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Ausgabe_01_2023

Magazin der Stadtwerke Erfurt für Kunden und Erfurtfans, mit vielen Themen über unsere Stadt, spannende Menschen und großartige Ideen, Informationen und Tipps zu Produkten und Leistungen der Stadtwerke Erfurt in den Bereichen Strom, Gas, Wasser, Fernwärme, Bäder, egapark oder Nahverkehr

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Frühjahr <strong>2023</strong><br />

Journal<br />

Das Magazin für<br />

unsere Kunden<br />

Auf den HUND<br />

gekommen<br />

Seite 44<br />

Start frei zum<br />

Blühmarathon Seite 6<br />

So schafft Erfurt den<br />

Wandel in der City Seite 24


Inhalt<br />

Blüten-Marathon<br />

egapark startet Saison............................. 6<br />

Fürstliches Schauspiel<br />

Besuch im Ekhof-Theater....................... 15<br />

Hier gibt es Ruhe satt<br />

Grundmühle lädt zur Entspannung.......... 18<br />

Wandel in der City<br />

Interview mit OB Andreas Bausewein.... 24<br />

Wasserrohrbruch<br />

Schnelles Handeln wenns passiert ......... 26<br />

Fisch in der Schwimmhalle<br />

Klabautermann für Genießer..................30<br />

Runde Sache<br />

EVAG macht die Räder rund....................46<br />

Ihre Stadtwerke im Netz:<br />

www.stadtwerke-erfurt.de<br />

Der Stadtwerke-Blog:<br />

www.swefuererfurt.de<br />

Unsere Facebook-Seite:<br />

www.facebook.com/sweerfurt<br />

Hier geht es zur<br />

App SWE für Erfurt.<br />

Bald wieder planschen wie damals<br />

Das Dreienbrunnenbad, ein heißer Sommertag irgendwann in den 30er-Jahren. Ein Mann steht kurz vor dem Absprung ins kühle<br />

Nass, ein paar mutige Kinder spielen im Wasser.<br />

Wenn Sie, liebe Leser, bald mal wieder ins komplett sanierte Freibad im Süden der Landeshauptstadt durchstarten, werden Sie<br />

kaum einen Unterschied zu diesem Foto entdecken. Gut, das Becken ist dank Einbau von neuer Technik etwas kleiner – dafür gibt’s<br />

neue (traumhafte) Plätze zum Chillen, leckere Gastronomie und garantiert superfrische Abkühlung.<br />

Impressum<br />

HERAUSGEBER: SWE Stadtwerke Erfurt GmbH<br />

REDAKTION: Henry Köhlert (Ltg.), Maria Gimpel, Frieda Schmidt,<br />

Ivo Dierbach, Hannes Sperling, Christine Karpe<br />

AUTOREN: Michael Keller, Matthias Thüsing<br />

E-Mail: presse@stadtwerke-erfurt.de, Telefon: 0361 564-1128<br />

BEIRAT: Udo Bauer, Annett Glase, Anne Griese, Inka Kaufmann,<br />

Sabine Lehmann, Barbara Mörstedt, Hanno Rupp, Anett Schmidt,<br />

Maxi Wähnert<br />

REDAKTIONSSCHLUSS: 17. März <strong>2023</strong><br />

GESTALTUNG: Stefan Waldert, Janet Waldert<br />

TITELBILD: Steve Bauerschmidt<br />

RÜCKSEITE: Adobe Stock<br />

2 3


Hereinspaziert ins<br />

egapark-Wunderland<br />

Das Unmögliche zu<br />

schaffen, gelingt einem<br />

nur, wenn man es für<br />

möglich befindet<br />

Der verrückte Hutmacher aus Alice im Wunderland<br />

Fantastische Hallenschau<br />

An einem schönen Sommertag sitzt Alice mit ihrer<br />

Schwester unter einem Baum und langweilt<br />

sich. Sie traut ihren Augen und Ohren kaum, als<br />

ein sprechendes Kaninchen an ihr vorbei eilt. Bis<br />

zu dessen Bau verfolgt sie das seltsame Wesen und fällt<br />

in die Tiefe. Sie landet in einem sonderbaren Land voller<br />

bizarrer Gestalten und märchenhafter Begegnungen,<br />

erlebt wunderbare Abenteuer wie in einem Traum. Wenn<br />

sich am 13. Mai die Türen von Halle 1 für die neue Sommerhallenschau<br />

öffnen, werden nicht nur die Fans der zauberhaften<br />

Alice begeistert sein, denn es erwarten sie Kaninchenbau,<br />

Hutmacherparty und königliches Croquet. Viele Szenen der<br />

märchenhaften Blumenschau in Halle 1 wecken Assoziationen<br />

zum Kinderbuch „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll aus<br />

dem Jahr 1865.<br />

Den Besucher erwartet Fantastisches: meisterhafte Floristik,<br />

zauberhafte Blumen, und viele inhaltliche Bezüge zu Szenen<br />

aus der Alicegeschichte: magische Türen, die oft zitierten<br />

Uhren, Schlüssel oder eine festlich gedeckte Kaffeetafel - wie<br />

in der Geschichte des Kinderbuchklassikers. Die Idee zur diesjährigen<br />

Blumenschau wurde kreiert von Landschaftsarchitektin<br />

Lisa Weisner, in Zusammenarbeit mit den<br />

egapark-Floristen Cornelia Squara und Markus<br />

Lehmann und dem egapark-Gärtnerteam.<br />

Bis 11. Juni <strong>2023</strong> öffnen sich täglich außer<br />

montags die Türen zum Wunderland.<br />

Lassen Sie sich verzaubern!<br />

Treffpunkt der<br />

Superhelden: Comicpark<br />

Wo trifft man auf Transformers und<br />

Iron Man? Wo sind Spiderman, Captain<br />

America und vielleicht auch der<br />

verrückte Hutmacher aus Alice im<br />

Wunderland zu Gast? Na klar, beim Comicpark<br />

am 13. und 14. Mai <strong>2023</strong> im egapark.<br />

Unzählige Cosplayer, die ihre Charaktere<br />

aus Anime, Manga, Videospielen, Comics,<br />

TV-Serien oder Filmen möglichst originalgetreu durch<br />

Christine Karpe (Text)<br />

Steve Bauerschmidt, Adobe Stock (Fotos)<br />

Kostüme und Verhalten nachstellen, werden zu Thüringens<br />

größter Comic-Convention erwartet. Hier vereinen sich Comiczeichner,<br />

Fachhändler, Superhelden aus dem gesamten<br />

Universum, ausgestorbene Reptilien und Schwertkämpfer<br />

aus dem Mittelalter zu einem einzigartigen Spektakel.<br />

In einem der schönsten Gartenparks Deutschlands<br />

trifft sich für ein Wochenende alles<br />

was Cosplayer- und Comic-Fan-Herz begehrt:<br />

Ein buntes Bühnenprogramm,<br />

interessante Workshops und jede<br />

Menge Spaß runden das fantastische<br />

Wochenende ab:<br />

Walk Acts<br />

Superhelden so in Echt und zum<br />

Anfassen und der egapark bietet<br />

für das Foto eine einzigartige Kulisse.<br />

Zum Dahinschmelzen lecker<br />

Konditorin Anna Roth<br />

produziert Eis<br />

im egapark<br />

Bühnenprogramm<br />

Showgruppen, Konzerte, Spiele und Wettbewerbe sorgen<br />

am 13. und 14. Mai für einen kurzweiligen Tag auf der Parkbühne.<br />

Die große Kunst des Zeichnens<br />

Ein Besuch der Artist-Alley im Danakil lohnt sich: Hier präsentieren<br />

35 Künstler und Handwerker ihre fantastischen Kreativarbeiten.<br />

Beim „Graphit Battle“ treten 16 Künstler gegeneinander<br />

an.<br />

Die Tickets für den Comicpark gibt es online<br />

im egapark-Ticketshop oder an den Kassen.<br />

Der Eintritt für einen Tag kostet 20 Euro (ab 7 Jahre).<br />

Ohne Eis geht im Sommer gar nichts – und sonst lieben die Deutschen die kühle Nascherei: Durchschnittlich 8 Liter Eis<br />

lassen sie sich jährlich auf der Zunge zergehen. Der Spitzenreiter - Schokolade – ist ein echter Klassiker. Die auf den weiteren<br />

Plätzen folgenden Sorten sind ebenfalls keine Überraschung: Vanille, Haselnuss, Stracciatella und Erdbeere<br />

Diese und auch ganz besondere Eissorten werden seit dem 1. April <strong>2023</strong> in der neu eröffneten Eismanufaktur Confetti im<br />

egapark aus natürlichen und vor allem regionalen Zutaten hergestellt. Neben den Klassikern<br />

planen die Konditoren auch Geschmacksüberraschungen für experimentierfreudige<br />

Eisfans und laktosefreie Sorten. Manche Zutaten wachsen direkt vor der Tür<br />

im egapark: Kräuter, Dahlien, Rosen…<br />

200.000 Euro hat der Betreiber der neuen Eismanufaktur Confetti, die<br />

Lebenshilfe Service gGmbH, mit Unterstützung der Aktion Mensch in das<br />

ehemalige Cafe nahe dem Haupteingang investiert. Wie in allen Einrichtungen<br />

des inklusiven Unternehmens werden Mitarbeiter mit einer Behinderung<br />

zum Team gehören. Das Konzept der neuen Manufaktur<br />

ist regional, nachhaltig und vielfältig: Wechselnde Sorten, nur essbare<br />

Eisverpackungen aus Waffeln verschiedener Größen und viele leckere<br />

Toppings zur Auswahl.<br />

Das handwerklich hergestellte Eis gibt es künftig auch in der<br />

Gaststätte Caponniere im egapark, die ebenfalls von der Lebenshilfe<br />

Service gGmbH betrieben wird.<br />

Ran an die Waffeln!<br />

4 5


Start des egapark-Blühmarathons<br />

Vor dem Blühen steht der Fleiß – im Herbst<br />

beginnend mit dem Vorbereiten des Bodens und<br />

dem Stecken der Blumenzwiebeln. Im Frühjahr wird<br />

dann ca. drei Wochen gepflanzt<br />

Panta rhei – alles fließt – das gilt<br />

in diesem Jahr auch für das<br />

Große Blumenbeet. Thema der<br />

<strong>2023</strong>er-Beetgestaltung vom Festplatz<br />

bis zum Danakil ist ein blaues Band,<br />

das sich über die 6.000 Quadratmeter<br />

Beetfläche schlängelt. Gebildet wird<br />

es aus 16.000 Traubenhyazinthen sowie<br />

4.800 Hyazinthen in verschiedenen<br />

Blautönen und 2.100 weißen Narzissen:<br />

Fließendes Wasser oder ein<br />

Blütenfluss, das muss der Betrachter<br />

entscheiden.<br />

Insgesamt 71.000 Blumenzwiebeln<br />

werden ihre Blütenpracht im Großen<br />

Blumenbeet im Frühjahrslook entfalten.<br />

Ein Großteil sind Tulpen, umrahmt<br />

von Narzissen, Hyazinthen und Traubenhyazinthen.<br />

Das alles haben die egapark-Gärtner<br />

bereits im Herbst des Vorjahres<br />

gesteckt. Nach fest vorgegebenen<br />

Mustern, entworfen von der Erfurter<br />

Garten- und Landschaftsarchitektin<br />

Ingrid Theurich. Nachdem sich die<br />

Bodenfröste verabschiedet hatten, gesellten<br />

sich zu den Blumenzwiebeln<br />

mit Blühgarantie 62.000 Pflanzen, darunter<br />

Hornveilchen, Stiefmütterchen,<br />

Tausendschönchen, Goldlack und Vergissmeinnicht.<br />

Mehrere Wochen waren<br />

die egapark-Gärtner unterstützt<br />

von Vertragsfirmen dafür im Pflanzeinsatz.<br />

„Man darf nicht zu früh pflanzen“,<br />

weiß Gärtnermeister Uwe Schachschal,<br />

„dann können die Pflanzen bei<br />

Bodenfrösten noch erfrieren und man<br />

hat doppelte Arbeit.“ Anfang März<br />

kam noch einmal Schnee und<br />

es regnete lange, sodass sich<br />

das Auspflanzen verzögerte.<br />

Der erfahrene Gärtner bestellt<br />

die Pflänzchen nach<br />

Arbeitsfortschritt, sodass<br />

die Frühblüher nach Anlieferung<br />

schnell in die Erde kommen.<br />

Entlang des Bands aus blauen Blumen<br />

sind die Flächen jeweils in einer<br />

Farbe gehalten. Blumen verschiedener<br />

Sorten, die in einer einheitlichen Farbe<br />

blühen, wurden dafür ausgewählt.<br />

Am Festplatz beginnt das Farbspektakel<br />

mit Gelb und Orange mit Stiefmütterchen,<br />

Hornveilchen und Goldlack.<br />

Daran schließen sich violette Areale<br />

in verschiedenen Schattierungen sowie<br />

rot-orangefarbene Pflanzungen<br />

an. In der Mitte des großen Blumenbeetes<br />

dominieren weiße Pflanzen<br />

und Pastelltöne – vor allem Tulpen. In<br />

Richtung des Danakil Wüsten- und Urwaldhauses<br />

wechseln sich im Großen<br />

Blumenbeet rote, orangefarbene und<br />

violette Blühbereiche mit weißen und<br />

pastellfarbigen ab.<br />

Auf dem großen Dahlienbeet am Danakil<br />

hat Gärtnermeister Uwe Schachschal<br />

in diesem Jahr etwas Neues ausprobiert.<br />

Inspiriert hatte ihn dazu eine<br />

Idee auf der Floriade, der Weltblumenausstellung<br />

in den Niederlanden. Aufgrund<br />

der notwendigen Bodenverbesserung<br />

– Dahlien benötigen viele<br />

Nährstoffe – kamen im Herbst keine<br />

Blumenzwiebeln, sondern Pferdemist<br />

aus dem egapark-Bauernhof in den<br />

Boden. Die Blumenzwiebeln wurden<br />

stattdessen in Pflanzkästen gesetzt<br />

und diese im Frühling strahlenförmig<br />

auf dem Beet angeordnet. Umrahmt<br />

werden die Pflanzkisten von Frühblühern<br />

wie Hornveilchen, Stiefmütterchen<br />

in Gelb und Orange. Aus der Luft<br />

betrachtet ergibt das Bild eine Sonne.<br />

Die Außenbereiche<br />

symbolisieren<br />

den Himmel<br />

und blühen in<br />

Blau.<br />

Die bunte Vogelwelt<br />

des Danakil<br />

Es raschelt im üppigen Grün des Urwaldhauses im egapark. Zwischen Bananenstauden,<br />

dicht bewachsenen Teichen und tropischen Großgewächsen<br />

verschiedener geografischer Regionen haben vier Vogelarten ein Zuhause<br />

gefunden: Madagaskarweber, Kragentauben, Chacoguane und Straußwachteln.<br />

Straußwachteln sind Bodenbewohner. Die kugelrunden Federbälle stammen aus<br />

Asien und benötigen Temperaturen oberhalb der 10 °Celsius sowie hohe Luftfeuchtigkeit.<br />

Das Danakil-Urwaldhaus bietet ideale Bedingungen für die kleinen Vögel.<br />

Sie verstecken sich im geschützten Dickicht mit ihrer großen Pflanzenvielfalt. Sie<br />

scharren gern und benötigen wechselnden Boden auch für das Kürzen der Krallen.<br />

Straußwachteln lieben in ihrem natürlichen Lebensraum frische und abwechslungsreiche<br />

Kost, die viele Mineralien enthält. Sie sind die einzigen Vertreter ihrer<br />

Gattung. Marc Mittelbach, Tierpfleger im Danakil, beschreibt die Vögel: „Die Färbung<br />

und der Federschopf auf dem Kopf des Männchens sind einmalig. Der Hahn<br />

ist schwarz und blau-grün irisierend, seine Federn glänzen metallisch. Die Henne<br />

ist grün und hat braune Flügeldecken. Besonders schön zu beobachten - der Hahn<br />

lockt seine Henne immer wieder mit Pfiffen und bietet ihr gefundene Leckerbissen<br />

an.“<br />

Nur zweimal in Deutschland gezeigt: Chacoguan<br />

Texte Christine Karpe Fotos Steve Bauerschmidt<br />

Ein wahrer Zungenbrecher ist der Name eines besonderen Vogelpaares. Chacoguane<br />

werden in Deutschland nur im egapark und in Stuttgart in der Wilhelma gehalten.<br />

„Die ca. 50 cm große Art wird auch Chacotschatschalaka genannt. Grund<br />

ist sein charakteristischer Ruf. Unsere Vögel sind echte Erfurter, wurden in einer<br />

der artenreichsten Fasanerien Europas in Erfurt gezüchtet“, weiß Tierpfleger Marc<br />

Mittelbach.<br />

Ursprünglich leben die Hokkohühner, so ihr Gattungsname, in Argentinien, Bolivien,<br />

Brasilien, Paraguay und Uruguay in Regen- und Trockenwäldern. Sie ernähren<br />

sich von Samen, Beeren, Knospen, Blättern und Früchten. Die Nahrung wird direkt<br />

vom Ast gepflückt. Die Chacoguane scharren und picken am Boden wie Haushühner<br />

und schlafen auf Bäumen. In der Natur leben sie in kleinen Harems. Gebrütet<br />

