Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB
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ren, wird die Unternehmensstrategie best<strong>im</strong>men. An Stelle der erhofften <strong>Kunden</strong>orientierung<br />
werden Vertrags- bzw. „Bonus-Orientierung“ treten. Diese kann nur durch eine stärkere<br />
„Output-Orientierung“, d.h. eine Erfolgsabhängigkeit auf der Nachfrageseite abgeschwächt<br />
oder ausgeglichen werden.<br />
Die Auswahl der Qualitätskriterien, das Verhältnis von „harten“ und „weichen“ Kriterien und<br />
die Vielzahl der Kriterien überraschen angesichts der lückenhaften Kenntnisse über die<br />
Bedeutung einzelner Qualitätskriterien aus Sicht des <strong>Kunden</strong> bzw. des potentiellen <strong>Kunden</strong>.<br />
Fundierte, systematisch angelegte Forschungsarbeiten über die <strong>Kunden</strong>präferenzen oder<br />
gar die Unterschiede zwischen Stammkunden, Gelegenheitskunden und Nicht-<strong>Kunden</strong> sind<br />
Mangelware, 28 noch dürftiger sind diese zu den Effekten einzelner Qualitätsverbesserungen<br />
auf der Nachfrageseite. 29<br />
Vorgaben mit Mindestanforderungen und Zielvorgaben sind in der Norm nicht enthalten.<br />
„Anwender der Norm müssen unter Berücksichtigung der eigenen Situation die geeignetsten<br />
Maßnahmen und Ziele zur Qualitätssicherung auswählen“ heißt es dort und der Ball damit<br />
bei den Aufgabenträgern (und Verkehrsunternehmen) (DIN EN 2002: 21). Die Messlatte wird<br />
zugleich so hoch wie möglich gehängt: „das Ziel (sollte sein), die Maßnahmen so kundenorientiert<br />
zu gestalten wie möglich“, und „es sollten die Aspekte der Leistung beurteilt werden,<br />
die sich <strong>im</strong> Rahmen von Marktforschungen als von großer Bedeutung für die Reisenden<br />
erwiesen haben.“ Wie sollen Aufgabenträger, die sich häufig erst <strong>im</strong> Aufbau (bzw. durch die<br />
Haushaltssituation bereits wieder <strong>im</strong> Abbau) befinden und Verkehrsunternehmen, die sich –<br />
wie die meisten – noch nie mit Verfahren zur Erhebung der <strong>Kunden</strong>sicht befassen mussten,<br />
mit dieser Empfehlung umgehen? Der Branchenverband empfiehlt daher, ein Verfahren, bei<br />
dem (vermutlich nach Abschluss eines Verkehrsvertrags) die bestehende Qualität ermittelt<br />
und daraus Qualitätsziele festgelegt werden: „aufbauend auf einer Basisuntersuchung und<br />
den daraus abgeleiteten Qualitätskriterien und Messskalen […] (eine) ersteller-spezifische<br />
Leistungsmessung“ (VDV 2002: 39).<br />
Das gesamte Verfahren wird damit entsprechend den Vorstellungen des Branchenverbands,<br />
wie sie auch in seiner Verteidigung funktionaler Ausschreibungen zum Ausdruck kommen,<br />
„auf den Kopf“ gestellt. Denn die Qualitätskriterien und das Messverfahren sollen „bei laufendem<br />
Betrieb“ festgelegt sowie die Ziele erst nach der Erhebung der Qualitätsstatus definiert<br />
werden. Wie kann ein Verkehrsunternehmen auf dieser Grundlage ein Angebot kalkulieren<br />
und einen Verkehrsvertrag schließen, der – sollte die Qualitätskomponente tatsächlich<br />
über ökonomische Anreize wirksam sein – erhebliche Risiken enthält? Verkehrsunternehmen,<br />
die bei Ausschreibungen ein Angebot für „ihr“ Bediengebiet abgeben, kennen möglicherweise<br />
das Qualitätsniveau bzw. die Bewertung durch die <strong>Kunden</strong>. Sie können die finanziellen<br />
Risiken präziser kalkulieren als der Wettbewerber und sind damit <strong>im</strong> Vorteil.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Qualität des Angebots weiterhin vom Aufgabenträger<br />
und von Fachzirkeln festgelegt wird, meist geprägt von den zuvor erwähnten traditionellen,<br />
funktional orientierten verkehrsplanerischen Methoden und technischen Kriterien.<br />
„Technisch-organisatorische Maßnahmen be<strong>im</strong> Leistungsersteller […] (sollen) die <strong>Kunden</strong>zufriedenheit<br />
weiter steigern oder mit geringerem Betriebsaufwand konstant halten“ (VDV<br />
28 Dieses Defizit dürfte <strong>im</strong> bisher geringen Interesse der Branche und ihrer (politischen) Auftraggeber<br />
an derartigen Fragestellungen zu suchen sein; s.a. Abschnitt 3.4.<br />
29 Eine <strong>im</strong> Jahr 2000 aktuelle Übersicht der veröffentlichten Studien enthält der Anlagenband A zum<br />
Forschungsvorhaben „Bedeutung ‚weicher' Angebotsmerkmale bei der Angebotsgestaltung sowie<br />
ihre Berücksichtigung bei der Einnahmeaufteilung und Vergabe von Leistungen <strong>im</strong> Wettbewerb“ <strong>im</strong><br />
Auftrag des Bundesministers für Verkehr (Gorter et al. 2000).