Wohnsinn-niebler-2023-01

Vom Heidelberger Stadtwald bis zur Ostsee
und den Alpen werden quer durch die Republik
immer mehr Heil- und Kurwälder ausgewiesen.
Erholung und Ruhe zu finden ist essentieller denn je. Seelische
und körperliche Erschöpfung, psychische Angeschlagenheit oder
gar Depressionen sind längst nicht mehr nur Einzelfälle. Intuitiv
tanken viele ihre Energie im Wald auf, dessen beruhigende Wirkung
wissenschaftlich nachgewiesen ist. Seine natürlichen Reize,
die im Gegensatz zur Stadt vorhersehbar und unaufdringlich auftreten,
überfluten die Sinnesorgane nicht. Waldluft enthält außerdem
bis zu 90 Prozent weniger Schadstoffe als Stadtluft. Und sie
dient zur Übermittlung für die von Bäumen und Sträuchern abgesonderten
Terpene. Stoffe, die sich positiv auf das Immunsystem
auswirken.
Erholung und frische Luft:
Wald als Therapie-Bestandteil
Umgesetzt werden diese heilsamen Erkenntnisse bereits in verschiedenen
Modellen der Pflege- und Heilkunde. Auch im Konzept
der Kur- und Heilwälder kommen die positiven Aspekte der Erholung
zum Tragen. So werden deutschlandweit bereits seit längerem
Gütesiegel vom Waldzertifizierungssystem PEFC vergeben.
2021 sprang auch Bayern auf und zertifizierte seine ersten Kurund
Heilwälder im Freistaat. Das innerdeutsche Urlaubsmekka
Mecklenburg-Vorpommern geht sogar noch einen Schritt weiter
und betreibt mittlerweile eine internationale Zertifizierungsstelle
für Heilwälder.
Das Ziel: Waldgesundheit in Form verschiedener Aktivitäten als
therapeutischen Bestandteil für Prävention und Heilung zu etablieren.
Der Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern schreibt
etwa in seinem Wegweiser zur Entwicklung von Heilwäldern und
Kurwäldern: „Der Wald soll Wald bleiben!“ Diesem Leitspruch
folgend bieten die Kur- und Heilwälder im Bundesland verschiedene
Möglichkeiten der Gesundheitsförderung an. So können
Besucher des Ostseebades Heringsdorf beispielsweise einen
Motorikpfad im Wald beschreiten oder meditative Bewegungstherapien
nutzen.
Doch nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern sprießen Kur- und
Heilwälder wie Pilze aus dem Boden. Von Lahnstein in Rheinland-
Pfalz über den Heidelberger Stadtwald bis nach Baden-Württemberg
und Bayern erhalten immer mehr Wälder diesen besonderen
Status. Bayern wies erstmals 2022 in insgesamt 16 Gemeinden
Kur- oder Heilwälder aus, die das „Qualitätssiegel Waldgesundheit“
erhielten – unter anderem in Bad Reichenhall, Pfronten und
Treuchtlingen bis nach Bad Alexandersbad.
Waldbaden und mehr
Dass im Süden der Republik ähnlich hohe Standards gelten wie im
Norden, zeigt ein Streifzug durch das Programm des Heilwaldes
in Bad Füssing in der Nähe von Passau. Dort führen ausgebildete
Therapeuten mitunter durch einen persönlichen Jahresrückblick
der Teilnehmer, inklusive einer begleiteten Zielfestsetzung für
das nächste Jahr. Daneben sind diverse Kurse zur aktiven Auseinandersetzung
mit dem Thema Wald angeboten, die oft auf dem
Prinzip des „Waldbadens“ beruhen. Dieses Konzept wurde ursprünglich
von japanischen Wissenschaftlern unter dem Namen
„Shinrin Yoku“ erforscht und findet in Deutschland immer mehr
Anhänger. Waldtherapien, die auf den Ansatz des Waldbadens
zurückgreifen, werden beispielsweise unterstützend in der Behandlung
von Depressionen, Burnout und psychischen Stressbelastungen
eingesetzt.
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