RhPfalz_April_2023
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Sozialverband VdK<br />
Rheinland-Pfalz<br />
77. Jahrgang<br />
<strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
THEMEN<br />
Hintergrund<br />
So werden Städte und<br />
Gemeinden klimafit Seite 3<br />
Politik<br />
Kommt das Aus für Ölund<br />
Gasheizungen? Seite 4<br />
Pflege<br />
Gut vorbereitet in die<br />
Pflegebegutachtung Seite 6<br />
VdK-TV<br />
„Rat und Tat“ zum<br />
Hinzuverdienstrecht Seite 12<br />
Freizeit<br />
Mandalas farbenfroh<br />
gestalten Seite 19 21<br />
Eine der vielen Angehörigenforderungen aus der VdK-Kampagne zur Nächstenpflege.<br />
Foto: Sozialverband VdK<br />
Aus dem<br />
Landesverband<br />
Forschung über<br />
Glück im Alter Seite 13<br />
Nächstenpflege als Teil der Reform<br />
Bentele: Erhöhung des Pflegegelds reicht nicht – Pflegeversicherung wird Dauerbaustelle bleiben<br />
SEITE 5<br />
So hilft der VdK<br />
Foto: imago/blickwinkel<br />
Udo Heiny leidet unter schwerer<br />
Diabetes. Als er Spezialschuhe<br />
mit Einlagen für Diabetiker<br />
braucht, lässt ihn seine Krankenkasse<br />
im Stich. Jahrelang kämpft<br />
er mit dem VdK an seiner Seite<br />
bis zum Bundessozialgericht um<br />
sein Recht – am Ende geht es<br />
dann ganz schnell.<br />
Die vom Bundesgesundheitsministerium<br />
geplante Erhöhung des<br />
Pflegegelds um insgesamt fünf<br />
Prozent in 2024 und um weitere<br />
fünf Prozent in 2025 bewertet<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
als einen wichtigen Baustein zur<br />
Verbesserung der Nächstenpflege.<br />
Mit seiner großen Kampagne zur<br />
Nächstenpflege hat der VdK erreicht,<br />
dass in der kommenden<br />
Pflegereform die häusliche Pflege<br />
stärker berücksichtigt wird. Sie zu<br />
stärken, steht im Mittelpunkt des<br />
geplanten Pflegeunterstützungsund<br />
Pflegeentlastungsgesetzes.<br />
„Allerdings sollte dieser erste Erfolg<br />
den VdK nicht zum Ausruhen<br />
verleiten“, sagt Bentele. Zu viele<br />
Punkte, die für pflegende Angehörige<br />
wichtig sind, lägen im Argen.<br />
So gibt es weiterhin weder Lohnersatzleistung<br />
noch einen Lohn für<br />
pflegende Angehörige.<br />
Als positiv bewertet der Sozialverband<br />
VdK, dass das Bundesgesundheitsministerium<br />
VdK-Pläne<br />
zur Schaffung eines Entlastungsbudgets<br />
aufgreift. Die Leistungen<br />
Verhinderungs- und Kurzzeitpflege<br />
werden zusammengelegt<br />
und können so flexibel abgerufen<br />
werden. Weitere Erfolge des VdK<br />
sind die zweistufige Erhöhung des<br />
Pflegegeldes um jeweils fünf Prozent<br />
2024 und 2025 sowie die<br />
einmalige Anpassung weiterer<br />
Pflegeleistungen um fünf Prozent.<br />
Seit der letzten Erhöhung des<br />
Pflegegelds 2017 habe es einen<br />
enormen Preisverfall gegeben.<br />
„Von daher reicht eine Erhöhung<br />
von fünf Prozent oder zehn Prozent<br />
für das Pflegegeld vorne und<br />
hinten nicht“, kritisiert die VdK-<br />
Präsidentin.<br />
Bei einer angemessenen Berücksichtigung<br />
der Inflation in den<br />
letzten Jahren hätte es schon jetzt<br />
eine Erhöhung von mindestens<br />
16 Prozent geben müssen, zeigen<br />
VdK-Berechnungen.<br />
Weiterhin werden die Heimbewohnerinnen<br />
und -bewohner bei<br />
den Pflegekosten entlastet. Der<br />
bisher schon gezahlte Zuschuss,<br />
der sich nach der Heimaufenthaltsdauer<br />
richtet, wird nochmals um<br />
fünf Prozent erhöht.<br />
Der VdK kritisiert aber, dass die<br />
geplanten Erhöhungen einseitig<br />
über Beitragssatzsteigerungen bei<br />
den Beitragszahlern finanziert<br />
werden sollen. Vielmehr müssen<br />
Leistungen, die die Pflegeversicherung<br />
noch bezahlt, ausgenommen<br />
werden: Das sind beispielsweise<br />
fünf Milliarden Euro an Pandemie-<br />
Folgekosten sowie jährlich 3,7 Milliarden<br />
Euro für Rentenbeiträge für<br />
pflegende Angehörige. „Mit dieser<br />
einseitigen Finanzierung bleibt die<br />
Pflegeversicherung eine Dauerbaustelle“,<br />
warnt Bentele. Der<br />
VdK werde weiterhin kritisch verfolgen,<br />
dass keine Abstriche gemacht<br />
werden.<br />
Eine weitere Forderung des VdK<br />
bleibt, dass pflegende Angehörige<br />
eine detailliertere Übersicht von<br />
der Pflegeversicherung erhalten,<br />
welche Leistungen ihnen pro Jahr<br />
noch zustehen und was sie bisher<br />
schon genutzt haben.<br />
Weiterhin offen ist, wie ein<br />
Lohn- oder eine Lohnersatzleistung<br />
für pflegende Angehörige<br />
gestaltet sein wird. Der VdK fordert<br />
hier einen Pflegelohn anstatt<br />
einer Lohnersatzleistung. Die<br />
Ausarbeitung dieser wichtigen<br />
Leistung liegt in der Hand des<br />
Bundesfamilienministeriums. In<br />
den letzten Monaten stand der<br />
VdK im engen Austausch mit diesem<br />
und konnte detailliert schildern,<br />
wie ein Pflegelohn für Angehörige<br />
idealerweise aussehen<br />
könnte. <br />
Julia Frediani<br />
Der Arbeitsmarkt muss inklusiver werden<br />
VdK begrüßt höhere Abgabe für Firmen, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen<br />
Der Gesetzentwurf zur Förderung des inklusiven<br />
Arbeitsmarktes setzt gute Impulse.<br />
Doch Unternehmen können sich noch<br />
zu leicht aus der Verantwortung stehlen.<br />
Trotz des Fachkräftemangels weigern<br />
sich seit Jahren mehr als 45 000 Betriebe,<br />
schwerbehinderte Menschen einzustellen.<br />
Damit verstößt jede vierte Firma gegen die<br />
gesetzliche Beschäftigungspflicht von<br />
Menschen mit Schwerbehinderung.<br />
Mit der Einführung einer vierten Staffel<br />
bei der Ausgleichsabgabe für Unternehmen,<br />
die nicht einen einzigen schwerbehinderten<br />
Menschen beschäftigten, steht<br />
endlich eine langjährige Forderung des<br />
VdK im Gesetz zur Förderung des inklusiven<br />
Arbeitsmarktes. Für Arbeitgeber mit<br />
mindestens 20 Arbeitsplätzen gilt zukünftig,<br />
dass sie pro nicht besetztem Pflichtarbeitsplatz<br />
720 Euro monatlich zahlen<br />
müssen, wenn sie niemanden mit einer<br />
Schwerbehinderung beschäftigen. Bislang<br />
zahlten diese Betriebe 360 Euro.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele begrüßt<br />
das Gesetz: „Wer sich daran hält, spart<br />
höhere Ausgleichsabgaben. Die Abgabe ist<br />
ein Gebot der Solidarität mit Firmen, die<br />
schwerbehinderte Menschen beschäftigen<br />
oder sogar die Pflichtquote übererfüllen.“<br />
Inakzeptabel ist für den VdK der Plan,<br />
die Bußgeldregelung für Unternehmen zu<br />
streichen, die vorsätzlich gegen die Beschäftigungspflicht<br />
verstoßen. Bentele:<br />
„Wenn Pflichtverstöße nicht geahndet<br />
werden, wird die Vorschrift zum zahnlosen<br />
Tiger werden.“<br />
Darüber hinaus fehlen dem VdK im Gesetz<br />
die versprochenen Qualitätsstandards<br />
zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement<br />
(BEM). Auch sollten nach Ansicht<br />
des VdK alle Beschäftigten nach längerer<br />
Krankheit einen Anspruch auf eine stufenweise<br />
Wiedereingliederung erhalten. cis<br />
Mehr zur Ausgleichsabgabe, Seite 11
2 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Politik<br />
Umstrittene Pläne<br />
Krankenhausreform sorgt für zahlreiche Diskussionen<br />
Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums<br />
zur Krankenhausreform<br />
sorgen für reichlich Diskussionen<br />
unter den beteiligten Berufsgruppen,<br />
Verhandlungsparteien<br />
und Verbänden. Viele Patientinnen<br />
und Patienten sind verunsichert.<br />
Der Sozialverband VdK fordert,<br />
dass die sogenannten Fallpauschalen<br />
im Vergütungssystem ganz<br />
abgeschafft werden. Vielmehr<br />
muss eine Vergütungsform gefunden<br />
werden, die keinerlei Anreize<br />
für mehr Gewinn des Krankenhausträgers<br />
bietet, sondern sich<br />
allein nach den medizinischen<br />
Kriterien für eine gute Versorgung<br />
richtet. Daran gemessen sind die<br />
Reformpläne des Ministeriums, die<br />
bis zu 60 Prozent an den Fallpauschalen<br />
festhalten, nicht groß genug<br />
ausgefallen.<br />
Neustrukturierung<br />
Die Pläne zur Krankenhausreform verunsichern derzeit viele Patientinnen<br />
und Patienten.<br />
Foto: picture alliance/Klaus-Dieter Esser<br />
Eine weitere Säule der Reform<br />
soll die Neustrukturierung der<br />
Krankenhäuser in unterschiedliche<br />
Versorgungsstufen, die sogenannten<br />
Level, sein. So soll es<br />
Kliniken zur Grundversorgung<br />
geben – zum Beispiel für eine Notfallversorgung<br />
oder eine integrierte<br />
ambulant/stationäre Versorgung<br />
sowie mit einem Kontingent an<br />
Akutpflegebetten. In diesen Kliniken<br />
soll es – nach Plänen des Gesundheitsministeriums<br />
– gar keine<br />
Fallpauschalen mehr geben. Andere<br />
Kliniken sollen sich um die<br />
„Regel- und Schwerpunktversorgung“<br />
kümmern, Universitätskliniken<br />
sollen der dritten Gruppe<br />
der „Maximalversorgung“ zugeordnet<br />
werden.<br />
Die Umstrukturierungspläne<br />
bringen nach Einschätzung des<br />
VdK die meisten Unwägbarkeiten<br />
mit sich, denn die Krankenhausplanung<br />
ist Ländersache – und die<br />
Landesgesundheitsminister haben<br />
signalisiert, sich das nicht aus der<br />
Hand nehmen zu lassen.<br />
Grundversorgung<br />
Der VdK verspricht sich von der<br />
Einstufung von Kliniken in ein<br />
Level der Grundversorgung viel:<br />
Sie könnte eine Verbesserung bringen,<br />
wenn etwa ältere Menschen<br />
einfach zur Beobachtung nach einem<br />
Infekt aufgenommen werden.<br />
Diese Grundversorgungskliniken<br />
sollten flächendeckend in gut erreichbarer<br />
Nähe vorhanden sein.<br />
Kompliziertere Operationen sollen<br />
in Krankenhäusern der „Regelund<br />
Schwerpunktversorgung“ mit<br />
viel Erfahrung mit einer Festlegung<br />
von Mindestmengen erfolgen.<br />
Das wäre von Vorteil für die Patientinnen<br />
und Patienten, denn sie<br />
werden von erfahrenen Spezialistinnen<br />
und Spezialisten operiert.<br />
Eine Forderung des VdK ist, dass<br />
es bei allen Level der Krankenhäuser<br />
Mindeststrukturanforderungen<br />
für das Entlassmanagement gibt.<br />
Ein Sozialdienst muss zwingend<br />
alle Patientinnen und Patienten<br />
vor der Entlassung sehen und sich<br />
um die Versorgung nach der Behandlung<br />
kümmern. <br />
<br />
Julia Frediani<br />
Rente für alle ist besser<br />
„Selbst und ständig arbeiten“<br />
heißt es für viele Menschen, die<br />
nicht angestellt sind und ihren<br />
Lebensunterhalt selbstständig<br />
bestreiten. Denn sehr viele von<br />
ihnen verdienen nur wenig oder<br />
sehr unregelmäßig. Für die Altersvorsorge<br />
bleibt oft kein Geld<br />
übrig. Oder die Rücklagen dafür<br />
werden bei schlechter Auftragslage<br />
aufgebraucht.<br />
Viele Selbstständige fürchten<br />
sich vor dem Moment, wenn sie<br />
sich eingestehen müssen, dass<br />
sie nicht mehr arbeiten können.<br />
Denn im Alter oder bei Erwerbsminderung<br />
ist bei vielen nicht mit<br />
hohen Renten zu rechnen. Nur<br />
ein Viertel der Solo-Selbstständigen<br />
ist bisher in ein obligatorisches<br />
System der Altersvorsorge<br />
einbezogen.<br />
Die Folgen sind fatal: Die Wahrscheinlichkeit,<br />
im Alter Grundsicherung<br />
beziehen zu müssen, ist<br />
bei ehemals Selbstständigen im<br />
Vergleich zu ehemals Angestellten<br />
doppelt so hoch. Das ist nicht<br />
nur für die Betroffenen eine trübe<br />
Aussicht fürs Alter. Finanziell werden<br />
damit die Steuerzahlenden<br />
belastet.<br />
Auch deshalb fordert der VdK<br />
die Einführung einer Rente für<br />
alle. Das Prinzip eines solchen<br />
Rentenversicherungssystem ist<br />
einfach: Alle, die einer Arbeit<br />
nachgehen, zahlen ein. Nicht nur<br />
die klassischen Angestellten wie<br />
bisher, sondern eben auch<br />
Selbstständige – unabhängig<br />
von ihrer Einkommenshöhe. Um<br />
KOMMENTAR<br />
Verena Bentele<br />
VdK-Präsidentin<br />
das System auf eine breite Basis<br />
zu stellen, darf sich niemand<br />
dieser Vorsorgepflicht entziehen,<br />
auch nicht Beamtinnen und Beamte,<br />
Politikerinnen und Politiker,<br />
Manager oder Vorstände.<br />
Schützenhilfe bekommen wir von<br />
der Präsidentin der Deutschen<br />
Rentenversicherung Bund, Gundula<br />
Roßbach. Sie mahnt wie der<br />
Sozialverband VdK die Einbindung<br />
der Selbstständigen in die<br />
gesetzliche Rentenversicherung<br />
an. Ich erinnere hier an das Versprechen<br />
von Arbeitsminister<br />
Hubertus Heil, der die Einführung<br />
noch in dieser Legislatur versprochen<br />
hat.<br />
Altersarmut muss verhindert werden.<br />
Dafür ist unsere gesetzliche<br />
Rente grundsätzlich gut geeignet.<br />
Sie ist solide finanziert und<br />
kein Spekulationsobjekt. Viele<br />
Menschen wüssten dann genau,<br />
was sie im Rentenalter finanziell<br />
erwartet.<br />
Kritische Begleitung<br />
Austauschtreffen mit Familienministerin Paus<br />
Schritt gegen weibliche Altersarmut<br />
VdK-Präsidentin Bentele begrüßt BAG-Urteil zur Lohngerechtigkeit<br />
Bundesfamilienministerin Lisa Paus<br />
hat sich mit dem Bündnis Kindergrundsicherung,<br />
dessen Sprecherin<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
ist, zu einem Austauschtreffen<br />
mit den Spitzen der beteiligten<br />
Verbände getroffen.<br />
Bei dem Bündnis sind neben<br />
dem Sozialverband VdK der Kinderschutzbund,<br />
der Bundesverband<br />
der Arbeiterwohlfahrt, die<br />
Diakonie und weitere Verbände<br />
aus der Sozial- und Familienbereich<br />
beteiligt. In dem Treffen<br />
stellte die Ministerin Details der<br />
geplanten Kindergrundsicherung<br />
und den zeitlichen Rahmen zur<br />
Einführung vor. Sie räumte ein,<br />
dass es harte Auseinandersetzungen<br />
mit den einzelnen Regierungspartnern<br />
und der Opposition um<br />
das Vorhaben gibt. Für die Kindergrundsicherung<br />
hat sie einen Bedarf<br />
im Bundeshaushalt von zwölf<br />
Milliarden Euro angemeldet.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
sagte nach dem Treffen: „Es freut<br />
mich, dass das Bundesfamilienministerium<br />
der Kindergrundsicherung<br />
einen so hohen Stellenwert<br />
einräumt. Als Bündnis werden wir<br />
den weiteren politischen Prozess<br />
kritisch begleiten und darauf achten,<br />
dass am Ende eine echte Kindergrundsicherung<br />
eingeführt<br />
wird.“ Die Kindergrundsicherung<br />
wird als eines der wichtigsten sozialpolitischen<br />
Vorhaben der Bundesregierung<br />
eingestuft. Sie soll<br />
einige staatliche Leistungen für<br />
Kinder bündeln.<br />
juf<br />
Treffen zur Kindergrundsicherung: Heinz Hilgers vom Kinderschutzbund,<br />
Familienministerin Lisa Paus mit VdK-Präsidentin Verena Bentele.Foto: VdK<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in<br />
Erfurt hat in einem Urteil die Position<br />
von Frauen im Kampf um die<br />
gleiche Bezahlung wie Männer<br />
verbessert.<br />
Das bessere Verhandlungsgeschick<br />
eines männlichen Stellenbewerbers<br />
sei kein Grund, eine<br />
vergleichbare weibliche Kollegin<br />
schlechter zu bezahlen, befanden<br />
die Bundesrichter in ihrem Urteil<br />
vom 16.02.<strong>2023</strong> (Az. 8 AZR<br />
450/21). Vielmehr gelte der<br />
„Grundsatz des gleichen Lohns für<br />
gleiche oder gleichwertige Arbeit“.<br />
Andernfalls liege bei einer unterschiedlichen<br />
Vergütung die Vermutung<br />
nahe, dass aufgrund des<br />
Geschlechts diskriminiert wird.<br />
Damit bekam eine frühere Vertriebsmitarbeiterin<br />
eines Metallunternehmens<br />
in Sachsen Recht. Als<br />
die Frau im März 2017 ihre Beschäftigung<br />
aufnahm, hatte sie die<br />
vom Arbeitgeber angebotenen<br />
Vergütungen akzeptiert. Danach<br />
erhielt sie in der Einarbeitungszeit<br />
ein monatliches Grundgehalt von<br />
3500 Euro.<br />
Ein zuvor eingestellter männlicher<br />
Kollege hatte sich mit den<br />
auch ihm angebotenen 3500 Euro<br />
nicht zufrieden gegeben. Der<br />
Mann verhandelte und erhielt<br />
während seiner Einarbeitungszeit<br />
1000 Euro mehr, also 4500 Euro.<br />
Die Frau fühlte sich wegen ihres<br />
Geschlechts diskriminiert und<br />
verlangte gerichtlich einen Lohnnachschlag<br />
von 14 500 Euro. Sie<br />
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat entschieden, dass die Bezahlung<br />
nicht vom Verhandlungsgeschick abhängen darf. Foto: pa/Martin Schutt<br />
verwies auf das im Entgelttransparenzgesetz<br />
und im EU-Recht verankerten<br />
Diskriminierungsverbot.<br />
Danach steht Männern und Frauen<br />
bei gleicher oder gleichwertiger<br />
Arbeit eine gleiche Vergütung zu.<br />
Das Gericht sprach der Klägerin<br />
eine Lohnnachzahlung in der Höhe<br />
von 14 500 Euro zu, dazu noch<br />
eine Entschädigung von 2000 Euro.<br />
Der Arbeitgeber habe die Frau<br />
aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt.<br />
Sie habe trotz gleicher<br />
Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt<br />
als der vergleichbare männliche<br />
Kollege erhalten.<br />
Dies begründe die Vermutung<br />
einer Diskriminierung wegen des<br />
Geschlechts. Der Arbeitgeber könne<br />
die Vermutung nicht damit begründen,<br />
dass der männliche Kollege<br />
bei der Einstellung besser<br />
verhandelt hat.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele<br />
begrüßte die Entscheidung des<br />
Bundesarbeitsgerichts: „Das Urteil<br />
ist ein weiterer Schritt, um die<br />
schlechtere Bezahlung von Frauen<br />
zu bekämpfen. Und da die Höhe<br />
der Rente vom Lohn abhängt, ist<br />
das Urteil auch ein wichtiger<br />
Schritt zur Vermeidung von Altersarmut,<br />
von der immer noch sehr<br />
viele Seniorinnen betroffen sind.“<br />
Der VdK fordert die gleiche Bezahlung<br />
von Männern und Frauen.<br />
Das bisherige Entgelttransparenzgesetz,<br />
das nur für größere Betriebe<br />
gilt, muss in ein echtes Entgeltgleichheitsgesetz,<br />
das für alle Betriebe<br />
gilt, umgewandelt werden.<br />
<br />
Julia Frediani
Hintergrund Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 3<br />
So werden Städte und Gemeinden klimafit<br />
Bäume der Zukunft, Fassadengrün, Dachbepflanzung: Mit mehr Grün gegen Hitze und Überschwemmungen<br />
Steigende Temperaturen heizen<br />
urbane Räume mit viel Beton und<br />
Asphalt immer weiter auf. Starkregen<br />
sorgt für Überschwemmungen.<br />
Mit einer nachhaltigen Planung<br />
können Städte und Gemeinden<br />
gegensteuern. Dazu gehört mehr<br />
Grün in Form von Parks oder einer<br />
entsprechenden Dach- oder Fassadengestaltung.<br />
Der Sozialverband<br />
VdK weist darauf hin, dass es<br />
auch soziale Folgen des Klimawandels<br />
gibt. Betroffen sind vor<br />
allem ärmere Menschen.<br />
Grünflächen verschönern nicht<br />
nur die grauen Straßenzüge, sondern<br />
verbessern das städtische<br />
Mikroklima nachhaltig. Sie machen<br />
Städte attraktiver und schaffen<br />
die Voraussetzungen für eine<br />
lebenswerte Zukunft. Wolfgang<br />
Groß, Umweltreferent beim Bundesverband<br />
Garten-, Landschaftsund<br />
Sportplatzbau (BGL), stellt<br />
klar, dass die Klimakrise insbesondere<br />
den Stadtbäumen zu schaffen<br />
macht. „Da werden unsere heimischen<br />
Bäume auf lange Sicht nicht<br />
mehr wachsen“, sagt er. Diese<br />
weiter anzupflanzen, seien „rausgeschmissene<br />
Steuergelder“.<br />
„Klimabäume“<br />
Er rät zu standortgerechten Bäumen<br />
aus anderen Regionen – „Klimabäume“<br />
genannt. Wichtige Eigenschaften<br />
sind eine Toleranz<br />
gegenüber Hitze, Luft- und Bodentrockenheit,<br />
Stürmen, Feinstaub,<br />
Blick auf die Bundeshauptstadt vom Tiergarten, dem Grünen Herzen Berlins, auf das Brandenburger Tor. Solche<br />
innerstädtischen Inseln bieten Raum für Erholung und sorgen für ein gutes Klima.<br />
Streusalz, Krankheiten und<br />
Schädlingen. Zudem müssten sie<br />
ausreichend winterhart sein. So<br />
werden Kastanien und Fichten<br />
über kurz oder lang aus dem Stadtbild<br />
verschwinden. Und stattdessen<br />
Amberbaum, Ginkgo und<br />
verschiedene Ahornsorten zu finden<br />
sein. Denn: Ohne Bäume geht<br />
es nicht. Sie erzeugen ein kühlendes<br />
Mikroklima, wirken als<br />
Feinstaubfilter, spenden Schatten<br />
und sind Lebensraum für viele<br />
Tierarten. Außerdem haben diese<br />
grünen Oasen einen Saugeffekt bei<br />
starken Regenfällen, indem sie<br />
große Mengen an Wasser speichern<br />
und das Risiko von Hochwasser<br />
mindern können. Die Initiative<br />
„Grün in die Stadt“ – getragen<br />
vom BGL – erklärt hierzu den Begriff<br />
„Schwammstadt“: Durch<br />
Grünflächen kann Regenwasser<br />
schneller und besser versickern,<br />
sodass Überschwemmungen vermieden<br />
werden. Weitere Informationen<br />
gibt es unter www.gruenin-die-stadt.de<br />
und beim Bund<br />
deutscher Baumschulen unter<br />
www.gruen-ist-leben.de<br />
„Die Sommer werden immer<br />
heißer, die Hitzeperioden häufiger<br />
und länger. Dabei wirken Straßen<br />
und Gebäude wie Speicher, die<br />
Wärme abgeben. In der Folge kühlen<br />
Städte nachts kaum noch ab“,<br />
erklärt Groß. Vor allem alte Menschen<br />
und Kinder leiden unter der<br />