wird im März oder April. Bisher gab es im Danakil noch keinen Nachwuchs.<br />

6<br />

7


So viele unvergessliche<br />

egapark-Momente<br />

8<br />

Musik schallt durch den Park, in der<br />

schaukelnden Hängematte lässt es sich<br />

dabei gut entspannen. Unter dem Lesebaum<br />

hört man in der Lesepause nur<br />

das Blättern der Buchseiten, wenn Geschichten<br />

die Zuhörer in ihren Bann ziehen.<br />

Entspannte Klänge verbinden sich<br />

mit den fließenden Bewegungen der<br />

Teilnehmer in den Yoga- oder Body Balance-Stunden<br />

der AOK-Plus-Gesundheitskurse.<br />

Spiel und Spaß mit dem<br />

KiKANiNCHEN: Ostern im egapark<br />

9. und 10. April <strong>2023</strong>: Jedes Jahr am<br />

Ostersonntag schaut der Osterhase im<br />

egapark vorbei. Doch dieses Jahr ist er<br />

nicht allein: KiKANiNCHEN ist am 9. April<br />

ebenfalls beim Ostersonntagsfest mit<br />

dabei! Auf der großen Wiese locken<br />

viele Aktionen zum Mitmachen: ein Ritterturnier,<br />

Riesenseifenblasen, Minidisco,<br />

Bastel- und Aktionsangebote des<br />

KiKA und der AOK Plus, spannende Geschichten<br />

über Drachen und Zauberer<br />

im Märchenzelt und tolle Aktionsspielgeräte.<br />

Zur großen Freude aller Kinder<br />

werden in diesem Jahr wieder goldene<br />

Ostereier auf der Großen Wiese,<br />

auf dem Spielplatz und dem Bauernhof<br />

versteckt. Die kleinen Finder können<br />

diese an der Parkbühne bei den Antenne-Thüringen-Moderatoren<br />

gegen<br />

tolle Preise eintauschen. Der Hauptgewinn<br />

ist ein Gutschein für einen zweitägigen<br />

Aufenthalt im Europapark Rust<br />

mit Übernachtung.<br />

Japan meets Erfurt:<br />

Japanisches<br />

Gartenfest<br />

7. Mai <strong>2023</strong>: Japan<br />

ist fern und doch so<br />

nah: Für einen Tag<br />

treffen im Japanischen<br />

Fels- und Wassergarten<br />

Kultur, Musik und Lebensweise<br />

des Landes der aufgehenden<br />

Sonne auf die fernöstliche<br />

Gartengestaltung im Blütenmeer der<br />

Zierkirschen, umrahmt von Azaleen,<br />

Rhododendren und in Form geschnittenen<br />

Nadelgehölzen. Auf der nahen<br />

Parkbühne erklingt fernöstliche Musik,<br />

fesseln aufregende Kampfkunstund<br />

Trommelshows die Zuschauer,<br />

werden traditionelle Tänze aufgeführt<br />

und Ikebana gesteckt. Im Japanischen<br />

Fels- und Wassergarten kann die Bonsaikunst<br />

bewundert werden, liefern<br />

Schnupper-Sprachkurse einen ersten<br />

Einblick in die japanische Sprache.<br />

Die Königin der Blumen hält<br />

Hof: Rosengartenfest<br />

11. Juni <strong>2023</strong>: Im stimmungsvollen<br />

Ambiente des Rosengartens wird für<br />

die Königin der Blumen der Blütenteppich<br />

ausgerollt – ein Hoffest mit Musik,<br />

Workshops, Lesungen, Führungen<br />

und einem unvergleichlichen Duft von<br />

Tausenden Blüten. Mehr als 4.000 Rosen<br />

mit ihrer Blütenpracht bilden im<br />

15.000 Quadratmeter großen Themengarten<br />

die Kulisse: Hier blühen Duftrosen,<br />

insektenfreundliche Sorten, DDRund<br />

BRD-Züchtungen neben uralten<br />

Kletterrosen und neuen Zuchtvarianten<br />

und belegen die Vielseitigkeit der<br />

beliebten Gartenpflanze.<br />

Sommerfeeling<br />

mit Kunstgenuss:<br />

Kreativgarten Festival<br />

1. und 2. Juli <strong>2023</strong>: Zwei<br />

Tage voll mit sommerlichen<br />

Rhythmen, den Beats verschiedener<br />

DJs, mit kreativen Mitmachaktionen<br />

für Kleine und Große haben die<br />

Kreativgärtner im Gepäck. Wer es lieber<br />

ruhiger mag, kann auch einfach<br />

mit einem kühlen Drink im Liegestuhl<br />

chillen. Das Festival ist ein Wochenende<br />

voller handgemachter Kulturbeiträge<br />

mit Livemusik, Theater, Workshops<br />

und jeder Menge nachhaltiger Ideen:<br />

Mandalas malen, Upcycling und Makramee,<br />

Kindermusik zum Mitmachen,<br />

Kindertheater und Livemusik schaffen<br />

Wohlfühlatmosphäre. Samstagabend<br />

läutet ein Tanzkurs die kubanische<br />

Nacht mit Salsakonzert ein.<br />

„Rendezvous im Garten“<br />

4. Juni <strong>2023</strong>: Der egapark lädt <strong>2023</strong><br />

erstmalig zum „Rendezvous im Garten“.<br />

Die europaweite, vom französischen<br />

Kulturministerium ausgerufene Veranstaltung<br />

findet <strong>2023</strong> unter dem Motto<br />

„Die Musik des Gartens“ statt. Im egapark<br />

werden am 4. Juni eine Vogelstimmenwanderung,<br />

Klangschalenmeditation,<br />

musikalische Klanginseln sowie ein<br />

Picknickdeckenkonzert geboten.<br />

Texte Christine Karpe Fotos Steve Bauerschmidt<br />

Für Selbermacher, Kreativfans und Freizeitgärtner<br />

Gartenwerk-Kurse im egapark<br />

Kreativität und die Freude am Garten,<br />

Achtsamkeit und Pflanzenliebe<br />

– die Kurse des Gartenwerks<br />

im egaCampus sind so<br />

vielfältig wie die Freizeitinteressen<br />

der Selbstgemacht-Liebhaber<br />

und Hobbygärtner. Im „Garten-<br />

Werk“ wird natürlich auch gewerkelt,<br />

hier kann jeder seine praktische Fertigkeiten<br />

ausprobieren und sich neue Fähigkeiten<br />

aneignen. Im egapark sind<br />

die Gartenexperten zu Hause: die Fachleute<br />

für Pflanzenschnitt und –pflege<br />

oder für das gestalten mit Blumen.<br />

Ausgewählte Bildungspartner<br />

geben fachliche Tipps, kreative<br />

Anregungen und<br />

zeigen neue Trends.<br />

Gärtnermeister<br />

Uwe Schachschal<br />

Er ist der Fachmann<br />

für mehr als 15.000 Quadratmeter<br />

Wechselflor, die jahreszeitlich<br />

wechselnde Bepflanzung, im<br />

egapark. Neben dem Aushängeschild<br />

des Parks, dem größten ornamental<br />

bepflanzten Blumenbeet Europas,<br />

gehören dazu auch die Dahlienschau<br />

mit mehr als 200 Sorten. Uwe Schachschal<br />

ist gefragter Gesprächspartner<br />

im MDR-Garten, macht mehrmals jährlich<br />

Führungen durch den egapark und<br />

gärtnert auch privat im heimischen<br />

Garten.<br />

Floristmeisterin<br />

Cornelia Squara<br />

Unter ihren geschickten<br />

Händen werden<br />

aus Blumen, Gartengrün<br />

und anderen dekorativen<br />

Zutaten einzigartige florale<br />

Gestaltungen. Jede ist besonders<br />

und rückt die Schönheit der Blumen in<br />

den Mittelpunkt. Die jährlichen Hallenschauen<br />

im egapark tragen ihre Handschrift<br />

ebenso wie die Weihnachtsschau<br />

im Felsenkeller in der Adventszeit. Bei<br />

zahlreichen Bundesgartenschauen wurde<br />

Cornelia Squara mit Medaillen und<br />

Preisen für ihre meisterhafte<br />

Floristik ausgezeichnet.<br />

Gärtnermeister<br />

Jürgen Meister<br />

Der pensionierte Gärtnermeister<br />

gibt seine<br />

mehr als 50-jährigen Berufserfahrungen<br />

gern an interessierte<br />

Freizeitgärtner weiter. Bekannt<br />

wurde er als MDR-Gartenmeister.<br />

Seit 2<strong>01</strong>6 war er im Auftrag vom<br />

MDR-Garten unterwegs, um Gartenbesitzern<br />

tatkräftig weiterzuhelfen. Im<br />

Ruhestand widmet sich Jürgen Meister<br />

nun seinem liebsten Hobby, dem egapark,<br />

und gibt seine schier unerschöpflichen<br />

Fachkenntnisse gern weiter. Seine<br />

Spezialität sind Großgewächse wie<br />

die Palmen des egaparks oder Kübelpflanzen<br />

sowie die vielgestaltigen Pelargonien.<br />

Bei allem ist die richtige Erde<br />

einer der Erfolgsgaranten. Im Gartenwerk-Kurs<br />

beschäftigt sich Jürgen Meister<br />

mit dem Kompost.<br />

Geplante Kurse bis Juni <strong>2023</strong><br />

RosenBlütenPracht<br />

So klappt’s mit Schnitt & Pflege<br />

egapark-Experte Uwe Schachschal<br />

Frühlingserwachen im egapark<br />

Osterfloristik-Workshop<br />

egapark-Expertin Cornelia Squara<br />

Natur-Resilienz-Training I – Outdoor<br />

Wildrausch/Christine Rauch<br />

Natur-Resilienz-Training II – Outdoor<br />

Wildrausch/Christine Rauch<br />

Natur-Resilienz-Training III – Outdoor<br />

Wildrausch/Christine Rauch<br />

Pur gekocht – wild vegan food<br />

Wildrausch/Christine Rauch<br />

Meditatives Mandala<br />

Methap Tutku<br />

Kompostwirtschaft gestern,<br />

heute, immer aktuell!<br />

egapark-Experte Jürgen Meister<br />

Rosen romantisch aufgetischt<br />

egapark-Expertin Cornelia Squara<br />

9


Geöffnet<br />

trotz Baustelle<br />

In der großen Arche<br />

wird gebaut. Die Geschäfte<br />

in der Straße bleiben geöffnet<br />

Von Frieda Schmidt (Text) und Jacob Schröter (Fotos)<br />

Aus der Kneipen-Szene nicht wegzudenken:<br />

Herr und Frau Granate<br />

Es sind „nur“ 80 Meter, aber<br />

die haben es in sich. Denn<br />

die Große Arche bekommt<br />

zwischen Marktstraße und Hochzeitshaus<br />

nicht nur eine neue Naturstein-Pflasterung<br />

und eine<br />

neue Hängebeleuchtung, sondern<br />

auch einen komplett neuen Untergrund<br />

mit allem Drum und Dran.<br />

Für die Händler und Gastronomen,<br />

die in diesem Teil der Großen<br />

Arche zu finden sind, bedeuten die<br />

Bauarbeiten eine echte Herausforderung.<br />

Sie eint die Hoffnung,<br />

dass die Kunden trotz Baustelle zu ihnen finden. Bis November müssen sie<br />

alle durchhalten…<br />

So wie die Betreiber von „Frau Granate“, einer Mischung aus Café, Bistro,<br />

Kneipe und Wohnzimmer. „Nach dem wir im März 2020 eröffnet hatten und<br />

wegen der Corona-Pandemie gleich wieder schließen mussten, macht uns<br />

nun die Baustelle Sorgen“, sagt Anja Staedler (alias Frau Granate). Verheiratet<br />

mit Ronald Staedler – Herr Granate. „Wir wollen das verkaufen, was wir<br />

mögen“, sagen beide. In der Kneipen-Szene kennt man sie aus dem Noah,<br />

ihn aus dem DoubleB. Ronald: „Bei uns ist alles echt und handgemacht“!<br />

Andrea Märtin, Inhaberin vom Café Flo nebenan, hat in Waffeln und<br />

Crêpes ihre Berufung gefunden. „Egal ob süß oder herzhaft, was wir auf der<br />

Hat ein Herz für Waffeln und<br />

Crêpes: Andrea Märtin<br />

aus dem Café Flo<br />

Die Große Arche windet sich<br />

zwischen Marktstraße und<br />

Langer Brücke durch die Erfurter<br />

Altstadt. Das idyllische Bild stört<br />

seit dem 13. März eine Baustelle<br />

Speisekarte anbieten, ist nicht nur mit Liebe selbstgemacht, sondern auch<br />

frisch und regional.“ Wenn sie nicht in ihrer Küche steht und zum Beispiel<br />

an neuen Rezepten feilt, findet man sie zum Markt auf dem Domplatz: Bärlauch,<br />

Erdbeeren, Kirschen & Co – was gerade Saison hat, landet bei ihr auf<br />

den Tellern.<br />

Auf der anderen Straßenseite findet sich neben dem Brautmoden-Outlet<br />

„Marken Store“ das Fotostudio Carl: Passbilder, Bewerbungsfotos, Hochzeits-<br />

und Familienfotografie. „Schräg gegenüber liegt das Hochzeitshaus.<br />

Im Sommer haben wir immer gut zu tun mit dem Fotografieren der frisch<br />

verheirateten Paare. Wegen der Baustelle wird dieses Geschäft wohl wegfallen“,<br />

sagt Diplom-Fotografin Mascha Stopar. „Am allerliebsten fotografiere<br />

ich Babys: Die kommen hoffentlich auch trotz Bauarbeiten vor der Tür“, sagt<br />

sie und lacht.<br />

Chefkoch Detlef Klippel<br />

sorgt im Kromers für eine<br />

authentische und regionale<br />

Küche. Seine Hoffnung:<br />

„Wenn wir 17 Uhr öffnen,<br />

pausieren die Bauarbeiten<br />

in der Straße hoffentlich<br />

schon“, so der Koch. Sein Anspruch<br />

an die hochwertige<br />

Küche: „Qualität! Wir haben<br />

eine kleine Karte. Dadurch<br />

können wir den Gästen garantieren,<br />

dass immer alles<br />

frisch ist. Außerdem setzen<br />

wir auf einheimische Produkte“.<br />

Die Slowenin<br />

Mascha Stopar<br />

fotografiert im<br />

Fotostudio Carl<br />

Detlef Klippel ist seit 2<strong>01</strong>2<br />

Chefkoch im Kromers<br />

In der Weinarche bringt Wolfgang Pfrang das Beste seiner Heimat mit nach<br />

Erfurt. „Ich komme aus Franken. Der Wein liegt mir einfach im Blut und was<br />

die fränkischen Weine angeht, bin ich Experte. Wir haben aber auch Produkte<br />

aus Italien, Frankreich und Südafrika“. Seine Philosophie: „Tolle Weine<br />

mit Qualität zu fairen Preisen. Neben dem Verkauf und Ausschank bieten<br />

wir auch Weinproben oder -reisen an.“<br />

So unterschiedlich die Menschen<br />

und ihre Produkte in<br />

der Großen Arche auch sind -<br />

alle stehen mit Leib und Seele<br />

in ihren Läden und freuen sich<br />

in den kommenden Monaten<br />

über regen Besuch. Baustellenerlebnis<br />

inklusive…<br />

Wolfgang Pfrang und seine<br />

Weinarche sind bekannt für<br />

das globale Weinangebot<br />

10 11


Hier gibt’s Geld fürs E-Auto<br />

Gute Nachrichten für Besitzer von Elektrofahrzeugen: mit<br />

ihrem E-Auto lässt sich ganz einfach Geld verdienen –<br />

jetzt auch bei den Stadtwerken. Weil Stromer keine Abgase<br />

ausstoßen, lokal emissionsfrei unterwegs sind, erhalten<br />

E-Auto-Fahrer ein Zertifikat. Das lässt sich über<br />

spezielle Plattformen an Unternehmen verkaufen, die<br />

bestimmte CO₂-Grenzwerte überschreiten. Dahinter<br />

steckt die sogenannte Treibhausgasminderungsquote<br />

(kurz: THG-Quote). Die SWE Energie GmbH bietet Haltern<br />

von E-Autos die Möglichkeit, sich für den Treibhausgasminderungs-Quotenhandel<br />

anzumelden und eine<br />

Prämie in Höhe von 285 Euro zu erhalten.<br />

www.swe-energie.de/swe-thg-quotenservice<br />

Die Stadtwerke bei der<br />

8. Langen Nacht<br />

der Wissenschaften<br />

Führung durch den Zoo Erfurt–<br />

Thema Frühlingsgefühle<br />

Bei dieser Führung kommen wahre Frühlingsgefühle auf!<br />

Frau Schmidt, die Rangerin der besonderen Art, nimmt die<br />

Gäste mit auf einen ganz speziellen Rundgang durch den<br />

Zoopark. Freuen Sie sich auf eine lustige und lehrreiche<br />

Sonderführung.<br />

Wann 15.04.23 | 18:30 Uhr<br />

Kosten 15 Euro<br />

Dauer ca. 2 Stunden<br />

Treffpunkt Kasse<br />

Anmeldung per Mail an zooschule@erfurt.de<br />

Auf die Plätze, fairtiq, los!<br />

Knirpse können knipsen<br />

„Warum darf ich nicht knipsen?“ Eltern in Erfurt kennen<br />

diese Frage – ihre Kindergartenkinder benötigen keinen<br />

Fahrschein, sie fahren kostenlos mit den Bussen und Bahnen<br />

der EVAG. Damit aber auch die Kleinsten auf ihre<br />

Kosten kommen, bieten die Erfurter Verkehrsbetriebe<br />

wieder die beliebten Kinderfahrscheine an. Der Clou: sind<br />

die Kinderfahrscheine einmal gestempelt, können sie<br />

weiter zum Spielen, Malen und Rätseln verwendet werden.<br />

Vom Bilder-Sudoku über Verkehrszeichen-Prüfung<br />

bis hin zum Schienen-Labyrinth ist alles dabei. Insgesamt<br />

zehn verschiedene Motive gibt es im Angebot. Die Kinderfahrscheine<br />

sind kostenlos im EVAG-Mobilitätszentrum<br />

am Anger erhältlich. Auch die Fahrausweis-Prüfer<br />

und die Busfahrer der EVAG haben die Tickets dabei.<br />

Die wahrscheinlich einfachste Fahrkarte der Welt wird jetzt noch besser: ab sofort ermöglicht die Fairtiq-App – das kleine Fahrschein-Programm<br />

fürs Smartphone – die Mitnahme einer zweiten Person. Mit nur einem Wisch kann eine Fahrt für sich und<br />

gleichzeitig für die Begleitung gestartet werden. Voraussetzung: die entsprechende Funktion wird ausgewählt und die Begleitperson<br />

vorab angelegt. Das geht direkt über die App, im Menü auf „Mitreisende“ tippen und die angezeigten Felder ausfüllen.<br />

Das Beste: die App ermittelt für beide Reisende automatisch den günstigsten Fahrpreis. Mehr: www.evag-erfurt.de/FAIRTIQ<br />

Sportlich aktiv zum<br />

Magdeburger-Allee-Fest<br />

Seit April begeistert der Landessportbund Thüringen e. V.<br />

mit seiner neuen Kampagne für Sport und Bewegung im<br />

Verein. Diese richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche.<br />

Der Landessportbund legt in seiner Kampagnen-Tour<br />

auch einen Stopp beim Magdeburger-Allee-Fest am 3. Juni<br />

<strong>2023</strong> auf dem Vorplatz der Stadtwerke Erfurt<br />

ein. Dort können Interessenten<br />

für sich den passenden Sportverein<br />

mittels Vereinssuche finden<br />

und bei kleinen Mitmachangeboten<br />

tolle Preise gewinnen.<br />

Vor Ort motivieren<br />

der RSC Turbine e. V. und<br />

die Soccerliga Erfurt e. V.<br />

mit sportlichen Aktionen<br />

zum Mitmachen.<br />

Der Landessportbund<br />

Thüringen e. V. vereint unter<br />

seinem Dach 23 Kreis- und<br />

Stadtsportbünde mit derzeit<br />

circa 348.000 Mitglieder in rund<br />

3.300 Sportvereinen und ist damit die<br />

größte Bürgerorganisation des Landes.<br />

Fotos Steve Bauerschmidt, Adobe Stock, Barbara Neumann<br />

D rei Jahre war Pause, jetzt ist sie zurück: „Die<br />

Lange Nacht der Wissenschaften“, am 23. Juni <strong>2023</strong><br />

ab 18:00 Uhr im Erfurter Stadtgebiet. Im Mittelpunkt<br />

der „Wissenschaftsnacht“ steht die Vermittlung<br />

dessen, was in Erfurter Unternehmen an wissenschaftlichem<br />

Potenzial hinsichtlich Forschung<br />

und Entwicklung aus ganz unterschiedlichen Disziplinen<br />

vorhanden ist. Mit dabei sind natürlich auch<br />

die Unternehmen der Stadtwerke Erfurt Gruppe. An<br />

drei Stationen werden Einblicke in Technik und Innovationen<br />

hinter den sonst verschlossenen Türen<br />

gewährt. Eine spannende Erfahrung auch für junge<br />

Menschen, die sich beruflich in Erfurt orientieren<br />

wollen.<br />

SWE Stationen:<br />

➡ 110/10kV-Umspannwerk Erfurt/West Lauentor<br />

straße – Führungen zwischen 18:00 – 22:00 Uhr<br />

➡ Roland Matthes Schwimmhalle – Zwei Führungen,<br />

18:30 Uhr und 20:30 Uhr durch den Technikbereich<br />

im Keller<br />

➡ Fernwärmeumformerstation Heyderstraße 4-8 –<br />

Führung durch die unterirdischen Versorgungskanäle<br />

zwischen 18:00 und 22:00 Uhr zu jeder<br />

vollen Stunde<br />

Das ganze Programm finden Sie auf der Website:<br />

www.lange-naechte.erfurt.de/<br />

wissenschaftsnacht<br />

12<br />

13


Für diese Frauen ist jetzt<br />

schon Weihnachten<br />

Für die allermeisten Erfurter ist<br />

Weihnachten noch ganz weit weg.<br />

Für die Mehrzahl der<br />

27 Schwestern des Erfurter Clubs<br />

„Soroptimist“ sieht die Sache<br />

dagegen ganz anders aus –<br />

sie haben Weihnachten zurzeit<br />

täglich im Blick …<br />

Denn im Sommer muss der Weihnachtskalender der<br />

Soroptimistinnen prall mit Gewinnen gefüllt sein,<br />

damit er rechtzeitig und vor allem erfolgreich verkauft<br />

werden kann – für einen guten Zweck natürlich.<br />

Der Kalender der Frauen ist so erfolgreich, dass er fast<br />

zur Bückware avanciert. Kein Wunder, grasen doch die Club-<br />

Mitglieder hartnäckig Erfurter Firmen nach den besten Gewinnen<br />

ab.<br />

Doch von Anfang an. Der Name des Clubs für berufstätige<br />

Frauen klingt für ungeübte Ohren anfangs etwas ungewöhnlich:<br />

Soroptimist. „Das kommt vom<br />

lateinischen Sorores optimae und<br />

kann mit ,Die besten Schwestern‘<br />

übersetzt werden“, erklärt Charis<br />

Klingohr, seit 2021 Präsidentin<br />

des Clubs. „Soroptimistinnen sind<br />

in 121 Ländern tätig, rund 72.000<br />

Frauen zählen zu den Mitgliedern.“<br />

1921 in Kalifornien gegründet,<br />

setzten sich die Soroptimistinnen<br />

in erster Linie für Frauenrechte<br />

sowie Bildung, Gleichberechtigung<br />

und Frieden zum Wohle der<br />

Frauen ein. Das Ganze überparteilich,<br />

keinem Glauben versprochen.<br />

Ein Club nur für Frauen? „Ja, das<br />

ist bei uns seit mehr als 100 Jahren<br />

Tradition“, sagt Charis Klingohr<br />

und lacht. „Außerdem sollte in einem<br />

Club jede Berufsgruppe nur<br />

einmal vertreten sein, um möglichst<br />

breit aufgestellt zu sein. Also<br />

nur eine Rechtsanwältin, eine Ingenieurin,<br />

eine Ärztin, eine Architektin<br />

und so weiter.“<br />

In Erfurt gibt es die Soroptimistinnen<br />

seit 2003. „Wir haben verschiedene<br />

Projekte, mit denen wir<br />

Geld sammeln. Da ist der Kalender, bei dem sich hinter jedem<br />

Türchen bis zu neun Gewinne verstecken. „Theaterkarten, Restaurantgutscheine,<br />

Urlaubstrips, Rundflüge, Frisörbesuche“,<br />

sagt die Präsidentin. „Drei Projekte aus Erfurt werden von den<br />

Verkaufserlösen unterstützt.“<br />

Mal wird dem Frauenhaus geholfen, mal dem Verein Erfurter<br />

Seelensteine, einer Einrichtung, die sowohl Kindern von<br />

psychisch erkrankten Eltern als auch den Eltern selbst eine Anlaufstelle<br />

bietet. Charis Klingohr: „Auch der Kinderschutzbund<br />

Erfurt bekommt finanzielle Unterstützung, wenn er einen Verteidigungskurs<br />

für Mädchen und Frauen anbieten möchte.“<br />

Die Präsidentin: „Wir engagieren uns ehrenamtlich, weil wir<br />

denen in der Gesellschaft helfen wollen, die Hilfe brauchen.<br />

Der Staat kann sich nicht um alles kümmern – ohne Menschen,<br />

die sich für andere engagieren, würde unsere Gesellschaft zusammenbrechen.“<br />

Doch die Erfurterinnen erwirtschaften nicht nur mit dem<br />

Kalender (den es in verschiedenen Buchhandlungen, bei den<br />

Clubschwestern und der Touristinfo gibt) Geld, sie laden auch<br />

mindestens einmal jährlich zur After Work Charity Party in<br />

den Presseclub – die Einnahmen fließen ebenfalls in ein Projekt.<br />

Und schließlich der Kinoabend in Weimar, gemeinsam<br />

mit den Schwestern von der Ilm – und nicht zu vergessen das<br />

Spargelstechen im Frühjahr.<br />

Charis Klingohr: „Unser Club ist für jede von uns eine Herzensangelegenheit.“<br />

