Obernkirchener Sandsteinbrüche auf dem Bückeberg ... - DGG
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Landesamt für<br />
Bergbau, Energie<br />
und Geologie<br />
Aka<strong>dem</strong>ie der<br />
Geowissenschaften<br />
<strong>Obernkirchener</strong> <strong>Sandsteinbrüche</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Bückeberg</strong><br />
Naturwerksteine und Fossilien der Unterkreidezeit<br />
Annette Richter* & Uwe Stratmann**<br />
Beschreibung des Objektes:<br />
Im Kammbereich des <strong>Bückeberg</strong>es lagert unter jüngeren<br />
Deckschichten der 6 bis 9 m mächtige <strong>Obernkirchener</strong><br />
Sandstein aus der unteren Kreidezeit. Er wird heute noch<br />
in einem großen Steinbruch abgebaut.<br />
Schon vor Ort werden die dünneren Platten zu Bruch-,<br />
Mauer- und Pflastersteinen verarbeitet und die großformatigen<br />
Gesteinsblöcke <strong>auf</strong> verarbeitungsgerechte Formate zugerichtet.<br />
Die qualitativ hochwertige Weiterverarbeitung<br />
mit modernsten Maschinen zu Fassadenplatten, Verblendern<br />
und Restaurierungselementen für historische Bauwerke<br />
findet im 7 km entfernten Werk Obernkirchen statt. Hier<br />
werden auch Steinmetze ausgebildet.<br />
Die Steine:<br />
Der <strong>Obernkirchener</strong> Sandstein besteht zu 95% aus feinstem<br />
Quarzsand in dichter Packung mit kieseligem Bin<strong>dem</strong>ittel.<br />
Er ist daher besonders fest und sehr verwitterungsbeständig.<br />
Seine Farbe variiert von gelblich-ocker über grauweiß bis<br />
weiß.<br />
Es gibt zahllose historische Verwendungsbeispiele. Dazu<br />
gehören die Stadtkirche in Bückeburg, das alte sowie das<br />
neue Leibniz-Haus und die Oper in Hannover, das Bremer<br />
Rathaus, der Xantener Dom, Teile des Ulmer Münsters und<br />
des Kölner Domes.<br />
Der qualitätvolle Stein wird seit alters her auch erfolgreich<br />
exportiert (z.B. Gebäude der Republic National Bank of New<br />
York in Luxembourg, Hauptpostgebäude in Kopenhagen,<br />
Nationaldenkmal von Belem do Para in Brasilien u.v.m.).<br />
Nach seinem wichtigsten Umschlagsplatz wurde der<br />
<strong>Obernkirchener</strong> Sandstein in der Vergangenheit auch „Bremer<br />
Stein“ genannt.<br />
Die Geschichte der Steine:<br />
Vor 140 Millionen Jahren, während der unteren Kreidezeit<br />
- <strong>dem</strong> sogenannten Berriasium oder Berrias - war die<br />
niedersächsische Landschaft eine riesige, flache Senke.<br />
Große Seen und verzweigte Flusssysteme prägten das<br />
Festland. Auf den Seeböden und im Untergrund des Landes<br />
befanden sich große Mengen von Sand, die in Richtung<br />
vorgelagerter Inselketten transportiert wurden. Zwischen<br />
diesen Inseln und <strong>dem</strong> Hinterland erstreckten sich<br />
ausgedehnte Lagunen.<br />
Das Klima war tropisch, unser Land befand sich zu der Zeit<br />
etwa <strong>auf</strong> Höhe des 35. Breitengrades (zwischen den heutigen<br />
Küsten Nordafrikas und des südlichen Italiens).<br />
Schachtelhalme, Baumfarne, Gingkos und Araucarien<br />
beherrschten das Bild der Wälder. Aus ihnen entstand die<br />
Steinkohle, die bis etwa 1960 im Schaumburger Land<br />
abgebaut wurde und von der auch ein flaches Flöz im<br />
Steinbruch ansteht.<br />
An den Ufern der Flüsse und in den Lagunen lebten<br />
