KEM Konstruktion 04.2023
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Elektrische Isolatoren in der Hochspannungs -<br />
technik sind lange als Keramikbauteile bekannt.<br />
Inzwischen ist das Einsatzspektrum für die<br />
Werkstoffklasse aber sehr viel breiter geworden.<br />
Titan allerdings schlägt man deutlich) mit einer<br />
ge ringen Haftung sowie hohen Temperaturschock -<br />
beständigkeit und guten Gleiteigenschaften.<br />
Mehr Flexibilität bei der Herstellung<br />
Bild: ARVD73/stock.adobe.com<br />
Der fränkische Hersteller MLC hat ebenfalls einen<br />
eigenen Werkstoff entwickelt, der die Vorteile von<br />
Stahl und Keramik zusammenführt. Der Werkstoff sei<br />
im Vergleich zu Stahl robuster, gewichtsreduziert<br />
und verschleißbeständiger, lasse sich aber gleichzeitig<br />
im Rahmen der Herstellung und Formgebung<br />
leichter bearbeiten als herkömmliche Keramik. So<br />
sollen die Produktions- und Anschaffungskosten<br />
deutlich geringer ausfallen als bei klassischen Hybrid-<br />
und Vollkeramiken. „Bei der klassischen Keramikherstellung<br />
erfolgt eine aufwändige Produktion<br />
durch die eingesetzte Pulvertechnologie, die nur begrenzte<br />
Möglichkeiten in der Geometrie- und Formgebung<br />
bietet und nachfolgende Sinterprozesse<br />
erfordert. Die Grünkörperfertigung wird so zu einem<br />
relativ teuren Produktionsschritt, so dass der Einsatz<br />
vollkeramischer Bauteile wohl überlegt sein will“, erklärt<br />
Michael Schubert, Leiter Produkt- und Prozess -<br />
entwicklung bei MLC. Die fränkische Firma stellt den<br />
namensgleichen Werkstoff hingegen in einem ersten<br />
Schritt aus einem Kunststoff-Grundmaterial her, das<br />
mit aktiven und passiven Füllstoffen angereichert<br />
wird. Diese Masse kann dann durch bewährte Verfahren,<br />
wie etwa Extrusion oder Spritzguss, kostengünstig<br />
verarbeitet und in eine erste Vorform gebracht<br />
werden. Das polymere Material dient dabei als<br />
plastisches Matrixmaterial für die Füllstoffe.<br />
Mit Hilfe einer ersten Wärmebehandlung wird die<br />
Vorform in einen bearbeitbaren Grünkörper verwandelt.<br />
Dieser besitzt eine plexiglasähnliche Beschaffenheit,<br />
wodurch ein endkonturnahes Bauteil mit nur geringem<br />
maschinellen Aufwand herausgearbeitet werden<br />
kann. Durch diese leichte Bearbeitung lassen sich<br />
nahezu alle gewünschten Geometrien realisieren und<br />
der Werkzeugverschleiß ist im Vergleich zur Bearbeitung<br />
anderer Werkstoffe gering. Zum Abschluss wird<br />
das Bauteil, das aus dem Grünkörper geformt wurde,<br />
in einem Hochtemperaturschritt final gefestigt, wodurch<br />
es seine stahlähnliche Härte von 1000 HV bekommt.<br />
Dabei wird das Silikonharz vollständig umgesetzt<br />
und Rückstände bleiben aus. Für hochgenaue<br />
Bauteile kann das keramische Material deshalb ohne<br />
großen Aufwand und den Einsatz teurer Werkzeuge<br />
wie Diamantschleifer nachbearbeitet werden.<br />
Verschweißfeste Getriebeteile<br />
Auch maxon fertigt in Verfahren, die auf Spritzguss<br />
und Extrusion basieren: „Wir sehen zunehmend steigende<br />
Nachfragen nach Keramik, da wir immer mehr<br />
Anforderungen aus dem Markt erfüllen können“, sagt<br />
Stefan Zilm, Business Developer bei maxon. Der Antriebstechnikspezialist<br />
hat für eigene Bauelemente<br />
die Keramikkompetenz selbst aufgebaut. Inzwischen<br />
fertigt man auch für externe Kunden. Die Branche ist<br />
überschaubar, da es sich einerseits nachfragetechnisch<br />
um eine Nische handelt, gleichzeitig aber viel<br />
Know-how erforderlich ist. „Daher hat jeder Hersteller<br />
sein eigenes Spezialgebiet etabliert was Prozesse,<br />
Materialien, Losgrößen und Toleranzen angeht“,<br />
weiß Zilm. Neben bekannten Branchen wie der Medizintechnik<br />
beliefert man zunehmend etwa auch Hersteller<br />
von hochwertigen Uhrwerken, da Keramikbauteile<br />
deren Performance noch erhöhen und damit ein<br />
Alleinstellungsmerkmal bieten können: „Durch unsere<br />
langjährige Kompetenz in der Herstellung von Getriebe-<br />
und Verzahnungsbauteilen für unsere eigenen<br />
Produkte konnten wir hier schnell punkten.“<br />
Bild: Moeschter Group<br />
Bei Doceram setzt man<br />
sich inzwischen nicht<br />
mehr nur mit dem reinen<br />
Material auseinander,<br />
sondern entwickelt<br />
auch darauf basierende<br />
Produkte, etwa für die<br />
Schweißtechnik in der<br />
Automotiveproduktion.<br />
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