modellen soll die Modellkonzeption auf Stimmigkeit und Plausibilität<br />

überprüft werden.<br />

2. Empirische Überprüfung der Annahmen:<br />

Mit Hilfe von statistischen Tests und Sensitivitätsanalysen sollen die Modellannahmen<br />

wie Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen oder Parametersett<strong>in</strong>gs kontrolliert werden.<br />

Müssen mehrere Faktoren gleichzeitig variiert werden, so kann man Regressionsanalysen<br />

zur Überprüfung des Modells verwenden 477 .<br />

3. Vergleich der Simulationsergebnisse mit realen Daten:<br />

Die höchste Stufe der Validierung stellt der statistische Vergleich der Outputdaten mit<br />

Realdaten dar. Je besser die Simulationsdaten die realen Daten widerspiegeln, desto<br />

besser ist das Modell geeignet, den betrachteten Sachverhalt zu simulieren. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

s<strong>in</strong>d statistische Tests nur bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>setzbar, da es <strong>in</strong> der Natur der Sache liegt, dass<br />

die zugrunde liegenden Verteilungen nie ident se<strong>in</strong> können 478 . E<strong>in</strong> weiteres Problem<br />

stellen die e<strong>in</strong>geschränkte Verfügbarkeit und Qualität von Realdaten dar 479 .<br />

477<br />

Vgl. Kleijnen (1995) S. 156 und Axelrod (1997) S. 28.<br />

478<br />

Vgl. Law und Kelton (1991) S. 311ff und Bratley, Fox et al. (1987) S. 8.<br />

479 Vgl. Kleijnen (1995) S. 152.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 197<br />

Aufgrund der fehlenden Realdaten wurden <strong>in</strong> unserem Modell nur die ersten beiden Stufen<br />

der Validierung durchlaufen. Aufbauend auf den theoretischen Überlegungen der Kapitel 2<br />

und 3, und der bestehenden Literatur wurde das vorgestellte Modell des<br />

unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>saustausches erstellt. In weiterer Folge wurden die<br />

Ergebnisse und Resultate des Modells ständig mit den empirischen Erkenntnissen von<br />

Schrader (1990) sowie den spieltheoretischen Erkenntnissen aus Kapitel 4 verglichen und<br />

g egebenenfalls adaptiert.<br />

5.4 Experimentelles Design<br />

Grundsätzlich liefern Simulationsmodelle nur Aussagen über die Werte bestimmter Output-<br />

größen <strong>in</strong> Abhängigkeit der Inputgrößen sowie der System- und Umweltparameter. Um zu<br />

allgeme<strong>in</strong>eren Aussagen zu gelangen, muss e<strong>in</strong> Simulationsmodell daher mit unterschiedlichen<br />

Parametersett<strong>in</strong>gs bzw. Wertekomb<strong>in</strong>ationen durchgerechnet werden. Allerd<strong>in</strong>gs steigt<br />

mit der Anzahl der Faktoren und deren möglichen Ausprägungen die Anzahl der möglichen<br />

Parameterkomb<strong>in</strong>ationen des experimentellen Designs enorm an. Rechnet man sämtliche<br />

möglichen Parameterkomb<strong>in</strong>ationen tatsächlich durch, spricht man von e<strong>in</strong>em „Full factorial<br />

Design“. E<strong>in</strong> derartiges Experimentdesign ist allerd<strong>in</strong>gs mit e<strong>in</strong>em enormen Rechenaufwand<br />

verbunden, sodass man versucht, andere Designs zu entwickeln, ohne die Qualität der Analyse<br />

zu schmälern.<br />

Aufgrund der großen Anzahl von Faktoren und deren Ausprägungsvielfalt ist e<strong>in</strong>e Analyse<br />

mittels e<strong>in</strong>es „Full factorial Designs“ <strong>in</strong> unserem Fall rechentechnisch nicht möglich. Daher<br />

wurde folgendes hierarchisches Experimentdesign entwickelt: E<strong>in</strong> besonderes Problem im<br />

Experimentdesign stellen die drei Faktoren, Basis-Kooperationserwartung Vi, Gedächtnistiefe<br />

Partner Pi, sowie die Gedächtnistiefe Allianz Ai dar. Da diese drei Faktoren die charakteristischen<br />

Eigenschaften unserer Firmenagenten beschreiben, verfügen sie über e<strong>in</strong>e Vielzahl an<br />

Ausprägungen sowie Komb<strong>in</strong>ationsmöglichkeiten, die e<strong>in</strong>e große Anzahl an Experimenten<br />

benötigen. E<strong>in</strong>e häufig benützte Methode, um die Anzahl der Experimente zu reduzieren, ist<br />

das sogenannte „Late<strong>in</strong>ische Quadrat“ 480 . Indem die Faktoren paarweise gekreuzt werden,<br />

kann man mit Hilfe des Late<strong>in</strong>ischen Quadrates die erforderlichen Experimente reduzieren<br />

ohne auf statistisch signifikante Ergebnisse verzichten zu müssen. Allerd<strong>in</strong>gs funktioniert e<strong>in</strong><br />

Late<strong>in</strong>isches Quadrat nur dann, wenn alle Faktoren e<strong>in</strong>e gleiche Stufenanzahl aufweisen. Daher<br />

müssen die Ausprägungen unserer drei Faktoren auf e<strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvolles Maß reduziert werden.<br />

480 Vgl. http://www.phil.uni-sb.de/~jakobs/sem<strong>in</strong>ar/vpl/mehrfak/komplex.htm. Zugriff: 28.03.2003.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 198<br />

Grundsätzlich lassen sich Ausprägungen auf drei verschiedenen Ebenen mite<strong>in</strong>ander kombi-<br />

nieren und vergleichen:<br />

1. Ebene: Allianz<br />

Innerhalb e<strong>in</strong>er Allianz können die Ausprägungen homogen oder <strong>in</strong>homogen se<strong>in</strong>.<br />

S<strong>in</strong>d die Ausprägungen homogen, so verfügen beide Partner <strong>in</strong>nerhalb der Allianz über<br />

idente Faktorwerte.<br />

2. Ebene: Markt<br />

Innerhalb des Marktes können die verschiedenen Allianzen entweder über gleiche oder<br />

verschiedene Faktorausprägungen verfügen. Bei gleichen Ausprägungen s<strong>in</strong>d die<br />

Allianzen ident.<br />

3. Ebene: Ausmaß<br />

Das Ausmaß bestimmt die Höhe der verschiedenen Ausprägungen. Es wird zwischen<br />

hoch, niedrig und hoch/niedrig unterschieden.<br />

Anhand dieser drei Ebenen ergeben sich 13 s<strong>in</strong>nvolle Ausprägungsvarianten für e<strong>in</strong>en Faktor.<br />

Komb<strong>in</strong>iert man nun diese s<strong>in</strong>nvollen Ausprägungsformen mit den drei Faktoren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Late<strong>in</strong>ischen Quadrat, so ergeben sich <strong>in</strong>sgesamt 169 s<strong>in</strong>nvolle Parameterkomb<strong>in</strong>ationen,<br />

welche die unterste Stufe unseres Experimentdesigns darstellen. Die genauen Werte der Faktoren<br />

im Experimentdesign s<strong>in</strong>d dem Anhang 2 <strong>in</strong> Kapitel 8.2 zu entnehmen.<br />

Für die nächste Stufe <strong>in</strong> unserem Experimentdesign wurde überlegt, dass sich bei vier Spielern<br />

mit jeweils zwei möglichen Strategien (Rationale Strategie und Vertrauensstrategie), <strong>in</strong>sgesamt<br />

2 4 also 16 verschiedene Strategiekomb<strong>in</strong>ationen ergeben (vgl. Tabelle 13). Je nachdem<br />

wie diese unterschiedlichen Strategien nun <strong>in</strong> der Firmenpopulation verteilt s<strong>in</strong>d, können<br />

sich verschiedene Auswirkungen auf das Kooperationsverhalten der Spieler sowie den <strong>Information</strong>stransfer<br />

ergeben. Daher sollen alle 16 Strategiekomb<strong>in</strong>ationen explizit <strong>in</strong> unserem<br />

Experimentdesign berücksichtigt werden. Dies wird erreicht, <strong>in</strong>dem man für jede der 16 Strategiekomb<strong>in</strong>ation<br />

das gesamte Late<strong>in</strong>ische Quadrat berechnet. Somit ergeben sich <strong>in</strong> Summe<br />

16*169=2,704 verschiedene Experimente, die es zu simulieren gilt.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

SP1 SP2 SP3 SP4<br />

Rational R R R R<br />

Vertrauen 1 R V V V<br />

Vertrauen 2 V R V V<br />

Vertrauen 3 V V R V<br />

Vertrauen 4 V V V R<br />

Gemischt 1_3 R V R V<br />

Gemischt 1_4 R V V R<br />

Gemischt 2_3 V R R V<br />

Gemischt 2_4 V R V R<br />

Vertrauen Allianz 1 V V R R<br />

Vertrauen Allianz 2 R R V V<br />

Rational 1 V R R R<br />

Rational 2 R V R R<br />

Rational 3 R R V R<br />

Rational 4 R R R V<br />

Vertrauen V V V V<br />

Legende:<br />

V...Vertrauensstrategie<br />

R...Rationale Strategie<br />

Tabelle 13: Strategiekomb<strong>in</strong>ationen bei vier Spielern 481 .<br />

Seite 199<br />

Der nächste <strong>in</strong>teressante E<strong>in</strong>flussfaktor ist das Marktvolumen m. Anhand der ersten Simulati-<br />

onsläufe mit dem Modell wurde klar, dass der Faktor Marktvolumen m e<strong>in</strong>en dom<strong>in</strong>anten<br />

E<strong>in</strong>fluss im Modell besitzen dürfte. Ab e<strong>in</strong>er gewissen Höhe des Marktvolumens m werden<br />

vermutlich sämtliche Effekte der anderen Faktoren überlagert, bzw. deren E<strong>in</strong>fluss elim<strong>in</strong>iert.<br />

Um diesen Effekt zu überprüfen, müssen daher die vorher beschriebenen 2,704 Experimente<br />

mit verschiedenen Werten für m durchgerechnet und die Ergebnisse verglichen werden. Insgesamt<br />

werden folgende 13 Werte für das Marktvolumen als <strong>in</strong>teressant erachtet: 0, 1, 2, 3, 4,<br />

5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13.<br />

E<strong>in</strong> besonders <strong>in</strong>teressanter Fall ist m=8. In diesem Fall wird mit e<strong>in</strong>em völlig rationalen Parametersett<strong>in</strong>g<br />

482 <strong>in</strong> genau 50% der Fälle kooperiert (vgl. Abbildung 51). Bei diesem<br />

Marktvolumen besteht daher der größte E<strong>in</strong>fluss der anderen Faktoren, sowohl Richtung<br />

Kooperation als auch Defektion. Weiters kann das rationale Sett<strong>in</strong>g sehr e<strong>in</strong>fach als<br />

Benchmark verwenden werden. Aus diesem Grund wird m=8 als Standardfall für e<strong>in</strong>ige<br />

Forschungsfragen festgesetzt.<br />

481 Eigenerstellung.<br />

482 Das rationale Parametersett<strong>in</strong>g ist dadurch gekennzeichnet, dass die Spieler über vollständige <strong>Information</strong>en<br />

Ai∩ Pi=400, e<strong>in</strong>e rationale Strategie Si=1, e<strong>in</strong>e Basis-Kooperationserwartung Vi=0.2 und ke<strong>in</strong>e Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

Fi = 0 verfügen.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 200<br />

Die letzte Stufe <strong>in</strong> unserem Experimentdesign stellt die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit Fi dar. Auf-<br />

grund se<strong>in</strong>er Komplexität verfügt das vorgestellte, determ<strong>in</strong>istische Modell bereits über genügend<br />

<strong>in</strong>teressante Aspekte, die es zu analysieren gilt. Um die Auswertung des Modells möglichst<br />

simpel zu halten, wird auf e<strong>in</strong> stochastisches Experimentdesign für die Auswertung der<br />

meisten Forschungsfragen vorerst e<strong>in</strong>mal verzichtet. Daher wird die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

für den Standardfall auf Fi=0 gesetzt. In weiterer Folge soll allerd<strong>in</strong>gs auch der E<strong>in</strong>fluss von<br />

Fehlern auf den <strong>Information</strong>stransfer untersucht werden, sodass auch folgende Werte für Fi<br />

als <strong>in</strong>teressant erachtet werden: 0.01, 0.05, 0.1, 25 und 0.5. E<strong>in</strong>e höhere Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

als 0.5 ist nicht s<strong>in</strong>nvoll, da dies e<strong>in</strong>e systematische Abweichung von der rationalen<br />

Entscheidung bedeutet und die Ergebnisse somit ident s<strong>in</strong>d wie bei e<strong>in</strong>er Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

unter 50%.<br />

Um e<strong>in</strong>e vernünftige Aussage über die Dynamik im Modell treffen zu können, wird jeder Simulationslauf<br />

über 400 Perioden h<strong>in</strong>weg simuliert. Dieser Wert hat sich aufgrund von e<strong>in</strong>igen<br />

Probeläufen als optimal herausgestellt. E<strong>in</strong>erseits dauert dieser Zeitraum lange genug damit<br />

sich die Dynamik im System voll entfalten kann, und andererseits br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e längere Zeitperiode<br />

ke<strong>in</strong>en zusätzlichen Nutzen.<br />

Zusammenfassend ergibt sich also folgendes hierarchisches Experimentdesign <strong>in</strong> Abbildung<br />

50. Würde man nun sämtliche Faktorkomb<strong>in</strong>ationen durchrechnen, so würde dies immer noch<br />

175,760 Experimente ergeben. Aufgrund des hierarchischen Aufbaus kann aber nun e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl von Experimenten auf verschiedenen Stufen gemacht werden, <strong>in</strong>dem man zur Auswertung<br />

bestimmter Hypothesen konkrete Parameter konstant hält. Somit kann der Rechenaufwand<br />

<strong>in</strong> weitere Folge m<strong>in</strong>imiert werden.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

F<br />

Fi i<br />

5 Parameterwerte<br />

Marktvolumen<br />

Marktvolumen<br />

m<br />

13 Parameterwerte<br />

Standardfall: F i = 0 und m = 8<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

S<br />

Si i<br />

16 Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

16*169 = 2704 Experimente<br />

Komb<strong>in</strong>ation<br />

Komb<strong>in</strong>ation<br />

von<br />

von<br />

V<br />

Vi ,<br />

i ,<br />

P<br />

Pi und<br />

i und<br />

A i<br />

i<br />

169 Parameterkomb<strong>in</strong>ationen im<br />

Lat<strong>in</strong> Square<br />

Jede Faktorkomb<strong>in</strong>ation wird über 400 Perioden h<strong>in</strong>weg simuliert<br />

t 0 t 400<br />

Abbildung 50: Hierarchisches Experimentdesign 483 .<br />

Seite 201<br />

5.5 Hypothesen<br />

Aus den bisherigen Überlegungen und spieltheoretischen Analysen ergeben sich e<strong>in</strong>e Reihe<br />

von <strong>in</strong>teressanten Forschungsfragen, die mit Hilfe der Simulation untersucht werden sollen.<br />

E<strong>in</strong>ige Hypothesen ergeben sich auch aufgrund der grafischen Auswertung e<strong>in</strong>iger typischer<br />

Simulationsläufe, welche nun systematisch überprüft werden. Grundsätzlich wird bei den<br />

Hypothesen zwischen dem determ<strong>in</strong>istischen Modell Fi=0 und dem stochastischen Modell<br />

mit Fi>0 aus bereits oben beschriebenen Gründen unterschieden.<br />

Für das determ<strong>in</strong>istisches Modell werden folgende Hypothesen analysiert:<br />

Hypothese 1:<br />

Mit zunehmender Höhe des Marktvolumens m steigt, ceteris paribus, die Bereitschaft zu ei-<br />

nem <strong>Information</strong>stransfer an.<br />

Begründung:<br />

Das Marktvolumen m repräsentiert den möglichen Kooperationsnutzen, der zwischen den<br />

Spielern bei erfolgreicher Kooperation aufgeteilt wird. Bereits <strong>in</strong> der spieltheoretischen Ana-<br />

lyse hat sich gezeigt, dass die explizite Berücksichtigung möglicher Synergieeffekte und des<br />

direkten Kooperationsnutzens zur Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas beitragen kön-<br />

483 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 202<br />

nen 484 . E<strong>in</strong>en ähnlichen Effekt hat Schrader (1990) S. 113 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er empirischen Studie fest-<br />

gestellt. Je höher die wahrgenommene Instrumentalität der Austauschbeziehung war, desto<br />

höher war die Bereitschaft e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers. In unserem Modell ist die Instrumen-<br />

talität <strong>in</strong>direkt über den möglichen Kooperationsgew<strong>in</strong>n modelliert. Dies bedeutet, je höher<br />

dieser mögliche Kooperationsgew<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Form des Marktvolumens m ist, desto höher ist auch<br />

die Instrumentalität der Kooperation und des <strong>Information</strong>stransfers.<br />

Auch die ersten Ergebnisse e<strong>in</strong>iger typischer Simulationsläufe deuten auf e<strong>in</strong>en positiven Zu-<br />

sammenhang zwischen dem Marktvolumen m und der Anzahl der transferierten Informatio-<br />

nen h<strong>in</strong>. Die Abbildung 51 zeigt, wie sich der <strong>Information</strong>stransfer <strong>in</strong> Abhängigkeit von der<br />

Höhe des Marktvolumens m <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rationalen Sett<strong>in</strong>g entwickelt. Während bei e<strong>in</strong>em nied-<br />

rigen Marktvolumen ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer zustande kommt, da der Anreiz zu kooperieren<br />

zu kle<strong>in</strong> ist, kommt es ab e<strong>in</strong>er bestimmten Höhe von m zu e<strong>in</strong>em vollkommenen Informati-<br />

onsaustausch zwischen den Spielern. Es bleibt daher zu prüfen, ob dieser Zusammenhang<br />

auch <strong>in</strong> anderen Parametersett<strong>in</strong>gs erhalten bleibt.<br />

Parameter:<br />

A i = 400<br />

P i = 400<br />

V i = 0.2<br />

F i = 0<br />

S i = 1<br />

484 Vgl. Kapitel 4.5.2.<br />

485 Eigenerstellung.<br />

m= 4 m= 6<br />

m= 8 m= 10<br />

Abbildung 51: E<strong>in</strong>fluss des Marktvolumens m auf den <strong>Information</strong>stransfer 485 .


