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Isenburger Illustrierte für Neu-Isenburger Bürger Ausgabe 105 März 2023

Friedrich Stoltze, Mundartdichter und Revolutionär · Neu-Isenburg, wie es sein könnte Wünsche und Anregungen für unsere Stadt · foodsharing · Rezepte und Ideen für Ostern 1848. Für Demokratie und Menschenrechte · Elternseminare: Kinder lernen sprechen mit kompetenten Eltern · Wird Bildungsdeutsch zur Fremdsprache? · Dali im ArtRoom Reisebericht: am Ayuan Tepui in Venezuela

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1860 gründete Stoltze mit seinem

Freund, dem Maler und Karikaturisten

Ernst Schalck, die politisch-satirische Wochenschrift

›Frankfurter Latern‹. Sie trug

den Untertitel ›Illustriertes-satyrisches,

humoristisch-raisonnierendes, ästhetisch-annoncirendes

Wochenblatt, wo

die Woch‘ zehn Tage hat‹. Die ›Latern‹

erreichte mit ihren Parodien auf den

Frankfurter Kleinbürger hohe Auflagen.

Als Grundgedanken der Zeitschrift formulierte

Stoltze: »Humor im Dienste der

Freiheit und des Vaterlandes«. Mit bissigem

Spott zielte die ›Latern‹ immer

wieder auf Otto von Bismarck. Kritisch

kommentierte sie dessen Kulturkampf

gegen die katholische Kirche, die Sozialistenverfolgung,

die Bismarck’sche Steuerpolitik

und den Militarismus. Wegen

solcher Kritik musste Stoltze kurzzeitig

aus seiner Heimatstadt fliehen, als Preußen

1866 Frankfurt annektierte. Die

›Frankfurter Latern‹ blieb fünf Jahre lang

verboten. Stoltze jedoch umging die Zensur

mit neu gegründeten Zeitschriften,

wie ›Der wahre Jacob‹ oder die ›Frankfurter

Pechfackel‹.

Die Frankfurter haben ihren Friedrich

Stoltze immer in Ehren gehalten. Tausende

nahmen 1891 an seiner Beerdigung

auf dem Frankfurter Hauptfriedhof

teil. Halb Frankfurt und alles, was in der

Stadt Rang und Namen hatte, soll auf

den Beinen gewesen sein. Noch in Stoltzes

Todesjahr machten sich Frankfurter

Bürger für ein Stoltze-Denkmal stark. Der

aus dieser Initiative hervorgegangene

Stoltze-Brunnen wurde 1895 errichtet.

Nach mehreren Ortswechseln steht das

restaurierte Monument heute wieder an

seinem alten Platz auf dem Hühnermarkt

nahe des Doms. Würdevoll und

vollbärtig schaut Stoltze auf die Besucher

herab. Die Stadtführer legen in ihren Erklärungen

Wert darauf, dass das Denkmal

nicht Karl Marx verkörpere. Auch an anderer

Stelle begegnet uns Stoltze in

Frankfurt und Umgebung: Straßen,

Schneisen im Frankfurter Stadtwald und

Kulturpreise tragen seinen Namen. Michael

Quasts Volksbühne hat Stoltze im

Programm. Das Stoltzemuseum der

Frankfurter Sparkasse präsentiert in unmittelbarer

Nähe zum Hühnermarkt

Leben und Wirken des Freiheitsdichters.

Friedrich Stoltze kämpfte zeit seines

Lebens trotz Zensur und Verfolgung

sprachmächtig und unbeirrt gegen staatliche

Unterdrückung. Als der 60-Jährige

1876 wegen Verhöhnung der Obrigkeit

verhaftet werden sollte, reagierte er in

stolzer Gelassenheit mit einem Gedicht,

in dem es heißt:

»Ihr könnt in meinen alten Tagen

Mich schleppen vor ein Strafgericht,

Mich samt der Gicht ins Zuchthaus

tragen,

Doch bessern, bessern wird's mich

nicht ...«

Friedrich Stoltzes Geburtshaus in der Frankfurter Altstadt.

Foto: Carl Friedrich Fay (1853–1918)

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