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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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1 Einführung*<br />

Vom Gegensatz zwischen Branchen- und <strong>Kunden</strong>bild der ÖPNV-Branche<br />

7<br />

Größer könnten die Gegensätze kaum sein. Die Branche Öffentlicher Verkehr einerseits: Sie<br />

präsentiert sich als <strong>Mobilitätsdienstleister</strong>. In internen Unternehmensleitlinien wie auch bei<br />

öffentlichen Auftritten stehen die <strong>Kunden</strong>orientierung und der Dienstleistungsansatz an erster<br />

Stelle. So formuliert die Üstra in Hannover, eines der fortschrittlichsten deutschen kommunalen<br />

Nahverkehrsunternehmen, in ihrem Managementhandbuch die „ÜstraVision“: „Wir<br />

sind beispielgebende <strong>Mobilitätsdienstleister</strong>“, auf ihrer homepage wirbt sie mit dem „individuellen<br />

Nahverkehr mit Bussen und Bahn“. 1 Deutschlands größtes kommunales Verkehrsunternehmen,<br />

die Berliner Verkehrsbetriebe BVG, stellt in seinem Qualitätsmanagement-<br />

Handbuch heraus: „Unsere Unternehmensziele sind <strong>Kunden</strong>zufriedenheit und Wirtschaftlichkeit<br />

– unser Angebot: Qualität“ (BVG 2001). Auch das Bundesverkehrsministerium<br />

bescheinigt den deutschen ÖPNV-Unternehmen ein <strong>im</strong> internationalen Vergleich hohes<br />

Qualitätsniveau (BMVBW 2000: 6); <strong>Kunden</strong>orientierung sollte darin, so ist zu vermuten, eingeschlossen<br />

sein.<br />

Die vermutlich früheste und prominenteste Darstellung dieses Selbstverständnisses findet<br />

sich in der programmatischen Schrift des Branchenverbands VDV zu seinem 100-jährigen<br />

Bestehen „Unser Fahrplan für die Zukunft“. Dort wird als erster Leitsatz das Ziel formuliert:<br />

“Wir wollen unsere Unternehmen zu echten Mobilitäts-Dienstleistern […] weiterentwickeln“<br />

(VDV 1995: 1).<br />

Andererseits die <strong>Kunden</strong>: Diese bewerten den öffentlichen Verkehr völlig entgegengesetzt<br />

zum Selbstbild der Branche. Bei ihnen hat er ein miserables Image. Im deutschen <strong>Kunden</strong>monitor<br />

rangiert der ÖPNV – zusammen mit dem Bahnfernverkehr – seit etlichen Jahren auf<br />

den letzten Plätzen der 42 untersuchten Branchen (vgl. EMNID 2000). Der ÖPNV schneidet<br />

damit noch schlechter ab als die Öffentliche Verwaltung. Er teilt diese Schlusslicht-Position in<br />

der <strong>Kunden</strong>bewertung mit anderen „Staatsbetrieben“, mit der Post, den Telefongesellschaften,<br />

den Stromversorgern und der Abfallbranche. Die Automobilbranche und das zugehörige<br />

Umfeld belegen dagegen die vorderen Plätze. Auch <strong>im</strong> Kriterium „Preis-/Leistungsverhältnis“<br />

liegt der ÖPNV auf dem letzten Platz. Das ernüchternde Ergebnis lässt Zweifel aufkommen,<br />

ob die Bundesregierung für ihre ÖPNV-Qualitätsoffensive wirksame Ansätze<br />

gewählt hat (vgl. BMVBW 2000: 5).<br />

Zu einem für die Branche ähnlich kritischen Ergebnis kommt auch die <strong>im</strong> Auftrag des Branchenverbands<br />

VDV seit 1978 <strong>im</strong> 2-Jahres-Rhythmus von der GfK-Marktforschung erhobene<br />

Repräsentativbefragung, die die Einstellung der Bevölkerung gegenüber dem ÖPNV <strong>im</strong> Allgemeinen<br />

und zu Einzelfragen ermittelt (vgl. VDV 2002b: 9). Rund ein Viertel der Befragten<br />

ist <strong>im</strong> Jahr 2002 mit dem Leistungsangebot unzufrieden, 1991 waren es nur 21%. Die<br />

* Diese Arbeit entstand <strong>im</strong> Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes „Lasten- und Pflichtenheft<br />

für einen zukunftsfähigen öffentlichen Verkehr: Neue Produkte und Produktionsformen in einem<br />

wettbewerblichen Umfeld“.<br />

Ich danke der Kollegin und den Kollegen der Projektgruppe Mobilität für die intensiven Diskussionen<br />

sowie Frau Dr. Arnhold für die Zusammenarbeit in der Praxis.<br />

1 Unter der Überschrift: „Ihr Weg ist unser Ziel – Individueller Nahverkehr“ wirbt die üstra damit „die<br />

Wünsche unserer <strong>Kunden</strong> zu erfüllen. […] individueller Rundum-Service […]. Natürlich mit Bussen<br />

und Bahnen, […]. Öffentlicher Nahverkehr ist <strong>im</strong>mer auch ein individueller Service für unsere <strong>Kunden</strong>,<br />

tagtäglich, rund um die Uhr.“ http://www.uestra.de/16.php

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