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Hypothese 2:<br />

Seite 203<br />

Mit zunehmendem Marktdruck steigt, ceteris paribus, die Bereitschaft e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>s-<br />

transfers an.<br />

Begründung:<br />

Der Marktdruck entspricht den subjektiven E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten pZ,t,i der gegneri-<br />

schen Allianzstrategien, welche Spieler i wahrnimmt. Es handelt sich beim Marktdruck daher<br />

um e<strong>in</strong>e subjektive Wahrnehmung e<strong>in</strong>es jeden e<strong>in</strong>zelnen Spielers, welche er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

<strong>Information</strong>stransferentscheidung berücksichtigt. Je größer die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit ist, dass <strong>in</strong><br />

der gegnerischen Allianz beide Spieler kooperieren, desto größer ist der Marktdruck<br />

respektive p1,t,i aus der Sicht von Spieler i. Betrachtet man Abbildung 49, so müsste die<br />

Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers <strong>in</strong> Abhängigkeit von der<br />

Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des eigenen Partners xt,i und den anderen E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

bei steigendem p1,t,i und p2,t,i zunehmen, da die Differenz zwischen <strong>Information</strong>stransfer und<br />

K e<strong>in</strong>-<strong>Information</strong>stransfer abnimmt.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs lässt die Analyse e<strong>in</strong>iger typischer Simulationsläufe ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Aussage zu.<br />

So zeigt beispielsweise die Abbildung 52 wie aufgrund e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen kle<strong>in</strong>en Fehlers die<br />

erste Allianz anfängt, die Strategie der „e<strong>in</strong>seitigen Defektion“ zu spielen. Dadurch steigt p2,t,i<br />

aus Sicht der Spieler <strong>in</strong> der zweiten Allianz an und der Marktdruck nimmt zu. Obwohl alle<br />

anderen Parameterwerte zwischen den Allianzen ident s<strong>in</strong>d, beg<strong>in</strong>nt nun die zweite Allianz,<br />

aufgrund des erhöhten Marktdruckes, mit e<strong>in</strong>er bestimmten Zeitverzögerung ebenfalls zu kooperieren.<br />

Der Marktdruck wirkt sich <strong>in</strong> diesem Beispiel also positiv auf den <strong>Information</strong>stransfer<br />

aus.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Parameter:<br />

A i = 400<br />

P i = 400<br />

V i = 0.2<br />

S i = 1<br />

m = 8<br />

Allianz 1<br />

F i = 0.01<br />

Allianz 2<br />

F i = 0<br />

Zeitversetzter Marktdruck im<br />

Vergleich zur ersten Allianz<br />

Seite 204<br />

Abbildung 52: Beispiel für positive Auswirkungen des Marktdrucks auf den <strong>Information</strong>stransfer 486 .<br />

Im Gegensatz dazu zeigt die nachfolgende Abbildung 53 wie sich der Marktdruck negativ auf<br />

den <strong>Information</strong>stransfer auswirken kann. Alle Spieler spielen nun e<strong>in</strong>e Vertrauensstrategie,<br />

welche sie allerd<strong>in</strong>gs erst ab der 200. Periode spielen dürfen 487 . Weiters verfügen die Spieler<br />

<strong>in</strong> der ersten Allianz über e<strong>in</strong>e höhere Basis-Kooperationserwartung Vi als die Spieler <strong>in</strong> der<br />

zweiten Allianz. Während die Spieler <strong>in</strong> der ersten Allianz ab der 200. Periode kooperativ<br />

spielen und ihre <strong>Information</strong>en austauschen, hören die Spieler <strong>in</strong> der zweiten Allianz ab der<br />

268. Periode auf, ihre <strong>Information</strong>en auszutauschen. Hier wirkt sich der zunehmende Markt-<br />

druck also negativ auf den <strong>Information</strong>stransfer aus. Es gilt also festzustellen, wie und unter<br />

welchen Bed<strong>in</strong>gungen sich der Marktdruck auf den <strong>Information</strong>stransfer auswirkt.<br />

486 Eigenerstellung.<br />

487 Bei diesem Simulationslauf war das Sett<strong>in</strong>g für Testzwecke so konfiguriert, dass die Spieler erst ab der 200.<br />

Periode vertrauensvoll spielen durften.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Parameter:<br />

A i = 400<br />

P i = 400<br />

F i = 0<br />

S i = 0.6<br />

m = 8<br />

Allianz 1<br />

V i = 0.8<br />

Allianz 2<br />

V i = 0.2<br />

Kooperation ab der 200. Periode<br />

Bis zur 268. Periode werden <strong>Information</strong>en<br />

transferiert, dann wird der Marktdruck zu<br />

groß<br />

Seite 205<br />

Abbildung 53: Beispiel für negative Auswirkungen des Marktdrucks auf den <strong>Information</strong>stransfer 488 .<br />

Hypothese 3:<br />

Mit zunehmender Zeitdauer der (kooperativen) Austauschbeziehung steigt die Bereitschaft<br />

e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers an.<br />

Begründung:<br />

Je länger sich die Kooperationspartner kennen, desto ger<strong>in</strong>ger ist die Unsicherheit der Erwar-<br />

tungen und desto größer ist das gegenseitige Vertrauen. Auch Schrader (1990) S. 97 konnte<br />

empirisch e<strong>in</strong>en positiven Zusammenhang zwischen dem Alter der Austauschbeziehung und<br />

der Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers feststellen. Es kann sich also mit zuneh-<br />

mender Zeitdauer der Zusammenarbeit e<strong>in</strong>e Vertrauensspirale <strong>in</strong> Gang setzen, die sich vor-<br />

teilhaft auf den <strong>Information</strong>stransfer auswirkt. Zusätzlich steigt auch die Instrumentalität des<br />

488 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 206<br />

<strong>Information</strong>stransfers an, je länger sich die Partner <strong>in</strong>nerhalb der Allianz kooperativ verhalten,<br />

da die subjektive Kooperationserwartung vt,i zunimmt (vgl. Kapitel 5.2.2).<br />

Hypothese 4:<br />

Die Verfolgung e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie, d.h. Si


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Hypothese 6:<br />

Seite 207<br />

Mit zunehmender Höhe der Basis-Kooperationserwartung Vi steigt die Bereitschaft e<strong>in</strong>es In-<br />

formationstransfers an.<br />

Begründung:<br />

Wie bereits weiter oben angemerkt wurde, kann die Basis-Kooperationserwartung Vi <strong>in</strong> ge-<br />

wisser Weise auch als Grundvertrauen <strong>in</strong> den Partner <strong>in</strong>terpretiert werden. Je höher Vi ist, des-<br />

to höher schätzt der Spieler i die Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit se<strong>in</strong>es Partners e<strong>in</strong>. In wei-<br />

terer Folge sollte somit leichter e<strong>in</strong>e Vertrauensspirale <strong>in</strong> Gang gesetzt werden können, wel-<br />

che sich wiederum positiv auf den <strong>Information</strong>stransfer auswirkt.<br />

Hypothese 7:<br />

a) Mit zunehmender Partnergedächtnistiefe Pi s<strong>in</strong>kt die Unsicherheit der Erwartungen, was zu<br />

e<strong>in</strong>em vermehrten <strong>Information</strong>saustausch führt.<br />

b) Mit zunehmender Allianzgedächtnistiefe Ai s<strong>in</strong>kt die Unsicherheit der Erwartungen, was zu<br />

e<strong>in</strong>em vermehrten <strong>Information</strong>saustausch führt.<br />

Begründung:<br />

Sowohl die Allianz- als auch die Partnergedächtnistiefe dienen dazu, um die Unsicherheit der<br />

Erwartungen gegenüber den anderen Agenten <strong>in</strong> der Simulation zu reduzieren. Wie wir be-<br />

reits <strong>in</strong> Abbildung 48 gesehen haben, nimmt die Genauigkeit der Anpassungsalgorithmen mit<br />

zunehmender Gedächtnistiefe zu Lasten der Flexibilität zu. Obwohl die Agenten gar nicht<br />

wissen, dass mit zunehmender Gedächtnistiefe die Genauigkeit der prognostizierten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

steigt, antizipieren sie das Verhalten der anderen Spieler automatisch besser.<br />

Je genauer die e<strong>in</strong>zelnen Spieler aber das Verhalten der anderen voraussagen, desto ger<strong>in</strong>ger<br />

ist die Gefahr von falschen <strong>Information</strong>stransferentscheidungen und der Möglichkeit vom<br />

eigenen Partner ausgenützt zu werden.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 208<br />

Bezüglich der stochastisches Experimente sollen folgende Hypothesen abgetestet werden:<br />

Hypothese 8:<br />

a) E<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit Fi wirkt sich positiv auf den <strong>Information</strong>stransfer<br />

aus.<br />

b) E<strong>in</strong>e zu hohe Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit Fi wirkt sich negativ auf den <strong>Information</strong>stransfer<br />

aus.<br />

Begründung:<br />

Wie wir bereits <strong>in</strong> Abbildung 52 gesehen haben können durch Fehlentscheidungen die Ver-<br />

trauensspirale sowie der gegenseitige <strong>Information</strong>saustausch <strong>in</strong> Gang gesetzt werden. Des<br />

weiteren ist e<strong>in</strong>e gewisse Variation der eigenen Strategien von enormem Vorteil für die Genauigkeit<br />

der Anpassungsalgorithmen (vgl. Abbildung 48). Es ist daher davon auszugehen,<br />

dass e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Fehlerquote Fi e<strong>in</strong>erseits die Vertrauensspirale und den <strong>Information</strong>stransfer<br />

leichter <strong>in</strong> Gang setzt und andererseits die Unsicherheit der Erwartungen reduziert.<br />

Wird allerd<strong>in</strong>gs die Fehlerquote Fi zu groß, so werden ke<strong>in</strong>e rationalen Entscheidungen mehr<br />

getroffen und das ganze System wird zufällig gesteuert, was zu e<strong>in</strong>er Abnahme der transferierten<br />

<strong>Information</strong> führen müsste. Zusätzlich nimmt die Unsicherheit der Erwartung aufgrund<br />

der erhöhten Dynamik mehr zu, als dies anhand der verbesserten Genauigkeit der Anpassungsalgorithmen<br />

wettgemacht werden kann.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 209<br />

5.6 Simulationsergebnisse<br />

Analog zu den aufgestellten Hypothesen werden nun die e<strong>in</strong>zelnen Forschungsfragen im De-<br />

tail näher analysiert. Dabei erweist sich das hierarchische Experimentdesigns als sehr hilf-<br />

reich. Aufgrund des hierarchischen Aufbaus können jeweils verschiedene Faktoren nach Be-<br />

darf konstant gehalten werden, um die wesentlichsten E<strong>in</strong>flussfaktoren isoliert zu betrachten.<br />

Die statistischen Berechnungen wurden mit folgenden drei Programmen durchgeführt, da ke<strong>in</strong><br />

Programmpaket alle<strong>in</strong>e sämtliche notwendigen Analysetools beherrschte: SPSS 10.0.7, R<br />

1.7.0 und SAS 8.1.<br />

5.6.1 Hypothese 1<br />

Um die erste Hypothese zu überprüfen, wurde die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Spieler Fi=0<br />

gesetzt, um den Markteffekt nicht durch zufällige Schwankungen zu verzerren. In weiterer<br />

Folge wurden jeweils die 2,704 Parameterkomb<strong>in</strong>ationen 489 mit unterschiedlichen Werten von<br />

m gerechnet und die Mittelwerte über sämtliche transferierten <strong>Information</strong>en gebildet. Hierbei<br />

wurde das Marktvolumen m von 0 bis 13 variiert. Bei vier Spielern ergeben sich somit <strong>in</strong>sge-<br />

samt 129,792 Datenpunkte für die Auswertung 490 .<br />

Grundsätzlich kann jeder Spieler pro Periode genau e<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> tauschen, womit sich bei<br />

400 Perioden e<strong>in</strong>es Simulationslaufes e<strong>in</strong> Maximum von 400 getauschten <strong>Information</strong>en je<br />

Spieler ergeben. Insgesamt können somit bei vier Spielern maximal 1,600 <strong>Information</strong>en im<br />

gesamten Markt je Simulationslauf getauscht werden. Betrachtet man die Mittelwerte der getauschten<br />

<strong>Information</strong>en aller vier Spieler <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Marktvolumen m, so ergibt<br />

sich folgendes <strong>in</strong>teressante Bild <strong>in</strong> Abbildung 54.<br />

489<br />

Die 2,704 Experimente ergeben sich aus der Verknüpfung der 16 Strategiekomb<strong>in</strong>ationen mit den 169 Parameterkomb<strong>in</strong>ationen<br />

im Lat<strong>in</strong> Square von Vi, Pi und Ai.<br />

490<br />

Insgesamt standen bei vier Spielern 10,816 Datenpunkte für jeden Wert des Marktvolumens m zur Berechnung<br />

der Mittelwerte zur Verfügung. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden allerd<strong>in</strong>gs die Werte 1 und 3 <strong>in</strong><br />

der Abbildung weggelassen, da die Ergebnisse analog zu den Werten 0, 2 und 4 waren.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en<br />

400,00<br />

350,00<br />

300,00<br />

250,00<br />

200,00<br />

150,00<br />

100,00<br />

50,00<br />

0,00<br />

Durchschnittlich transferierte <strong>Information</strong>en je Spieler<br />

0,00 0,00 0,00<br />

117,04<br />

179,26<br />

256,96<br />

319,80<br />

Seite 210<br />

386,48 387,77 390,83 392,12<br />

0 2 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13<br />

Marktvolumen m =<br />

Abbildung 54: Transferierte <strong>Information</strong>en je Spieler <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Marktvolumen 491 .<br />

Man sieht ganz deutlich, wie mit zunehmendem Marktvolumen m der Mittelwert der transfe-<br />

rierten <strong>Information</strong>en stetig ansteigt und schlussendlich be<strong>in</strong>ahe den Maximalwert von 400<br />

erreicht 492 . Das Marktvolumen m besitzt also e<strong>in</strong>en ganz e<strong>in</strong>deutigen E<strong>in</strong>fluss auf die Anzahl<br />

der transferierten <strong>Information</strong>en der e<strong>in</strong>zelnen Spieler. Je mehr die Spieler aufgrund der Ko-<br />

operation und somit mittels e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers <strong>in</strong> Form des Allianzgew<strong>in</strong>nes errei-<br />

chen können, desto mehr <strong>Information</strong>en werden ausgetauscht. Es besteht also e<strong>in</strong> direkter<br />

Zusammenhang zwischen der Höhe des Kooperationsgew<strong>in</strong>nes m und der Anzahl der Koope-<br />

rationen.<br />

E<strong>in</strong> analoges Bild ergibt sich, wenn man den Mittelwert der gesamten transferierten Informa-<br />

tionen im Markt <strong>in</strong> Zusammenhang mit dem Marktvolumen betrachtet. Auch hier variiert die<br />

Anzahl der ausgetauschten <strong>Information</strong>en zwischen 0 und dem Maximalwert von 1,600 <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit vom Marktvolumen m.<br />

491 Eigenerstellung.<br />

492 Sämtliche anderen Parameter wurden während des gesamten Experimentes konstant gehalten.<br />

399,00


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 211<br />

Um auch die Wechselwirkungen des Marktvolumens mit den anderen Faktoren sichtbar zu<br />

machen, wurde e<strong>in</strong> Boxplot erstellt (vgl. Abbildung 55). Anhand des Boxplots zeigt sich deut-<br />

lich, dass e<strong>in</strong>e relativ große Streuung der Ergebnisse bei den Werten 5 bis 8 vorliegt. Diese<br />

breite Streuung bezüglich der transferierten <strong>Information</strong>en entsteht im Modell aufgrund der<br />

Wechselwirkung des Marktvolumens m mit den anderen E<strong>in</strong>flussfaktoren. Bei extrem hohem<br />

oder niedrigem Marktvolumen ist nämlich, abgesehen von e<strong>in</strong>igen Ausreißern, ke<strong>in</strong>e Streuung<br />

vorhanden. Das Marktvolumen m ist demnach e<strong>in</strong> absolut dom<strong>in</strong>anter E<strong>in</strong>flussfaktor im Mo-<br />

dell, der sämtliche anderen E<strong>in</strong>flussfaktoren überlagert und nur <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es bestimmten<br />

Parameterbereiches e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss der anderen Faktoren auf den <strong>Information</strong>stransfer ermög-<br />

licht.<br />

Abbildung 55: Boxplot der transferierten <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Marktvolumen 493 .<br />

In weiterer Folge wurde untersucht, ob sich die verschiedenen Stichproben signifikant von<br />

e<strong>in</strong>ander unterscheiden. Da ke<strong>in</strong>e Normalverteilung der Daten vorliegt und jedes Experiment<br />

e<strong>in</strong>e unabhängige Stichprobe darstellt, wurde zur Überprüfung e<strong>in</strong> H-Test nach Kruskal und<br />

493 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 212<br />

Wallis gerechnet 494 . Dieser nichtparametrische Test zeigt, ob sich die Stichproben h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Gruppenvariable m unterscheiden. Die Auswertung des Tests zeigt, dass sich die Stich-<br />

proben h<strong>in</strong>sichtlich der transferierten <strong>Information</strong>en auf e<strong>in</strong>em Signifikanzniveau von<br />

p


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 213<br />

Die Erkenntnisse aus dieser Analyse haben auch weitreichende Auswirkungen auf das Expe-<br />

rimentdesign zur Auswertungen der anderen Hypothesen. Da das Marktvolumen alle anderen<br />

Faktoren dom<strong>in</strong>iert, muss <strong>in</strong> den weiteren Experimenten e<strong>in</strong> Wert für m gewählt werden, der<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss der anderen Faktoren, die untersucht werden sollen, zulässt. Aus diesem Grund<br />

wird m=8 als Standardfall für die weiteren Forschungsfragen festgesetzt. Dieser Fall ist be-<br />

sonders deswegen <strong>in</strong>teressant, weil bei m=8 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em völlig rationalen Parametersett<strong>in</strong>g 498 <strong>in</strong><br />

genau 50% der Fälle kooperiert wird (vgl. Abbildung 51) 499 . Es besteht daher bei diesem Pa-<br />

rameterwert e<strong>in</strong> großer E<strong>in</strong>fluss der anderen Faktoren, sowohl Richtung Kooperation als auch<br />

Defektion. Des weiteren kann das rationale Sett<strong>in</strong>g sehr e<strong>in</strong>fach als Benchmark verwenden<br />

werden, da die Parameterwerte explizit bekannt s<strong>in</strong>d.<br />

5.6.2 Hypothese 2<br />

Im Gegensatz zu den anderen Faktoren ist der Marktdruck ke<strong>in</strong> exogener Parameter der beliebig<br />

variiert werden kann. Der Marktdruck ergibt sich vielmehr endogen im Modell, aufgrund<br />

der subjektiven Wahrnehmungen der e<strong>in</strong>zelnen Spieler. Zur Operationalisierung des Marktdruckes<br />

werden daher die subjektiven E<strong>in</strong>trittswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der gegnerischen Allianzstrategien<br />

pZ,t,i verwendet. In Abhängigkeit davon, welche der drei Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten am<br />

größten ist, kann der Marktdruck als niedrig, mittel oder hoch e<strong>in</strong>gestuft werden. Ist die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p3,t,i hoch, so ist der Marktdruck <strong>in</strong>sgesamt sehr niedrig, da bereits e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>seitig defektive Allianzstrategie zum Gew<strong>in</strong>n des Gesamtmarktes führt. Bei e<strong>in</strong>er hohen<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p2,t,i herrscht mittlerer Marktdruck vor. Es s<strong>in</strong>kt die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

trotz e<strong>in</strong>seitiger Kooperation und <strong>Information</strong>stransfer, den gesamten Marktgew<strong>in</strong>n zu erhalten.<br />

