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Ausgabe 206

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>206</strong> / 20. 03. 2023<br />

Österreich, Europa und die Welt<br />

24<br />

Bundeskanzler Nehammer<br />

will an Neutralität festhalten<br />

Eine Schweigeminute im Gedenken an<br />

die Opfer des russischen Angriffskriegs<br />

gegen die Ukraine: Damit startete der Nationalrat<br />

am 24. Februar seine Sondersitzung<br />

genau ein Jahr nach dem Überfall Rußlands<br />

auf sein Nachbarland. Außerdem gedachten<br />

die Abgeordneten in dieser Trauerminute den<br />

Opfern des jüngsten Erdbebens in der Türkei<br />

und Syrien. Nationalratspräsident Wolfgang<br />

Sobotka erinnerte eingangs, vor genau einem<br />

Jahr sei „das Undenkbare zur Realität ge -<br />

worden“, nämlich daß „Frieden und Freiheit<br />

auf dem europäischen Kontinent nicht länger<br />

gegeben“ sind. Er bezog sich dabei auf das<br />

Leiden der UkrainerInnen, nachdem „Putins<br />

Panzer“ ihren Angriff gestartet hatten. Die<br />

Ab lehnung dieses „nicht rechtzufertigenden“<br />

Angriffskriegs müsse als „Grundverständnis“<br />

bei allen Fraktionen bestehen, appellierte<br />

So botka. Kaum faßbar nannte der Nationalratspräsident<br />

auch die Folgen der Erdbebenkatastrophe<br />

in der Türkei und Syrien, mit<br />

Abertausenden Toten und Verwundeten. Verfolgt<br />

wurde die Sitzung im Plenum des Na -<br />

tionalrats auch von einer ukrainischen Parlamentarierdelegation<br />

sowie von den Botschaftern<br />

aus der Ukraine und der Türkei,<br />

die Sobotka herzlich begrüßte.<br />

Die NEOS, auf deren Verlangen die<br />

Sondersitzung zurückging, richteten an Bun -<br />

deskanzler Karl Nehammer die dringliche<br />

Anfrage, wie er Österreichs Freiheit und Si -<br />

cherheit angesichts des russischen Angriffskriegs<br />

in der Ukraine gewährleisten wolle.<br />

Konkret fordert die jüngste Fraktion im Parlament,<br />

sowohl die sicherheitspolitische<br />

Ausrichtung Österreichs – Stichwort Neutralität<br />

– zu überdenken, als auch die Abhängigkeiten<br />

der Republik von Energieimporten<br />

mas siv zu mindern. Laut NEOS hat Rußland<br />

seine Gaslieferungen an Europa jahrzehntelang<br />

zur politischen Einflußnahme genutzt,<br />

ebenso wie „Desinformationskampagnen“<br />

und die „Unterstützung von links- und rechts -<br />

extremen Parteien“.<br />

Bundeskanzler Kanzler Nehammer be -<br />

kannte sich wiederum zur militärischen Neutralität,<br />

weil Österreich dadurch als „Brükkenbauer“<br />

für Gespräche wirken könne.<br />

Dennoch stehe das Land klar auf der Seite<br />

der Ukraine, verwies er auf die von Österreich<br />

mitgetragenen EU-Sanktionen gegen<br />

Rußland sowie auf humanitäre Hilfsleistungen<br />

an das angegriffene Land. Eine Neuausrichtung<br />

der Energiepolitik, die Österreich<br />

unabhängig von russischem Gas macht, ist<br />

Nehammer zufolge nicht nur im Gange, ihr<br />

Foto: Parlamentsdirektion/Ulrike Wieser<br />

Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger (NEOS) am RednerInnenpult, dahinter Nationalratspräsident<br />