Henry Köhlert (Text) Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

Theatergenuss wie<br />

zu Herzogs Zeiten<br />

Es sind nur wenige Stufen hinab in die Dunkelheit. Es riecht nach Holz und<br />

altem Gemäuer. Der Raum ist so niedrig, dass sich die Kulissenschieber<br />

in ihrer Unterwelt nur gebückt bewegen können. Nur wenige Zentimeter<br />

über ihren Köpfen stehen die Mitglieder des Ensembles auf den originalen<br />

Brettern, die seit inzwischen 350 Jahren die Welt in Gotha bedeuten.<br />

Willkommen im Gothaer Hoftheater auf Schloss Friedenstein<br />

▶ ▶ ▶<br />

14 15


Bis heute haben sich Bühne und Bühnentechnik bemerkenswert<br />

vollständig erhalten. Hier habe es nie gebrannt,<br />

weiß Dittmayer. Über Jahrhunderte hinweg habe sich in<br />

dem damals mit Kerzen erhellten Raum 24 Stunden am Tag<br />

ein Mitglied der Schlossfeuerwehr aufgehalten. Über dem<br />

Theater lagerten Teile der herzoglichen Kunst- und Kuriositätensammlung.<br />

Der Herrscher wollte also auf Nummer<br />

sicher gehen.<br />

▶ ▶ ▶<br />

16<br />

Von Matthias Thüsing (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

Das Glöckchen erklingt. Es ist das Kommando zum<br />

Kulissenwechsel für die zwölf Helfer im Unter- und<br />

Hintergrund. Einer zieht den schweren Vorhang<br />

auf der Hinterbühne hoch. Darunter erscheint ein<br />

neues Bild. Andere drehen an großen hölzernen Wellen, die<br />

über Seile mit den Kulissen auf der Bühne verbunden sind.<br />

Zeitgleich ziehen sich die Elemente des Bühnenbilds zurück,<br />

während andere in den Raum hineingezogen werden. Nur<br />

acht Sekunden soll der Wechsel – begleitet vom lauten Knarzen<br />

der hölzernen Kulissenwagen – dauern. Das ist heute<br />

noch eindrucksvoll mit anzuschauen. Und 1681 war die Konstruktion<br />

der nach italienischen Plänen konstruierten Apparatur<br />

eine Sensation am herzoglichen Hof. Heute gilt es als<br />

das älteste, noch immer mit original barocker Bühnentechnik<br />

bespielbare Theater seiner Art weltweit.<br />

„Kulissenschieber für unser Ekhof-Festival suchen wir jede<br />

Saison“, sagt Stefan Dittmayer. Er ist Veranstaltungstechniker<br />

auf dem Friedenstein und für die technischen Abläufe<br />

rund um das jährliche Ekhof-Festival verantwortlich. „Genauso<br />

wie Schauspieler.“ Denn das Ekhof-Theater hat kein festes<br />

Ensemble. Jeden Sommer erwacht das Theater wieder<br />

zu neuem Leben. Das Festival bietet den jeweils 165 Gästen<br />

pro Aufführung zwischen Juli und September original barocke<br />

Theaterstücke und Opern aus dem 15. bis 18. Jahrhundert<br />

sowie verschiedene Konzerte. Schauspieler zu finden,<br />

sei nicht immer ganz einfach, sagt Dittmayer. Gesucht würden<br />

Darsteller, die während der Ferien an ihren Stammhäusern<br />

den Sommer über nach Gotha kommen wollen. Doch<br />

wer will schon im Urlaub oder am Wochenende arbeiten gehen?<br />

„Andererseits gilt das Ekhof-Theater auch unter gestandenen<br />

Schauspielern als etwas Besonderes“, sagt Dittmayer.<br />

Immerhin ist die Bühne im Untergeschoss des westlichen<br />

Eckturms auf dem Friedenstein ein Ort der Theatergeschichte.<br />

1775 gründete Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-<br />

Altenburg hier das erste stehende deutsche Hoftheater –<br />

mit festem Schauspielensemble im Dienst des Herzogs. Die<br />

Direktion hatte der seit 1774 am Gothaer Hof gastierende<br />

Schauspieler Conrad Ekhof (1720–1778) inne. Er galt zu seiner<br />

Zeit als bester Schauspieler im deutschsprachigen Raum.<br />

Fast zeitgleich „erfand“ der Gothaer Hofkomponist Georg<br />

Anton Benda (1722–1795) mit „Ariadne auf Naxos“ den danach<br />

weitverbreiteten Musiktheaterstil des Melodrams. Bis<br />

zu Ekhofs Tod im Jahr 1778 bildete das Hoftheater einen Mittelpunkt<br />

des deutschen Theaterlebens.<br />

Der heutige Theaterraum misst insgesamt 24 Meter in der<br />

Länge, acht Meter in der Breite und ist acht Meter hoch. Die<br />

Trennlinie zwischen Bühne und Publikumsraum verläuft genau<br />

in der Mitte des Raumes. Ursprünglich wurde dieser ungewöhnlich<br />

hohe Raum als Turnhalle für die Kinder Herzogs<br />

Ernst des Frommen genutzt. Der legte damals großen Wert<br />

auf die körperliche Ertüchtigung seiner Kinder. Doch schon<br />

sein hier im Federballspiel ausgebildeter Sohn Friedrich I.,<br />

Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg (1646–1691) hatte<br />

andere Pläne mit diesem Raum. Nach der Mode des französischen<br />

Hofes musste ein Hoftheater im Friedenstein untergebracht<br />

werden. Bereits im April 1683 kam zum Geburtstag<br />

von Herzogin Christiane (1645–1705) die erste frühbarocke<br />

Oper „Die geraubte Proserpina“ hier zur Aufführung.<br />

Ausstellung „HINTER DEN KULISSEN –<br />

EKHOF-THEATER NEU ERLEBEN“: eine<br />

virtuelle Zeitreise in den Probealltag des<br />

18. Jahrhunderts, als das Gothaer Hoftheater<br />

die Schauspiellandschaft revolutionierte<br />

Die Kerzen sind längst durch elektrisches Licht ersetzt<br />

worden. Trotzdem darf das Theater in unseren Tagen nur<br />

noch unter Auflagen und mit Sondergenehmigungen bespielt<br />

werden. Weniger der Brand- als der Unfallschutz ist<br />

dafür verantwortlich. Der 300 Jahre alte Holzboden ist voller<br />

Unebenheiten und damit Stolperfallen. Überall kann<br />

man sich anstoßen. Fluchtwege entsprechen nicht mehr<br />

den heute geltenden Unfallverhütungsvorschriften. Und<br />

auch die historischen Aufzüge, mit denen die Schauspieler<br />

aus der Unterwelt der Kulissenschieber auf die Bühne gefahren<br />

wurden, dürfen nicht mehr eingesetzt werden. Die<br />

Spaltmaße in der Konstruktion sind zu groß. Beim Hochfahren<br />

könnte sich der Darsteller die Hand einklemmen –<br />

nun klettern sie auf Leitern aus dem Untergrund hervor.<br />

Kurzum: „Heute würden sie dieses Theater von keinem<br />

Bauamt mehr genehmigt bekommen“, weiß Dittmayer.<br />

Ekhof-Festival 7. Juli bis 23. September <strong>2023</strong><br />

Puppentheater<br />

DER DIENER ZWEIER HERREN Bühnenstück von Carlo Goldon<br />

Schauspiel<br />

MARIA STUART Schauspiel von Friedrich Schiller<br />

Oper<br />

ORPHEUS UND EURYDIKE Musik von Christoph Willibald Gluck<br />

Konzerte<br />

Anno 1795 – Johann Christoph Friedrich Bach trifft<br />

Georg Anton Benda<br />

Bach, Boxberg, Telemann – 3 Leipziger Musiker<br />

„… der sicherste Weg zu gantz unvermutheten Erfindungen“<br />

Der Vorverkauf beginnt am 15. März <strong>2023</strong> ab 10 Uhr.<br />

Karten und Informationen zu Aufführungsterminen<br />

erhalten Sie unter: Tel. 03621 8234 0, Fax 03621 8234 290<br />

E-Mail: service@stiftung-friedenstein.de<br />

Karten gibt es außerdem an allen bekannten<br />

Vorverkaufsstellen Thüringens<br />

So kommen Sie hin: Mit der Bahn in nur 20 Minuten vom Erfurter<br />

Hauptbahnhof nach Gotha. Vom Bahnhof sind es ca. 10 Gehminuten<br />

durch den Schlosspark bis zu Schloss Friedenstein. Vom Herzoglichen<br />

Museum führen zwei Wege seitlich des Rosengartens direkt<br />

zum Schloss, in dem sich im Westturm das Ekhof-Theater befindet.<br />

Unser Tipp: Zu den VMT-Entdeckertagen am 19. bis 20. Mai <strong>2023</strong><br />

gibt es mit der FAIRTIQ-App 50 Prozent Rabatt auf alle Fahrten innerhalb<br />

des VMT-Gebietes. So kommen Sie noch günstiger nach<br />

Gotha. Und mit der neuen Mitnahmefunktion von FAIRTIQ lässt sich<br />

ein Kind, Partner oder Freund jetzt ganz unkompliziert mitnehmen.<br />

Hier geht’s zu FAIRTIQ: www.fairtiq.com<br />

Das Ekhof-Theater auf Schloss Friedenstein gilt als das älteste<br />

Barocktheater der Welt mit noch existierender und funktionierender<br />

Bühnenmaschinerie<br />

17


Ein Besuch beim<br />

Grundmüller im<br />

Orphalgrund<br />

Von Michael Keller (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

schon was. Und wenn nicht, weil ihm die Städter alles weggefuttert<br />

haben, dann ist das eben so. Keiner mault, keiner<br />

zickt. Einer seiner Gäste hat ihm im Internet doch glatt mal<br />

eine 5-Sterne-Bewertung verpasst. Denn die Grundmühle<br />

ist längst zum Mekka geworden. Für Banker, Familien, Senioren,<br />

Politiker. Kaum war das neue Jahr geboren, standen<br />

sie Schlange. Bis zu einer Stunde. „Am 7. Januar war es hier<br />

rammelvoll“, sagt Eichhorn. Zu essen gab‘s nichts mehr. Leer<br />

gefuttert. „Nicht zu fassen“, sagt der kauzige Mann, der in<br />

Hochheim, in der Kapellenstraße, geboren wurde. Eine echte<br />

Puffbohne.<br />

Wo die<br />

Ruhe ihr<br />

Zuhause hat<br />

Wald. Stille. Nur ab und an unterbrochen vom<br />

Ruf eines Eichelhähers oder dem Krächzen einer<br />

Krähe. Hier hat die Ruhe ihr Zuhause. Regen<br />

tropft von den Zweigen im Orphalgrund.<br />

Die Grundmühle kommt in Sicht. Das alte Mühlrad dreht<br />

schweigend und unbeirrt seine Runden. In ein paar Wochen<br />

wird die Stille dem Stimmengewirr der Gäste weichen. Dann<br />

beginnt für Grundmüller Matthias Eichhorn die Saison.<br />

Das alte Gemäuer hat etwas Rätselhaftes,<br />

Geheimnisvolles. Gar nicht geheim ist das,<br />

was den wackeren Wanderer drinnen erwartet.<br />

Leberwurstbrot, die legendäre Bockwurst,<br />

Sülze, Schinkenbrett, Harzer Roller<br />

auf Gänsefettbemme. Erbsensuppe und ein<br />

deftiges Schnitzel runden den kulinarischen<br />

Reigen ab. Steht alles auf Tafeln an der Außenwand.<br />

Eine extra Karte braucht hier niemand.<br />

Runterspülen kann man das Ganze<br />

mit einem Freitax Hell. Nie gehört? Eine Erfurter<br />

Spezialität, gebraut in der Kalkreiße.<br />

Grundmüller. Ach was. Matthias Eichhorn lacht. „Ich bin<br />

nur Bier- und Brauseverkäufer“, sagt er. 61 ist er inzwischen.<br />

Auf einer Zufriedenheitsskala würde er sich nahe der 10 verorten.<br />

„Das hier wollte ich und ich liebe mein Leben, so wie<br />

es ist. Ich brauche nicht viel“, versichert er. „Na ja, ich hab<br />

Rücken seit einem Jahr, aber es geht“, relativiert er leicht<br />

flachsend. Eichhorn wohnt seit 1986 hier. 1990 hat er die<br />

Grundmühle von Eugen Roth, dem sagenumwobenen Töttelstädter<br />

LPG-Chef, für 24.000 DDR-Mark erworben. „Sie stand<br />

im ‚Volk‘ zum Verkauf. Ich habe an einem Sonntagmorgen<br />

bei Roth geklingelt und gefragt, ob ich sie haben könne“, erinnert<br />

er sich. Natürlich konnte er.<br />

Die Grundmühle ist so etwas wie Erfurts verstecktes<br />

Wahrzeichen. Heerscharen pilgern ab<br />

März/April, wenn die ersten Sonnenstrahlen locken,<br />

hierher. 3,5 Kilometer Wanderung durch<br />

den Orphalgrund. Hunger. Der Grundmüller hat<br />

Mir geht es gut,<br />

wenn es meinen<br />

Gästen gut geht<br />

Matthias Eichhorn<br />

Die Gaststube – nicht unbedingt ein kuschliger Ort. Kühl<br />

und leicht schummrig – denn Strom aus der Photovoltaikanlage<br />

gibts nur für die Wohnung des Grundmüllers. Kerzen<br />

liefern warmes Licht. Geweihe hängen an den Wänden,<br />

eine Bierseidel-Parade steht auf einem Sims, der Kamin sorgt<br />

für bullernde Wärme. Mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.<br />

WLAN? „Ach was, aber doch nicht hier“, sagt er grinsend.<br />

Verheiratet war der sympathisch-knorrige Waldschrat<br />

nie. Aber eine Freundin, die ihn aushält mit seinen Macken,<br />

die gibt es. Es gefalle ihm aber, wenn er die<br />

Woche über allein sei.<br />

Matthias Eichhorn liebt es, wenn‘s draußen<br />

leicht „schmuddelt“, denn dann hat er<br />

Zeit, mit denen, die dennoch den Weg zu<br />

ihm gefunden haben, in Ruhe zu „knetschen“.<br />

Samstags, wenn es am Nachmittag<br />

ruhiger wird, kommen oft Familien mit Kindern,<br />

um nach der anstrengenden Wanderei<br />

für die kleinen Beinchen zur Bockwurst<br />

eine rote Brause zu schlürfen. „Nettes<br />

Völkchen“, sagt er. Ihm geht es gut, wenn es seinen Gästen<br />

gut geht. Knallfrösche, die sich zu Himmelfahrt die Birne<br />

zulöten und dann auf Stunk aus sind, können ihm gestohlen<br />

bleiben. Die Grundmühle soll ein Hort des Friedens sein.<br />

Stichwort Frieden. „Das Einzige, was ich mir als Katholik und<br />

Mensch wünsche, ist eine Welt ohne Krieg und Leid“, sagt er.<br />

Der Grundmüller glaubt an die göttliche Fügung. Aber hinkriegen<br />

muss es der Mensch allein.<br />

Hat er sich nach 37 Jahren im Wald schon mal Gedanken<br />

übers Aufhören gemacht? „Ich würde gern noch 20 Jahre<br />

meine Brause verkaufen, wenn‘s der liebe Gott will“, sagt er.<br />

Ein Ausstiegsszenario? Gibts nicht“, sagt Eichhorn, das Original.<br />

Noch nicht.<br />

Das alte Mühlrad ist das<br />

Wahrzeichen des Kleinodes<br />

im Weißbachtal<br />

18<br />

19


(Mittel-)Scharfes<br />

aus Erfurt<br />

Born<br />

Senf & Feinkost –<br />

Senftradition<br />

seit über<br />

200 Jahren<br />

Von Michael Keller (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

Manchmal kommen einem beim Essen glatt die Tränen.<br />

Grund müssen nicht die Kochkünste sein. Kann<br />

an einem echten Erfurter Scharfmacher liegen –<br />

Bornsenf. 1820 gründeten die Brüder Wilhelm und<br />

Louis Born das Unternehmen „Born Senf & Feinkost“. Tatort: Ilversgehofen.<br />

Bis nach China und Südamerika schickte man – so<br />

weisen es alte Firmenunterlagen aus – diese Würzpaste, ohne die<br />

bei einem echten Erfurter keine Bratwurst durchgeht.<br />

Wenn man Born-Geschäftsführer Thomas Heinz – lustiger Anachronismus:<br />

so heißt doch auch einer der großen Marktrivalen – fragt,<br />

was sein Premiumprodukt zuvorderst ausmacht, kommt die Antwort<br />

schnell: Heimat, Tradition, Herkunft, Emotion. Senf, dieser aus<br />

Gelb- und Braunsenfsaat hergestellte „Mostrich“, wie er zuweilen<br />

auch genannt wird, ist, so Heinz, mit hoher Loyalität behaftet. Soll<br />

heißen: einmal Bornsenf, immer Bornsenf. Oder: Beim Senf hört der<br />

Spaß auf. Keine Bratwurst, keine Bockwurst,<br />

keine Wiener gehen bei einem echten Erfurter<br />

ohne genau diesen würzigen Aufstrich<br />

durch.<br />

Born Senf & Feinkost hatte es 2<strong>01</strong>9 ans<br />

strategisch ideal gelegene Erfurter Kreuz<br />

verschlagen. Der alte Produktionsstandort<br />

Bad Langensalza war längst zu klein<br />

geworden. Wer mit dem Auto von der A4<br />

aus Richtung Neudietendorf nach Arnstadt<br />

fährt, kann Born nicht übersehen. Ein überdimensionaler<br />

Senfbecher, so, wie er sonst in den Handelsregalen<br />

steht, fällt schon von Weitem ins Auge. Im Bauch 800.000<br />

Liter Löschwasser.<br />

90 Prozent Gelbsenf (zu 100 Prozent aus Thüringen),<br />

10 Prozent scharfer Braunsenf (Kanada, Ukraine) gemahlen,<br />

Wasser, Essig, Salz und Zucker plus Gewürze – fertig ist<br />

das, was so schön auf der<br />

Zunge prickelt. Und dass<br />

das, was in die Becher und<br />

Gläser gefüllt wird, besonders<br />

schmackhaft ist, hat<br />

man nach 30 Jahren nun<br />

auch im Westen zur Kenntnis<br />

genommen. Ökotest<br />

fand heraus, dass Bornsenf<br />

zum Schärfsten und Besten<br />

gehört, was man sich in<br />

Deutschland auf die Wurst<br />

drapieren kann.<br />

Senf ist ein Naturprodukt.<br />

Auf Vorrat kaufen macht<br />

wenig Sinn. Kein Sauerstoff,<br />

kalt und dunkel – dann hält<br />

er ewig. Wo aber gibt’s solche<br />

Lagermöglichkeiten schon? „Im Weltraum“, sagt Thomas<br />

Heinz. Der 48-jährige Erfurter steht seit 2<strong>01</strong>8 an der Spitze<br />

