Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB
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Verbesserungsvorschläge auf Grund kritischer Bewertungen werden, wie die Fragebögen,<br />
von Experten entwickelt, meist den Mitarbeitern des Unternehmens. Auch hier wird die <strong>Kunden</strong>sicht<br />
von Experten interpretierend übersetzt und formuliert, was die <strong>Kunden</strong> mit ihren<br />
Bewertungen gemeint haben könnten und welche Veränderungen <strong>im</strong> Angebot besser<br />
bewertet werden würden. Die Umsetzungsorientierung dieser Verfahren ist damit gering.<br />
Diese Übersetzungsarbeit ist beispielsweise bei Fragen nach der Sauberkeit der Fahrzeuge<br />
kaum leistbar. Denn sie umfasst neben den Fahrzeugböden und Sitzen auch die Scheiben,<br />
Graffity und Scratching. Bewerten die <strong>Kunden</strong> Straßenstaub an den Ein-/Ausstiegstüren<br />
kritischer als Scratching an den Scheiben? Sollte eine häufigere Kontrolle und ggf. ein häufigerer<br />
Austausch zerkratzter Scheiben erfolgen oder einfaches Auskehren? Die aus kritischen<br />
Bewertungen abgeleiteten Maßnahmen können nur nach der Try-and-Error-Methode<br />
ausgewählt werden.<br />
Die Tester-Verfahren vermeiden nachhaltig einen direkten Dialog „in gleicher Augenhöhe“,<br />
der Kunde bleibt – hier das Verkehrsunternehmen mit viel Engagement unterstützendes –<br />
Objekt von Datenerhebungsmaßnahmen. Dem <strong>Kunden</strong> sind lediglich Rückmeldungen in<br />
vorgegebenen Rastern möglich. Die Verkehrsunternehmen bleiben damit in der Kultur der<br />
verkehrsplanerischen Sicht auf Beförderungsfälle und den Strukturen der ÖPNV-Versorgung.<br />
Scouts haben dagegen eine Funktion, die mit der von „Staumeldern“ <strong>im</strong> Kfz-Verkehr vergleichbar<br />
ist. Sie informieren das Verkehrsunternehmen oder den Verkehrsverbund über<br />
aktuelle Mängel (Schürmann 2003: 66).<br />
Die Verkehrsunternehmen sehen den Wert der Scout- und Tester-Aktivitäten daher auch<br />
sehr weit <strong>im</strong> Bereich der Public-Awareness, insbesondere „<strong>im</strong> PR-Bereich“ (Buschmann<br />
2001: 77) und der Wertschätzung, die den <strong>Kunden</strong> entgegengebracht wird (Dortmunder<br />
Stadtwerke 2002: 20). Dass auch die „<strong>Kunden</strong>“ der politisch-administrativen Ebene angesprochen<br />
werden sollen, „um Fördergelder für weitere Projekte bereit zu stellen“ wird betont<br />
(Dortmunder Stadtwerke 2002b: 20).<br />
Der Wert der <strong>Kunden</strong>sicht für die Produktverbesserung ist offensichtlich (noch) kaum<br />
erkannt. Denn es wird ein „erheblicher Betreuungsaufwand“ beklagt (Buschmann 2001: 77),<br />
mithin eine für Dienstleistungsbranchen wenig nachvollziehbar Sichtweise.<br />
Bei den meist <strong>im</strong> Marketing-Bereich angesiedelten Mitarbeitern, die Aktivitäten zur <strong>Kunden</strong>beteiligung<br />
durchführen, können die Rückmeldungen zudem große Befürchtungen auslösen.<br />
Sie sehen sich in der Klemme zwischen den <strong>Kunden</strong>interessen und den für die Entwicklung<br />
und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen zuständigen operativen Unternehmensbereichen.<br />
So werden denn auch „die größten Schwierigkeiten“ in der Umsetzung der Vorschläge<br />
aus <strong>Kunden</strong>beteiligungsmaßnahmen befürchtet (Dortmunder Stadtwerke 2002b:<br />
20).<br />
Diese Umsetzungshemmnisse können jedoch durch modifizierte Verfahren, wie z.B. die<br />
<strong>Kunden</strong>werkstatt weitgehend überwunden werden (s. Abschnitt 6.2.4). Bei diesem Verfahren<br />
erarbeiten <strong>Kunden</strong> und zuständige Mitarbeiter des Unternehmens in einer moderierten<br />
Werkstattsituation gemeinsam „Hand in Hand“ auf der Grundlage ihres jeweiligen Expertenwissens<br />
zeitnah umsetzbare Verbesserungen (Berliner Verkehrsbetriebe 2000: 8, Arnhold/Blümel<br />
2000).