ELMA_Magazin_AprMai_2023

HELDENREICH
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Mila und Berhat denken, dass es
zunächst viel mit Erziehung zu
tun hat, und damit, was Eltern
in Sachen Toleranz vorleben. Das
sei entscheidend dafür, ob Kinder
Anderssein als ganz normal empfinden
oder eben nicht. „Kein Kind
wächst von allein so auf“, sagt Berhat.
Mila ergänzt: „Es ist zu spät,
wenn man erst in der Schule anfängt,
darüber aufzuklären.“ Und
bei den Erwachsenen? Ist es Arroganz,
die manche glauben lässt,
sie hätten das Recht, jemanden mit
„Scheiß Türke“ abzukanzeln? „Ich
würde sagen, es geht dabei oft um
Unzufriedenheit mit der eigenen
Situation“, überlegt Mila. „Jemand
beschimpft etwa einen Flüchtling,
weil er denkt, er nimmt ihm etwas
weg.“ Neid, Angst, Vorurteile, Unwissenheit
– das alles spiele eine
Rolle. „Wenn Leute mehr informiert
wären, würden sie sich gegenseitig
besser verstehen, dann gäbe es,
glaube ich, weniger Rassismus.“
Die beiden Jugendlichen engagieren
sich bei „Misch dich ein“, weil
sie genau das möchten: informieren,
mit Leuten ins Gespräch kommen,
aufklären. „Ich bin voll ein
Freund von Reden“, sagt Mila, und
man spürt ihre tiefe Überzeugung
bei diesem Satz. Sie scheut dabei
nicht die Konfrontation mit Andersdenkenden.
Im Gegenteil: „Ich finde
es doof, nur mit Menschen zu
sprechen, die die gleiche Meinung
teilen, da kann man sich ja immer
nur zustimmen. Ich mag’s lieber,
wenn ich eine Person treffe, die
ganz anders denkt, so dass man argumentieren
und mal fragen kann:
Warum siehst du das so?“ Braucht
es dafür Mut? „Auf jeden Fall!“ Berhat
nickt. Aber der Achtklässler
möchte als Schulsprecher ein Vorbild
sein und hat deswegen keine
Sekunde gezögert, sich aktiv bei
dem Projekt einzubringen. Er will
(sein) Gesicht zeigen. Gemeinsam
mit Mila moderierte er im März
auch die Veranstaltung in der Nürnberger
Innenstadt.
Was würdet ihr euch von der Gesellschaft
wünschen? Mehr Neugier
ist eine von Berhats Ideen. Neugier
auf fremde Kulturen zum Beispiel.
„Andere Länder bereisen, andere
Kulturen kennenlernen, anderes
Essen ausprobieren, das will ich,
wenn ich älter bin, auch gerne machen.“
Es sei doch spannend und
stecke voller Chancen, wenn man
bereit ist, über den eigenen Tellerrand
zu schauen. Mila, ganz der
Rede-Fan, wünscht sich: „Kommunikation!
Auch zwischen den Generationen,
das ist sowas von wichtig,
damit kann man so viel bewirken!“
Nochmal zurück zu der Situation
im Kindergarten. Was würdest du
heute den mobbenden Kids von
damals sagen, Mila? „Ich würde
sie fragen, warum sie der Meinung
sind, dass man das Mädchen so
bezeichnen darf. Es hat ja einen
Grund, warum sie ein Kopftuch
trägt, nämlich ihre Religion. Warum
sie denken, dass sie jemanden
diskriminieren können, nur weil er
etwas anders macht als sie selbst.“
„Schule ohne Rassismus – Schule
mit Courage“ ist das bundesweit
größte Schulnetzwerk – rund
3800 Schulen aus allen Bereichen
haben sich angeschlossen, in Bayern
sind es 817.
Der Titel ist keine Auszeichnung
für geleistetes Engagement, sondern
eine Selbstverpflichtung der
Schulfamilie, sich künftig gegen
jede Form von Diskriminierung
in ihrer Einrichtung einzusetzen.
Mindestens 70 Prozent aller
Schüler, Lehrer und des sonstigen
Schulpersonals müssen sich dieser
Verpflichtung anschließen. Bei
der Aktion „Misch dich ein“, organisiert
vom Nürnberger Amt für
Kultur und Freizeit und dem Bezirksjugendring
Mittelfranken, beteiligten
sich mehr als 900 Schüler
aus 20 Nürnberger Schulen.
schule-ohne-rassismus.org