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Das Wunder der geschriebenen Sprache
Glen W. Kinross
Past RI Präsident
Eines der Wunder der Zivilisation ist die Entwicklung der Schriftsprache. Die visuelle
Repräsentation gesprochener Sprache war eine der menschlichen Errungenschaften, die die
Blüte von Zivilisationen im Nahen Osten, in Ägypten, China und Mittelamerika ermöglichte.
Lernbegierige Menschen entwarfen Symbolsysteme, die Inhalte beschreiben konnten,
Menschen, die die Symbole kannten, konnten die Inhalte entziffern. Lesen und Schreiben
bedeutete die Geburt der modernen Zivilisation.
Heutzutage betrachten wir die Fähigkeit, Lesen und Schreiben zu können, als
Menschenrecht. Leider aber bleibt dieses Recht zu vielen Mitgliedern der menschlichen
Familie immer noch versagt. Der Zusammenhang zwischen Analphabetismus und Armut ist
eindeutig: wer lesen und schreiben kann, hat die Möglichkeit zum Wohlstand, wer es nicht
kann, bleibt arm. Diese Tatsache kann im Jahr 2011 nicht einfach hingenommen werden.
Die Unfähigkeit vieler Menschen, selbst auf elementarer Ebene lesen und schreiben zu
können, ist eine der größten sozialen Herausforderungen der heutigen Welt. Der Erfolg
aller Anstrengungen, die Welt zu verbessern, hängt davon ab, diese unterprivilegierten
Menschen zu vollen Mitgliedern der Gesellschaft zu machen.
Dieser Bildungsrückstand ist natürlich nicht neu, sondern besteht seit Tausenden von
Jahren. 1958 verabschiedete die UNESCO als Definition des Analphabetismus, dass eine
des Lesens und Schreibens unkundige Person nicht in der Lage ist, einfache kurze Sätze
des Alltagslebens zu lesen oder zu schreiben. Die Vereinten Nationen bestimmten das Jahr
1990 als Internationales Jahr des Lesens und Schreibens. Heute, mehr als 20 Jahre später,
geht der Kampf gegen das Unwissen unvermindert weiter. Immer noch haben unzählige
Kinder, davon die meisten Mädchen, keinen Zugang zu einer Grundschulausbildung. Es
gibt nur noch sechs Länder ohne offizielle Schulpflicht, dennoch ist in 92 Ländern immer
noch keine öffentliche Schulbildung für alle Kinder möglich. Die Realität sieht so aus, dass
wohlhabende Eltern ihre Kinder zur Schule schicken, während die armen Kinder zuhause
bleiben. Die meisten davon sind Mädchen.
Das heutige Ausmaß des Analphabetismus ist schockierend. Zwei Milliarden Menschen
können nicht schreiben und lesen. Eine Aufschlüsselung der Zahlen wirft ein weiteres Licht
auf die Dimensionen des Problems:
• 678 Millionen Analphabeten sind jünger als 15 Jahre
• 103 Millionen sind zwischen 15 und 24 Jahren alt
• 445 Millionen sind zwischen 25 und 64 Jahren alt
• 130 Millionen sind über 65 Jahre alt.
Es ist bekannt, dass Mütter mit einer Schulbildung dafür sorgen, dass auch ihre Kinder
– Jungen wie Mädchen – eine Schulbildung erhalten. Die Gleichberechtigung der
Geschlechter ist eine Voraussetzung für die Bildungsarbeit. 60 Prozent der Kinder ohne
Schulbildung sind Mädchen, und die große Mehrheit der Erwachsenen sind Frauen.
Ohne Möglichkeiten der Ausbildung bleiben diese Frauen und Mädchen, Mütter und
Töchter, ohne Chance auf ein würdevolles Leben und sie werden nie die Rolle derjenigen
übernehmen können, die das Wissen in der Familie weitergibt.
Ich kann mir kaum vorstellen, wie es ist, nicht lesen oder schreiben zu können. Als wenn
man nicht sehen oder sprechen könnte. Analphabetismus ist wie ein Gefängnis. Aber es ist
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