Jürgen Belgrad D 4 Szenisches Spiel
Jürgen Belgrad D 4 Szenisches Spiel
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D4 <strong>Szenisches</strong> <strong>Spiel</strong><br />
Gleichsam vertikal dazu gelagert lassen sich <strong>Spiel</strong>formen unterscheiden, die<br />
sich entweder stärker am Aspekt Verstehen oder stärker am Aspekt<br />
Gestalten orientieren. Bei den ersten <strong>Spiel</strong>formen, den Rollenspielen, geht es<br />
wesentlich um das Verstehen von Subjekt- und Interaktionsstrukturen und<br />
weniger darum, dass sich die Protagonisten dabei gut ausdrücken, sondern<br />
dass sie verstehbar spielen. Es sollen vor allem die Erlebnisse, Handlungen<br />
und Lebenswelten verstanden werden. Hier sind eher analytische<br />
Kompetenzen gefordert. Die andere Gruppe von <strong>Spiel</strong>en, bei denen es<br />
wesentlich auf das Gestalten des Ausdrucks der Situation oder der<br />
Textvorlage ankommt, sollen darstellende <strong>Spiel</strong>e genannt werden. Hier<br />
kommt es darauf an, die Erlebnisse, Handlungen und Lebenswelten<br />
ästhetisch befriedigend und ausdrucksstark darzustellen. Die Zuschauer<br />
wollen sehen, wie gut die Protagonisten spielen und die Protagonisten haben<br />
den Anspruch möglichst interessant und ideenreich zu spielen. Hier werden<br />
eher ästhetische Kompetenzen gefordert. Beide <strong>Spiel</strong>formen sind zwar nicht<br />
trennscharf zu separieren. Bei den analytischen Kompetenzen werden auch<br />
ästhetische Kompetenzen gefordert und umgekehrt. Aber es dominiert<br />
jeweils ein Aspekt, entweder eher Verstehen oder eher Gestalten (vgl. dazu<br />
auch die Beschlüsse der KMK 2003, 20). Rollen- und gestaltende <strong>Spiel</strong>e<br />
bilden die Pole auf einer kontinuierlichen vertikalen Achse. So lassen sich<br />
auch hier Zwischenformen bestimmen, die sowohl am Rollenspiel<br />
ausrichten, aber auch darstellend orientiert sind (z. B. wird in einer<br />
Szenenfolge eine Konfliktsituation als Statuentheater realisiert).<br />
Um diese vier unterschiedlichen <strong>Spiel</strong>formen vor allem in ihrer<br />
gegenseitigen Abhängigkeit zu zeigen, lässt sich eine Matrix aus Situations-<br />
und Textspielen einerseits und aus Rollenspielen und darstellenden <strong>Spiel</strong>en<br />
andererseits aufstellen, aus der sich beliebige Kombinationen mit jeweiligen<br />
Schwerpunkten und Graden der Ausdifferenzierung herstellen lassen. Die<br />
jeweils konkrete <strong>Spiel</strong>form lässt sich damit sowohl auf der horizontalen als<br />
auch auf der vertikalen Achse zugleich verorten und bildet dort eine<br />
bestimmte Kombination aus <strong>Spiel</strong>formen. Z. B. kann eine konkrete Szene<br />
stärker rollenspiel- und textorientiert sein, eine andere wiederum eher<br />
darstellend und situationsorientiert, eine dritte weder darstellend und<br />
textorientiert oder auch eher situations- und rollenspielorientiert usw. Die<br />
<strong>Spiel</strong>formen werden beim szenischen <strong>Spiel</strong> in der Schule oft wechseln. Die<br />
Praxis zeigt, dass die häufigste Kombination von <strong>Spiel</strong>formen eher<br />
collagenartig gestaltet als einheitlich inszeniert wird.<br />
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