der Firma mit ihren 150 Mitarbeitern. Und vermarktet die Produktpalette<br />

immer erfolgreicher: 78 Produkte (auch Essig, Mayonnaise,<br />

Meerrettich, Grillsoßen, Dressings und Spirituosen),<br />

von denen 41 im klassischen Handel vertrieben werden.<br />

Wer es genau wissen will, sollte seine Schritte zum eigentlichen<br />

Firmensitz am Wenigemarkt lenken. Dort, im<br />

Bornsenf-Laden, ist die Produktpalette fast komplett im Verkauf.<br />

Nebst frisch gezapftem scharfem Senf vom Fass. Der<br />

hat besonders viel Bums, den vor allem Köche als Beigabe<br />

zu schätzen wissen, wenn der Braten und die Soße einen<br />

ganz besonderen Geschmackskick bekommen sollen. Wer<br />

den Becher oder das Glas einmal geöffnet hat, sollte aber<br />

zusehen, dass er den Inhalt nicht allzu lange stehen lässt.<br />

Denn dann verliert er an Geschmack. „Wer nach vier Wochen<br />

den Becher noch nicht geleert hat, braucht eigentlich<br />

keinen Senf“, sagt Heinz und lacht wieder.<br />

Bornsenf ist<br />

Heimat, Tradition<br />

und Emotion<br />

Thomas Heinz<br />

Thüringen ist bei einigen Dingen ein<br />

gallisches Dorf. Vita Cola zum Beispiel.<br />

Oder eben Bornsenf. Früher hatte man<br />

beim Markt ausschließlich Thüringen und<br />

Umgebung im Auge, heute ist man auf Siegeszug<br />

durch ganz Deutschland. Auf Griffhöhe,<br />

nicht mehr im unteren Fach, wie am<br />

Anfang, als man sich mühsam im bundesdeutschen<br />

Handel etablierte. Die Markenbindung<br />

geht das Unternehmen dabei<br />

geschickt an. Erst Ketchup von Born, ab dem zehnten Lebensjahr<br />

dann sanfter Übergang zum Senf. „Ketchup schicken<br />

wir als Türöffner vor, dann wird Senf nachgeschoben“,<br />

sagt der Geschäftsführer. So geht das. Und am Ende sorgen<br />

vor allem die Thüringer dafür, dass man den bundesweiten<br />

Pro-Kopf-Verbrauch bei Senf mit 1,3 bis 1,5 Kilo pro Jahr<br />

mit weitem Abstand zu Restdeutschland (maximal 1 Kilo)<br />

anführt.<br />

Das hat dafür gesorgt,<br />

dass die Absatzzahlen<br />

stimmen.<br />

Auch wenn Thomas<br />

Heinz nichts gegen<br />

weitere Zuwächse hätte.<br />

Platz zum Expandieren<br />

wäre genug da.<br />

Schließlich muss sich<br />

die Investition für die<br />

neue Produktionsstätte,<br />

über deren Umfang<br />

bei Born eisern<br />

geschwiegen wird, irgendwann<br />

amortisieren.<br />

Noch seien die<br />

Zahlen rot. „Wenn wir<br />

2024 schwarze Zahlen schreiben könnten, wäre das ideal“,<br />

sagt Thomas Heinz.<br />

Thüringens Senf-Romantiker stehen in fest geschlossenen<br />

Reihen hinter ihrem kalorienarmen, gesundheitsfördernden<br />

Scharfmacher, mit dem man bei Erkältungen sogar Senfwickel<br />

und Senffußbäder machen kann.<br />

Sieben Senfsorten im Becher in allerlei Geschmacksrichtungen<br />

gibt es aktuell. Der Mittelscharfe und der Delikate<br />

sind die Quotenbringer. Seit Mitte letzten Jahres gibt<br />

es auch wieder den Mittelscharfen im Glas. „Das war ein<br />

Wunsch unserer Kundschaft“, sagt der Chef. Gekrönt wird<br />

die Palette vom neuesten Gag – einem Strampler für Neugeborene<br />

mit der Aufschrift „Born in Erfurt“ – natürlich<br />

im Senfglas. Bekommt im Katholischen Krankenhaus jeder<br />

Neuankömmling. Ist aber auch käuflich zu erwerben.<br />

Schöne Idee. Man muss sich immer etwas einfallen lassen.<br />

20 21


„Wir müssen spielen,<br />

damit wir bleiben“<br />

Text Matthias Thüsing<br />

Foto Steve Bauerschmidt<br />

Die Sommerkomödie<br />

in der<br />

Erfurter<br />

Barfüßerruine –<br />

das ist in jedem<br />

August ein<br />

heiteres, frisches<br />

Bühnenerlebnis,<br />

gespielt für rund<br />

10.000 Zuschauer.<br />

Hinter den Kulissen<br />

ist es vor allem<br />

harte Arbeit gepaart<br />

mit viel<br />

Enthusiasmus.<br />

Gewinne will die<br />

gemeinnützige<br />

Sommerkomödie<br />

Erfurt gGbmH dabei<br />

gar nicht einfahren.<br />

Im Idealfall aber<br />

lassen sich hier ein<br />

paar Träume<br />

verwirklichen<br />

Eine recht gute Gelegenheit, Volker<br />

Nienstedt zufällig zu treffen, ist<br />

das Café Hilgenfeldt auf dem Erfurter<br />

Domplatz. „Das ist hier mein Arbeitszimmer“,<br />

sagt er. Auch an diesem späten Vormittag<br />

Ende Februar sitzt er an einem der Tische<br />

draußen vor dem Café und genießt - in dicker<br />

Jacke zwar – die ersten wärmenden Strahlen<br />

der Sonne. Nienstedt als Intendant hat zu einer<br />

kurzen Besprechung mit seinen Mitarbeiterinnen<br />

der Sommerkomödie gGmbH geladen.<br />

Die Premiere ist zwar noch fünf Monate<br />

entfernt. Doch mit der Planung der Saison<br />

<strong>2023</strong> ist bereits Anfang des Vorjahres begonnen<br />

worden. „Es beginnt damit, Stück und Regie<br />

auszusuchen“, sagt er. Der Regisseur beziehungsweise<br />

die Regisseurin wähle dann<br />

das Ensemble aus. Mit dem werden dann Verträge<br />

gemacht. Elf Schauspieler und Schauspielerinnen<br />

höchstens dürfe so ein Stück<br />

beschäftigen. Das aber sei nur ein Bruchteil<br />

derer, die zum Gelingen der Sommerkomödie<br />

beitragen. Eigentlich sei er das ganze Jahr<br />

damit beschäftigt, mit der Stadt, Lieferanten<br />

und den Dienstleistern rund um das Theater<br />

zu verhandeln.<br />

Volker Nienstedt ist gewesener Hamburger<br />

und begeisterter Erfurter, kritischer Bürger<br />

und Ratsherr, 67 Jahre alt und voller kindlicher<br />

Freude, wann immer es um Kultur gehe.<br />

Er ist Szene-Kneiper und seit 2<strong>01</strong>7 Intendant<br />

der Sommerkomödie. Damals hatte der Vorgängerverein,<br />

der das Angebot nach der<br />

Schließung des Schauspielhauses 2002 initiiert,<br />

über viele Jahre aufrechterhalten hatte,<br />

im Streit mit der Stadt die Brocken hingeworfen.<br />

Nienstedt und einige Freunde starteten<br />

daraufhin ein paar „Hast Du nicht Lust …“-Anrufe.<br />

Es fanden sich genug Mitstreiter. Und<br />

so macht Nienstedt eben seitdem Theater –<br />

selbst während Corona schafften er und sein<br />

Team es.<br />

Irgendwann in dieser Zeit entwickelte sich<br />

auch der Traum von Schokolade. Gemeint ist<br />

der französische Film mit Jonny Depp und<br />

Juliette Binoche, in dem eine junge, neu in<br />

den Ort zugezogene Frau ein konservatives<br />

Dorf mit ihrem Schokoladenladen verführt.<br />

„Das gibt es noch nicht als Theaterstück. Da<br />

müsste erst einmal ein Textbuch geschrieben<br />

werden“, träumt Nienstedt. „Aber das würde<br />

ich gerne auf die Bühne in der Barfüßerkirche<br />

bringen.“ Und gleichzeitig weiß er, dass<br />

es bis dahin ein weiter Weg wäre. Ein Drehbuch<br />

allein wäre es ja nicht. Auch die Rechte<br />

an dem Stück seien zu klären. „Vielleicht<br />

schaffe ich es ja noch, für meinen Nachfolger<br />

anzuschieben“, sagt er. Für 2025 könne er sich<br />

einen Rückzug von der Intendanz vorstellen.<br />

Irgendwann müsse auch einmal Schluss sein.<br />

In diesem Jahr steht aber erst einmal Molieres<br />

Menschenfeind auf dem Spielplan. Uraufgeführt<br />

am 4. Juni 1666 in Paris ist das<br />

Stück über die Folgen einer kompromisslosen<br />

Ehrlichkeit inmitten einer heuchlerischen<br />

Gesellschaft durch die Jahrhunderte gleichermaßen<br />

zeitlos komisch wie tragisch geblieben.<br />

Der Vorverkauf ist gut angelaufen.<br />

Einfach fällt es nicht, jedes Jahr aufs Neue<br />

Schauspieler für die Sommerkomödie zu finden.<br />

In Erfurt fehle ein Schauspielhaus. Immer<br />

mal wieder hole er sich Schauspieler und<br />

Schauspielerinnen aus der Schotte. Das sei<br />

ein tolles Haus. Trotzdem müsse er sich regelmäßig<br />

in der näheren wie weiteren Umgebung<br />

umschauen, wer Lust habe, seine Theaterferien<br />

im angestammten Ensemble für ein<br />

zweimonatiges Engagement in Erfurt zu opfern.<br />

„Ich bin stets auf der Suche nach unentdeckten<br />

Talenten“.<br />

Doch Schauspieler sind nur das Eine: Am<br />

Ende wirken 150 Personen rund um das Stück<br />

mit – vom Beleuchter über das Personal an der<br />

Bar, von der Tontechnikerin bis hin zu Security<br />

und Einlasskontrolle reichen die verschiedenen<br />

Gewerke. Und wenn alles vorbereitet ist<br />

und auch die seit Anfang Juli laufenden Proben<br />

abgeschlossen sind, können alle nur auf<br />

möglichst viele regenfreie Abende bis Ende<br />

August hoffen. Eine halbe Millionen Euro an<br />

<strong>Ausgabe</strong>n muss die Sommerkomödie in den<br />

28 Aufführungen einspielen. „Zwei Ausfallabende<br />

können wir uns leisten“, sagt Nienstedt.<br />

Dann werde es eng. Und eine Woche<br />

Regen würde die Sommerkomödie ruinieren.<br />

Denn aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit dürfe<br />

die Gesellschaft nur in sehr begrenztem Umfang<br />

finanzielle Polster ansparen. Und so lässt<br />

sich das wirtschaftliche Konzept der gGmbH<br />

in einem Satz gut erklären: „Wir müssen spielen,<br />

damit wir bleiben.“<br />

22 23


So schafft<br />

Erfurt den<br />

Wandel in der<br />

Innenstadt<br />

In einem Gespräch mit<br />

dem SWE Journal äußern sich<br />

City-Managerin<br />

Patricia Stepputtis und<br />

OB Andreas Bausewein<br />

über die Zukunft der Erfurter Innenstadt<br />

Von Henry Köhlert (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

Das ist der Ritterschlag für die Erfurter Innenstadt: In<br />

einer bundesweiten Untersuchung des Institutes für<br />

Handelsforschung aus Köln wird die City der Landeshauptstadt<br />

von den Besuchern besser bewertet<br />

als in jeder anderen vergleichbar großen Stadt.<br />

Die Besucherinnen und Besucher von Anger, Marktstraße,<br />

Langer Brücke und Co. vergaben bei der Befragung die<br />

Schulnote 1,6. Die anderen Städte schafften es durchschnittlich<br />

auf eine 2,5. „Erfurt ist ein Musterbeispiel für Attraktivität<br />

und Aufenthaltsqualität“, sagt City-Managerin Patricia Stepputtis,<br />

„77 Prozent der Befragten würden unsere Innenstadt<br />

weiterempfehlen.“ Zwei Drittel gaben an, trotz der Möglichkeit,<br />

online shoppen zu können, weiter genauso oft in der City<br />

einkaufen zu wollen.<br />

„Die Gründe für diese tollen Umfragewerte liegen unter anderem<br />

in unser belebten Innenstadt und den vielen kleinen lokalen<br />

Händlern“, sagt Stepputtis.<br />

Damit das so bleibt, gibt es viel zu tun. Denn die Erfurter Innenstadt<br />

verändert sich – wie in vielen anderen Städten auch –<br />

in einem rasanten Tempo. Bislang typische Geschäfte verschwinden,<br />

egal ob klein und groß: Blumenläden, Fleischer,<br />

Bäcker, Gemüsehändler – kaum noch zu finden. Manche Restaurants,<br />

die jahrelang das Bild der Innenstadt prägten – für<br />

immer verschwunden.<br />

„Unsere Innenstadt verändert sich seit Jahren und sie wird<br />

sich weiter ändern“, sagt Oberbürgermeister Andreas Bausewein.<br />

„Da dürfen wir nicht tatenlos zusehen, sondern müssen<br />

uns dem Wandel stellen, ihn annehmen und die richtigen Weichen<br />

stellen.“ Eine Maßnahme: ein Innenstadtprofilierungskonzept,<br />

mit dem Erfurt die Antworten für die Zukunft finden will.<br />

„Wir haben rund 700 Händler in der City, kleine wie auch<br />

große“, sagt die City-Managerin, die sich seit etwas mehr als<br />

drei Jahren um die Belange des Handels kümmert. „Und es<br />

ist außerordentlich viel Bewegung zu spüren, die Innenstadt<br />

wandelt sich.“<br />

Auch Oberbürgermeister Bausewein beobachtet die Situation:<br />

„Unsere City befindet sich in einem Umbruch, viele Händler<br />

haben stark unter Corona gelitten, manche haben es nicht<br />

überlebt. Auch der zunehmende Online-Handel macht vielen<br />

zu schaffen“, sagt er. „Wir müssen uns fragen, was wir machen<br />

können, um die Attraktivität der Innenstadt zu bewahren und<br />

zu erhöhen. Dass wir eine City-Managerin wie Patricia Stepputtis<br />

haben, wichtiges Bindeglied zwischen Stadt und Handel, ist<br />

ein wichtiger Schritt.“<br />

Möglichkeiten, die Attraktivität auszubauen, gibt es viele,<br />

da sind sich City-Managerin und OB einig. „Wir sind super aufgestellt,<br />

um die Zukunft zu meistern“, sagt Stepputtis. „Unsere<br />

Innenstadt muss immer mehr ein Erlebnisort werden. Dort,<br />

wo man gerne verweilt.“ Der OB: „Wir brauchen zum Beispiel<br />

mehr Grün, mehr Spielmöglichkeiten für Kinder, wir brauchen<br />

mehr Zonen, in denen man einfach auch mal entspannen<br />

kann.“ Stepputtis: „Ein direkter Zugang zur Gera wäre so<br />

ein Ort.“ Bausewein: „Man muss auch um die Ecke denken können,<br />

um ans Ziel zu kommen.“<br />

Erfurt kauft regional<br />

Die große Stärke der Erfurter Innenstadt läge in dem hohen<br />

Anteil der regionalen Händler. „Wir müssen das lokale Thema<br />

stärker spielen“, sagt Patricia Stepputtis, „die lokalen Händler<br />

bringen ihren persönlichen Charme mit, sie haben eine Geschichte<br />

hinter ihrem Ladentisch, sie sind nicht austauschbar.“<br />

Viele Händler wünschen sich von der Stadtverwaltung, dass<br />

sie mehr als Unterstützer fungiert. Der OB: „Wir müssen flexibler<br />

werden, uns mehr als Dienstleister gegenüber dem Handel<br />

verstehen. Wir müssen mehr moderieren statt verordnen.“<br />

Man sollte sich immer wieder die Frage stellen, braucht<br />

es wirklich die und die neue Vorschrift oder lähmt sie nur. Die<br />

Erfurter übrigens sind nach einer Befragung im Rahmen des<br />

Innenstadtprofilierungskonzeptes zufrieden mit ihrer City: 63<br />

Prozent der Befragten sind „echte Innenstadtfans“, die die Einkaufsmeilen<br />

gerne und häufig besuchen, nur 11 Prozent sind<br />

„echte Innenstadtmuffel“.<br />

„Niemand kann sagen, wie die Innenstadt in zehn Jahren<br />

aussieht. Aber ich habe das Gefühl, dass gerade die junge Generation<br />

nicht nur online unterwegs ist, sondern unsere Innenstadt<br />

für sich entdeckt“, sagt die City-Managerin. „Wir haben<br />

in Corona-Zeiten nur online gekauft, jetzt endlich kann<br />

man wieder die Farben der Waren sehen, das alles spüren, sehen,<br />

anprobieren.“ Es sei wie eine Renaissance des Einkaufens<br />

von früher …<br />

Patricia Stepputtis: „Was ich mir wünsche ist, dass wir trotz<br />

allen Wandels an traditionellen Werten festhalten, während<br />

wir Neues begrüßen.“<br />

Übrigens: Bei der Befragung im Rahmen des Konzeptes gab<br />

es auch Kritik: Parkplatzsituation, mangelnde Sauberkeit und<br />

Sicherheit, das Fehlen öffentlicher Toiletten. OB Bausewein:<br />

„Wir nehmen diese Kritik an, suchen nach Lösungen. Und werden<br />

sie finden.“<br />

24 25


WENNS MAL NICHT<br />

RICHTIG LÄUFT<br />

WAS<br />

PASSIERT<br />

BEI EINER<br />

WASSER-<br />

HAVARIE<br />

IN ERFURT<br />

Von Christine Karpe (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt, Christian Fischer (Fotos)<br />

ThüWa-Monteur<br />

Robin Schlegelmilch<br />

3 Uhr morgens am 1. Dezember 2022: Das Wasser breitet sich schnell auf der Straße<br />

aus. Innerhalb weniger Minuten bildet sich auf einer Fahrbahnhälfte der Stauffenbergallee<br />

eine riesige Pfütze – 20 Meter lang und wadentief. Im morgendlichen<br />

Dunkel bleibt das ungehemmt austretende Wasser eine ganz Zeit lang unbemerkt.<br />

Ringsherum erwacht die Stadt erst langsam, die sonst viel befahrene Straße ist leer.<br />

Die ersten Autofahrer des Morgens melden das ungewohnte Hindernis der Polizei.<br />

Aufmerksame Anwohner wählen die 0361 564-1818 – die Havarienummer des<br />

örtlichen Wasserversorgers ThüWa ThüringenWasser GmbH. In der rund um die Uhr<br />

besetzten Leitwarte werden neuralgische Punkte des mehr als 1.300 Kilometer umfassenden<br />

Wasserleitungsnetzes überwacht: die reibungslose Funktion der Wassergewinnungsanlagen,<br />

der Füllstand der Hochbehälter und auch wichtige Punkte<br />

des weitverzweigten Netzes. Der diensthabende Mitarbeiter hat den Druckabfall im<br />

Bereich Stauffenbergallee/Thälmannstraße auf dem Überwachungsmonitor ebenfalls<br />

bemerkt. Die aufgeregten Anrufer bestätigen seinen Verdacht. Per Telefonan-<br />