verschiedene Schildkröten und Krokodile. Dreizehige<br />
Dinosaurier, sowohl pflanzen- als auch fleischfressende,<br />
(Fortsetzung umseitig)<br />
Abb. 1:Von der Grabungsmannschaft freigelegte, sich<br />
kreuzende Fährten des pflanzenfressenden Dinosauriers<br />
Iguanodon.<br />
Welche Karten gibt es - Topographie, Geologie<br />
Topogr.. Karte 1 : 25.000, Blatt 3721 Auetal, Geol. Karte<br />
1 : 25.000, Blatt 3721 Kathrinhagen, Geol. Übersichtskarte<br />
1 : 200.000, Blatt CC 3918 Hannover<br />
Handelt es sich um ein Naturschutzobiekt?:<br />
* Dr. Annette Richter, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Abteilung Wissenschaft und Sammlungen, Willy-Brandt-<br />
Allee 5, 30169 Hannover, ** Dipl.-Ing. Uwe Stratmann, Langer Kamp 3, 31840 Hessisch Oldendorf.<br />
nein<br />
Deutsche<br />
Gesellschaft für<br />
Geowissenschaften
wanderten <strong>auf</strong> der Futtersuche zwischen den Inseln und<br />
<strong>dem</strong> Festland hin und her.<br />
Zeitweilig <strong>auf</strong>tretende, schwere Sturmfluten verfrachteten<br />
große Mengen des feiner gewordenen Inselsandes wieder<br />
landwärts in die Lagunen. Fossile, zum Teil gut ausgeprägte<br />
Rippelmarken beweisen die oszillierende Bewegung des<br />
Wassers.<br />
Die Sandschüttungen überdeckten vor allem die<br />
sturmverfrachteten Treibhölzer, aber verschiedentlich auch<br />
Schildkrötenpanzer und Krokodilknochen sowie bislang<br />
einmal Reste eines kleinwüchsigen Dinosauriers. Alle diese<br />
Funde liegen in der typischen Hohlraumerhaltung vor, d.h.<br />
die Originalknochensubstanz wurde zum größten Teil<br />
herausgelöst.<br />
Die größte Berühmtheit des <strong>Obernkirchener</strong> Sandsteins<br />
stellen seine natürlichen Schichtoberflächen mit den<br />
manchmal dar<strong>auf</strong> erhaltenen Dinosaurier-Fährten dar. Diese<br />
kommen ausschließlich durch den Gesteinsabbau zutage.<br />
Eine besonders spektakuläre, 2007 von U. Stratmann<br />
entdeckte, mit Genehmigung und Unterstützung des<br />
Steinbruchbetreibers K. Köster freigelegte, große<br />
Fährtenfläche enthält zahlreiche Dino-Fußspuren von<br />
offensichtlich meist zweibeinig nebeneinander her l<strong>auf</strong>enden,<br />
pflanzenfressenden Dinosauriern der Gattung Iguanodon.<br />
Dabei liegen sehr große Trittsiegel (Erwachsene) neben<br />
mittelgroßen und kleinen (Jungtiere). Dieses gilt als Beweis<br />
für ihr Wandern in Herden (Sozialverbänden). Eine schwach<br />
ausgeprägte Fährte eines kleinen, fleischfressenden<br />
Dinosauriers belegt, daß auch diese Tiere rund um die<br />
Lagunen und die sonstigen Lebensräume präsent waren.<br />
Die gute Erhaltung der Fährten erklärt sich auch hier durch<br />
die Überlagerung mit Sturmsanden. Diese schöne<br />
Fährtenfläche soll erhalten bleiben. Die <strong>Obernkirchener</strong><br />
<strong>Sandsteinbrüche</strong> planen, sie der Öffentlichkeit zu übergeben.<br />
Ihre wissenschaftliche Bearbeitung und Dokumentation<br />
erfolgt unter Mithilfe des Institutes für Photogrammetrie<br />
und GeoInformation der Leibniz-Universität Hannover (M.<br />
Wiggenhagen).<br />
Eine zweite, von A. Richter und A. Böhme entdeckte<br />
Fährtenfläche mit ungewöhnlich vielen Trittsiegeln von<br />
verschiedenen Raubdinosauriern kann ebenfalls besichtigt<br />
