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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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18<br />

Einerseits die Renaissance der Planungseuphorie und des technokratischen Opt<strong>im</strong>ismus der<br />

70er Jahre, die große Hoffungen auf den Nahverkehrsplan setzt. Dieser soll den ÖPNV-Verkehr<br />

bis ins kleinste Detail definieren und die Grundlage für Ausschreibungen bilden. Insbesondere<br />

die kommunalen Spitzenverbände und die ihnen nahe stehenden Einrichtungen<br />

vertreten diesen Ansatz (Deutscher Städtetag 2002). Das kaum überschaubare, für eine<br />

rechtssichere Vergabe aber konsequent zu berücksichtigende Rechtssystem der EU und<br />

Deutschlands, vom Wettbewerbsrecht über das europäische und nationale Vergaberecht bis<br />

zu den peinlich genau zu befolgenden Verfahrensregeln, stärkt die Vertreter dieser technokratischen<br />

Position.<br />

Der Branchenverband VDV (VDV 2003b) favorisiert dagegen eine „Partnerschaft“/„Qualitätspartnerschaft“<br />

zwischen Betreiber und Aufgabenträger. Das „Partnerschafts-Modell“ der<br />

„funktionalen Ausschreibung“ 13 zielt darauf ab, unter der Oberfläche eines vermeintlich<br />

wettbewerbskonformen Vertragsmäntelchens die traditionellen, für den öffentlichen Sektor in<br />

der Bundesrepublik charakteristischen korporatistischen Strukturen zu erhalten. Diese sind<br />

von intensiven meist über Jahrzehnte gewachsenen politischen, gewerkschaftlichen und<br />

persönlichen Verflechtungen zwischen der Kommunalpolitik, den Aufsichtsgremien und dem<br />

Verkehrsunternehmen geprägt. Der VDV stützt seine Position weitgehend auf das Argument<br />

des unternehmerischen Know-hows, der Markt- und <strong>Kunden</strong>nähe, die bei den Verkehrsunternehmen<br />

und nicht bei einem Aufgabenträger bzw. der Regieorganisation vorhanden sei,<br />

und auf das Argument der Integration der Verkehre. Es sind jedoch erhebliche Zweifel angebracht,<br />

ob diese Kompetenzen vorhanden sind.<br />

Funktionale Ausschreibungen können den Gestaltungsspielraum der Verkehrsunternehmen<br />

erweitern und unternehmerische Anreize setzen. Sie werden jedoch pr<strong>im</strong>är den Kostenwettbewerb<br />

innerhalb des Rahmens der behördlich definierten Verkehrsleistung verstärken. Produktopt<strong>im</strong>ierung<br />

wird bei den Kostenstrukturen des ÖPNV nur in geringem Umfang, Produktinnovation<br />

kaum stattfinden. Funktionale Ausschreibungen reduzieren gegenüber konstruktiven<br />

Ausschreibungen die Transaktionskosten, Know-how-Besitzern erleichtern sie die<br />

Verteidigung ihres Konzessionsgebiets bei wettbewerblichen Ausschreibungen, da diese die<br />

Risiken genauer kalkulieren können.<br />

Funktionale Ausschreibungen allein bieten damit keine Gewähr für <strong>Kunden</strong>orientierung und<br />

Produktverbesserung. Der ÖPNV braucht jedoch genau diese Innovation, Produkt- und<br />

Dienstleistungsverbesserungen dringend, um eine Chance gegen das in vielen Kriterien<br />

haushoch überlegene Auto zu bekommen. Diese Ziele werden durch funktionale Ausschreibungen<br />

nicht erreicht. Ein Verkehrsunternehmen wird diese unternehmerischen Ziele vielmehr<br />

erst dann verfolgen, wenn es hierin finanzielle Vorteile erkennt.<br />

2.3 Untätigkeit in Berlin – Marktordnung made in Luxemburg<br />

Auch wenn die Konstruktion und zahlreiche Details der künftigen Marktordnung noch festgelegt<br />

werden müssen: einige Eckpunkte sind bereits abgesteckt. So wird der ÖPNV künftig<br />

13 Funktionale Ausschreibungen sind – grob vereinfacht – dadurch charakterisiert, dass lediglich Eckpunkte<br />

der zu erbringenden Leistung festgelegt werden, z.B. <strong>im</strong> ÖPNV die Betriebszeiten, Taktfrequenzen<br />

und die erwartete Fahrgastentwicklung. Wie das beauftragte Verkehrsunternehmen diese<br />

Leistung erbringt, bleibt seiner unternehmerischen Entscheidung vorbehalten. Im Gegensatz<br />

hierzu werden bei konstruktiven Ausschreibungen alle Details der Leistung sehr präzise beschrieben,<br />

<strong>im</strong> Verkehrsvertrag festgelegt und ihre Erfüllung kontrolliert.

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