ruf wird der diensthabende Meister<br />

des Netzbereiches von der Leitwarte<br />

informiert, der sich umgehend<br />

ein Bild vor Ort macht, ein Monteurteam<br />

heranbeordert. Dann informiert<br />

er den Ingenieur vom Dienst<br />

und aktiviert sofort die Tiefbaufirma,<br />

die für diese Woche vertraglich<br />

gebunden ist.<br />

„Wasserleitungen liegen frostsicher<br />

mindestens 125 Zentimeter<br />

tief in der Erde, das Wasser sucht<br />

sich seinen Weg und tritt nicht unbedingt<br />

an der Havariestelle aus.<br />

Eine große Hilfe ist uns beim genauen<br />

Orten des Schadens unser<br />

Messfahrzeug. Mit Schallsensoren<br />

wird der betroffene Bereich abgesucht<br />

und bis auf einen halben<br />

Meter genau finden wir so die betroffene<br />

Stelle“, erklärt Ingenieurin<br />

Sara Bieber, Sachgebietsleiterin<br />

Technisches Management, an diesem<br />

Morgen diensthabende Ingenieurin.<br />

Besonders im ländlichen<br />

Raum, wenn die Leitungen unter<br />

Feldern verlaufen, ist das Fahrzeug fast unentbehrlich. Dennoch<br />

ist die Schadensortung manchmal eine richtige Detektivarbeit.<br />

Ein Leitungsschaden verrät sich nicht sofort durch eine<br />

große Wasserlache, manchmal laufen auch Keller oder Schächte<br />

voll.<br />

„Schäden an den groß dimensionierten Zuleitungen machen<br />

sich durch einen stärkeren Druckabfall im Netz bemerkbar. Das<br />

können wir in der Leitwarte feststellen, bei kritischen Werten<br />

löst das System einen Alarm aus, z. B. wenn der Füllstand der<br />

Hochbehälter mangels Wassernachschub zu schnell sinkt oder<br />

der Druck in einem Netzbereich rasch abfällt. Meist melden<br />

sich dann mehrere Kunden telefonisch bei uns, die Probleme<br />

mit dem Wasserdruck haben. Das kann möglicherweise ein Indikator<br />

für einen Schaden sein“, berichtet Andreas Degelmann,<br />

Leiter der Wassergewinnung.<br />

Aber nicht immer, wenn das Wasser nur noch aus der Dusche<br />

tröpfelt, muss man den Wasserversorger informieren.<br />

Meist liegt das Problem in der Hausinstallation und dafür sind<br />

Eigentümer oder Vermieter zuständig. Übrigens auch für das<br />

warme Wasser.<br />

Der betroffene Bereich zwischen Stauffenbergallee und Thälmannstraße<br />

wird abgesperrt. Inzwischen rollt eine nicht abreißende<br />

Kette von Fahrzeugen durch die Straße. An der Engstelle<br />

müssen die Autofahrer Geduld haben. In den Stadtwerken<br />

wird kurzfristig ein Meeting anberaumt. Verantwortliche des<br />

Netzbereiches, der Wassergewinnung und der Baubetreuung<br />

legen gemeinsam die nächsten Schritte fest. Mit den Informationen,<br />

die sie vor Ort gesammelt hat, kommt Sara Bieber in<br />

das schnell einberufene Meeting. Die eigenen Monteure erhalten<br />

Verstärkung durch eine Baufirma. Bagger werden benötigt<br />

und Material zum Austausch des defekten Leitungsbereiches.<br />

Für umfangreiche Bauleistungen und benötigte Materialien gibt<br />

Bild oben Die Havarie am Wasserversorgungsnetz<br />

legte auch einen Teil der Stauffenbergallee lahm<br />

Bild unten Ingenieurin Sara Bieber, Sachgebietsleiterin<br />

Technisches Management, Diensthabende<br />

am Havarietag<br />

es Vertragspartner, die spätestens<br />

jetzt aktiviert werden. Behörden<br />

sind zu informieren und<br />

verkehrsrechtliche sowie - organisatorische<br />

Schritte zu klären.<br />

Zu großen Ausfällen der<br />

Wasserversorgung führt der<br />

Schaden dieses Mal nicht, Aufatmen<br />

im ThüWa-Team. Wenn<br />

die Wasserversorgung für mehrere<br />

Stunden ausfällt, entscheiden<br />

die ThüWa-Verantwortlichen<br />

über das Aufstellen von<br />

Wasserwagen. Damit kann aber<br />

nur eine Notversorgung gesichert<br />

werden, jeder der Wagen<br />

fasst 1 Kubikmeter Wasser, das<br />

sind 1.000 Liter. „Die Wasserwagen<br />

kommen nicht bei jeder<br />

Havarie zum Einsatz. Wenn in<br />

einem Bereich ein Schaden auftritt,<br />

können wir oft umstellen<br />

und so über andere Leitungsbereiche<br />

das Wasser weiter<br />

zu den Kunden transportieren“,<br />

erklärt Sara Bieber, „im<br />

schlimmsten Fall ist das Wasser<br />

dann leicht bräunlich. Das passiert, wenn wir die Fließrichtung<br />

in der Leitung umkehren müssen und sich dadurch Ablagerungen<br />

lösen, die sich über Jahre hinweg in den Leitungen absetzen.<br />

Das sind natürliche Bestandteile unseres Trinkwassers.“<br />

Inzwischen sind auch die Informationen an die Medien rausgegangen:<br />

Radiosender berichten, die Stadtwerkekanäle auf<br />

Facebook und Twitter informieren. Befinden sich im betroffenen<br />

Bereich sensible Kunden z. B. Krankenhäuser oder Kindereinrichtungen,<br />

werden diese telefonisch informiert. Dazu gibt<br />

es genaue Festlegungen, ein Rädchen greift ins andere.<br />

Zurück in die Stauffenbergallee: Der Schaden am Leitungsnetz<br />

ist bereits am nächsten Tag behoben. Das benötigte Material<br />

zur Reparatur ist vorhanden. Manchmal sind technische<br />

Armaturen nur schwer zu bekommen, durch Corona und<br />

die Energiekrise haben sich Lieferzeiten verlängert oder sind<br />

schwer planbar.<br />

Dass der betroffene Straßenabschnitt dennoch mehrere Wochen<br />

gesperrt bleibt und die vielen Fahrzeuge die Stelle Tag für<br />

Tag nur im Schneckentempo passieren können, hat andere Ursachen.<br />

Die große Menge an ausgetretenem Wasser hat die<br />

Straße unterspült, deren Wiederherstellung erfordert umfangreiche<br />

Arbeiten. Zu guter Letzt fehlt es dann an der notwendigen<br />

Straßendecke, die bei den vorherrschenden Witterungsbedingungen<br />

nur schwierig zu beschaffen ist.<br />

147 Havarien im Wasserversorgungsnetz standen 2022 für<br />

die ThüWa zu Buche. Dass die Kunden von den meisten nichts<br />

gemerkt haben, ist den Investitionen in das Netz und dem<br />

eingeschworenen Team zu verdanken, das für eine sichere<br />

Wasserversorgung in Erfurt und im Umland sorgt. Mehr als<br />

246.000 Einwohner profitieren davon Tag für Tag.<br />

Foto Adobe Stock<br />

26 27


Kinder GEMEINSAM<br />

stark machen<br />

Wenn sich der Alltag der Eltern nur noch um Drogen,<br />

Gewinnspiele oder Onlinekäufe dreht – was macht<br />

das mit den Kindern? In der Thüringer Fachstelle für<br />

Suchtprävention und in örtlichen Beratungsstellen<br />

haben Betroffene<br />

eine Lobby. Entsprechende<br />

Angebote<br />

kosten Geld.<br />

Tina Wohlfarth<br />

von der Thüringer<br />

Fachstelle Suchtprävention<br />

in<br />

Erfurt startete<br />

deshalb ein<br />

Spendenprojekt<br />

auf der<br />

Erfurt-Crowd<br />

Die Erfurt-Crowd<br />

Die Sponsoringplattform der<br />

Stadtwerke Erfurt verbindet<br />

Projektstarter und Unterstützer.<br />

Sie wollen Projekte unterstützen<br />

oder selbst<br />

Projektstarter werden:<br />

www.erfurt-crowd.de<br />

Bildquelle: „Wenn Eltern Sucht haben“<br />

E<br />

Familienzentrum Nordhausen<br />

ine Eigenheimsiedlung am Stadtrand: Der Achtjährige würde<br />

gern mit dem Fahrrad auf den Spielplatz fahren. Gemeinsam<br />

mit seinem Vater, so wie sie es letzten Sommer oft gemacht<br />

haben. Die Sonne scheint und es ist Wochenende. „Ich muss<br />

noch was am Computer machen“, hat der Vater gemurmelt und ist<br />

im Arbeitszimmer verschwunden, so wie fast immer abends und<br />

am Wochenende. Zeit zum gemeinsamen Spielen – Fehlanzeige.<br />

Der Junge grübelt, mag sein Vater ihn vielleicht nicht mehr? Wenn<br />

er seine Mutter fragt, warum der Vater nichts mehr mit ihnen unternimmt,<br />

weint sie. Meist spielen sie dann zu zweit.<br />

Szenenwechsel: Die 14-Jährige holt ihre jüngeren Geschwister<br />

aus dem Kindergarten, nach der Schule hat sie schnell eingekauft.<br />

Zu Hause angekommen spielt sie mit den Kleinen. Sie kümmert<br />

sich, damit die Familie gegenüber den Nachbarn einen guten Eindruck<br />

macht. Ihre Mutter hat es den ganzen Tag wieder nicht geschafft,<br />

aus dem Bett aufzustehen. Im Zimmer liegen leere Bierund<br />

Weinflaschen. Das passiert öfter, seitdem der Vater die Familie<br />

verlassen hat. Auch bei ihm gab es keinen Tag ohne Alkohol. Die<br />

Hausaufgaben müssen warten, bis die Geschwister im Bett sind.<br />

Dann ist der Teenager meist zu müde für Mathe, Physik oder Englisch.<br />

Eigentlich macht ihr das Lernen Spaß, sie würde gern Lehrerin<br />

werden.<br />

Zwei Beispiele, wie sie an vielen Orten in Thüringen zu finden<br />

sind: suchtkranke Eltern, mit dieser Situation konfrontierte und<br />

überforderte Kinder.<br />

Tina Wohlfarth, Fachreferentin bei der Thüringer Fachstelle<br />

Suchtprävention in Erfurt, hat konkrete Zahlen parat. Sie leitet den<br />

runden Tisch „Kinder aus suchtbelasteten Familien“ seit letztem<br />

Jahr. In Deutschland leben heute schätzungsweise 2,65 Millionen<br />

Kinder mit alkoholkranken Eltern unter einem Dach. Noch einmal<br />

40.000 bis 60.000 Kinder haben Eltern, die von illegalen Suchtmitteln<br />

abhängig sind. Fast jedes sechste Kind kommt aus einer<br />

Suchtfamilie. Das dadurch bedingte Manko an Zuwendung, Betreuung<br />

und Zuspruch schmälert die Zukunftschancen der Kinder.<br />

Negative Auswirkungen hat das auf die Leistungen in der Schule,<br />

gemeinsame Freizeitbeschäftigungen, das Erkennen und Fördern<br />

von Talenten, das Nachdenken über die berufliche Entwicklung der<br />

Kinder. Die Liste ließe sich noch beliebig verlängern.<br />

Kinder suchtkranker Eltern sind die größte bekannte Risikogruppe,<br />

als Erwachsene selbst suchtkrank zu werden. Im Vergleich zu<br />

Kindern aus nicht süchtigen Familien ist ihr Risikofaktor bis zu<br />

sechsfach erhöht. Nicht immer trifft eine Suchterkrankung die sozial<br />

Schwachen, es gibt sie ebenso unter Berufstätigen aus gut situierten<br />

Verhältnissen.<br />

Hilfe als erster Schritt<br />

„Drogen- und Alkoholsucht sind oft mit einem körperlichen Verfall<br />

verbunden. Dann ist für Außenstehende schnell zu erkennen,<br />

dass die Kinder aus solchen Familien Hilfe benötigen. Spiel- oder<br />

Kaufsucht und Medikamentenabhängigkeit sind schwieriger zu erkennen.<br />

Was sich hinter der Wohnungs- oder Haustür abspielt,<br />

dringt oft erst zu spät nach außen“, berichtet Tina Wohlfarth aus<br />

ihren Erfahrungen.<br />

Die Thüringer Fachstelle Suchtprävention berät fachlich, organisiert<br />

viermal jährlich Netzwerktreffen zwischen den Fachstellen<br />

aus Thüringen wie Altenburg, Jena, Gera oder Nordhausen<br />

und organisiert Fort- und Weiterbildungen. Dabei werden auch<br />

Fachkräfte in der Suchtprävention geschult und Infomaterialien für<br />

Lehrer oder Erzieher erarbeitet. Darin wird vermittelt, wie man erste<br />

Signale erkennt und den Kindern suchtkranker Eltern schnellstmöglich<br />

helfen kann. Betroffene Kinder scheuen sich oft, sich anderen<br />

anzuvertrauen: Scham, bedingungslose Zuneigung zu ihren<br />

Eltern, Angst, die Familie verlassen zu müssen – dafür gibt es viele<br />

Gründe.<br />

Der runde Tisch „Kinder aus suchtbelasteten Familien” sammelt<br />

Spendengelder für Thüringer Gruppenangebote wie die<br />

Aktionswoche, Freizeittreffs oder Informationsmaterialien. Die<br />

Gelder werden komplett für Aktivitäten mit den Kindern eingesetzt.<br />

Tina Wohlfarth hörte über andere Vereine von der neuen<br />

Plattform der Stadtwerke Erfurt, der Erfurt-Crowd. Die Vorteile:<br />

Eigene Netzwerke nutzen und sich noch weiter vernetzen,<br />

Spenden sammeln – dazu noch Geld aus dem Fördertopf erhalten,<br />

den die Stadtwerke jeden Monat mit 500 Euro füllen.<br />

Die Fachreferentin fand, für ihr Vorhaben sei das die richtige<br />

Plattform. Ausgezahlt bekommt das Geld, wer die angestrebte<br />

Spendensumme komplett erreicht. Unabhängig vom Geld findet<br />

Tina Wohlfarth die Crowd eine sehr gute Chance, die Probleme<br />

suchtkranker Familien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt<br />

zu machen und noch mehr Menschen für das Thema zu<br />

sensibilisieren. Für die betroffenen Kinder ist es eine Perspektive<br />

auf ein Leben ohne Suchterkrankung.<br />

Christine Karpe (Text) Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

28<br />

29


Mit freiem Blick<br />

auf die See<br />

Wer im „Klabautermann“<br />

Platz nimmt, blickt auf<br />

Muscheln, Fische,<br />

Dünengras und große<br />

Segelschiffe. Strandkörbe<br />

stehen vor der Tür.<br />

Das Restaurant im<br />

Erfurter Süden liegt<br />

dabei unmittelbar am<br />

Wasser – an den<br />

Becken der<br />

Roland Matthes<br />

Schwimmhalle<br />

Von Matthias Thüsing (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

Das Reich von Lars Nicolai misst gerade einmal<br />

15 Quadratmeter. Routiniert bewegt er sich durch<br />

die kleine Küche, die Töpfe und Pfannen immer<br />

im Blick. Garzeiten und Bestellreihenfolge müssen<br />

eingehalten werden, die Garnitur muss stimmen und –<br />

vor allem schmecken soll es. Nicolai ist der Küchenchef in<br />

der Kombüse des „Klabautermanns“. Und für mehr als einen<br />

Chef bietet die kleine Küche auch kaum Platz. „Da wird<br />

es schon einmal stressig, wenn „der Laden“ gut besucht ist.<br />

Wer bei Hallenbad-Gastronomie an „Fritten rot-weiß“ oder<br />

Currywurst denkt, sieht nur den kleinsten Teil im Konzept<br />

des Klabautermanns.<br />

Die „Bistroklassiker“ gibt es natürlich auch, sagt Nicolai:<br />

„Das möchten die Kinder im Bad und deshalb wollen wir ihnen<br />

das auch anbieten.“ Doch darüber hinaus sei der „Klabautermann“<br />

noch vieles mehr: Fischrestaurant, Wohngebietsgaststätte,<br />

Café und Anlaufpunkt für all diejenigen, die<br />

sich nach der See sehnen.<br />

Zu den Meeres-Freunden zählen sich zuallererst auch Lars<br />

Nicolai und seine Frau Janine. Etwa 5-mal im Jahr fahren die<br />

beiden hoch an die Ostsee, um einzukaufen, mit Lieferanten<br />

zu sprechen und sich nach Ideen und Impulsen umzuschauen.<br />

Die Kochlehre absolvierte Nicolai im damaligen Hotel<br />

„Kosmos“ bei Meisterkoch Lothar Henke. Nach dem Wehrdienst<br />

trat er 1997 bis Anfang 2000 eine Stelle als Koch im<br />

Haus „Zum güldenen Rade“ unter der Regie von Küchenmeister<br />

Bernd Alsgut an.<br />

Gesundheitliche Probleme zwangen ihn zu einem beruflichen<br />

Wechsel, sodass er fortan als „Gebietsverkaufsleiter“<br />

im Außendienst für einen regionalen Tiefkühlgroßhandel<br />

20 Jahre in Thüringen unterwegs war. Rückblickend war das<br />

für den Schritt in die Selbstständigkeit mit seiner Frau Janine<br />

eine gute Vorbereitung. Viele Betriebe, Küchen und Konzepte<br />

hat man kennengelernt, an denen man sehen konnte, was<br />

am Markt funktioniert und wovon man besser die Finger lassen<br />

sollte. Im September 2<strong>01</strong>8 dann war es Janine Nicolai,<br />

welche ihren Mann dazu ermunterte, das ehemalige Bistro<br />

der Roland Matthes Schwimmhalle zu übernehmen.<br />

Aufgeben war nie eine Option<br />

Die gelernte Restaurantfachfrau verfügt über viel Berufserfahrung,<br />

kennt die Branche und stand bei einigen Projekten<br />

Gastronomen beratend zur Seite. Mit viel Mut, Herzblut<br />

und Tatendrang wurde in den darauffolgenden Jahren investiert.<br />

Einige „Zwangspausen“ machten jedoch den Start für<br />

die Gastronomen holprig. Erforderliche Umbaumaßnahmen<br />

des Foyers und Restaurantbereiches forderten eine längere<br />

Betriebsschließung. Zwei Corona-Lockdowns hinterließen so<br />

manche Sorgenfalte.<br />

Aufgeben war aber nie eine Option. So wurde etwa der<br />

Lockdown zwischen Weihnachten 2020 und Ostern 2021 mit<br />

einer Glühweinhütte vor der Schwimmhalle überbrückt. Hier<br />

ergaben sich viele nette Gespräche mit Anwohnern, Gästen<br />

und Freunden, welche nicht nur dem Umsatz dienten, sondern<br />

auch wichtige Impulse gaben für die weitere Umsetzung<br />

des Restaurant-Konzeptes. „Da haben wir die ersten<br />

Kontakte zu denen geknüpft, die heute unsere Stammgäste<br />

sind“, sagt Janine Nicolai. Sie führt das Restaurant gemeinsam<br />

mit ihrem Mann und ist im Klabautermann für Gastraum<br />

und Service zuständig.<br />

Nach dem Ende des Lockdowns im vergangenen Jahr seien<br />

viele von den Glühwein-Gästen in das Café-Restaurant gekommen<br />

und hätten ihre Bekannten mitgebracht. Im Viertel<br />

rund um die Schwimmhalle würden viele ältere Menschen<br />

wohnen. Doch eine Wohngebietsgaststätte hat es hier lange<br />

nicht gegeben – noch dazu eine mit freiem Blick auf Leuchttürme,<br />

Dünen und Segelschiffe.<br />

Ein leckeres Fischrezept mit Video zum Nachkochen gibt es unter www.swefuererfurt.de<br />

30 31


Von Christine Karpe (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt, Adobe Stock (Fotos)<br />

Alle Zeichen stehen<br />

auf Freibadstart<br />

Der April überrascht oft mit winterlichem Wetter –<br />

dennoch stehen bereits jetzt alle Zeichen auf den Start<br />

der Freibadsaison. Seit Mitte März ist das Team für die<br />

Vorbereitung des Nordbades dort im Einsatz: der Objektverantwortliche,<br />

Techniker und weitere Mitarbeiter.<br />

Nach der langen Winterruhe von sieben Monaten<br />

ist einiges in Erfurts größtem Freibad zu tun, damit am<br />

8. Mai <strong>2023</strong> die ersten Badegäste ihre Bahnen schwimmen<br />

können. Tim Spangenberg, Leiter Technik der SWE<br />

Bäder GmbH zu den Vorbereitungen vor dem Saisonstart: „Neben<br />

Reparaturen an den Rohrleitungen des Attraktionsbeckens müssen<br />

auch alle Becken gereinigt werden. Dazu wird das noch vorhandene<br />

Wasser abgelassen, das über den Winter zum Schutz im<br />

Becken geblieben ist. 2000 Kubikmeter Wasser kommen so zusammen.“<br />

Ende März wurde das wertvolle Nass – mit behördlicher Genehmigung<br />

– in die Gera abgelassen. So wird alles in den Wasserkreislauf<br />

zurück geführt.<br />

Nordbad Bevor neues Wasser in die vier Becken eingefüllt wird –<br />

das dauert im Nordbad ca. eine Woche – geht es ans Großreinemachen<br />

mit Schlauch und Reinigungsutensilien. Die Techniker überprüfen<br />

die Wasseraufbereitung und alle anderen Anlagen, die für den<br />

Badbetrieb notwendig sind. Für die Sommersaison <strong>2023</strong> ist ein neuer<br />

Sonnenschutz über dem Spielgerät und dem Seilzirkus geplant.<br />

Auch der Fallschutzbelag im Bereich der Spielgeräte wird erneuert,<br />

damit die kleinen Badegäste ganz sicher spielen können. Die Sonnendecks<br />

zwischen den Becken werden in diesem Jahr ersetzt.<br />

Möbisburg Im Freibad Möbisburg beginnt die Saison am 13. Mai<br />

<strong>2023</strong>. Ab Mitte April wird gearbeitet für den Start. Neben der Reinigung<br />

stehen auch die Reparatur von Winterschäden und ein Neuanstrich<br />

des Beckens an. Dann werden noch Spielgeräte instand gesetzt,<br />

Umkleiden und Toiletten gereinigt sowie die Außenanlagen<br />

vorbereitet.<br />

Stotternheim „Im Strandbad Stotternheim werden bis zur Eröffnung<br />

am 13. Mai <strong>2023</strong> noch 100 Tonnen Sand angeliefert und am<br />

Strand verteilt. Der Badesee am nördlichen Stadtrand ist bekannt<br />

für sein Strandfeeling und das muss für die neue Saison wieder hergerichtet<br />

werden. Anschließend kommen die Strandkörbe an ihren<br />

Platz. Die Inseln im See werden neu befestigt, dazu rücken extra<br />

Taucher an, um die Pontons im See zu verankern. Auch hier stehen<br />

dann das Großreinemachen und die Pflege der Außenanlagen an“,<br />

berichtet Tim Spangenberg über die notwendigen Vorbereitungen.<br />

Auch wenn man zum diesjährigen Sommerwetter noch keine Vorhersagen<br />

treffen kann – geplant ist die Freibadsaison im Nordbad<br />

und im Strandbad Stotternheim bis 17. September <strong>2023</strong>. Das Freibad<br />

Möbisburg schließt 14 Tage früher, am 3. September <strong>2023</strong>.<br />

Das im Bau befindliche Dreienbrunnenbad startet nicht mit den<br />

anderen Bädern in die Saison, vorgesehen ist aber, dass die Fans des<br />

kleinsten Erfurter Bades im Sommer <strong>2023</strong> dort abtauchen können.<br />

FREIBADSAISON IM ÜBERBLICK<br />

NORDBAD 08.05.<strong>2023</strong> bis 17.09.<strong>2023</strong><br />

STOTTERNHEIM 13.05.<strong>2023</strong> bis 17.09.<strong>2023</strong><br />

MÖBISBURG 13.05.<strong>2023</strong> bis 03.09.<strong>2023</strong><br />

NEBENSAISON Saisoneröffnung bis zum<br />

18. Juni <strong>2023</strong>, 28. August <strong>2023</strong> bis Saisonende<br />

HAUPTSAISON 19. Juni <strong>2023</strong> bis 27. August <strong>2023</strong><br />

