Jürgen Belgrad D 4 Szenisches Spiel

Jürgen Belgrad D 4 Szenisches Spiel Jürgen Belgrad D 4 Szenisches Spiel

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26.12.2012 Aufrufe

D4 Szenisches Spiel Gleichsam vertikal dazu gelagert lassen sich Spielformen unterscheiden, die sich entweder stärker am Aspekt Verstehen oder stärker am Aspekt Gestalten orientieren. Bei den ersten Spielformen, den Rollenspielen, geht es wesentlich um das Verstehen von Subjekt- und Interaktionsstrukturen und weniger darum, dass sich die Protagonisten dabei gut ausdrücken, sondern dass sie verstehbar spielen. Es sollen vor allem die Erlebnisse, Handlungen und Lebenswelten verstanden werden. Hier sind eher analytische Kompetenzen gefordert. Die andere Gruppe von Spielen, bei denen es wesentlich auf das Gestalten des Ausdrucks der Situation oder der Textvorlage ankommt, sollen darstellende Spiele genannt werden. Hier kommt es darauf an, die Erlebnisse, Handlungen und Lebenswelten ästhetisch befriedigend und ausdrucksstark darzustellen. Die Zuschauer wollen sehen, wie gut die Protagonisten spielen und die Protagonisten haben den Anspruch möglichst interessant und ideenreich zu spielen. Hier werden eher ästhetische Kompetenzen gefordert. Beide Spielformen sind zwar nicht trennscharf zu separieren. Bei den analytischen Kompetenzen werden auch ästhetische Kompetenzen gefordert und umgekehrt. Aber es dominiert jeweils ein Aspekt, entweder eher Verstehen oder eher Gestalten (vgl. dazu auch die Beschlüsse der KMK 2003, 20). Rollen- und gestaltende Spiele bilden die Pole auf einer kontinuierlichen vertikalen Achse. So lassen sich auch hier Zwischenformen bestimmen, die sowohl am Rollenspiel ausrichten, aber auch darstellend orientiert sind (z. B. wird in einer Szenenfolge eine Konfliktsituation als Statuentheater realisiert). Um diese vier unterschiedlichen Spielformen vor allem in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit zu zeigen, lässt sich eine Matrix aus Situations- und Textspielen einerseits und aus Rollenspielen und darstellenden Spielen andererseits aufstellen, aus der sich beliebige Kombinationen mit jeweiligen Schwerpunkten und Graden der Ausdifferenzierung herstellen lassen. Die jeweils konkrete Spielform lässt sich damit sowohl auf der horizontalen als auch auf der vertikalen Achse zugleich verorten und bildet dort eine bestimmte Kombination aus Spielformen. Z. B. kann eine konkrete Szene stärker rollenspiel- und textorientiert sein, eine andere wiederum eher darstellend und situationsorientiert, eine dritte weder darstellend und textorientiert oder auch eher situations- und rollenspielorientiert usw. Die Spielformen werden beim szenischen Spiel in der Schule oft wechseln. Die Praxis zeigt, dass die häufigste Kombination von Spielformen eher collagenartig gestaltet als einheitlich inszeniert wird. 304

