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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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auch in Deutschland <strong>im</strong> Rahmen von Besteller-Ersteller-Beziehungen definiert und finanziert<br />

werden.<br />

Diese Aufgabenteilung legte der EuGH in einem Urteil vom Juli 2003 fest, das die Finanzierungspraxis<br />

des ÖPNV in Deutschland zum Inhalt hatte (Europäischer Gerichtshof 2003).<br />

Die jahrzehntelange Untätigkeit des Bundesverkehrsministeriums musste zwangsläufig zu<br />

einer Entscheidung in Straßburg führen. Der EuGH sollte entscheiden, ob die in Deutschland<br />

üblichen ÖPNV-Zuschüsse gegen das EG-rechtliche Beihilfeverbot verstoßen. Diese<br />

Zuschüsse werden meist außerhalb des Anwendungsbereichs der EG-Verordnung 1191/69<br />

gezahlt, die die Zulässigkeit von Beihilfen für den ÖPNV regelt.<br />

Der EuGH hat zwar verneint, dass es sich bei jedem außerhalb des Anwendungsbereichs<br />

der EG-Verordnung gezahlten Zuschuss <strong>im</strong> ÖPNV prinzipiell um eine unzulässige Beihilfezahlung<br />

handelt. Er hat allerdings vier Bedingungen an eine EU-rechtskonforme Förderung<br />

formuliert:<br />

1. Die Zuschüsse erfolgen zum Ausgleich für klar definierte, dem Verkehrsunternehmen aus<br />

gemeinwirtschaftlichen Gründen auferlegte Verkehrsleistungen. Damit wird ein Besteller-<br />

Ersteller-Verhältnis erzwungen: Die Aufgabenträger müssen klar definieren, welche<br />

Verkehrsleistungen von den beauftragten Verkehrsunternehmen zu erbringen sind.<br />

2. Die Höhe der Zuschüsse muss vorab anhand objektiver und transparenter Parameter<br />

berechenbar sein. Diese Bedingung fordert transparente und damit in Deutschland neu<br />

zu strukturierende Regelungen zur Bezuschussung bzw. Finanzierung von ÖPNV-Leistungen.<br />

3. Die Zuschüsse dürfen lediglich die tatsächlichen Kosten des Unternehmens (einschl.<br />

eines angemessenen Gewinns) für die ihm aus gemeinwirtschaftlichen Gründen auferlegten<br />

Verkehrsleistungen abdecken. Damit wird erzwungen, dass die Verkehrunternehmen<br />

ihre Kostenstruktur offen legen.<br />

4. Die Höhe der Zuschüsse muss nach den Kosten best<strong>im</strong>mt werden, die ein durchschnittliches<br />

Verkehrsunternehmen zu tragen hätte. Diese Bedingung beschränkt die Zuwendungen<br />

auf marktgerechte Zahlungen und fördert damit wirtschaftliche Effizienz bei der<br />

Erbringung von Verkehrleistungen. Ob damit eine stärkere <strong>Kunden</strong>orientierung erreicht<br />

wird, ist noch offen.<br />

Zudem hat der EuGH entschieden, dass die Mitgliedstaaten ÖPNV-Leistungen nur dann vom<br />

Anwendungsbereich der EG-VO 1191/69 ausnehmen dürfen, wenn der Grundsatz der<br />

Rechtssicherheit gewahrt ist. Es muss klar best<strong>im</strong>mt sein, welche Verkehrsverträge darunter<br />

fallen und welche nicht. Im deutschen Personenbeförderungsgesetz fehlen derartige Festlegungen.<br />

Das Bundesverkehrsministerium ist nunmehr gefordert, möglichst bald Rechtssicherheit<br />

für die ÖPNV-Branche herzustellen.<br />

Die Eckpunkte der künftigen Marktordnung bedeuten einen Wettbewerb um den Markt, d.h.<br />

um einen Verkehrsvertrag für ein best<strong>im</strong>mtes Bediengebiet mit etlichen Jahren Laufzeit.<br />

Während der Vertragslaufzeit werden die Verkehrsunternehmen das Angebot allein an den<br />

Vertragsbedingungen und betriebswirtschaftlichen Überlegungen orientieren. Voraussetzung<br />

ist allerdings, dass die Bundesregierung keine weitgehenden Änderungen <strong>im</strong> Personenbeförderungsgesetz,<br />

der Gewerbeordnung der Branche vorn<strong>im</strong>mt und konkurrierende Anbieter<br />

in einem Bediengebiet zulässt, wozu derzeit allerdings keine Absichten erkennbar sind. Im<br />

Rahmen der Bestellung wird damit über den Marktzugang entschieden sowie über die<br />

Bedingungen des Angebots und seiner Finanzierung. Damit werden die relevanten Vorgaben<br />

und Anreize für den Erfolg oder Misserfolg des ÖPNV am Verkehrsmarkt gesetzt.

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