SCHLIESSZEITEN SCHWIMMHALLEN<br />

Die Freibadsaison wird auch in diesem Jahr<br />

genutzt, um notwendige technische Arbeiten in beiden<br />

Schwimmhallen durchzuführen, die im laufenden<br />

Betrieb nicht erledigt werden können. Dazu sind<br />

mehrwöchige Schließzeiten geplant:<br />

Roland Matthes Schwimmhalle 31.07. – 20.08.<strong>2023</strong><br />

Schwimmhalle Johannesplatz 10.07. – 20.08.<strong>2023</strong><br />

PREISE Die Eintrittspreise bleiben in den Freibädern<br />

unverändert gegenüber 2022. Die Saisonkarte zum<br />

Besuch des Nordbades, des Strandbades Stotternheim<br />

und des Freibades Möbisburg kostet 99 Euro<br />

für Erwachsene, 84 Euro für Ermäßigte und 59 Euro<br />

für Kinder bis 16 Jahre.<br />

Das günstige Abendticket (3,60 Euro Erwachsene/1,50<br />

Ermäßigte/1,00 Euro Kinder bis 16 Jahre) gilt<br />

in der Nebensaison in allen Freibädern ab 17:00 Uhr.<br />

In der Hauptsaison gilt das Abendticket im Nordbad<br />

und Strandbad Stotternheim ab 18:00 Uhr, im Freibad<br />

Möbisburg ab 17:00 Uhr.<br />

BESONDERS GÜNSTIG INS BAD MIT<br />

DER BÄDER-RABATTKARTE<br />

UNSER TIPP Mit der Bäder-Rabattkarte können alle<br />

Schwimmsportler und Badefans richtig sparen.<br />

Je nach Aufladen wird das Einzelticket damit 13 bis 17<br />

Prozent günstiger.<br />

Die Bäder-Rabattkarte gilt in den Freibädern für die<br />

„Tageskarte Einzelticket“ und in den Schwimmhallen<br />

für die „2 Std. Schwimmen Einzeltickets“ und die<br />

„3 Std. Sauna Einzeltickets“.<br />

32 33


Zwei Bayern für Rot-Weiß<br />

Franz Gerber und sein Sohn Fabian haben den<br />

FC Rot-Weiß wieder zu einer guten Adresse gemacht<br />

Von Michael Keller (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

Der Name Gerber hat dem Erfurter Fußball, für<br />

den viele schon das Totenglöcklein läuten hörten,<br />

neues Leben eingehaucht. Erst kam der Vater,<br />

Franz Gerber, trotz großer Ungewissheit, um<br />

dem FC Rot-Weiß finanziell wieder auf die Beine<br />

zu helfen. 2020 entschied er sich, als Investor und Geschäftsführer<br />

komplett einzusteigen: „Sonst wäre der ganze Verein<br />

kaputtgegangen“. Vor zwei Jahren kam auch Gerbers Sohn Fabian,<br />

anfangs noch misstrauisch beäugt, als Trainer dazu. Und<br />

hat mit der jungen Mannschaft eine unglaubliche Siegesserie<br />

hingelegt. Die Fans erkennen ihren Verein nicht wieder und<br />

sind aus dem Häuschen. Und beim Image beginnt der Verein<br />

Schritt für Schritt an den Schrammen der Vergangenheit zu polieren.<br />

Zeit für ein entspannte Plauderei mit Vater und Sohn in<br />

einem gemütlichen Erfurter Kaffeehaus.<br />

Beide Gerbers und auch der ältere Bruder sind Sternbild Schütze<br />

und Geburtstagsfeiern waren oft ein Aufwasch. Franz hat am<br />

27. November Geburtstag, sein Filius einen Tag später. Ehrlich,<br />

aufrichtig, dynamisch, fröhlich und weltoffen – das sind allesamt<br />

Attribute, die Schützen zugesprochen werden. „Zuverlässig, positiv<br />

eingestellt, ehrlich, geradlinig und hilfsbereit“, sagt Fabian,<br />

das seien seine Stärken, die er von zu Hause mitbekommen habe.<br />

„Kann ich nicht, geht nicht, will ich nicht“, das gebe es für ihn<br />

nicht, sagt der 43-Jährige. Immer positiv und dankbar bleiben,<br />

sich auch an kleinen Dingen des Lebens erfreuen können. Schwächen?<br />

Antwort: „Manchmal zu akribisch“.<br />

Gerber junior lebt getrennt, hat zwei Söhne (16 und 13 Jahre<br />

alt), die bei ihrer Mutter in Düsseldorf leben. Das muss reichen<br />

fürs Private. Fabian Gerber ist inzwischen in Erfurt zu Hause.<br />

Fußballtrainer gleich Fulltimejob. Gibt es nur Fußball für ihn?<br />

Eigentlich ja. 9 Uhr morgens bis kurz vor Mitternacht. Training,<br />

Scouten, Mails schreiben, telefonieren, Kontakte pflegen und die<br />

Spiele der nächsten Gegner vor Ort anschauen. „Tatsächlich, ich<br />

habe nur Fußball im Kopf“, sagt der RWE-Cheftrainer. Und fügt<br />

an: „Stört mich aber nicht, ich will das so.“ Er wisse ja, wofür. Dem<br />

großen Ziel ordne er alles unter. Ob das große Ziel mit seiner<br />

Mannschaft eine Spielklasse weiter oben angesiedelt ist? Dazu<br />

hält er sich bedeckt. Noch.<br />

Erfurt kannten Vater und Sohn, bevor RWE in ihr Leben trat,<br />

nicht. Schöne Stadt soll es sein, habe es immer geheißen. Gerber<br />

junior: „Hat sich definitiv bestätigt, ich fühle mich hier extrem<br />

wohl.“ Sein Urteil: „Sehr lebenswert, freundliche Menschen, viele<br />

tolle Cafés und Restaurants, herrliche Altstadt.“ Wenn er Zeit<br />

hätte, würde er aber gern einfach nur einen Kaffee trinken und<br />

Kuchen essen. Kurz darauf kommt Gerber senior dazu. Wie aufs<br />

Stichwort zieht es die beiden erstmal zum Kuchenbuffet.<br />

Wie war Fabian denn als Kind? „Kann mich nicht mehr erinnern“,<br />

sagt Franz Gerber mit breitem Lachen. Sorgen habe es<br />

mit ihm nie gegeben. „Aber ich habe auch nicht immer alles mitgekriegt“.<br />

Beide müssen grinsen. Und wie war er so als Vater?<br />

Schöne Kindheit, tolle Eltern, großes Vertrauen, nie große Verbote<br />

oder Strenge, viele Umzüge“, bringt es Fabian Gerber auf<br />

den Punkt.<br />

Er habe von Erfurt bis zu seinem RWE-Engagement in seiner<br />

Zeit bei den Regensburgern immer nur das Stadion gesehen, gibt<br />

Vater Gerber zu. Der 69-Jährige kann auf eine dicke Personalakte<br />

verweisen. Bayern München, 1860 München, Wuppertal, St.<br />

Pauli, Calgary (Kanada), Tampa Bay und Tulsa (USA) – als Stürmer<br />

hat Franz Gerber viel Staub aufgewirbelt. 1976/77 wurde er mit<br />

27 Toren für St. Pauli Torschützenkönig der 2. Bundesliga Nord.<br />

Was ihm mit St. Pauli, Hannover und Regensburg gelang, soll nun<br />

auch in Erfurt klappen – raus aus dem Keller, vorwärts besseren<br />

Zeiten entgegen. Im Sommer 2020 hieß es am Steigerwald: „Gerber<br />

übernehmen Sie!“ Kein leichtes Unterfangen...<br />

Die Begeisterung und gewaltige Unterstützung der RWE-<br />

Zuschauer, die lange Tradition des Vereins – seien alles Gründe<br />

gewesen, die für das Engagement sprachen. Es wäre doch schade<br />

gewesen, wenn ein solcher Traditionsverein, so eine tolle Fußballstadt<br />

von der Bildfläche verschwunden wäre, sagt Franz Gerber.<br />

Bereut habe er es nicht, aber der Anfang sei sehr schwer<br />

gewesen, weil das Image des Klubs total kaputt gewesen sei. Es<br />

gab kaum Bereitschaft, dem Verein zu helfen. Die Jahre zuvor sei<br />

„sehr viel Porzellan zerdeppert“ worden.<br />

Bei den Heimspielen<br />

sieht man Franz Gerber in<br />

gewohnter Pose: ans Häuschen<br />

der Auswechselbank<br />

gelehnt. Redet der Vater<br />

dem Sohn ins Trainergeschäft?<br />

„Definitiv nein“, sagt<br />

Gerber senior. Man spricht<br />

aber schon über die Spiele.<br />

Ratschläge nicht ausgeschlossen.<br />

Man sei da auf<br />

einer Wellenlänge, wenn<br />

Kann ich nicht,<br />

gibt‘s nicht<br />

Fabian Gerber<br />

auch manchmal unterschiedlicher Meinung. Gute Verlierer sind<br />

übrigens beide nicht. Man spricht sie nach Niederlagen am besten<br />

erstmal nicht an.<br />

Franz Gerber hätte sich doch auch einen anderen Verein mit<br />

„Friede-Freude-Eierkuchen“-Hintergrund aussuchen können.<br />

„Nee“, sagt er. „Es muss schon ein bisschen schwierig sein.“ Er sei<br />

aber immer überzeugt gewesen, dass es, wenn man an gewissen<br />

Stellschrauben drehe, beim RWE sportlich wieder aufwärtsgehen<br />

würde. Dann wäre auch das Interesse in der Stadt wieder da. Und<br />

tatsächlich, es hat sich inzwischen einiges geändert bei Rot-Weiß.<br />

Man schaut wieder wohlwollender hin. „Wir sind aber noch nicht<br />

am Ende“, sagt der Münchner. Der Weg sei richtig. Er hofft, dass<br />

man in der Stadt erkennt, welchen Stellenwert der Verein in der<br />

gesamten Region als Werbeträger hat. Da wünsche er sich mehr<br />

lokale Unterstützung, wie man sie woanders beobachten könne.<br />

„Ich habe nicht vor, bald wieder zu gehen, wir wollen den Verein<br />

wieder zu einer Topadresse im deutschen Fußball machen“, bekräftigt<br />

Fabian. Was aber in zwei, drei Jahren passiere, wer weiß.<br />

„Vielleicht sind bis dahin die Gegebenheiten im Stadion besser<br />

geworden“, sagt sein Vater. Unschwer zu erkennen: Damit meint<br />

er sicher auch die gesperrte Westtribüne.<br />

Letzte Frage: Werden die Bayern dieses Jahr wieder Meister?<br />

„Da habe ich diesmal so meine Zweifel“, sagt Franz Gerber und<br />

Sohn Fabian widerspricht ihm nicht.<br />

34 35


Mit der Lizenz<br />

zum Füttern<br />

Der Verein<br />

„Erfurter Tauben“<br />

kümmert sich um<br />

die rund 8.000<br />

verwilderten Vögel<br />

der Stadt<br />

Von Matthias Thüsing (Text)<br />

und Ute Martens (Illustration)<br />

Friedenssymbol, biblischer Bote zwischen Himmel<br />

und Erde und stets die Verkörperung des Guten in<br />

Sagen und Märchen – mit kaum einem Tier ist so<br />

viel Positives verbunden wie mit der Stadttaube<br />

(Columba livia forma domestica). Doch ihr Alltag in<br />

den meisten deutschen Städten ist trist. Die Vögel leben ein<br />

Leben in Stress, Hunger und Krankheit.<br />

Katja Sturm lockt die zwei Tauben auf dem Sims im ersten<br />

Stock mit kurzen Pfiffen zum Futter. In ihrer Hand hält sie eine<br />

große Tupperdose mit Körnern und Sämereien wie Erbsen,<br />

zerkleinerten Erdnüssen, Weizen und Mais. Doch noch zögern<br />

die Vögel, ihren Beobachtungsplatz in sicherer Höhe auf der<br />

Rückseite des ehemaligen Hotels Erfurter Hof zu verlassen.<br />

Unten auf dem Gehweg herrscht zu viel Betrieb: Reisende ziehen<br />

Rollkoffer klappernd hinter sich her. Ein Lastwagen parkt<br />

mit piependem Geräusch rückwärts ein. Fahrradfahrer sausen<br />

in halsbrecherischer Fahrt über den Gehsteig. Und die Tauben<br />

bleiben in sicherer Entfernung.<br />

„Tauben sind misstrauisch“, sagt Katja Sturm. Und so bleiben<br />

alle verlockenden Pfiffe an diesem Nachmittag vergebens<br />

– trotz des Hungers, den die Vögel haben. Katja Sturm<br />

ist ehrenamtliche Helferin des Vereins „Erfurter Tauben“. Seit<br />

drei Jahren gehört sie zu den rund 30 Mitgliedern, die hinter<br />

dem Bahnhof einmal täglich Tauben füttern dürfen. „Ich bin<br />

zum Taubenschutz gestoßen, als ich einmal ein verletztes Tier<br />

gefunden hatte und sich niemand so richtig verantwortlich<br />

fühlte oder kundig genug war”, sagt die 40-jährige gelernte<br />

Pädagogin. Sie recherchierte im Netz und stieß auf die Stadttaubenhilfe<br />

Weimar e. V., holte sich dort Rat und fand Gleichgesinnte,<br />

auch aus dem Erfurter Raum.<br />

Einige Zeit später wurde von dieser zunächst kleinen Gruppe<br />

im Jahre 2021 der Verein aus der Taufe gehoben. Dieser<br />

agiert nun selbst als Stadttaubenhilfe in Erfurt und ist Anlaufstelle<br />

für Hilfe<br />

und Beratung<br />

rund um<br />

die Tauben.<br />

„Wir haben es<br />

uns zur Aufgabe<br />

gemacht,<br />

Tauben zu helfen und uns für einen<br />

tierschutzgerechteren Umgang<br />

mit ihnen einzusetzen. Das Leben in Erfurt soll für<br />

alle lebenswert sein, sowohl für Mensch als auch Taube“, sagt<br />

auch Katharina Fromm-Heins. Die Studentin füttert zum Pressetermin<br />

gemeinsam mit Katja Sturm die Tauben am Bahnhof.<br />

Bis zu 8.000 der Vögel sollen im Stadtgebiet leben, etwa 150<br />

am Bahnhofsplatz.<br />

Stadttauben oder auch Straßentauben stammen ursprünglich<br />

von der Felsentaube ab. Einst aus der Gefangenschaft von<br />

Taubenzüchtern geflohen, haben sich viele dieser Flüchtlinge<br />

der vergangenen Jahrzehnte in unseren Städten eingenistet.<br />

Die Häuserfronten mit ihren Simsen, Winkeln und Fensterbänken<br />

ersetzen ihnen die natürlichen Brutfelsen. 500 Millionen<br />

Tiere sollen weltweit in den Städten leben.<br />

Nicht jedem Städter gefällt das. Tauben, wo sie massenhaft<br />

auftreten, koten Fensterbänke und Balkone mit sogenanntem<br />

Hungerkot zu, der durch Mangel- und Fehlernährung<br />

entsteht. Als verwilderte Haustiere, ähnlich wie Straßenkatzen<br />

oder -hunde, sind sie daher auf menschliche Hilfe angewiesen.<br />

Viele Erfurter Tauben leben in den Randbezirken der<br />

Stadt. Gerade die Plattenbauten bieten den Vögeln einen Lebensraum,<br />

der den felsigen Landschaften des natürlichen Verbreitungsgebiets<br />

ihrer Vorfahren recht nahekommt.<br />

Doch der Lebensraum ist nur die eine Seite des Stadtlebens.<br />

Die Futtersuche gestaltet sich schon weitaus schwieriger. Tauben<br />

sind Körnerfresser – doch in der Stadt fehlt es an ausreichenden<br />

Grün- und Feldflächen, auf denen alle Tauben satt<br />

werden könnten, vor allem im Winter. Umliegende Felder suchen<br />

die standorttreuen Vögel kaum auf. „Sie suchen unter<br />

Mülleimern, vor Lebensmittelgeschäften, picken Brotkrumen<br />

oder andere Essensreste auf den Straßen auf, die sie nicht gut<br />

vertragen und leiden dadurch unter Verdauungsproblemen<br />

und ständigem Hunger“, sagt Katharina Fromm-Heins. Das<br />

führe zu Krankheiten und vorzeitigem Tod. „Eine Taube könnte<br />

gute 15 Jahre alt werden, jedoch halten sie bedingt durch<br />

das harte Leben in der Stadt durchschnittlich kaum zwei Jahre<br />

durch“, sagt Katja Sturm. Dieses Elend versucht „Erfurter<br />

Tauben“ zu lindern. Was allen anderen Erfurtern streng verboten<br />

ist, darf der Verein an diesem Ort in der Innenstadt:<br />

Tauben füttern. Finanziert werde das Futter aus Spenden und<br />

Vereinsmitteln.<br />

Ein zentraler Baustein des Konzeptes ist die kontrollierte<br />

Fütterung, weiß auch die Stadtverwaltung. Denn sie habe<br />

gleich mehrere Vorteile. „Zum einen entfällt damit die Futtersuche.<br />

Die Tiere sind seltener im Stadtbild zu sehen. Bürger<br />

und Touristen fühlen sich weniger gestört“, erklärt<br />

Dr. Ulrich Kreis, der Leiter des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes.<br />

Zum anderen seien die Tauben durch<br />

artgerechtes Futter gesünder. Auf die Populationsgröße habe<br />

die Fütterung übrigens keine Auswirkung. Der angezüchtete<br />

Bruttrieb werde unabhängig vom Nahrungsangebot ausgelebt.<br />

Aus diesem Grund setzt sich der Verein auch für betreute<br />

Taubenschläge nach dem Augsburger Modell ein, in denen<br />

die Eier der Tauben gegen Attrappen getauscht werden und<br />

so die Population verringert werden kann.<br />

Zum Pressetermin bleiben die Vögel fern. Nicht einmal die<br />

beiden Tauben auf dem Sims am Erfurter Hof treibt der Hunger<br />

hinunter in die belebte Straße. Das erlebe der Verein öfter,<br />

sagt Katja Sturm. Man werde das im Oktober gestartete<br />

Programm am Futterplatz noch eine Weile fortführen, immer<br />

in der Hoffnung, dass die Tauben die neue hochwertige Futterquelle<br />

annehmen werden. Anschließend wolle man mit der<br />

Stadt gemeinsam überlegen, ob andere oder weitere Futterplätze<br />

Sinn machen könnten.<br />

Kontakt: Erfurter Tauben e. V.<br />

IBAN DE88 8205 1000 <strong>01</strong>63 1459 54<br />

Paypal: erfurter.tauben@gmail.com<br />

Notfalltelefon <strong>01</strong>76 88463096<br />

36 37


33 Zähne<br />

Der ehemalige Kornspeicher an der Ackerhofgasse – hier befand sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts der jüdische Friedhof<br />

von Erfurt. Nach der Vertreibung wurde der Friedhof aufgegeben, viele der Grabsteine wurden einfach im Speicher verbaut<br />