Hitze. „Parks, kleine Seen und<br />
Kanäle, begrünte Dächer und Fassaden<br />
sorgen für ein kühleres<br />
Stadtklima und frische Luft im<br />
Sommer“, so Groß. Stadtgrün helfe<br />
also nicht nur, die Luft zu filtern,<br />
sondern auch, die Aufheizung von<br />
Stadtgebieten zu verringern. Schon<br />
seit Jahrzehnten profitieren große<br />
deutsche Städte wie Berlin, München,<br />
Frankfurt oder Köln von<br />
großen Parks, den grünen Lungen<br />
der Städte.<br />
Foto: picture alliance/Westend61/Artur Bogacki<br />
In den bundesdeutschen Großstädten<br />
haben rund ein Drittel der<br />
Menschen keinen Zugang zu einem<br />
privaten Garten oder begrünten<br />
Innenhof. „Der nächste Park<br />
sollte in zehn Minuten zu erreichen<br />
sein. Das soll kein Privileg<br />
Bessergestellter in teureren Vierteln<br />
sein“, betont Groß.<br />
VdK: Neue soziale Frage<br />
Der Sozialverband VdK sieht<br />
dies genauso und setzt sich mit<br />
dem Klimawandel vor allem aus<br />
Sicht der sozialen Gerechtigkeit<br />
auseinander. „Klimawandel ist die<br />
neue soziale Frage. Ärmere Menschen,<br />
Ältere und Kinder sind besonders<br />
von den negativen Folgen<br />
betroffen“, so der VdK. Er fordert<br />
Hitzeschutzpläne für Pflegeheime,<br />
Krankenhäuser, Kindergärten und<br />
Schulen.<br />
Klimapolitik sei auch Gesundheits-<br />
und Sozialpolitik. Die finanziellen<br />
Lasten würden Menschen<br />
mit kleinem Einkommen schwerer<br />
treffen. Zusatzausgaben müssten<br />
deshalb möglichst gerecht auf den<br />
Schultern der Gesellschaft verteilt<br />
werden. Genannt werden etwa<br />
Kosten für Dämmung, Kühlung<br />
oder Raumlüftung. Der VdK gibt<br />
zu bedenken, dass Ärmere wegen<br />
ihrer oft schlechten Wohnsituation<br />
gesundheitliche Risiken haben. Sie<br />
lebten häufiger in schlecht sanierten<br />
Altbauten, Dachgeschosswohnungen<br />
und in städtischen Hitzeinseln.<br />
Petra J. Huschke<br />
Manche mögen’s heiß<br />
Der Trend geht zu mediterranen Gewächsen und zum Präriegarten<br />
Photovoltaik und Grün<br />
Verfügbare Flächen am besten doppelt nutzen<br />
Trockene Sommer, Hitzewellen<br />
oder Starkregen, Stürme und milde<br />
Winter: Um Wetterextremen zu<br />
begegnen, können auch Hobbygärtner<br />
etwas tun. Der Trend geht<br />
laut Bundesverband Garten-,<br />
Landschafts- und Sportplatzbau<br />
(BGL) zu Pflanzen aus dem Mittelmeerraum<br />
und zum Präriegarten<br />
mit Gräsern und Blütenstauden.<br />
Solargründächer – eine Kombination<br />
aus Photovoltaik und Dachbegrünung<br />
– stehen für eine ganzheitliche<br />
Betrachtung von Energiewende,<br />
Klima- und Umweltschutz.<br />
Der Gedanke ist, verfügbare<br />
Dachflächen nicht in Konkurrenz<br />
zueinander zu stellen, sondern<br />
möglichst sinnvoll mehrfach zu<br />
nutzen.<br />
Für eine Bepflanzung von Dächern<br />
sind niedrige Stauden wie<br />
Mauerpfeffer und Hauswurz gut<br />
geeignet. Eine Dachbegrünung<br />
beschwert das Dach. Dies muss<br />
von Architekten oder Bauträgern<br />
berücksichtigt werden. pet<br />
„Die Sommer werden heißer, die<br />
Niederschläge sind nicht mehr so<br />
gleichmäßig verteilt. Wir brauchen<br />
deshalb Pflanzen, die auch mit Trockenperioden<br />
gut auskommen“, sagt<br />
Wolfgang Groß, Umweltreferent<br />
beim BGL, und spricht vom „hitzetoleranten<br />
Garten“. Dafür seien<br />
Lavendel, Rosen oder winterfeste<br />
Palmen gut geeignet. Auch gibt es<br />
viele Stauden wie Königskerze,<br />
Sonnenhut, Fetthenne, Mauerpfeffer,<br />
Mädchenauge oder Edeldisteln<br />
und Sukkulenten, die mit Sonne gut<br />
zurechtkommen.<br />
Wer seinen Balkon bepflanzen<br />
möchte, kann zu Geranie, Petunie,<br />
Husarenknopf oder Mittagsblume<br />
greifen. Zierrasenflächen und bestimmte<br />
Baumarten wie Eschen,<br />
Birken oder Zedern haben hingegen<br />
einen besonders hohen Wasserbedarf.<br />
Sinnvoll ist es, den Garten nach<br />
und nach umzugestalten oder beim<br />
völlig neuen Anlegen eines Gartens<br />
verstärkt auf Gehölze, Büsche und<br />
Blumen zu achten, die mit den jetzigen<br />
und künftigen Veränderungen<br />
gut zurechtkommen. Regenwasser<br />
Gut eingewachsene Sträucher und Stauden sind klimafreundlicher und<br />
pflegeleichter als ein englischer Rasen.<br />
Foto: BGL<br />
an niederschlagsreichen Tagen für<br />
trockene Zeiten in mehreren Regentonnen<br />
zu sammeln, ist natürlich<br />
immer eine gute Idee.<br />
„Das Nonplusultra ist die richtige<br />
Pflanze am richtigen Ort“, so Groß.<br />
Die Pflanzen müssten den lokalen<br />
Bedingungen gut angepasst sein.<br />
Denn auch im Garten ist Licht und<br />
Schatten, humoser, lehmiger oder<br />
sandiger Boden. Und auch innerhalb<br />
Deutschlands gibt es trotz des<br />
Klimawandels immer noch große<br />
Unterschiede. So sind fürs Rheinland<br />
sogar Olivenbäume oder bestimmte<br />
Palmenneuzüchtungen<br />
geeignet, für die Alpengegend hingegen<br />
nach wie vor Zwergsträucher<br />
wie die Latschenkiefer, Hauswurze<br />
oder typische Steingartenpflanzen<br />
angesagt.<br />
Trotzdem: Mit den wärmeren<br />
Wintern gedeihen zunehmend mediterrane<br />
Gewächse – sogar Feigen-,<br />
Kaki- oder Zitronenbäume. Ein<br />
weiterer Tipp ist der anspruchslose<br />
und pflegeleichte Präriegarten mit<br />
Gräsern und Blütenstauden, die<br />
kaum Wasser benötigen. Zur Erklärung:<br />
Die nordamerikanische Prärie<br />
besteht zu etwa 90 Prozent aus<br />
Gräsern und zu zehn Prozent aus<br />
Blütenstauden. Im eigenen Garten<br />
kann das Verhältnis von Gräsern<br />
und Blüten je nach Geschmack variieren.<br />
Petra J. Huschke<br />
Flache Dächer sind potenzielle<br />
Grünflächen. Laut Bundesverband<br />
Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau<br />
(BGL), Bundesverband<br />
Gebäudegrün, Naturschutzbund<br />
Deutschland (NABU) und der 100<br />
Prozent erneuerbar Stiftung sprechen<br />
zahlreiche Vorteile und Synergieeffekte<br />
für einen verstärkten<br />
Einsatz von Solargründächern auf<br />
geeigneten Flachdächern. „Solargründächer<br />
senken die Umgebungstemperatur,<br />
binden Staub<br />
und sorgen für einen verbesserten<br />
Schallschutz“, so der BGL. Auch<br />
sei die Reparatur- und Sanierungsanfälligkeit<br />
im Vergleich zu Dächern<br />
mit Photovoltaik-Anlagen<br />
ohne Begrünung deutlich geringer.<br />
Die Pflanzen auf dem Dach reinigen<br />
die Luft. Sie filtern Feinstaub<br />
und Luftschadstoffe und produzieren<br />
zudem Sauerstoff. Im Winter<br />
wirken Dachbegrünungen wie eine<br />
zweite isolierende Haut und helfen<br />
dadurch, Heizenergie zu sparen.<br />
Im Sommer halten sie Räume darunter<br />
kühler, da auf der bepflanzten<br />
Dachfläche Feuchtigkeit langsamer<br />
verdunstet.<br />
Solargründächer, wie hier in der<br />
bayerischen Stadt Freising, sind ein<br />
gelungenes Beispiel für eine Mehrfachnutzung<br />
von Flächen. Foto: BGL
4 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Politik<br />
Kommt das Aus für Öl- und Gasheizungen?<br />
VdK-Mitglieder durch Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verunsichert – Menschen brauchen Unterstützung<br />
Bundeswirtschaftsminister Robert<br />
Habeck plant, Öl- und Gasheizungen<br />
schrittweise auszutauschen.<br />
Die Koalition streitet heftig über<br />
die Vorschläge, und viele VdK-Mitglieder<br />
machen sich Sorgen.<br />
Die sogenannte Wärmewende ist<br />
ein wichtiges Projekt von Grünen,<br />
SPD und FDP, das sie bereits im<br />
Jahr 2021 im Koalitionsvertrag<br />
vereinbart haben. Dort heißt es,<br />
dass zum 1. Januar 2025 jede neu<br />
eingebaute Heizung auf der Basis<br />
von 65 Prozent erneuerbarer Energien<br />
betrieben werden soll. Systeme,<br />
die nur mit Öl oder Gas heizen,<br />
dürften dann nicht mehr neu installiert<br />
werden. Habeck will diese<br />
Regelung um ein Jahr vorziehen.<br />
Dieses Vorhaben zielt darauf ab,<br />
klimaschädliches Kohlendioxid<br />
einzusparen. Deshalb sollen Gebäude<br />
ab dem Jahr 2045 nicht mehr<br />
mit den fossilen Energieträgern Öl<br />
und Gas beheizt werden. Als umweltfreundliche<br />
Alternativen sind<br />
etwa Wärmepumpen, Fernwärme<br />
oder Biomassekessel in der Diskussion.<br />
Zukünftig werden diese<br />
Umbauten auch zu niedrigeren<br />
Energiekosten führen.<br />
Übergangslösung<br />
Wer das Zuhause mit Öl oder<br />
Gas heizt, muss das Heizsystem<br />
nach Habecks Plänen nicht sofort<br />
austauschen. Herkömmliche Heizungen<br />
dürften nach dem Einbau<br />
über 30 Jahre genutzt werden.<br />
Zwei Installateure tauschen einen Ölheizkessel aus.<br />
Gehen Heizungen kaputt, könnten<br />
sie erst einmal repariert oder gegen<br />
eine gebrauchte Heizung ausgetauscht<br />
werden. Für die Umrüstung<br />
auf ein modernes Heizsystem<br />
soll es eine Übergangslösung geben:<br />
Die Besitzerinnen und Besitzer<br />
hätten dafür drei Jahre Zeit.<br />
Viele sind durch diese Pläne dennoch<br />
stark verunsichert. Sie fürchten<br />
zum einen die große finanzielle<br />
Belastung, die auf sie zukommen<br />
könnte. Zum anderen wissen sie<br />
nicht, wie sie den Austausch bewerkstelligen<br />
sollen.<br />
Der Sozialverband VdK erhält<br />
deshalb derzeit viele Nachrichten<br />
von seinen Mitgliedern. Sie haben<br />
eines gemeinsam: Die Menschen<br />
machen sich große Sorgen. Sie<br />
haben Angst, ihr kleines Häuschen<br />
zu verlieren, weil sie kaum Rücklagen<br />
haben, um die Kosten eines<br />
Austausches zu zahlen. Zudem<br />
kennen sie sich nicht mit Heizungssystemen<br />
aus, fragen sich,<br />
welches für sie geeignet ist, wie sie<br />
Handwerker finden oder mit einer<br />
Baustelle zurechtkommen sollen.<br />
Auch zu Fördermitteln fehlen ihnen<br />
die Informationen.<br />
Der VdK ist überzeugt davon,<br />
dass die Energiewende notwendig<br />
ist. Doch die Maßnahmen müssen<br />
Foto: picture alliance/Keystone/Gaetan Bally<br />
sozialverträglich sein. Inzwischen<br />
hat Habeck ein milliardenschweres<br />
Förderprogramm angekündigt,<br />
um Haushalte mit niedrigen und<br />
mittleren Einkommen zu entlasten.<br />
Dieses Vorhaben wird der VdK<br />
im Sinne seiner Mitglieder kritisch<br />
begleiten.<br />
Derzeit reichen die aktuellen<br />
Fördermöglichkeiten gerade für<br />
ärmere Eigentümerinnen und Eigentümer<br />
von kleinen Häuschen<br />
bei weitem nicht aus, weiß VdK-<br />
Präsidentin Verena Bentele. Sie<br />
brauchen finanzielle Hilfen. Deshalb<br />
fordert sie, dass alle, die etwa<br />
Wohngeld beziehen, eine 100-prozentige<br />
Förderung für die Umrüstung<br />
der Heizungsanlagen erhalten<br />
sollen – nach einer Einkommensprüfung<br />
durch die zuständigen<br />
Wohngeldstellen. Die Gruppe derer,<br />
die Wohngeld erhalten können,<br />
wurde im vergangenen Jahr<br />
stark ausgeweitet. Da lohnt es sich,<br />
einen Anspruch zu prüfen.<br />
Ausnahmen<br />
Der VdK ist der Ansicht, dass es<br />
hochbetagten und pflegebedürftigen<br />
Menschen nicht zuzumuten<br />
ist, ihre Heizung auszutauschen.<br />
„Sie dürfen nicht dazu verpflichtet<br />
werden“, so Bentele. Wer ein Haus<br />
mit bis zu zwei Wohnungen besitzt<br />
und schon vor dem 1. Januar 2002<br />
bewohnt hat, sollte ausgenommen<br />
werden. Hier ließe sich die bestehende<br />
Regelung aus dem Gebäudeenergiegesetz<br />
unkompliziert anwenden:<br />
Erst wenn diese Ein- oder<br />
Zweifamilienhäuser an neue Bewohnerinnen<br />
oder Bewohner vermietet,<br />
vererbt oder verschenkt<br />
werden, sollte die Verpflichtung<br />
wieder greifen.<br />
Die Heizung verbraucht laut<br />
Umweltbundesamt in den Haushalten<br />
am meisten Energie und<br />
verursacht damit das meiste Kohlendioxid<br />
im Bereich Wohnen. Die<br />
Wärmewende ist ein wichtiger<br />
Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität.<br />
Zudem ließe sich – etwa<br />
bei Wärmepumpen und sofern<br />
das Haus geeignet ist – langfristig<br />
günstiger heizen. Kristin Enge<br />
Mehr Rentner in<br />
der Grundsicherung<br />
Eine wachsende Zahl älterer Menschen<br />
ist auf staatliche Unterstützung<br />
angewiesen, wie das Statistische<br />
Bundesamt meldet. Demnach<br />
erhielten im Dezember 2021<br />
589 000 Seniorinnen und Senioren<br />
im Alter ab 65 Jahren Grundsicherung<br />
im Alter.<br />
Im Jahr zuvor waren es noch<br />
564 000 gewesen. Die Statistiker<br />
führen diesen Zuwachs in erster<br />
Linie auf demografische Ursachen<br />
zurück. So wuchs die Zahl der<br />
Menschen, die 65 Jahre und älter<br />
sind, von 16,6 Millionen im Jahr<br />
2011 auf 18,4 Millionen in 2021 an.<br />
Der Anteil der Empfängerinnen<br />
und Empfänger in dieser Gruppe<br />
hat sich hingegen kaum verändert<br />
und liegt bei 3,4 Prozent.<br />
Doch spiegeln diese Zahlen<br />
nicht die Realität wider. Nach Recherchen<br />
des Deutschen Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung (DIW)<br />
bezieht nur etwa jede und jeder<br />
dritte Anspruchsberechtigte<br />
Grundsicherung im Alter und bei<br />
Erwerbsminderung. Der Paritätische<br />
Gesamtverband geht in seinem<br />
Armutsbericht in der Altersgruppe<br />
ab 65 Jahren von einer<br />
Armutsquote von 18,2 Prozent aus.<br />
4,9 Millionen Rentnerinnen und<br />
Rentner hätten ein monatliches<br />
Einkommen unter 1000 Euro. Dass<br />
nur eine kleine Gruppe der Betroffenen<br />
Grundsicherung im Alter<br />
beantragt, hat verschiedene Gründe:<br />
fehlende Information, Angst<br />
vor bürokratischen Hürden – und<br />
vor allem Scham. <br />
gol<br />
Mehr Umverteilung erwünscht<br />
IFO-Studie: Fast 79 Prozent sprechen sich für Vermögenssteuer aus<br />
Wie gerecht oder ungerecht erleben<br />
die Deutschen ihre soziale<br />
Wirklichkeit? Dieser Frage geht<br />
eine neue Studie der Bertelsmann-<br />
Stiftung und des IFO-Instituts<br />
nach, für die im Herbst 2021 knapp<br />
5000 Personen im Alter zwischen<br />
18 und 69 Jahren befragt wurden.<br />
Die Stimmungslage sei „beunruhigend“,<br />
so das Fazit des Autorenteams:<br />
Nur ein geringer Teil der<br />
Bevölkerung empfindet die Gesellschaft<br />
als gerecht.<br />
Bei der Untersuchung ging es<br />
nicht um objektive Fakten, sondern<br />
um das subjektive Gerechtigkeitsempfinden<br />
der Befragten.<br />
Dabei konzentrierte sich die Studie<br />
auf drei unterschiedliche Aspekte.<br />
Gefragt wurde, wie die Teilnehmenden<br />
allgemein die Verteilung<br />
des Vermögens in der Gesellschaft<br />
einschätzen, ob sie ihr persönliches<br />
Einkommen und Vermögen<br />
als gerecht empfinden, und ob sie<br />
der Meinung sind, in Deutschland<br />
würden die Interessen der verschiedenen<br />
Generationen gleichermaßen<br />
wahrgenommen und berücksichtigt.<br />
Ungerecht verteilt<br />
In Deutschland sind die Vermögen ungleich verteilt.<br />
Insgesamt zeigten sich neun Prozent<br />
der Befragten mit der Verteilung<br />
der wirtschaftlichen Gewinne<br />
einverstanden; 79 Prozent können<br />
hierzulande keine Verteilungsgerechtigkeit<br />
erkennen. Fast genauso<br />
viele sprachen sich für die Einführung<br />
einer Vermögenssteuer aus.<br />
Das eigene Einkommen bewerten<br />
nur 39 Prozent als gerecht. Der<br />
Aussage, dass bei politischen Entscheidungen<br />
stets auch deren Auswirkungen<br />
auf jüngere und künftige<br />
Generationen mitgedacht würden,<br />
stimmten 14 Prozent zu.<br />
Allerdings ließen sich bei den<br />
Antworten Unterschiede je nach<br />
dem eigenen sozialen Status der<br />
Befragten feststellen. Generell<br />
zeigte sich, dass Männer die Verhältnisse<br />
eher als gerecht erleben<br />
als Frauen. Dasselbe lässt sich bei<br />
Personen beobachten, die über<br />
höhere Bildungsabschlüsse und<br />
Einkommen verfügen. So sind Besserverdienende<br />
eher davon überzeugt,<br />
sich den eigenen Erfolg<br />
durch „harte Arbeit“ selbst verdient<br />
zu haben. Diese Gruppe<br />
Foto: imago/Steinach<br />
identifiziert sich am stärksten mit<br />
dem Leistungsprinzip, hat Vertrauen<br />
in staatliche Institutionen und<br />
spürt keinen Wunsch nach gesellschaftlicher<br />
Veränderung.<br />
62 Prozent sehen das anders: Sie<br />
glauben, dass Reichtum vom Glück<br />
und vom Elternhaus abhängt, also<br />
von Faktoren, die man nicht beeinflussen<br />
kann. Gerade bei Menschen<br />
mit geringem Einkommen und<br />
niedrigerem Bildungsgrad ist ein<br />
Wunsch nach Umverteilung stark<br />
ausgeprägt. Die meisten wollen es<br />
dabei nicht bewenden lassen: „Als<br />
gerecht und fair wird erlebt, wenn<br />
man in der Lage ist, sein Leben<br />
selbst in die Hand zu nehmen und<br />
es zu gestalten. Die Rolle des Staates<br />
wird darin gesehen, dies zu ermöglichen“,<br />
so die Schlussfolgerung<br />
der Autoren. Barbara Goldberg<br />
VdK-Podcast<br />
„In guter Gesellschaft“<br />
Veronika Wolter, die erste gehörlose<br />
Chefärztin in einem deutschen<br />
Krankenhaus, sowie Claudia Moll,<br />
Pflegebeauftragte der Bundesregierung,<br />
sind die Gesprächspartnerinnen<br />
in den nächsten zwei<br />
Folgen des Podcasts „In guter<br />
Gesellschaft“ mit VdK-Präsidentin<br />
Verena Bentele.<br />
Leserinnen und Leser der VdK-<br />
Zeitung werden sich bestimmt<br />
noch an das Porträt von Veronika<br />
Wolter in der Doppel-Ausgabe von<br />
Dezember 2022/Januar <strong>2023</strong> erinnern.<br />
Im Podcast-Interview erzählt<br />
Wolter über ihren beeindruckenden<br />
Werdegang, wie sie Medizin<br />
studierte und heute schließlich eine<br />
Hörklinik in München leitet. Außerdem<br />
spricht sie über Cochlea-<br />
Implantate und darüber, wie barrierefrei<br />
das Gesundheitssystem sein<br />
sollte.<br />
Die Pflegebevollmächtigte der<br />
Bundesregierung Claudia Moll als<br />
nächste Interviewpartnerin steht<br />
Rede und Antwort zu Themen<br />
rund um die häusliche Pflege. Die<br />
Podcast-Folge mit Veronika Wolter<br />
ist ab sofort online unter www.<br />
vdk.de/podcast abrufbar, die Folge<br />
mit Claudia Moll ist ab Anfang<br />
<strong>April</strong> verfügbar.<br />
juf
So hilft der VdK Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 5<br />
Durch alle Instanzen für ein Paar Schuhe<br />
VdK zieht für ein an Diabetes erkranktes Mitglied bis vor das Bundessozialgericht, weil die Kasse die Kosten nicht übernimmt<br />
Um endlich die orthopädischen<br />
Maßschuhe zu erhalten, die ihm<br />
sein Arzt wegen einer Erkrankung<br />
an Diabetes Typ II verordnet hat,<br />
musste Udo Heiny aus dem Saarland<br />
einen langen Rechtsstreit<br />
führen. Dabei unterstützte ihn der<br />
VdK. Als er schließlich die Krankenkasse<br />
wechselte, ging die Bewilligung<br />
ganz schnell.<br />
Udo Heiny ist gerade 65 Jahre<br />
geworden. Andere gehen dann erst<br />
in Rente. Doch arbeiten kann der<br />
frühere Versicherungskaufmann<br />
wegen seiner schweren Diabetes<br />
schon seit Jahren nicht mehr. Er<br />
kann nur noch 150 Meter am Stück<br />
gehen. „Dann sind die Schmerzen<br />
in den Füßen zu groß, und ich<br />
werde wackelig oder knicke um.“<br />
Udo Heiny verbringt notgedrungen<br />
viel Zeit zu Hause. Er lebt mit<br />
seiner Frau zusammen. Sie ist für<br />
ihn eine große Stütze. Weil er aber<br />
nicht den ganzen Tag auf der<br />
Couch sitzen mag, fährt er regelmäßig<br />
für die Lebenshilfe Menschen<br />
mit Behinderung zur Arbeit.<br />
Starke Schmerzen<br />
VdK-Mitglied Udo Heiny fährt in der Freizeit für die Lebenshilfe Menschen<br />
mit Behinderung zur Arbeit.<br />
Foto: privat<br />
Im Lauf der Jahre verschlimmerten<br />
sich die Schmerzen in seinen<br />
Füßen. Er muss hochdosierte Medikamente<br />
nehmen. Sein Arzt diagnostizierte<br />
bei ihm einen Knick-<br />
Senk-Spreizfuß und verschrieb<br />
ihm orthopädische Maßschuhe mit<br />
einem Schaft und diabetischen<br />
Einlagen. Der Schaft soll ihm einen<br />
besseren Halt geben, und die<br />
mit Weichschaum ausgekleideten<br />
Schuhe seine empfindlichen Füße<br />
beim Gehen schützen.<br />
Das VdK-Mitglied beantragte am<br />
15. Mai 2015 die verordneten Leistungen<br />
bei seiner Krankenkasse<br />
und legte einen Kostenvorschlag<br />
von rund 1560 Euro bei. Nach<br />
25 Tagen lehnte die Krankenkasse<br />
den Antrag jedoch ab, weil angeblich<br />
die gesundheitlichen Voraussetzungen<br />
nicht erfüllt waren. Die<br />
Kasse hatte damit die Drei-Wochen-Frist<br />
verstreichen lassen, in<br />
der Anträge beschieden werden<br />
müssen.<br />
Für Udo Heiny hatte das zunächst<br />
keine Bedeutung. Für ihn<br />
begann eine jahrelange Odyssee<br />
vom Sozialgericht über Landessozialgericht<br />
(LSG) bis zum Bundessozialgericht<br />
(BSG), weil seine<br />
Krankenkasse sich beharrlich<br />
weigerte, die Kosten zu übernehmen.<br />
Vor dem BSG stellten die<br />
Juristen der VdK-Bundesrechtsabteilung<br />
darauf ab, dass das Gericht<br />
im Sinne einer Genehmigungsfiktion<br />
entscheidet. Demnach hätte<br />
die Fristverletzung bei der Ablehnung<br />
des Antrags als Einverständnis<br />
mit der Versorgung gelten<br />
müssen. Und dann hätte die Kasse<br />