werden. Beide Fährtenflächen sind europaweit einmalig.<br />
Ähnliche Sandsteine gibt es z. B. im Deister, am Osterwald,<br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Süntel und – ebenfalls mit Dinosaurierfährten – in<br />
den Rehburger Bergen (Dinosaurierfreilichtmuseum Münchehagen).<br />
Literatur zum Geotop:<br />
BALLERSTEDT, M. (1914): Bemerkungen zu den älteren Berichten<br />
über Saurierfährten im Wealdensandstein und Behandlung<br />
einer neuen, aus 5 Fußabdrücken bestehenden<br />
Spur. – In: Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie,<br />
48-64; Stuttgart.<br />
LEPPER, J. (1997): Naturwerksteine in Niedersachsen. – Zeitschrift<br />
für Angewandte Geologie, 43/1, 10 S.; Hannover.<br />
PELZER, G. (1998): Sedimentologie und Palynologie der<br />
Wealden-Fazies im Hannoverschen Bergland. – Courier Forschungsinst.<br />
Senckenberg 207, 211 S. + Anhang; Frankfurt.<br />
BROSCHINSKI, A. (2004): Exkursion 3: Der <strong>Obernkirchener</strong><br />
Sandstein – Naturwerkstein und Fossilfundgrube der Unterkreide.<br />
– In: Geobiologie 2, 74. Jahrestagung der Paläont.<br />
Ges. in Göttingen, Universitätsdrucke Göttingen, Bd. 2/Exkursionen;<br />
53-71; Göttingen.<br />
Abb. 3: Die großen Gesteinsschollen werden nur mit <strong>dem</strong><br />
Radlader, ohne vorherige Sprengung, aus <strong>dem</strong> Gesteinsverband<br />
gelöst.<br />
Herausgeber und Fachbehörde für den<br />
Geotopschutz:<br />
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, Stilleweg<br />
2, 30655 Hannover, Tel.: 0511-643-0, 0511-643-2507<br />
www.lbeg.niedersachsen.de<br />
Internet-Adressen:<br />
LBEG-Codierung: Geotop 3721-xx, TK25: 3721 Auetal, R 35 03 850, H 58 92 150<br />
Verantwortlich: LBEG: Dr. Heinz-Gerd Röhling<br />
Was gibt es sonst zu beachten?<br />
Zum „Tag des Geotopes“ finden alljährlich, seit Bestehen<br />
dieser Veranstaltungsserie, wissenschaftliche Führungen<br />
und Demonstrationen des Abbaubetriebes im Steinbruch<br />
<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Kamm des <strong>Bückeberg</strong>es statt. Meist werden parallel<br />
dazu im Werk Obernkirchen Besichtigungen der<br />
Verarbeitungsvorgänge ermöglicht. Bitte Aushänge beachten<br />
bzw. die verschiedenen Zeitpunkte bei den Beteiligten<br />
erfragen.<br />
Anfahrt : Folgen Sie ab Rolfshagen - "Süße Mutter" der<br />
Ausschilderung „<strong>Obernkirchener</strong> Sandstein“, über die<br />
Kammstraße des <strong>Bückeberg</strong>es bis vor den Steinbrucheingang<br />
(beim großen „Hinkelstein“). Dort besteht Parkmöglichkeit.<br />
Das Werk befindet sich in Obernkirchen, Am Steinhauerplatz<br />
6.<br />
Nach Beendigung des Geotop-Tages gilt: Das Betreten und<br />
Besichtigen des Werkgeländes für Gruppen ist nur nach<br />
schriftlicher Anmeldung möglich. Schriftwechsel an:<br />
<strong>Obernkirchener</strong> Sandstein, Am Steinhauerplatz 6, 31683<br />
www.lbeg.de/extras/geologie/downloads/geotope,<br />
www.dgg.de, www.geo-top.de, www.geotope.de<br />
Abb. 2: links: Regenwassergefüllte Dinosaurierfährten des<br />
Pflanzenfressers Iguanodon, <strong>dem</strong> „Charakterfossil“ der<br />
Unterkreide. rechts: Großer und kleiner Fährtenabdruck des<br />
pflanzenfressenden Dinosauriers Iguanodon, davor eine<br />
große Kluft (Riß im Gestein).