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Ans Leben erinnern

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PFORZHEIM<br />

AUSGABE 30 / Frühling - Sommer 2023<br />

ERINNERN<br />

Magazin für Friedhofs - & Bestattungskultur<br />

1<br />

NATURNAHE GRABFELDER IN<br />

PFORZHEIM<br />

Inhalt<br />

2 Vorwort<br />

Markus Pudschun<br />

Stadt Pforzheim<br />

4<br />

Heilsames<br />

Innehalten<br />

Hospizdienst Pforzheim<br />

5 Anonymengräber<br />

Konzertankündigung<br />

6<br />

Ratgeber<br />

8<br />

Stadtgeschichte<br />

§ Recht<br />

Testamentsergänzungen<br />

&<br />

Persönlichkeiten<br />

Werner Wild<br />

Eine Geschichte von Ralf Schreck, Naturfreund und Mitarbeiter<br />

der Genossenschaft badischer Friedhofsgärtner<br />

Als meine Mutter Gertrud erfuhr, dass<br />

auf dem neuen Friedhof in Büchenbronn<br />

ein naturnahes Gräberfeld entstehen<br />

sollte, sagte sie begeistert: „Das<br />

möchte ich mir gerne ansehen, bitte<br />

geht mit mir dorthin“. Wir waren verwundert<br />

und mussten uns eingestehen,<br />

dass es Anfang März noch recht kalt<br />

war. Aber Gertrud gab nicht nach und<br />

so machten wir uns auf den Weg.<br />

Kaum hatten wir das Gelände betreten,<br />

wehte uns ein eisiger Wind entgegen<br />

und wir hielten die Hälse trotzdem<br />

gekonnt aufrecht. Was für ein imposanter<br />

Anblick lag vor uns! Obwohl der<br />

Friedhof gerade erst im Aufbau war,<br />

sah es hier schon lange nicht mehr<br />

nach einem traditionellen Grabfeld aus.<br />

Dank der Steinanlagen, Totholzbereiche<br />

sowie dem Tümpel hatte man fast den<br />

Eindruck in einen Park zu spazieren.<br />

Auch die Containerpflanzen ließen<br />

Gertrud ihre Heimat vermissen - Kornelkirsche,<br />

Roter Hartriegel, Sauerdorn,<br />

Felsenbirne oder Pfaffenhütchen - Für<br />

uns Kinder sahen diese Sträucher alle<br />

gleich aus, doch sie erkannte alle sofort<br />

wieder und konnte sich gut an ihre<br />

Kindheit am Hof und im Krautgarten<br />

<strong>erinnern</strong>.<br />

„Schaut mal“ sagte sie plötzlich begeistert<br />

„alle Arten blühen zu unterschiedlichen<br />

Zeiten und bieten von Frühling<br />

bis Spätherbst viel Abwechslung - für<br />

Insekten und Vögel genauso wie für<br />

uns Menschen”. „Ich habe für heute


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

VOR<br />

genug gesehen, hier wird meine Endstation sein, lasst uns<br />

wieder nach Hause gehen."<br />

WORT<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

2<br />

eines der wohl schönsten Schauspiele der Natur ist<br />

zu beobachten, wenn die Welt beginnt sich aus dem<br />

Winterschlaf zu erheben. Blumen recken sich in vielerlei<br />

Farben, Vögel und Schmetterlinge fliegen umher.<br />

Krokusse und Schneeglöckchen kündigen das Ende<br />

der grauen, tristen Wintermonate an. Lichten sich die<br />

frost- oder schneebedeckten Flächen im morgendlichen<br />

Sonnenlicht, sind dies zauberhafte Anblicke, die<br />

man festhalten möchte und die sich positiv, nicht nur<br />

auf uns Menschen auswirken. Jeder Sonnenstrahl und<br />

die damit verbundene Erwärmung sorgen dafür, dass<br />

Flora und Fauna ihre Aktivitäten beginnen. Friedhöfe<br />

sind schon lange nicht mehr nur ein Ort der Bestattung.<br />

Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe besteht heute<br />

darin, dass diese Räume stadtnahe Rückzugsgebiete<br />

für heimische Tierarten sind und zur Artenvielfalt und<br />

zum Artenschutz beitragen. Zudem besitzen unsere<br />

Friedhöfe parkähnlichen Charakter mit einer großen<br />

Anzahl an Bäumen und üppiger Vegetation, weswegen<br />

ihnen beim Klimaschutz eine besondere Bedeutung<br />

zukommt.<br />

Speziell im Frühjahr lädt die Natur zu Spaziergängen<br />

ein. Entdecken Sie die Ruhe oder die unterschiedlichen<br />

Kulturen mit ihren verschiedenen religiösen Bräuchen<br />

auf unseren Friedhöfen. Dieser Charakter spielt<br />

auch immer häufiger bei der Gestaltung einzelner<br />

Friedhofsbereiche eine Rolle. <strong>Ans</strong>tatt „starrer“ Grabreihen<br />