die Kosten übernehmen müssen.<br />
Doch das BSG hatte kurz zuvor<br />
seine Rechtsprechung zur Genehmigungsfiktion<br />
geändert – und<br />
verwies den Fall zurück ans LSG.<br />
Mittlerweile dauerte das nervenaufreibende<br />
Verfahren bereits<br />
sechseinhalb Jahre. Eine Zeit, die<br />
Udo Heiny viele Nerven gekostet<br />
hat: „Ich war psychisch angeknackst,<br />
hatte Wutausbrüche, ich<br />
war verzweifelt.“ Schließlich<br />
wechselte er aus lauter Frust die<br />
Krankenkasse. Als er bei seiner<br />
neuen Krankenversicherung die<br />
Schuhe mit den diabetischen Einlagen<br />
beantragte, erhielt er bereits<br />
nach einigen Tagen die Bewilligung.<br />
Er konnte es kaum glauben.<br />
Auch wenn der VdK ihm einen<br />
langen Rechtsstreit nicht ersparen<br />
konnte, ist Heiny sehr dankbar für<br />
die jahrelange Unterstützung. „Der<br />
Landesverband Saarland und die<br />
VdK-Bundesrechtsabteilung haben<br />
mich nie im Stich gelassen und<br />
über drei Instanzen alles getan.“<br />
Dem VdK beweist die Blockadehaltung<br />
der einen Kasse und die<br />
schnelle Bewilligung der anderen,<br />
dass oft willkürlich entschieden<br />
wird. Er fordert, die Ablehnungsquoten<br />
der einzelnen Krankenkassen<br />
transparenter zu machen und<br />
sie nicht nur nach Kassenarten zu<br />
publizieren. Jörg Ciszewski<br />
Erfolg vor dem Bundessozialgericht<br />
Wegweisendes Urteil: VdK erreicht Merkzeichen für 14-jährigen Jungen<br />
Die Bundesrechtsabteilung des<br />
Sozialverbands VdK hat für einen<br />
14-jährigen Jungen das Merkzeichen<br />
„außergewöhnliche Gehbehinderung“<br />
(aG) erstritten. Das<br />
Landesversorgungsamt in Baden-<br />
Württemberg war bis vor das Bundessozialgericht<br />
(BSG) gezogen,<br />
um den Anspruch des schwerbehinderten<br />
Jungen abzuwehren (Az.<br />
B 9 SB 8/21 R).<br />
Die Erleichterung bei dem<br />
14-Jährigen und seiner Mutter war<br />
riesengroß, als am 9. März <strong>2023</strong><br />
der 9. Senat des BSG das Urteil in<br />
dem Revisionsverfahren sprach<br />
und den Anspruch auf das Merkzeichen<br />
„aG“ anerkannte. Dieses<br />
ermöglicht dem Jungen mit einer<br />
Schwerbehinderung und seiner<br />
Mutter unter anderem die Nutzung<br />
von Behindertenparkplätzen.<br />
Auf Hilfe angewiesen<br />
Wegen eines angeborenen Gendefekts<br />
mit einer Entwicklungsstörung<br />
kann der Jugendliche sich<br />
ausschließlich in vertrauter Umgebung<br />
wie zu Hause oder in der<br />
Schule frei bewegen. In unbekannter<br />
Umgebung braucht er wegen<br />
seiner psychomotorischen Störung<br />
Unterstützung in Form eines Rollstuhls<br />
oder Reha-Buggys, oder eine<br />
Vertrauensperson, auf deren Unterarm<br />
er sich stützen kann.<br />
Bereits in den Jahren 2014 und<br />
2017 hatte das Landesversorgungsamt<br />
einen Antrag auf das Merkzeichen<br />
abgelehnt, weil die Voraussetzungen<br />
für den Nachteilsausgleich<br />
angeblich nicht vorgelegen<br />
hätten. Der Widerspruch blieb erfolglos,<br />
sodass die Bundesrechtsabteilung<br />
des VdK schließlich für<br />
das minderjährige Mitglied vor das<br />
Sozialgericht Ulm zog. Das Ziel<br />
war, in einem Musterstreitverfahren<br />
grundsätzlich klären zu lassen,<br />
ob für die Anerkennung einer außergewöhnlichen<br />
Gehbehinderung<br />
eine Gehunfähigkeit in allen Lebenslagen<br />
gegeben sein muss.<br />
Bei ihm lag wegen seiner Erkrankung<br />
ein Grad der Behinderung<br />
(GdB) von 80 vor. Aufgrund der<br />
geistigen Behinderung ist er in<br />
fremder Umgebung so stark verunsichert,<br />
dass er eine Gehstrecke<br />
von einigen Metern nicht eigenständig<br />
zurücklegen kann. Das<br />
geht aus dem medizinischen Gutachten<br />
hervor, welches das Gericht<br />
während des Verfahrens beizog.<br />
Die außergewöhnliche Gehbehinderung<br />
beruhe demnach nicht auf<br />
orthopädischen Einschränkungen,<br />
sondern auf der mentalen Störung.<br />
Die Behörde schloss sich dem<br />
Gutachten nicht an, weil der Kläger<br />
sich im Schulgebäude ohne<br />
Unterstützung fortbewegen kann.<br />
Er sei somit nicht dauerhaft auf<br />
fremde Unterstützung oder den<br />
Rollstuhl angewiesen.<br />
Das Sozialgericht folgte jedoch<br />
im Wesentlichen der Argumentation<br />
des Klägers und verpflichtete<br />
das Landessozialamt, den Nachteilsausgleich<br />
„aG“ festzustellen.<br />
Das Amt legte daraufhin Revision<br />
ein, und das Landessozialgericht<br />
musste sich mit dem Fall befassen.<br />
Sein Urteil deckte sich im<br />
Ergebnis mit dem des Sozialgerichts<br />
Ulm.<br />
Gericht gibt VdK Recht<br />
Die erneute Revision des Klägers<br />
führte schließlich vor das Bundessozialgericht.<br />
Die Richter stellten<br />
fest, dass für eine gleichberechtigte<br />
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft<br />
dazugehört, dass Menschen<br />
auch ihnen unbekannte<br />
Umgebungen und Einrichtungen<br />
aufsuchen können. Die Gehfähigkeit<br />
ausschließlich in einer vertrauten<br />
Umgebung steht der Zuerkennung<br />
des Merkzeichens aG<br />
nicht entgegen.<br />
VdK-Jurist Holger Lange von der<br />
Bundesrechtsabteilung, der den<br />
Fall betreute, kritisierte die Blockadehaltung<br />
der Beklagten. „Es ist<br />
nicht nachvollziehbar, das Verfahren,<br />
in dem es um den Anspruch<br />
eines Minderjährigen mit einer<br />
Schwerbehinderung geht, über<br />
Jahre und zwei Instanzen bis zum<br />
Bundessozialgericht zu ziehen.“<br />
Mit dem Erfolg vor dem Bundessozialgericht<br />
ist nun höchstrichterlich<br />
geklärt, dass für die Zuerkennung<br />
des Merkzeichens der außergewöhnlichen<br />
Gehbehinderung die<br />
betreffende Person nicht in allen<br />
Lebenslagen gehunfähig sein muss.<br />
Dieses wegweisende Urteil ist ein<br />
Erfolg des VdK. Jörg Ciszewski
6 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Pflege<br />
Gut vorbereitet in die Pflegebegutachtung<br />
Schon im Vorfeld sollte man sich überlegen, welche Unterstützung benötigt wird<br />
Wer bei seiner Pflegekasse einen<br />
Antrag auf Pflegebedürftigkeit gestellt<br />
hat, wird normalerweise zu<br />
Hause vom Medizinischen Dienst<br />
(MD) besucht. Dieser überprüft, ob<br />
die Voraussetzungen dafür erfüllt<br />
sind, und welcher Pflege grad vorliegt.<br />
Der Sozialverband VdK empfiehlt,<br />
sich gut auf diesen Termin<br />
vorzubereiten.<br />
Der Besuch des MD wird immer<br />
angekündigt. Wer an diesem Tag<br />
keine Zeit hat, sollte rechtzeitig<br />
absagen und einen neuen Termin<br />
vereinbaren. Die Gutachterin oder<br />
der Gutachter – meist eine Ärztin,<br />
ein Arzt oder eine Pflegekraft –<br />
besucht die Antragstellenden in der<br />
Regel zu Hause. Nur in Ausnahmefällen,<br />
wie etwa während der<br />
Corona- Pandemie, kann die Einstufung<br />
nach Aktenlage erfolgen.<br />
Schon im Vorfeld des Gesprächs<br />
sollte man sich Notizen machen.<br />
Der Besuch dauert nur ein bis zwei<br />
Stunden, und in dieser Zeit müssen<br />
viele Informationen vermittelt<br />
werden. Ältere Menschen vergessen<br />
dann womöglich, was sie sagen<br />
wollten. Deshalb ist es ratsam, sich<br />
aufzuschreiben, wie ein normaler<br />
Tag abläuft, was man noch alleine<br />
erledigen kann, wo man Hilfe<br />
braucht, was einem Schwierigkeiten<br />
bereitet, und wie man die Versorgung<br />
verbessern könnte. Im<br />
Idealfall führt man ein Pflegetagebuch,<br />
in dem die täglichen Hilfestellungen<br />
aufgeschrieben werden.<br />
Vordrucke gibt es im Internet.<br />
Entscheidend für die Zuteilung eines Pflegegrads ist die Selbstständigkeit in verschiedenen Lebensbereichen.<br />
Beim Besuch sollte die Gutachterin<br />
oder der Gutachter eine ganz<br />
normale Alltagssituation vorfinden.<br />
Es ist also nicht notwendig,<br />
die Wohnung extra aufzuräumen<br />
oder sich besonders zurechtzumachen.<br />
Das Gespräch sollte die oder<br />
der Antragstellende nicht allein<br />
führen, sondern sich Beistand von<br />
einer nahestehenden Person, etwa<br />
einem Angehörigen, der Pflegeperson<br />
oder der Betreuerin, holen.<br />
Die Gutachterin oder der Gutachter<br />
überprüft, wie selbstständig<br />
jemand ist und welche Fähigkeiten<br />
noch vorhanden sind. Dazu führt<br />
sie oder er beispielsweise eine<br />
Wohnungsbegehung durch, lässt<br />
sich den Tagesablauf schildern und<br />
bestimmte Tätigkeiten vorführen,<br />
wie etwa Treppensteigen oder das<br />
Öffnen einer Flasche.<br />
Konkret geht es um sechs Lebensbereiche:<br />
um Mobilität und<br />
die Fähigkeit, sich selbst zu versorgen.<br />
Wichtig ist auch, wie gut man<br />
sich Dinge merken kann. Weiterhin<br />
ist von Interesse, ob es psychische<br />
Probleme oder Verhaltensweisen<br />
gibt, die durch eine Erkrankung<br />
entstanden sind. Geprüft<br />
wird außerdem, wie man mit seinen<br />
Einschränkungen umgeht und<br />
selbst Hilfen organisieren kann.<br />
Auch soziale Kontakte werden<br />
erfragt. Erfasst wird zudem, wie<br />
gut man sich verständigen kann.<br />
Hilfebedarf aufschreiben<br />
Es ist ratsam, auf alle Fragen<br />
wahrheitsgemäß zu antworten und<br />
nichts zu übertreiben oder zu beschönigen.<br />
Wer sich Notizen gemacht<br />
hat, darf gerne darauf zurückgreifen.<br />
Auch Unangenehmes,<br />
das den Alltag erschwert, sollte<br />
unbedingt angesprochen werden.<br />
Foto: imago images/photothek<br />
Folgende Unterlagen sollte man<br />
für den MD bereithalten:<br />
Ÿ aktuelle Krankenhaus- und<br />
Arztberichte<br />
Ÿ Medikamente und Medikationsplan<br />
Ÿ Bescheide und Gutachten, wie<br />
beispielsweise den Schwerbehindertenbescheid<br />
Ÿ Liste mit regelmäßigen Behandlungen<br />
Ÿ Liste mit allen benötigten Hilfsmitteln<br />
wie Rollator, Gehstock,<br />
Hörgerät<br />
Ÿ Liste mit allen benötigten<br />
Pflegehilfsmitteln wie Pflegebett,<br />
Hausnotruf, Bettschutzeinlagen<br />
Ÿ Pflegetagebuch, falls vorhanden<br />
Ÿ eine aktuelle Pflegedokumentation<br />
des Pflegediensts, falls vorhanden.<br />
Die Pflegekasse muss innerhalb<br />
von 25 Arbeitstagen über den ersten<br />
Antrag auf Pflegebedürftigkeit<br />
entscheiden. Stichtag ist der Tag,<br />
an dem das Schreiben bei der Kasse<br />
eingegangen ist. Bei einem Pflegegrad<br />
werden alle Leistungen ab<br />
diesem Zeitpunkt rückwirkend<br />
gewährt. Das Ergebnis der Begutachtung<br />
wird schriftlich mitgeteilt.<br />
Um die Einschätzung der MD-Mitarbeiterin<br />
oder des MD-Mitarbeiters<br />
nachvollziehen zu können,<br />
sollte man sich das Gutachten<br />
zusenden lassen. Das ist auch hilfreich,<br />
wenn die Pflegebedürftigkeit<br />
zu niedrig eingestuft oder der Antrag<br />
abgelehnt wurde und man<br />
Widerspruch einlegen will. <br />
<br />
Annette Liebmann<br />
Weniger Geld für nahe Verwandte<br />
Unterschiede bei der Verhinderungspflege<br />
Auch pflegende Angehörige brauchen<br />
mal eine Auszeit. Über die<br />
sogenannte Verhinderungspflege<br />
können sie sich stunden-, tageoder<br />
wochenweise vertreten lassen.<br />
Doch Vorsicht: Bei nahen<br />
Angehörigen wird anders abgerechnet<br />
als bei entfernten Verwandten,<br />
und bei tageweiser<br />
Verhinderungspflege wird das<br />
Pflegegeld um 50 Prozent gekürzt.<br />
Anspruch auf Verhinderungspflege<br />
haben alle Pflegebedürftigen<br />
ab Pflegegrad 2, die zu Hause<br />
versorgt werden. Zunächst muss<br />
die oder der Pflegebedürftige ein<br />
halbes Jahr zu Hause betreut worden<br />
sein. Auch Zeiten vor der Anerkennung<br />
einer Pflegebedürftigkeit<br />
zählen dazu.<br />
Fällt die Hauptpflegeperson aus,<br />
beispielsweise wegen eines Krankenhausaufenthalts,<br />
kann die<br />
Verhinderungspflege in Anspruch<br />
genommen werden. Die Pflegekasse<br />
erstattet pro Kalenderjahr maximal<br />
42 Tage oder bis zu 1612<br />
Euro. Wird der Betrag nicht genutzt,<br />
verfällt er zum Jahresende.<br />
Zusätzlich können noch bis zu 806<br />
Euro aus der nicht genutzten Kurzzeitpflege<br />
für die Ersatzpflege<br />
verwendet werden.<br />
Die Verhinderungspflege erfolgt<br />
in der Regel zu Hause durch Verwandte<br />
oder Bekannte. Allerdings<br />
gelten für nahe Angehörige andere<br />
Regeln als für entfernte Verwandte<br />
oder Freunde. Zu nahen Angehörigen<br />
zählen alle, die mit der<br />
pflegebedürftigen Person zusammenleben<br />
oder im ersten und zweiten<br />
Grad mit ihr verwandt sind.<br />
Also Eltern, Großeltern, Kinder,<br />
Enkelkinder und Geschwister.<br />
Hinzu kommen Schwiegereltern<br />
und -kinder sowie Stiefeltern und<br />
-kinder. Für sie zahlt die Pflegekasse<br />
das 1,5-Fache des Pflegegelds.<br />
Dessen Höhe ist vom jeweiligen<br />
Pflegegrad abhängig. Zusätzlich<br />
können sie sich ihre durch die<br />
Pflege entstandenen Fahrtkosten<br />
und Verdienstausfälle erstatten<br />
lassen. Dafür müssen die Nachweise<br />
bei der Pflegekasse eingereicht<br />
werden.<br />
Tanten und Onkel<br />
Nicht nahe Verwandte hingegen<br />
sind Tanten und Onkel, Cousins,<br />
Nichten und Neffen, Freunde, Bekannte,<br />
Nachbarn, Ehrenamtliche<br />
und Alltagsbegleiter. Sie vereinbaren<br />
mit der oder dem Pflegebedürftigen<br />
beziehungsweise deren Pflegeperson<br />
einen Stundenlohn. Die<br />
Pflegekasse zahlt für sie eine finanzielle<br />
Entschädigung von bis<br />
zu 1612 Euro im Jahr.<br />
Übrigens: Wer weniger als acht<br />
Stunden verhindert ist, kann die<br />
Verhinderungspflege stundenweise<br />
nutzen. Der Vorteil ist, dass<br />
diese Zeit nicht auf das jährliche<br />
Gesamtkontingent von 42 Tagen<br />
angerechnet und das Pflegegeld<br />
nicht gekürzt wird. Verhinderungspflege<br />
muss nicht vorab genehmigt<br />
werden. <br />
ali<br />
Pflegegeld<br />
ist tabu<br />
Pflegegeld darf nicht gepfändet<br />
werden – das hat der Bundesgerichtshof<br />
in Karlsruhe entschieden.<br />
Die Richter entschieden, dass<br />
Pflegegeld auch dann nicht gepfändet<br />
werden darf, wenn ein<br />
pflegender Angehöriger verschuldet<br />
ist. Eine Pfändung widerspräche<br />
dem gesetzlichen Ziel. Es sei<br />
kein Entgelt für bestimmte Leistungen,<br />
sondern eine materielle<br />
Anerkennung, erklärten die Richter<br />
(Aktenzeichen: IX ZB 12/22).<br />
Im konkreten Fall ging es um<br />
eine überschuldete Mutter aus dem<br />
Raum Oldenburg. Die Frau hatte<br />
ihren autistischen Sohn gepflegt<br />
und das Pflege geld von ihm erhalten.<br />
Der Insolvenzverwalter der<br />
Mutter wollte auf das Pflegegeld<br />
zugreifen und beantragte, dass<br />
dieses als pfändbares Arbeitseinkommen<br />
angerechtet werden muss.<br />
Dem widersprach jedoch der Bundesgerichtshof.<br />
Das vom Pflegebedürftigen an<br />
die Pflegeperson weitergeleitete<br />
Geld sei unpfändbar, stellten die<br />
Richter fest. Vielmehr stelle es einen<br />
Anreiz dar, die häusliche Pflege<br />
zu übernehmen. Wäre das Pflegegeld<br />
pfändbar, würde der gesetzliche<br />
Zweck dieser Leistung nicht<br />
erreicht. Das Pflegegeld stelle auch<br />
kein Arbeitseinkommen dar, sondern<br />
sei eine freiwillige Leistung<br />
des Pflegebedürftigen an die Pflegeperson.<br />
Auch das stehe einer<br />
Pfändbarkeit entgegen, entschieden<br />
die Richter des Bundesgerichtshofs.<br />
juf
Gesundheit Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 7<br />
Immer mehr Arztpraxen in Investorenhand<br />
Der Sozialverband VdK und die Verbraucherzentralen bemängeln die fehlende Transparenz für Patientinnen und Patienten<br />
Immer häufiger liegen Vertragsarztsitze<br />
von Medizinischen Versorgungszentren<br />
(MVZ) nicht mehr<br />
in den Händen der niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzte. Sie sind<br />
vielmehr von Finanzinvestoren<br />
gekauft worden. Die dort praktizierenden<br />
Medizinerinnen und<br />
Mediziner sind nur noch angestellt.<br />
Diese Entwicklung ist meistens<br />
für Patientinnen und Patienten<br />
nicht transparent. Besonders Praxen<br />
für Augenheilkunde und Orthopädie<br />
werden häufig von sogenannten<br />
Private-Equity-Gruppen<br />
aufgekauft. Der Sozialverband<br />
VdK beobachtet diese Entwicklung.<br />
Kritisch wird es besonders<br />
dann, wenn eine zunehmende<br />
Gewinnorientierung in der medizinischen<br />
Versorgung eine Fehlversorgung<br />
der Menschen zur<br />
Folge hat.<br />
Einigen VdK-Landesverbänden<br />
liegen Meldungen von Mitgliedern<br />
vor, dass in solchen MVZ Kassenpatienten<br />
häufig nur als Privatzahler<br />
oder bei Inanspruchnahme von<br />
individuellen Gesundheitsleistungen<br />
behandelt werden. Diese sind<br />
für die Medizinerinnen und Mediziner<br />
sehr lukrativ.<br />
Investorenziele unklar<br />
Immer mehr Ärzte sind bei investoreigenen Medizinischen Versorgungszentren angestellt. Foto: imago/Westend61<br />
Dabei sollte auch bei niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzten<br />
gelten, dass die Versorgung auf<br />
einer ausschließlich medizinischen<br />
Grundlage erfolgt. Seit 2004 erlaubt<br />
der Gesetzgeber die Gründung<br />
von Medizinischen Versorgungszentren:<br />
Hier haben Mediziner<br />
die Möglichkeit, mit Kolleginnen<br />
und Kollegen aus anderen<br />
Fachrichtungen oder in größeren<br />
Gruppen zu kooperieren.<br />
Diese MVZ sind auf den ersten<br />
Blick für Außenstehende von Gemeinschaftspraxen<br />
nicht zu unterscheiden.<br />
Die Gemeinschaftspraxen<br />
gehören den niedergelassenen<br />
Ärzten, investoreigene MVZ nicht.<br />
Die Verbraucherzentralen warnen<br />
davor, solche MVZ per se als<br />
schlecht zu bewerten.„Schubladendenken<br />
ist hier nicht hilfreich.<br />
Man muss prüfen, welche Ziele die<br />
jeweiligen Investoren verfolgen“,<br />
erklärt Thomas Moormann, Leiter<br />
Team Gesundheit und Pflege beim<br />
Bundesverband der Verbraucherzentralen.<br />
Externe Investoren<br />
könnten sinnvoll sein, wenn damit<br />
beispielsweise neue sinnvolle Versorgungsstrukturen<br />
geschaffen<br />
werden, so Moormann.<br />
Gerade bei Augenärzten ist der<br />
Einfluss von Investorengruppen<br />
auffällig: Hier versprechen ambulante<br />
Operationen wie Laserkorrekturen<br />
eine hohe Rendite.<br />
Das Bundesgesundheitsministerium<br />
hat für dieses Jahr einen Gesetzentwurf<br />
angekündigt, um den<br />
Einfluss von Finanzinvestoren in<br />
Arztpraxen in Deutschland einzudämmen.<br />
Dabei hat diese Entwicklung<br />
längst stattgefunden und<br />
kann nicht mehr so einfach rückgängig<br />
gemacht werden.<br />
In einigen Regionen in Deutschland<br />
und bei bestimmten Facharztrichtungen<br />
sind bereits Vormachtstellungen<br />
von einzelnen<br />
Investorengruppen zu beobachten.<br />
Mangelnde Transparenz<br />
Bislang haben sich Bundes- und<br />
Landesregierungen dagegen ausgesprochen,<br />
öffentliche Listen von<br />
investorgeführten Arztpraxen zu<br />
führen. Die nichtvorhandene<br />
Transparenz bemängeln die Verbraucherzentralen.<br />
„Für die Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher ist<br />
Transparenz wichtig. Sie müssen<br />
sehen können, wer Träger einer<br />
gesundheitlichen Einrichtung ist<br />
und ob möglicherweise andere als<br />
medizinische Beweggründe die<br />
ärztliche Empfehlung über diagnostische<br />
und therapeutische<br />
Maßnahmen beeinflussen könnten“,<br />
erklärt Moormann von den<br />
Verbraucherzentralen.<br />
Einige kasssenärztliche Vereinigungen,<br />
wie beispielsweise die in<br />
Bayern, bewerten den Einfluss von<br />
in- und ausländischen Investorengruppen<br />
auch kritisch: Junge, unabhängig<br />
arbeitende Ärztinnen<br />
und Ärzte seien im Wettbewerb um<br />
Vertragsarztsitze gegen Investoren<br />
mittlerweile chancenlos. <br />
Julia Frediani<br />
Neuer Hinweis auf<br />
Beipackzettel geplant<br />
„Zu Risiken und Nebenwirkungen<br />
lesen Sie die Packungsbeilage und<br />
fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“<br />
Diesen Satz kennen viele aus<br />
der Werbung und von ihren Medikamenten.<br />
Zukünftig soll der Hinweis<br />
in geschlechtsneutraler Sprache<br />
zu hören und zu lesen sein.<br />
Nach der neuen Formulierung<br />
sollen Patientinnen und Patienten<br />
dann ihre Ärztin oder ihren Arzt<br />
oder in der Apotheke fragen können.<br />
Den Vorschlag begründet das<br />
Bundesgesundheitsministerium<br />
damit, dass der Hinweis schon<br />
länger wegen seiner geschlechtsspezifischen<br />
Formulierung Gegenstand<br />
von Diskussionen ist. Deshalb<br />
soll er nun angepasst werden.<br />
Tritt der Gesetzentwurf in Kraft,<br />
soll es für die neuen Regelungen<br />
eine Übergangszeit von fünf Monaten<br />
geben. In der Werbung muss<br />
der Hinweis gut zu lesen sein und<br />
zu anderen Werbeaussagen klar<br />
abgegrenzt werden. Dies schreibt<br />
das Heilmittelwerbegesetz vor.<br />
Zudem muss er im Fernsehen vor<br />
neutralem Hintergrund gezeigt<br />
und gesprochen werden.<br />
Nach Zahlen der Kassenärztlichen<br />
Bundesvereinigung waren im<br />
Jahr 2021 rund die Hälfte aller<br />
Ärztinnen und Ärzte Frauen. Im<br />
Studienfach Medizin sind bereits<br />
zwei Drittel aller Studierenden<br />