Vielmehr wird es notwendig, dass die gesamte Allianz kooperativ spielt. E<strong>in</strong> hoher<br />

Marktdruck liegt vor, wenn p1,t,i hoch ist. Je höher nämlich die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit p1,t,i ist,<br />

desto wahrsche<strong>in</strong>licher kooperieren die Spieler der gegnerischen Allianz und desto ger<strong>in</strong>ger<br />

fällt der Kooperationsgew<strong>in</strong>n aus, da bei gleicher Allianzperformance der Markt zwischen<br />

498 Das rationale Parametersett<strong>in</strong>g ist dadurch gekennzeichnet, dass die Spieler über vollständige <strong>Information</strong>en,<br />

d.h. Ai∩ Pi=400, niedrige Basis-Kooperationserwartung Vi=0.2, e<strong>in</strong>e rationale Strategie Si=1 und ke<strong>in</strong>e Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

Fi=0 verfügen.<br />

499<br />

Das oszillierende Verhalten der rationalen Spieler entsteht durch e<strong>in</strong>en selbstverstärkenden Trend, der ausgelöst<br />

durch das Startsett<strong>in</strong>g zu e<strong>in</strong>er abwechselnden Kooperation zwischen den Spielern führt, welche sich <strong>in</strong><br />

weitere Folge auf die variablen Parameter, die die Grundlage für die Berechnung <strong>in</strong> der nachfolgenden Periode<br />

s<strong>in</strong>d, auswirkt und diese ebenfalls zwischen zwei Werten zu spr<strong>in</strong>gen beg<strong>in</strong>nen.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 214<br />

den Allianzen gleichmäßig aufgeteilt wird und die Spieler somit nur mehr maximal e<strong>in</strong> Vier-<br />

tel des Marktes erhalten.<br />

Um Störeffekte zu vermeiden, wurden für das Experiment die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit auf<br />

Fi=0 und das Marktvolumen auf m=8 festgesetzt. Damit reduziert sich das Experimentdesign<br />

auf die 2,704 Standardexperimente, bestehend aus den 16 Strategiekomb<strong>in</strong>ationen und den<br />

Parameterkomb<strong>in</strong>ationen des Lat<strong>in</strong> Squares. Allerd<strong>in</strong>gs wurde für jeden der vier Spieler die<br />

Wahrnehmung des Marktdruckes über alle 400 Perioden e<strong>in</strong>es Simulationslaufes mitgeschrieben,<br />

wodurch <strong>in</strong>sgesamt 4,326,400 Datenpunkte zur Auswertung zur Verfügung stehen. Jeder<br />

dieser Datenpunkte be<strong>in</strong>haltet <strong>Information</strong>en über den Marktdruck (kodiert {0,1,2}), den <strong>Information</strong>stransfer<br />

(b<strong>in</strong>är kodiert {0,1}) und der gespielten Strategiekomb<strong>in</strong>ation (kodiert<br />

{1,2,..,16}).<br />

Aufgrund der Hypothese 2 müsste der Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en mit zunehmendem<br />

Marktdruck steigen. Betrachtet man allerd<strong>in</strong>gs die nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

aufgeschlüsselten Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> Tabelle 15, so ergibt sich<br />

ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiges Bild. Je nach gespielter Strategiekomb<strong>in</strong>ation variieren die Mittelwerte völlig<br />

unterschiedlich. Es besteht e<strong>in</strong> offensichtlicher Zusammenhang zwischen der Anzahl der<br />

transferierten <strong>Information</strong>en, dem wahrgenommenen Marktdruck und der jeweiligen Strategiekomb<strong>in</strong>ation.<br />

Aufgrund dieses Ergebnisses muss die Hypothese 2 <strong>in</strong> der vorliegenden<br />

Form daher abgelehnt werden.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ation<br />

niedrig<br />

Marktdruck<br />

mittel hoch<br />

Mittelwert Mittelwert Mittelwert<br />

Rational 0.29 0.91 0.83<br />

Vertrauen 1 0.92 0.22 0.69<br />

Vertrauen 2 0.92 0.14 0.69<br />

Vertrauen 3 0.95 0.12 0.42<br />

Vertrauen 4 0.95 0.09 0.43<br />

Gemischt 1_3 0.68 0.34 0.96<br />

Gemischt 1_4 0.68 0.43 0.96<br />

Gemischt 2_3 0.68 0.40 0.96<br />

Gemischt 2_4 0.68 0.36 0.96<br />

Vertrauen Allianz 1 0.92 0.18 0.74<br />

Vertrauen Allianz 2 0.61 0.48 0.91<br />

Rational 1 0.57 0.83 0.90<br />

Rational 2 0.58 0.80 0.91<br />

Rational 3 0.55 0.88 0.83<br />

Rational 4 0.54 0.90 0.84<br />

Vertrauen 0.92 0.07 0.73<br />

Gesamt 0.74 0.71 0.82<br />

Tabelle 15: Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en gegliedert nach Marktdruck 500 .<br />

Seite 215<br />

Auch wenn Hypothese 2 <strong>in</strong> der vorliegenden Form abgelehnt werden muss, können dennoch<br />

bei näherer Betrachtung des Ergebnisses e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>teressante Erkenntnisse abgeleitet werden.<br />

Besonders <strong>in</strong>teressant ist der E<strong>in</strong>fluss der gespielten Strategiekomb<strong>in</strong>ation auf den <strong>Information</strong>stransfer<br />

bei unterschiedlicher Höhe des Marktdrucks. Fasst man nämlich die Strategien mit<br />

e<strong>in</strong>er ähnlichen Mittelwertverteilung zusammen, so ergeben sich e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>teressante Parallelitäten<br />

und Ähnlichkeiten zwischen den Strategien.<br />

Bezeichnen wir jene sieben Strategiekomb<strong>in</strong>ationen 501 , bei denen zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Allianz<br />

beide Spieler e<strong>in</strong>e Vertrauensstrategie mit Si


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 216<br />

hohem Marktdruck wieder höher. Allerd<strong>in</strong>gs werden bei hohem Marktdruck deutlich weniger<br />

<strong>Information</strong>en transferiert, als dies bei niedrigem Marktdruck der Fall ist. E<strong>in</strong> mittlerer oder<br />

hoher Marktdruck wirkt sich daher bei den Vertrauensvollen Strategien <strong>in</strong>sgesamt negativ auf<br />

den <strong>Information</strong>stransfer aus.<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vertrauensvolle Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

niedrig mittel hoch<br />

Marktdruck<br />

Abbildung 56: Transferierte <strong>Information</strong>en gegliedert nach Marktdruck und<br />

Vertrauensvollen Strategien 502 .<br />

Vertrauen 1<br />

Vertrauen 2<br />

Vertrauen 3<br />

Vertrauen 4<br />

Vertrauen Allianz 1<br />

Vertrauen Allianz 2<br />

Vertrauen<br />

Interessanterweise fällt die Strategie Vertrauen Allianz 2 aus dem beschriebenen Schema <strong>in</strong><br />

Abbildung 56 heraus. Man sieht deutlich, dass der <strong>Information</strong>stransfer bei ger<strong>in</strong>gem Markt-<br />

druck deutlich niedriger ist als bei den anderen Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen,<br />

dafür aber auch bei mittlerem Marktdruck weniger e<strong>in</strong>bricht. Die meisten <strong>Information</strong>en wer-<br />

den bei hohem Marktdruck transferiert, womit sich der zunehmende Markdruck vorteilhaft für<br />

den <strong>Information</strong>stransfer erweist. E<strong>in</strong>e mögliche Ursache für diese Abweichung dürfte die<br />

Parameterverteilung im Lat<strong>in</strong> Square se<strong>in</strong>. Aufgrund dieser Parameterverteilung ergeben sich<br />

nämlich (gewollt) systematische Unterschiede zwischen den Spielern der ersten und den Spie-<br />

502 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 217<br />

lern der zweiten Allianz, sowie Wechselwirkungen zwischen den E<strong>in</strong>flussfaktoren, die zu<br />

dieser Abweichung führen 503 .<br />

Als nächstes vergleichen wir die Gemischten Strategiekomb<strong>in</strong>ationen 504 . Diese Strategien<br />

s<strong>in</strong>d durch gemischte Allianzen gekennzeichnet: Dies bedeutet, <strong>in</strong> jeder Allianz bef<strong>in</strong>det sich<br />

e<strong>in</strong> rationaler und e<strong>in</strong> Vertrauensspieler, die sich bei den verschiedenen Strategien abwechseln.<br />

Während bei niedrigem Marktdruck ca. 65% aller <strong>Information</strong>en ausgetauscht werden<br />

505<br />

, kommt es bei mittlerem Marktdruck <strong>in</strong> ca. 35% der Fälle zu e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer.<br />

Am meisten <strong>Information</strong>en, nämlich über 90%, werden bei hohem Marktdruck ausgetauscht.<br />

Insgesamt ergibt sich e<strong>in</strong> sehr homogenes Bild zwischen den vier verschiedenen Strategien,<br />

da ke<strong>in</strong>e Strategie aus dem Schema abweicht. E<strong>in</strong> hoher Marktdruck wirkt sich demnach bei<br />

den Gemischten Strategiekomb<strong>in</strong>ationen positiv aus, da er zu e<strong>in</strong>em vermehrten <strong>Information</strong>saustausch<br />

zwischen den Spielern führt (vgl. Abbildung 57) und schlussendlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

höheren Gew<strong>in</strong>n der Spieler resultiert (vgl. Abbildung 69).<br />

503<br />

Man sieht <strong>in</strong> Abbildung 56 ganz deutlich die Abweichung der Strategien Vertrauen 3 und Vertrauen 4, sowie<br />

die Abweichungen von Rational 3 und Rational 4 <strong>in</strong> Abbildung 58.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs fallen diese Abweichung nicht so<br />

stark aus wie die der Strategie Vertrauen Allianz 2. Für e<strong>in</strong>e detailliertere Analyse dieser Wechselwirkungen<br />

siehe Kapitel 5.6.4.<br />

504<br />

Gemischt 1_3, Gemischt 1_4, Gemischt 2_3 und Gemischt 2_4. Für e<strong>in</strong>e genaue Beschreibung der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Strategien siehe Tabelle 13.<br />

505<br />

Da der <strong>Information</strong>stransfer b<strong>in</strong>är mit 0 und 1 kodiert wurde, kann aus dem Mittelwert direkt der Prozentsatz<br />

der transferierten <strong>Information</strong>en berechnet werden.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Gemischte Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

niedrig mittel hoch<br />

Marktdruck<br />

Seite 218<br />

Gemischt 1_3<br />

Gemischt 1_4<br />

Gemischt 2_3<br />

Gemischt 2_4<br />

Abbildung 57: Transferierte <strong>Information</strong>en gegliedert nach Marktdruck und Gemischten Strategien 506 .<br />

Den letzten Teil bilden die sogenannten Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen 507 . Bei diesen<br />

Strategien spielen zum<strong>in</strong>dest drei der vier Spieler rational, d.h. Si=1. Betrachtet man diese<br />

Strategien <strong>in</strong> Abbildung 58, so erkennt man deutlich, dass bei mittlerem und hohem Markt-<br />

druck mehr <strong>Information</strong>en transferiert werden als bei niedrigem Marktdruck. Bei den Strate-<br />

gien Rational 1 und 2 gilt sogar je höher der Marktdruck ist, desto mehr <strong>Information</strong>en wer-<br />

den getauscht. Der zunehmende Marktdruck wirkt sich daher sehr positiv auf den Informati-<br />

onstransfer aus und die Hypothese 2 sche<strong>in</strong>t für den Fall der Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>atio-<br />

nen weitgehend Gültigkeit zu haben.<br />

506 Eigenerstellung.<br />

507 Rational, Rational 1, Rational 2, Rational 3 und Rational 4. Für e<strong>in</strong>e genaue Beschreibung der e<strong>in</strong>zelnen Stra-<br />

tegien siehe Tabelle 13.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Rationale Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

niedrig mittel hoch<br />

Marktdruck<br />

Seite 219<br />

Rational<br />

Rational 1<br />

Rational 2<br />

Rational 3<br />

Rational 4<br />

Abbildung 58: Transferierte <strong>Information</strong>en gegliedert nach Marktdruck und Rationalen Strategien 508 .<br />

Interessanterweise f<strong>in</strong>det bei der Strategie Rational der meiste <strong>Information</strong>stransfer bei mittle-<br />

rem Marktdruck statt und nimmt dann bei hohem Marktdruck wieder e<strong>in</strong> wenig ab. Dies liegt<br />

daran, dass bei den Rationalen Strategien am ehesten e<strong>in</strong>seitig defektiert und kaum e<strong>in</strong>e Ver-<br />

trauensspirale <strong>in</strong> Gang gesetzt wird. Wenn sich die Spieler daher vollständig rational verhal-<br />

ten, bietet e<strong>in</strong> mittlerer Marktdruck mit e<strong>in</strong>em hohen Wert p2,t,i den größten Anreiz zum In-<br />

formationstransfer. Setzt man beispielsweise <strong>in</strong> Gleichung 5-7 jeweils die beiden anderen p-<br />

Werte auf 0 und löst anschließend die Ungleichungen nach dem gesuchten p-Wert auf, so<br />

erhält man die folgenden Bed<strong>in</strong>gungen für die Vorteilhaftigkeit des <strong>Information</strong>stransfers:<br />

508 Eigenerstellung.<br />

4<br />

m*<br />

x<br />

p1 , t,<br />

i > (Gleichung 5-9)<br />

4<br />

m<br />

p2 , t,<br />

i > (Gleichung 5-10)


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

p3, t,<br />

i<br />

4<br />

> (Gleichung 5-11)<br />

m*<br />

( 1−<br />

x)<br />

Seite 220<br />

Anhand dieser Gleichungen ist klar ersichtlich, dass der Grenzwert zur Vorteilhaftigkeit des<br />

<strong>Information</strong>stransfers bei p2,t,i am niedrigsten ist und e<strong>in</strong> mittlerer Marktdruck für den Infor-<br />

mationstransfer daher am vorteilhaftesten ist. Bei hohem Marktdruck nimmt dann die Anzahl<br />

der transferierten <strong>Information</strong>en wieder e<strong>in</strong> wenig ab. Dies dürfte auf e<strong>in</strong>en Crowd<strong>in</strong>g-Out-<br />

Effekt zurückzuführen se<strong>in</strong>, der bei gleicher Allianzperformance entsteht. Wenn nämlich die<br />

Spieler <strong>in</strong> beiden Allianzen kooperieren (was bei hohem Marktdruck der Fall ist), halbiert sich<br />

der Kooperationsgew<strong>in</strong>n, da jede Allianz nur mehr die Hälfte des Marktes zugeteilt bekommt.<br />

Somit wird <strong>in</strong> weiterer Folge auch der Anreiz e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers reduziert. Je nach<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ation kann dieser Crowd<strong>in</strong>g-Out-Effekt sogar dazu führen, dass bei hohem<br />

Marktdruck weniger <strong>Information</strong>en als bei mittlerem Marktdruck transferiert werden.<br />

Um den E<strong>in</strong>fluss der Strategiekomb<strong>in</strong>ationen auf den <strong>Information</strong>stransfer weiter zu untersu-<br />

chen, wurde e<strong>in</strong> H-Test nach Kruskal und Wallis durchgeführt. Als Gruppenvariable wurden<br />

die 16 Strategiekomb<strong>in</strong>ationen verwendet. Der Test zeigt, dass sich die Stichproben h<strong>in</strong>sicht-<br />

lich der transferierten <strong>Information</strong>en auf e<strong>in</strong>em Signifikanzniveau von p


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Statistik für Test a,b<br />

<strong>Information</strong><br />

Chi-Quadrat 26236.0706<br />

df 2<br />

Asymptotische Signifikanz ,001<br />

a. Kruskal-Wallis-Test<br />

b. Gruppenvariable: Marktdruck<br />

Tabelle 17: Kruskal-Wallis-Test h<strong>in</strong>sichtlich transferierter <strong>Information</strong>en<br />

gegliedert nach Marktdruck 511 .<br />

Seite 221<br />

Abschließend kann man daher den E<strong>in</strong>fluss des Marktdrucks wie folgt zusammenfassen: Es<br />

besteht e<strong>in</strong>e Wechselwirkung zwischen den verfolgten Strategien und dem E<strong>in</strong>fluss des<br />

Marktdrucks auf den <strong>Information</strong>stransfer. Hypothese 2 kann daher nur für den Fall der Rati-<br />

onalen Strategien vollständig und für die Gemischten Strategien teilweise bestätigt werden.<br />

Für den Fall der Vertrauensvollen Strategien muss die Hypothese abgelehnt werden, da hier<br />

genau das Gegenteil gilt. Je niedriger der Marktdruck ist, desto mehr <strong>Information</strong>en werden<br />

bei den Vertrauensvollen Strategien transferiert.<br />

Der Unterschied zwischen den verschiedenen Strategien dürfte folgendermaßen entstehen:<br />

Bei den Vertrauensvollen Strategien entsteht unabhängig vom Marktdruck sehr rasch e<strong>in</strong>e<br />

Vertrauensspirale zwischen den Vertrauensspielern, wodurch die Partner <strong>in</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er<br />

Allianz sehr bald zu kooperieren beg<strong>in</strong>nen. Bei niedrigem Marktdruck erhalten die Partner<br />

dadurch den gesamten Markt als Kooperationsgew<strong>in</strong>n zugeteilt, was die Vorteilhaftigkeit des<br />

<strong>Information</strong>stransfers weiter erhöht. Allerd<strong>in</strong>gs steigt damit auch der Marktdruck aus Sicht<br />

der gegnerischen Allianz an. Wenn nun die gegnerische Allianz aufgrund des erhöhten<br />

Marktdrucks ebenfalls zu kooperieren beg<strong>in</strong>nt und ihrerseits den Marktdruck aus Sicht die<br />

Vertrauensspieler erhöhen (vgl. beispielsweise Abbildung 53), erhalten die Partner selbst bei<br />

kooperativem Verhalten nur mehr die Hälfte des Marktes. Somit s<strong>in</strong>kt mit steigendem Marktdruck<br />

neben dem Kooperationsgew<strong>in</strong>n auch der Anreiz e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers aufgrund<br />

des Crowd<strong>in</strong>g-Out-Effektes.<br />

Im Gegensatz dazu verhält es sich mit den Rationalen Strategien genau umgekehrt. Bei niedrigem<br />

Marktdruck f<strong>in</strong>det ke<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer statt, da ke<strong>in</strong>e Vertrauensspirale zustande<br />

kommt. Wenn nun der Marktdruck ansteigt, so s<strong>in</strong>kt der Grenzwert für die Vorteilhaftigkeit<br />

des <strong>Information</strong>stransfers (vgl. die Gleichungen 5-9 bis 5-11). Dadurch werden mit steigen-<br />