entstehen immer häufiger Gräberfelder, die sich<br />

aufgrund ihrer Anlage und Bepflanzung in liebevolle<br />

Erinnerungslandschaften verwandeln. Ich würde mich<br />

freuen, wenn Sie diese Ausgabe dazu bewegen würde<br />

das Frühlingserwachen auf den Friedhöfen einmal zu<br />

selbst zu erleben und dadurch auch einen Eindruck der<br />

verschiedenen Grabanlagen erhalten.<br />

Ich wünsche Ihnen jetzt viel Freude mit der Lektüre<br />

und einen guten Start in den anstehenden Frühling.<br />

<br />

Markus Pudschun<br />

<br />

Leiter Friedhofsverwaltung der Stadt Pforzheim<br />

Gertrud war ein Landkind. Ihre Eltern hatten eine kleine<br />

Landwirtschaft, einen Krautgarten und ein kleines Wäldchen.<br />

Sie war zeitlebens Hausfrau. Nie hatte sie eine Lehre<br />

gemacht, nie einen Beruf erlernt. Dennoch war sie lebenstüchtig.<br />

Genau wie viele andere Frauen aus ihrem Jahrgang.<br />

Den Zweiten Weltkrieg hatte sie als Kind erlebt. Sie hatte das<br />

Privileg, die Natur und deren Zusammenhänge kennenzulernen<br />

- ein Geschenk, das ihr nicht nur beim Kochen, Backen<br />

und Schneidern half. Deshalb gefiel ihr das naturnahe Grabfeld<br />

auch so gut. Obwohl es noch im Bau war, erkannte sie an<br />

den bereits sichtbaren Strukturen und den heimischen Sträuchern<br />

dessen Bedeutung. Sie erkannte ihre Heimat wieder.<br />

Selbst am unfertigen Grabfeld konnte sie sich an ihr früheres<br />

<strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong>.<br />

Mitte März war es noch kälter und der Bereich wurde mit<br />

einer weißen Schneedecke bedeckt, die der Szenerie eine<br />

ganz besondere Würde verlieh. Doch schon bald wurde die<br />

weiße Pracht vom wärmenden Glanz der Mittagssonne aufgelöst.<br />

Gertrud holte sich regelmäßig ihre Naturnachrichten<br />

bei Christof ab: dem Friedhofsgärtner, der bereits das Grab<br />

ihrer Schwester pflegte. Dort, in seinem Blumenladen am<br />

Hauptfriedhof, hatte er zu jeder Jahreszeit die entsprechenden<br />

Blumen parat. Beinahe jedes Mal, wenn sie vorbeikam,<br />

schaute sie nach und manchmal nahm sie auch etwas mit<br />

nach Hause - heute war es ein Christrosenstrauß oder später<br />

eine Primel.<br />

Als Gertrud dann die ersten Osterglocken entdeckte, bat<br />

sie uns mit ihr nach Büchenbronn zu gehen – um die ersten<br />

Hummel-Königinnen zu sehen! Gesagt, getan. Als wir das Feld<br />

AUSGABE 30 Frühling / Sommer 2023


<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

PFORZHEIM<br />

Bilder: Schreck / unsplash.com / Gärtnerei Hilligardt<br />

betraten, begrüßten uns Narzissen im<br />

schönsten Frühlingsgelb und Gertrud<br />

sagte: "So", sagte sie, "und jetzt, warten<br />

wir auf die erste Königin".<br />

Meine Mutter war eine Expertin auf ihrem<br />

Gebiet und deshalb waren die Ausflüge mit<br />

ihr jedes Mal ein Abenteuer. Sie kannte alle<br />

Blumen und alle deren Besucher. Der erste<br />

Besucher der Osterglocke war jedoch nicht<br />

die Hummel, sondern ein Zitronenfalter. Er<br />

ist einer der wenigen Tagfalter, der bei uns<br />

überwintert. Im Heckengestrüpp, welches das Grabfeld einfriedet, finden sich<br />

geschützte Überwinterungsplätze an Zweigen. Sobald die Temperaturen über 10<br />