Wolfgang Sobotka Präsidium<br />

Erfolg habe sich bereits letzten Winter be -<br />

wiesen, als die Gasspeicher trotz russischer<br />

Lieferminderungen zu einem hohen Grad ge -<br />

füllt waren. Langfristig setze die Regierung<br />

auf den Ausbau erneuerbarer Energieträger.<br />

Meinl-Reisinger: Österreich<br />

muß Neutralität überdenken<br />

Österreichs Bekenntnis zur Neutralität ist<br />

angesichts des Angriffs Rußlands auf sein<br />

Nachbarland in den Augen von NEOS-Chefin<br />

Beate Meinl-Reisinger nicht mehr haltbar.<br />

Mit Putins Einfall in die Ukraine seien<br />

die Grundfesten der europäischen Friedensordnung<br />

– Rechtsstaatlichkeit und internationale<br />

Verträge – „obsolet“ geworden. Die -<br />

se „Zeitenwende“ sieht die NEOS-Klubobfrau<br />

jedoch in Österreich bis dato nicht angekommen.<br />

Die heimische Sicherheitsstrategie<br />

sei veraltet und definiere Rußland immer<br />

noch als Partnerstaat. „Nostalgie schützt uns<br />

nicht“, forderte Meinl-Reisinger ein stärkeres<br />

Auftreten aller EU-Länder für eine souveräne<br />

Sicherheitspolitik in Partnerschaft mit<br />

der NATO.<br />

Die Republik braucht aus Sicht der<br />

NEOS angesichts multipler Gefahren – von<br />

Cyberattacken über Terrorismus bis hin zum<br />

konventionellen Krieg – „eine gemeinsame<br />

Verteidigung mit unseren Wertepartnern“.<br />

Dem Bundesheer mehr Budget zu geben,<br />

reiche nicht aus, wenn der Einsatz des Geldes<br />

nicht klar definiert werde. Meinl-Reisinger<br />

verwies auf die geänderte Sicherheitsstrategie<br />

der Baltischen Länder sowie der<br />

NATO-Beitrittskandidaten Finnland und<br />

Schweden, um auf die Dringlichkeit eines<br />

Umdenkens angesichts der massiven Zerstörungen<br />

in der Ukraine hinzuweisen. In Öster -<br />

reichs „ureigenstem Interesse“ müsse „Putin<br />

in der Ukraine gestoppt werden“. Sanktionen<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

reichten dafür nicht aus, so die NEOS-Ob -<br />

frau, die „mutigen Ukrainerinnen und Ukrainer“<br />

würden zeigen, was es heißt, „mutig für<br />

ihre Freiheit zu kämpfen“. Putin habe den<br />

Krieg bereits verloren.<br />

Ausstieg aus russischem Gas noch 2023<br />

Meinl-Reisinger nahm in ihren Ausführungen<br />

zur dringlichen Anfrage nicht nur die<br />

amtierende Regierung aus ÖVP und Grünen<br />

in die Pflicht, die Gasimporte zu diversifizieren<br />

und mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer<br />

Energien in Österreich zu machen.<br />

Auch SPÖ und FPÖ hätten während ihrer<br />

Zeit in der Regierung dazu beigetragen, daß<br />

Österreich weiterhin zu „über 70 Prozent seines<br />

Gasbedarfs“ aus Rußland importiere und<br />

dadurch die russische Kriegsmaschinerie mit -<br />

finanziere. 7 Mrd. € hat Österreich laut<br />

Meinl-Reisinger im letzten Jahr für Gas an<br />

Rußland gezahlt, aber nur 600 Mio. € Hilfsgelder<br />

an die Ukraine.<br />

Sogar nach der russischen Besetzung von<br />

Teilen Georgiens und der Krim hätten österreichische<br />

Regierungsmitglieder und Vertreter:innen<br />

der Wirtschaftskammer den russischen<br />

Präsidenten Wladimir Putin „freundschaftlich“<br />

empfangen, zeigen die NEOS er -<br />

bost auf. Dabei hätte spätestens die Annexion<br />

der Krim ein „Weckruf“ sein müssen,<br />

sagte Meinl-Reisinger. Der vor einem Jahr<br />

gestartete Krieg Putins gegen die gesamte<br />

Ukraine sei „lange vorhergesagt worden“.<br />

Nunmehr brauche es eine rasche Umsetzung<br />

etwa des Energieeffizienzgesetzes, um den<br />

Ausstieg aus russischem Gas „binnen sechs<br />

Monaten“ zu ermöglichen.<br />

In zahlreichen ihrer insgesamt 45 Fragen<br />

an Nehammer wollen die NEOS folglich Aus -<br />

kunft über einzelne Gesetzesvorhaben zur<br />

Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus.

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