Die wissenschaftliche Untersuchung von Knochen jüdischer<br />

Verstorbener verbietet die Religion. Das gelte nicht für im Erdreich<br />

gefundene Zähne, hat ein theologisches Gutachten im Auftrag<br />

eines internationalen Forscherteams festgestellt. Denn Zähne könnten<br />

schon zu Lebzeiten ausfallen, so die Begründung. Damit wurde<br />

der Weg frei für Genanalysen von Zähnen aus mittelalterlichen<br />

Erfurter Gräbern – mit spektakulären Ergebnissen<br />

Von Matthias Thüsing (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

Ahnenforschung mittels Hightech-Verfahren:<br />

Nur 47 Skelette waren 2<strong>01</strong>3 aus jüdischen Gräbern<br />

im Norden der Erfurter Altstadt geborgen<br />

worden. Doch anhand von 33 Zähnen öffnete<br />

sich für das Forscherteam aus Israel, mehreren<br />

europäischen Ländern und den USA ein Fenster zur Herkunftsgeschichte<br />

mitteleuropäischer Juden des Spätmittelalters.<br />

Denn die Untersuchungen ergaben, dass die heute in<br />

Mittel- und Nordeuropa vorherrschende Gruppe der sogenannten<br />

aschkenasischen Juden von nur ganz wenigen Urvätern<br />

und -müttern abstammt.<br />

Beim Durchforsten der mitochondrialen DNA, also des<br />

Erbguts, das jeder Mensch von seiner Mutter erbt, entdeckten<br />

die Forscher, dass ein Drittel der untersuchten Erfurter<br />

Personen eine bestimmte Erbgutsequenz aufwies. Die Ergebnisse<br />

deuten darauf hin, dass die frühe aschkenasische<br />

jüdische Bevölkerung so klein war, dass ein Drittel der Erfurter<br />

Individuen über ihre mütterliche Linie von einer einzigen<br />

Frau abstammte. Wenigstens acht der Erfurter Individuen<br />

trugen außerdem krankheitsverursachende genetische<br />

Mutationen in ihrem Erbgut, die auch für heute lebende<br />

aschkenasische Juden typisch sind, in anderen Populationen<br />

jedoch selten vorkommen. „Auch das ist ein Relikt dieses<br />

genetischen Flaschenhalses“, sagt die UNESCO-Beauftragte<br />

für das jüdische Erbe der Stadt Erfurt, Dr. Karin Sczech. „Wo<br />

in enger Verwandtschaft geheiratet wird, entstehen solche<br />

Gendefekte und werden weitervererbt.“<br />

Sczech hat schon die Grabungen von 2<strong>01</strong>3 begleitet. Der<br />

Friedhof der jüdischen Gemeinde von Erfurt lag im Mittelalter<br />

im Gebiet der heutigen Ackerhofgasse. Der ausgegrabene<br />

Bereich lag über dem nicht mehr benötigten und<br />

verfüllten Graben der romanischen Stadtbefestigung, Bestattungen<br />

auf dem jüdischen Friedhof erfolgten spätestens<br />

seit der Mitte des 13. Jahrhunderts. Viele Gräber gingen im<br />

Laufe der Jahrhunderte verloren. Denn nach der Vertreibung<br />

der Erfurter Juden 1453 wurde der Friedhof nicht mehr genutzt.<br />

Die ehemaligen christlichen Nachbarn bauten an dieser<br />

Stelle einen Kornspeicher (kleines Foto) und verwendeten<br />

dabei viele der Grabsteine als kostenloses Baumaterial.<br />

„Unter dem Speicher sind die Gräber vollständig vernichtet“,<br />

sagt Sczech. Der Baugrund unter dem riesigen Gebäude<br />

wurde mit Kies aufgefüllt. „Vermutlich 1.000 Gräber gingen<br />

dadurch verloren.“<br />

Die 47 Skelette, die hier geborgen wurden, stellen somit<br />

nur noch einen bescheidenen Rest einer einst weit größeren<br />

Begräbnisstätte dar. Dank der inzwischen ausgefeilten<br />

Möglichkeiten der wissenschaftlichen Analyse habe dieser<br />

aber ausgereicht, um auch für die Erfurter Stadtgeschichte<br />

wichtige Erkenntnisse aus dem Dunkel der Vergangenheit<br />

hervorzuholen. So habe mittels der sogenannten Radiokarbonmethode<br />

nachgewiesen werden können, dass die Toten<br />

über einen längeren Zeitraum im 14. Jahrhundert in Erfurt<br />

begraben worden seien, sagt Sczech. Vermutlich handele es<br />

sich bei den Toten um die ersten Juden, die nach dem Pogrom<br />

von 1349 wieder in die Stadt zurückgekehrt seien. Nach<br />

den Schriftquellen zogen viele von ihnen ab 1354 aus dem<br />

heutigen Böhmen und Mähren nach Erfurt. Die Analyse der<br />

Spurenelemente im Zahnschmelz unterstützt diese These einer<br />

Zuwanderung. „Wir können nachweisen, dass einige Juden<br />

aus dem Raum Breslau beziehungsweise Nordböhmen<br />

stammen. Ihre Kinder aber sind bereits in der Stadt geboren<br />

und aufgewachsen.“<br />

„Über die genetische Untersuchung habe erstmals überhaupt<br />

nachgewiesen werden können, dass die Juden des<br />

Mittelalters ihre Toten im Familienverband bestattet haben“,<br />

sagt die Archäologin. Zwei Eltern-Kind-Paare in nebeneinanderliegenden<br />

Gräbern habe die Genetik nachweisen können.<br />

Wegen des strikten Gebots der Totenruhe hätten solche Beziehungen<br />

bislang nicht wissenschaftlich belegt werden können.<br />

Und auch über die Grabsteine von jüdischen Friedhöfen<br />

seien solche Nachweise schwierig, weil nur die Vor- und<br />

Vatersnamen in den Inschriften genannt würden, nicht aber<br />

die Familiennamen. Zumal ähnlich wie in Erfurt Grabsteine<br />

über die Jahrhunderte hinweg von ihren originalen Standorten<br />

entfernt worden seien.<br />

38 39


Kommt zu unserem<br />

Girls’ & Boys’ Day!<br />

Als Industriekauffrau<br />

bin ich<br />

breit aufgestellt<br />

und kann in<br />

verschiedenen<br />

Bereichen arbeiten<br />

Annemarie Miksch<br />

Von Frieda Schmidt (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

Es ist 8 Uhr morgens in Erfurt. Für Annemarie<br />

Miksch und Maximilian Umbreit<br />

beginnt der Arbeitstag. Sie sind<br />

beide Auszubildende im zweiten Lehrjahr.<br />

Während Annemarie ihren Computer<br />

hochfährt und sich dann dem Antrag<br />

zum Bau einer Photovoltaikanlage widmet,<br />

beginnt Maximilian mit der Reparatur<br />

eines Busses. Denn auch, wenn sich<br />

beide Azubis für eine Ausbildung bei den<br />

Stadtwerken entschieden haben, könnte<br />

ihr Alltag nicht unterschiedlicher sein. Sie<br />

prüft Verträge, er wechselt Öl. Sie bearbeitet<br />

Hausanschlüsse, er repariert Busse.<br />

Annemarie arbeitet im Hauptsitz<br />

der SWE in der Magdeburger<br />

Allee. Maximilian findet<br />

man bei der EVAG<br />

am Urbicher<br />

Kreuz. Trotzdem kennen die beiden Auszubildenden<br />

sich. „Vor Beginn der Ausbildung<br />

fahren alle neuen Azubis nach Friedrichroda.<br />

Dort bleiben wir eine Woche und<br />

lernen uns kennen. Einige von ihnen sind<br />

sehr gute Freunde von mir geworden“, so<br />

die 20-jährige Annemarie. Sie macht eine<br />

Ausbildung zur Industriekauffrau. „Ich<br />

habe mich für Wirtschaft und Marketing<br />

interessiert. Als Industriekauffrau bin ich<br />

breit aufgestellt und kann in verschiedenen<br />

Bereichen arbeiten“. Zu den Stadtwerken<br />

kam sie über ihren Opa. „Der hat früher<br />

bei der EVAG im Einkauf gearbeitet. In<br />

den Ferien bin ich immer mal mit ihm auf<br />

die Arbeit gegangen und mir hat der Büroalltag<br />

sehr gut gefallen. Also habe ich mich<br />

einfach bei den Stadtwerken beworben“.<br />

Auch der Berufswunsch des 18-jährigen<br />

Maximilian wurde durch seine Familie geprägt.<br />

Das Herumwerkeln liegt ihm in den<br />

Genen. „Mein Vater ist Handwerker und<br />

mein Onkel hat sogar eine eigene Werkstatt.<br />

Mit der Ausbildung als Kfz-Mechatroniker<br />

für Busse erfülle ich mir meinen<br />

Kindheitstraum“, sagt er. Auf den Job stieß<br />

Maximilian durch die Ausbildungsmesse<br />

der SWE. Dort werden jedes Jahr<br />

im Herbst verschiedenste<br />

Ausbildungsberufe der<br />

Stadtwerke und anderer<br />

Thüringer<br />

Unternehmen<br />

vorgestellt.<br />

Für alle, die noch in<br />

diesem Jahr ihre Ausbildung<br />

dung beginnen wollen, ist der<br />

Girls‘ & Boys‘ Day am 27. April die<br />

richtige Anlaufstelle. Bei diesem bundesweiten<br />

Aktionstag zur Berufsorientierung<br />

von Jungen und Mädchen kann sich über<br />

verschiedene Berufe der SWE informiert<br />

werden. Aus diesem Anlass öffnen EVAG,<br />

ThüWa und die SWE, Energie, Netz, Bäder<br />

und Stadtwirtschaft ihre Tore. Jeder,<br />

der Interesse hat, kann an diesem Tag in<br />

die Berufe reinschnuppern und den Angestellten<br />

der SWE über die Schulter schauen.<br />

„Es lohnt sich, vor der Bewerbung mal<br />

in den Betrieb reingeschaut zu haben. Ich<br />

habe das auch gemacht“, sagt Maximilian.<br />

Über seine Ausbildung erzählt er: „Die Kollegen<br />

begegnen mir auf Augenhöhe. Ich<br />

habe das Gefühl, wertgeschätzt zu werden<br />

und lerne ständig etwas Neues. Inzwischen<br />

kann ich aber auch schon relativ viel<br />

selbstständig arbeiten“. Auf die Frage, was<br />

ihm in der Ausbildung nicht so viel Spaß<br />

macht, antwortet er grinsend: „Nichts“!<br />

Auch Annemarie fühlt sich in ihrem<br />

Team gut aufgehoben. Sie bearbeitet bei<br />

der SWE Netz GmbH Anträge für Neuanschlüsse,<br />

Anschlussänderungen und Fotovoltaikanlagen.<br />

Schon jetzt wird sie in die<br />

Stelle eingearbeitet, die sie nach der Ausbildung<br />

übernehmen soll. „Mir wird<br />

immer mehr Verantwortung<br />

übertragen. Außerdem<br />

gibt es hier richtig<br />

viel zu tun. Das<br />

ist mir wichtig. Langeweile<br />

zu haben, finde<br />

ich blöd, aber hier werde ich<br />

richtig gefordert.“<br />

Und Langeweile kommt auch außerhalb<br />

der regulären Arbeit nicht auf. „Hier<br />

wird viel mit den Azubis gemacht. Dabei<br />

bringen wir unsere eigenen Ideen zu Projekten<br />

oder Aktivitäten mit ein. So entsteht<br />

ein wirklich familiäres Umfeld, das finde ich<br />

toll“, sagt Annemarie. Sie und Maximilian<br />

sind Teil von „AzubiFit“. Maximilian erklärt:<br />

„Einmal im Monat bringen wir einen Newsletter<br />

für Azubis und Mitarbeiter raus. Darin<br />

geht es um Tipps und Tricks rund um die<br />

Gesundheit am Arbeitsplatz, Bewegung im<br />

Alltag und gesunde Rezepte. Von der Catering-Firma,<br />

die die Kantinen der Stadtwerke<br />

betreibt, werden unsere Rezepte sogar<br />

regelmäßig nachgekocht.“<br />

Fit starten Annemarie und Maximilian<br />

übrigens auch in ihren Feierabend. Wenn<br />

um 16 Uhr der letzte Antrag bearbeitet<br />

und der letzte Bus repariert ist, zieht es sie<br />

ins Fitnessstudio und ihn auf den Fußballplatz.<br />

Mit der<br />

Ausbildung als<br />

Kfz-Mechatroniker<br />

für Busse erfülle<br />

ich mir meinen<br />

Kindheitstraum<br />

Maximilian Umbreit<br />

40<br />

41


SWE bildet<br />

Stadtwerke unterstützen Schulprojekte<br />

Spannendes Rauschen<br />

im Bücherwald<br />

Alles klar: Trinkbrunnen<br />

für die Grundschule 23<br />

Pünktlich zum Internationalen Tag<br />

des Wassers am 22. März ist unser<br />

Trinkwasserwettbewerb „Ich trink<br />

Was!ser!“ für Erfurter Grundschulen<br />

gestartet. Seid ihr auch Fans des Erfurter<br />

Wassers und trinkt es am liebsten<br />

pur und frisch aus der Leitung?<br />

Dann solltet ihr unbedingt mitmachen.<br />

Sendet uns bis 30. Juni<br />

<strong>2023</strong> die Rezepte eurer Lieblingssommergetränke<br />

aus Erfurter<br />

Trinkwasser. Zu gewinnen<br />

gibt es für die schmackhaftesten<br />

Trinkwasserrezepte Wassersprudler<br />

inkl. Zubehör für den<br />

Klassenraum oder Hort.<br />

Wer regelmäßig und ausreichend<br />

trinkt, ist schlauer, haben Forscher herausgefunden.<br />

Wasser gibt uns Energie, vertreibt Müdigkeit<br />

und stärkt Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit.<br />

Die Schüler der Regelschule 23 an der Geraaue sind künftig<br />

hervorragend gewappnet für den Schultag, sie können<br />

ihren Wasserbedarf am eigenen Trinkbrunnen decken. Damit<br />

kommen nun alle Schüler jederzeit unkompliziert in den<br />

Genuss des leckeren Erfurter Trinkwassers. Gemeinsam mit<br />

der Stabsstelle für Nachhaltigkeit, dem Erfurter Wasserversorger,<br />

der ThüWa ThüringenWasser GmbH, und der Schule<br />

mit Förderverein konnte das Vorhaben realisiert werden.<br />

Und wie schmeckt das Erfurter Wasser? Einhellige Schülermeinung:<br />

SUPER!<br />

Hier wächst was: Junges Gemüse<br />

in Erfurter Schul- und Kindergärten<br />

Wenn die Sonne noch intensiver den Boden erwärmt,<br />

der Regenwurm die Sonne genießt und die<br />

ersten grünen Triebe sprießen, dann heißt es wieder:<br />

Ab ins Beet! Schulgarten oder das Hochbeet<br />

der Kita warten schon auf neue Bepflanzung.<br />

Welche Ideen habt ihr für eure<br />

Kita oder Schule, was gibt es umzugestalten,<br />

damit es künftig noch<br />

mehr grünt und sprießt? Wir fördern<br />

auch in diesem Jahr wieder Schulgartenprojekte<br />

mit jeweils 500 Euro. Die<br />

Vorhaben sind ausgewählt und wir sind<br />

gespannt auf die vielen tollen Ideen.<br />

Beim diesjährigen Papierwettbewerb sind<br />

nicht nur die fleißigsten Sammler gefragt,<br />

sondern auch Nachhaltigkeitsprofis, die clevere Upoder<br />

Recyclingideen zum Thema Papier haben. Was lässt<br />

sich aus Altpapier Neues zaubern? Wir sind gespannt!<br />

Einsendeschluss ist der 9. Juni <strong>2023</strong>.<br />

In den Osterferien hat ein neues<br />

Theaterstück Premiere. Ins Haus<br />

der Stadtwerke Erfurt sind Erfurter<br />

Grundschüler eingeladen,<br />

die sich am<br />

aktuellen Papierwettbewerb<br />

beteiligen. In<br />

dem Schattentheaterstück<br />

„Wundersame Baumgeschichten“<br />

geht es um<br />

den Weg eines Blatt Papieres<br />

von der Herstellung bis<br />

zum Recycling. Wisst ihr, was alles<br />

dazu gehört, damit aus altem<br />

Papier neues wird?<br />

Informationen<br />

zu den Projekten,<br />

Veranstaltungen und<br />

Wettbewerben der<br />

SWE Schulkommunikation:<br />

So ein Theater:<br />

Aus Alt wird Neu<br />

Übrigens für alle Besserwisser: Recyclingpapier spart<br />

gegenüber Papier aus frischen Fasern 60 Prozent<br />

Energie und sogar 70 Prozent Wasser. Am besten<br />

für die Umwelt wäre es aber, den Papierverbrauch<br />

generell weiter zu reduzieren.<br />

Welttag des Buches und 25. Erfurter Kinderbuchtage<br />

Bücher machen Freude! Die deutschen<br />

Buchhandlungen verschenken<br />

jedes Jahr zum Welttag des Buches<br />

rund eine Million Bücher bundesweit<br />

an Kinder. Die Abenteuergeschichte<br />

„Volle Fahrt ins Abenteuer“ wurde<br />

eigens für die Aktion <strong>2023</strong> von<br />

Autorin Katharina Reschke geschrieben.<br />

Die tollen Zeichnungen stammen<br />

von Illustrator Timo Grubing.<br />

Entstanden ist daraus ein spannender,<br />

kurzweiliger Comicroman.<br />

Für alle Leseratten und Bücherwürmer<br />

hier kurz der Inhalt: „Elani und<br />

ihr Cousin Flo verbringen die Ferien<br />

auf dem Aussteigerhof von Oma<br />

Sanne in Brandenburg. Doch anstelle<br />

von Ziegenmist und Langeweile<br />

erwartet die beiden ein spannender<br />

Roadtrip bis nach Usedom. Und<br />

zwar mit Kutsche, denn Oma Sanne<br />

ist Zukunftserfinderin und setzt sich für die Umwelt ein. Zusammen<br />

mit dem Nachbarsjungen Tan wollen sie an der Ostsee<br />

nach einen Familienschatz suchen.“<br />

EVAG (be-)fördert das Lesen<br />

Mit der Straßenbahn fahren macht nicht nur Spaß, sondern<br />

auch schlau. 1.000 Bücher des Comicromans werden am<br />

22. April <strong>2023</strong> von der Buchhandlung Peterknecht in den<br />

Straßenbahnen der EVAG zum Welttag des Buches verteilt.<br />

Die Aktion auf den Linien 1, 3 und 5 steht unter dem Motto<br />

„Wir (be-)fördern das Lesen über eine besondere Buchaktion<br />

in den Straßenbahnen“. Wer diesen Termin in den Straßenbahnen<br />

verpasst, kann am 22. April <strong>2023</strong> die spannende Geschichte<br />

am Infostand auf dem Erfurter Anger bei den Erfur-<br />

ter Buchhandlungen Stapp, Hugendubel<br />

und Peterknecht geschenkt bekommen.<br />

Der Stand ist gut an seinen Luftballons<br />

am Angerkreuz zu erkennen. Selbstverständlich<br />

gibt es da auch das Programm<br />

der 25. Erfurter Kinderbuchtage.<br />

Ausblick auf die Kinderbuchtage<br />

Die 25. Auflage des großen Lesefestes<br />

für die kleinen Bücherwürmer steht für<br />

den 3. bis zum 17. Juni <strong>2023</strong> im Kalender.<br />

Die Buchhandlung Peterknecht als Veranstalter<br />

und der Beltz-Verlag als Partner<br />

haben ins Jubiläumsprogramm jede<br />

Menge neuer Bücher mit spannenden,<br />

lustigen, geheimnisvollen oder auch<br />

ernsten Geschichten gepackt.<br />

Zu Gast im<br />

Atrium der Stadtwerke Erfurt<br />

16. Juni <strong>2023</strong>, 16 Uhr – Weltpremiere des am Vortag druckfrisch<br />

erschienen Bandes „Mein Lotta-Leben. Hier taucht der<br />

Papagei“. Gelesen wird das brandneue Lotta-Abenteuer von<br />

Autorin Alice Pantermüller. Eigentlich ist Lotta ein ganz normales<br />

Mädchen. Komisch ist nur, dass immer ihr diese Missgeschicke<br />

passieren. Mit dem neuen Buch erscheint der 19.<br />

Band aus Lottas turbulentem Leben.<br />

Noch viel mehr Kinderbuchtage<br />

gibt es ab 13. April <strong>2023</strong><br />

unter www.kinderbuchtage.de online,<br />

der Kartenvorverkauf<br />

startet am 15. April <strong>2023</strong>.<br />

Christine Karpe (Text) adobe stock (Foto)<br />

42 43


Sabrina Netz und ihr Hund Loki<br />

sind seit zwei Jahren<br />

unzertrennlich<br />

Zwischen Madonnen<br />

und Segelbooten<br />

Riesengroße<br />

Liebe aus dem<br />

Tierheim<br />

W<br />

enn ich so neben meinem Frauchen Sabrina<br />

auf der Bank sitze, kann ich ihr auf den<br />

Kopf sabbern. Mache ich natürlich nicht – um nachher ein<br />

paar Leckerlies (am liebsten frisches Fleisch) zu bekommen,<br />

muss ich mich schließlich benehmen. Ich bin Loki,<br />

neun Jahre alt und ein Alabai. Damit gehöre ich zu den<br />

wirklich großen Hunderassen. Die 75 Kilogramm, die ich<br />

auf die Waage bringe, bestätigen das.<br />

Sabrinas und meine gemeinsame Geschichte beginnt vor<br />

zwei Jahren im Tierheim. Dort arbeitet mein Frauchen seit<br />

August 2020. Sie ist eigentlich gelernte Tierwirtin für die<br />

Fachrichtung Rinderhaltung. Nachdem sie etliche Jahre als<br />

Herdenmanagerin über 1.000 Rinder betreut hat, schloss<br />

der Stall, in dem Sabrina arbeitete. Und wie es das Schicksal<br />

so wollte, bewarb sie sich in dem Tierheim, in dem ich einige<br />

Monate später als Pensionshund eingewiesen wurde. Da<br />

sich mein früheres Herrchen nicht mehr um mich kümmern<br />

konnte, nahm mich Sabrina bei sich auf. Wohnen tut sie übrigens<br />

in Haussömmern, in der Nähe von Bad Tennstedt.<br />

Und dort habe ich meine Berufung gefunden. 40 Rinder hält<br />

meine neue Familie und ich passe auf sie auf. Als Herdenschutzhund<br />

bin ich Tag und Nacht im Einsatz. Manchmal<br />

würde ich lieber meine Zeit damit verbringen, im Wohnzimmer<br />

auf der Couch zu liegen. Aber eigentlich macht mir<br />

meine Arbeit mit den Rindern richtig viel Spaß. Während<br />

ich ansonsten eher ein ruhiges Gemüt habe, sollte man als<br />

Fremder meinen Schützlingen lieber nicht zu nah kommen.<br />

Dann zeige ich mich nämlich von meiner anderen Seite.<br />

Bei Familie Netz bin ich aber nicht der einzige Vierbeiner,<br />

der aus dem Tierheim kommt. Als vor einem Jahr 13 Hunde<br />

aus einer Erfurter Wohnung gerettet wurden, hat Sabrina einen<br />

von ihnen mitgebracht. Er heißt Prinz und ist ein Rottweiler-Mix.<br />

Als dann eine kleine Katze auf einem Feldweg in<br />

Salomonsborn gefunden wurde, brachte Sabrina auch die<br />

mit zu uns nach Hause. Außerdem gibt es bei uns noch einen<br />

weiteren Hund und drei weitere Katzen. Dass mein Frauchen<br />

so viele Tiere mitbringt, findet ihr Mann übrigens nicht<br />

immer so toll. Aber wenn wir erst mal da sind, schließt er uns<br />

schnell in sein Herz. Ihre siebenjährige Tochter braucht vor<br />

mir natürlich keine Angst haben. Auf sie passe ich mindestens<br />

genauso gut auf, wie auf meine Rinder.<br />

Frieda Schmidt (Text) Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

S chon um 5 Uhr morgens stehen<br />

die ersten Händler Schlange<br />

vor dem Erfurter Stöbermarkt.<br />

Viele von ihnen kennen sich, kommen<br />

seit Jahren in die Eugen-Richter-Straße<br />

um Haushaltswaren, Kleidung,<br />

Spielzeug und Trödel auf dem<br />

Flohmarkt des Stöberhauses zu verkaufen.<br />

Jörg Hambruch ist Stöbermarkt-Urgestein<br />

und war fast von<br />

Anfang an mit dabei. Seit 13 Jahren<br />

arbeitet er im Stöberhaus und betreut<br />

den Trödelstand zum Stöbermarkt.<br />

„In diesem Jahr findet der Stöbermarkt<br />

drei Mal statt. Aber ich bin das<br />

ganze Jahr über damit beschäftigt,<br />

Dinge zu sammeln, die zum Trödelmarkt<br />

passen“, sagt Jörg. „Viele der<br />

Händler kenne ich und weiß, was sie<br />

gerne sammeln. Wenn mir bei einer<br />

Haushaltsauflösung etwas Passendes<br />

für sie in die Hände fällt, lege ich es<br />

gleich weg.“ Er hat aber nicht nur ein<br />

Auge für Trödel, sondern kann sich in<br />

seiner Arbeit auch kreativ ausleben.<br />

„Auch Requisiten aus dem Bestand<br />

der Domstufenfestspiele fallen uns<br />

im Stöberhaus mal in die Hände. Mit<br />

Briefmarken, die ich bei Haushaltsauflösungen<br />

fand, habe ich eine riesige<br />

Maske beklebt und dann auf dem<br />

Stöbermarkt verkauft“, erzählt Jörg<br />

Hambruch. Solche und andere kuriose<br />

Dinge finden sich auf den Märkten<br />

immer wieder. So wurden schon ein<br />

Segelboot, ein alter Grabstein oder<br />

Seifenkistenfahrzeuge angeboten.<br />

Mitmachen kann beim Stöbermarkt<br />

übrigens jeder. „Hier haben sowohl<br />

Familien, als auch Senioren, Kinder,<br />

oder Hobby-Sammler ihren Stand.<br />

Professionelle Händler oder Neuware<br />

gibt es bei uns nicht“, so Jörg, der<br />

zu vielen Händlern eine Freundschaft<br />

aufgebaut hat. Nicht nur zu den Stöbermärkten<br />

ist ihm das familiäre Umfeld<br />

besonders wichtig. Auch das<br />

restliche Jahr über, wenn er im Lager<br />

des Stöberhauses arbeitet, schätzt er<br />

die Beziehung zu seinen Kollegen.<br />

„Als ich 2<strong>01</strong>0 für ein Praktikum in das<br />

Stöberhaus kam, habe ich mich so<br />

wohl gefühlt, dass ich einfach geblieben<br />

bin. Ich bin gern bei meinen Kollegen<br />

und fühle mich bei ihnen geborgen.“<br />

Und jeder, der vorbei kommt,<br />

kann Jörg, der übrigens am liebsten<br />

DDR-Spielzeug verkauft, kennenlernen.<br />

Und für ihn gibt es noch einen<br />

weiteren Grund, der den Stöbermarkt<br />

so einzigartig macht: „Bei uns gibt es<br />

die beste Bratwurst der Stadt!“<br />

Stöbermärkte:<br />

06.05.23, <strong>01</strong>.07.23, 09.09.23<br />

Frieda Schmidt (Text) Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

44<br />

45


Eine RUNDE SACHE<br />

Von Hannes Sperling (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

Noch mehr Bilder zur URD gibt es im SWE Blog unter: www.swefuererfurt.de<br />

Bei Kay Plackert<br />

dreht sich alles<br />

ums Rad für<br />

die Tram<br />

Frühmorgens bei der EVAG. In der Straßenbahnwerkstatt<br />

breitet sich langsam ein Geruch von Öl und im Ofen<br />

schmelzendem Käse aus. Im hinteren Teil der großen Halle<br />

rumpelt monoton eine mächtige, grüne Maschine vor<br />

sich hin. Unter dem Ungetüm aus 30 Tonnen Stahl werkelt<br />

Kay Plackert. Er dreht die Räder der Erfurter Straßenbahnen<br />

rund.<br />

Kay Plackert steht in der Arbeitsgrube der Unterflurradsatzdrehmaschine,<br />

kurz URD. „Ich habe gerade das erste<br />

Rad am Wickel, mache es wieder richtig rund. Der Geruch<br />

kommt vom Schmiermittel und den heißen Drehspänen,<br />

die bei der Radreifenbearbeitung entstehen. Man gewöhnt<br />

sich schnell daran“, sagt Kay Plackert und lacht. Er ist Zerspanungsfacharbeiter<br />