511 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 222<br />

dem Marktdruck sukzessiv mehr <strong>Information</strong>en transferiert, bis der Crowd<strong>in</strong>g-Out-Effekt<br />

e<strong>in</strong>tritt und die Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en wieder abnimmt.<br />

Allgeme<strong>in</strong> stehen daher Vertrauen und Marktdruck <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em substituiven Verhältnis zue<strong>in</strong>an-<br />

der. E<strong>in</strong>e große Anzahl von <strong>Information</strong>en wird immer dann transferiert, wenn entweder der<br />

Marktdruck ger<strong>in</strong>g und das Vertrauen hoch oder aber der Marktdruck hoch und das Vertrauen<br />

ger<strong>in</strong>g ist.<br />

5.6.3 Hypothese 3<br />

Analog zur Hypothese 2 wurde auch bei Hypothese 3 für das Experimentdesign die Fehler-<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichkeit auf Fi=0 und das Marktvolumen auf m=8 gesetzt. Bei den verbleibenden<br />

2,704 Standardexperimenten wurden die 400 Perioden e<strong>in</strong>es Simulationslaufes <strong>in</strong> acht Teilpe-<br />

rioden zu je 50 E<strong>in</strong>heiten aufgeteilt. Für jede dieser acht Teilperioden wurde dann der Mittelwert<br />

der transferierten <strong>Information</strong>en berechnet und mitgeschrieben. Insgesamt ergeben sich<br />

somit bei vier Spielern 10,816 Datenpunkte für die Auswertung.<br />

Die folgende Abbildung 59 zeigt nun die Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en im<br />

Zeitverlauf über sämtliche Daten gerechnet. Man sieht deutlich, wie die Anzahl der transferierten<br />

<strong>Information</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nichtl<strong>in</strong>earen Verlauf stetig zunimmt. Überraschenderweise<br />

werden bereits <strong>in</strong> den ersten 50 Perioden durchschnittlich ca. 68% aller <strong>Information</strong>en zwischen<br />

den Unternehmen ausgetauscht, und <strong>in</strong>nerhalb der nächsten 50 Perioden steigt die Anzahl<br />

der transferierten <strong>Information</strong>en nochmals um 10 % an. In den letzten 50 Perioden hat<br />

der <strong>Information</strong>stransfer bereits e<strong>in</strong> sehr beachtliches Ausmaß von über 80% erreicht. Weiters<br />

sieht man <strong>in</strong> der Abbildung 59 deutlich, dass der Beobachtungszeitraum e<strong>in</strong>es Simulationslaufes<br />

mit 400 Perioden optimal gewählt wurde, da die Mittelwerte zwischen den Teilperioden<br />

zunehmend ähnlicher werden, bzw. schlussendlich be<strong>in</strong>ahe ident s<strong>in</strong>d.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten<br />

<strong>Information</strong>en<br />

0,850<br />

0,800<br />

0,750<br />

0,700<br />

0,650<br />

0,600<br />

0,550<br />

0,500<br />

0,450<br />

0,400<br />

0,684<br />

Transferierte <strong>Information</strong>en im Zeitverlauf<br />

Gesamt<br />

0,794<br />

Seite 223<br />

0,814 0,815 0,820 0,820 0,823 0,826<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Abbildung 59: Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en im Zeitablauf 512 .<br />

Betrachtet man die Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en im Zeitverlauf aufgeschlüsselt<br />

nach den verschiedenen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen, so bestätigt sich das bisherige Ergebnis (vgl.<br />

Abbildung 60). Unabhängig davon, welche Strategiekomb<strong>in</strong>ation gespielt wird, nimmt die<br />

Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en mit zunehmender Zeitdauer der Kooperation zu. Da-<br />

mit wird Hypothese 3 voll bestätigt.<br />

512 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten<br />

<strong>Information</strong>en<br />

1,000<br />

0,900<br />

0,800<br />

0,700<br />

0,600<br />

0,500<br />

0,400<br />

0,300<br />

0,200<br />

0,100<br />

0,000<br />

Transferierte <strong>Information</strong>en im Zeitverlauf<br />

gegliedert nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Abbildung 60: Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en im Zeitablauf<br />

gegliedert nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen 513 .<br />

Rational<br />

Vertrauen 1<br />

Vertrauen 2<br />

Vertrauen 3<br />

Vertrauen 4<br />

Seite 224<br />

Gemischt 1_3<br />

Gemischt 1_4<br />

Gemischt 2_3<br />

Gemischt 2_4<br />

Vertrauen Allianz 1<br />

Vertrauen Allianz 2<br />

Rational 1<br />

Rational 2<br />

Rational 3<br />

Rational 4<br />

Vertrauen<br />

5.6.4 Hypothese 4<br />

Auch für diese Analyse wurde wieder das Standardexperimentdesign mit Fi=0 und m=8 ver-<br />

wendet. Insgesamt stehen somit wieder 10,816 Datenpunkte für die Auswertung zur Verfü-<br />

gung.<br />

Gemäß Hypothese 4 gehen wir davon aus, dass mehr <strong>Information</strong>en bei den Vertrauensvollen<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen getauscht werden, als dies bei den Rationalen Strategien der Fall ist.<br />

Um uns e<strong>in</strong>en ersten Überblick zu verschaffen, betrachten wir die Abbildung 61, welche die<br />

Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> Prozent aufgeschlüsselt nach Strategiekomb<strong>in</strong>atio-<br />

nen zeigt.<br />

513 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Transferierte <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> %<br />

100,00%<br />

90,00%<br />

80,00%<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

Gesamt<br />

Vertrauen 3<br />

Vertrauen 4<br />

Rational<br />

Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en<br />

gegliedert nach Strategien<br />

Vertrauen 1<br />

Vertrauen 2<br />

Rational 4<br />

Rational 3<br />

Vertrauen<br />

Vertrauen Allianz 1<br />

Rational 1<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

Rational 2<br />

Vertrauen Allianz 2<br />

Gemischt 2_3<br />

Gemischt 1_3<br />

Seite 225<br />

Gemischt 1_4<br />

Abbildung 61: Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en gegliedert nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen 514 .<br />

Gemischt 2_4<br />

Insgesamt werden über alle Strategiekomb<strong>in</strong>ationen h<strong>in</strong>weg im Durchschnitt 79.95% aller<br />

<strong>Information</strong>en ausgetauscht. Dies bedeutet <strong>in</strong> ca. 80% der Fälle kooperieren die Partner <strong>in</strong><br />

diesem Modell, obwohl sie im Grunde genommen e<strong>in</strong> klassisches Gefangenendilemma spie-<br />

len. Man sieht also ganz deutlich wie der Kooperationsnutzen, der Marktdruck, e<strong>in</strong>e länger-<br />

fristige Perspektive und gegenseitiges Vertrauen zur Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilem-<br />

mas beitragen.<br />

Überraschenderweise steigen die Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen schlechter aus als<br />

die Rationalen Strategien. Dieser E<strong>in</strong>druck bestätigt sich, wenn man die Mittelwerte der trans-<br />

ferierten <strong>Information</strong>en aller drei verschiedenen Strategieklassen <strong>in</strong> Tabelle 18 vergleicht. Es<br />

ist klar ersichtlich, dass am meisten <strong>Information</strong>en bei den Gemischten Strategiekomb<strong>in</strong>atio-<br />

nen mit 93.89%, gefolgt von den Rationalen Strategien mit 77.66%, ausgetauscht werden.<br />

Das Schlusslicht bilden die Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen mit durchschnittlich<br />

73.64% transferierten <strong>Information</strong>en. Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der drei<br />

514 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 226<br />

Strategieklassen wurden mit e<strong>in</strong>em Kruskal-Wallis Test überprüft und s<strong>in</strong>d signifikant<br />

(p


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Rational<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Rational 4<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vertrauen<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Vertrauen 4<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Abbildung 62: Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en aufgeschlüsselt nach Spielern und<br />

Strategikomb<strong>in</strong>ationen 519 .<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Seite 227<br />

Bei näherer Betrachtung der Abbildung 62 zeigt sich e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressanter Unterschied zwischen<br />

den Rationalen und Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen. Während bei den Rationalen<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen alle vier Spieler be<strong>in</strong>ahe gleich viele <strong>Information</strong>en transferieren,<br />

besteht bei den Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen e<strong>in</strong> Unterschied zwischen den Spie-<br />

lern der beiden Allianzen. Bei e<strong>in</strong>igen Spielern wirkt sich die Vertrauensstrategie positiv auf<br />

den <strong>Information</strong>stransfer aus, und bei anderen Spielern ist sogar e<strong>in</strong> Nachteil damit verbun-<br />

den. Da sämtliche E<strong>in</strong>stellungen bis auf die Strategiekomb<strong>in</strong>ationen ident s<strong>in</strong>d, muss dieser<br />

Unterschied aufgrund der bereits beschriebenen Wechselwirkung zwischen der Strategiekom-<br />

b<strong>in</strong>ation und den Parametersett<strong>in</strong>gs im Lat<strong>in</strong> Square entstehen. Anhand der Systematik im<br />

Lat<strong>in</strong> Square verfügen nämlich die Spieler 3 und 4 immer über die niedrigeren Parameterwer-<br />

te 520 . Dies bedeutet, sie haben tendenziell e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Basis-Kooperationserwartung Vi und<br />

ger<strong>in</strong>gere Gedächtnistiefen Ai/Pi als die Spieler 1 und 2. Offenbar s<strong>in</strong>d die Rationalen und<br />

Gemischten Strategien <strong>in</strong> der Lage diese unterschiedlichen Parametersett<strong>in</strong>gs weitgehend aus-<br />

zugleichen, woh<strong>in</strong>gegen die Vertrauensvollen Strategien sehr empf<strong>in</strong>dlich auf diese Unter-<br />

519 Eigenerstellung.<br />

520 Für e<strong>in</strong>e genaue Übersicht der Parameterwerte siehe Anhang 2 <strong>in</strong> Kapitel 8.2.<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 228<br />

schiede reagieren 521 . Bedenkt man nun, dass die Werte <strong>in</strong> Abbildung 61 Durchschnittswerte<br />

aller vier Spieler s<strong>in</strong>d, ist klar, dass bei den Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen <strong>in</strong><br />

Summe weniger <strong>Information</strong>en ausgetauscht werden als bei den Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen.<br />

Betrachten wir zuerst das Ergebnis e<strong>in</strong>es typischen Simulationslaufes mit der Strategiekomb<strong>in</strong>ation<br />

Rational <strong>in</strong> Abbildung 63. Interessanterweise ist sche<strong>in</strong>bar bei der Strategie Rational<br />

der Anreiz zur Defektion so groß, dass ke<strong>in</strong>e <strong>Information</strong> transferiert wird, wenn Spieler i<br />

davon ausgeht, dass se<strong>in</strong> Partner mit e<strong>in</strong>er sehr hohen Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit kooperieren wird,<br />

d.h die Basis-Kooperationserwartung Vi=0.8 sehr hoch ist. Im Vergleich dazu f<strong>in</strong>det bei e<strong>in</strong>er<br />

niedrigen Basis-Kooperationserwartung von Vi=0.2 <strong>in</strong> ca. 50% der Fälle e<strong>in</strong> <strong>Information</strong>stransfer<br />

statt. Die Höhe der Basis-Kooperationserwartung Vi dürfte also e<strong>in</strong>en negativen E<strong>in</strong>fluss<br />

auf den <strong>Information</strong>stransfer haben, wenn die Spieler e<strong>in</strong>e rationale Strategie verfolgen.<br />

521<br />

Die Gemischten Strategiekomb<strong>in</strong>ationen weisen noch ger<strong>in</strong>gere Unterschiede <strong>in</strong> den Ergebnissen zwischen<br />

den e<strong>in</strong>zelnen Spielern auf als die Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen. Es besteht daher de facto absolut ke<strong>in</strong><br />

Unterschied zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Spielern. Da dies auch für andere Parameterwerte von Vi gilt, wurden die<br />

Gemischten Strategiekomb<strong>in</strong>ationen bei den nachfolgenden Analysen ausgespart.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Parameter:<br />

A i = 400<br />

P i = 400<br />

F i = 0<br />

S i = 1<br />

m = 8<br />

Allianz 1<br />

V i = 0.2<br />

50% <strong>Information</strong>stransfer<br />

Allianz 2<br />

V i = 0.8<br />

Abbildung 63: Zusammenhang zwischen Basis-Kooperationserwartung und<br />

<strong>Information</strong>stransfer bei rationaler Strategie 522 .<br />

Seite 229<br />

Anreiz zur Defektion ist<br />

so groß, dass ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>Information</strong> transferiert<br />

wird<br />

Spielen h<strong>in</strong>gegen alle Spieler die Strategiekomb<strong>in</strong>ation Vertrauen im gleichen Parameterset-<br />

t<strong>in</strong>g, so dreht sich das Ergebnis total um (vgl. Abbildung 64). Nunmehr ist e<strong>in</strong>e hohe Basis-<br />

Kooperationserwartung Vi=0.8 von Vorteil für die Spieler und wirkt sich positiv auf den In-<br />

formationstransfer aus. Ist die Basis-Kooperationserwartung sehr niedrig, d.h. Vi=0.2, kommt<br />

es bei e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie aufgrund des hohen Marktdrucks zu ke<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>s-<br />

transfer. Hier ist e<strong>in</strong>e niedrige Basis-Kooperationserwartung also nachteilig. Es dürfte also<br />

e<strong>in</strong>e Wechselwirkung zwischen der Basis-Kooperationserwartung und den Strategiekomb<strong>in</strong>a-<br />

tionen bestehen.<br />

522 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Parameter:<br />

A i = 400<br />

P i = 400<br />

F i = 0<br />

S i = 0.6<br />

m = 8<br />

Allianz 1<br />

V i = 0.2<br />

Marktdruck ist so hoch,<br />

dass es für die Allianz<br />

ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n macht<br />

<strong>Information</strong>en zu<br />

transferieren<br />

Allianz 2<br />

V i = 0.8<br />

Abbildung 64: Zusammenhang zwischen Basis-Kooperationserwartung und<br />

<strong>Information</strong>stransfer bei e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie.<br />

Seite 230<br />

Gegenseitiges Vertrauen<br />

zahlt sich aus<br />

Um diese Vermutung zu überprüfen, halten wir <strong>in</strong> unserem nächstes Experiment auch die<br />

Basis-Kooperationserwartung Vi=0.8 konstant und berechnen nochmals die Mittelwerte der<br />

transferierten <strong>Information</strong>en je Spieler. Das Ergebnis ist <strong>in</strong> Abbildung 65 sichtbar. Man sieht<br />

deutlich, dass bei den Rationalen Strategien nunmehr weniger <strong>Information</strong>en transferiert wer-<br />

den. Die Abnahme der Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en geht auf den bereits <strong>in</strong> Abbildung<br />

63 gezeigten erhöhten Defektionsanreiz bei den Rationalen Strategien zurück. Ansonsten<br />

steigen die Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Spielern zwar an, bleiben aber immer noch<br />

sehr moderat. Bei den Vertrauensvollen Strategien lassen sich h<strong>in</strong>gegen zwei gegensätzliche<br />

Effekte erkennen. Auf der e<strong>in</strong>en Seite führt die hohe Basis-Kooperationserwartung zu e<strong>in</strong>em<br />

be<strong>in</strong>ahe 100%igen <strong>Information</strong>saustausch zwischen den Partnern <strong>in</strong> den vertrauensvollen Al-<br />

lianzen. Auf der anderen Seite hören die Spieler der gemischten Allianz bei der Strategie Ver-<br />

trauen 4 vollständig auf zu kooperieren. Der Grund ist wiederum der erhöhte Defektionsan-<br />

reiz des rationalen Spielers 4 <strong>in</strong> Wechselwirkung mit den tendenziell niedrigen Gedächtnistie-<br />

fen.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Rational, V i = 0.8<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Rational 4, V i = 0.8<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vertrauen, V i = 0.8<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Vertrauen 4, V i = 0.8<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Abbildung 65: Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en aufgeschlüsselt nach Spielern und<br />

Strategikomb<strong>in</strong>ationen mit Vi=0.8 523 .<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Seite 231<br />

Vergleicht man die Mittelwerte der drei Strategieklassen <strong>in</strong> Tabelle 18, so zeigt sich bei den<br />

Gemischten Strategien e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige Zunahme der Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en<br />

auf be<strong>in</strong>ahe 100%. An zweiter Stelle liegen nun die Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen,<br />

die allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>ige Prozentpunkte verlieren. Am wenigsten <strong>Information</strong>en werden<br />

aufgrund des hohen Defektionsanreizes bei den Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen ausge-<br />

tauscht. Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der drei Strategieklassen wurden mit<br />

e<strong>in</strong>em Kruskal-Wallis Test überprüft und s<strong>in</strong>d signifikant (p


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 232<br />

den Spielern aufgrund der Wechselwirkungen mit den verschiedenen Parameterwerten der<br />

Gedächtnistiefen be<strong>in</strong>ahe verschwunden s<strong>in</strong>d 524 . Dies deutet auf e<strong>in</strong>en mehrheitlichen Anteil<br />

der Basis-Kooperationserwartung Vi an den Wechselwirkungen h<strong>in</strong>.<br />

Transferierte <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> %<br />

100,00%<br />

90,00%<br />

80,00%<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

Gesamt<br />

Rational<br />

Vertrauen 1<br />

Vertrauen 2<br />

Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en<br />

gegliedert nach Strategien mit V i = 0.8<br />

Vertrauen 3<br />

Vertrauen 4<br />

Rational 3<br />

Rational 4<br />

Rational 1<br />

Rational 2<br />

Gemischt 1_3<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ation<br />

Gemischt 1_4<br />

Gemischt 2_3<br />

Gemischt 2_4<br />

Vertrauen Allianz 1<br />

Vertrauen Allianz 2<br />

Abbildung 66: Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en gegliedert nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen mit Vi=0.8 525 .<br />

Zum Abschluss dieser Analyse sehen wir uns noch die Auswirkungen e<strong>in</strong>er konstant, niedri-<br />

gen Basis-Kooperationserwartung Vi=0.2 an (vgl. Abbildung 67). Wie zu erwarten steigt bei<br />

den Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen aufgrund des Wegfalls des erhöhten Defektionsanrei-<br />

zes die Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en wieder an. Gleiches gilt auch für die Strategie<br />

Vertrauen 4, die nunmehr nicht mehr so extrem zwischen den Spielern differenziert. Dafür<br />

werden aber <strong>in</strong> der vertrauensvollen Allianz weniger <strong>Information</strong>en ausgetauscht. Bei der<br />