Grad Celsius steigen, erwachen die gelben Gesellen und stärken sich am Nektar<br />

der ersten Frühlingsblumen. Unsere Blicke waren so auf den Falter gerichtet, dass<br />

wir die Hummel Königin zuerst nicht bemerkten. Nur ihr lautes Brummen machte<br />

uns auf sie aufmerksam. Es sah lustig aus, denn durch ihr Gewicht bogen sich die<br />

besuchten Blüten der kleinen Narzissen nach unten auf den Boden. Sie trank Nektar<br />

und sammelte Blütenstaub, welchen sie in ihr Erdnest trug, als Nahrung für<br />

die heranwachsenden Larven. Die Hummeln sind dicht bepelzt. Dies befähigt sie<br />

auch bei noch relativ kühlen Temperaturen zu fliegen. Sie gehören zu den ersten<br />

Pflanzenbestäubern im Frühjahr.<br />

Unsere letzte Entdeckung des Tages war ein weiterer Falter,<br />

der sich auf einem Felsen der Steinanlage sonnte. Gertrud<br />

sagte, es sei ein Zackenfuchs, auch C-Falter genannt. Auf den<br />

dunklen Flügelunterseiten befindet sich je eine<br />

weiße Zeichnung, die wie ein C aussieht. Es ist ein<br />

schöner Ort, meinte Gertrud. Die Friedhofsgärtner<br />

haben ihn schön gestaltet. Durch die Vielgestaltigkeit<br />

können wir viele Tiere erleben. Es ist ein Ort<br />

für Menschen und Natur. Für Menschen und Tiere.<br />

Noch ist der Großteil der Vegetation in Wartestellung.<br />

Doch die Frühblüher lassen hoffen, was uns erwarten<br />

wird. Sind wir gespannt, was wir beim nächsten Spaziergang<br />

mit Gertrud erleben werden.<br />

3<br />

www.schreck-aus-schroeck.de<br />

Instagram – der_mit_der_natur_spricht<br />

GUT ZU WISSEN:<br />

Die Grabstätten im gärtnergepflegten Grabfeld auf den Friedhöfen in Pforzheim<br />

werden über die gesamte Ruhezeit hinweg vom örtlichen Friedhofsgärtner<br />

sorgfältig gepflegt. Das entlastet Angehörige dauerhaft von aufwändigen<br />

Pflegearbeiten oder zusätzlichen Kosten für die Grabpflege. Bei Erwerb einer<br />

Grabstätte im gärtnergepflegten Grabfeld wird ein Dauergrabpflege-Vertrag mit der Genossenschaft Badischer<br />

Friedhofsgärtner eG abgeschlossen. Die berufsständische Organisation kontrolliert regelmäßig die Arbeiten der<br />

Friedhofsgärtner und den Pflegezustand der Anlagen.<br />

Foto: Daniel Foltin<br />

Weitere Infos zu Bestattungsangeboten:<br />

Bei der Friedhofsverwaltung der Stadt Pforzheim sowie bei allen den örtlichen Friedhofsgärtnereien, Steinmetzbetrieben<br />

und Bestattungsunternehmen. Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner eG (07 21 – 94 48 70) |<br />

