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Irene Dingel: Die Reformation in Gestaltungen und Wirkungen (Leseprobe)

Die von der Reformation ausgehenden Impulse veränderten nicht nur Kirche und Frömmigkeit, sondern auch die Strukturen der Gesellschaft sowie die rechtlichen und politischen Dimensionen der damaligen Lebenswelt. Die hier versammelten Beiträge, die zum überwiegenden Teil aus den Themenjahren der Reformationsdekade hervorgegangen sind, veranschaulichen das gestaltende und nachhaltig wirkende Potenzial der Reformation. Sie spannen einen weiten Bogen vom 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts und eröffnen Perspektiven auf die frühe Verbreitung reformatorischer Inhalte, auf Formen von Frömmigkeit und katechetischer Unterweisung sowie auf rechtliche Neuordnung in politisch motivierten Religionsfriedensregelungen einerseits und kirchlich ausgerichteter Union andererseits.

Die von der Reformation ausgehenden Impulse veränderten nicht nur Kirche und Frömmigkeit, sondern auch die Strukturen der Gesellschaft sowie die rechtlichen und politischen Dimensionen der damaligen Lebenswelt. Die hier versammelten Beiträge, die zum überwiegenden Teil aus den Themenjahren der Reformationsdekade hervorgegangen sind, veranschaulichen das gestaltende und nachhaltig wirkende Potenzial der Reformation. Sie spannen einen weiten Bogen vom 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts und eröffnen Perspektiven auf die frühe Verbreitung reformatorischer Inhalte, auf Formen von Frömmigkeit und katechetischer Unterweisung sowie auf rechtliche Neuordnung in politisch motivierten Religionsfriedensregelungen einerseits und kirchlich ausgerichteter Union andererseits.

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<strong>Die</strong> <strong>Reformation</strong> im Bild 73<br />

lichkeit. Das Bild wird somit zu e<strong>in</strong>em Spiegel des Urbildes, <strong>und</strong> nur <strong>in</strong> dieser<br />

Beziehung zum Urbild gew<strong>in</strong>nt es se<strong>in</strong>e Bedeutung. Eshat h<strong>in</strong>weisende <strong>und</strong><br />

offenbarende Funktion.<br />

Bis <strong>in</strong> die Frühe Neuzeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> verlief die Bildertheologie der römischen<br />

Kirche mit dieser orthodoxen Bildertheologie konform. Noch das Konzil von<br />

Trient, das später die gültige katholische Bilderlehre def<strong>in</strong>ierte, schloss an die<br />

Aussagen des Zweiten Nizänums von 787 <strong>und</strong> die von Johannes Damascenus<br />

entfaltete Position an. Es zielte aber <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Reformorientierung darauf,<br />

Missbräuche abzustellen. 3 In dem Konzilsdekret De <strong>in</strong>vocatione, veneratione et<br />

reliquiis sanctorum, et sacris imag<strong>in</strong>ibus, d.h.dem Dekret über die Anrufung, die<br />

Verehrung <strong>und</strong> die Reliquien der Heiligen <strong>und</strong> über die heiligen Bilder, vom 3. Dezember<br />

1563ist zu lesen: »Ferner soll man die Bilder Christi, der jungfräulichen<br />

Gottesgebärer<strong>in</strong> <strong>und</strong> anderer Heiliger vor allem <strong>in</strong> den Kirchen haben <strong>und</strong> beibehalten<br />

<strong>und</strong> ihnen die schuldige Ehre <strong>und</strong> Verehrung erweisen, nicht weil man<br />

glaubte, <strong>in</strong> ihnen sei irgende<strong>in</strong>e Gottheit oder Kraft, deretwegen sie zu verehren<br />

seien, oder weil man von ihnen irgendetwas erbitten könnte oder weil man<br />

Vertrauen <strong>in</strong> Bilder setzen könnte,wie es e<strong>in</strong>st von Heiden getan wurde, die ihre<br />

Hoffnung auf Götzenbilder setzten […]: sondern weil die Ehre, die ihnen [d. h. den<br />

Bildern] erwiesen wird, sich auf die Urbilder bezieht, die jene darstellen, so daß<br />

wir durchdie Bilder,die wir küssen<strong>und</strong> vor denen wir das Haupt entblößen<strong>und</strong><br />

niederfallen, Christus anbeten <strong>und</strong> die Heiligen, deren Bildnis sie tragen, verehren.<br />

<strong>Die</strong>s wurde von den Beschlüssen der Konzilien, vor allem aber des zweiten<br />

Konzils von Nikaia, gegen die Bilderstürmer bei Strafandrohung festgelegt«. 4<br />

<strong>Die</strong>ser kurze Rückblick ist notwendig, um zu verstehen, wie sehr die <strong>Reformation</strong><br />

e<strong>in</strong>erseits die Frömmigkeitspraxis veränderte <strong>und</strong> wie sie sich andererseits<br />

e<strong>in</strong>es für die alte Frömmigkeitspraxis sehr wichtigen Mediums zur<br />

Propagierung der eigenen Lehre bemächtigte <strong>und</strong> es sodann für eigene Zwecken<br />

e<strong>in</strong>setzte. Denn die <strong>Reformation</strong> entwickelte e<strong>in</strong> völlig neues Verhältnis zum<br />

Bild. Ausschlaggebenddafür wurde diesogenannte Wittenberger Bewegung von<br />

1521/1522, die <strong>in</strong> jene Zeit fiel, <strong>in</strong> der sich Mart<strong>in</strong> Luther nach dem Wormser<br />

Reichstag von 1521 <strong>und</strong> dem für ihn bedrohlichen Edikt von Worms auf der<br />

Wartburg verborgen hielt. Unter dem E<strong>in</strong>fluss Andreas Bodenste<strong>in</strong>s von Karlstadt,<br />

dem e<strong>in</strong>stigen DoktorvaterLuthers, kam es <strong>in</strong> der kle<strong>in</strong>en, kursächsischen<br />

3<br />

Vgl. dazu Christian Hecht,Katholische Bildertheologie der Frühen Neuzeit. Studien zu<br />

Traktaten von Johannes Molanus, Gabriele Paleotti <strong>und</strong> anderen Autoren, Berl<strong>in</strong> 2012, 11–<br />

13.<br />

4<br />

He<strong>in</strong>rich Denz<strong>in</strong>ger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse <strong>und</strong> kirchlichen Lehrentscheidungen,<br />

hrsg. v. Peter Hünermann, Freiburg Br./Basel/Rom/Wien, 45. Aufl. 2017<br />

[= DH], Nr. 1823.

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