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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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Auch auf wissenschaftlicher Seite sind diese Nachbarländer Deutschland voraus. So wird in<br />

Schweden, z.B. an der Universität Karlstad, über die hier behandelten Themen intensiv<br />

geforscht. 32 Es erscheint symptomatisch für die deutsche ÖPNV-Branche, dass zu diesen<br />

(u.a.) verkehrspolitisch zentralen Aufgaben kaum wissenschaftlich belastbare und empirisch<br />

belegte Untersuchungen durchgeführt wurden. Die geschlossene Branche hatte keinen<br />

Bedarf, denn sie vertraute auf ein stabiles politisches Wohlwollen sowie zuverlässige Rechts-<br />

und Finanzierungsstrukturen. Auch die politische Administration hatte kein ausgeprägtes<br />

Interesse an derartigen Forschungsaktivitäten. 33 Bei der Diskussion von Verfahren, mit<br />

denen die Qualität der ÖPNV-Dienstleistung ermittelt werden könnte, musste daher auf<br />

Verfahren und Erfahrungen in anderen Branchen zurückgegriffen werden.<br />

In Schweden und Dänemark liegen dagegen aus der Praxis von Verkehrsverträgen mit<br />

unterschiedlichsten Anreizsystemen empirisch fundierte, belastbare Auswertungen zu den<br />

Möglichkeiten und Grenzen der <strong>Kunden</strong>zufriedenheitsmessung und deren Berücksichtigung<br />

in der Vertrags-, insbesondere bei der Anreizgestaltung vor (Palm 2001). Hierbei fällt insbesondere<br />

<strong>im</strong> Vergleich zur Position des deutschen Branchenverbands und der in der DIN EN<br />

13816 erkennbaren Haltung auf, wie pragmatisch und zugleich konsequent in diesen Ländern<br />

die Einbeziehung der <strong>Kunden</strong>zufriedenheit in die Qualitätssteuerung erfolgt.<br />

Beispielhaft wird hier die in Kopenhagen bereits 1994 eingeführte Qualitätssteuerung skizziert.<br />

Sie besteht aus sehr differenzierten Qualitätskriterien für die Bewertung und Auswahl<br />

von Verkehrsangeboten und einem differenzierten Anreizsystem, bestehend aus Vertragsstrafen<br />

und finanziellen Boni für hohe <strong>Kunden</strong>zufriedenheit.<br />

Das Anreizsystem basiert auf 10 Kriterien der <strong>Kunden</strong>bewertung und 5 überwiegend technischen<br />

Kriterien des Aufgabenträgers, die jeweils mit einer fünfstufigen, nicht-linearen und<br />

negative Bewertungen erheblich stärker berücksichtigenden Skala bewertet werden (s. Tab.<br />

1, Palm 2001: 56). Diese Kriterien und ihre Gewichtung untereinander wurden durch die<br />

Befragung von <strong>Kunden</strong> und Nicht-<strong>Kunden</strong> ermittelt und werden regelmäßig aktualisiert. Die<br />

kundenbewerteten Kriterien gehen mit <strong>im</strong>merhin 80% in die Gesamtbewertung der Qualität<br />

ein. Die Ergebnisse der kontinuierlich durchgeführten <strong>Kunden</strong>zufriedenheitsanalysen werden<br />

regelmäßig veröffentlicht und die in Kopenhagen tätigen Verkehrsunternehmen dabei vergleichend<br />

gegenübergestellt.<br />

Der Aufgabenträger (Besteller der Verkehrsleistungen) legt für jedes Kriterium Vertrags- und<br />

Min<strong>im</strong>alziele fest. Unterschreitet ein Verkehrsunternehmen ein Min<strong>im</strong>alziel, so wird für jedes<br />

nicht erreichte Min<strong>im</strong>alziel eine Strafe ermittelt. Deren Höhe ist von der Unterschreitung und<br />

der Gewichtung des betreffenden Kriteriums abhängig. Bonuszahlungen an ein Unternehmen<br />

werden auf der Grundlage aller ermittelten Qualitätskennzahlen in einem komplizierten<br />

32 Beispielsweise wurde am Service Research Center der Universität Karlstad das Programm „Service<br />

Management in Public Passenger Transportation“ <strong>im</strong> Jahr 1996 gestartet (vgl. Haglund/Ståhlhammar<br />

2001).<br />

33 Das Bundesforschungsministerium fördert seit 1974 sehr umfassende Projekte mit informationstechnischem<br />

Schwerpunkt (vgl. Berndt/Blümel 2003: 12); die Ende der 90er Jahre gestarteten Programme<br />

„Mobilität in Ballungsräumen“ und „Mobilität auf dem Land“ folgen dieser Tradition.<br />

Das Bundesverkehrsministerium verfolgt den informationstechniklastigen Ansatz <strong>im</strong> Rahmen seines,<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu den vom Forschungsministerium aufgelegten Projekten weitaus kleineren,<br />

Forschungsprogramms Stadtverkehr (FOPS), z.B. mit zahlreichen Projekten zur Entwicklung und<br />

Einführung rechnergesteuerter Betriebleitsysteme (RBL). <strong>Kunden</strong>orientierung ist darin insbesondere<br />

eine Aufgabe der vertragsrechtlichen Festlegung in Verkehrsverträgen (siehe hierzu das Forschungsprojekt<br />

„Bedeutung ‚weicher' Angebotsmerkmale bei der Angebotsgestaltung sowie ihre<br />

Berücksichtigung bei der Einnahmenaufteilung und Vergabe von Leistungen <strong>im</strong> Wettbewerb“ Gorter<br />

et al. 2000).

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