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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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phasen, senden Informationen an Leuchttafeln über den Straßen und <strong>im</strong> 5-Minuten-Takt an<br />

die Navigationssysteme der Kraftfahrzeuge (vgl. Willenbrock 2003: 106).<br />

Die ungeheure Faszination dieser technischen Hilfsmittel ist erheblich, ihr erliegen nicht nur<br />

Verkehrsingenieure, auch Planer und Politiker: Bunte Netzkarten für die verschiedenen Verkehrsmittel<br />

stellen die heutigen und künftigen Verkehrsströme scheinbar exakt dar. Die<br />

Effekte von Infrastrukturmaßnahmen und Angebotserweiterungen, die Nutzung ordnungsrechtlicher<br />

Instrumente <strong>im</strong> Straßenverkehr (Tempol<strong>im</strong>its, Verkehrsbeschränkungen, Parkraumbewirtschaftung<br />

etc. pp.) lassen sich hiermit mühelos und – wer wollte bei diesem technischen<br />

und Datenaufwand widersprechen? – scheinbar perfekt vorhersehen. Diese Hilfsmittel<br />

der Visualisierung verführen zu der Annahme, die einzig mögliche Zukunft mit absoluter<br />

Genauigkeit abzubilden. Die Politik erwartet eine einfache, eindeutige Botschaft, die Verkehrsmodelle<br />

liefern diese.<br />

Nur wenige Verkehrsplaner sind jedoch Hellseher. Ihre Verkehrsprognosen sind „Wenn-<br />

Dann-Szenarien“. Sie beschreiben eine mögliche Verkehrsentwicklung, die sich einstellen<br />

kann, nicht die, die sich einstellen wird. Verkehrsprognosen sind der Versuch, Bilder von der<br />

verkehrlichen Zukunft zu erzeugen und zu visualisieren um die Zukunft besser gestalten zu<br />

können.<br />

Verkehrsszenarien enthalten Aussagen, die von zahlreichen Rahmenbedingungen und<br />

unzähligen, komplexen Zusammenhängen abhängen, die jedoch nur innerhalb gewisser<br />

Grenzen zutreffen, selten konstant und häufig kaum bekannt sind. Wie gering die Prognosefähigkeit<br />

bereits hinsichtlich kurzfristiger Entwicklung ist, zeigen beispielsweise die jährlichen<br />

Konjunkturprognosen der sieben führenden deutschen Wirtschaftforschungsinstitute 15 ,<br />

das Jahresgutachten des Sachverständigenrates und das Gemeinschaftsgutachten der<br />

Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute. Am Jahresende<br />

ist stets festzustellen, dass kaum ein Prognosewert mit der realen Entwicklung<br />

übereinst<strong>im</strong>mte.<br />

Verkehrsszenarien sind diesen Prognosen der Wirtschaftsentwicklung vergleichbar. So versuchen<br />

beispielsweise die „Shell-Szenarien“ seit Mitte der 50er Jahre die langfristige, meist<br />

zwei Jahrzehnte voraus greifende „Verkehrskonjunktur“ für den Kfz-Verkehr zu beschreiben.<br />

Die realen Entwicklungen übertrafen die Szenarien bisher stets bereits nach wenigen Jahren.<br />

So prognostizierte Shell in den 50er Jahren für die BRD eine Sättigung bei rund 8 Mio.<br />

Pkw, die für die frühen 60er Jahre erwartet wurde. Im Jahr 1993 war eine 4-mal höhere<br />

Motorisierung erreicht. Die steigende Tendenz hält bis heute weiter an.<br />

Die Shell-Szenarien befinden sich mit ihrer geringen Treffergenauigkeit in guter Gesellschaft:<br />

Die fünf zwischen 1979 und 1981 vorgelegten Prognosen der Institute bzw. Auftraggeber<br />

ADAC, ARAL, BP, DIW, SHELL zur Pkw-Bestandsentwicklung sahen eine Sättigung des<br />

Pkw-Bestands um die Jahrtausendwende erreicht. Die Bandbreite des Bestands sollte zwischen<br />

27 Mio. Pkw (ADAC 1979) und 29,4 Mio. Pkw (Shell 1981, opt<strong>im</strong>istisches Szenario)<br />

erreichen (vgl. Lünsdorf 1983: 7). Die reale Entwicklung übertraf dieses Prognosen in weniger<br />

als der Hälfte der Zeit, zwischen 1987 (27,2 Mio.) und 1989 (29,1 Mio.) (ARAL 2003:<br />

318). Ähnlich gering war die Treffsicherheit <strong>im</strong> Schienengüterverkehr. Die Prognose des<br />

Bundesverkehrswegeplans sah ein Wachstum um 23% zwischen 1980 und 1990 vor, die<br />

reale Verkehrsleistung ging jedoch um 5% zurück (vgl. Pällmann 2001: 28). Im öffentlichen<br />

15 Ifo – Institut für Wirtschaftsforschung, München; HWWA – Hamburgisches Welt-Wirtschftsarchiv,<br />

Hamburg; IfW – Institut für Weltwirtschaft, Kiel; IW – Institut der deutschen Wirtschaft, Köln; RWI –<br />

Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen; DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung,<br />

Berlin; IWH – Institut für Wirtschaftsforschung, Halle.

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