Blauer Wildbacher - Weinritter Steiermark
Blauer Wildbacher - Weinritter Steiermark
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Werner Grüner, Weinakademiker Ein bisschen was über Wein ©<br />
<strong>Blauer</strong> <strong>Wildbacher</strong><br />
"Adio, laßt uns trinken! Dieser Wein galant, storkh und<br />
g’sundt, hat uns wol conducirt,... moderate getrunkhen<br />
hat bevor ein Monat gewert, adio bon win." Diese fast<br />
zärtlichen Worte, die Pater Laurentius in sein Weinregister<br />
eintrug, zeigen die Beliebtheit, die der Schilcher schon im<br />
17. Jahrhundert genoss.<br />
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der „Blaue <strong>Wildbacher</strong>“ oder<br />
„Schilcher“, der ja zur Gruppe der Rotweinreben zählt, eine<br />
sehr alte Rebsorte und dürfte schon in der Keltenzeit (rd. 400<br />
v.Chr.) aus einer in der heutigen <strong>Steiermark</strong> beheimateten Wildrebenart<br />
entstanden sein. Urkundlich nachweisbar ist der Schilcher<br />
erst seit 1580 aus einem Weinbuch von Johannes Rasch,<br />
der diese Traube beschrieben hat. Der Name Schilcher dürfte<br />
von seinem speziellen rötlichen schimmern/schillern entstanden<br />
sein: der Wein hieß auch „Schiller“. Wird in der Weinbauregion<br />
Steirerland, vorwiegend in der Weststeiermark auf rund 635 ha (1960: rd. 135 ha) angebaut.<br />
Sortenmerkmale:<br />
Blatt: mittelgroß, rund, dreilappig, dunkelgrün<br />
Traube: mittelgroß, dichtbeerig oft mit Nebentrauben<br />
Beere: mittelgroß, dünnschalig, dunkelblau, weißbeduftet.<br />
Die Rebe ist Winterfrost verträglich, aber wegen des frühen Austriebs auch spätfrostgefährdet. Sie hat<br />
auch eine Neigung zur Verrieselung und zu Pilzkrankheiten. Dadurch benötigt die Rebe warme und luftige<br />
Lagen, ohne an den Boden besondere Ansprüche zu stellen. Der Ertrag der Rebsorte ist mittelmäßig<br />
und gleichzeitig unsicher. Der durchschnittliche Ertrag liegt bei 55 – 80 hl/ha, das Mostgewicht liegt bei<br />
ca. 13 – 18° KMW (65 – 90° Öchsle), die Mostsäure ist mit 10 – 15% sehr hoch. Die Trauben reifen spät,<br />
die Lese erfolgt erst Mitte bis Ende Oktober.<br />
Die Traube ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts besuchte der Papst<br />
den österreichischen Kaiser Josef II. und übernachtete auf der Reise von Rom nach Wien im Franziskanerkloster<br />
Maria Lankowitz. Zum Abendessen erhielt er einen Schilcher, über den in seinem Tagebuch zu<br />
lesen stand: „Sie haben uns einen rosaroten Essig vorgesetzt, den sie Schilcher nannten!"<br />
Im Kometenjahr 1811, das bekanntlich ein gutes Weinjahr war, hatte der Schilcher aber bereits einen<br />
guten Ruf, sodass man ihn „Kometenwein“ und „Elferwein“ nannte. Es gab jedoch in jüngeren Jahren<br />
wieder eine Zeit in der der Schilcher einen schlechten Ruf hatte, indem man ihn abwertend „Heckenklescher“<br />
oder „Rabiatperle“ nannte. Nicht ohne Grund sagte man dem Wein nach, dass er stark und heimtückisch<br />
sei. Nach mehreren Vierteln war es durchaus verständlich, dass der arglose Weintrinker ein<br />
gewisses Bedürfnis empfand und ins freie trat. In der frischen Luft konnte es schon passieren, dass er<br />
seinen Rausch plötzlich zu verspüren begann und in die eine oder andere „Hecke“ fiel! In dieser Zeit wurde<br />
der Schilcher auch mit den früher öfters als Haustrunk verwendeten Hybridenweinen verwechselt.<br />
Weinbauern hatten nämlich in ihren Weingärten manchmal neben den veredelten Sorten auch noch Rebstöcke<br />
mit wild wachsenden Direktträgern. Der Weinkellerei E. und M. Müller aus Gusendorf bei Groß St.<br />
Florian ist es zu verdanken, dass der Schilcher wieder einen guten Ruf bekam. 1971 erhielten sie bei der<br />