www.dauergrabpflege-baden.de<br />

Frühling / Sommer 2023<br />

AUSGABE 30


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

VON DER TRAUER UND WIE<br />

WIR IHR BEGEGNEN KÖNNEN<br />

Trauer gehört unweigerlich zu<br />

unser aller <strong>Leben</strong> dazu. Und<br />

doch scheint es kaum eine Erfahrung<br />

zu geben, die uns häufig<br />

so hilflos macht, wie die eigene<br />

Trauer oder die Begegnung mit<br />

trauernden Menschen.<br />

Ganz allgemein gesprochen<br />

bedeutet trauern: wir müssen<br />

Abschied nehmen von etwas, das<br />

uns wichtig ist, zu uns und unserem<br />

<strong>Leben</strong> gehört – und müssen<br />

erkennen, dass es die Gegenwart<br />

und Zukunft, wie wir sie uns<br />

vorgestellt haben, nicht mehr<br />

gibt und nicht mehr geben wird.<br />

Stattdessen sind wir gezwungen,<br />

uns in unserem Denken, Fühlen<br />

und Handeln an eine „neue Realität“<br />

anzupassen, die durch die<br />

Veränderung entstanden ist.<br />

Was kann bei diesem Anpassungsprozess<br />

hilfreich sein? Gibt<br />

es so etwas wie „gute Trauer“?<br />

Wie kann ich trauernden Menschen<br />

„gut“ begegnen? Gemeinsam<br />

mit Diplom-Theologin<br />

Regina Mandel, Pastoralreferentin<br />

in der Klinik-, Trauerund<br />

Hospizseelsorge, möchten<br />

wir diesen und weiteren Fragen<br />

in der heutigen Episode auf den<br />

Grund gehen.<br />

https://podcastbbb5a1.podigee.io/10-new-episode<br />

TRAUER-<br />

PODCAST<br />

ZEIT FÜR<br />

HEILSAMES<br />

INNEHALTEN<br />

Regina Mandel, Seelsorgerin am Siloah St. Trudpert Klinikum,<br />

in der Trauer- und Hospizbegleitung.<br />

Bild: privat<br />

4<br />

Abschiednehmen und die damit verbundene<br />

Trauer ist eine unumgängliche<br />

Erfahrung im menschlichen <strong>Leben</strong>,<br />

vor allem, wenn das Abschiednehmen<br />

mit dem Tod einer nahestehenden Person<br />

verbunden ist.<br />

Zeit für heilsames Innehalten – mit Musik, Texten, Gebeten, Ritualen<br />

Es ist ein altes Wissen, dass es wichtig<br />

und hilfreich ist, sich Zeit zu nehmen<br />

für die Trauer. Den Alltag unterbrechen<br />

und sich in einem besonderen<br />

Rahmen dem Trauern und dem Erinnern<br />

stellen: Das kann heilsam sein.<br />

29. April | 09. September | 28. Oktober 2023 (samstags) je 11 Uhr | Treffpunkt:<br />

an der Aussegnungshalle auf dem Pforzheimer Hauptfriedhof | Musik: J. Eckarth<br />

(Querflöte); T. Schmidt (Keyboard) | Leitung: Regina Mandel (Seelsorgerin)<br />

Kontakt: R. Mandel | Telefon: 07231 498-5340 | Mail: regina.mandel@siloah.de<br />

KINDERGRABFELD<br />

Gedenkgottesdienste<br />

für Sternenkinder<br />

Für trauernde Eltern oft ein Halt: Seit<br />

über 20 Jahren werden im Kindergrabfeld<br />

auf dem Pforzheimer Hauptfriedhof<br />

Sternenkinder bestattet. Für Eltern<br />

und Familien ein Ort des Abschiednehmens<br />

und der Trauer. Dreimal jährlich<br />

begegnen die Klinikseelsorger der<br />

Pforzheimer Frauenkliniken Eltern<br />

und Angehörigen bei einem Gedenkgottesdienst.<br />

Die Bepflanzung der<br />

Beete auf der Rasenfläche wird von<br />

Friedhofsgärtnereien unentgeltlich<br />

übernommen.<br />

Die nächsten Termine für trauernde Eltern und Angehörige finden wie folgt statt:<br />

14. Juli | Fr 24. November 2023 je um 14 Uhr | Treffpunkt: in der Aussegnungshalle<br />

auf dem Pforzheimer Hauptfriedhof Kontakt:<br />

Regina Mandel Telefon: 07231 498-5340 | Mail: regina.mandel@siloah.de &<br />

Esther Philipps, ev. Pfarrerin und Klinikseelsorgerin in Pforzheim |<br />

Telefon: 07231 969-0 | Mail: esther.philipps@ekiba.de<br />

Bild: Evangelische Kirche Pforzheim<br />

AUSGABE 30 Frühling / Sommer 2023


<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

PFORZHEIM<br />

BESTATTUNGSANORDNUNGEN<br />

Es gibt verschiedene Kriterien dafür, wer in einem Grab für Bestattungsanordnungen<br />