bei den Erfurter Verkehrsbetrieben,<br />

sorgt mit seinen Kollegen für ein rundum komfortables<br />

und sicheres Tram-Fahrerlebnis. Kay Plackert: „Die Räder einer<br />

Straßenbahn nutzen sich mit der Zeit ab oder bekommen<br />

zum Beispiel wegen Gefahrenbremsungen Flachstellen.<br />

Wenn wir das nicht wieder rund drehen, kann es während der<br />

Fahrt ganz schön holprig werden.“ Aus diesem Grund werden<br />

die Räder aller EVAG Bahnen immer wieder überprüft,<br />

der Durchmesser wird bei jeder Ausfahrt auf den Millimeter<br />

genau gemessen. Weichen die Zahlen von der Norm ab,<br />

geht die Bahn in die Werkstatt. Dort werden die Räder von<br />

Kay Plackert und seinen Kollegen aus dem Bereich Fahrzeuginstandhaltung<br />

wieder richtig rund gedreht.<br />

Das Tolle: Kein Rad oder Fahrwerk muss für das Runddrehen<br />

demontiert werden. Die Bahnen – egal ob alter Tatra,<br />

G4-Katerexpress oder moderner Tramlink – fahren einfach<br />

auf die URD. Die Maschine misst akribisch und dreht dann<br />

alle Räder nacheinander wieder rund. Spätestens alle 20.000<br />

Kilometer hat jede der 90 EVAG Bahnen einen Termin bei der<br />

URD. „Wir arbeiten im Zweischichtsystem. Bis alle Räder einer<br />

Bahn wieder einheitlich rund sind, dauert es circa zehn Stunden.<br />

Wir können auf den halben Millimeter genau arbeiten“,<br />

sagt der 54-Jährige. Er ist stolz, bei der EVAG zu sein. Seit seiner<br />

Ausbildung zum Fahrzeugschlosser 1985 ist er den Verkehrsbetrieben<br />

treu.<br />

Fast so lange gibt es auch schon die URD im Unternehmen.<br />

Wenn Kay Plackert nicht gerade Räder rund dreht, hilft<br />

er seinen 19 Kolleginnen und Kollegen in der Werkstatt bei<br />

den Durchsichten und Instandhaltungsarbeiten. „Alle Bahnen<br />

müssen nach 10.000 Kilometern zur Inspektion. Wir<br />

überprüfen jede Schraube oder erneuern Verschleißteile<br />

wie Bremsbeläge oder die Schleifkohlen der Stromabnehmer.<br />

Auch ein Getriebeölwechsel steht dann an“, sagt er. Typisch:<br />

Auch in seiner Freizeit schlägt das Herz von Kay Plackert<br />

fürs Rad. „Meine Frau und ich haben uns einen Traum<br />

erfüllt und ein Tandemfahrrad gekauft. Damit sind wir viel<br />

unterwegs. Im Sommer geht‘s damit zur Ostsee“, erzählt er –<br />

eine runde Sache.<br />

Arbeiten unter Tage – hier unter einer Straßenbahn: Kay<br />

Plackert steht in der Arbeitsgrube der Unterflurradsatzdrehmaschine.<br />

Hier werden Straßenbahnräder rund gedreht<br />

Wenn wir das nicht<br />

wieder rund drehen,<br />

kann es während<br />

der Fahrt ganz schön<br />

holprig werden<br />

Kay Plackert<br />

Mit der Zeit nutzen sich die Räder einer Straßenbahn ab. Durch<br />

die URD werden sie auf den Millimeter genau wieder rund gedreht<br />

(Foto oben). Übrig bleiben heiße Drehspäne, die recycelt<br />

werden (Foto unten)<br />

46 47


SWE NETZ CHEF FRANK HEIDEMANN<br />

Neue Funkfrequenz<br />

Dieser Mann hat die meisten<br />

Views aller Erfurter Künstler<br />

macht unsere<br />

Netze flexibler<br />

Die dafür notwendigen Informationsnetze müssen aber<br />

auch sicher sein und dürfen keine Angriffsfläche für Hacker<br />

bieten. „Die IT-Sicherheit spielt eine gewaltig große Rolle. Wir<br />

brauchen vollkommen autarke Übertragungswege, um uns<br />

vor Hackern und anderen kriminellen Angriffen zu schützen“,<br />

sagt Heidemann. Außerdem muss die Übertragung der Daten<br />

auch „schwarzfallfest“ sein, also im Falle eines Stromausfalles<br />

reibungslos weiter funktionieren.<br />

Von Henry Köhlert (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

Die Energienetze sind ein lebenswichtiges Gut für<br />

uns alle. Sie transportieren zuverlässig Strom und<br />

Gas rund um die Uhr. Der Betrieb dieser Netze<br />

wird immer anspruchsvoller und komplexer. Aufgrund<br />

der Umsetzung der Energiewende und vielfältiger<br />

Stromerzeuger (wie zum Beispiel Wind, Sonne, Kohle, Gas<br />

und Wasser) werden zunehmend verschiedenste Informationen<br />

aus diesen Energienetzen benötigt. Es werden umfangreiche<br />

Datenmengen von unterschiedlichsten Punkten sein,<br />

die übertragen werden müssen. „Wir<br />

werden zunehmend unsere Netze beobachten<br />

und analysieren, ob sie zuverlässig<br />

ihre Versorgungsaufgaben erfüllen<br />

können. Dafür brauchen wir viele Informationen“,<br />

sagt Frank Heidemann, Chef<br />

der SWE Netz GmbH. Die Taktung, um reagieren<br />

zu können, wird immer schneller<br />

…<br />

Das 450-Megahertz-Netz<br />

gibt<br />

uns viele neue<br />

Möglichkeiten<br />

Frank Heidemann<br />

„Funk 450 Megahertz“ heißt das Zauberwort. Diese Funkfrequenz<br />

bietet ideale Eigenschaften. So können große Datenmengen<br />

über lange Wege sicher transportiert werden.<br />

Außerdem können Messpunkte auch dann erreicht werden,<br />

wenn diese im Keller oder hinter dickeren Wänden angeordnet<br />

sind. Dies war so bisher nicht möglich. Heidemann:<br />

„Die Nutzung dieser Frequenz ist für die Betreiber kritischer<br />

Infrastrukturen für Strom, Gas und Wasser bestens geeignet.<br />

Die Vorteile liegen auf der Hand und bieten so eine tolle<br />

Möglichkeit, die Energieerzeugung über Wind und Sonne<br />

und den Energieverbrauch z. B. an den E-Tankstellen besser<br />

zu analysieren und im Bedarfsfall auch steuern zu können.“<br />

Genauso hat die Sachlage auch die Bundesnetzagentur<br />

bewertet und entschieden, diese Frequenz ausschließlich<br />

der Energiebranche und der Wasserwirtschaft zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Das Unternehmen 450connect GmbH hat in Kooperation<br />

mit der Energiebranche nunmehr die Aufgabe, das<br />

450 Megahertz-Netz in Deutschland aufzubauen. Es wird ein<br />

Glasfaserbasisring in Deutschland entstehen, der von zwei<br />

großen Rechenzentren gehostet wird. An dieses Hochgeschwindigkeits-Netz<br />

werden 450 Megahertz-Funkmasten<br />

über Richtfunk angeschlossen und komplettieren<br />

so ein gebietsüberspannendes Netz.<br />

1.600 Masten sollen deutschlandweit errichtet<br />

werden, einer davon in Erfurt. Aufgrund<br />

der großen Reichweite sind dies relativ wenige.<br />

„Wir sind Anfang 2024 soweit, diese<br />

Technologie in Erfurt einzusetzen und ergänzen<br />

somit unser eigenes ultraschnelles<br />

Glasfasernetz“, sagte Heidemann.<br />

Von Hanno Rupp (Text) und Steve Bauerschmidt (Foto)<br />

27 Jahre – fast 28! Solange ist Dieter Hennig, Erfurts bekannter<br />

Maler und Grafiker, bereits für die Strom- und Gasnetze<br />

in spezieller Mission im Einsatz. Dieter Hennig gestaltet Fassaden<br />

von technischen Anlagen der SWE Netz GmbH mit<br />

kunstvollen Bildern und Graffiti.<br />

1995 lernte man sich kennen, erste Projekte<br />

an Wänden der Umspannwerke Erfurt/West<br />

in der Lauentorstraße und in<br />

Melchendorf wurden vereinbart und umgesetzt.<br />

Damals noch ein seltenes, fast<br />

neues Spektrum. Trafostationen, Kabelverteilerschränke<br />

und Gasregelstationen<br />

kamen die Folgejahre hinzu. „Ich habe<br />

sie nicht gezählt, aber es waren bis dato<br />

bestimmt 250 Stationen und nochmal so<br />

viele Kabelverteiler, schon einige Gasregelanlagen“<br />

sagt Hennig.<br />

Die Erfurter freut es offensichtlich,<br />

denn nicht ein einziges Mal in den ganzen Jahren gab es<br />

Kritik oder Ablehnung. Im Gegenteil: „Viele Menschen interessieren<br />

sich für meine Arbeit, sind neugierig, sprechen<br />

mich an oder freuen sich einfach nur über eine Verschönerung.<br />

Nicht nur an einer Station wie in Mittelhausen dieses<br />

Jahr wurde ich mit Kaffee, Kuchen und netten Gesprächen<br />

versorgt“ freut sich Dieter Hennig. Auch die Stadtwerke werden<br />

für Ihr Arrangement lobend erwähnt. Dies hören Hanno<br />

Immer, wenn ich<br />

an einer Stelle<br />

arbeite, kommen<br />

zehn neue Ideen<br />

hinzu<br />

Dieter Hennig<br />

Rupp, Leiter Technik für den Stromnetzbetrieb und Andreas<br />

Huhn, Leiter Technik Gasnetzbetrieb von der Erfurter Netzgesellschaft<br />

sehr gern - seit Anfang an Mitinitiatoren und<br />

Förderer der Gestaltungen. Es bleibt aber nicht aus, dass Anlagen<br />

auch wieder überschmiert oder zerstört werden. Ärgerlich,<br />

aber zum Glück selten.<br />

Gab es ein Lieblingsprojekt? Dieter Hennig überlegt: „Eigentlich<br />

nein. Aber ich habe mich in den<br />

Jahren auch entwickelt. Ich finde meine Arbeiten<br />

der letzten zwei Jahre besonders<br />

schön“. Das waren beispielhaft Arbeiten an<br />

Trafostationen in Mittelhausen, in Bischleben<br />

an der Gera, in der Hermann-Brill-Straße,<br />

in der Geibelstraße oder im Wachsenburgweg,<br />

sowie Gestaltung von mehreren<br />

Kabelverteilschränken in der Heinrichstraße,<br />

Triftstraße und Schillerstraße u.v.m.<br />

Dieter Hennig steckt noch voller Ideen<br />

– obwohl schon 79 Lebensjahre in seinem<br />

Ausweis stehen. Immer wenn ich an einer<br />

Stelle arbeite, kommen zehn neue Ideen<br />

hinzu – „Die entwerfe ich dann zuhause im Atelier und verarbeite<br />

diese dann bei nächster Gelegenheit. Wenn die Stadtwerke<br />

dies möchten, würde ich gern noch ein paar Jahre kreativ<br />

an den Anlagen arbeiten. Es macht mir sehr viel Freude“.<br />

Er werde bei den Arbeiten angesprochen. Schüler und<br />

Praktikanten der Walter-Gropius-Schule oder Studenten für<br />

Architektur helfen Dieter Hennig, manche sogar seit mehreren<br />

Jahren.<br />

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Chef gesucht gefunden<br />

Die Handwerkskammer Erfurt bringt altgediente<br />

Chefs und mögliche Nachfolger zusammen<br />

Klemens Sieb (li.) und<br />

Daniel Mäurer Haben die<br />

Übergabe des Handwerksbetriebs<br />

mehr als ein Jahr<br />

lang gemeinsam<br />

vorbereitet<br />

Von Matthias Thüsing (Text)<br />

und Steve Bauerschmidt (Fotos)<br />

R<br />

und 13.000 der 99.000<br />

Betriebe in Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen<br />

stehen Expertenschätzungen<br />

zufolge in den kommenden<br />

fünf Jahren vor der<br />

Nachfolgerfrage. 74 Prozent<br />

der Betroffenen hätten noch<br />

keine Vorkehrungen getroffen,<br />

hieß es. Zwei, die sich gekümmert<br />

haben, sind Klemens Sieb<br />

und Daniel Mäurer.<br />

„Wenn Daniel Mäurer nicht gekommen wäre, hätte ich den<br />

Betrieb dicht machen müssen“, sagt Klemens Sieb. Zwar hatte<br />

er einige weitere Anfragen von Kauf-Interessenten. Doch<br />

das seien meist Großbetriebe gewesen. „Die wollten nur den<br />

Kundenstamm übernehmen. Aber nicht den Standort hier in<br />

Kleinbrembach bei Buttstädt im Kreis Sömmerda.“ Entsprechend<br />

schnell sei man sich einig geworden. Im Herbst 2021<br />

hatte der 67-jährige die Suchanzeige für Firmenübernahmen<br />

bei der Handwerkskammer Erfurt geschaltet. Zur gleichen<br />

Zeit ließ sich auch Daniel Mäurer als Interessent für die Übernahme<br />

eines Heizungs- und Sanitärbestriebes im Raum Mittelthüringen<br />

dort listen. Einmal durch die Handwerkskammer<br />

miteinander bekannt gemacht, wurden sich der alte und der<br />

künftige Chef der „Heizung und Sanitär Klemens Sieb GmbH“<br />

noch im Januar grundsätzlich handelseinig. Es folgte eine Einarbeitungszeit<br />

und die Schlüsselübergabe zum Jahreswechsel.<br />

„Und natürlich viel Bürokratie, Ämter-Gerenne und Bankengespräche“,<br />

sagt Daniel Mäurer.<br />

Noch zu DDR-Zeiten – am 1. April 1990 – hat Klemens<br />

Sieb sein Heizungs- und Sanitärunternehmen gegründet. In<br />

Spitzenzeiten hatte die Firma in den 90er-Jahren bis zu 25<br />

Mitarbeiter. Es war eine Zeit des Aufbruchs und eine wilde<br />

Zeit. Das Fotoalbum zum 30-jährigen Betriebsjubiläum dokumentiert<br />

die Arbeitseinsätze der damaligen Belegschaft<br />

bei Abriss und Neubau des Firmengebäudes ebenso wie die<br />

jährlichen Betriebsausflüge, Karnevals- und Weihnachtsfeiern.<br />

Und natürlich wurde auch geschafft. „Zwei Drittel unseres<br />

Umsatzes waren kleine Aufträge von Privatleuten. Ein<br />

Nicht nur die Kunden des Sanitärbetriebs kommen aus<br />

der Region, auch der neue Inhaber des Unternehmens,<br />

Daniel Mäurer, kennt das Unternehmen schon lange<br />

Drittel stammte von Firmen<br />

aus der Region“, sagt Sieb. An<br />

den Nachfolger verkauft habe<br />

er ein gesundes Unternehmen.<br />

„Wenn er nicht inseriert hätte,<br />

wäre ich auf ihn zugegangen“,<br />

sagt Mäurer. Er kommt<br />

selbst aus der Gegend und<br />

hatte gehört, dass sich Klemens<br />

Sieb zur Ruhe setzen<br />

wollte. Er hatte sich sogar<br />

schon zu dem Unternehmen<br />

umgehört. „Aber dann war die<br />

Vermittlung durch die Handwerkskammer<br />

ein kleines bisschen<br />

schneller.“ Sein Handwerk<br />

hat der 34-jährige Jungunternehmer<br />

ganz klassisch gelernt, danach noch ein Technikerstudium<br />

draufgesetzt. In den vergangenen sieben Jahren<br />

war er Projektleiter in einem Wohnungsbauunternehmen angestellt.<br />

„Ich wollte wieder ins Handwerk zurück“, sagt Mäurer.<br />

Und er hatte diesen Traum von der Selbstständigkeit.<br />

Sich Ziele zu setzen, sie zu verfolgen und am Ende zu erreichen,<br />

es sei schwer zu erklären, aber das sei genau sein Ding.<br />

„Da geht es nicht nur ums Geld, wie vielleicht viele meinen.“<br />

Und eine Firma zu übernehmen, biete große Vorteile. „Als<br />

Einzelunternehmer wäre ich gerade in der ersten Zeit den<br />

ganzen Tag unterwegs beim Kunden. Aber wie würde ich<br />

dann an neue Aufträge kommen? Wann bliebe Zeit, Angebote<br />

zu kalkulieren und Rechnungen zu schreiben?“, fragt Mäurer.<br />

So hat er nicht nur Kunden, Maschinen und Geschäftsbeziehungen,<br />

sondern vor allem auch ein Team von sechs<br />

eingespielten Mitarbeitern übernommen.<br />

Etwa 160 Unternehmen hat die Handwerkskammer Erfurt<br />

im vergangenen Jahr vermittelt. Aktuell werden rund 86 Unternehmen<br />

im gesamten Kammerbezirk über die Firmenbörse<br />

inseriert. Die Palette der Geschäftsfelder reicht vom Friseurhandwerk,<br />

über Tischlereien bis hin zu Dentallaboren,<br />

Glasbläserbetrieben oder Betonfachbau-Unternehmen. Etwa<br />

genauso viele Interessenten suchen eine Firma, die sie übernehmen<br />

können. In allen Fällen steht die Kammer abseits der<br />

reinen Verkaufsverhandlungen mit zahlreichen Beratungsangeboten<br />

helfend zur Seite, sagt Luise Meier, Mitarbeiterin<br />

der Betriebsberatung der Handwerkskammer Erfurt.<br />

„Das Programm ist nur zu empfehlen“, sagt Sieb. Noch einmal<br />

ist er für den Fototermin mit dem SWE Journal in seine<br />

ehemalige Firma gekommen. Jetzt sitzt er mit seinem Nachfolger<br />

am Besprechungstisch im ersten Stock. Schnell kommt<br />

das gemeinsame Gespräch auf die Kunden und ihre Wünsche<br />

zu sprechen, die ja nun beide gut kennen. Viel verändert<br />

habe sich nicht, sagt Klemens Sieb. „Es ist irgendwie ein<br />

komisches Gefühl, hier nicht mehr der Chef zu sein“, sagt er.<br />

Der Chef ist neu, der Firmenname ist<br />

aber der Alte geblieben<br />

Infos: www.betriebsnachfolge-handwerk.de<br />

50 51


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Weitere Infos erhalten Sie unter: www.stadtwerke-erfurt.de/baeder<br />

Kontakte<br />

■ SWE HAUPTSITZ<br />

Magdeburger Allee 34, 99086 Erfurt<br />

■ VERSORGUNG<br />

Kommunales Dienstleistungszentrum<br />

An-, Um- und Abmeldungen Gas, Strom und<br />

Wasser, Telefon: 0361 564-1<strong>01</strong>0<br />

Störungsnummern<br />

Strom 0361 564-1000<br />

Wärme 0361 564-3000<br />

Erdgas 0361 564-3333<br />

Wasser 0361 564-1818<br />

Entsorgung<br />

Kundendienst<br />

Telefon: 0361 564-3455<br />

■ MOBILITÄT<br />

EVAG-Mobilitätszentrum<br />

am Anger: Beratung, Verkauf<br />

und Information<br />

Fahrplan und Tarifauskünfte<br />

Telefon: 0361 19449<br />

Kundenbetreuung<br />

Telefon: 0361 564-4644<br />

■ FREIZEIT<br />

Bäder<br />

Telefon: 0361 564-3532<br />

egapark Erfurt<br />

Besucherservice<br />

Telefon: 0361 564-3737

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