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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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„Anwendung des Silent Shoppings <strong>im</strong> ÖV<br />

64<br />

Die Zeus GmbH “wendet das Silent-Shopping-Verfahren <strong>im</strong> ÖPNV an. Für die Durchführung<br />

müssen zunächst relevante Indikatoren zur Erfassung der Dienstleistungsqualität mit dem Auftraggeber<br />

abgest<strong>im</strong>mt werden. Diese können entweder vom Auftraggeber vorgegeben werden,<br />

oder es kann auf den Item-Pool des ausführenden Unternehmens zurückgegriffen werden, der<br />

sich bereits in verschiedenen Studien bewährt hat. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in<br />

Focus-Groups gemeinsam mit Vertretern des Unternehmens und Fahrgästen Qualitätskriterien<br />

zu ermitteln. Wie Schnippe [31] zeigte, st<strong>im</strong>men als wichtig erachtete Qualitätskriterien von<br />

Vertretern des Unternehmens nicht unbedingt mit denen der <strong>Kunden</strong> überein, sodass es sinnvoll<br />

erscheint, beide Gruppen an diesem Prozess zu beteiligen. Aus den so gewonnen Indikatoren<br />

wird ein standardisierter Beobachtungskatalog entwickelt, der anhand von Pretests überprüft<br />

wird.<br />

Als nächstes werden standardisierte Nachfragersituationen erarbeitet. Für jede zu überprüfende<br />

Situation wird festgelegt, wann und wo sie stattfindet, welches Anliegen der Silent Shopper<br />

hat und wie er es vorträgt. Auf Wunsch spielen die Silent Shopper unterschiedliche <strong>Kunden</strong>typen<br />

– den Aggressiven, den Begriffsstutzigen, den Freundlichen – damit das Verhalten<br />

des Personals in Abhängigkeit vom <strong>Kunden</strong>verhalten überprüft werden kann. Vor der Durchführung<br />

des Silent Shoppings findet eine intensive Schulung der Silent Shopper statt, um sie<br />

gezielt auf die jeweiligen situativen Anforderungen vorzubereiten. Nun können die Nachfragersituationen<br />

aufgesucht und hergestellt werden. Dabei wird jede Situation von mehreren Silent<br />

Shoppern beobachtet. Die Kodierung der Beobachtung erfolgt unmittelbar <strong>im</strong> Anschluss an die<br />

Situation, wobei die Silent Shopper unabhängig voneinander ihre Ratings abgeben. Die Silent<br />

Shopper notieren neben den standardisierten Ratings auch Besonderheiten der Situation, die<br />

über diese hinausgehen. Als Hilfsmittel stehen den Silent Shoppern Stoppuhren zur Messung<br />

der Wartezeit und Gesprächsdauer zur Verfügung. […]<br />

Positiv und negativ<br />

Beispiele einer positiven und einer negativen Anekdote hinsichtlich der dem <strong>Kunden</strong> entgegengebrachten<br />

Wertschätzung bei Fahrergesprächen <strong>im</strong> ÖPNV, wobei Linien- und Haltestellenangaben<br />

geändert worden sind:<br />

Die Silent Shopper erkundigten sich be<strong>im</strong> Einsteigen in die Linie 55 nach einer Verbindung zur<br />

Haltestelle Ebershof. Der Fahrer riet dem Silent Shopper bis zur Haltestelle Grünbachstraße zu<br />

fahren und dort in die Straßenbahnlinie 11 umzusteigen. Da der Fahrer sich möglicherweise<br />

nicht ganz sicher war, erkundigte er sich währen der Fahrt bei seiner Dienststelle nach der<br />

günstigsten Verbindung. Daraufhin rief er dem Silent Shopper nach vorne und spezifizierte<br />

seine Angabe noch um die Fahrtrichtung der Straßenbahnlinie und die Anzahl der Haltestellen<br />

bis zur Zielhaltestelle. An der Haltestelle Grünbachstraße angekommen, wies der Fahrer den<br />

Silent Shopper den Weg zur Straßenbahn und verabschiedete sich von ihnen.<br />

Die Silent Shopper hatten die Aufgabe, be<strong>im</strong> Fahrer eine Fahrkarte zur Haltestelle Landhausallee<br />

zu kaufen und den Fahrer zu fragen, wann der letzte Bus von der Haltestelle zur Brüggemannstraße<br />

fahren würde. Von der Antwort des Fahrers konnten die Silent Shopper lediglich<br />

Bruchstücke '… Fahrplan gucken …' verstehen. Die Silent Shopper folgerten daraus, dass der<br />

Fahrer die gewünschte Information für sie <strong>im</strong> Fahrplan nachschlagen würde und setzten sich<br />

direkt hinter den Fahrer. An der Zielhaltestelle erkundigten sich die Silent Shopper, ob der<br />

Fahrer ihnen nun endlich eine Antwort geben könne, worauf dieser unwirsch entgegnete: 'Da<br />

müssen Sie in den Fahrplan schauen.' Als die Silent Shopper versuchten, das Missverständnis<br />

aufzuklären ('Wir dachten, Sie würden nachschauen.'), wurden sie mitten <strong>im</strong> Satz mit der Aufforderung<br />

unterbrochen: 'Sie wollten doch aussteigen!' “<br />

Schweer et al. (2001: 59-61)

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