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Ausgabe 206

Das unparteiische, unabhängige Magazin für ÖsterreicherInnen in aller Welt mit dem Schwerpunkt „Österreich, Europa und die Welt“ erscheint vier Mal im Jahr.

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>206</strong> / 20. 03. 2023<br />

Wissenschaft & Technik<br />

Wie man unbekannte<br />

Quantenprozesse umkehrt<br />

149<br />

Zeitliche Entwicklung eines einzelnen Photons mit universellem<br />

Rewinding-Protokoll und Quantenswitch umgekehrt<br />

In der Welt um uns herum scheinen Prozesse<br />

einer bestimmten Zeitrichtung zu folgen:<br />

Löwenzahnblüten werden zu Pusteblumen.<br />

Die Quantenwelt hält sich jedoch nicht<br />

an dieselben Regeln. PhysikerInnen der Universität<br />

Wien und der Österreichischen Akademie<br />

der Wissenschaften haben nun ge -<br />

zeigt, daß sich in bestimmten Quantensystemen<br />

die Zeitrichtung von Prozessen umkehren<br />

läßt. Diese Demonstration eines sogenannten<br />

Rewinding-Protokolls wurde in der<br />

Zeitschrift „Optica“ veröffentlicht.<br />

Unser Alltag ist voll von Veränderungen,<br />

die zwar gut verstanden, aber praktisch nicht<br />

umkehrbar sind – wie zum Beispiel die Me -<br />

tamorphose eines Löwenzahns in eine Pusteblume.<br />

Man könnte sich jedoch vorstellen,<br />

diese Transformation Schritt für Schritt rück -<br />

gängig zu machen, wenn man genau wüßte,<br />

wie sich jedes einzelne Pflanzenmolekül in<br />

der Zeit bewegt.<br />

In der Quantenwelt wird das Problem<br />

noch kniffliger: Eines der Kernprinzipien der<br />

Quantenphysik ist, daß sich Systeme allein<br />

durch Beobachtung verändern. Dies macht<br />

es selbst im Prinzip unmöglich, die Veränderung<br />

eines Systems in der Zeit zu verfolgen<br />

und den Prozeß umkehrbar zu machen.<br />

Gleichzeitig eröffnen die Gesetze der Quantenmechanik<br />

aber auch neue Möglichkeiten<br />

wie z.B. universelle Rewinding-Protokolle.<br />

Diese erlauben es, Veränderungen in einem<br />

Quantensystem umzukehren, ohne zu wissen,<br />

wie diese ausgesehen haben.<br />

In einer Kooperation zwischen der Universität<br />

Wien und dem Wiener Institut für<br />

Quantenoptik und Quanteninformation der<br />

Österreichischen Akademie der Wissenschaf -<br />

ten haben ExperimentalphysikerInnen unter<br />

der Leitung von Philip Walther ein solches<br />

universelles Rewinding-Protokoll erfolgreich<br />

umgesetzt, das von theoretischen Physikern<br />

um Miguel Navascués entwickelt<br />

wurde. Indem sie dieses neuartige theoretische<br />

Protokoll mit einem komplexen optischen<br />

Aufbau kombinierten, zeigte die<br />

Gruppe, daß es tatsächlich möglich ist, Veränderungen<br />

in einem Quantensystem umzukehren.<br />

Dazu verwendeten sie ultraschnelle<br />

© Christine Schiansky @freowynart<br />

Die Zeitentwicklung eines Systems umzukehren kann schon kompliziert genug sein,<br />

wenn man den Anfangszustand des Systems kennt und weiß wie sich dieses entwickelt.<br />

PhysikerInnen der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften<br />

konnten jedoch nun zeigen, daß sich die Zeitentwicklung eines Quantensystems auch ohne<br />

dieses Wissen umkehren läßt. Nicht einmal wie genau man mit dem System interagieren<br />

muß um die Entwicklung umzukehren, muß bekannt sein.<br />

optische Faserkomponenten und ein Freespace-Interferometer,<br />

das als Quantenswitch<br />

angeordnet war.<br />

Es gelang ihnen, die zeitliche Entwick -<br />

lung eines einzelnen Photons umzukehren,<br />

ohne zu wissen, wie sich dieses in der Zeit<br />

verändert hatte oder was dessen Anfangs- und<br />

Endzustand war.<br />

„Bemerkenswert ist, daß für dieses Protokoll<br />

nicht einmal die Art der Wechselwirkungen<br />

mit dem Quantensystem bekannt sein<br />

muß“, sagt Peter Schiansky, Erstautor der<br />

Ver öffentlichung in „Optica“.<br />

»Österreich Journal« – https://kiosk.oesterreichjournal.at<br />

Ihr universelles Rewinding-Protokoll ist<br />

in seiner Laufzeit optimal effizient und kann<br />

so erweitert werden, daß es mit beliebig ho -<br />

her Wahrscheinlichkeit erfolgreich ist. Der<br />

Nachweis, daß Rewinding-Protokolle in die -<br />

ser allgemeinen Form existieren und diese<br />

technisch umsetzbar sind, trägt zu unserem<br />

Verständnis der grundlegenden Quantenmechanik<br />

bei. Künftig könnten die Protokolle<br />

ein nützliches Werkzeug in Quanteninformationstechnologien<br />

werden.<br />

n<br />

https://www.univie.ac.at/<br />

https://www.oeaw.ac.at/

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