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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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Verkehr wurde die Entwicklung damals umgekehrt deutlich unterschätzt (vgl. Hopf/Rieke/<br />

Voigt 1980).<br />

Bei der Planung von ÖPNV-Netzen und -Angeboten werden nun häufig – nicht selten auf der<br />

Grundlage hierzu kaum geeigneter Daten – Nachfrageentwicklungen beispielsweise für einzelne<br />

Stadtgebiete über ein bis zwei Jahrzehnte prognostiziert. Dabei wird mit Hilfe der<br />

beschriebenen faszinierenden S<strong>im</strong>ulationstechniken eine Treffergenauigkeit vermittelt, die<br />

nicht erfüllt werden kann, aber gleichwohl werden auf dieser Grundlage Entscheidungen<br />

über Investitionen in Millionenhöhe getroffen.<br />

Wie gering und unsicher die Kenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Angebotsmerkmalen<br />

und Nachfrageverhalten sind, fällt dabei „unter den Tisch“. Studien mit unterschiedlicher<br />

Methodik liefern sehr unterschiedliche, nicht selten widersprüchliche Ergebnisse,<br />

lokale Gegebenheiten, regionale Unterschiede sind meist von hoher Bedeutung, Präferenzen<br />

der <strong>Kunden</strong> sind nicht konstant, vielmehr sind wachsende Ansprüche der <strong>Kunden</strong><br />

festzustellen (vgl. Gorter et al. 2000: 50). 16<br />

Derartige Modellrechnungen ergeben meist eine steigende Nachfrage als Ergebnis der verkehrsplanerischen<br />

Strategie „Mehr vom Gleichen“. Kürzere Haltestellenabstände, 5- statt 10-<br />

Minuten-Takte, lange Bedienzeiten mit Angeboten am Abend und am Wochenende usw.<br />

erhöhen die Fahrgastzahlen. Der meist hohe finanzielle Aufwand für derartige Angebotsausweitungen<br />

konnte – zumindest in Zeiten hoher Zahlungsbereitschaft der Kommune –<br />

als Beleg für intensive <strong>Kunden</strong>orientierung betrachtet werden. Angebotsausweitung wird in<br />

der ÖPNV-Branche mit <strong>Kunden</strong>orientierung gleichgesetzt. Dies zeigt die – noch <strong>im</strong>mer –<br />

zentrale Bedeutung der verkehrsplanerischen Kriterien in der europäischen Norm für den<br />

ÖPNV zur „Definition, Festlegung von Leistungszielen und Messung der Servicequalität“<br />

(siehe Abschnitt 4).<br />

3.3 Die Fiktion (zeit-)ökonomischer Rationalität <strong>im</strong> Verkehr<br />

Die Gründe für die geringe Treffsicherheit sind vielfältig. Die Annahmen für das Verkehrsverhalten,<br />

d.h. die Wahl der Wegeziele und der Verkehrsmittel, der tages- und wochenzeitlichen<br />

Verteilung der Wege und der Zusammenhänge zwischen Einkommen, Alter,<br />

Geschlecht usw. für die Verkehrsnachfrage werden aus empirischen Erhebungen in der<br />

Vergangenheit mit hohem statistischem Aufwand abgeleitet. Das bedeutet nicht selten, dass<br />

Nachfrageentwicklungen für einen künftigen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt auf der<br />

Grundlage von empirischen Daten errechnet werden, die mehr als ein Jahrzehnt zurückliegen.<br />

So wurde beispielsweise die langfristige Verkehrsentwicklung in Berlin bis zum Jahr<br />

1998 auf der Basis von Daten zum Verkehrsverhalten errechnet, die auf der „Insel Westberlin“<br />

<strong>im</strong> Jahr 1986 erhoben wurden.<br />

Mangels Datenverfügbarkeit werden nicht selten bundesdeutsche Durchschnittswerte für<br />

Berechnungen in „mikroskopisch kleinen“ Stadtgebieten mit weit davon abweichenden Sozialstrukturen<br />

herangezogen, teilweise nach Einschätzung der Planer „plausibel angepasst“.<br />

Die von Stadt zu Stadt großen Unterschiede <strong>im</strong> Mobilitätsverhalten sind seit Jahrzehnten<br />

16 Eine <strong>im</strong> Jahr 2000 aktuelle und umfassende Zusammenstellung der Forschungsergebnisse zur<br />

Verkehrsmittelwahl (mit Schwerpunkt ÖPNV) sowie von Marktforschungsergebnissen <strong>im</strong> ÖPNV<br />

enthält der Anlagenband A von Gorter et al.

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