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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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Damit werden nicht die Zufriedenheit, sondern vorrangig die Präferenzen sowie Verhaltensabsicht<br />

der <strong>Kunden</strong> ermittelt. Ziel dekompositioneller Ansätze ist es, herauszukristallisieren,<br />

welche Merkmale als wesentlich für die Entscheidung des <strong>Kunden</strong> angesehen werden können.<br />

Nicht individuelle, sondern die für die Gesamtheit der <strong>Kunden</strong> signifikanten entscheidungsrelevanten<br />

Präferenzen sind ausschlaggebend. Als dekompositioneller Ansatz wird<br />

hauptsächlich die Conjoint-Analyse – aber erst mit Beginn der 90er Jahre – in der Marktforschung<br />

des ÖPNV angewendet (vgl. Bogner 2001: 333), weshalb sie an dieser Stelle<br />

genauer dargestellt werden soll.<br />

Die Conjoint Analysis bzw. Conjoint-Measurement-Analysis 47 ist mit den Worten Backhaus'<br />

et al. „ein Verfahren, das auf Basis empirisch erhobener Gesamtnutzenwerte versucht,<br />

den Beitrag der einzelnen Komponenten zum Gesamtnutzen zu ermitteln“ (Backhaus et al.<br />

1990: 345f.). Bei diesem Ansatz wird von einem nutzenorientierten und rationalen Entscheidungsverhalten<br />

des einzelnen Menschen ausgegangen. Eine Kaufentscheidung ist abhängig<br />

von den damit verbundenen „individuelle(n) Nutzenvorstellung(en)“ (ebd. 1990: 347) des<br />

<strong>Kunden</strong>.<br />

Dem Verfahren nach entscheidet der Untersucher, welche Merkmalsausprägungen auf ihre<br />

Wirksamkeit für den Gesamtnutzen hin zu analysieren sind. Dies heißt, dass Entscheidungssituationen<br />

mit unterschiedlich kombinierten Merkmalsausprägungen durch den <strong>Kunden</strong><br />

nach dessen individuellem Nutzen einem Ranking unterzogen werden. In einem zweiten<br />

Schritt werden diese Merkmalsausprägungen mannigfaltig miteinander kombiniert und verschiedenen<br />

Entscheidungssituationen zugewiesen. Anschließend bewertet der Kunde diese<br />

ihm vorgelegten einzelnen Entscheidungssituationen und bringt diese in eine nutzenabhängige<br />

Rangordnung. Aus den unterschiedlich ausgeprägten Entscheidungssituationen ergibt<br />

sich ein Gesamtnutzen, von dem auf den Teilnutzen einzelner Eigenschaften zurückgeschlossen<br />

wird. Für den ÖPNV konkretisiert könnten die Merkmalsausprägungen folgendermaßen<br />

lauten: 7-Minuten-Takt; Betriebszeit 4:30 – 2 h; Fahrpreis 2,30 €, in kl<strong>im</strong>atisiertem Bus.<br />

Hieraus ergeben sich 256 unterschiedliche Entscheidungssituationen, die zu beurteilen wären.<br />

Schon eine geringe Anzahl an Merkmalsausprägungen führt zu exponentiell ansteigenden<br />

Entscheidungssituationen, die von den Befragten nicht zu bewältigen sind, weshalb die Vielzahl<br />

auf methodisch unterschiedliche Weise reduziert wird. Alternativ dazu kann mit einem<br />

unvollständigen Erhebungsdesign und in einem ersten Schritt eine grobe und anschließend<br />

eine feinere Klassifizierung der Merkmalsausprägungen anberaumt werden (Profil-Analyse).<br />

Bei der „Paarvergleich-Abfrage“ werden nur zwei Merkmalsmodelle gegeneinander abgewogen.<br />

Axhausen und Sammer bemängeln die begrenzte und damit unrealistische Anzahl der vorgegebenen<br />

Merkmalspakete, weil damit „mögliche Verhaltensreaktionen ausgeblendet werden“<br />

(Axhausen/Sammer 2001: 277). Darüber hinausgehend betonen die Autoren, wie maßgeblich<br />

für den Erfolg einer derartigen Befragung es sei, dass die Befragten „davon ausgehen<br />

können, dass ihre Antworten den Entwurfs- und Entscheidungsprozess noch beeinflussen<br />

können“ denn nur so werden die Fragen wahrheitsgemäß beantwortet (ebd. 2001: 277).<br />

Die Conjoint-Analyse ist geeignet dafür, unter bereits bekannten Dienstleistungsangeboten<br />

mit bekannten Merkmalen, wie beispielsweise Straßenbahnen und Linienbussen auszuwählen.<br />

Werden dem <strong>Kunden</strong> aber unbekannte und möglicherweise innovative Dienstleistungen<br />

wie Carsharing-Angebote oder Anruf-Sammeltaxi zur Auswahl gestellt, bedarf es einer<br />

„Lernphase“, in der sich der Befragte mit den bisher unbekannten Eigenschaften erst vertraut<br />

47 Axhausen und Sammer (2001: 274) machen darauf aufmerksam, dass die Bezeichnung „Conjoint<br />

Analysis“ <strong>im</strong> deutschsprachigen Raum verwendet wird, dagegen <strong>im</strong> Englischen hierfür von „stated<br />

responses“ die Rede ist.

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