weiblich. In den Apotheken lag der<br />
Frauenanteil im Jahr 2021 sogar<br />
über 70 Prozent, wie die Bundesvereinigung<br />
Deutscher Apothekerverbände<br />
bekannt gibt. ken<br />
Gericht verbietet Ärzte-Siegel<br />
„Top Mediziner“-Auszeichnung der Zeitschrift „Focus“ ist irreführend<br />
Das Landgericht München hat<br />
dem „Focus“ untersagt, Ärztinnen<br />
und Ärzten Auszeichnungen wie<br />
„Top Mediziner“ zu verleihen, für<br />
die diese zuvor bezahlt haben.<br />
Dadurch werden Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher getäuscht.<br />
Einmal im Jahr veröffentlicht das<br />
Magazin „Focus Gesundheit“ eine<br />
Ärzteliste mit Empfehlungen. Es<br />
erweckt nach Auffassung des<br />
Landgerichts München dadurch<br />
den Anschein, als würden die ausgezeichneten<br />
Medizinerinnen und<br />
Mediziner aufgrund einer neutralen<br />
und sachgerechten Prüfung<br />
empfohlen. Das ist allerdings nicht<br />
der Fall. Das Siegel, mit der die<br />
Ausgezeichneten in der Öffentlichkeit<br />
für sich werben, kann für eine<br />
Lizenzgebühr in Höhe von 2000<br />
Euro vom Burda-Verlag gekauft<br />
werden.<br />
Subjektive Bewertung<br />
Aufgrund seiner Ähnlichkeit mit<br />
einem Prüfsiegel der Stiftung Warentest<br />
wird suggeriert, dass die<br />
Ärztinnen und Ärzte wegen ihrer<br />
besonderen Qualität auf der Ärzteliste<br />
stehen. Tatsächlich sei es aber<br />
laut Gericht so, dass sich die Qualität<br />
ärztlicher Dienstleistungen<br />
nicht mit Messgeräten im Testlabor<br />
ermitteln und vergleichen lasse.<br />
Vielmehr seien unter den Kriterien,<br />
die bei diesen Empfehlungslisten<br />
berücksichtigt würden, auch<br />
ausschließlich subjektiv basierte,<br />
etwa die Kollegenempfehlung oder<br />
die Patientenzufriedenheit. Deshalb<br />
verwies das Landgericht in<br />
seinem Urteil darauf, dass das<br />
verliehene Siegel die Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher in die Irre<br />
führt.<br />
Geklagt hatte der Verbraucherschutzverband<br />
„Wettbewerbszentrale“.<br />
Nach seiner Ansicht hatte<br />
der „Focus“ gegen das lauterkeitsrechtliche<br />
Irreführungsverbot<br />
verstoßen, indem er einen falschen<br />
Eindruck erweckt hatte.<br />
Seit 1993 bereits gibt es das Ranking<br />
des „Focus“. Seit seiner Gründung<br />
bewertet das Nachrichtenmagazin<br />
die angeblich besten<br />
Ärztinnen und Ärzte Deutschlands.<br />
Waren es zu Beginn 500, so<br />
sind mittlerweile mehr als 4200<br />
Namen auf der Liste. Im Internet<br />
erklärt die Redaktion, wie man<br />
diese besten Ärztinnen und Ärzte<br />
ermittelt. Von der Stichprobe über<br />
eine Analyse gelange man zu einem<br />
Ergebnis, heißt es dort. Und<br />
wer wolle, könne mit dem Siegel<br />
dann auch werben.<br />
Berufung angekündigt<br />
Kritik an dieser Praxis gab es in<br />
den vergangenen 30 Jahren immer<br />
wieder. Nun hat die Wettbewerbszentrale<br />
erfolgreich auf Unterlassung<br />
geklagt. Der Burda-Verlag<br />
kündigte nach dem Urteil an, Berufung<br />
einzulegen. Man halte das<br />
Urteil für falsch, erklärte eine<br />
Sprecherin des Verlags.<br />
Jörg Ciszewski<br />
Die Qualität von Ärztinnen und Ärzten lässt sich nicht in einer Rangliste<br />
darstellen, so das Landgericht München. Foto: picture alliance/dpa-tmn/B. Nolte<br />
ANZEIGENSCHLUSS<br />
für gewerbliche Anzeigen<br />
für die Ausgabe Mai:<br />
4. APRIL <strong>2023</strong><br />
Ina Weißenberg<br />
ina.weissenberg@markomgroup.de<br />
(0 22 02) 81 78 89-3
8 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Gesundheit<br />
Raus aus dem Winterschlaf<br />
Im Frühjahr fühlen sich viele Menschen müde, niedergeschlagen oder gereizt – Was ihnen wirklich hilft<br />
Der Frühling ist da. Nach den kalten<br />
und grauen Tagen treibt es<br />
viele wieder nach draußen: Spazieren<br />
gehen, Sport treiben, im<br />
Café sitzen oder Freunde treffen<br />
macht bei milden Temperaturen<br />
Freude. Doch während die einen<br />
vor Energie sprühen, sind andere<br />
müde und matt.<br />
Wer sich so kraft- und antriebslos<br />
fühlt, leidet wahrscheinlich<br />
unter der sogenannten Frühjahrsmüdigkeit.<br />
Hier muss sich der<br />
Körper erst einmal auf die steigenden<br />
Temperaturen und das zunehmend<br />
helle Licht einstellen. Sie<br />
tritt typischerweise zwischen März<br />
und Mai auf.<br />
Wie lange sie anhält, ist von<br />
Mensch zu Mensch unterschiedlich.<br />
Bei dem einen zeigt sie sich<br />
nur als kurzes Phänomen über zwei<br />
bis drei Tage, bei der anderen kann<br />
sie bis zu vier Wochen andauern.<br />
Manchen Menschen macht nicht<br />
nur die Antriebslosigkeit zu schaffen:<br />
Sie fühlen sich zudem gereizt<br />
oder niedergeschlagen, leiden unter<br />
Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden<br />
oder Schwindel.<br />
Jeder Zweite ist müde<br />
Nach Expertenschätzungen ist<br />
etwa jede oder jeder zweite Deutsche<br />
betroffen. Darunter sind mehr<br />
Frauen als Männer. Auch viele ältere<br />
oder sehr wetterfühlige Menschen<br />
sind anfälliger für Frühjahrsmüdigkeit.<br />
Viel Licht tanken macht im Frühling fit.<br />
Noch ist nicht ganz klar, was sie<br />
auslöst. Früher wurde ein Mangel<br />
an Vitaminen und Nährstoffen<br />
dafür verantwortlich gemacht.<br />
Denn während der kalten Jahreszeit<br />
gab es weniger frische, gesunde<br />
Lebensmittel, sodass die Nährstoffspeicher<br />
des Körpers nach<br />
dem Winter geleert waren.<br />
Inzwischen ist das Licht in den<br />
Fokus der Wissenschaften gerückt.<br />
So wirkt sich das Verhältnis von<br />
Helligkeit und Dunkelheit auf den<br />
Hormonhaushalt im Körper aus,<br />
erklärt Dr. Anna Heidbreder von<br />
der Innsbrucker Universitätsklinik<br />
für Neurologie, in einem YouTube-<br />
Video zur Frühjahrsmüdigkeit.<br />
Nimmt das Auge über die Netzhaut<br />
Lichtreize auf, führt dies dazu,<br />
dass im Hypothalamus, einer<br />
Hormondrüse im Gehirn, die Produktion<br />
von Serotonin angekurbelt<br />
wird. Gleichzeitig wird die<br />
Bildung von Melatonin gedrosselt.<br />
Serotonin wird auch als „Glückshormon“<br />
bezeichnet. Es macht<br />
aktiv und zufrieden. Dagegen bewirkt<br />
das „Schlafhormon“ Melatonin,<br />
dass man müde wird.<br />
Foto: picture alliance/Presse-Bild-Poss/Uta Poss<br />
Im Winter bleiben die Lichtreize<br />
aus, sodass mehr Melatonin gebildet<br />
wird. Gleichzeitig leeren sich die<br />
Serotoninspeicher. Werden die Tage<br />
im Frühling länger, können diese<br />
wieder gefüllt werden. Doch bis<br />
dahin kann das ungleiche Verhältnis<br />
von Glücks- und Schlafhormon<br />
für Beschwerden sorgen. Dies spüren<br />
viele als Frühjahrsmüdigkeit.<br />
Darüber hinaus spielt auch der<br />
Kreislauf eine Rolle, so Heidbreder:<br />
Denn die für das Frühjahr typischen<br />
Temperaturschwankungen,<br />
etwa zwischen Tag und Nacht,<br />
Tipps<br />
Der Körper braucht in der Regel<br />
etwas Zeit, um sich auf die wärmere<br />
Jahreszeit einzustellen. Um<br />
ihn dabei zu untersützen, können<br />
einfache Maßnahmen helfen:<br />
Ÿ Viel Licht tanken: Sonnenlicht<br />
bewirkt, dass Serotonin gebildet<br />
wird. Das sorgt für gute<br />
Stimmung.<br />
Ÿ Gesund ernähren: Obst, Gemüse,<br />
Vollkornprodukte und<br />
Hülsenfrüchte versorgen den<br />
Körper mit vielen Nährstoffen<br />
und Vitaminen.<br />
Ÿ Gut trinken: Rund 1,5 Liter Wasser<br />
oder ungesüßter Tee erhöhen<br />
das Wohlbefinden.<br />
Ÿ Raus an die frische Luft: Regelmäßige<br />
Bewegung im Freien<br />
macht wieder fit.<br />
Ÿ Ausreichend schlafen: Ein erholsamer<br />
Schlaf sorgt für einen<br />
guten Start in den Tag.<br />
fordern den Organismus zusätzlich.<br />
Steigen die Temperaturen, weiten<br />
sich die Blutgefäße. Der Blutdruck<br />
sinkt. Dies kann bei Menschen, die<br />
ohnehin schon einen niedrigen<br />
Blutdruck haben, zu Müdigkeit und<br />
Erschöpfung führen.<br />
Es ist nicht nötig, Medikamente<br />
gegen Frühjahrsmüdigkeit einzunehmen.<br />
In der Regel geht sie von<br />
allein vorbei. Halten die Beschwerden<br />
allerdings länger an, sollte<br />
man dies mit der Hausärztin oder<br />
dem Hausarzt abklären, rät Heidbreder.<br />
<br />
Kristin Enge<br />
Krankenstand auf Rekordniveau<br />
Atemwegserkrankungen verursachen viele Fehlzeiten im Jahr 2022<br />
Eine schonende Narkose<br />
Zwischen Vollnarkose und örtlicher Betäubung<br />
Im vergangenen Jahr lag die Anzahl<br />
der Krankschreibungen deutlich<br />
über den Werten der Vorjahre.<br />
Das hat eine Analyse der Krankenversicherung<br />
Barmer unter ihren<br />
Versicherten ergeben.<br />
Nach Angaben des Barmer Instituts<br />
für Gesundheitssystemforschung<br />
(bifg), das die Daten ausgewertet<br />
hat, waren im Dezember<br />
2022 von 1000 beschäftigten Versicherten<br />
231 mit einem Krankengeldanspruch<br />
krankgeschrieben.<br />
Dagegen waren es im Dezember<br />
2021 nur 102 von 1000 Versicherten.<br />
Damit hat sich Zahl mehr als<br />
verdoppelt.<br />
Es ist davon auszugehen, dass<br />
zum einen die ausgesetzte Maskenpflicht<br />
und zum anderen auch<br />
die möglichen Kontakte dazu beigetragen<br />
haben, dass sich viele<br />
Menschen mit Erkältungskrankheiten<br />
angesteckt haben. Auf der<br />
Arbeit, im öffentlichen Nahverkehr<br />
oder bei Veranstaltungen in der<br />
Freizeit kam es wieder zu vielen<br />
Begegnungen.<br />
Regionale Unterschiede<br />
Zudem stellte die Barmer große<br />
regionale Unterschiede fest: Der<br />
Krankenstand in Sachsen-Anhalt<br />
war besonders hoch, in Bayern<br />
vergleichsweise niedrig. So waren<br />
im Jahr 2022 in Sachsen-Anhalt<br />
268 Krankschreibungen je 1000<br />
Versicherten zu verzeichnen. Dem<br />
standen 202 Krankschreibungen<br />
in Bayern gegenüber. Im Jahr zuvor<br />
waren es deutlich weniger: 130<br />
beziehungsweise 93 Krankschreibungen.<br />
Erkrankungen durch das Coronavirus<br />
haben im vergangenen Jahr<br />
eine größere Rolle gespielt, wie die<br />
Analyse der Barmer zeigt: Der Anteil<br />
der Krankschreibungen aufgrund<br />
einer solchen Diagnose lag in<br />
jedem Monat höher als im Jahr 2021.<br />
„Während im Juli 2021 nur 0,9 Prozent<br />
aller Krankschreibungen einen<br />
Corona-Bezug hatten, lag der Anteil<br />
im Juli 2022 bei 20,2 Prozent und<br />
damit um mehr als das Zweiundzwanzigfache<br />
höher“, so die Barmer.<br />
Auch die DAK-Gesundheit und<br />
die Techniker Krankenkasse (TK)<br />
berichteten von ähnlich hohen<br />
Krankenständen. So seien Beschäftigte<br />
im vergangenen Jahr im<br />
Schnitt fast 20 Tage krankgeschrieben<br />
gewesen, so die DAK. Dies sei<br />
ein Plus von 38 Prozent im Vergleich<br />
zum Jahr 2021. Atemwegserkrankungen,<br />
wie Erkältungen<br />
und Bronchitis, hätten dabei um<br />
172 Prozent zugelegt.<br />
Die TK wies darauf hin, dass es<br />
in den ersten beiden Coronajahren<br />
durch die Abstands- und Hygieneregeln<br />
deutlich weniger Fehlzeiten<br />
gegeben hatte. Zudem war aufgefallen,<br />
dass die „Erkältungswellen<br />
auch in saisonal untypischen Zeiträumen<br />
mit ungewöhnlichen<br />
Hochständen eine große Rolle<br />
gespielt haben – hauptsächlich im<br />
Juli und Oktober“, wie Dr. Jens<br />
Baas, Vorstandsvorsitzender der<br />
TK, erklärte. Kristin Enge<br />
Im Jahr 2022 haben Ärztinnen und Ärzte besonders viele Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen<br />
ausgestellt. Foto: picture alliance/Eibner-Pressefoto/Fleig<br />
Örtliche Betäubung oder Vollnarkose?<br />
Lange Zeit schienen das in<br />
der Medizin die einzigen Alternativen<br />
zu sein. Seit einigen Jahren<br />
wird aber immer häufiger bei Operationen<br />
ein anderes, drittes Verfahren<br />
angewandt: die sogenannte<br />
Regionalanästhesie.<br />
Bei dieser Form der Anästhesie<br />
wird nicht nur der Wundbereich,<br />
die Stelle also, wo der operative<br />
Eingriff vorgenommen werden<br />
soll, betäubt, sondern die ganze<br />
Körperregion. Erreicht wird dies,<br />
indem der empfindungsleitende<br />
Nervenstrang, der diesen Körperbereich<br />
versorgt, mit Hilfe eines<br />
Medikaments blockiert wird.<br />
Dadurch wirkt die Regionalanästhesie<br />
tiefer und weitflächiger<br />
als die örtliche Betäubung. Möglich<br />
wurde das neue Verfahren,<br />
weil die Ultraschalltechnik verfeinert<br />
wurde. Denn Anästhesistin<br />
oder Anästhesist müssen genau<br />
verfolgen, wo sich die Nadel mit<br />
dem betäubenden Medikament<br />
befindet, um gezielt die betreffenden<br />
Nerven auszuschalten und<br />
nicht aus Versehen das umgebende<br />
Gewebe zu verletzen. Besonders<br />
gut eignet sich das Verfahren bei<br />
Operationen an Schultern, Armen<br />
und Beinen. Es wird oft bei Geburten<br />
eingesetzt, damit Frauen Wehen<br />
besser ertragen können.<br />
Die Regionalanästhesie kann die<br />
Vollnarkose ganz ersetzen oder<br />
ergänzen, im zweiten Fall spricht<br />
man von einer Kombinations-<br />
Vor einer Operation wird geklärt,<br />
welche Form der Narkose sich am<br />
besten eignet.<br />
anästhesie. Die Vorteile liegen auf<br />
der Hand: Eine Narkose für nur<br />
einen Teil des Körpers ist für den<br />
Organismus weniger belastend.<br />
Die Patientin oder der Patient<br />
bleibt bei Bewusstsein und hat<br />
nach der OP weniger Schmerzen.<br />
Wird die Regionalanästhesie zusätzlich<br />
zur Vollnarkose angewandt,<br />
kann diese niedriger dosiert<br />
werden, was sich ebenfalls<br />
positiv auf das Befinden auswirkt.<br />
Nachwirkungen wie Übelkeit und<br />
Erbrechen oder Verwirrtheit, wie<br />
sie insbesondere bei älteren Operierten<br />
zu beobachten ist, treten<br />
deutlich seltener auf. Steht eine<br />
Operation an, klärt die Anästhesistin<br />
oder der Anästhesist im<br />
Vorgespräch, welche Form der<br />
Narkose am sinnvollsten ist. gol<br />
Foto: picture alliance/dpa/Florian Schuh
Gesundheit Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 9<br />
Keine Angst vor Widerspruch<br />
Was man tun kann, wenn die Krankenkasse einen Antrag ablehnt<br />
Wertvolle Fette und Öle<br />
Der Körper benötigt ungesättigte Fettsäuren<br />
Fette und Öle gehören zu einer<br />
gesunden Ernährung dazu. Doch<br />
nicht alle sind gleich gut. Vor allem<br />
Pflanzenöle mit ungesättigten<br />
Fettsäuren sind empfehlenswert.<br />
Fett ist für den Körper lebensnotwendig.<br />
Es liefert Energie,<br />
schützt die inneren Organe, hält<br />
warm und erfüllt wichtige Aufgaben.<br />
Beispielsweise können bestimmte<br />
Vitamine nur mithilfe von<br />
Fett verwertet werden. Außerdem<br />
dient es als Geschmacksträger.<br />
Unterschieden wird in gesättigte<br />
und ungesättigte Fettsäuren. Während<br />
Erstere Erkrankungen begünstigen<br />
können, gelten Letztere<br />
als gesund. Sie senken das schädliche<br />
LDL- und erhöhen das gute<br />
HDL-Cholesterin und beugen so<br />
gefährlichen Ablagerungen in den<br />
Gefäßen vor. Es kommt also darauf<br />
an, welche Art von Fetten<br />
man zu sich nimmt.<br />
Transfette hingegen sollte man<br />
meiden. Sie stehen in Zusammenhang<br />
mit Bluthochdruck und<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die<br />
gehärteten Pflanzenfette erhöhen<br />
den Gehalt des schädlichen<br />
LDL-Cholesterins im Blut. Die<br />
Folge: Blutfette lagern sich an den<br />
Arterienwänden an, verhärten und<br />
verdicken diese und können<br />
schließlich die Gefäße komplett<br />
verstopfen. Transfette sind nicht<br />
nur in stark verarbeiteten Nahrungsmitteln<br />
enthalten, sondern<br />
entstehen auch, wenn Öl stark<br />
oder mehrmals hintereinander<br />
erhitzt wird, zum Beispiel in der<br />
Eine ganze Reihe von Leistungen<br />
der gesetzlichen Krankenkassen<br />
gibt es nur auf Antrag. Nicht immer<br />
werden diese bewilligt. Doch Patientinnen<br />
und Patienten können<br />
sich wehren, wenn ihre Kasse die<br />
Kosten nicht übernehmen will. Die<br />
VdK-ZEITUNG erklärt, wie man dabei<br />
vorgeht.<br />
Hilfsmittel wie etwa Hörgeräte,<br />
Rollatoren und Rollstühle, eine<br />
Reha, aber auch Zahnersatz,<br />
Fahrtkosten oder eine Psychotherapie<br />
müssen im Vorfeld bei der<br />
Krankenkasse beantragt werden.<br />
Die Antragstellung sollte immer<br />
schrift lich erfolgen. Die Kasse<br />
überprüft die Anfrage und genehmigt<br />
die Kostenübernahme oder<br />
lehnt sie ab. Dieser Bescheid ergeht<br />
ebenfalls schriftlich und beinhaltet<br />
eine Rechtsmittelbelehrung.<br />
Fristen einhalten<br />
Bei einer Ablehnung können<br />
Versicherte Widerspruch einlegen.<br />
Dafür haben sie einen Monat Zeit.<br />
Stichtag ist der Tag, an dem das<br />
Schreiben der Kasse eingegangen<br />
ist. Der Widerspruch muss immer<br />
schriftlich eingelegt werden. Es<br />
empfiehlt sich, den Brief per Einschreiben<br />
zu schicken.<br />
Die Versicherten müssen darauf<br />
achten, dass der Brief innerhalb<br />
der Monatsfrist bei der Krankenkasse<br />
eingeht. Dabei sollten sie<br />
miteinberechnen, dass es ein paar<br />
Tage dauern kann, bis das Schreiben<br />
ankommt. Spätestens am letzten<br />
Tag der Frist muss es bei der<br />
Krankenkasse eingetroffen sein.<br />
Wer eine Geschäftsstelle seiner<br />
Kasse in der Nähe hat, kann den<br />
Widerspruch auch dort abgeben.<br />
Dabei sollte man sich eine Empfangsbestätigung<br />
geben lassen.<br />
Ratsam ist, die Argumentation<br />
der Krankenkasse aufmerksam zu<br />
lesen und in einer Stellungnahme<br />
gut zu begründen, warum man die<br />
medizinische Leistung dennoch<br />
benötigt. Ärztliche Befunde sowie<br />
Kontaktdaten sollten dem Schreiben<br />
beigelegt werden. Es besteht<br />
auch die Möglichkeit, die Begründung<br />
nachzureichen. Hier genügt<br />
ein einfaches Schreiben mit dem<br />
Widerspruch und dem Verweis auf<br />
die spätere ausführliche Argumentation.<br />
Die Kassen haben drei Monate<br />
Zeit, um über den Widerspruch zu<br />
entscheiden. Passiert das nicht, hat<br />
das allerdings keine negativen Folgen<br />
für sie. Versicherte haben nach<br />
dieser Frist die Möglichkeit, eine<br />
Untätigkeitsklage einzureichen.<br />
Immer wieder kommt es vor, dass<br />
jemand von der Kasse anruft und<br />
die Versicherte oder den Versicherten<br />
zu überreden versucht, den<br />
Widerspruch zurückzunehmen.<br />
Meist weist sie oder er darauf hin,<br />
dass man ohnehin keine Aussicht<br />
auf Erfolg habe. Der VdK rät, dem<br />
keinesfalls zuzustimmen, sondern<br />
den Fall erst prüfen zu lassen.<br />
Entscheidet die Kasse bei einem<br />
Widerspruch, die beantragte Leistung<br />
nicht zu übernehmen, besteht<br />
die Möglichkeit, zu klagen. Hier<br />
gilt wieder eine Frist von vier Wochen.<br />
Das Gerichtsverfahren ist<br />
kostenlos. Allerdings empfiehlt es<br />
sich, eine Sozialrechts expertin<br />
oder einen Sozialrechtsexperten<br />
hinzuzuziehen. Bis zur Klärung<br />
der Frage, ob die Krankenkasse<br />
den Antrag zu Recht abgelehnt hat,<br />
kann einige Zeit vergehen.<br />
Der Sozialverband VdK hilft<br />
seinen Mitgliedern gerne, wenn es<br />
um Leistungen der gesetzlichen<br />
Krankenkassen geht. Fragen Sie<br />
einfach in Ihrer Geschäftsstelle<br />
nach. Annette Liebmann<br />
Nüsse und Avocados<br />
Bei den gesunden Fetten unterscheidet<br />
man einfach und mehrfach<br />
ungesättige Fettsäuren. Die<br />
einfach ungesättigten Fettsäuren<br />
kommen vor allem in Samen, Nüssen,<br />
Avocados und pflanzlichen<br />
Ölen vor, etwa in Olivenöl. Sie sind<br />
wichtig für die Aufnahme von Vitaminen<br />
und können den Cholesterinspiegel<br />
senken. Einfach ungesättigte<br />
Fettsäuren kann der Körper<br />
auch selber herstellen.<br />
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren<br />
hingegen müssen mit der Nahrung<br />
aufgenommen werden. Sie<br />
halten die Zellwände und das Gehirn<br />
gesund und sorgen für einen<br />
normalen Blutdruck. Besonders<br />
wichtig sind Omega- 3- Fettsäuren.<br />
Diese kommen in Pflanzenölen wie<br />
beispielsweise Leinöl, Rapsöl, Olivenöl,<br />
Walnussöl oder Sojaöl vor,<br />
ebenso in fetthaltigem Seefisch wie<br />
Lachs, Makrele oder Hering.<br />
Omega- 6-Fettsäuren sind in Sonnenblumenöl,<br />
Milchprodukten und<br />
Fleisch enthalten.<br />
Leinöl enthält besonders viele<br />
Omega-3-Fettsäuren.<br />
Fritteuse. Auch gesättigte Fettsäuren<br />
lassen den Cholesterinspiegel<br />
ansteigen. Sie kommen vor allem<br />
in tierischen Lebensmitteln vor,<br />
wie etwa in Butter, Wurst, Süßigkeiten<br />
sowie in Palmfett.<br />
Generell gilt: Wer viele pflanzliche<br />
und wenig tierische Lebensmittel<br />
isst, nimmt automatisch weniger<br />
gesättigte und mehr ungesättigte<br />
Fettsäuren zu sich. Besonders empfehlenswert<br />
sind pflanzliche Öle,<br />
etwa Olivenöl, Rapsöl oder Leinöl.<br />
Für die optimale Versorgung sollte<br />
außerdem ein- bis zweimal pro Woche<br />
eine Portion fetthaltiger Seefisch<br />
auf den Tisch kommen. ali<br />
Foto: imago images/Shotshop<br />
Vorsicht bei Absagen am Telefon<br />