Strategie Vertrauen entsteht wieder e<strong>in</strong>e Differenzierung zwischen den Spielern, die aller-<br />

d<strong>in</strong>gs diesmal re<strong>in</strong> auf die unterschiedlichen Werte der Gedächtnistiefen Ai/Pi zurückzuführen<br />

ist 526 .<br />

524 Für e<strong>in</strong>e genaue Übersicht der Parameterwerte siehe Anhang 2 <strong>in</strong> Kapitel 8.2.<br />

525 Eigenerstellung.<br />

526 Für e<strong>in</strong>e genaue Übersicht der Parameterwerte siehe Anhang 2 <strong>in</strong> Kapitel 8.2.<br />

Vertrauen


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Rational, V i = 0.2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Rational 4, V i = 0.2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vertrauen, V i = 0.2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Vertrauen 4, V i = 0.2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Abbildung 67: Mittelwerte der transferierten <strong>Information</strong>en aufgeschlüsselt nach Spielern und<br />

Strategikomb<strong>in</strong>ationen mit Vi=0.2 527 .<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Seite 233<br />

Bezüglich der Mittelwerte, aufgeschlüsselt nach den drei Strategieklassen, zeigt sich wieder<br />

das bekannte Bild: Am besten schneiden die Gemischten Strategiekomb<strong>in</strong>ationen, gefolgt von<br />

den Rationalen Strategien aus. Am wenigsten <strong>Information</strong>en werden wieder bei den Vertrau-<br />

ensvollen Strategien getauscht (vgl. Tabelle 18). Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten<br />

der drei Strategieklassen wurden mit e<strong>in</strong>em Kruskal-Wallis Test überprüft und s<strong>in</strong>d signifi-<br />

kant (p


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Transferierte <strong>Information</strong>en <strong>in</strong> %<br />

100,00%<br />

90,00%<br />

80,00%<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

Gesamt<br />

Vertrauen<br />

Vertrauen 3<br />

Vertrauen 4<br />

Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en<br />

gegliedert nach Strategien mit V i = 0.2<br />

Vertrauen Allianz 1<br />

Rational 3<br />

Rational<br />

Vertrauen Allianz 2<br />

Rational 4<br />

Gemischt 1_3<br />

Gemischt 1_4<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

Rational 2<br />

Vertrauen 1<br />

Gemischt 2_3<br />

Gemischt 2_4<br />

Seite 234<br />

Rational 1<br />

Vertrauen 2<br />

Abbildung 68: Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en gegliedert nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen mit Vi=0.2 528 .<br />

Es besteht daher e<strong>in</strong>e nachgewiesene Wechselwirkung zwischen der verfolgten Strategie, der<br />

Basis-Kooperationserwartung und den Gedächtnistiefen. Während die Rationalen und Ge-<br />

mischten Strategiekomb<strong>in</strong>ationen weitgehend <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d die Unterschiede <strong>in</strong> den Para-<br />

meterwerten zwischen den Spielern auszugleichen, s<strong>in</strong>d die Vertrauensvollen Strategiekom-<br />

b<strong>in</strong>ationen extrem anfällig auf derartige Unterschiede. Den größten E<strong>in</strong>fluss auf den Informa-<br />

tionstransfer besitzt die Basis-Kooperationserwartung Vi. Allerd<strong>in</strong>gs hängen die Auswirkun-<br />

gen von der gespielten Strategiekomb<strong>in</strong>ation ab. Auf der e<strong>in</strong>en Seite bee<strong>in</strong>flusst die Höhe der<br />

Basis-Kooperationserwartung aufgrund des Defektionsanreiz-Effektes <strong>in</strong>direkt die Anzahl der<br />

transferierten <strong>Information</strong>en bei den Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen. Die bedeutet, je hö-<br />

her die Basis-Kooperationserwartung ist, desto weniger <strong>Information</strong>en werden transferiert.<br />

Auf der andern Seite besteht e<strong>in</strong> direkter Zusammenhang zwischen der Höhe der Basiskoope-<br />

rationserwartung und der Anzahl getauschter <strong>Information</strong>en bei den Gemischten und Vertrau-<br />

ensvollen Strategien. Je höher Vi ist, desto mehr <strong>Information</strong>en werden transferiert. E<strong>in</strong>e Son-<br />

derstellung nehmen die Strategien Vertrauen 1 bis 4 e<strong>in</strong>. Diese Strategien verb<strong>in</strong>den nämlich<br />

beide beschriebenen Effekte. Während die Spieler <strong>in</strong> der vertrauensvollen Allianz von e<strong>in</strong>er<br />

hohen Basis-Kooperationserwartung profitieren, wirkt sich diese aufgrund des Defektionsan-<br />

528 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 235<br />

reiz-Effektes nachteilig auf den <strong>Information</strong>stransfer der Spieler <strong>in</strong> der gemischten Allianz<br />

aus.<br />

Der E<strong>in</strong>fluss der beiden Parameter Ai und Pi auf den <strong>Information</strong>stransfer ist weitgehend ver-<br />

nachlässigbar und kommt nur bei e<strong>in</strong>igen bestimmten Parameterwerten der Basis-<br />

Kooperationserwartung zum Tragen. (vgl. Abbildung 62, Abbildung 65 und Abbildung 67).<br />

Je ger<strong>in</strong>ger Vi ist, desto größer ist der E<strong>in</strong>fluss dieser beiden Faktoren. Die Basis-<br />

Kooperationserwartung Vi hat also e<strong>in</strong>en ähnlich dom<strong>in</strong>anten E<strong>in</strong>fluss wie das Marktvolumen<br />

m und überlagert die anderen Faktoren.<br />

Zusammenfassend kann die Hypothese 4 daher nur bed<strong>in</strong>gt angenommen werden. Die Verfolgung<br />

e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie ist nämlich nur genau dann optimal, wenn die Basis-<br />

Kooperationserwartung Vi hoch ist und der Partner auch e<strong>in</strong>e Vertrauensstrategie spielt oder<br />

aber die gegnerische Allianz ebenfalls e<strong>in</strong>e Gemischte Strategie verfolgt.<br />

5.6.5 Hypothese 5<br />

Da wir bereits bei der Begründung der Hypothese 5 vermutet haben, dass enger Zusammenhang<br />

zwischen der Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en und dem Gesamtgew<strong>in</strong>n der Spieler<br />

besteht, verwenden wir das gleiche Standardexperimentdesign wie bei Hypothese 4. Im Unterschied<br />

zu Hypothese 4 steht allerd<strong>in</strong>gs nun der Gesamtgew<strong>in</strong>n der Spieler im Mittelpunkt<br />

des Interesses. Dieser setzt sich aus zwei E<strong>in</strong>zelkomponenten zusammen: Zum e<strong>in</strong>en erhalten<br />

die Spieler den Gew<strong>in</strong>n des <strong>Information</strong>stransferspiels und zum anderen den Kooperationsgew<strong>in</strong>n<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit von der Allianzperformance. Um den Gew<strong>in</strong>n der Spieler besser e<strong>in</strong>schätzen<br />

zu können, enthält die folgende Tabelle 19 e<strong>in</strong>ige markante Vergleichswerte, die<br />

sich bei e<strong>in</strong>em typischen Simulationslauf mit e<strong>in</strong>em Marktvolumen von m=8 und 400 Perioden<br />

Spieldauer ergeben.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Beschreibung Berechnung Gesamtgew<strong>in</strong>n<br />

Vollständig kooperative Allianz, die jeden<br />

Markt gew<strong>in</strong>nt<br />

4*400+4*400 3,200<br />

Vollständig unkooperative Allianz, die<br />

jeden Markt verliert<br />

3*400 1,200<br />

Vollständige kooperative Allianz, bei gleicher<br />

Allianzperformance<br />

4*400+2*400 2,400<br />

Wechselseitige Ausnützung 529 der Partner<br />

bei gleicher Allianzperformance<br />

5*200+2*200+2*400 2,200<br />

Maximaler Gew<strong>in</strong>n 5*400+4*400 3,600<br />

M<strong>in</strong>imaler Gew<strong>in</strong>n 2*400 800<br />

Werte berechnet für m=8 und 400 Perioden<br />

Tabelle 19: Markante Gesamtgew<strong>in</strong>ne der Spieler 530 .<br />

Seite 236<br />

Um e<strong>in</strong>en ersten E<strong>in</strong>druck zu bekommen, schlüsseln wir die Mittelwerte der Gew<strong>in</strong>ne aller<br />

Spieler nach den Strategiekomb<strong>in</strong>ationen <strong>in</strong> Abbildung 69 auf. Der durchschnittliche Gew<strong>in</strong>n<br />

der Spieler über alle Strategiekomb<strong>in</strong>ationen liegt mit 2,320 sehr nahe beim Vergleichswert<br />

von 2,400 e<strong>in</strong>er vollständigen kooperativen Allianz mit gleicher Allianzperformance. Dies ist<br />

e<strong>in</strong> Indiz für den hohen Anteil an Kooperationen <strong>in</strong> unserem Modell.<br />

Vergleicht man nun das Ergebnis Abbildung 69 mit Abbildung 61, so s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>deutige Paralle-<br />

len erkennbar. Sortiert man nämlich die Strategiekomb<strong>in</strong>ationen <strong>in</strong> aufsteigender Reihenfolge<br />

e<strong>in</strong>mal nach transferierten <strong>Information</strong>en und e<strong>in</strong>mal nach dem Gew<strong>in</strong>n, so ist die Reihenfolge<br />

ident. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, da der Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>e Folge des <strong>Information</strong>stransfers<br />

<strong>in</strong> unserem Modell ist. Der modellierte Zusammenhang zwischen der Anzahl der<br />

transferierten <strong>Information</strong>en und dem Gew<strong>in</strong>n der Spieler zeigt sich also auch <strong>in</strong> den Daten.<br />

529 D.h. <strong>in</strong> 50% der Fälle kooperiert der e<strong>in</strong>e Partner und <strong>in</strong> den restlichen 50% kooperiert der andere Partner.<br />

530 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert des Gew<strong>in</strong>ns<br />

2400<br />

2380<br />

2360<br />

2340<br />

2320<br />

2300<br />

2280<br />

2260<br />

2240<br />

2220<br />

2200<br />

2180<br />

Gesamt<br />

Vertrauen 3<br />

Vertrauen 4<br />

Rational<br />

Vertrauen 1<br />

Gew<strong>in</strong>n gegliedert nach Strategien<br />

Vertrauen 2<br />

Rational 4<br />

Rational 3<br />

Vertrauen<br />

Vertrauen Allianz 1<br />

Rational 1<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen<br />

Rational 2<br />

Vertrauen Allianz 2<br />

Gemischt 2_3<br />

Gemischt 1_3<br />

Abbildung 69: Mittelwert der Gew<strong>in</strong>ne aufgeschlüsselt nach Strategiekomb<strong>in</strong>ationen 531 .<br />

Seite 237<br />

Gemischt 1_4<br />

Gemischt 2_4<br />

Damit wir allerd<strong>in</strong>gs Hypothese 5 analog zu Hypothese 4 beantworten können, müssen wir<br />

diesen Zusammenhang überprüfen, <strong>in</strong>dem wir die Korrelation zwischen dem Gew<strong>in</strong>n und den<br />

transferierten <strong>Information</strong>en berechnen. Da diese Daten nicht normalverteilt s<strong>in</strong>d, wird der<br />

Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman und Kendall berechnet 532 . Das Ergebnis dieses<br />

Tests ist <strong>in</strong> Tabelle 20 ersichtlich 533 . Bei e<strong>in</strong>em Korrelationskoeffizienten von ca. 0.7 liegt<br />

e<strong>in</strong>e mittlere bis hohe Korrelation vor 534 . Verwendet man als Datenbasis sämtliche 129,792<br />

Datenpunkte aus dem ersten Experiment von Hypothese 1, welche die transferierten Informa-<br />

tionen und Gesamtgew<strong>in</strong>ne der Spieler über alle 12 verschiedenen Parameterwerte des Markt-<br />

volumens m enthalten, so steigt der Korrelationskoeffizient sogar auf 0.913 an.<br />

531 Eigenerstellung.<br />

532 Vgl. Bühl und Zöfel (1999) S. 304. Der Pearson Korrelationskoeffizient ist mit 0.798 sogar noch höher, aller-<br />

d<strong>in</strong>gs stimmen die Aussagen zu den Signifikanzniveaus nicht.<br />

533 Ergebnis wurde mit SPSS 10.0.7 berechnet.<br />

534 Vgl. Bühl und Zöfel (1999) S. 302.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Spearman-Rho<br />

Gew<strong>in</strong>n<br />

<strong>Information</strong><br />

Korrelationen<br />

Korrelationskoeffizient<br />

Sig. (2-seitig)<br />

N<br />

Korrelationskoeffizient<br />

Sig. (2-seitig)<br />

**. Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 signifikant (2-seitig).<br />

N<br />

Gew<strong>in</strong>n <strong>Information</strong><br />

1,000 ,694**<br />

, ,000<br />

10816 10816<br />

,694** 1,000<br />

,000 ,<br />

10816 10816<br />

Tabelle 20: Korrelationskoeffizient nach Spearman und Kendall mit m=8 535 .<br />

Seite 238<br />

Der Korrelationskoeffizient zeigt e<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang zwischen der Anzahl<br />

transferierter <strong>Information</strong>en und dem Gesamtgew<strong>in</strong>n der Spieler. Je mehr <strong>Information</strong>en<br />

transferiert werden, desto höher ist auch der Gew<strong>in</strong>n der Spieler. Da die beiden Größen nahe-<br />

zu perfekt korrelieren, können die Überlegungen zur Hypothese 4 auf die Hypothese 5 umge-<br />

legt werden. Es gelten daher für die Hypothese 5 die analogen Erkenntnisse des Kapitels<br />

5.6.4. Dies bedeutet die Verfolgung e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie ist genau dann optimal, wenn<br />

die Basis-Kooperationserwartung Vi hoch ist und der Partner auch e<strong>in</strong>e Vertrauensstrategie<br />

spielt oder aber die gegnerische Allianz ebenfalls e<strong>in</strong>e Gemischte Strategie verfolgt.<br />

5.6.6 Hypothesen 6 und 7<br />

Die Hypothesen 6 und 7 beschäftigen sich mit dem E<strong>in</strong>fluss der Basis-Kooperationserwartung<br />

Vi, sowie den beiden Gedächtnistiefen Ai und Pi auf den <strong>Information</strong>stransfer. Da der E<strong>in</strong>fluss<br />

dieser Faktoren bereits zu e<strong>in</strong>em großen Teil <strong>in</strong> Kapitel 5.6.4 ausführlich analysiert wurde,<br />

werden hier nur mehr die wesentlichsten Erkenntnisse kurz wiederholt. Der E<strong>in</strong>fluss der Ba-<br />

sis-Kooperationserwartung Vi steht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engen Zusammenhang mit der gespielten Strate-<br />

gie. Während, ceteris paribus, e<strong>in</strong>e niedrige Basis-Kooperationserwartung bei den Rationalen<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ationen den <strong>Information</strong>saustausch fördert, reduziert sie die Anzahl der trans-<br />

ferierten <strong>Information</strong>en bei den Gemischten und Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen.<br />

Dieses Ergebnis ist zum e<strong>in</strong>en auf den Defektionsanreiz-Effekt zurückzuführen und anderer-<br />

seits auf den positiven Zusammenhang zwischen Vertrauensstrategie und hoher Basis-<br />

Kooperationserwartung.<br />

535 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 239<br />

Weiters dom<strong>in</strong>iert die Basis-Kooperationserwartung den E<strong>in</strong>fluss der beiden Faktoren Ai und<br />

Pi. Nur bei e<strong>in</strong>igen bestimmten Parameterwerten von Vi können die Gedächtnistiefen den In-<br />

formationstransfer bee<strong>in</strong>flussen. Aufgrund der Hypothese 7 müsste bei zunehmender Ge-<br />

dächtnistiefe die Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en ansteigen. Aus Kapitel 5.6.4 wissen<br />

wir, dass bei niedriger Basis-Kooperationserwartung Vi=0.2 und der Strategie Vertrauen e<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>fluss der Gedächtnistiefen vorhanden ist. Um den E<strong>in</strong>fluss von Ai und Pi näher zu untersu-<br />

chen, setzen wir daher die Gedächtnistiefe Allianz Ai e<strong>in</strong>mal konstant auf 400 und e<strong>in</strong>mal<br />

konstant auf 20 und betrachten das Verhalten der vier Spieler bei der Strategiekomb<strong>in</strong>ation<br />

Vertrauen (vgl. Abbildung 70).<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vertrauen, V i = 0.2<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Vertrauen, V i = 0.8 und Ai = 20<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Mittelwert der transferieten <strong>Information</strong>en<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vertrauen, V i = 0.2 und Ai = 400<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Vertrauen, V i = 0.2 und Ai = 20<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeitperioden<br />

Abbildung 70: E<strong>in</strong>fluss der Gedächtnistiefe Allianz Ai 536 .<br />

Der vermutete E<strong>in</strong>fluss der Gedächtnistiefe Ai auf den <strong>Information</strong>stransfer bestätigt sich. Da<br />

plötzlich alle vier Spieler e<strong>in</strong>e idente Anzahl von <strong>Information</strong>en transferieren, zeigt sich ganz<br />

deutlich, dass die Gedächtnistiefe Allianz Ai e<strong>in</strong>en dom<strong>in</strong>anten E<strong>in</strong>fluss gegenüber der Ge-<br />

dächtnistiefe Partner Pi besitzt. Überraschenderweise spielt die Höhe der Gedächtnistiefe Al-<br />

lianz ke<strong>in</strong>e Rolle für den <strong>Information</strong>stransfer. So ist <strong>in</strong> Abbildung 70 de facto ke<strong>in</strong> Unter-<br />

schied zwischen der Gedächtnistiefe Ai=400 und Ai=20 erkennbar. Vielmehr hat hier die Ho-<br />

536 Eigenerstellung.<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4<br />

Spieler 1<br />

Spieler 2<br />

Spieler 3<br />

Spieler 4


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 240<br />

mogenität zwischen den Spielern e<strong>in</strong>er Allianz und die Gleichheit zwischen den Allianzen<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf den <strong>Information</strong>stransfer. Der dom<strong>in</strong>ante E<strong>in</strong>fluss der Basis-<br />

Kooperationserwartung wird <strong>in</strong> der l<strong>in</strong>ken unteren Grafik ebenfalls bestätigt.<br />

Abschließend kann man daher die Hypothese 6 und 7 folgendermaßen zusammenfassen:<br />

Hypothese 6 kann nur für die Gemischten und Vertrauensvollen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen bestätigt<br />

werden, da e<strong>in</strong>e Wechselwirkung mit der gespielten Strategie besteht. Allerd<strong>in</strong>gs gilt<br />

dies nur unter der E<strong>in</strong>schränkung, dass entweder der eigene Partner ebenfalls e<strong>in</strong>e Vertrauensstrategie<br />

spielt oder aber die gegnerische Allianz e<strong>in</strong>e gemischte Strategie verfolgt. Bei den<br />

Rationalen Strategiekomb<strong>in</strong>ationen besteht überhaupt e<strong>in</strong> negativer Zusammenhang zwischen<br />