beigesetzt wird, wie zum Beispiel das Fehlen von Angehörigen.<br />

Wenn Menschen sterben, die keine bestattungspflichtigen<br />

Angehörigen haben oder diese sich nicht um die Bestattung<br />

kümmern, muss die Bestattung von Amts wegen angeordnet<br />

werden. Üblicherweise und so auch lange in Pforzheim<br />

wurden diese Personen eingeäschert und anonym beigesetzt,<br />

weil das die günstigste Bestattungsart ist. Allerdings<br />

ist ja nicht gesichert, dass das auch der Wunsch der verstorbenen<br />

Person gewesen wäre, weshalb wir in Pforzheim<br />

eine andere Lösung gesucht und gefunden haben.<br />

Das für die Bestattungsanordnungen zuständige Amt für<br />

öffentliche Ordnung erwirbt das Nutzrecht an einer relativ<br />

großflächigen aufgegebenen Grabstätte, auf der sich ein<br />

erhaltenswertes Grabmal befindet, in der Regel für 20 Jahre<br />

und sorgt für auch für die Grabpflege.<br />

Letztlich wird sogar jeder Verstorbene namentlich genannt.<br />

Die Kosten dafür sind insgesamt geringer als früher, als für<br />

jeden einzelnen Verstorbenen die Gebühr für ein anonymes<br />

Grab bezahlt wurde. Die Vorteile sind, dass ein altes,<br />

erhaltenswertes Grabmal weiter bestehen bleibt und Personen,<br />

die in Pforzheim sterben und um die sich niemand<br />

kümmert, nicht namenlos beigesetzt werden. Es sind ja<br />

immer unterschiedliche Schicksale, die zu so einer Situation<br />

geführt haben. Die Kosten pro Bestattungsfall bei einer<br />

Anordnung übernimmt zunächst das Amt für öffentliche<br />

Ordnung. Sofern bestattungspflichtige Personen ermittelt<br />

werden können, die sich nicht um die Bestattung gekümmert<br />

haben, werden die Kosten vom Amt dort geltend<br />

gemacht.<br />

5<br />

„SAFE THE DATE“<br />

Die Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner freut sich Ihnen erneut ein<br />

Konzert/Lesung auf dem Friedhof Pforzheim präsentieren zu können. Es<br />

ist eine öffentliche Veranstaltung, jeder ist herzlich eingeladen!<br />

Weitere Informationen zur Veranstaltung werden rechtzeitig am Friedhofseingang<br />

und in örtlichen Zeitungen zur Verfügung gestellt.<br />

Eckdaten: Sonntag, 24.09.2023 | Beginn: 11 Uhr | Eintritt frei<br />

Bei schlechtem Wetter wird die Veranstaltung in die Trauerhalle verlegt.<br />

Frühling / Sommer 2023<br />

AUSGABE 30


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

RATGEBER § RECHT INTERESSANT<br />

TESTAMENTSERGÄNZUNG<br />

KANN EIN HANDSCHRIFTLICHES TESTAMENT DURCH<br />

EINE MASCHINENGESCHRIEBENE UND UNTER-<br />

SCHRIEBENE LISTE WIRKSAM ERGÄNZT WERDEN?<br />

Bild: pexels.com<br />

6<br />

DER FALL<br />

Eheleute hatten gemeinsam ein formwirksames<br />

gemeinschaftliches eigenhändiges<br />

Testament errichtet, das von<br />

beiden unterschrieben war. Sie setzten<br />

sich zunächst als Alleinerben ein und<br />

regelten dann im Weiteren, dass der<br />

Nachlass in Deutschland an die Tochter<br />

des Ehemannes und ein Ferienhaus<br />

in Italien an eine Erbengemeinschaft<br />

aus fünf befreundeten Familien fallen<br />

soll. Wörtlich regelten sie: „Namen und<br />

Adressen für das Erbteil in Italia sind<br />

im PC Ausdruck angehängt und persönlich<br />

unterschrieben.“ Nachdem die<br />

Ehefrau vorverstorben war, errichtete<br />

der Ehemann ein neues notarielles<br />

Testament und setzte seine Tochter<br />

aus erster Ehe als Alleinerbin ein. Nach<br />

dem Tod des Ehemannes, haben zwei<br />

der auf der maschinengeschriebenen<br />

Liste genannten Personen einen Erbschein<br />

beantragt, der sie als Miterben<br />

ausweist. Die Tochter des Ehemannes<br />

aus erster Ehe ist diesem Antrag entgegengetreten.<br />

DIE ENTSCHEIDUNG<br />

Der BGH stellt klar, dass nach § 2247<br />

Abs. 1 BGB der Erblasser ein Testament<br />

durch eine eigenhändig geschriebene<br />

Die Deutsche Vereinigung für Erbrecht- und Vermögensnachfolge e.V. (DVEV) setzt sich für<br />

die Information der Bevölkerung und qualifizierte Beratung in Erbrechts- und Vermögensfragen<br />

ein. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Internet unter www.erbrecht.de<br />

Nimmt ein wirksam errichtetes eigenhändiges Testament auf ein nicht<br />

der Testamentsform entsprechendes Schriftstück Bezug (hier: maschinengeschriebene<br />