Entscheidungen der Krankenkasse sollte man sich schriftlich geben lassen<br />
Es kann durchaus vorkommen,<br />
dass Krankenkassen ihre Versicherten<br />
anrufen, um ihnen die<br />
Entscheidung zu einer beantragten<br />
Leistung mündlich statt schriftlich<br />
mitzuteilen.<br />
Durch unangekündigte Anrufe<br />
der Krankenkasse fühlen sich die<br />
meisten Menschen überrumpelt.<br />
Vor allem, wenn es sich um die<br />
Ablehnung einer Leistung handelt.<br />
Doch auch wenn Versicherte davon<br />
ausgehen, dass sie in der Regel einen<br />
schriftlichen Bescheid erhalten<br />
werden, ist dieses Vorgehen rechtens.<br />
Der Anruf sollte also auf jeden<br />
Fall ernst genommen werden.<br />
Ohne schriftlichen Bescheid ist<br />
es für die Betroffenen schwieriger,<br />
die Entscheidung der Krankenkasse<br />
nachzuvollziehen, da ihnen die<br />
Gründe für die Ablehnung ihres<br />
Antrags nicht bekannt sind. Das<br />
erschwert es folglich auch, gegen<br />
die Entscheidung der Kasse Widerspruch<br />
einzulegen. Versicherte<br />
sollten deshalb noch während des<br />
Telefonats die Mitarbeiterin oder<br />
den Mitarbeiter der Kasse bitten,<br />
ihnen eine schriftliche Bestätigung<br />
der mündlichen Entscheidung zuzusenden.<br />
Dazu sind die Krankenkassen<br />
verpflichtet, wenn das<br />
ausdrücklich gewünscht wird.<br />
Der schriftliche Bescheid muss<br />
immer mit einer Begründung versehen<br />
sein. Außerdem enthält er<br />
eine Rechtsbehelfsbelehrung, in<br />
der die Rechtsmittel und Fristen<br />
angegeben sind. <br />
Annette Liebmann
10 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> Generationen<br />
„Sie sind die Helden der Pandemie“<br />
Viele junge Menschen fühlen sich noch immer psychisch stark belastet<br />
Ein Stück Kindheit<br />
Das Poesiealbum weckt Erinnerungen<br />
Viele Kinder und Jugendliche leiden<br />
noch immer an den Folgen der<br />
Corona-Pandemie. Über ihre psychische<br />
Belastung spricht Dr. Gunter<br />
Joas mit der VdK-ZEITUNG. Er ist<br />
Chefarzt der Klinik für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie, Psychosomatik<br />
und Psychotherapie in Esslingen.<br />
Wie erleben Sie Ihre jungen Patientinnen<br />
und Patienten?<br />
Schon vor der Pandemie gab es<br />
eine hohe Inanspruchnahme der<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie und<br />
zu wenig Behandlungsplätze für<br />
Heranwachsende, die unsere Hilfe<br />
gebraucht haben. Diese Situation<br />
hat sich weiter verschärft. Wir erleben<br />
eine deutliche Zunahme an<br />
Angststörungen, Depressionen<br />
und Essstörungen. Darüber hinaus<br />
erschreckt mich die hohe Zahl an<br />
Kindern, die nicht mehr leben wollen.<br />
Diese Kinder und Jugendlichen<br />
mit Selbstmordgedanken<br />
werden immer jünger.<br />
Woran liegt das?<br />
Es gibt nicht nur den einen Grund.<br />
Nach Corona sind bei vielen Kindern<br />
und Jugendlichen die psychischen<br />
Abwehrkräfte einfach aufgebraucht.<br />
Ihr Tank ist leer. Während<br />
der Pandemie sind viele Unterstützungsangebote,<br />
soziale Kontakte,<br />
auch die Schule – als wichtiger Ort<br />
der Begegnung – weggefallen. Klassenfahrten,<br />
Jugendfreizeiten, gemeinsam<br />
feiern oder einfach nur mit<br />
Gleichaltrigen abhängen – alles,<br />
was für Jugendliche in ihrer Entwicklung<br />
sehr wichtig ist, war nicht<br />
mehr möglich. Vieles ist noch nicht<br />
aufgearbeitet. Nun wird von den<br />
Kindern und Jugendlichen aber erwartet,<br />
dass sie wieder so funktionieren<br />
wie zuvor, als wäre nichts<br />
gewesen. Wir wissen, dass psychische<br />
Probleme nach einer Ausnahmesituation<br />
wie Corona oft erst mit<br />
einer zeitlichen Verzögerung durchschlagen.<br />
So zeigen viele junge<br />
Menschen nun auch ein schulvermeidendes<br />
Verhalten. Hinzu kommen<br />
die Sorgen wegen des Ukraine-<br />
Kriegs und des Klimawandels.<br />
Zieht sich ein Kind zurück, kann das ein Alarmsignal sein.<br />
Welche Kinder und Jugendlichen<br />
sind besonders gefährdet?<br />
Auch hier gibt es keine einfache<br />
Antwort. Studien zeigen, dass Kinder<br />
und Jugendliche aus Familien<br />
mit einem niedrigen sozio-ökonomischen<br />
Status ein höheres Risiko<br />
für die Ausbildung einer psychischen<br />
Störung haben. In der Pandemiezeit<br />
sind insbesondere Alleinerziehende<br />
oftmals an ihre<br />
äußerste Belastungsgrenze gelangt.<br />
Dies ist sicher ein wichtiger Aspekt,<br />
den die Politik als erschwerenden<br />
Faktor im Blick haben muss. Wir<br />
sehen aber Kinder und Jugendliche<br />
aus allen Schichten und Lebenssituationen.<br />
So tun sich insbesondere<br />
auch Kinder schwer, die alles<br />
richtig machen wollen oder die eine<br />
stärkere Feinfühligkeit mitbringen.<br />
Was brauchen junge Menschen<br />
jetzt am nötigsten?<br />
Zunächst brauchen sie Verständnis.<br />
Man sollte mehr mit ihnen<br />
sprechen und nicht dauernd über<br />
sie. Viele Erwachsene scheinen<br />
schon vergessen zu haben, wie<br />
schwierig die Zeit für die Kinder<br />
und Jugendlichen etwa mit dem<br />
Homeschooling gewesen ist. Im<br />
Grunde sind sie die Helden der<br />
Pandemie. Was sie brauchen, ist<br />
Stabilität, soziale Kontakte, Verständnis,<br />
Liebe und Hilfe, wenn die<br />
persönliche Situation zu belastend<br />
wird. Dass die Schließung der<br />
Schulen keinen positiven Effekt<br />
hatte, wissen wir, und die Politik<br />
hat betont, dass diese Maßnahme<br />
nicht mehr ergriffen werden soll.<br />
Dies begrüße ich außerordentlich.<br />
Schule darf nicht nur allein auf<br />
Lernen reduziert werden. Schule ist<br />
ein wichtiger Ort für die Heranreifung<br />
der Schülerinnen und Schüler.<br />
Was sollten Eltern wissen?<br />
Eltern sollten auf Veränderungen<br />
im Verhalten ihrer Kinder achten.<br />
Nicht jeder Streit oder Konflikt ist<br />
ein Alarmzeichen. Wenn sich Kinder<br />
aber zurückziehen, sich nicht<br />
mehr mitteilen, soziale Kontakte<br />
abbrechen oder stark einschränken,<br />
könnte dies ein Signal für<br />
Eltern sein, genauer hinzuschauen.<br />
Wichtig ist, den Kindern zuzuhören<br />
und sich Zeit zu nehmen.<br />
Das Abweichen und die Veränderung<br />
des bisherigen Verhaltens<br />
kann ein Anlass dafür sein. Familien<br />
sollten sich lieber früher als zu<br />
spät an Hilfsangebote vor Ort<br />
wenden. In einem ersten Gespräch<br />
Dr. Gunter Joas mit einer seiner kleinen Patientinnen. Foto: Klinikum Esslingen<br />
kann rasch abgestimmt werden,<br />
was und ob eine weitergehende<br />
Hilfe notwendig ist. Je länger die<br />
Erkrankung besteht, desto länger<br />
ist der Heilungsprozess. Wir müssen<br />
alle zusammen drohende chronische<br />
Verläufe bei den Kindern<br />
und Jugendlichen verhindern.<br />
Die Bundesregierung hat eine interministerielle<br />
Arbeitsgruppe<br />
„Gesundheitliche Auswirkungen<br />
auf Kinder und Jugendliche durch<br />
Corona“ eingestzt. Wie bewerten<br />
Sie die Handlungsempfehlungen?<br />
Den Fokus auf Kinder und Jugendliche<br />
zu legen und deren besonderen<br />
Unterstützungsbedarf aufzugreifen,<br />
begrüße ich. Auch die<br />
finanzielle Unterstützung im Bereich<br />
der Prävention und der<br />
Hilfsangebote ist wichtig. Den<br />
bedarfsgerechten Ausbau von<br />
klinischen Behandlungsplätzen<br />
sehe ich weiter als drängende Aufgabe<br />
der Politik. Darüber hinaus<br />
ist der Ausbau von flexiblen Behandlungsmöglichkeiten,<br />
etwa<br />
Stationsäquivalente Behandlung<br />
– StäB, die Schaffung von niedrigschwelligen<br />
Zugängen und eine<br />
sektorenübergreifende Versorgung<br />
unter Einbezug von Kinderärztinnen<br />
und -ärzten, Schulen, Beratungsstellen<br />
und anderen dringend<br />
notwendig. Jede Schule sollte über<br />
eine ausreichende Anzahl von<br />
Schulpsychologen und Schulsozialarbeiterinnen<br />
verfügen.<br />
Interview: Kristin Enge<br />
Info<br />
Die interministerielle Arbeitsgruppe<br />
(IMA) „Gesundheitliche Auswirkungen<br />
auf Kinder und Jugendliche<br />
durch Corona“, die die<br />
Bundesregierung eingesetzt hat,<br />
kam zu dem Ergebnis, dass sich<br />
73 Prozent der Kinder und Jugendlichen<br />
noch immer psychisch<br />
stark belastet fühlen. Am<br />
8. Februar hat die IMA ihren<br />
Abschlussbericht vorgelegt, den<br />
das Kabinett beschlossen hat.<br />
Sie hat konkrete Handlungsempfehlungen<br />
erarbeitet, die sich an<br />
Schulen, die Kindertagesbetreuung,<br />
Kinderärztinnen und -ärzte<br />
sowie die Jugend- und Familienhilfe<br />
richten. Die IMA wurde von<br />
zahlreichen Expertinnen und Experten<br />
aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft<br />
und den Ländern unterstützt.<br />
Foto: imago/ingimage<br />
Kleine Lebensweisheiten, geschrieben<br />
in schöner Handschrift,<br />
dazu eingeklebte Bildchen: Wer<br />
sein altes Poesiealbum noch hat,<br />
sollte es mal wieder aufklappen.<br />
Der Blick zurück in die Vergangenheit<br />
lohnt sich, zumal die Bücher<br />
aus der Mode gekommen sind.<br />
Ihren Platz haben inzwischen<br />
Freundschaftsbücher eingenommen.<br />
Viel Platz für Kreativität ist<br />
darin nicht mehr, denn hauptsächlich<br />
werden Hobbys der Kinder<br />
abgefragt.<br />
„Mein Poesiealbum würde ich<br />
nie wegwerfen“, sagt Christine E.*<br />
aus Potsdam. Trotzdem hatte sie<br />
seit 25 Jahren keinen Blick mehr<br />
hineingeworfen. Wenn sie das<br />
Büchlein heute aufschlägt, ist das<br />
wie eine kleine Zeitreise in die<br />
Kindheit. Die Einträge sind zwischen<br />
1980 und 1990 entstanden.<br />
Das Album ist fast voll. Der Besitzerin<br />
gefällt, dass sich die Kinder<br />
so viel Mühe gegeben haben: „Die<br />
meisten Verse sind säuberlich mit<br />
dem Füller verfasst. Oft wurde ein<br />
kleines Tierbildchen hineingeklebt.“<br />
Einen Klassiker unter den Einträgen,<br />
der bei den Schülerinnen und<br />
Schülern offensichtlich sehr beliebt<br />
war, findet Christine E. gleich dreimal<br />
in ihrem Buch: „Rosen, Tulpen,<br />
Nelken. Alle Blumen welken. Stahl<br />
und Eisen bricht. Aber unsere<br />
Freundschaft nicht.“<br />
Ein anderer Vers darin entstammt<br />
einer Welt, die von autoritärer<br />
Erziehung geprägt war:<br />
„Mach Gehorsam dir zu eigen.<br />
Höre gern der Eltern Wort. Lerne<br />
reden, lerne schweigen. Aber stets<br />
am rechten Ort.“<br />
Poesiealben sind nicht nur private<br />
Schätze, sondern auch Gegenstand<br />
wissenschaftlicher Studien.<br />
So forscht der Soziologe Stefan<br />
Walter von der niedersächsischen<br />
Universität Oldenburg bereits seit<br />
mehr als zehn Jahren zu diesem<br />
Thema. Für ihn sind Poesiealben<br />
Wertesammlungen, wie er in einem<br />
Interview mit der „Süddeutschen<br />
Zeitung“ 2019 erklärt. Denn in den<br />
Büchlein finden sich Moralvorstellungen.<br />
Für seine Studien ist er in<br />
die NS-Vergangenheit eingetaucht.<br />
Die nationalsozialistische Ideologie<br />
sei in die Poesiealben der Jahre<br />
zwischen 1938 und 1939 eingeflossen.<br />
Auch mit dem Wertewandel in<br />
Ost- und Westdeutschland hat sich<br />
der Wissenschaftler befasst.<br />
Christine E. blättert weiter in<br />
ihrem Album und freut sich an den<br />
Erinnerungen. Aufregend sei es<br />
gewesen, als sie es einem Jungen in<br />
der Grundschule gegeben hat, den<br />
sie verehrte. Am meisten rührt die<br />
gebürtige Hallenserin jedoch der<br />
Eintrag ihrer Mutter, die inzwischen<br />
verstorben ist. Sie hat ihrer<br />
Tochter eine zeitlose Botschaft mit<br />
auf den Weg gegeben: „In jeder<br />
Minute, die du im Ärger verbringst,<br />
versäumst du 60 glückliche Sekunden<br />
deines Lebens – Albert<br />
Schweitzer.“ Elisabeth Antritter<br />
*Name von der Redaktion geändert<br />
Gedicht in Schönschrift und Klebebildchen: So sah früher ein klassischer<br />
Eintrag in ein Poesiealbum aus. Foto: picture alliance/Mohssen Assanimoghaddam
Inklusion Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 11<br />
„Marcel leistet Pionierarbeit“<br />
Wie ein Mensch mit einer Behinderung in einem freiwilligen ökologischen Jahr wichtige Erfahrungen sammelt<br />
Viele junge Menschen wagen mit<br />
einem freiwilligen ökologischen<br />
Jahr (FÖJ) einen ersten Schritt in<br />
die Selbstständigkeit. So auch der<br />
21-jährige Marcel Bouchareb. Ihn<br />
zog es aus Süddeutschland über<br />
600 Kilometer entfernt nach Lüneburg<br />
auf einen Bauernhof.<br />
Als Erstes macht sich Marcel<br />
Bouchareb morgens auf den Weg<br />
zum Hühnerstall, wo er die Tiere<br />
mit Wasser und Körnern versorgt.<br />
Die Eier sammelt er ein. Danach<br />
füttert er die Schweine. Als Nächstes<br />
geht er in die Gärtnerei, um<br />
Sellerie auszusäen.<br />
Seit September 2022 absolviert<br />
der junge Heidenheimer ein FÖJ<br />
auf dem „Hof an den Teichen“ in<br />
Lüneburg. Er ist mit einer Autismus-Spektrum-Störung<br />
einer der<br />
ersten jungen Menschen mit einer<br />
Behinderung, der ein solches Jahr<br />
in Niedersachsen macht.<br />
Projekt „FÖJ für alle!“<br />
„Das FÖJ ist eine große Chance,<br />
sich zu orientieren, Neues kennenzulernen<br />
und sich auszuprobieren“,<br />
sagt Rebecca Kleinheitz vom<br />
Netzwerk alma (Arbeitsfeld Landwirtschaft<br />
mit allen). Die Möglichkeit<br />
gäbe es aber kaum für Menschen<br />
mit Behinderung, weil die<br />
Bedingungen nicht passten.<br />
Deshalb hat das Netzwerk alma<br />
in Kooperation mit der Alfred-<br />
Toepfer-Akademie für Naturschutz<br />
das Modellprojekt „FÖJ für alle!“<br />
Marcel Bouchareb füttert die Bunten Bentheimer Schweine mit Roter Beete und Möhren.<br />
Foto: Sandra Dragendorf<br />
auf den Weg gebracht. Seit September<br />
absolvieren neun Interessierte<br />
mit Behinderung hier ein FÖJ.<br />
„Wir haben da bisher wenig Erfahrungen.<br />
Zu oft wird für Menschen<br />
mit Behinderung nur an eine<br />
Werkstatt gedacht“, sagt Sebastian<br />
Bleck, Projektleiter bei der Toepfer-Akademie.<br />
Mit dem Modellprojekt<br />
soll für sie ein FÖJ selbstverständlicher<br />
werden.<br />
Für Marcel Bouchareb und seine<br />
Familie kam eine Werkstatt nie<br />
infrage. Er kann lesen und schreiben,<br />
nicht rechnen. Zudem kann<br />
er sich gut orientieren und hat ein<br />
fotografisches Gedächtnis.<br />
Mit der Entscheidung für ein FÖJ<br />
begann ein langer Weg: VdK-Mitglied<br />
Marcel Bouchareb brauchte<br />
eine Einsatzstelle, Kost und Logis,<br />
eine Assistenz, die seinem Unterstützungsbedarf<br />
entspricht. Seine<br />
Mutter, Meike Goldhammer, telefonierte<br />
immer wieder mit dem<br />
Netzwerk alma und der Toepfer-<br />
Akademie, pendelte zwischen der<br />
Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung<br />
(EUTB), dem Landratsamt<br />
und der Diakonie hin und<br />
her. So fanden sie den Hof in Lüneburg<br />
und eine Wohngemeinschaft.<br />
Auch das Persönliche Budget<br />
konnten sie durchsetzen und<br />
darüber eine Assistenz anstellen.<br />
Mit ihr wurde das FÖJ erst möglich.<br />
Es war ein „Weg voller Stolpersteine“,<br />
sagt seine Mutter heute.<br />
Auf dem Hof werden die Beete<br />
für die Aussaat vorbereitet. Marcel<br />
Bouchareb muss Unkraut jäten,<br />
was er nicht so gerne macht, und<br />
Mist ausbringen. Seine Assistentin<br />
Maxi begleitet ihn. Die Zeiten, in<br />
denen er sie braucht, werden immer<br />
kürzer. Er kennt sich inzwischen<br />
gut aus und ist am liebsten<br />
ohne sie unterwegs. „Er lebt total<br />
auf in seiner Selbstständigkeit“,<br />
findet auch seine Mutter.<br />
Eigene Ideen entwickeln<br />
„Marcel ist so viel offener geworden“,<br />
freut sich Sandra Dragendorf,<br />
die sich auf dem Hof um das<br />
Büro kümmert. Es fällt ihm dadurch<br />
leichter, Kinder zur Bauernhof-AG<br />
oder bei Hofführungen zu<br />
begleiten. Er beantwortet Fragen,<br />
und sie erfahren, dass hier vier<br />
Tierrassen gehalten werden, die<br />
vom Aussterben bedroht sind.<br />
Im FÖJ können junge Menschen<br />
ein eigenes Projekt umsetzen. Der<br />
21-Jährige hat für die Leute auf dem<br />
Hof einen Schuhputzer aus drei<br />
Besenköpfen gebaut. Alle, die in<br />
den Pausenraum gehen, nutzen ihn<br />
rege, und der Schmutz bleibt draußen.<br />
Auch an den Seminaren nimmt<br />
er teil. Das sei gut, weil dadurch<br />
alle Teilnehmenden mit und ohne<br />
Behinderung ganz selbstverständlich<br />
zusammenkämen, sagt Kleinheitz.<br />
Und Bleck ergänzt: „Marcel<br />
leistet hier echte Pionierarbeit.“<br />
Der 21-Jährige denkt indes über<br />
eine Ausbildung beim Träger „Neue<br />
Arbeit“ in Lüneburg nach. Er sei<br />
bereit, sagt er. „Ich würde gerne<br />
weiter durchs Lebens gehen – ganz<br />
selbstständig.“ Kristin Enge<br />
Ausgleichsabgabe hat wichtige Funktion<br />
Erlöse unterstützen Betriebe, die Menschen mit Behinderung beschäftigen<br />
Erste Schritte im Netz<br />
„Digital-Kompass“ bietet älteren Menschen Hilfe<br />
Unternehmen, die 20 und mehr<br />
Arbeitsplätze haben, müssen mindestens<br />
fünf Prozent schwerbehinderte<br />
Menschen beschäftigen. Tun<br />
sie das nicht, sind sie gesetzlich<br />
verpflichtet, eine Ausgleichsabgabe<br />
zu zahlen. Künftig wird es<br />
für jene Firmen teurer, die sich dieser<br />
Beschäftigungspflicht komplett<br />
entziehen.<br />
Wenn eine Wäscherei mit 100<br />
Beschäftigten nur vier Menschen<br />
mit einer Schwerbehinderung einstellt,<br />
muss sie monatlich eine<br />
Ausgleichsabgabe von 140 Euro<br />
zahlen. Denn sie verfehlt mit einer<br />
Beschäftigungsquote von nur vier<br />
Prozent die gesetzlich vorgegebene<br />
Fünf-Prozent-Pflichtquote.<br />
Das Gesetz sieht vor, dass Betriebe<br />
mit einer Beschäftigungsquote<br />
von drei bis weniger als fünf<br />
Prozent eine Ausgleichsabgabe in<br />
Höhe von 140 Euro pro nicht besetztem<br />
Pflichtarbeitsplatz zahlen<br />
müssen. 245 Euro werden für Arbeitgeber<br />
fällig, wenn in der Belegschaft<br />
nur zwischen zwei und drei<br />
Prozent Schwerbehinderte beschäftigt<br />
sind, und 360 Euro bei<br />
einer noch geringeren Quote.<br />
Zu diesen bisherigen drei Staffeln<br />
der Ausgleichsabgabe wird<br />
eine vierte hinzukommen. Unternehmen,<br />
die gar keine Person mit<br />
einer Behinderung einstellen, sollen<br />
bald stärker zur Kasse gebeten<br />
werden. Das neue Gesetz zur Förderung<br />
des inklusiven Arbeitsmarktes<br />
sieht vor, dass sie, je nach<br />
Der VdK fordert, dass Arbeitgeber ihrer Pflicht nachkommen, Menschen<br />
mit Behinderung einzustellen.<br />
Foto: picture alliance/dpa/Katja Sponholz<br />
Betriebsgröße, bis zu 720 Euro<br />
Ausgleichsabgabe pro nicht besetztem<br />
Pflichtplatz zahlen müssen.<br />
Inklusive Arbeitsplätze<br />
Die Erlöse aus dieser Abgabe<br />
gehen keineswegs an den Staat.<br />
Vielmehr werden mit dem Geld<br />
Arbeitgeber unterstützt, die die<br />
Beschäftigungsquote erfüllen und<br />
deshalb höhere Kosten zu tragen<br />
haben, zum Beispiel weil Arbeitsplätze<br />
barrierefrei umgestaltet<br />
werden müssen oder weil Schwerbehinderte<br />
nach dem Gesetz Anspruch<br />
auf Zusatzurlaub haben.<br />
Die Ausgleichsabgabe soll die unterschiedliche<br />
finanzielle Belastung<br />
der Firmen ausgleichen. Aus<br />
ihr werden auch Zuschüsse finanziert,<br />
wenn behinderungsbedingt<br />
eine Qualifizierung oder eine Arbeitsassistenz<br />
notwendig ist oder<br />
Lohnkostenzuschüsse erforderlich<br />
sind. Dadurch, dass die Abgabe<br />
künftig nicht mehr für Einrichtungen,<br />
sondern zur Förderung von<br />
Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt ausgegeben werden<br />
soll, trägt sie ihren Teil zu einem<br />
inklusiven Arbeitsmarkt bei.<br />
Die Ausgleichsabgabe hat auch<br />
eine wichtige Anreizfunktion: Unternehmen<br />
sollen dazu motiviert<br />
werden, mehr schwerbehinderte<br />
Menschen zu beschäftigen und<br />
dadurch ihre Kosten für die Ausgleichsabgabe<br />
zu senken oder<br />
komplett einzusparen. Denn die<br />
Zahlung der Abgabe entbindet die<br />
Arbeitgeber nicht von der Pflicht,<br />
Menschen mit Schwerbehinderung<br />
einzustellen. Jörg Ciszewski<br />
Seniorinnen und Senioren sowie<br />
Menschen mit Sinnes- und Mobilitätsbeeinträchtigungen<br />
sollen<br />
mit dem bundesweiten Programm<br />
„Digital-Kompass“ gezielt an digitale<br />
Angebote herangeführt<br />
werden.<br />
Im Rahmen des Projekts, das<br />
unter anderem von der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Seniorenorganisationen<br />
(BAGSO) ins Leben<br />
gerufen wurde und vom Bundesministerium<br />
für Umwelt und Verbraucherschutz<br />
unterstützt wird,<br />
wurden bundesweit insgesamt 100<br />
Standorte eingerichtet. Hier sollen<br />
Interessierte vor Ort mit bedürfnisorientierten<br />
Angeboten bei den<br />
ersten Schritten ins Netz unterstützt<br />
werden.<br />
Inhalte sind zum Beispiel: digital<br />
gestützte Sturz-Prophylaxe,<br />
digitale Sprachassistenten, digitale<br />
Haushaltsbücher, Demenz-Prävention,<br />
Online-Banking oder<br />
aber auch Einführung in die Video-Telefonie<br />
oder Messenger-<br />