Vi und der Anzahl transferierter <strong>Information</strong>en, sodass die Hypothese 6 abgelehnt werden<br />

muss.<br />

Hypothese 7 muss abgelehnt werden. Insgesamt ist nämlich e<strong>in</strong>erseits der E<strong>in</strong>fluss der Gedächtnistiefen<br />

so verschw<strong>in</strong>dend kle<strong>in</strong>, dass er kaum gemessen werden kann und andererseits<br />

hat die Höhe der Gedächtnistiefe bei Homogenität und Gleichheit der Faktorwerte ke<strong>in</strong>e<br />

Auswirkung. Bezüglich der Gedächtnistiefe Partner deckt sich das Ergebnis auch mit den<br />

spieltheoretischen Erkenntnissen <strong>in</strong> Kapitel 4.4, welche besagten, dass zusätzliche <strong>Information</strong>en<br />

über den Partner ke<strong>in</strong>en Nutzen br<strong>in</strong>gen.<br />

5.6.7 Konfirmatorisches Regressionsmodell der Hypothesen 4 bis 7<br />

Zum Abschluss werden die bisherigen Analysen und Aussagen zu den Hypothesen 4 bis 7<br />

noch mit Hilfe e<strong>in</strong>er konfirmatorischen Regressionsanalyse überprüft. Als Datenbasis dienen<br />

wieder die 2,074 Datenpunkte des Standardexperimentdesigns mit Fi=0 und m=8. Die Regressionsanalyse<br />

dient dazu, um Zusammenhänge zwischen e<strong>in</strong>er abhängigen Variable und<br />

mehreren unabhängigen Variablen zu untersuchen 537 . Aufgrund der damit verbundenen Möglichkeit<br />

der Ursachenanalyse und Wirkungsprognose können die komplexen Zusammenhänge<br />

im Modell statistisch abgetestet werden 538 .<br />

Als abhängige Variable werden die transferierten <strong>Information</strong>en, sowie der Gew<strong>in</strong>n je Spieler<br />

verwendet. In weiterer Folge rechnen wir daher zwei verschiedene Regressionsanalysen. Als<br />

537 Vgl. Hair, Anderson et al. (1998) S. 148 und Brannath und Futschik (1999) S. 179.<br />

538 Vgl. Backhaus, Erichson et al. (2000) S. 5.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 241<br />

unabhängige Variablen dienen die vier Faktoren Basis-Kooperationserwartung Vi, Art der<br />

Strategie Si, Gedächtnistiefe Partner Pi und Gedächtnistiefe Allianz Ai. Die restlichen beiden<br />

Faktoren Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit und Marktvolumen wurden weggelassen, da sie aufgrund<br />

des Experimentdesigns konstant gehalten wurden. Da alle vier Faktoren jeweils für alle vier<br />

Spieler bekannt s<strong>in</strong>d, stehen <strong>in</strong>sgesamt 16 unabhängige Variablen zur Verfügung.<br />

Bevor mit der eigentlichen Auswertung begonnen wird, soll auf folgenden besonderen Um-<br />

stand dieser Regressionsanalyse h<strong>in</strong>gewiesen werden: Da die Regressionsanalyse zur Über-<br />

prüfung e<strong>in</strong>es vollständig determ<strong>in</strong>istischen Modells e<strong>in</strong>gesetzt wird, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e zufälligen<br />

Schwankungen vorhanden s<strong>in</strong>d, ist auch der Regresssand ke<strong>in</strong>e Zufallsvariable. Die berechnete<br />

F-Statistik und die damit verbundenen Signifikanzniveaus haben daher ke<strong>in</strong>e Aussagekraft,<br />

weil ke<strong>in</strong>e zufälligen Störgrößen vorhanden s<strong>in</strong>d 539 .<br />

Als erstes berechnen wir das Regressionsmodell für die abhängige Variable transferierte <strong>Information</strong>en<br />

je Spieler. Aus Gründen der besseren Interpretierbarkeit wurden die ursprünglich<br />

16 unabhängigen Variablen auf die acht wichtigsten gekürzt, ohne die Modellgüte zu sehr zu<br />

reduzieren (Verr<strong>in</strong>gerung des korrigierten R-Quadrates von 0.0812 auf 0.0612). Das verbleibende<br />

Modell und dessen Ergebnisse s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 21 enthalten 540 .<br />

539<br />

Vgl. Backhaus, Erichson et al. (2000) S. 43.<br />

540<br />

Die Berechnung erfolgte mit R.1.7.0.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Residuals:<br />

M<strong>in</strong> 1Q Median 3Q Max<br />

-387.74 -35.12 51.45 78.91 141.69<br />

Coefficients: dependent variable InfSP<br />

Estimate Std. Error t value Pr(>|t|)<br />

(Intercept) 273.119 10.226 26.709


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 243<br />

beider Partner zeigt sich anhand der negativen Werte von Si und PSi. Das negative Vorzeichen<br />

<strong>in</strong> Tabelle 21 wird aufgrund der Kodierung der Vertauensstrategie mit Si


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Korrigiertes R-Quadrat<br />

1,00<br />

0,90<br />

0,80<br />

0,70<br />

0,60<br />

0,50<br />

0,40<br />

0,30<br />

0,20<br />

0,10<br />

0,00<br />

0,06<br />

Erklärte Varianz der transferierten <strong>Information</strong><br />

0,30<br />

0,41<br />

0,56<br />

0,60<br />

Seite 244<br />

0,62 0,62 0,63<br />

1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Anzahl der gerechneten Interaktionsterme<br />

Abbildung 71: Erklärte Varianz der transferierten <strong>Information</strong>en und<br />

Anzahl gerechneter Interaktionsterme 542 .<br />

E<strong>in</strong> sehr ähnliches Ergebnis zeigt sich für das Regressionsmodell mit dem Gew<strong>in</strong>n der Spieler<br />

als abhängige Variable. Die Variablen und deren Interpretation s<strong>in</strong>d nahezu ident mit dem so<br />

eben Beschriebenen, was aufgrund des Modells und der bereits festgestellten hohen Korrela-<br />

tion logisch ist. Lediglich die geschätzten Beta-Werte sowie das korrigierte R-Quadrat s<strong>in</strong>d<br />

höher, sodass die Anpassung und der Erklärungsgehalt dieses Modells noch größer s<strong>in</strong>d. Das<br />

korrigierte R-Quadrat steigt unter Berücksichtigung der Interaktionsterme von 0.1343 auf<br />

über 0.75 an.<br />

Zusammenfassend bestätigen die Regressionsmodelle die Auswertung der Hypothesen 4 bis<br />

7. Insgesamt ergibt sich somit aus sämtlichen bisherigen Analysen e<strong>in</strong> hierarchisches System<br />

der E<strong>in</strong>flussfaktoren im determ<strong>in</strong>istischen Modell, welches <strong>in</strong> Abbildung 72 dargestellt ist.<br />

542 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Hierarchisches System der E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

Marktvolumen m<br />

Strategiekomb<strong>in</strong>ation S i i<br />

Basis-Kooperationserwartung V i i<br />

Gedächtnistiefe Allianz A i i<br />

Gedächtnistiefe Partner P i i<br />

Abbildung 72: Hierarchisches System der E<strong>in</strong>flussfaktoren im determ<strong>in</strong>istischen Modell 543 .<br />

Seite 245<br />

5.6.8 Hypothese 8<br />

Abschließend erfolgt nun die Auswertung der stochastischen Experimente. Im Gegensatz zu<br />

den bisherigen Experimentdesigns wird nun die Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit Fi∈{0, 0.01, 0.05,<br />

0.1, 0.25, 0.5} durchvariiert. Für jeden dieser Parameterwerte werden bei konstantem Markt-<br />

druck von m=8 die 2,704 Standardexperimente durchsimuliert. Um den E<strong>in</strong>fluss der Zufalls-<br />

variablen konstant zu halten, wurde jedes Parametersett<strong>in</strong>g 100 mal wiederholt und e<strong>in</strong> Mit-<br />

telwert über die e<strong>in</strong>zelnen Ergebnisse gebildet 544 . Dies bedeutet, jeder Datenpunkt reflektiert<br />

das durchschnittliche Verhalten der Simulation über 100 Experimente h<strong>in</strong>weg. Insgesamt ste-<br />

hen 64,896 Datenpunkte für die Auswertung zur Verfügung.<br />

Um die Hypothese 8 zu überprüfen, wurden zuerst die Mittelwerte und Mediane aller Daten<br />

berechnet und nach Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit geordnet. Das Ergebnis ist <strong>in</strong> Abbildung 73 dar-<br />

gestellt. Es ist deutlich erkennbar, dass bei ger<strong>in</strong>gen Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der Mittel-<br />

wert der transferierten <strong>Information</strong>en leicht ansteigt und dann mit zunehmender Fehlerwahr-<br />

sche<strong>in</strong>lichkeit wieder abnimmt. Dies ist e<strong>in</strong> Indiz für die Richtigkeit der Hypothese 8. Aller-<br />

d<strong>in</strong>gs zeigt der abnehmende Verlauf der Mediane das Gegenteil.<br />

543 Eigenerstellung.<br />

544 Vgl. Lev<strong>in</strong>thal (1997) S. 940, Klos und Nooteboom (2001) S. 517 und Axelrod (1997) S. 28.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

400,00<br />

350,00<br />

300,00<br />

250,00<br />

200,00<br />

150,00<br />

100,00<br />

50,00<br />

0,00<br />

319,80<br />

Mittelwert der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

346,37 350,74 343,80<br />

298,35<br />

0 0,01 0,05 0,1 0,25 0,5<br />

Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

200,01<br />

450,00<br />

400,00<br />

350,00<br />

300,00<br />

250,00<br />

200,00<br />

150,00<br />

100,00<br />

50,00<br />

0,00<br />

394,00<br />

Median der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

379,97 372,21<br />

354,98<br />

Seite 246<br />

298,37<br />

0 0,01 0,05 0,1 0,25 0,5<br />

Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

Abbildung 73: Mittelwert und Median der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit von der Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit 545 .<br />

Der gegenteilige Verlauf dieser beiden Kurven bedeutet, dass e<strong>in</strong>ige wenige Spieler aufgrund<br />

e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gfügig erhöhten Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit viel mehr <strong>Information</strong>en transferieren,<br />

aber die Masse der Spieler weniger <strong>Information</strong>en austauscht als ohne Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lich-<br />

keit. Es liegt also e<strong>in</strong>e extreme rechtsschiefe Verteilung vor (vgl. Abbildung 74).<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

370,0<br />

350,0<br />

330,0<br />

310,0<br />

290,0<br />

270,0<br />

250,0<br />

230,0<br />

210,0<br />

190,0<br />

170,0<br />

150,0<br />

130,0<br />

Transferierte <strong>Information</strong>en<br />

Median der transferierten <strong>Information</strong>en<br />

Std.abw. = 44,83<br />

Mittel = 350,7<br />

N = 10816,00<br />

Abbildung 74: Histogramm der transferierten <strong>Information</strong>en mit Fi=0.05.<br />

Um die Hypothese 8a auch statistisch zu überprüfen, wurde e<strong>in</strong> U-Test nach Mann und Whit-<br />

ney zum Vergleich der Stichproben gerechnet 546 . Dieser Tests vergleicht zwei unabhängige<br />

Stichproben h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Rangwerte. Das Ergebnis ist <strong>in</strong> Tabelle 22 enthalten und zeigt,<br />

545 Eigenerstellung.<br />

546 Dieser Test entspricht dem Wilcoxon Rangsummentest <strong>in</strong> R1.7.0.<br />

200,01


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 247<br />

dass die Stichprobe Fi=0 signifikant besser ist als die Stichprobe mit Fi=0.05. Daher muss<br />

Hypothese 8a abgelehnt werden 547 . E<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit hat daher ke<strong>in</strong>en<br />

positiven E<strong>in</strong>fluss auf den <strong>Information</strong>stransfer.<br />

Statistik für Test a<br />

data: F_0 and F_0-05<br />

W = 82392283 p-value = < 2.2e-16<br />

alternative hypothesis: true mu is greater than 0<br />

a. Wilcoxon rank sum test with cont<strong>in</strong>uity correction<br />

Tabelle 22: U-Test nach Mann und Whitney mit Fi=0 und Fi=0.05 548 .<br />

Analog wurde der U-Test für die anderen Stichproben gerechnet, um Hypothese 8b zu testen.<br />

Tabelle 23 zeigt das Ergebnis für die beiden Stichproben Fi=0.25 und Fi=0.5. Aufgrund des<br />

Ergebnisses wird die Hypothese 8b voll bestätigt. Mit zunehmender Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

s<strong>in</strong>kt die Anzahl der transferierten <strong>Information</strong>en.<br />

Statistik für Test a<br />

data: F_0-25 and F_0-5<br />

W = 116964225 p-value = < 2.2e-16<br />

alternative hypothesis: true mu is greater than 0<br />

a. Wilcoxon rank sum test with cont<strong>in</strong>uity correction<br />

Tabelle 23: U-Test nach Mann und Whitney mit Fi=0.25 und Fi=0.5 549 .<br />

547 Im Rahmen der Auswertung wurden sämtliche Paarvergleiche gerechnet. Da die Testergebnisse ident waren,<br />

wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nur e<strong>in</strong> Testergebnis dargestellt.<br />

548 Eigenerstellung.<br />

549 Eigenerstellung.


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

6 Zusammenfassung<br />

Seite 248<br />

„Die beste Methode, um <strong>Information</strong>en zu bekommen,<br />

ist die, selbst welche zu geben.“<br />

Niccolò Machiavelli (1469 - 1527),<br />

italienischer Staatsmann und Schriftsteller<br />

Ziel dieser Arbeit war es, den unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfer zwischen<br />

Unternehmen <strong>in</strong> kooperativen Wettbewerbsbeziehungen aus ökonomischer Sicht näher zu<br />

untersuchen. Gerade <strong>in</strong> jüngster Zeit haben die <strong>in</strong>formationstechnischen Möglichkeiten zum<br />

unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>saustausch enorm zugenommen. Es stellte sich daher<br />

die Frage, ob Unternehmen, und vor allem Unternehmen <strong>in</strong> kooperativen Wettbewerbsbeziehungen<br />

wie Strategischen Allianzen oder horizontalen Netzwerken, ökonomische Anreize<br />

besitzen diese technischen Möglichkeiten zu nutzen, um ihre wertvollen und wichtigen <strong>Information</strong>en<br />

zu transferieren?<br />

Anhand der theoretischen Überlegungen <strong>in</strong> Kapitel 2 zeigte sich, dass es <strong>in</strong> der betriebswirtschaftlichen<br />

Literatur ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Auffassung der Begriffe <strong>Information</strong> und Wissen gibt<br />

und daher völlig unterschiedliche Sichtweisen existieren. Die Variantenvielfalt reicht von<br />

<strong>Information</strong> ist gleich Wissen (<strong>Information</strong>sverarbeitende-Epistemologie) bis h<strong>in</strong> zu <strong>Information</strong><br />

ist ungleich Wissen und Wissen ist e<strong>in</strong> Prozess (Selbstbezogene-Epistemologie). Da den<br />

verschiedenen betriebswirtschaftlichen Teildiszipl<strong>in</strong>en jeweils andere Annahmen und Sichtweisen<br />

zu Grunde liegen, ergeben sich große Unterschiede zwischen deren Aussagen zu der<br />

vorliegenden Problemstellung. In der betriebswirtschaftliche Entscheidungstheorie wird beispielsweise<br />

unterschieden, ob die unvollkommene <strong>Information</strong> fixiert ist oder ob sich e<strong>in</strong> Entscheidungsträger<br />

zusätzliche <strong>Information</strong>en beschaffen kann. Während im ersteren Fall der<br />

<strong>Information</strong>stransfer per Def<strong>in</strong>ition nicht möglich ist, reduziert sich im zweiten Fall die ursprüngliche<br />

Problemstellung auf die Bestimmung des <strong>Information</strong>soptimums, da gemäß den<br />

Annahmen mit e<strong>in</strong>em bestimmten Kostenaufwand jede <strong>Information</strong> beschafft werden kann.<br />

<strong>Information</strong>en schaffen daher ke<strong>in</strong>en langfristigen Wettbewerbsvorteil und es entsteht somit<br />

ke<strong>in</strong> Nachteil aufgrund e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers. Dies bedeutet, unter den Annahmen der<br />

betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie ist die vorliegende Problemstellung nicht existent<br />

bzw. relevant,


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 249<br />

Im Gegensatz dazu spielt der <strong>Information</strong>stransfer und der Schutz der eigenen <strong>Information</strong>en<br />

e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle aus der Sicht des wissensbasierten Ansatzes. Wissen wird als strategische<br />

Ressource betrachtet, die nachhaltige Wettbewerbsvorteile für Firmen schaffen kann. Da<br />

<strong>Information</strong>en e<strong>in</strong>en grundlegenden Produktionsfaktor für die Entstehung von Wissen darstellen,<br />

ist die <strong>Information</strong>stransferproblematik von besonderer Bedeutung. Wenn Unternehmen<br />

also wichtige <strong>Information</strong>en transferieren, laufen sie Gefahr, ihre nachhaltigen Wettbewerbsvorteile<br />

zu verspielen.<br />

Warum aber werden dennoch wichtige <strong>Information</strong>en zwischen teilweise sogar konkurrierenden<br />

Unternehmen ausgetauscht, wie es <strong>in</strong> den empirischen Studien 550 nachgewiesen wurde?<br />

Erste theoretische Erklärungsansätze umfassen den <strong>Information</strong>swert, die Instrumentalität, die<br />

Unsicherheit der Erwartungen sowie den Kooperationsnutzen. Da das <strong>Information</strong>stransferentscheidungsproblem<br />

der Problemstellung e<strong>in</strong>er Gefangenendilemma-Situation sehr ähnlich<br />

ist, wurden <strong>in</strong> weiterer Folge diese E<strong>in</strong>flussfaktoren mit Hilfe spieltheoretischer Methoden<br />

näher untersucht. Es zeigte sich, dass sich anhand der Differenz aus Grund- und Zusatzwert<br />

der <strong>Information</strong> vier verschiedene Fälle für den <strong>Information</strong>stransfer unterscheiden lassen.<br />

Drei dieser vier Fälle besitzen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Lösung: Während <strong>Information</strong>en mit ke<strong>in</strong>em<br />

oder negativem Zusatzwert s<strong>in</strong>nvollerweise immer transferiert werden, macht es kaum S<strong>in</strong>n,<br />

<strong>Information</strong>en mit e<strong>in</strong>em sehr großen Zusatzwert weiterzugeben. Am <strong>in</strong>teressantesten ist allerd<strong>in</strong>gs<br />

der vierte Fall des <strong>Information</strong>stransferdilemmas, der ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Lösung besitzt.<br />

Obwohl es kollektiv rational wäre die <strong>Information</strong>en auszutauschen, besteht der <strong>in</strong>dividuelle<br />

Anreiz für die Spieler, sich opportunistisch zu verhalten und die <strong>Information</strong>en nicht<br />

herzugeben.<br />

In den weiteren spieltheoretischen Analysen wurden daher Lösungsmöglichkeiten für das<br />

<strong>Information</strong>stransferdilemmas untersucht. So tragen überraschenderweise zusätzliche <strong>Information</strong>en<br />