Liste mit Namen der Erben, die wiederum handschriftlich<br />

durch beide Erblasser unterschrieben ist), so wird die formunwirksame<br />

maschinenschriftliche Anlage nicht zum Bestandteil der formgültigen<br />

letztwilligen Verfügung. Die maschinenschriftlich genannten Personen<br />

werden damit keine Erben, entschied der Bundesgerichtshof in seiner<br />

Entscheidung vom 10.11.2021, die die DVEV verkürzt wiedergibt.<br />

(BGH-Beschluss vom 10.11.2021, IV ZB 30/20, BeckRS 2021, 41084)<br />

und unterschriebene Erklärung errichten<br />

kann. Bei einem gemeinschaftlichen<br />

Testament der Eheleute genügt es,<br />

wenn ein Ehegatte das Testament nach<br />

der vorgeschriebenen Form errichtet<br />

und der andere Ehegatte die Erklärung<br />

eigenhändig mitunterzeichnet. Dabei<br />

müssen sämtliche Verfügungen des<br />

Erblassers, diese Formanforderungen<br />

erfüllen. In dem handschriftlichen Testament<br />

selbst ist hinsichtlich des Erbteils<br />

in Italien die getroffene letztwillige<br />

Verfügung nicht hinreichend bestimmt.<br />

Aus ihr allein lassen sich die Erben<br />

-ohne Rückgriff auf die Anlage – im<br />

Einzelfall nicht entnehmen. Ohne eine<br />

zweifelsfreie Bestimmung der bedachten<br />

Personen liegt jedoch keine vollständige<br />

letztwillige Verfügung vor. Die<br />

Erbeinsetzung für das „Erbteil Italia“<br />

konnte nicht dadurch vervollständigt<br />

werden, dass auf die Namen und Adressen<br />

in der maschinengeschriebenen<br />

Anlage verwiesen wurde. Die Bezugnahme<br />

auf eine nicht formwirksame<br />

Anlage kann nicht dazu führen, dass<br />

diese zum Bestandteil des formgültigen<br />

Testaments wird. Der Erbscheinsantrag<br />

war daher zurückzuweisen, Alleinerbin<br />

des gesamten Vermögens der Eheleute<br />

wurde damit die Tochter des Ehemanns<br />

aus erster Ehe.<br />

DVEV-EXPERTENRAT<br />

Jan Bittler, Rechtsanwalt und<br />

Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg<br />

und Geschäftsführer der<br />

DVEV, sagt dazu:<br />

„Trotz der Digitalisierung in allen<br />

<strong>Leben</strong>sbereichen ist § 2247 BGB<br />

aber nach wie vor wörtlich zu<br />

nehmen. „Zwar soll nach der ein<br />

oder anderen <strong>Ans</strong>icht von Gerichten<br />

die Bezugnahme zum Zwecke<br />

der näheren Erläuterung auf ein<br />

maschinengeschriebenes Schriftstück<br />

zulässig sein, nach der Entscheidung<br />

des BGH ist nunmehr<br />

aber dringend davon abzuraten,<br />

maschinengeschriebene Anlagen<br />

einem Testament beizufügen.“<br />

Bild: DVEV<br />

AUSGABE 30 Frühling / Sommer 2023


<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

PFORZHEIM<br />

UNSER TIPP GRABGESTALTUNG<br />

LEBHAFTE<br />

FARBEN &<br />

FRÖHLICHES<br />

Frühling. Bald sind die Bäume nicht mehr kahl<br />

GEZWITSCHER<br />

und weich bedeckt werden Zweig und Tal.<br />

Himmel. Auch die Schwalben kehren zurück<br />

und erzählen von neuem Glück.<br />

Monika Minder<br />

Das Frühlingsspektakel beginnt mit einem farbenfrohen Erwachen.<br />

Die Blumen sprießen und die Vögel singen ihre Lieder.<br />

Die Bäume blühen in allen nur erdenklichen Farbschattierungen,<br />

während die Insekten dazu tanzen. Es ist, als würde die<br />

ganze Welt zum <strong>Leben</strong> erweckt und erinnert uns daran, was<br />

für ein großes Geschenk das <strong>Leben</strong> ist.<br />

7<br />

Bilder: freepik.com<br />

TIPPS FÜR DIE GRABPFLEGE<br />

Genießen Sie das Frühlingsfest der<br />

Natur! Ein Spaziergang in den Gärten<br />

und Parks lohnt sich, denn hier<br />

erwacht die Natur nach dem kalten<br />

Winter wieder zu neuem <strong>Leben</strong>.<br />