Dienste.<br />
Der Sozialverband VdK begrüßt<br />
die Unterstützung durch den<br />
Digital-Kompass. VdK-Präsidentin<br />
Verena Bentele sagt: „Zu viele<br />
Menschen werden durch die zunehmende<br />
Digitalisierung abgehängt.<br />
Beim Digital-Kompass finden<br />
sie Unterstützung und ein<br />
Umfeld, in dem sie sich trauen,<br />
Fragen zu stellen.“ Weitere Informationen<br />
finden sich auf der barrierefreien<br />
Webseite. juf<br />
www.digital-kompass.de
12 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> VdK-TV<br />
Aktuelle Filme auf VdK-TV<br />
VdK-TV<br />
Die Redaktion des Videoportals<br />
VdK-TV informiert Sie regelmäßig<br />
zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />
Themen. Folgende nebenstehende<br />
neue Filme sind unter<br />
www.vdktv.de ab sofort abrufbar:<br />
VdK-TV AUF SPORT1<br />
Filme von VdK-TV sind in der Sendung<br />
MIT EINANDER bei Sport1<br />
im Fernsehen zu sehen. Im <strong>April</strong><br />
wird erst einmal gefeiert. Denn<br />
vor 25 Jahren wurde das Sozialmagazin<br />
zum ersten Mal ausgestrahlt.<br />
Wir haben deshalb etwas<br />
im Archiv gestöbert. Und wir begleiten<br />
Verena Bentele ins Deutsche<br />
Museum. Dort hat die von<br />
Geburt an blinde VdK-Präsidentin<br />
neue inklusive Angebote getestet.<br />
15. <strong>April</strong> Sendetermin ist der<br />
dritte <strong>April</strong>- Samstag<br />
um 9.30 Uhr.<br />
18. <strong>April</strong> Am Dienstag darauf<br />
wird die Sendung um<br />
15.30 Uhr wiederholt.<br />
Für den Fall, dass man für den Ehepartner oder die Ehepartnerin in gesundheitlichen<br />
Angelegenheiten Entscheidungen treffen muss, wurde das<br />
sogenannte Notvertretungsrecht eingeführt. Diese beschränkte Regelung<br />
ist im Januar in Kraft getreten.<br />
Foto: Sozialverband VdK<br />
Notvertretungsrecht<br />
Am 1. Januar ist das neue Betreuungsrecht<br />
in Kraft getreten. Dazu<br />
gehört auch das Notvertretungsrecht,<br />
das Eheleuten die Möglichkeit<br />
auf gegenseitige Vertretung in<br />
gesundheitlichen Angelegenheiten<br />
zuspricht. So kann die Partnerin<br />
oder der Partner über medizinische<br />
Maßnahmen entscheiden, wenn<br />
die Ehegattin oder der Ehegatte<br />
aufgrund von Bewusstlosigkeit oder<br />
Krankheit Entscheidungen nicht<br />
selbst treffen kann und es keine<br />
entsprechende schriftliche Verfügung<br />
gibt. Das Notvertretungsrecht<br />
ist zeitlich auf maximal sechs Monate<br />
beschränkt und bezieht sich vor<br />
allem auf die Einwilligung in ärztliche<br />
Eingriffe und den Abschluss von<br />
Behandlungsverträgen.<br />
Im Gespräch mit Susanne Sickert,<br />
Referentin für Leben im Alter des<br />
VdK Bayern, beleuchtet VdK-TV die<br />
Vor- und Nachteile dieser Regelung.<br />
Nicht in jeder Ehe wird offen über<br />
solche ernsten Themen gesprochen:<br />
Möchte ich nach einem Herzstillstand<br />
reanimiert werden? Wäre<br />
ich im Ernstfall für oder gegen lebensverlängernde<br />
Maßnahmen? Es<br />
kann also sein, dass die oder der<br />
Angehörige gar nicht weiß, was der<br />
Wille ihres Partners oder seiner<br />
Partnerin in einer solchen Situation<br />
ist. „Das Notvertretungsrecht ersetzt<br />
keine Patientenverfügung<br />
oder Vorsorgevollmacht“, so das<br />
Fazit der Expertin. Sie rät, frühzeitig<br />
schriftlich zu regeln, was im Ernstfall<br />
geschehen soll.<br />
„Rat und Tat“<br />
Im aktuellen Video aus der Ratgeberreihe<br />
„Rat und Tat“ informiert<br />
VdK-Rechtsexperte Daniel Overdiek<br />
über das neue Hinzuverdienstrecht<br />
bei der vorgezogenen Altersrente<br />
und Erwerbsminderungs rente.<br />
Menschen, die vor dem regulären<br />
Eintrittsalter bereits in Rente gegangen<br />
sind, können jetzt uneingeschränkt<br />
arbeiten und Einkommen<br />
erzielen, ohne dass die Rente gekürzt<br />
wird.<br />
Bei der vollen Erwerbsminderungsrente<br />
wurde die Hinzuverdienstgrenze<br />
von 6300 Euro abgeschafft.<br />
Stattdessen liegt die neue Hinzuverdienstgrenze<br />
bei 17 823,75 Euro<br />
im Jahr. Bei teilweiser Erwerbsminderung<br />
sind es 35 647,50 Euro pro<br />
Jahr. Wer in einem der letzten 15<br />
Kalenderjahre vor Rentenbezug<br />
sehr gut verdient hat, darf unter<br />
Umständen sogar noch mehr dazu<br />
verdienen. Wichtig ist aber immer,<br />
dass die tägliche Arbeitszeit nicht<br />
mehr als drei bei voller beziehungsweise<br />
sechs Stunden bei teilweiser<br />
Erwerbsminderung beträgt. Ansonsten<br />
kann die Erwerbsminderungsrente<br />
entfallen. VdK-Moderator<br />
Kai Steinecke fasst das Ganze<br />
wie immer noch einmal kurz und<br />
auf den Punkt gebracht in einem<br />
eigenen Video zusammen.<br />
Pflege-TÜV<br />
Pflegebedürftige brauchen einen<br />
besonderen Schutz, denn sie können<br />
sich meist nicht selbst zur Wehr<br />
setzen. Deshalb unterliegt die Qualität<br />
von Pflegeeinrichtungen einer<br />
ständigen Kontrolle. Seit 2019 gibt<br />
es in Deutschland den „Pflege-TÜV“<br />
der Pflege-Selbstverwaltung. Wie<br />
dieser TÜV funktioniert, das erklärt<br />
VdK-TV in diesem Beitrag.<br />
Auch wenn das neue Prüfverfahren<br />
für mehr Transparenz in der stationären<br />
Pflege sorgt, sieht der Sozialverband<br />
VdK einige Aspekte kritisch.<br />
So bleibt es zum Beispiel bei der<br />
zweimal pro Jahr stattfindenden<br />
Datenabfrage den Pflegeeinrichtungen<br />
selbst überlassen, ob sie<br />
bestimmte Fragen – auch so wichtige<br />
wie die nach ihrem Personalschlüssel<br />
– beantworten oder nicht.<br />
Vor allem aber erweisen sich viele<br />
Maßnahmen, um gegen Missstände<br />
vorzugehen, als wenig wirksam.<br />
Deshalb bleibt den Betroffenen oft<br />
kein anderer Ausweg, als sich nach<br />
einer neuen Pflegeeinrichtung umzusehen.<br />
– Anzeige –<br />
ERDBEBEN<br />
TÜRKEI UND SYRIEN<br />
© arche noVa/Bonyan<br />
Jetztspenden!<br />
Starke Erdbeben haben inder Türkei undSyrien einunvorstellbares Ausmaß der Zerstörung hinterlassen.<br />
Tausende Menschen sindtot undZehntausendeverletzt. Aktion Deutschland Hilft leistetNothilfe.<br />
Mit Nahrungsmitteln, Trinkwasserund medizinischerHilfe. Helfen Sie jetzt–mit IhrerSpende!<br />
Spendenkonto: DE62 3702 0500 0000 1020 30<br />
Jetzt spenden: www.Aktion-Deutschland-Hilft.de
Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 13<br />
LANDESVERBAND<br />
Ehrenamt<br />
Aktionen der Orts- und<br />
Kreisverbände Seite 14<br />
Aus der VdK-Familie<br />
Geburtstage, Ehrungen<br />
und Jubiläen Seite 15<br />
Gemeindeschwester+<br />
Die „GemeindeschwesterPlus“<br />
hilft älteren Menschen, möglichst<br />
lange in den eigenen vier Wänden<br />
zu leben, also selbstständig zu<br />
bleiben. Auf Wunsch besucht sie<br />
Interessierte kostenlos und berät<br />
beispielsweise zu gesundheitlicher<br />
oder hauswirtschaftlicher Versorgung,<br />
Wohnsituation, Mobilität,<br />
sozialen Kontakten und Teilhabeangeboten.<br />
Leider ist dieses landesweite<br />
Service-Angebot noch viel zu wenig<br />
bekannt. Wer mehr über die<br />
GemeindeschwesterPlus erfahren<br />
möchte, besucht am besten die<br />
Internetseite des rheinland-pfälzischen<br />
Sozialministeriums.<br />
https://bit.ly/429vW9r<br />
Fit, gesund und voller Tatendrang:<br />
In jungen Jahren ist das Leben ein<br />
Abenteuer. Trotzdem: Viele ältere<br />
Menschen sind zufriedener. Und<br />
wie glücklich man ist, hängt auch<br />
von einem selbst ab. Denn man<br />
kann viel dafür tun.<br />
Dass Glück nicht nur für jeden<br />
einzelnen, sondern auch für die<br />
gesamte Gesellschaft wichtig ist,<br />
daran erinnert jedes Jahr der Internationale<br />
Tag des Glücks, den die<br />
Vereinten Nationen vor zehn Jahren<br />
ins Leben gerufen haben.<br />
„Glückliche Menschen sind gesünder<br />
und leben auch länger“, sagt<br />
der Glücksforscher und Volkswirt<br />
Karlheinz Ruckriegel von der<br />
Technischen Hochschule in Nürnberg.<br />
Den Wohlstand einer Gesellschaft<br />
allein an materiellem<br />
Wachstum, sprich dem Bruttoinlandsprodukt,<br />
zu messen, halten<br />
er und andere Fachleute deshalb<br />
für zu kurz gegriffen. Wenn jemand<br />
im Glücksspiel gewinnt,<br />
spricht man allgemein von Glück.<br />
Doch die Glücksforschung interessiert<br />
sich weniger für dieses<br />
Zufalls-Glück, sondern für das<br />
Wohlfühl-Glück. „Glück ist die<br />
positive Bewertung des eigenen<br />
Lebens, der eigenen Lebenssituation“,<br />
erläutert die Soziologie-Professorin<br />
Hilke Brockmann von der<br />
Constructor University in Bremen,<br />
die sich seit mehr als 15 Jahren mit<br />
dem Thema beschäftigt. Das<br />
Glücksrezept eines jeden Menschen<br />
sei sehr individuell, sagt sie.<br />
Doch fest stehe: Geld allein mache<br />
nicht glücklich. „Im Schnitt ist der<br />
Reiche glücklicher als der Ärmere.<br />
Aber der Sättigungsgrad ist schnell<br />
Glück – auch eine Frage des Alters<br />
Forschung: Geld und Alter haben unterschiedlichen Einfluss auf das Glück<br />
Freude über jedes Jahr: Alter macht glücklich.<br />
erreicht.“ Eine große Rolle spielt<br />
das Alter – wobei Jugend nicht alles<br />
ist. Von einem „Zufriedenheitsparadox“<br />
spricht der Medizin-Professor<br />
Tobias Esch von der<br />
Universität Witten/Herdecke, der<br />
seit 20 Jahren zum Belohnungssystem<br />
des Gehirns und dem Glückserleben<br />
forscht. Trotz körperlicher<br />
Beschwerden und Krankheiten<br />
seien ältere Menschen in der Regel<br />
glücklicher und zufriedener als<br />
mittelalte Erwachsene, sagt der<br />
Experte. „Der wichtigste Treiber<br />
dafür ist erstaunlicherweise das<br />
Älterwerden selbst.“ Im Laufe des<br />
Lebens ändere sich die Art des<br />
Glückempfindens, erläutert Esch.<br />
Junge Leute suchten Vergnügen<br />
und Nervenkitzel. Sie eilten von<br />
Glücksmoment zu Glücksmoment,<br />
was zwar intensiv, aber flüchtig sei.<br />
In späteren Jahren folge das „Tal<br />
der Tränen“: ein Lebensabschnitt,<br />
Foto: Wayhomestudio / Freepik<br />
in dem viele vor allem glücklich<br />
seien, wenn Stress und Unglück<br />
eine Pause einlegten.<br />
Berufliche Karriere, Kinder, Beziehungsprobleme,<br />
Hausbau oder<br />
-kauf, zum Teil schon pflegebedürftige<br />
Eltern – in der Zeit stehen<br />
viele Menschen vor einer Menge<br />
Herausforderungen. „Man hat viele<br />
Verpflichtungen, die wie ein<br />
Klotz am Bein kleben“, sagt auch<br />
die Soziologie-Professorin Brockmann.<br />
„Da rutscht man in ein<br />
mittleres Loch.“ Später steige die<br />
Lebenszufriedenheit wieder. „Man<br />
ist noch fit genug, um die Rente zu<br />
genießen. Man hat Zeit, sich noch<br />
mal neu zu erfinden und etwas<br />
Neues zu erleben.“ Im Alter ab 60<br />
Jahren brauchen Menschen meist<br />
wenig, um zufrieden zu sein, wie<br />
Esch herausgefunden hat. Sie verspürten<br />
ein tiefgreifendes, beständiges<br />
Gefühl von Glück und Zufriedenheit<br />
– trotz Altersbeschwerden.<br />
„Mit dem Älterwerden<br />
emanzipiert man sich von dem<br />
Gedanken, rundum gesund zu<br />
sein, sofern die Existenz nicht bedroht<br />
ist.“ Am Ende des Lebens,<br />
die letzten eineinhalb bis zwei<br />
Jahre vor dem Tod, gehe die Zufriedenheit<br />
statistisch dann wieder<br />
zurück.<br />
Die Glücksformel<br />
„Jeder ist seines Glückes<br />
Schmied“ – diese Redewendung<br />
trifft in großen Teilen tatsächlich<br />
zu. „Man kann Glück lernen“, sagt<br />
Esch. Wie glücklich jemand sei, sei<br />
auch Typsache. Manche Menschen<br />
stießen zum Beispiel schneller den<br />
Botenstoff Dopamin aus als andere,<br />
beziehungsweise bauten ihn<br />
langsamer ab und seien deshalb<br />
risikofreudiger. Der Effekt der Gene<br />
liege bei etwa 30 bis 40 Prozent.<br />
„Das heißt, mehr als die Hälfte der<br />
Lebenszufriedenheit ist erlernbar.“<br />
Doch wie geht das? Aus Sicht<br />
des Glücksforschers Ruckriegel<br />
hilft erst mal eine realistische Sicht<br />
auf die Welt: „Wir nehmen negative<br />
Dinge viel stärker wahr als die<br />
positiven.“<br />
Auch Sport, soziale Kontakte,<br />
eine sinnvolle Aufgabe zu haben<br />
und sich für andere oder die Gemeinschaft<br />
zu engagieren mache<br />
glücklich – und natürlich ein gewisses<br />
Maß an Einkommen. „Aber<br />
dieses Maß wird brutal überschätzt.<br />
Eins ist auf jeden Fall klar:<br />
Wenn man sich auf den Gelderwerb<br />
konzentriert, ist man auf dem<br />
Weg zum Glück nicht so gut unterwegs.“<br />
Irena Güttel/dpa<br />
SOZIALRECHTSTIPP<br />
Grundsicherung und Rente<br />
Hilfeleistungen bei Regelalters- und Erwerbsminderungsrente – Schonvermögen beachten<br />
Wenn die Rente für den Lebensunterhalt<br />
nicht ausreicht, hat man<br />
Anspruch auf Hilfeleistungen; diese<br />
unterscheiden sich je nach Rentenart.<br />
Bezieht man eine Regelaltersrente<br />
oder dauerhaft eine<br />
volle Erwerbsminderungsrente,<br />
stehen die Voraussetzungen für<br />
staatliche Unterstützung im Sozialgesetzbuch<br />
12. Alle Hintergründe<br />
zeigt der VdK-Sozialrechtstipp.<br />
Nicht alle Rentenbeziehenden,<br />
denen Lebenshaltungskosten zu<br />
schaffen machen, erhalten Hilfeleistungen.<br />
Ob ein Regelbedarf<br />
besteht, hängt maßgeblich von den<br />
individuellen Wohn- und Heizkosten<br />
sowie den Kosten für Krankenund<br />
Pflegeversicherung ab. Wichtig<br />
ist auch die Höhe des Schonvermögens<br />
– also die Grenze, bis zu der<br />
das eigene Vermögen nicht angetastet<br />
wird. Diese Schonvermögensgrenzen<br />
liegen ab Beginn dieses<br />
Jahres bei 10 000 Euro pro Person,<br />
die in einem Haushalt leben.<br />
Eine Immobilie wie ein Haus<br />
oder eine Eigentumswohnung gehören<br />
ebenfalls zum Schonvermögen,<br />
sofern man selbst darin wohnt<br />
und die Größe (Grundstücks- und<br />
Wohnfläche) angemessen ist. Als<br />
„angemessen“ gilt ein Hausgrundstück<br />
mit einer Wohnfläche von bis<br />
zu 140 Quadratmetern oder eine<br />
Eigentumswohnung bis zu 130<br />
Quadratmetern.<br />
Bewohnen mehr als vier Personen<br />
das Hausgrundstück beziehungsweise<br />
die Eigentumswohnung,<br />
erhöht sich die maßgebende<br />
Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter<br />
für jede weitere Person.<br />
Der zuständige Grundsicherungsträger<br />
– also zum Beispiel die<br />
Gemeinde oder das Jobcenter –<br />
prüft die Angemessenheit der Immobilie.<br />
Wird der Antrag zum ersten Mal<br />
gestellt, gelten fürs erste Jahr die<br />
Grundstücks- und Wohnflächenvorgaben<br />
nicht; diese Karenzzeit<br />
soll verhindern, dass man sofort<br />
aus seinem Eigenheim ausziehen<br />
muss, wenn man staatliche Unterstützung<br />
bekommt.<br />
Einige Kosten, die im Zusammenhang<br />
mit dem Eigentum entstehen<br />
wie zum Beispiel Zinsen und<br />
Nebenkosten, werden ebenfalls oft<br />
übernommen. Zudem können bei<br />
Bedarf auch manche Instandhaltungskosten<br />
bezahlt werden, beispielsweise<br />
für eine Heizungsreparatur.<br />
Alle Maßnahmen werden<br />
Schwer zu stemmen: Lebensmittel- und Energiepreise. Foto: Freepik/Drazen Zigic/<br />
aber daraufhin überprüft, ob sie<br />
notwendig, angemessen und wirtschaftlich<br />
sind.<br />
Das Schonvermögen umfasst<br />
übrigens auch ein angemessenes<br />
Auto; „angemessen“ bedeutet, dass<br />
es nicht mehr wert sein darf als<br />
15 000 Euro. Im Fall eines behindertengerecht<br />
umgebauten Fahrzeugs<br />
kann diese Summe auch<br />
höher liegen. Sobald die Voraussetzungen<br />
für den Leistungsbezug<br />
vorliegen, wird dieser grundsätzlich<br />
für ein Jahr bewilligt, wenn<br />
davon auszugehen ist, dass die<br />
tatsächlichen Verhältnisse sich<br />
nicht ändern. Dementsprechend<br />
wirken sich Rentenerhöhungen auf<br />
die zukünftige Leistung aus.<br />
Wenn die Grundrentenzeiten von<br />
33 Jahren erfüllt sind, wird außerdem<br />
ein Freibetrag vom Einkommen<br />
abgezogen, so dass Rentnerinnen<br />
und Rentner mit langjähriger<br />
Rentenversicherungspflicht einen<br />
höheren Anspruch haben. Wenn<br />
eine Rente aus zusätzlicher privater<br />
Altersvorsorge bezogen wird, gibt<br />
es dafür zusätzlich Freibeträge;<br />
diese sind bis zu 100 Euro frei.<br />
Auch eingezahlte Beiträge in eine<br />
notwendige Versicherung können<br />
vom Einkommen abgesetzt werden.<br />
Werden beispielsweise noch vor<br />
dem ersten Leistungsbezug Beiträge<br />
in eine Sterbegeldversicherung<br />
gezahlt, so werden auch diese von<br />
der Höhe der eigenen Rente abgezogen;<br />
das erhöht die Leistung vom<br />
Amt. Zudem können angemessene<br />
Beiträge für eine Hausratversicherung<br />
oder Haftpflichtversicherung<br />
von der Rente abgesetzt werden.<br />
Die Absetzung der Beiträge für eine<br />
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung<br />
ist nicht vorgesehen, außer in<br />
speziellen beruflichen Fällen.<br />
Wichtig ist abschließend zu wissen,<br />
dass von der Rente auch der<br />
VdK-Beitrag einkommensmindernd<br />
abgezogen werden kann.<br />
Ergeht ein Bewilligungsbescheid,<br />
so kann auch die Befreiung vom<br />
Rundfunkbeitrag beantragt werden.<br />
Ida Schneider/Moritz Ehl<br />
www.vdk.de/permalink/4233
14 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Emmelshausen<br />
Palzem<br />
Im Ortsverband Emmelshausen, Kreisverband Sankt Goar, wurde das<br />
Vorstandsteams neu gewählt. Das Foto zeigt von links: Schriftführer<br />
Helmut Golawsky, Frauenvertreterin Kerstin Johann, Ortsverbandsvorsitzender<br />
Michael Suckfüll-Lenz, Stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende<br />
Astrid Scheffler, Kreisverbandsvorsitzender Karl Josef Mahlberg<br />
und Kassenprüfer Berni Kochhan.<br />
Der Ortsverband Palzem, Kreisverband Trier-Saarburg, verbrachte einen gemeinsamen Nachmittag beim<br />
Treipenessen, einer speziellen Art gebratener Blutwurst. Bei dieser Gelegenheit ehrten der Kreisverbandsvorsitzende<br />
Werner Faber (Dritter von rechts) und sein Stellvertreter Karl-Rainer Heiderich (Fünfter von<br />
rechts) zahlreiche treue VdKlerinnen und VdKler für zehn, 20 und 30 Mitgliedsjahre.<br />
Kaifenheim-Brachtendorf<br />
Simmern<br />
Im Ortsverband Kaifenheim-Brachtendorf, Kreisverband Cochem-Zell,<br />
wurde Christian Müller zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden<br />
gewählt. Zudem ehrte Kreisverbandssvorsitzender Andreas Peifer (links)<br />
treue Mitglieder. Das Bild zeigt von rechts (Mitgliedsjahre in Klammern):<br />
Irmgard Esser (40), Joachim Wilhelmy (20) und Erwin Roeser (20).<br />
Zu einem informativen Erste-Hilfe-Vortrag hatte die Frauenbeauftragte Marita Hees vom Ortsverband<br />
Simmern ihre weiblichen Mitglieder eingeladen. Die Frauen folgten gespannt den Ausführungen des Referenten<br />
Michael Stallwood von den Johannitern. Dieser berichtete kurzweilig über Erste Hilfe am Unfallort,<br />
bei Verbrennungen, kleinen oder großen Wunden, bei Schock sowie Knochenbrüchen. Zudem klärte er über<br />
die Symptome von Schlaganfall und Herzinfarkt auf und ließ zur Übung Verbände anlegen. Auch die stabile<br />
Seitenlage wurde gezeigt. Weiterhin erklärte er anschaulich den Gebrauch eines Defibrillators.<br />
Glan-Lauter<br />
Konken<br />
Im Ortsverband Glan-Lauter, Kreisverband Kusel, wurde ein neues<br />
Vorstandsteam gewählt. Er setzt sich folgendermaßen zusammen (von<br />
links): Revisor Rudolf Geiß, Frauenvertreterin Ulrike Fritz-Emrich,<br />
Revisor Reinhold Denzer, Kassenverwalterin Jutta Inge Schäfer, die<br />
Beisitzenden Christine Kohlmayer-Tratz und Sibylle Gebhardt, die<br />
stellvertretende Vorsitzende Nicole Finzel, der Vorsitzende Hans-Peter<br />
Blum sowie die Beisitzenden Horst Rheinheimer und Carmen Emrich.<br />
Bei der Jahresabschlussfeier im Kreisverband Konken, Kreisverband Kusel, wurden zahlreiche Mitglieder<br />
für ihre langjährige Treue geehrt. Die Ehrung nahm die Kreisverbandsvorsitzende Monika Klein (Zweite<br />
von rechts) gemeinsam mit dem Ortsverbandsvorsitzenden Leroy Posch (rechts) vor.<br />
Pronsfeld<br />
Tawern<br />
Im Ortsverband Pronsfeld, Kreisverband Bitburg-Prüm, wurde im<br />
Beisein des Kreisverbandsvorsitzenden Wilhelm Ahlert (rechts) ein<br />
neues Vorstandsteam gewählt. Auf dem Bild präsentieren sich (von<br />
links): Vorsitzender Willi Thielen, Frauenbeauftragte Hedwig Peters,<br />
Beisitzer Michael Biel, Beisitzerin Elisabeth Schäfer, Kassenverwalter<br />
Peter Kockelmann, stellvertretende Vorsitzende Martha Krost sowie<br />
die Beisitzenden Jörg Biel, Alwine Weber und Walter Willmes. Nicht im<br />
Bild: Die Revisoren Gerhard Schwalen und Roland Thielen.<br />
Beim Ortsverbandstag des Ortsverbands Tawern, Kreisverband Trier-Saarburg, ehrten der stellvertretende<br />
Kreisverbandsvorsitzende Karl-Rainer Heiderich (Sechster von links) und der Ortsverbandsvorsitzende<br />
Helmut Müller (Siebter von links) treue VdKler. Ehrennadel, Urkunde und Präsent erhielten für zehn Jahre<br />
Marlene Becker, Agnes Prümm und Alfred Fettes. Ausgezeichnet für 20 Jahre wurden Harald Hötl, Norbert<br />
Hötl, Klaus Kollmann, Rosemarie Kuss, Karl Müller, Petra Schultz-Freis, Ulrich Schultz und Mathilde Strack.<br />