über das Verhalten (Signall<strong>in</strong>g) und über die <strong>Information</strong>swerte (Screen<strong>in</strong>g) des<br />

Gegenspielers nicht zur Lösung des <strong>Information</strong>stransferdilemmas bei. Vorteilhaft für den<br />

<strong>Information</strong>stransfer haben sich h<strong>in</strong>gegen die Berücksichtigung nicht monetärerer Aspekte<br />

sowie sozialer Präferenzen <strong>in</strong> den Nutzenfunktionen der Spieler herausgestellt. Unter bestimmten<br />

Umständen kann die Berücksichtigung sozialer Präferenzen zur Lösung des Problems<br />

beitragen und zu e<strong>in</strong>em <strong>Information</strong>stransfer führen. Allerd<strong>in</strong>gs bleibt es kritisch zu h<strong>in</strong>terfragen,<br />

ob sich derartige Annahmen über die Nutzenfunktionen der Spieler problemlos<br />

550 Vgl. von Hippel (1988) und Schrader (1990).


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 250<br />

auch auf Firmen übertragen lassen. Auch regelorientierte Lösungen, wie beispielsweise Ver-<br />

träge etc. erwiesen sich als fördernd für den <strong>Information</strong>stransfer, wenngleich deren Praxis-<br />

tauglichkeit ebenfalls fraglich ist. Den weitaus besten Erklärungsansatz für die Vorteilhaftig-<br />

keit e<strong>in</strong>es <strong>Information</strong>stransfers aus praxisbezogener Sichtweise br<strong>in</strong>gt die explizite Berücksichtigung<br />

von möglichen Synergieeffekten und des Kooperationsnutzens aufgrund des <strong>Information</strong>stransfers.<br />

Der <strong>Information</strong>stransfer wird nämlich umso vorteilhafter, je höher der<br />

mögliche Synergieeffekt, bzw. der direkte Kooperationsnutzen ist, der mit dem <strong>Information</strong>stransfer<br />

verbunden ist. Verstärkt wird dieser Effekt durch e<strong>in</strong>e langfristige Perspektive, d.h.<br />

e<strong>in</strong>e mehrmalige Wiederholung des <strong>Information</strong>stransferspiels.<br />

Da sich die Instrumentalität und der E<strong>in</strong>fluss von Vertrauen mit Hilfe der spieltheoretischen<br />

Methoden nur unzureichend untersuchen ließen, wurde die Analyse anhand e<strong>in</strong>es agentenbasierten<br />

Simulationsmodells fortgeführt. Indem das spieltheoretische Grundmodell um e<strong>in</strong>en<br />

Markt mit Konkurrenzdruck erweitert und e<strong>in</strong>e mehrmalige Wiederholung zugelassen wurde,<br />

konnten sowohl die Instrumentalität und die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie modelliert<br />

werden. Anhand der Auswertung des Simulationsmodells zeigte sich, dass die Instrumentalität<br />

<strong>in</strong> Form des Kooperationsnutzens sowie die Verfolgung e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie zu e<strong>in</strong>em<br />

massiven <strong>Information</strong>saustausch zwischen den Unternehmen führen können. Durchschnittlich<br />

wurden im Modell ca. 80% aller <strong>Information</strong>en transferiert. Bei vollständig rationalem<br />

Verhalten der Spieler wurden immerh<strong>in</strong> noch immer ca. 63% der <strong>Information</strong>en ausgetauscht.<br />

Dies deutet darauf h<strong>in</strong>, dass es selbst zwischen vollständig rational agierenden Unternehmen<br />

s<strong>in</strong>nvoll ist, e<strong>in</strong>e Vielzahl an <strong>Information</strong>en aus zu tauschen, wenn dies zu e<strong>in</strong>em erhöhten<br />

Kooperationsgew<strong>in</strong>n, bzw. zusätzlichen Nutzen aus <strong>Information</strong>stransfer führt.<br />

Weiters zeigt sich deutlich, dass mit zunehmender Kooperationsdauer die Anzahl der transferierten<br />

<strong>Information</strong>en zunimmt, was auch den empirischen Ergebnissen von Schrader (1990)<br />

entspricht. Bezüglich des E<strong>in</strong>flusses des Vertrauens zeigte sich, dass e<strong>in</strong> substituives Verhältnis<br />

zwischen Marktdruck und Vertrauen im Modell vorhanden ist, d.h. das Unternehmen ihre<br />

<strong>Information</strong>en entweder transferieren, weil sie e<strong>in</strong>ander vertrauen oder andererseits aufgrund<br />

des Marktdrucks, zur Kooperation gezwungen werden. Die Verfolgung e<strong>in</strong>er Vertrauensstrategie<br />

hat sich am vorteilhaftesten herausgestellt, wenn der eigene Partner ebenfalls kooperiert,<br />

d.h. die Gefahr des opportunistischen Verhaltens ger<strong>in</strong>g ist und a priori e<strong>in</strong>e vertrauensvolles<br />

Verhältnis zwischen den Partnern besteht. Obwohl dieses Ergebnis nicht weiters überraschend<br />

ist, zeigten sich aber auch <strong>in</strong>sgesamt kaum negative Konsequenzen aus der Verfolgung e<strong>in</strong>er


Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch<br />

Seite 251<br />

Vertrauensstrategie. Wirklich negativ wirkte sich die Verfolgung der Vertrauensstrategie nur<br />

aus, wenn der eigene Partner nicht kooperierte und die gegnerischen Spieler vollständig ko-<br />

operativ spielten. Vertrauen ist also auch im Kontext des unternehmensübergreifenden Infor-<br />

mationstransfers e<strong>in</strong> wichtiger Mechanismus zur Koord<strong>in</strong>ation der wirtschaftlichen Aktivitäten.<br />

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit anderen Untersuchungen auf diesem Gebiet 551 .<br />

Zusammenfassend bestätigt die ökonomische Analyse des <strong>Information</strong>stransferproblems das<br />

Phänomen des unternehmensübergreifenden <strong>Information</strong>stransfers der empirischen Untersuchungen.<br />

Anhand der Untersuchungen wurden e<strong>in</strong>erseits die vorhandenen Erklärungsansätze<br />

aus ökonomischer Sichtweise h<strong>in</strong>terfragt und anderseits neue Erklärungsansätze hergeleitet<br />

und überprüft. Es zeigte sich, dass selbst bei vollständig rationalen Spielern Kooperation,<br />

Vertrauen und <strong>Information</strong>stransfer entstehen kann, wenn e<strong>in</strong>e längerfristige Perspektive besteht<br />

und die Instrumentalität zwischen den Partnern dementsprechend hoch ist. Entscheidungsträger<br />

s<strong>in</strong>d dann sogar bereit, wichtige <strong>Information</strong>en zu transferieren, wenn neben der<br />

langfristigen Nutzenerwartung der Austauschbeziehung e<strong>in</strong> zusätzlicher Nutzen <strong>in</strong> Form von<br />

Synergieeffekten oder direktem Kooperationsnutzen besteht.<br />

551 Vgl. Köszegi (2001) S. 148.


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Anhang Seite 265<br />

8 Anhang<br />

8.1 Anhang 1: Programmcode<br />

8.1.1 Startfunktion<br />

% Startfunktion<br />

% ******************************************<br />

% Version 16<br />

% 2 Spieler<br />

% 2 Kooperationen = Duopol<br />

% <strong>Information</strong>stransferdilemma<br />

% Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsupdate mit Bayes<br />

% mit Experimentdesign<br />

% mit begrenztem Zeitfenster (steuerbar über Parameter zeit und zeital)<br />

% mit Entscheidungsregel nach Erwartungswert<br />

% mit Entscheidungsregel nach Vertrauen (steuerbar über Parameter ver, bei<br />

Sett<strong>in</strong>g = 1 ident mit Version 10)<br />

% mit Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit (steuerbar über Parameter f)<br />

% Angepasste Ausgabematrix <strong>in</strong>kl. <strong>Information</strong><br />

% Experimentdesign <strong>in</strong>kl. 16 Strategien, all <strong>in</strong> one<br />

clear;<br />

clc;<br />

% *** Parameterdef<strong>in</strong>itionen für gesamte Simulation ***<br />

global NFirm<br />

T = 2704; % 100 Trials<br />

t = 400; % 100 Perioden<br />

NFirm = 2; % Anzahl der Firmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Allianz<br />

history =[]; % Historyvariable für die Ergebnisse der e<strong>in</strong>zelnen Trials<br />

%*** Hauptschleife ***<br />

for tr = 1:T % Anzahl der Trials<br />

% *** Firmeneigenschaften Allianz 1 ***<br />

k = zeros(1,NFirm); % Anzahl bisheriger Kooperationen auf Null setzen<br />

e = zeros(1,NFirm); % Anzahl der eigenen Kooperationen auf Null setzen<br />

sv = [0.2 0.2 ]; % Skalierungsfaktor Vertrauen, Anpassung an NFirm<br />

notwendig<br />

SpielA = [4 2; 5 3]; % Spielmatrix für Firma A (<strong>Information</strong>stransferdilemma)<br />

SpielB = [4 2; 5 3]; % Spielmatrix für Firma B<br />

TransW = zeros(NFirm,NFirm); % Anzahl der bisherigen Kooperationen auf<br />

Null setzen<br />

Likeli = zeros(NFirm,NFirm); % Likelihoods für Bayes Update auf Null<br />

setzen<br />

PPapprox = [0.25 0.25; 0.5 0.5; 0.25 0.25]; % Geschätzte Spielwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

der Strategien der anderen Allianz (Gleichverteilung)<br />

% *** Firmeneigenschaften Allianz 2 ***<br />

k2 = zeros(1,NFirm); % Anzahl bisheriger Kooperationen auf Null setzen<br />

e2 = zeros(1,NFirm); % Anzahl der eigenen Kooperationen auf Null setzen


Anhang Seite 266<br />

sv2 = [0.2 0.2 ]; % Skalierungsfaktor Vertrauen, Anpassung an NFirm<br />

notwendig<br />

SpielA2 = [4 2; 5 3]; % Spielmatrix für Firma A (<strong>Information</strong>stransferdilemma)<br />

SpielB2 = [4 2; 5 3]; % Spielmatrix für Firma B<br />

TransW2 = zeros(NFirm,NFirm); % Anzahl der bisherigen Kooperationen auf<br />

Null setzen<br />

Likeli2 = zeros(NFirm,NFirm); % Likelihoods für Bayes Update auf Null<br />

setzen<br />

PPapprox2 = [0.25 0.25; 0.5 0.5; 0.25 0.25]; % Geschätzte Spielwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

der Strategien<br />

der anderen Allianz<br />

(Gleichverteilung)<br />

% *** Lade die aktuellen Paramterwerte für alle Spieler <strong>in</strong> diesem Trial<br />

***<br />

[zeit, zeital, Grundvertrauen, f, ver, zeit2, zeital2, Grundvertrauen2,<br />

f2, ver2] = Parameter(tr);<br />

% *** Allgeme<strong>in</strong>e Eigenschaften für alle Spieler ***<br />

Schatz = [0 0 0 0]; % Startwert zum Schätzen für das Marktvolumen<br />

Real = [0 0 0 0]; % Startwert für das reale Marktvolumen<br />

A = [0.6 0.6 0.6 0.6]; % Anpassungsparameter für Exponentielle Glättung.<br />

Je kle<strong>in</strong>er desto rascher<br />

% Lege das Marktvolumen fest<br />

markt = 8;<br />

% *** Initialisiere History Variablen von e<strong>in</strong>em Trial ***<br />

htrans = []; % Speichert die Transfers: 1 Transfer, 0 ke<strong>in</strong> Transfer<br />

htrans2 = [];<br />

hfehler = []; % Speichert die Fehler: 1 Fehler, 0 ke<strong>in</strong> Fehler<br />

hp = []; % Speichert die subjektiven Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

hp2 =[];<br />

hergebnis = []; % Speichert die Auszahlung<br />

hergkum = []; % Speichert die kumulierten Auszahlungen<br />

hlikeli = []; % Speichert die Likelihoods<br />

hpkoop =[]; % Speichert die aktualisierte Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

hmarktap = []; % Speichert das approximierte Marktvolumen<br />

hergebnisal = []; % Speichert die Ergebnisse der Allianzen<br />

hgesamtgew = []; % Speichert den Gesamtgew<strong>in</strong>n der Spieler: Summe aus<br />

Ergebnis der Kooperation (ergebnis) und Marktgew<strong>in</strong>n<br />

für Allianz 1<br />

hgesamtgew2 = []; % Speichert den Gesamtgew<strong>in</strong>n der<br />

Spieler: Summe aus Ergebnis der Kooperation (ergebnis)<br />

und Marktgew<strong>in</strong>n für Allianz 2<br />

hgew<strong>in</strong>n =[]; % Speichert den Gew<strong>in</strong>n der Allianzen<br />

hppapprox =[]; % Speichert die geschätzten Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der<br />

Allianzstrategien<br />

hk =[]; % Speichert die K im Zeitverlauf<br />

he=[]; % Speicher die E im Zeitverlauf<br />

hpgesamt=[]; % Speichert alle subjektiven Kooperationswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten


Anhang Seite 267<br />

% *** Anzahl der Perioden pr ***<br />

for pr = 1:t<br />

[p] = Vertrauen(Grundvertrauen, k, e, sv);<br />

[p2] = Vertrauen(Grundvertrauen2, k2, e2, sv2);<br />

Marktap = Marktapprox(Schatz, Real, A);<br />

markt1 = Marktap(1,1:2);<br />

markt2 = Marktap(1,3:4);<br />

if pr > 1 % Rufe die Funktion Likelihoods nicht <strong>in</strong> der ersten Periode<br />

auf<br />

[Likeli, TransW] = Likelihoods(pr, htrans, zeit);<br />

[Likeli2, TransW2] = Likelihoods(pr, htrans2, zeit2);<br />

[PPapprox] = Wahrapprox(hergebnisal, zeital, pr, 2); % letzter<br />

Parameter gibt an welche Spalte betrachtet wird (immer die andere)<br />

[PPapprox2] = Wahrapprox(hergebnisal, zeital2, pr, 1);<br />

end<br />

[Transfer, Fehler, PKoop] = Entscheidung3(ver, pr, p, f, SpielA,<br />

SpielB, Likeli, markt1, PPapprox);<br />

[Transfer2, Fehler2, PKoop2] = Entscheidung3(ver2, pr, p2, f2,<br />

SpielA2, SpielB2, Likeli2, markt2, PPapprox2);<br />

[ergebnis] = Ergebnis(Transfer, SpielA, SpielB);<br />

[ergebnis2] = Ergebnis(Transfer2, SpielA2, SpielB2);<br />

ergebnisal = [sum(ergebnis),sum(ergebnis2)]; % Berechne das Ergebnis<br />

der beiden Allianzen<br />

[Gew<strong>in</strong>nal] = Gew<strong>in</strong>n(ergebnisal, markt);<br />

% *** ExPost *********************************************<br />

% History Felder befüllen<br />

htrans = [htrans; Transfer];<br />

htrans2 =[htrans2; Transfer2];<br />

hfehler = [hfehler; Fehler, Fehler2];<br />

hp = [hp; p];<br />

hp2 =[hp2;p2];<br />

hergebnis = [hergebnis; ergebnis, ergebnis2];<br />

hgew<strong>in</strong>n = [hgew<strong>in</strong>n; Gew<strong>in</strong>nal];<br />

hgesamtgew = [hgesamtgew; ergebnis(1,:)+Gew<strong>in</strong>nal(1)/2];<br />

hgesamtgew2 = [hgesamtgew2; ergebnis2(1,:)+Gew<strong>in</strong>nal(2)/2];<br />

hergkum = [hergkum; sum(hgesamtgew, 1), sum(hgesamtgew2,1)];<br />

hlikeli = [hlikeli; Likeli, Likeli2];<br />

hpkoop =[hpkoop; PKoop, PKoop2];<br />

hmarktap = [hmarktap; Marktap];<br />

hergebnisal = [hergebnisal; ergebnisal];<br />

hppapprox = [hppapprox; PPapprox, PPapprox2];<br />

hpgesamt = [hpgesamt; p, p2];<br />

% *** Anpassung Parameter ***<br />

% Adaptiere Vetrauen<br />

for j = 1:NFirm<br />

if Transfer(j) == 0<br />

k(j) = max(k(j)-1,0);<br />

else<br />

k(j) = k(j)+1;<br />

end<br />

end


Anhang Seite 268<br />

end<br />

for j = 1:NFirm % Setze e auf 1 wenn ich <strong>in</strong> dieser Periode kooperiert<br />

habe<br />

if Transfer(j) == 0<br />

e(j) = 0;<br />

else<br />

e(j) = 1;<br />

end<br />

end<br />

for j = 1:NFirm<br />

if Transfer2(j) == 0<br />

k2(j) = max(k2(j)-1,0);<br />

else<br />

k2(j) = k2(j)+1;<br />

end<br />

end<br />

for j = 1:NFirm % Setze e auf 1 wenn ich <strong>in</strong> dieser Periode kooperiert<br />

habe<br />

if Transfer2(j) == 0<br />

e2(j) = 0;<br />

else<br />

e2(j) = 1;<br />

end<br />

end<br />

hk=[hk;k,k2];<br />

he= [he; e, e2];<br />

% Anpassung Markt<br />

Schatz = Marktap;<br />

Real = markt;<br />

% *** Ausgaben am Ende des Simulationslaufes ***<br />

tr % Trialnummer<br />

Spielergew<strong>in</strong>n = sum(hergebnis); % Berechne das kumulierte Endergebnis<br />

für die Spieler <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Allianz über alle<br />

Perioden<br />

Allianzgew<strong>in</strong>n_markt = sum(hgew<strong>in</strong>n,1); % Berechne den gesamten Marktgew<strong>in</strong>n<br />

des Spieles für beide<br />

Allianzen<br />

Gesamtgew<strong>in</strong>n = hergkum(t,:); % Berechne den kumulierten Gesamtgew<strong>in</strong>n<br />

e<strong>in</strong>es Spielers am<br />

Ende des Trials<br />

Fehleranzahl = sum(hfehler); % Berechne die kumulierten<br />

Fehler der Spieler <strong>in</strong> diesem<br />

Trial<br />

% *** Speichere die Resultate des Trials ***<br />

% Speichere die Parameter des aktuellen Trials<br />

a = sum(htrans(:,:));<br />

b = sum(htrans2(:,:));<br />

summ<strong>in</strong>fotrans = (sum(a)+sum(b)); % berechne die Gesamtsumme der transferierten<br />