Auch für das Grab sollte man einige<br />

Tipps beachten, damit es im Frühjahr<br />

wieder schön grün wird:<br />

1. Grab vorbereiten: Saisonbepflanzung,<br />

Laub, Unkraut und Winterdekoration<br />

entfernen. Boden mit<br />

einer Harke oder einer Schaufel<br />

auflockern und mit frischer Erde<br />

auffüllen. Hier eignet sich Blumenerde<br />

oder dunklere Graberde. Durch<br />

Zugabe von Splitt oder Sand bei lehmigen<br />

oder Erde für sandige Böden<br />

kann die Bepflanzung erfolgreicher<br />

sein. So kann zum Beispiel das Versickern<br />

von Wasser verhindert werden.<br />

Pflanzenschutzmittel sind auf<br />

Gräbern nicht erlaubt!<br />

Blumen sind ein Symbol für Schönheit und Freude. Sie liefern den<br />

Menschen Nahrung, Farbe und sogar Heilmittel. Obwohl sie relativ<br />

kurzlebig sind, bringen Blumen Menschen Hoffnung und Liebe. Sie<br />

schaffen uns das Gefühl, dass wir nicht allein sind und helfen uns,<br />

schwere Zeiten zu überstehen und positive Dinge zu feiern. Blumen<br />

<strong>erinnern</strong> uns daran, was es bedeutet, lebendig zu sein.<br />

2. Grabstein: Im Winter werden<br />

Grabsteine und Umrandungen oft von<br />

Frost in Mitleidenschaft gezogen. Deshalb<br />

untersuchen Sie diese im Frühjahr<br />

auf Schäden. Ein Fachmann sollte<br />

Ausbesserungsarbeiten durchführen.<br />

Moos kann mithilfe einer Bürste und<br />

Wasser leicht beseitigt werden.<br />

3. Rückschnitt: Der richtige Beschnitt<br />

im Frühjahr ist wichtig für Gewächse,<br />

um sie vor unerwünschtem Wuchern<br />

zu bewahren und die maximale Höhe<br />

von 2 Metern einzuhalten. Rosenstauden<br />

schneidet man am besten gleich,<br />

Buchsbäume und Thujen aber erst<br />

später im Sommer.<br />

4. Bepflanzung: Bei der Grabbepflanzung<br />

sind die Bodenbeschaffenheit<br />

und der Standort wichtig. Narzissen<br />

und Buschwindröschen gedeihen auf<br />

Schattengräbern, Krokusse hingegen<br />

brauchen viel Sonne. Gießen sollte<br />

man abhängig vom Untergrund! Kombinieren<br />

Sie verschiedene Frühblüher,<br />

um ein farbenfrohes Bild zu erhalten.<br />

Idealerweise ersetzt man verblühte<br />

Blumen durch Sommerflor erst nach<br />

den Eisheiligen. So bleibt die Blütenpracht<br />

länger erhalten.<br />

Österliche Akzente? Kleine Schalen<br />

mit Palmkätzchen oder Nestchen aus<br />

Zweigen und mit verschiedenen Dekoelementen<br />

verziert runden das Bild ab.<br />

Frühling / Sommer 2023<br />

AUSGABE 30


PFORZHEIM<br />

<strong>Ans</strong> <strong>Leben</strong> <strong>erinnern</strong><br />

STADTGESCHICHTE & PERSÖNLICHKEITEN<br />

PREISRÄTSEL<br />

8<br />

WERNER WILD<br />

Mäzen und Unternehmer<br />

Werner Wild, ehemaliger Geschäftsführer<br />

und Inhaber der Firma Otto<br />

Wild KG war ein ausgewiesener Unterstützer<br />

von kulturellen Projekten in<br />

Pforzheim. Sein unermüdliches Engagement<br />

über mehrere Jahrzehnte wurde<br />

2003 mit der Bürgermedaille, 2016<br />

mit dem Ehrenring und schließlich am<br />

22. Juni 2018 mit der Ehrenbürgerwürde<br />

der Stadt gewürdigt.<br />

Werner Wild (* 21. Mai 1926 in Pforzheim;<br />

† 30. September 2020 in Oberkirch)<br />

war ein Unternehmer aus<br />

Pforzheim, der nach seinem Abitur<br />

an der Friedrich-Oberschule und dem<br />

Militär- und Kriegsdienst an der Technischen<br />

Hochschule Stuttgart als Diplom-Ingenieur<br />

abschloss. Von 1952 bis<br />

1989 war er Geschäftsführer der Otto<br />

Wild KG, die 1924 von seinem Vater<br />

Otto Wild gegründet worden war.<br />

Das Unternehmen hat sich durch die<br />

Herstellung von Etuis und Verpackungen<br />

