Künstler - - Stift Admont
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August Natterer<br />
*Schornreute 1868–1933, Pflegeanstalt Rottenmünster<br />
Pseudonym bei Prinzhorn: „August Neter“<br />
Natterer war als Sohn eines schwäbischen Sparkassiers<br />
der Jüngste von neun Geschwistern.<br />
Nach siebenjähriger Realschule erlernte er den<br />
Beruf des Mechanikers und absolvierte Ausbildungen<br />
zum Elektromonteur. Seine Unternehmungslust<br />
trieb Natterer für Jahre durch Europa<br />
und sogar Amerika, wo er im Telegrafen- und<br />
Telefonwesen arbeitete und 1893 die Weltausstellung<br />
in Chicago besuchte.<br />
1897 gründete Natterer in Würzburg ein<br />
Mechaniker- und Elektrotechniker-Geschäft,<br />
bildete Lehrlinge aus, war Vorsitzender der Meisterprüfungs-Kommission und<br />
belieferte Universitätsinstitute. Ab 1902 konnte er die Universität aufgrund<br />
rückläufigen Bedarfs nicht mehr mit seinen feinmechanischen Apparaturen<br />
beliefern; er bewarb sich als Vorarbeiter einer Fachschule und wurde abgewiesen.<br />
Ab 1907 beschäftigte sich Natterer exzessiv mit Erfindungen und Patenten,<br />
geriet in große Unruhen und suchte schließlich ärztlichen Rat auf. Im Frühling<br />
desselben Jahres – nach Natterers Worten ausgelöst durch berufliche<br />
Demütigung und eine „Todsünde“, die er in einem Bordell begangen hatte –<br />
erfuhr er eine große halluzinatorische Vision: Natterer offenbarten sich am<br />
Himmel an die 10.000 Bilder in einer halben Stunde. Gott selbst erschien, die<br />
Hexe, die die Welt erschuf, Kriegsbilder, Erdteile, Kosmosdarstellungen, usw.<br />
Diese Bilder als „Offenbarungen des Weltgerichtes“ bestimmten ganz wesentlich<br />
Natterers künstlerisches Schaffen. 1912 begann er, seine Visionen zu zeichnen –<br />
zwei seiner herausragenden Werke sind der „Wunder-Hirthe“ und „Weltachse<br />
mit Hase“.<br />
Neben seinem bildnerischen Werk verfasste Natterer auch phantastische<br />
Gedichte mit teils brillanten Klangassoziationen.<br />
Nach der Krankenakte litt Natterer an einer schweren Psychose und Paranoia: „Es<br />
sei ihm, als fege ein Kehrbesen in seiner Brust und in seinem Bauche herum;<br />
seine Haut sei zu einem Fell geworden; seine Knochen und Kehle versteinert; im<br />
Bauche habe er einen Baumstamm; aus seiner Nase kommen Tiere herunter …<br />
starkes Knarren in den Kniegelenken erklärt er als Telephonieren, wodurch dem<br />
Teufel stets sein Aufenthalt nach unten berichtet wird …“.<br />
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