30 Jahre mit dabei sind Walter Bamberg, Hans-Karl Jacobs, Walter Junk, Willi Komes und Alfons Marx.
Rheinland-Pfalz Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 15
16 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> Freizeit<br />
Schönes Brauchtum in der Osterzeit<br />
Bunte Eier schmücken Sträucher in vielen Gärten, das Osterlamm wird gebacken, und die Sonne lockt zum Osterspaziergang<br />
Ostern ist für Christen eines der<br />
wichtigsten Feste im Kirchenjahr.<br />
Neben der Spiritualität gehören für<br />
viele Menschen auch gebackene<br />
Lämmchen, gefärbte Eier oder der<br />
Hase selbstverständlich dazu. Doch<br />
woher kommen diese Bräuche?<br />
Oft kommt die ganze Familie an<br />
den Osterfeiertagen zusammen.<br />
Eltern, Kinder, Großeltern, Onkel<br />
und Tanten, Cousins und Cousinen<br />
bemalen Eier und lassen sich<br />
viele Leckereien schmecken.<br />
Das Ei steht im Christentum für<br />
die Auferstehung Jesu. In früherer<br />
Zeit wurde es meist rot gefärbt –<br />
als Symbol für das Blut, das Jesus<br />
vergossen hat. Heutzutage schmücken<br />
bunte, kreativ verzierte Eier<br />
viele Ostersträuße und -nester.<br />
Der Brauch der Ostereiersuche<br />
soll heidnischen Ursprungs sein.<br />
So wurde die Frühlingsgöttin Ostara<br />
mit Eiern bedacht. Doch damit<br />
war die Kirche nicht einverstanden,<br />
sodass die Eier heimlich<br />
verschenkt und versteckt wurden.<br />
Der Frühlingsgöttin ist auch der<br />
Osterhase zu verdanken, der die<br />
bunten Eier bringen soll. Er galt als<br />
ihr Bote. Da Hasen zu den ersten<br />
Tieren gehören, die im Frühling<br />
Junge bekommen, stehen sie für<br />
Fruchtbarkeit.<br />
Eine lange Tradition im christlichen<br />
Glauben hat das Osterlamm,<br />
das die Unschuld verkörpert. Heute<br />
wird es in der Regel aus Teig<br />
gebacken und schmückt die Ostertafel,<br />
bevor Groß und Klein es sich<br />
schmecken lassen.<br />
In ländlichen Gegenden wird in<br />
der Osternacht oder am Ostermorgen<br />
vor Sonnenaufgang das Osterwasser<br />
aus einer Quelle oder einem<br />
Bach geschöpft. Dem Wasser werden<br />
besondere Heilkräfte zugesprochen.<br />
In der katholischen<br />
Kirche wird das Wasser in der<br />
Osternacht geweiht und während<br />
des Kirchenjahres für Taufen und<br />
Segnungen verwendet. Anderenorts<br />
versammeln sich Menschen an<br />
Osterfeuern oder rollen ein brennendes<br />
Rad durch ihren Ort. Dies<br />
soll den Winter vertreiben.<br />
Sind die Feiertage warm und<br />
sonnig, bietet sich natürlich ein<br />
Osterspaziergang mit der ganzen<br />
Familie in der Natur an. Dieser soll<br />
ebenfalls zu den ganz alten Osterbräuchen<br />
zählen. Kristin Enge<br />
Spaß für Groß und Klein: die Suche nach Ostereiern.<br />
Natürlich gefärbt<br />
mit Lebensmitteln<br />
Ostern ist für viele Menschen nur<br />
mit bunten Eiern perfekt. Mit natürlichen<br />
Materialien lassen sich<br />
weiße Eier leicht in kleine Schönheiten<br />
verwandeln.<br />
Rote Beete, Heidelbeeren, Kurkuma,<br />
Spinat oder Zwiebelschalen<br />
– mehr braucht es nicht für bunte<br />
Exemplare in rot, blau, gelb, grün<br />
oder braun. Auch Kamilleblüten,<br />
Brennesseln, schwarzer Tee, Kaffee<br />
oder Rotkohl verleihen weißen<br />
Eiern eine intensive Farbe.<br />
Bei Gemüse sind etwa 250<br />
Gramm nötig. Bei Zwiebelschalen,<br />
Spinat oder Beeren reichen 100<br />
Gramm, und vom Kurkuma-Pulver<br />
etwa zwei Esslöffel. Die Zutat wird<br />
in einem halben Liter Wasser etwa<br />
30 bis 45 Minuten ausgekocht.<br />
Bevor die Eier vorsichtig ins Farbbad<br />
gleiten können, sollte der Sud<br />
gefiltert und mit einem Schuss<br />
Essig versetzt werden. Die Eier<br />
müssen gut bedeckt sein und je<br />
nach gewünschter Intensität mindestens<br />
zehn Minuten im Farbbad<br />
bleiben. Dann kommen sie zum<br />
Abschrecken in kaltes Wasser.<br />
Wer mag, verziert die Eier zusätzlich:<br />
Mit Essig oder Zitronensaft<br />
und mit einem Wattestäbchen<br />
lassen sich etwa Punkte auf die<br />
gefärbte Oberfläche tupfen. Oder<br />
man legt vor dem Farbbad kleine<br />
Blätter oder Blüten glatt auf ein Ei,<br />
umwickelt alles mit einem Nylonstrumpf,<br />
den man gut zubindet. So<br />
entstehen kleine Kunstwerke mit<br />
filigranen Mustern. ken<br />
Foto: picture alliance/Westend61/Achim Sass Foto: imago/Shotshop<br />
Mit Zwiebelschale und Blättern lassen<br />
sich hübsche Ostereier kreieren.
Freizeit Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 19<br />
Beim Zeichnen die eigene Form finden<br />
Kristina Maschek entwirft farbenfrohe Mandalas und will anderen Mut machen, mit dem Pinsel kreativ zu werden<br />
Kristina Maschek erschafft bunte<br />
Mandalas. Ausschnitte der ornamentalen<br />
Muster bearbeitet sie<br />
digital und lässt diese auf Stoff<br />
drucken, um daraus Accessoires zu<br />
nähen. Einsteigerinnen und Einsteiger<br />
möchte sie motivieren, eine<br />
Mustervorlage selbst zu zeichnen.<br />
Die Münchnerin erklärt im Gespräch<br />
mit der VdK-ZEITUNG, wie<br />
sie vorgeht, und warum es so wichtig<br />
ist, das eigene Bild nicht zu<br />
bewerten.<br />
Ein weißes Blatt Papier und einen<br />
Bleistift – viel mehr braucht<br />
die Künstlerin für den Mandala-<br />
Entwurf nicht. Zu Beginn zeichnet<br />
sie ein Rechteck mit einem Lineal.<br />
Alle weiteren Linien geschehen<br />
nach Augenmaß. Innerhalb des<br />
Quadrats wird ein Kreis gezogen.<br />
Dann werden die Ecken des Quadrats<br />
diagonal verbunden, um den<br />
Mittelpunkt zu finden. Durch weitere<br />
Linien, die den Kreis symmetrisch<br />
durchkreuzen, entsteht ein<br />
Tortendiagramm mit vielen schmalen<br />
Stückchen. Jetzt, vom Zentrum<br />
aus, beginnt die eigentliche Reise<br />
in die Welt der Mandalas.<br />
Kreieren ohne Druck<br />
Der gelernten Kirchenmalerin ist<br />
es wichtig, Anfängerinnen und<br />
Anfängern den Druck zu nehmen:<br />
„Es geht nicht darum, perfekt zu<br />
sein.“ Einsteiger sollten also keine<br />
hohen Erwartungen an sich selbst<br />
Entspannung pur vom Entwurf bis zum bunt ausgemalten Mandala.<br />
stellen, sondern sich an den Tisch<br />
setzen – und einfach loslegen.<br />
Die Bayerin hat schon einen<br />
Workshop für Einsteiger gegeben.<br />
„Manche in der Gruppe, die meine<br />
künstlerischen Mandalas gesehen<br />
haben, glaubten nicht, dass sie das<br />
auch malen können. Aber jeder ist<br />
dazu in der Lage“, ist sie überzeugt.<br />
„Ich lege außerdem jedem<br />
ans Herz, die eigene zeichnerische<br />
Leistung nicht zu bewerten.“<br />
Der tiefere Sinn der Mandalas ist<br />
für die Kunsthandwerkerin, die<br />
eigene Form zu finden. „Das Schema<br />
ist immer gleich. Trotzdem ist<br />
jeder neue Entwurf der geometrischen<br />
Muster eine Überraschung<br />
für mich. Ich weiß am Anfang nie,<br />
wie das Muster am Ende aussehen<br />
wird“, erzählt sie begeistert.<br />
Außerdem gefällt ihr die harmonische<br />
Struktur. Nicht zuletzt hat<br />
die Stoffdesignerin Freude daran,<br />
die Bleistift-Entwürfe mit dem<br />
Pinsel in bunte Bilder zu verwandeln.<br />
In welchen Aquarellfarben<br />
das Mandala leuchten soll, entscheidet<br />
sie je nach Stimmung<br />
spontan.<br />
Foto: Kristina Maschek<br />
Das Wort Mandala kommt aus<br />
dem Sanskrit und bezeichnet eine<br />
spirituelle Praxis. So ist es in Tibet<br />
unter buddhistischen Mönchen<br />
Tradition, Mandalas mit hohem<br />
Aufwand aus buntem Sand zu erschaffen<br />
und am Ende wieder zu<br />
zerstören. Wer sich Videos auf<br />
YouTube ansieht, ist fasziniert von<br />
der Vollkommenheit eines solchen<br />
Bildes – und hält den Atem an,<br />
wenn das Werk weggewischt wird.<br />
„Das Ritual symbolisiert die Vergänglichkeit<br />
des Lebens“, erklärt<br />
Kristina Maschek.<br />
Dass Mandalas im Trend liegen,<br />
erstaunt sie nicht. Inzwischen haben<br />
viele Verlage Mandala-Malbücher<br />
für Jung und Alt in ihrem<br />
Sortiment. Das Schlüsselwort lautet<br />
Achtsamkeit, die durch das<br />
Mandala- Malen gestärkt werden<br />
soll. Auch Kristina Maschek macht<br />
die Erfahrung, dass sie beim Entwerfen<br />
der Bilder sehr gut entspannen<br />
kann.<br />
In einer Video-Anleitung zeigt<br />
die Künstlerin Schritt für Schritt,<br />
wie ein Mandala entsteht, zu finden<br />
auf ihrer Webseite https://<br />
kristinamaschek.de<br />
Elisabeth Antritter<br />
Jetzt auf VdK-Webseite<br />
Mandala ausdrucken<br />
Für Leserinnen und Leser der<br />
VdK-ZEITUNG steht ein schönes<br />
Mandala- Motiv gratis zum Herunterladen<br />
zur Verfügung:<br />
www.vdk.de/permalink/86402<br />
Mehr Motive<br />
gibt es in<br />
dem Buch<br />
„Achtsam &<br />
K r e a t i v .<br />
Mandalas.<br />
Über 70 Motive<br />
zum<br />
Ausmalen und Entspannen“.<br />
Dorling Kindersley (DK) Verlag,<br />
ISBN 978-3-8310-4310-1, Preis:<br />
9,95 Euro.<br />
Gepflegte Füße für die warme Jahreszeit<br />
Mit Bädern, Peelings, Cremes und Hornhautfeile lassen sich schnell Erfolge erzielen<br />
Je besser sie gepflegt sind, desto<br />
weniger Probleme machen Füße.<br />
Und gerade in der wärmeren Jahreszeit,<br />
wenn Sandalen, Flip-Flops<br />
und Riemchenschuhe angesagt<br />
sind, sollen sie vorzeigbar sein.<br />
Ideal ist es, ihnen das ganze Jahr<br />
über Aufmerksamkeit zu schenken.<br />
Doch auch jetzt lohnt es sich noch,<br />
sie sommerfit zu machen: mit Bädern,<br />
Peelings, Cremes und Pediküre.<br />
Schöne Füße: Badezusätze in warmem Wasser sind der Einstieg in eine<br />
gute Pflegeroutine.<br />
Foto: picture alliance /PhotoAlto/Rafal Strzechowski<br />
Es muss nicht immer das Nagelstudio<br />
oder die medizinische<br />
Fußpflege sein: Füße lassen sich<br />
auch zu Hause pflegen. Der beste<br />
Zeitpunkt dafür ist nach dem Duschen<br />
oder nach einem Fußbad.<br />
Bei Letzterem ist eine Wassertemperatur<br />
von 30 bis 35 Grad optimal,<br />
um die Füße weich zu machen<br />
und auf darauffolgende Pflegeschritte<br />
vorzubereiten.<br />
Gute Badezusätze sind rückfettende<br />
Waschlotionen. Man kann<br />
aber auch gezielt Fußbäder mit<br />
Kräutern wie Melisse, Kamille<br />
oder Pfefferminze ausprobieren,<br />
um eine belebende oder entspannende<br />
Wirkung zu haben. Manche<br />
Kräuterzusätze helfen gezielt gegen<br />
Fußschweiß. Diese enthalten<br />
zum Beispiel Salbei oder Eichenrinde.<br />
Hinterher die Füße sanft<br />
trocken tupfen, vor allem auch<br />
zwischen den Zehen, und mit der<br />
Pflege weitermachen.<br />
Als Erstes wird nach dem Fußbad<br />
die Hornhaut entfernt. Ist<br />
diese nur wenig vorhanden, reicht<br />
ein Fußpeeling – etwa mit Meersalz<br />
–, ansonsten muss zu Bimsstein<br />
oder einer Hornhautfeile gegriffen<br />
werden. Hornhaut kann an<br />
Zehen, Fersen und am Ballen<br />
entstehen. Sie kann mitunter sogar<br />
schmerzhafte Schrunden bilden.<br />
Hier ist die Vorsorge also besser als<br />
die Nachsorge.<br />
Experten für Fußpflege empfehlen,<br />
die Hornhaut unbedingt zu<br />
behandeln: also abreiben und anschließend<br />
gut eincremen. Eventuell<br />
auch mit einer speziellen Creme,<br />
die Hornhaut reduzieren kann.<br />
Hier gibt es verschiedene Produkte<br />
auf dem Markt. Die Stellen mit<br />
Hornhaut sollten auf jeden Fall im<br />
Auge behalten werden, damit sie<br />
nicht überhand nehmen.<br />
Cremen, cremen, cremen – das<br />
gilt nicht nur für Gesicht und Hände,<br />
sondern auch für die empfindliche<br />
Fußhaut. Es darf ruhig täglich<br />
sein. Hierfür eignen sich eine<br />
normale Körpercreme, die Creme<br />
mit dem Lieblingsduft oder auch<br />
spezielle Fußcremes mit Urea-Gehalt.<br />
Am besten: ausprobieren. Urea<br />
etwa sorgt dafür, dass Feuchtigkeit<br />
in der Haut gespeichert wird. Wer<br />
möchte, kann die Füße über Nacht<br />
schön dick eincremen und Baumwollstrümpfe<br />
drüber anziehen.<br />
Das macht die Haut rundum geschmeidig.<br />
Generell ist das richtige<br />
Schuhwerk wichtig, damit unschöne<br />
Verhornungen, Blasen und auch<br />
Hühneraugen keine Chance haben.<br />
Denn wenn Schuhe gut sitzen<br />
und somit die Haut an den Füßen<br />
keiner Reibung ausgesetzt ist, ist<br />
schon viel gewonnen. Füße müssen<br />
zudem trocken gehalten werden,<br />
damit keine Pilzerkrankungen<br />
entstehen. Weitere Tipps sind atmungsaktive<br />
Schuhe und so oft es<br />
möglich ist, barfuß zu laufen.<br />
Eingewachsene Zehennägel können<br />
mit der richtigen Pflege ebenfalls<br />
vermieden werden. Der Fußnagel<br />
sollte gerade abgeschnitten<br />
werden, sodass der Nagelrand am<br />
besten mit der Zehenkuppe abschließt.<br />
So entstehen keine<br />
Druckstellen in geschlossenen<br />
Schuhen. Die Zehennägel können<br />
geschnitten, gefeilt oder geknipst<br />
werden.<br />
Zu guter Letzt kann noch schöner<br />
Nagellack aufgetragen werden.<br />
Manche bevorzugen nur einen<br />
Klarlack, eine dezente French Manicure<br />
mit weißen Nagelspitzen<br />
oder Nude-Töne, wie sie auch für<br />
Fingernägel angeboten werden.<br />
Andere wollen hingegen Farbe<br />
sehen – vielleicht sogar passend<br />
zum Schuh. Vor Verfärbungen der<br />
Nägel schützt eine Schicht farbloser<br />
Unterlack, die unter dem Farblack<br />
aufgetragen wird.<br />
Petra J. Huschke<br />
Kaffeesatz für<br />
Haushalt und Garten<br />
Durchschnittlich trinkt der Bundesbürger<br />
drei Tassen Kaffee täglich.<br />
Der Kaffeesatz, der beim Brühen<br />
entsteht, landet dann meistens im<br />
Restmüll. Dabei kann er gut in<br />
Haushalt und Garten weiterverwendet<br />
werden: als Geruchsverbesserer<br />
und Dünger.<br />
Wenn der Kühlschrank nach<br />
Käse oder Zwiebeln riecht, einfach<br />
etwas Kaffeesatz darin platzieren.<br />
Kleine Kratzer in dunklen Holzmöbeln<br />
lassen sich mit Kaffeesatz<br />
kaschieren. Dazu muss dieser nur<br />
etwas feucht aufgetragen werden.<br />
Gutes Düngemittel<br />
Kaffeesatz ist ein guter Dünger.<br />
Er enthält viele wertvolle Inhaltsstoffe<br />
wie Kalium, Phosphor und<br />
Stickstoff – Nährstoffe, die Pflanzen<br />
gut tun. Er wird dabei am<br />
besten mit einer kleinen Schaufel<br />
in den Boden eingearbeitet. Kaffeesatz<br />
ist vor allem für Pflanzen<br />
geeignet, die einen sauren Boden<br />
bevorzugen wie Tomate, Rhododendron,<br />
Hortensie, Azalee, Heidelbeere,<br />
Kamelie oder Petunie.<br />
Wer Katzen im Garten auf Abstand<br />
halten möchte, kann ebenfalls zu<br />
Kaffeesatz greifen. Denn den Geruch<br />
von Kaffee mit seinen Bitterstoffen<br />
mögen Katzen gar nicht.<br />
Kaffee macht nicht nur munter,<br />
sondern belebt auch die Haut.<br />
Masken und Peelings aus Kaffeesatz<br />
sollen die Durchblutung anregen<br />
und für Frische sorgen. Selbst<br />
als kostengünstige Haarkur ist er<br />
geeignet.<br />
pet
20 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Verbraucher<br />
Pommes, Pizza und Fischstäbchen<br />
Vor 100 Jahren wurden Tiefkühlprodukte erfunden – In fast jedem Haushalt wird das Essen aus der Kühltruhe gegessen<br />
Sieben Dollar, ein Ventilator, Eis<br />
und Salz – mehr brauchte der<br />
amerikanische Erfinder Clarence<br />
Birdseye nicht, um 1923 die erste<br />
Anlage zum Tiefgefrieren von Lebensmitteln<br />
zu entwickeln.<br />
Fischstäbchen, Sahnetorte oder<br />
Frühlingsgemüse – 100 Jahre später<br />
bietet Tiefkühlkost mittlerweile<br />
für jeden Geschmack etwas. Sie<br />
ist nach dem Einzug von Kühl- und<br />
Tiefkühlschränken in die privaten<br />
Haushalte der westlichen Welt<br />
immer beliebter geworden. Im<br />
März 1930 wurde in den USA das<br />
erste tiefgekühlte Gemüse verkauft.<br />
In Deutschland wurden die<br />
ersten Tiefkühlprodukte (TK-Produkte)<br />
1956 auf der Kölner Lebensmittelmesse<br />
vorgestellt.<br />
In fast jedem Haushalt in<br />
Deutschland wird heute das Essen<br />
aus der Tiefkühltruhe gegessen.<br />
Die Vielfalt und häufig auch die<br />
Preise sind unschlagbar.<br />
In Deutschland isst jeder im<br />
Schnitt über 46 Kilogramm<br />
TK-Produkte im Jahr. Das mit Abstand<br />
beliebteste Lebensmittel aus<br />
der Kühltruhe ist die Pizza Salami:<br />
Im Durchschnitt verspeist jeder<br />
Bundesbürger jährlich 14 TK-Pizzen.<br />
Kraft der Kälte<br />
Tiefkühlprodukte werden bei<br />
minus 18 Grad gelagert, da bei<br />
dieser Temperatur die Zellaktivitäten<br />
zum Stillstand kommen. Das<br />
Große Hersteller produzieren Tiefkühlprodukte wie Fischstäbchen am Fließband.<br />
heißt, dass die Lebensmittel bei<br />
diesen arktischen Temperaturen<br />
nicht verderben können. Das Besondere:<br />
Nur durch die Kälte werden<br />
die Lebensmittel wie Obst und<br />
Gemüse haltbar gemacht – und<br />
nicht mit Konservierungsstoffen.<br />
Die Lagerung bei Kälte hat auch<br />
noch einen anderen Vorteil: Durch<br />
die schnelle Verarbeitung und das<br />
Schockgefrieren bleiben Vitamine<br />
und Nährstoffe erhalten. Tiefgefrorenes<br />
Gemüse und Obst können<br />
durchaus nährstoffreich und Vitaminbomben<br />
sein – unabhängig von<br />
der saisonalen Verfügbarkeit. Im<br />
Gegensatz zu frischen Lebensmitteln<br />
sind sie sehr lange haltbar und<br />
meistens gut portionierbar.<br />
Auftauen will gelernt sein<br />
All diese Vorteile führen dazu,<br />
das TK-Lebensmittel seltener weggeworfen<br />
werden. So können sie<br />
ganz gezielt und bei Bedarf gekocht<br />
und gegessen werden. Das<br />
Auftauen vieler TK-Produkte will<br />
Foto: pa/dpa/Sina Schuldt<br />
allerdings gelernt sein. Während<br />
Gemüse am besten ohne vorheriges<br />
An- oder Auftauen zubereitet<br />
werden kann, sollten Fleisch und<br />
Fisch langsam im Kühlschrank<br />
aufgetaut werden.<br />
Muss es schnell gehen, dann<br />
können tiefgefrorener Fisch und<br />
Meeresfrüchte beispielsweise zum<br />
Auftauen für eine Stunde ins kalte<br />
Wasserbad gelegt werden. Dabei<br />
sollten die Produkte in der Plastikfolie<br />
bleiben oder in einem verschlossenen<br />
Behälter aufbewahrt<br />
werden. Ist der Fisch dann komplett<br />
aufgetaut, muss er nur noch<br />
unter kaltem Wasser abgespült, mit<br />
Küchenpapier abgetupft und dann<br />
zubereitet werden.<br />
Gefrierbrand<br />
Der berüchtigte Gefrierbrand<br />
und ein damit verbundener Geschmacksverlust<br />
sind keine Erfindung<br />
der Werbung, sondern kann<br />
entstehen, wenn gefrorene Lebensmittel<br />
beim Transport vom Supermarkt<br />
nach Hause leicht antauen:<br />
So entsteht Wasser, das dann zuhause<br />
in der Gefriertruhe wieder<br />
gefriert. Das Essen verliert an<br />
Geschmack. Das kann man verhindern,<br />
wenn man beim Einkaufen<br />
eine Kühltasche verwendet,<br />
damit die Kühlkette nicht unterbrochen<br />
wird.<br />
Tiefkühlprodukte sind Trends<br />
und Modeerscheinungen unterworfen:<br />
In den 1950er-Jahren war<br />
Gemüse das beliebteste TK-Essen,<br />
bis dann mit Pizzen, Pommes und<br />
Fischstäbchen der Siegeszug der<br />
Fertiggerichte eingeläutet wurde.<br />
In den letzten Jahren sind immer<br />
mehr vegane Fertigprodukte auf<br />
den Markt gekommen. 2020 wurde<br />
die freiwillige Lebensmittelkennzeichnung<br />
„Nutri-Score“ in<br />
Deutschland eingeführt: Diese<br />
Kennzeichen zur schnellen Beurteilung<br />
des Nährwertes eines Lebensmittels<br />
gelten selbstverständlich<br />
auch bei Produkten aus der<br />
Tiefkühltruhe. Julia Frediani<br />
Rabatte oft nur gegen Daten<br />
Supermarkt-Apps sammeln Informationen<br />
Verloren im Supermarkt<br />
Verbraucher fühlen sich über Zutaten in Lebensmitteln schlecht informiert<br />
Rabattmarken waren gestern. Heute<br />
gibt es Apps, mithilfe derer Kundinnen<br />
und Kunden beim Einkaufen<br />
Geld sparen können – vorausgesetzt,<br />
sie haben ein Smartphone.<br />
Inzwischen bietet fast jede Lebensmittelkette<br />
in Deutschland<br />
Coupons und Rabatte an, die über<br />
eine App abruf- und einlösbar sind.<br />