305 Abb. 2: Spielformen der szenischen Kommunikation Jürgen Belgrad 4 Kompetenzen und Beurteilungskriterien der szenischen Kommunikation Im Folgenden sind die Teilkompetenzen aller vier Spielformen enthalten, auch wenn diese noch formenspezifisch auszudifferenzieren wären. Die hier vorgeschlagenen Teilkompetenzen der szenischen Kommunikation sind zwar zunächst für die Protagonisten formuliert, werden aber für die Zuschauer gleichermaßen relevant, da die Kompetenzen der Protagonisten zugleich Beurteilungskriterien der Zuschauer sind. Gleichzeitig gibt es beim szenischen Spiel in der Schule keine dauerhafte Rollenverteilung zwischen Protagonisten und Zuschauern. Sind in der einen Szene einige die Protagonisten, sind es in der nächsten Szene schon wieder andere. Protagonisten und Zuschauer komplettieren sich als Akteure im szenischen Spiel. Es sind Zeitrollen, die im Verlauf der Szenenfolge dauernd wechseln können. Was auf der einen Seite als aktive Kompetenzen der Protagonisten formuliert wird, die diese im Verlauf des Spielprozesses entwickeln sollen, gilt für die Zuschauer als rezeptive Komplementäreigenschaft. Die Zuschauer sehen, ob diese Kompetenzen im Spiel verwirklicht werden und müssen diese deshalb bei sich virtuell verwirklicht haben (Komplementärfunktion der Kompetenzen als Beurteilungskriterien). Und auch für die Protagonisten sind die Beurteilungskriterien der Zuschauer komplementäre Eigenschaften. Zwar beurteilen die Zuschauer die Szene nach diesen Kriterien, aber auch für die Protagonisten sind es Kriterien, inwiefern sie die entsprechenden Kompetenzen schon erreicht haben. Insofern bilden Kompetenzen und Beurteilungskriterien eine Einheit im szenischen Spiel. Hier fließen auch alle vorigen Überlegungen zu den Symbolisierungen (3.2) Weltbezügen (3.3), der Rezeptions- und Produktionsorientierung (3.4.) und

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Abb. 2: <strong>Spiel</strong>formen der szenischen Kommunikation<br />

<strong>Jürgen</strong> <strong>Belgrad</strong><br />

4 Kompetenzen und Beurteilungskriterien der szenischen<br />

Kommunikation<br />

Im Folgenden sind die Teilkompetenzen aller vier <strong>Spiel</strong>formen enthalten,<br />

auch wenn diese noch formenspezifisch auszudifferenzieren wären. Die hier<br />

vorgeschlagenen Teilkompetenzen der szenischen Kommunikation sind<br />

zwar zunächst für die Protagonisten formuliert, werden aber für die<br />

Zuschauer gleichermaßen relevant, da die Kompetenzen der Protagonisten<br />

zugleich Beurteilungskriterien der Zuschauer sind. Gleichzeitig gibt es beim<br />

szenischen <strong>Spiel</strong> in der Schule keine dauerhafte Rollenverteilung zwischen<br />

Protagonisten und Zuschauern. Sind in der einen Szene einige die<br />

Protagonisten, sind es in der nächsten Szene schon wieder andere.<br />

Protagonisten und Zuschauer komplettieren sich als Akteure im szenischen<br />

<strong>Spiel</strong>. Es sind Zeitrollen, die im Verlauf der Szenenfolge dauernd wechseln<br />

können. Was auf der einen Seite als aktive Kompetenzen der Protagonisten<br />

formuliert wird, die diese im Verlauf des <strong>Spiel</strong>prozesses entwickeln sollen,<br />

gilt für die Zuschauer als rezeptive Komplementäreigenschaft. Die<br />

Zuschauer sehen, ob diese Kompetenzen im <strong>Spiel</strong> verwirklicht werden und<br />

müssen diese deshalb bei sich virtuell verwirklicht haben<br />

(Komplementärfunktion der Kompetenzen als Beurteilungskriterien). Und<br />

auch für die Protagonisten sind die Beurteilungskriterien der Zuschauer<br />

komplementäre Eigenschaften. Zwar beurteilen die Zuschauer die Szene<br />

nach diesen Kriterien, aber auch für die Protagonisten sind es Kriterien,<br />

inwiefern sie die entsprechenden Kompetenzen schon erreicht haben.<br />

Insofern bilden Kompetenzen und Beurteilungskriterien eine Einheit im<br />

szenischen <strong>Spiel</strong>.<br />

Hier fließen auch alle vorigen Überlegungen zu den Symbolisierungen (3.2)<br />

Weltbezügen (3.3), der Rezeptions- und Produktionsorientierung (3.4.) und

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