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Mobilitätsdienstleister ohne Kunden. Kundenorientierung im ... - WZB

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Unübersehbar ist zudem, auch wenn die politische Rhetorik eine andere Richtung vorgibt,<br />

dass der Staat seine das Angebot definierende und steuernde Rolle <strong>im</strong> öffentlichen Verkehr<br />

zurückn<strong>im</strong>mt, selbst wenn er die Aufwendungen weiterhin, wenn auch auf niedrigerem<br />

Niveau, zum größeren Teil finanziert.<br />

Ursache dieser Entwicklung ist neben dem Ende des „Zeitalters der Bezahlbarkeit“ auch die<br />

von der EU-Politik getriebene Liberalisierung auch derjenigen Märkte, die in Deutschland<br />

den klassischen Aufgaben der Daseinsvorsorge zugerechnet werden. Der Verkehrssektor,<br />

insbesondere der ÖPNV, wie auch die Verkehrstelematikanwendungen, n<strong>im</strong>mt bei dieser<br />

Entwicklung eine Nachzüglerrolle ein. Energieversorgung, Telekommunikation, Müllentsorgung,<br />

kommunale Finanzdienstleistungen und Versicherungen usw. finden sich längst in<br />

einem wettbewerblichen Umfeld.<br />

Im schienengebundenen Nahverkehr wurden die bisherigen Gebietsmonopole durch die<br />

Brüsseler Vorgabe auch in Deutschland mit der Auflage aufgebrochen, auch vergleichsweise<br />

kleine Leistungen zumindest EU-weit auszuschreiben. Doch kaum hatten die Bundesländer<br />

begonnen, den Wettbewerb in kleinem Umfang, insbesondere um wenig lukrative Nebenstrecken<br />

(„Armutsstrecken“) einzuüben, änderte die Bundesregierung die Vergabeverordnung<br />

zum 1.12.2002, wodurch die Länder die Möglichkeit erhalten, den Anteil der wettbewerblich<br />

vergebenen Verkehre über 12 bis 15 Jahre zu strecken. 12 Große und lukrative<br />

Marktvolumina wie der S-Bahn-Verkehr Rhein-Ruhr gehen dadurch erst <strong>im</strong> Jahr 2018 in den<br />

Markt. Acht Jahre nach der Bahnreform und der Regionalisierung des Nahverkehrs wurden<br />

nur 9% der Zug-Kilometer <strong>im</strong> Nahverkehr bzw. 5% der Personenkilometer und 1% <strong>im</strong> Fernverkehr<br />

wettbewerblich vergeben. Insbesondere bei den wirtschaftlich besonders interessanten<br />

S-Bahn-Verkehren hält die DB AG noch <strong>im</strong>mer 99% des Marktanteils (vgl. Tegner/Holzhey<br />

2004: 21). Nur eine Ausschreibung (S 28 <strong>im</strong> Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) ging<br />

an den Wettbewerber.<br />

Die politisch Verantwortlichen auf Landes- und kommunaler Ebene übertragen derzeit – <strong>im</strong><br />

Vorgriff auf künftige rechtliche Regelungen – die Bestellung öffentlicher Verkehre auf neu<br />

geschaffene Institutionen, z.B. Verkehrs- und Zweckverbünde oder Managementgesellschaften.<br />

Diese sollen definierte Haushaltsmittel erhalten und damit mehr oder weniger exakt<br />

definierte Verkehre am Markt einkaufen (vgl. Barth/Baumeister/Fiedler/Wachinger 2003: 193-<br />

200). Die über Jahrzehnte gängige Praxis, wonach „die Bahn“ und kommunale Verkehrsunternehmen<br />

ihre Verkehre weitgehend selbst festlegten und der Steuerzahler alle Defizite<br />

garantiert übernahm, soll damit überwunden sein. So sieht es zumindest die Modellvorstellung<br />

vor.<br />

Die <strong>im</strong> vorangegangenen Abschnitt skizzierte strukturelle Problematik des geteilten Markts<br />

bleibt damit bestehen. Der Aufbau zusätzlicher Regie- und Managementaufgaben erhöht den<br />

Organisationsaufwand. Eine intensivere Orientierung an den <strong>Kunden</strong>wünschen ist dadurch<br />

nicht erkennbar.<br />

Im Bus-, Straßen- und U-Bahnverkehr ist diese künftige Marktordnung noch zu formulieren.<br />

Im schienengebundenen Personennahverkehr – den Regional- und S-Bahn-Verkehren –<br />

durchlaufen die Legislative und die Exekutive dagegen bereits seit Mitte der 90er Jahre eine<br />

Lernkurve, ihre neue Rolle in dieser Marktordnung zu finden. Der in der Verkehrspolitik auffällige<br />

Mangel an konzeptioneller Stärke hat entschieden dazu beigetragen, dass zwei fast<br />

konträre Entwicklungen noch <strong>im</strong>mer denkbar sind:<br />

12 Das Bundesverkehrsministerium, vertreten von seiner Staatssekretärin Mertens, argumentierte<br />

be<strong>im</strong> Deutschen Nahverkehrstag 2003 in Mainz, die Bundesregierung wolle den „Zwangswettbewerb“<br />

vermeiden.

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