<strong>Information</strong> (Maximum 1600 je Trial)<br />

% Berechne die Dummy Variablen für "Strategie" und "Grundvertrauen"<br />

% Strategie


Anhang Seite 269<br />

end<br />

if ver(1,1) == 1<br />

Dstrat2(:,1) = 1;<br />

else<br />

Dstrat2(:,1) = 0;<br />

end<br />

if ver(1,2) == 1<br />

Dstrat2(:,2) = 1;<br />

else<br />

Dstrat2(:,2) = 0;<br />

end<br />

if ver2(1,1) == 1<br />

Dstrat1(:,1) = 1;<br />

else<br />

Dstrat1(:,1) = 0;<br />

end<br />

if ver2(1,2) == 1<br />

Dstrat1(:,2) = 1;<br />

else<br />

Dstrat1(:,2) = 0;<br />

end<br />

% Grundvertrauen<br />

if Grundvertrauen(1,1) >= 0.65<br />

DV2(:,1) = 1;<br />

else<br />

DV2(:,1) = 0;<br />

end<br />

if Grundvertrauen(1,2) >= 0.65<br />

DV2(:,2) = 1;<br />

else<br />

DV2(:,2) = 0;<br />

end<br />

if Grundvertrauen2(1,1) >= 0.65<br />

DV1(:,1) = 1;<br />

else<br />

DV1(:,1) = 0;<br />

end<br />

if Grundvertrauen2(1,2) >= 0.65<br />

DV1(:,2) = 1;<br />

else<br />

DV1(:,2) = 0;<br />

end<br />

% Bilde e<strong>in</strong>e History-Matrize mit allen wichtigen Daten e<strong>in</strong>es Trials<br />

history = [history; Spielergew<strong>in</strong>n, Allianzgew<strong>in</strong>n_markt, Gesamtgew<strong>in</strong>n,<br />

Fehleranzahl, zeit, zeit2, zeital, zeital2, Grundvertrauen, Grundvertrauen2,<br />

f, f2, ver, ver2, a, b, summ<strong>in</strong>fotrans, markt, Dstrat1,<br />

Dstrat2, DV1, DV2];<br />

% Umformung der History-Matrize auf das gewünschte Ausgabeformat


Anhang Seite 270<br />

% markt, Gw<strong>in</strong>nSP, Infotrans, Pged, AlGed, GV, Strat, Pstrat, GAlStrat,<br />

PPged, GPged1, GPged2, PAlGed, GAlGed1, GAalGed2, PGV, GGV1, GGV2, GStra1,<br />

GStra2, SumInfo, DumStra1, DumStra2, DumGV1, DumGV2<br />

ausgabe = [history(:, 40), history(:, 7), history(:, 35), history(:,<br />

15),history(:, 19), history(:, 23), history(:, 31),history(:,<br />

32), (history(:, 33)+ history(:, 34)),history(:, 16),history(:,<br />

17), history(:, 18),history(:, 20),history(:, 21),history(:,<br />

22),history(:, 24),history(:, 25),history(:, 26),history(:,<br />

33),history(:, 34), history(:,39), history(:, 41), history(:,<br />

42), history(:, 45), history(:, 46);<br />

history(:, 40), history(:, 8), history(:, 36) ,history(:,<br />

16),history(:, 20), history(:, 24), history(:, 32),history(:,<br />

31), (history(:, 33)+ history(:, 34)),history(:, 15),history(:,<br />

18), history(:, 17),history(:, 19),history(:, 22),history(:,<br />

21),history(:, 23),history(:, 26),history(:, 25),history(:,<br />

34),history(:, 33), history(:,39), history(:, 41), history(:,<br />

42), history(:, 45), history(:, 46);<br />

history(:, 40), history(:, 9), history(:, 37) ,history(:,<br />

17),history(:, 21), history(:, 25), history(:, 33),history(:,<br />

34), (history(:, 31)+ history(:, 32)),history(:, 18),history(:,<br />

16), history(:, 15),history(:, 22),history(:, 20),history(:,<br />

19),history(:, 26),history(:, 24),history(:, 23),history(:,<br />

32),history(:, 31), history(:,39), history(:, 43), history(:,<br />

44), history(:, 47), history(:, 48);<br />

history(:, 40), history(:, 10), history(:, 38), history(:,<br />

18),history(:, 22), history(:, 26), history(:, 34),history(:,<br />

33), (history(:, 31)+ history(:, 32)),history(:, 17),history(:,<br />

15), history(:, 16),history(:, 21),history(:, 19),history(:,<br />

20),history(:, 25),history(:, 23),history(:, 24),history(:,<br />

31),history(:, 32), history(:,39), history(:, 43), history(:,<br />

44), history(:, 47), history(:, 48)];<br />

sum(history(:, 7:10),1)<br />

dlmwrite('historyn m = 8', history);<br />

dlmwrite('ausgaben m = 8', ausgabe);


Anhang Seite 271<br />

8.1.2 Funktion Parameter<br />

function [zeit1, zeital1, ver1, f1, strat1, zeit2, zeital2, ver2, f2,<br />

strat2] = Parameter(tr);<br />

% Funktion liefert die Parameter für den aktuellen Trial<br />

% tr: Enthält den aktuellen Trial<br />

global NFirm<br />

parameter = [<br />

400 400 400 400 400 400 400 400 0.8 0.8 0.8 0.8 0<br />

0 0 0 1 1 1 1 ;<br />

40 40 40 40 40 40 40 40 0.8 0.8 0.8 0.8 0<br />

0 0 0 1 1 1 1 ;<br />

400 400 40 40 400 400 40 40 0.8 0.8 0.8 0.8 0<br />

0 0 0 1 1 1 1 ;<br />

50 50 40 40 50 50 40 40 0.8 0.8 0.8 0.8 0<br />

0 0 0 1 1 1 1 ;<br />

.....<br />

.....<br />

.....<br />

];<br />

% *** Allianz 1 ***<br />

zeit1 = parameter(tr, 1:2); % Gedächtnistiefe Partner Pi<br />

zeital1 = parameter(tr, 5:6); % Gedächtnistiefe gegnerische Allianz Ai<br />

ver1 = parameter(tr, 9:10); % Grundvertrauen Vi<br />

f1 = parameter(tr, 13:14); % Fehlerquote Fi<br />

strat1 = parameter(tr, 17:18); % Strategietyp Si<br />

% *** Allianz 2 ***<br />

zeit2 = parameter(tr, 3:4); % Gedächtnistiefe Partner Pi<br />

zeital2 = parameter(tr, 7:8); % Gedächtnistiefe gegnerische Allianz Ai<br />

ver2 = parameter(tr, 11:12); % Grundvertrauen Vi<br />

f2 = parameter(tr, 15:16); % Fehlerquote Fi<br />

strat2 = parameter(tr, 19:20); % Strategietyp Si


Anhang Seite 272<br />

8.1.3 Funktion Vertrauen<br />

function [Ver] = Vertrauen(Grundvertrauen, k, e, sv);<br />

% Funktion berechnet die subjektive Kooperationserwartung der e<strong>in</strong>zelnen<br />

% Spieler gegenüber dem eigenen Partner vt,i<br />

% Grundvertrauen: Basis-Kooperationserwartung e<strong>in</strong>er jeden Firma Vi<br />

% k: Anzahl der bisherigen Kooperationen von den e<strong>in</strong>zelnen Firmen<br />

% e: gibt an ob Spieler selber <strong>in</strong> der letzten Periode kooperiert habe<br />

% sv: Skalierungsfaktor<br />

global NFirm<br />

Ver = ones(NFirm, NFirm);<br />

z= zeros(NFirm, NFirm);<br />

for i = 1:NFirm<br />

z(:,i) = 1-(((k'+e(i))*sv(i)+1).^-1);<br />

end<br />

x = (1-Grundvertrauen);<br />

for i = 1:NFirm<br />

Ver(:,i) = x(1, i) .* z(:,i) + Grundvertrauen(1,i);<br />

end


Anhang Seite 273<br />

8.1.4 Funktion Marktapproximation<br />

function [mav] = Marktapprox(schatz, real, a);<br />

% Funktion schätzt das aktuelle Marktvolumen aus Sicht der Firmen<br />

% Exponentielles Glätten<br />

% schatz: ist der letzte Schätzwert für den Markt<br />

% real: ist der realisierte Gew<strong>in</strong>n <strong>in</strong> der letzten Periode<br />

% a: ist die Gewichtung des Schätzwertes<br />

global NFirm<br />

mav=a.*schatz+(1-a).*real; % Schätze das Marktvolumen mittels exponentieller<br />

Glättung


Anhang Seite 274<br />

8.1.5 Funktion Likelihoods<br />

function [likeli, transw] = Likelihoods(t, htran, zeit);<br />

% Berechnet die Likelihoods <strong>in</strong> Abhängigkeit vom eigenen <strong>Information</strong>stransfer<br />

% Standard Prozedur<br />

global NFirm<br />

likeli = zeros(NFirm,NFirm);<br />

transw = zeros(NFirm,NFirm);<br />

if t zeit(2)<br />

anzkoop(2) = sum(htran(t-zeit(2):t-1,2),1);<br />

else<br />

anzkoop(2) = sum(htran(:,2),1);<br />

end<br />

anznichtkoop = (zeit)-anzkoop;


Anhang Seite 275<br />

if anzkoop(1) >=1<br />

likeli(1,1) = transw(1,1)./anzkoop(1); % Berechne die Likelihoods für<br />

die Kooperation<br />

end<br />

if anzkoop(2) >=1<br />

likeli(1,2) = transw(1,2)./anzkoop(2); % Berechne die Likelihoods für<br />

die Kooperation<br />

end<br />

if anznichtkoop(1) >=1<br />

likeli(2,1) = transw(2,1)./anznichtkoop(1); % Berechne die Likelihoods<br />

end<br />

if anznichtkoop(2) >=1<br />

likeli(2,2) = transw(2,2)./anznichtkoop(2); % Berechne die Likelihoods<br />

end


Anhang Seite 276<br />

8.1.6 Funktion Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsapproximation<br />

function [pp] = Wahrapprox(hergeb, zeit, t, j);<br />

% Funktion schätzt die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der Strategie der anderen Allianz<br />

% hergeb: historische Daten über den bisherigen Spielverlauf<br />

% zeit: gibt <strong>in</strong> welchem Zeitfenster die Spieler zurück schätzen<br />

% t: aktuelle Periode<br />

% J: gibt an um welche Allianz es sich handelt<br />

global NFirm<br />

pp = zeros(3, NFirm);<br />

if t


Anhang Seite 277<br />

8.1.7 Funktion Entscheidung<br />

function [trans, fehler, pkoop] = Entscheidung3(ver, pr, p, f, SpielA,<br />

SpielB, likeli, markt, ppaprox);<br />

% Berechnet die Entscheidungsmatrix und entscheidet welche <strong>Information</strong>en<br />

welche Firma transferiert<br />

% p: subjektive Kooperationserwartung der anderen Firma<br />

% f: Fehlerwahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass Spieler i e<strong>in</strong>e falsche Strategie spielt<br />

% SpielA: Spielmatrix von Firma A<br />

% SpielB: Spielmatrix von Firma B<br />

% likeli: Likelihoods der e<strong>in</strong>zelnen Spieler<br />

% markt: geschätztes Marktvolumen<br />

% ppaprox: Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten der gegnerischen Allianzstrategien<br />

% ver: Grenzwert ab dem e<strong>in</strong>e Vertrauensstrategie gespielt wird<br />

global NFirm<br />

fehler =[];<br />

p(1:3:4) =[];<br />

for i = 1:NFirm<br />

pkoop(1,i) = p(i)*likeli(1,i)+(1-p(i))*likeli(2,i); % Berechnet die aktualisierteWahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

end<br />

l<strong>in</strong>ks1 =<br />

pkoop(1,1)*((ppaprox(2,1)*markt(1))/4+(markt(1)*ppaprox(1,1))/2)+markt(1)*(<br />

1-ppaprox(1,1))/4;<br />

rechts1 = markt(1)*pkoop(1,1)/4+1;<br />

l<strong>in</strong>ks2 =<br />

pkoop(1,2)*((ppaprox(2,2)*markt(2))/4+(markt(2)*ppaprox(1,2))/2)+markt(2)*(<br />

1-ppaprox(1,2))/4;<br />

rechts2 = markt(2)*pkoop(1,2)/4+1;<br />

% *** 1. Allianz ***<br />

if pkoop(1,1) >= ver(1,1) % Spieler wendet Vertrauenskalkül an, sobald<br />

Grenzwert überschritten wird<br />

trans(1)=1;<br />

if rand = rechts1<br />

trans(1)=1;<br />

if rand


Anhang Seite 278<br />

end<br />

end<br />

if rand = ver(1,2) % Spieler wendet Vertrauenskalkül an, sobald<br />

Grenzwert überschritten wird<br />

trans(2)=1;<br />

if rand = rechts2<br />

trans(2)=1;<br />

if rand


Anhang Seite 279<br />

8.1.8 Funktion Ergebnis<br />

function [erg] = Ergebnis(Transfer, spielA, spielB);<br />

% Funktion berechnet das Ergebnis der Entscheidungen für die Spieler<br />

% Transfer: enthält die realisierten Strategien der Spieler<br />

% spielA: enthält die Auszahlungsmatrix von A<br />

% spielB: enthält die Auszahlungsmatrix von B<br />

global NFirm<br />

for i = 1:NFirm % Kodiere die Transfermatrix <strong>in</strong> den Matrix<strong>in</strong>dex der<br />

Spielmatrix um<br />

if Transfer(:,i) == 0<br />

transf(i) = 2;<br />

else<br />

transf(i) = 1;<br />

end<br />

end<br />

erg(1) = spielA(transf(1), transf(2));<br />

erg(2) = spielB(transf(2), transf(1));


Anhang Seite 280<br />

8.1.9 Funktion Gew<strong>in</strong>n<br />

function [gew<strong>in</strong>n] = Gew<strong>in</strong>n(ergebnisal, m);<br />

% Funktion berechnet den aktuellen Gew<strong>in</strong>n, aufgrund der Allianzperformance<br />

% ergebnisal: enthält die Allianzperformance der beiden Allianzen<br />

% m: ist das aktuelle Marktvolumen, welches aufgeteilt wird<br />

global NFirm<br />

gew<strong>in</strong>n = zeros(1:NFirm);<br />

if ergebnisal(1) == ergebnisal(2)<br />

gew<strong>in</strong>n(1,:)=m/2; % Jede Allianz erhält die Hälfte des Marktes bei<br />

gleicher Allianzperformance<br />

else<br />

if ergebnisal(1) >= ergebnisal(2)<br />

gew<strong>in</strong>n(1)=m; % Die siegreiche Alliant 1 erhält den gesamten<br />

Markt<br />

gew<strong>in</strong>n(2)=0;<br />

else<br />

gew<strong>in</strong>n(2)=m; % Die siegreiche Alliant 2 erhält den gesamten<br />

Markt<br />

gew<strong>in</strong>n(1)=0;<br />

end<br />

end


Vertrauen<br />

homogen<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

gleich<br />

verschieden<br />

gleich<br />

verschieden<br />

homogen / <strong>in</strong>homogen<br />

gleich<br />

Allianzgedächtnis<br />

homogen <strong>in</strong>homogen<br />

verschieden gleich<br />

verschieden<br />

hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch<br />

400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370<br />

hoch homogen homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.8, 0.8 gleich gleich verschieden verschieden verschieden gleich gleich gleich verschieden verschieden verschieden<br />

0.8, 0.8 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch<br />

400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370<br />

niedrig homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen / <strong>in</strong>homogen<br />

0.2, 0.2 gleich verschieden verschieden verschieden gleich gleich gleich verschieden verschieden verschieden hoch<br />

0.2, 0.2 niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40<br />

40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370<br />

hoch / niedrig homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen /<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

homogen / <strong>in</strong>homogen<br />

0.8, 0.8 verschieden verschieden verschieden gleich gleich gleich verschieden verschieden verschieden hoch niedrig<br />

0.2, 0.2 hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40<br />

400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370<br />

niedrig homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen / homogen / homogen<br />

<strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.3, 0.3 verschieden verschieden gleich gleich gleich verschieden verschieden verschieden hoch niedrig gleich<br />

0.2, 0.2 niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch<br />

50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400<br />

hoch homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen / <strong>in</strong>homogen homogen /<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

homogen homogen<br />

0.8, 0.8 verschieden gleich gleich gleich verschieden verschieden verschieden hoch niedrig gleich gleich<br />

0.7, 0.7 hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig<br />

400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40<br />

hoch / niedrig <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen /<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

homogen / <strong>in</strong>homogen homogen homogen homogen<br />

0.8, 0.2 gleich gleich gleich verschieden verschieden verschieden hoch niedrig gleich gleich verschieden<br />

0.8, 0.2 hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig<br />

400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40<br />

niedrig <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen / homogen / homogen homogen homogen homogen<br />

<strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.25, 0.2 gleich gleich verschieden verschieden verschieden hoch niedrig gleich gleich verschieden verschieden<br />

0.25, 0.2 niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig<br />

50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40<br />

hoch<br />

<strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen / <strong>in</strong>homogen homogen /<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

homogen homogen homogen homogen homogen<br />

0.8, 0.75 gleich verschieden verschieden verschieden hoch niedrig gleich gleich verschieden verschieden verschieden<br />

0.8, 0.75 hoch hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch<br />

400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390<br />

hoch / niedrig <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen /<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

homogen / <strong>in</strong>homogen homogen homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.8, 0.2 verschieden verschieden verschieden hoch niedrig gleich gleich verschieden verschieden verschieden gleich<br />

0.7, 0.1 hoch / niedrig niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig<br />

400 40, 300 30 60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40<br />

niedrig <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen homogen / homogen / homogen homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

<strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.3, 0.25 verschieden verschieden hoch niedrig gleich gleich verschieden verschieden verschieden gleich gleich<br />

0.2, 0.15 niedrig hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig<br />

60 50, 40 30 400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40<br />

hoch<br />

<strong>in</strong>homogen homogen / <strong>in</strong>homogen homogen /<br />

<strong>in</strong>homogen<br />

homogen homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.8, 0.75 verschieden hoch niedrig gleich gleich verschieden verschieden verschieden gleich gleich gleich<br />

0.7, 0.65 hoch 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch<br />

400 390, 380 370 400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390<br />

hoch homogen / <strong>in</strong>homogen homogen / <strong>in</strong>homogen homogen homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.8, 0.8 hoch niedrig gleich gleich verschieden verschieden verschieden gleich gleich gleich verschieden<br />

0.8, 0.2 400 400, 400 40 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig<br />

400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30<br />

niedrig homogen / <strong>in</strong>homogen homogen homogen homogen homogen homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen <strong>in</strong>homogen<br />

0.2, 0.2 niedrig gleich gleich verschieden verschieden verschieden gleich gleich gleich verschieden verschieden<br />

0.8, 0.2 40 40, 400 40 hoch niedrig hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig hoch hoch / niedrig niedrig<br />

400 400, 400 400 40 40, 40 40 400 400, 40 40 50 50, 40 40 400 400, 390 390 400 40, 400 40 50 40, 50 40 400 390, 400 390 400 40, 300 30 60 50, 40 30<br />

Partner Gedächtnis<br />

8.2 Anhang 2: Lat<strong>in</strong> Square<br />

Unternehmensübergreifender <strong>Information</strong>saustausch Seite 281

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