Kremser Weinmesse die erste jemals für Schilcher verliehene Goldmedaille, nachdem sie zuvor begannen,<br />
den Schilcher in 0,7 l Flaschen abzufüllen und erfolgreich im In und Ausland zu vermarkten.<br />
Seit 1976 genießt der Schilcher in der Weststeiermark auch Gebietsschutz und nur Rebensaft aus dieser<br />
Region darf die Bezeichnung Schilcher tragen.<br />
Weinbeschreibung:<br />
Farbe: Je nach Standort und keltertechnischem Einfühlungsvermögen (Länge der Maischestandzeit) ist<br />
die immer rötlich schillernde Farbe hellrot, heute immer seltener zwiebelfarben bis hellrubinrot<br />
Stand: Dezember 08 1
Werner Grüner, Weinakademiker Ein bisschen was über Wein ©<br />
Bukett: Der in der Weststeiermark auf Gneis oder Schieferoden gewachsene Schilcher hat ein sortentypisches<br />
, feinzartes, einzigartig an Sauerampfer oder BrennNessel erinnerndes Fruchtbukett. Aber auch<br />
urigsäuerlich bis grasige Sauvignontöne, Stachelbeeren und Erdbeerenaromatik findet man.<br />
Geschmack: Herzhaft trocken, fruchtig, frischherb, spritzig und weist immer eine betont rassige,<br />
manchmal sogar aggressiv hohe Säure auf.<br />
Dieser Wein schmeckt frisch und jung am besten. Sein sortentypisches, feines Fruchtbukett und sein<br />
fruchtiger, immer durch Säure betonter Geschmack verträgt keine lange Lagerung (max. 2 3 Jahre). Die<br />
ideale Trinktemperatur ist auch wegen seiner Säure bei 8° C. Bei längerer Lagerung verliert er seine charakteristischen<br />
Eigenschaften. Die immer modernere Kellertechnik könnte hier jedoch Änderungen mit<br />
sich bringen – teilweise wird versucht, Schilcher im Prädikatsbereich zu keltern.<br />
Wie sehr die Weststeiermark für Schilcherland steht erkennt man am Buch Schilcher ABC von Reinhard<br />
P. Gruber schreibt in seinem Buch: „Das Blut des Weststeirers ist trinkbar. Es heißt Schilcher. Die Analyse<br />
der Blutfette ergibt Kernöl“.<br />
Die Weststeiermark ist in Österreich mit 570 ha flächenmäßig zwar ein sehr kleines Weinanbaugebiet –<br />
der Schilcher nimmt dabei aber 82% der Anbaufläche ein.<br />
Es ist eine der Eigenheiten der Weinwelt, dass Roseweine kaum irgendwo als vollwertig angesehen werden.<br />
Ausgenommen davon ist nur das südliche Frankreich, und auch das ist mehr für seine Roten bekannt.<br />
Das liegt an den Winzern selbst, aus für Rotwein ungeeignetem Traubenmaterial wird auch kein<br />
bemerkenswerter Rose vinifiziert werden können. Die Weststeirer haben erkannt, dass mit der autochthonen,<br />
einzigartigen Rebsorte <strong>Blauer</strong> <strong>Wildbacher</strong> in einer immer internationaleren Weinwelt besser zu<br />
überleben ist als mit Globetrottern wie Chardonnay und Sauvignon Blanc. Und das wird nur möglich sein<br />
mit ausreichend reifen, geschmacklich harmonischen und blitzsauberen Weinen; für solche war der Jahrgang<br />
2003 optimal und die Klimaverschiebung wird sich ebenso für diese Rebsorte positiv auswirken.<br />
Schilcher teilt man nunmehr in drei Kategorien ein:<br />
Der Klassik ist die eher traditionelle Variante mit genug Säure, meist um die 10%o, die heuer kaum wo<br />
erreicht wurden. Ein Klassik ist auch klassisch trocken, hat also höchstens 4 g/l Restzucker. Dennoch<br />
sollte ein Klassiker nicht “sauer“ sein, genug Dichte und Frucht haben.<br />
Für die reifere Variante existiert noch keine einheitliche Bezeichnung; sie kommen als Kabinett oder<br />
Spätlese, mit Riedenangabe oder mit Fantasiebezeichnungen wie Premium, Trilogie etc. auf den Markt.<br />
Die dritte Variante sind die restsüßen Schilcher, teils ohne Prädikat, teils mit, wobei Auslese keineswegs<br />
selten ist.<br />
Stand: Dezember 08 2