für Schmuck, Uhren und Schreibgeräte<br />

einen Namen gemacht. 1952<br />

errichtete er den Firmen-Neubau in<br />

der Salierstraße und 1961 gründete er<br />

eine Niederlassung in Lichtenau, wo er<br />

1999 zum Ehrenbürger ernannt wurde<br />

und 2002 mit der Bürgermedaille<br />

ausgezeichnet wurde.<br />

Wild war ein wichtiger Kopf in der<br />

Kulturszene Pforzheims. So trat er<br />

vielfach als Mäzen in Erscheinung:<br />

Er spendete großzügig an Schulen,<br />

Kultureinrichtungen und andere Projekte<br />

der Stadt. Er gründete die Werner-Wild-Stiftung,<br />

mit deren Hilfe er<br />

den Einbau des vierten Stockwerks im<br />

Kulturhaus Osterfeld, digitale Projektoren<br />

für Open Air Kinoveranstaltungen<br />

sowie den Ausbau des Alfons Kern<br />

Turms finanzierte. Bei solchen Veranstaltungen<br />

erschien er regelmäßig.<br />

Aufgrund seines Engagements wurde<br />

Werner Wild 2016 mit dem Ehrenring<br />

ausgezeichnet, 2018 ehrenhalber zum<br />

Bürgermeister Pforzheims ernannt<br />

und posthum mit einer Trauerminute<br />

im Gedenken an ihn gewürdigt.<br />

Seine Trauerfeier fand im engsten Familienkreis<br />

statt, – er hinterlässt Ehefrau<br />

sowie Kinder und Enkelkinder.<br />

Blumenschau, Sommerfest und<br />

Reallabor: Die Bundesgartenschau<br />

2023 in Mannheim setzt<br />

neue Maßstäbe. Mit über 100<br />

Hektar Fläche wird die BUGA 23<br />

nicht nur eine der größten Bundesgartenschauen.<br />

Sie wird ein<br />

Experimentierfeld für innovative<br />

Ideen und Forschungsansätze<br />

zu den vier Leitthemen Klima,<br />

Umwelt, Energie und Nahrungssicherung<br />

eröffnen. Ein Highlight<br />

wird die Seilbahn sein, die beide<br />

BUGA-Gelände - Spinelli und Luisenpark<br />

- miteinander verbindet.<br />

Machen Sie mit bei unserem<br />

Rätsel und gewinnen Sie<br />

2 Eintrittskarten für die<br />

BuGa23 in Mannheim!<br />

1Wie wird der C-Falter noch<br />

genannt?<br />

2Welches Amt ist in Pforzheim<br />

für die Bestattungsanordnungen<br />

zuständig?<br />

3Von wann bis wann war Werner<br />

Wild Geschäftsführer in<br />

der Otto Wild KG?<br />

Einsendeschluss: 30.06.2023<br />

Beantworten Sie mit Hilfe der Zeitung die oben<br />

gestellten Fragen und schreiben Sie Ihre<br />

Antworten bitte an:<br />

Verein zur Pflege der Friedhofsund<br />

Bestattungskultur in Baden<br />

Alte Karlsruher Straße 8<br />

76227 Karlsruhe<br />

oder per E-Mail an:<br />

info@friedhofskultur-baden.de<br />

Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht<br />

möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Bei<br />

mehreren richtigen Einsendungen entscheidet<br />

das Los. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />

Die Adressen werden ausschließlich<br />

für eventuelle Gewinnbenachrichtigungen<br />

verwendet.<br />

Sie haben Fragen oder Wünsche?<br />

Wenn Sie mehr über die Friedhofs- und<br />

Bestattungskultur in Pforzheim erfahren<br />

möchten, steht Ihnen die Friedhofsverwaltung<br />

der Stadt Pforzheim gerne zur Verfügung.<br />

FRIEDHOFSVERWALTUNG PFORZHEIM<br />

Ispringer Straße 42 | 75177 Pforzheim<br />

Telefon 0 72 31 - 39 30 92<br />

Telefax 0 72 31 - 39 13 33<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montags bis donnerstags von 8 bis 12 Uhr,<br />

sowie 14 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: Verein zur Pflege der<br />

Friedhofs- & Bestattungskultur in Baden<br />

Alte Karlsruher Straße 8 | 76227 Karlsruhe<br />

www.friedhofskultur-baden.de<br />

Layout: rekodesign - Büro für Ton & Gestaltung<br />

AUSGABE 31 erscheint Herbst / Winter 2023

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