Das ist theoretisch für beide Seiten<br />
ein Gewinn: Zum einen für die<br />
Kundinnen und Kunden, die vom<br />
günstigen Preis der Ware profitieren.<br />
Zum anderen für die Unternehmen,<br />
zu denen Rewe, Kaufland,<br />
Aldi, Penny, Lidl, Edeka und Netto<br />
gehören. Denn durch die angebotenen<br />
Vergünstigungen werden mehr<br />
Menschen in ihre Geschäfte gelockt,<br />
die dann häufig deutlich<br />
mehr einkaufen, also nicht nur das<br />
preislich herabgesetzte Produkt.<br />
Nur mit einem Smartphone lassen<br />
sich App-Rabatte nutzen.<br />
Foto: picture alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand<br />
Doch die Sache hat einen Nachteil:<br />
Für die Nutzung mancher<br />
Apps sind persönliche Angaben<br />
notwendig. Das heißt: Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher „bezahlen“<br />
die Rabatte mit ihren Daten.<br />
Zudem willigen sie oft in die Auswertung<br />
ihres Einkaufverhaltens<br />
ein. Die Datenschutzbestimmungen<br />
erlauben in der Regel auch,<br />
dass man unaufgefordert weitere<br />
Informationen, Sonderangebote,<br />
Rabatte und vieles mehr erhält.<br />
Wer dies nicht möchte, sollte die<br />
Datenschutzeinwilligungen und<br />
-einstellungen sorgfältig prüfen<br />
und diese gerade auch bei Updates<br />
der Supermarkt-App im Blick behalten,<br />
rät die Verbraucherzentrale.<br />
Vielleicht lässt sich in den Einstellungen<br />
ja das eine oder andere<br />
Häkchen herausnehmen, ohne<br />
dass gewünschte Funktionen darunter<br />
leiden. Braucht die Anwendung<br />
zum Beispiel zwingend immer<br />
meine Standortdaten? Wenn<br />
nicht, sollte man der App die jeweilige<br />
Berechtigung entziehen.<br />
Mit den Daten wollen die Handelsunternehmen<br />
die Nutzerinnen<br />
und Nutzer an sich binden sowie<br />
Rückschlüsse auf deren persönliche<br />
Situation ziehen, um ihnen auf<br />
sie zugeschnittene Angebote machen<br />
zu können. In manchen Fällen<br />
werden die Daten für weitere<br />
Werbezwecke auch an Dritte weitergegeben.<br />
Insofern sollte man<br />
sich gut überlegen, ob die Nutzung<br />
derartiger Apps für einen praktikabel<br />
und sinnvoll ist. mib<br />
Kundinnen und Kunden wissen oft<br />
nicht, was in ihren Lebensmitteln<br />
aus dem Supermarkt drin ist. Die<br />
Zutatenliste ist kaum zu verstehen<br />
und klein gedruckt. Viele Zusatzstoffe<br />
müssen gar nicht aufgeführt<br />
werden. Es entsteht der Eindruck,<br />
dass Produzenten bewusst verschleiern,<br />
wie und womit die Waren<br />
hergestellt werden.<br />
86 Prozent der Befragten sagten<br />
in einer repräsentativen Umfrage<br />
der Marketingberatung Zühlsdorf<br />
und Partner sowie der Universität<br />
Göttingen, dass sie bei vielen Angaben<br />
auf Lebensmittelpackungen<br />
nicht mehr oder nur noch teilweise<br />
durchblicken. Gut 70 Prozent bejahten,<br />
dass auf Verpackungen<br />
„viel getrickst“ wird. Nicht einmal<br />
fünf Prozent der Menschen, die im<br />
Supermarkt einkaufen, haben den<br />
Eindruck, dass sie ehrlich informiert<br />
werden. Bei der Erhebung<br />
aus dem Jahr 2018 wurden 1035<br />
Menschen befragt. „Wir wissen so<br />
wenig und sind gezwungen, einfach<br />
zu vertrauen“, bringt Foodwatch-Gründer<br />
Thilo Bode angesichts<br />
dieser Studienergebnisse das<br />
Dilemma der Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher in seinem aktuellen<br />
Buch „Der Supermarkt-Kompass“<br />
auf den Punkt.<br />
Der Kunde erfährt nicht, mit<br />
welchen Pestiziden die blank geputzten<br />
roten Äpfel im Regal behandelt<br />
wurden und bekommt<br />
beim Bäcker erst auf Nachfrage<br />
Angaben darüber, welche Enzyme,<br />
Volle Regale, bunte Etiketten, große Auswahl: Wie finde ich da das für<br />
mich beste Produkt?<br />
Foto: picture alliance/imageBROKER/Jochen Tack<br />
Emulgatoren und Antioxidationsmittel<br />
in den Brötchen zum Einsatz<br />
gekommen sind. EU-weit, so<br />
Buchautor Bode, können beim<br />
Brötchenbacken 160 Zusatzstoffe<br />
verwendet werden. Und trotzdem<br />
werben Supermarktbäcker mit<br />
„traditioneller Rezeptur“.<br />
Preis sticht Qualität<br />
Wie hoch etwa der Erdbeeranteil<br />
in Erdbeereis sein muss, oder dass<br />
in Kalbsleberwurst mehr Schweine-<br />
als Kalbsfleisch enthalten sein<br />
darf, wird in Kommissionen entschieden,<br />
auf die Hersteller und<br />
Händlerinnen großen Einfluss<br />
haben. Es geht dort meistens nicht<br />
um die Qualität, sondern um eine<br />
möglichst günstige Herstellung.<br />
Das Ziel vieler Produzenten ist es,<br />
in einem der Verkaufsregale der<br />
großen Vier – Lidl, Aldi, Rewe und<br />
Edeka – zu landen, zusammen<br />
haben sie einen Marktanteil von<br />
mehr als 85 Prozent.<br />
Bode fordert in seinem Buch einen<br />
radikalen Kurswechsel, damit<br />
Verbraucherinteressen wieder<br />
stärker berücksichtigt werden.<br />
Kennzeichnungsvorschriften, Produktverordnungen<br />
sowie die Regeln<br />
über Zusatzstoffe müssten<br />
neu gefasst werden, um dem Täuschungsverbot<br />
und dem Gesundheitsschutz<br />
zu genügen.<br />
Was die Verbraucher angesichts<br />
ihrer geringen Einkaufsmacht tun<br />
können? Buchautor Bode rät neben<br />
einem bewussten Einkaufsverhalten,<br />
in Verbänden und politischen<br />
Parteien Einfluss darauf zu<br />
nehmen, wie Lebensmittel erzeugt<br />
und vermarktet werden.<br />
<br />
Jörg Ciszewski
Freizeit Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong> 21<br />
Tastend und hörend auf Entdeckungstour<br />
Das Deutsche Museum bietet spezielle Modelle für Blinde und Sehbehinderte – Rundgang mit Verena Bentele<br />
Das Deutsche Museum in München<br />
hat mit seinem neu eröffneten<br />
Ausstellungsbereich einen großen<br />
Schritt zur Barrierefreiheit gemacht.<br />
VdK-Präsidentin Verena<br />
Bentele konnte sich bei einem<br />
Rundgang davon überzeugen.<br />
Bentele mit dem Holzmodell eines<br />
Gelenks.<br />
Foto: Sebastian Heise<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele spürt mit den Händen die Strukturen auf dem Sonnenblumenrelief nach, das<br />
nach Vincent van Goghs berühmtem Gemälde geformt wurde.<br />
Foto Sebastian Heise<br />
Vincent van Goghs Sonnenblumen-Gemälde<br />
gehören zu den berühmtesten<br />
Kunstwerken der Welt.<br />
VdK-Präsidentin Verena Bentele,<br />
die von Geburt an blind ist, kannte<br />
diese bisher nur aus Erzählungen<br />
und Beschreibungen anderer. Nun<br />
konnte sie die Sonnenblumen mit<br />
den Fingern buchstäblich begreifen.<br />
Das Deutsche Museum in München<br />
ließ für seinen neuen Ausstellungsbereich<br />
„Bild – Schrift – Code“ ein<br />
Bronzerelief anfertigen, bei dem die<br />
Formen und Konturen als dreidimensionale<br />
Struktur nachgebildet<br />
sind. Verena Bentele strahlte, als sie<br />
mit ihren Fingern über die Blüten<br />
und Stengel der Sonnenblumen<br />
glitt.<br />
Ein paar Schritte weiter hängen<br />
an einer Wand viele verschiedene<br />
Varianten des Buchstabens „a“,<br />
ebenfalls dreidimensional und in<br />
unterschiedlichen Schreibweisen<br />
sowie Sprachen dargestellt. Mit<br />
Interesse ertastete die VdK-Präsidentin<br />
diese und meinte dazu: „In<br />
Braille-Schrift ist a nur ein Punkt.“<br />
Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor<br />
des Deutschen Museums,<br />
hatte Verena Bentele gemeinsam<br />
mit zahlreichen Reporterinnen und<br />
Reportern sowie Kameraleuten und<br />
Fotografen zu diesem Rundgang<br />
eingeladen. Er betonte, dass das<br />
traditionsreiche Haus ein „Museum<br />
für alle“ sein soll. Daher spiele Barrierefreiheit<br />
bei der Modernisierung<br />
eine große Rolle, sagte er. So seien<br />
nun sämtliche Ausstellungen auf<br />
der Museumsinsel per Rampe, Aufzug<br />
oder Hublift zugänglich.<br />
„Einfach erklärt“<br />
Sandra Kittmann, die beim Deutschen<br />
Museum für Barrierefreiheit<br />
zuständig ist, freute sich, dass Verena<br />
Bentele von den Tastmodellen<br />
begeistert ist. Insgesamt 60 gibt es<br />
davon in den bisher fertigen Ausstellungsräumen,<br />
und zu allen kann<br />
in der kostenlosen App des Deutschen<br />
Museums eine Beschreibung<br />
angehört werden. Insgesamt enthält<br />
die App rund zehn Stunden Audioinhalte.<br />
Daneben bietet das Museum<br />
Führungen in Gebärdensprache<br />
an, und in den Ausstellungen sind<br />
„Einfach erklärt“-Texte angebracht.<br />
Natürlich gibt es auf den neu gestalteten<br />
25 000 Quadratmetern<br />
Ausstellungsfläche auch große Exponate,<br />
für die das Museum bekannt<br />
ist. So steht im Bereich „Historische<br />
Luftfahrt“ die berühmte<br />
„Tante Ju“ des deutschen Herstellers<br />
Junkers. Um blinden und sehbehinderten<br />
Menschen diese technischen<br />
Meilensteine näherzubringen, befinden<br />
sich daneben kleine Tastmodelle<br />
aus Edelstahl, die Verena<br />
Bentele ebenfalls mit großem Interesse<br />
erkundet hat.<br />
„Diese Modelle sind einfach toll.“<br />
Sie würde sich noch viel mehr davon<br />
wünschen. Alle Flugzeugmodelle,<br />
wie beispielsweise die „Libelle“<br />
von Dornier, sind im Maßstab<br />
1:48 nachgebaut, um die unterschiedlichen<br />
Größen nachvollziehbar<br />
zu machen.<br />
Insgesamt zeigte sich Verena Bentele<br />
beeindruckt: „Hier wird großer<br />
Wert darauf gelegt, die Vielschichtigkeit<br />
von Wissenschaft, Technik<br />
und Kunst auch Menschen, die<br />
nicht sehen können, zugänglich zu<br />
machen. Wenn ich an das Tastmodell<br />
der Sonnenblumen von van<br />
Gogh denke – so habe ich das noch<br />
nie erlebt und gefühlt wie hier. Das<br />
ist schon etwas Besonderes“, sagte<br />
sie. „Ich freue mich, dass eines der<br />
größten und wichtigsten Museen,<br />
das wir hier haben, im Bereich Barrierefreiheit<br />
so viel tut.“ An die Politik<br />
adressiert ergänzte sie: „Barrierefreiheit<br />
in Museen sollte verpflichtend<br />
sein und keine freiwillige<br />
Leistung.“<br />
In der Gesundheits-Abteilung des<br />
Deutschen Museums lernte Verena<br />
Bentele den menschlichen Körper<br />
genauer kennen. An Holzmodellen<br />
konnte sie ertasten, wie beispielsweise<br />
die Hüfte sowie ein Dreh- und<br />
Scharniergelenk funktionieren.<br />
In der Landwirtschafts-Abteilung<br />
bekam Verena Bentele, deren Familie<br />
am Bodensee einen Bio-Bauernhof<br />
betreibt, heimatliche Gefühle.<br />
Von zwei Traktoren gibt es ebenfalls<br />
Tastmodelle, die bei Berührung<br />
sogar das Original-Motorengeräusch<br />
abspielen.<br />
Am Ende bekam die VdK-Präsidentin<br />
noch ein dickes Buch vorgelegt.<br />
„Oh Schreck, Elise ist weg“ ist<br />
ein Tastbuch in Braille-Schrift und<br />
mit bewegbaren Elementen, das von<br />
einem Team des Deutschen Museums<br />
entwickelt und in den eigenen<br />
Werkstätten gefertigt wurde. Im<br />
Kinderreich des Museums können<br />
sich blinde und sehbehinderte Kinder<br />
dieses ausleihen.<br />
Verena Bentele blätterte von vorne<br />
bis hinten und machte sich im<br />
Deutschen Museum auf die Suche<br />
nach Elise. „Echt toll“, sagte sie.<br />
„Als ich Kind war, gab es so etwas<br />
ganz selten.“ Sie hatte nur ein einziges<br />
Tastbuch. Daher sei dies eine<br />
schöne und inklusive Idee, den<br />
Jüngsten das Museum spielerisch<br />
näherzubringen. Sebastian Heise<br />
Flugzeug zum Ertasten: Verena Bentele erkundet ein Modell des Flugboots<br />
„Libelle“ von Dornier.<br />
Foto: Hubert Czech/Deutsches Museum<br />
Ausstellungen für alle Sinne<br />
Immer mehr Museen nehmen Barrierefreiheit ernst – Angebote für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen<br />
Auch Menschen mit Behinderung<br />
interessieren sich für Museen. Ein<br />
Besuch lohnt sich für sie aber nur,<br />
wenn es dort Informationen für<br />
alle Sinne gibt. Um eine Ausstellung<br />
beispielsweise für blinde und sehbehinderte<br />
Menschen erfahrbar zu<br />
machen, bieten sich Tastmodelle,<br />
Audioguides und Leitsysteme an.<br />
Das Neanderthal Museum in<br />
Mettmann bei Düsseldorf ist für<br />
sehende, blinde und sehbehinderte<br />
Menschen gleichermaßen ein Erlebnis.<br />
Das liegt am Projekt<br />
„NMsee“, das die inklusive Dauerausstellung<br />
mit einer Spiele-App<br />
verbindet. Diese nimmt die Besucherinnen<br />
und Besucher mit auf<br />
eine Reise in die Eiszeit. An 14<br />
Stationen wird die Geschichte der<br />
Eiszeitjägerin Nami erzählt. Je<br />
nach Grad der Sehbehinderung<br />
kann das Spiel den eigenen Bedürfnissen<br />
angepasst werden. Wer<br />
blind ist, erlebt die Zeitreise via<br />
Audio-App. Das Museum ist barrierefrei,<br />
es gibt Tastobjekte,<br />
ertast bare Schilder sowie ein Bodenleitsystem.<br />
www.neanderthal.de<br />
Wer von der Raumfahrt fasziniert<br />
ist, kann im Weltraum -<br />
Atelier Nohfelden im Saarland<br />
eine Fahrt zum Mond erleben.<br />
Zum multimedialen Angebot des<br />
Museums gehören eine Apollo-<br />
Raumkapsel, Teleskope, ein Kleinplanetarium,<br />
Tastmodelle von<br />
Planetenoberflächen sowie Geräusche<br />
aus dem Weltall. Leider sind<br />
die Angebote für Menschen mit<br />
Sehbehinderung nur von <strong>April</strong> bis<br />
Mit einer App kann man das Neanderthal Museum in Mettmann spielerisch<br />
erkunden.<br />
Foto: Neanderthal Museum/Holger Neumann<br />
September verfügbar, weil im Winter<br />
ein anderes Gebäude genutzt<br />
wird.<br />
https://apollo-13.eu<br />
Das Deutsche Historische Museum<br />
in Berlin macht die gesamtdeutsche<br />
Geschichte auch für<br />
Menschen mit Behinderung erfahrbar.<br />
Für sehbehinderte Menschen<br />
etwa werden die Haupttexte<br />
in Braille und in Großschrift angeboten.<br />
Die Stationen und Exponate<br />
sind gut ausgeleuchtet. Es gibt<br />
Tastmodelle, Audiodeskriptionen,<br />
Sonderführungen sowie einen<br />
Audio- Guide.<br />
www.dhm.de<br />
An das barrierefreie Nationalpark-Haus<br />
Norddeich in der ostfriesischen<br />
Stadt Norden ist eine Station<br />
für Seehunde und Kegelrobben<br />
angegliedert. Dort kann man die<br />
Meeressäuger aus nächster Nähe<br />
beobachten. Diese werden regelmäßig<br />
live gefüttert, und die Ausstellungen<br />
informieren über die Tiere<br />
und das Wattenmeer. Für blinde und<br />
sehbehinderte Menschen werden<br />
Führungen angeboten.<br />
https://seehundstation- nord<br />
deich.de<br />
Einen guten Überblick über kulturelle<br />
Angebote für Menschen mit<br />
Behinderung bietet die Webseite<br />
www.reisen- fuer-alle.de. Sie beinhaltet<br />
knapp 2500 Urlaubs- und<br />
Ausflugsideen in Deutschland.<br />
Unter dem Menüpunkt „Kunst,<br />
Kultur und Sehenswürdigkeiten“<br />
lassen sich gezielt Ausstellungen<br />
für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen,<br />
Hörbehinderung,<br />
Sehbehinderung sowie Lernschwierigkeiten<br />
suchen. Sämtliche<br />
Einrichtungen sind nach der<br />
deutschlandweiten Kennzeichnung<br />
„Reisen für Alle“ zertifiziert. Zu<br />
den bewerteten Kategorien zählen<br />
beispielsweise die Zugänglichkeit,<br />
Parkplätze, optische und akustische<br />
Angebote, Leichte Sprache<br />
sowie die barrierefreie Ausstattung<br />
der Toiletten. Annette Liebmann
22 Zeitung <strong>April</strong> <strong>2023</strong><br />
Unterhaltung<br />
Sozial engagierter Schnüffler<br />
Schauspieler Claus Theo Gärtner wird 80<br />
Die Wohnzimmer des deutschen<br />
Fernsehpublikums eroberte er als<br />
Privatdetektiv Josef Matula in der<br />
ZDF-Krimireihe „Ein Fall für zwei“.<br />
Am 19. <strong>April</strong> feiert Claus Theo Gärtner<br />
seinen 80. Geburtstag.<br />
Claus Theo Gärtner<br />
Nach dem Musik- und Schauspielstudium<br />
in Hannover und<br />
Braunschweig ist er viele Jahre auf<br />
namhaften Bühnen präsent. Ab<br />
Ende der 1960er-Jahre zieht es den<br />
gebürtigen Berliner zum Film. Der<br />
Durchbruch im TV gelingt ihm<br />
1981 mit der ZDF-Krimireihe „Ein<br />
Fall für zwei“: Claus Theo Gärtner<br />
verleiht dem Privatdetektiv Matula<br />
seinen unnachahmlichen Charakter.<br />
Seine Markenzeichen: lässige<br />
Lederjacke, Reibeisenstimme<br />
und ungehobeltes Auftreten – besonders<br />
gegenüber der Unterwelt<br />
und Obrigkeiten.<br />
Dem Darsteller ist es zu verdanken,<br />
dass die Krimiserie Kultstatus<br />
genießt. Während der Privatdetektiv<br />
in 31 Staffeln zahlreiche Schurken<br />
jagt, wechseln dessen Chefs:<br />
Vier Kollegen mimen den Anwalt<br />
an der Seite des Schnüfflers. Unter<br />
anderem spielte Günter Strack von<br />
1981 bis 1988 die Rolle des Dr. Dieter<br />
Renz. Ihm folgte bis 1997 Rainer<br />
Hunold, der als Dr. Rainer Franck<br />
heute noch vielen Zuschauerinnen<br />
und Zuschauern vertraut ist.<br />
Eine von Gärtners Leidenschaften<br />
ist der Motorsport, die er auch<br />
bei Dreharbeiten auslebte: Für die<br />
meisten Auto stunts saß der frühere<br />
Rennfahrer selbst am Steuer.<br />
Heute genießt er noch Oldtimerausfahrten.<br />
Nachdem er Matula mehr als 30<br />
Jahre lang in 300 Folgen verkörpert<br />
hatte, hing er 2013 die Lederjacke<br />
an den Nagel. Zwischen 2017 und<br />
2019 kehrte der beliebte Privatdetektiv<br />
nochmal zurück – für drei<br />
Episoden in Spielfilmlänge. Gärtners<br />
Autobiografie „Matula, hau<br />
mich raus!“ erschien 2017. Darin<br />
erzählt der Abenteurer mit viel Witz<br />
aus seinem Leben.<br />
Daneben ist der Schauspieler<br />
auch sozial engagiert. So unterstützt<br />
er die Opferhilfsorganisation<br />
„Weißer Ring“. Für seinen<br />
Einsatz bekam er 2006 das Bundesverdienstkreuz<br />
am Bande verliehen.<br />
ant<br />
Foto: picture alliance/Lino Mirgeler<br />
Software<br />
Aktualisierung<br />
Geschwätz,<br />
Klatsch<br />
Nachtschattengewächs<br />
kräftig<br />
orient.<br />
Herrschertitel<br />
Blechbüchse<br />
Reformator<br />
aus<br />
Böhmen<br />
†1415<br />
altgriech.<br />
Grabsäule<br />
Wareneinfuhr<br />
beweglicher<br />
Zimmerschmuck<br />
Abk.: Allgemeine<br />
Betriebserlaubnis<br />
Ackergerät<br />
Erzeugnis<br />
ohne<br />
Wissen<br />
Schulfach<br />
(Kw.)<br />
best.<br />
Artikel<br />
(3. Fall)<br />
nicht regierender<br />
Fürst<br />
biblischer<br />
Prophet<br />
Versuch,<br />
Prüfung<br />
aus d. Augenblick<br />
heraus<br />
(lat., 2W.)<br />
Defekt,<br />
Verlust<br />
Anpassungsvorrichtung<br />
Anhängsel<br />
besitzanzeigendes<br />
Fürwort<br />
Deckschicht<br />
Vorsilbe:<br />
vier<br />
mutig<br />
Ort in<br />
Gelderland<br />
(NL)<br />
Käseherstellungsbetrieb<br />
Herrenschoßrock<br />
(Kw.)<br />
Pause<br />
machen,<br />
ausruhen<br />
Dodekanes<br />
Insel<br />
(Griech.)<br />
banal,<br />
profan<br />
veralt.:<br />
Rechnung<br />
Platzmangel<br />
zusammen,<br />
geschlossen<br />
ehem.<br />
Berliner<br />
Sender<br />
(Abk.)<br />
Wegtransport<br />
Schulleiter<br />
Epoche,<br />
Zeitalter<br />
Kölner<br />
Karnevalsruf<br />
Schwertwal<br />
Grundlage,<br />
Grundsatz<br />
Neustart<br />
des Computers<br />
leidenschaftliches<br />
Gefühl<br />
Telekopierer<br />
(Kw.)<br />
bereitwillig<br />
wertvolles<br />
Tischlermaterial<br />
Kurzform<br />
von<br />
Susanne<br />
fruchtbare<br />
Wüstenstelle<br />
Handelsware<br />
trockenes<br />
Küstenland<br />
kurz für:<br />
von dem<br />
wütend<br />
Tonart<br />
bibl. Ort<br />
(Hexe)<br />
Abk.:<br />
Naturschutzgebiet<br />
Alpenpflanze<br />
südostasiat.<br />
Staatengem.<br />
Schrecken,<br />
Entsetzen<br />
Heiligenbild<br />
der<br />
Ostkirche<br />
Bedrohlichkeit<br />
einer<br />
Lage<br />
einstellige<br />
Zahl<br />
Abk.:<br />
Arbeitsschutzordnung<br />
verstehen<br />
Objektiv<br />
für die<br />
Ferne<br />
(Kw.)<br />
veralt.:<br />
Weste<br />
© RateFUX <strong>2023</strong>-315-003<br />
Kern-,<br />
Höhepunkt<br />
Gesamtheit<br />
der<br />
Gesetze<br />
Fragewort<br />
Lösung:<br />
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Trinken<br />
Heilpflanze<br />
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