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Notwendigkeit der Prozeßstabitität auch in kleinen Kläranlagen und

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TAE-Sem<strong>in</strong>ar: Kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Pflanzenkläranlagen<br />

Referat Nr. 5<br />

<strong>Notwendigkeit</strong> <strong>der</strong> <strong>Prozeßstabitität</strong> <strong>auch</strong> <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

<strong>Kläranlagen</strong> <strong>und</strong> Möglichkeiten zur Erhöhung<br />

Notwendi gkeit<br />

Def<strong>in</strong>ition<br />

Wirkungsgrad<br />

Prof. Dr. Peter M. Kunz<br />

Abwasserre<strong>in</strong>igung unter dcm Gesichtspunkt<br />

des Notwendigen <strong>und</strong> Machbaren<br />

Die Bemühungen zvr Gewässerre<strong>in</strong>haltung durch Abwasservermeidung<br />

<strong>und</strong> -re<strong>in</strong>igung <strong>in</strong> den alten B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n<br />

zeigen erste ökologische Erfolge. Zwar werden die For<strong>der</strong>ungen<br />

aus dem 1. Anhang zvr Rahmenabwasserverwaltungsvorschrift<br />

werden zwar noch nicht flächendeckend<br />

erfüllt <strong>und</strong> <strong>auch</strong> die Ec-Richtl<strong>in</strong>ie wird wohl nicht fristgerecht<br />

urn_qesetzt, dclch haben die Anstrengungen <strong>der</strong><br />

vergangenen Jahre den Artenreichtum wie<strong>der</strong> vermehrt.<br />

Auch <strong>in</strong> den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d erste Erfolge zv<br />

sehen - teils durch die Betriebsstillegungen, teils aber<br />

<strong>auch</strong> schon durch den Bau von Kanalisationen <strong>und</strong><br />

<strong>Kläranlagen</strong>. Zum Schutz von Nord- <strong>und</strong> Ostsee dürfen<br />

aber die Vermeidungs- <strong>und</strong> Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />

noch nicht nachlassen.<br />

Wenn es um die Verbesserung <strong>der</strong> Gewässergüte geht,<br />

denkt man unwillkürlich an e<strong>in</strong>e Verbesserung <strong>der</strong> Ablaufergebnisse<br />

aus Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen <strong>und</strong> <strong>auch</strong><br />

unwillkürlich an e<strong>in</strong>e Erweiterung. Sicherlich s<strong>in</strong>d <strong>auch</strong><br />

bauliche Maßnahmen notwendig, vielfach läßt sich aber<br />

bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> bestehenden Bausubstanz e<strong>in</strong>e Menge realisieren<br />

IKUNZ, 1986; WEBER, 1993]<br />

E,<strong>in</strong>e E,rhöhung des Wirkun-esgrades - um die es sich hierbei<br />

handelt - e<strong>in</strong>er Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlage durch bauliche<br />

Maßnahmen ist bekanntlich mit überproportional<br />

hohen Kosten verb<strong>und</strong>en (Gesetz vorn Grenznutzen).<br />

Der Wirkungsgrad ist eigentlich e<strong>in</strong>e betriebswirtschaftliche<br />

Größe: er drückt die Effektivität bzw. die Ausbeute<br />

aus. Unter dem Wirkungsgrad <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abwassertechnik hat<br />

man h<strong>in</strong>gegen die Differenz zwischen Ausgangs- <strong>und</strong><br />

Endzustand im Verhältnis zum Ausgangszustand <strong>in</strong> Prozent<br />

zrr verstehen (Beispiel: Zulauffracht m<strong>in</strong>us Ablauffracht<br />

dividiert durch die Zulauffracht multipliziert mit<br />

Hun<strong>der</strong>t ) .


I)ro1'. Dr. Peter NI. Kunz,'. Prozellstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en i\h\Ä'lrssc,rrc<strong>in</strong>iuunssaulaserl Seite l<br />

Okologische<br />

Betrachtung Betrachtet man aber die E<strong>in</strong>leitungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en längeren<br />

Gewässerabschnitt kann es durchaus se<strong>in</strong>, dalJ die resultierende<br />

Gewässerbelastung bei gleichen f<strong>in</strong>anziellen<br />

Aufwendungen niedriger ist, wenn an allen E<strong>in</strong>leitungsstellen<br />

e<strong>in</strong>e Teilre<strong>in</strong>igung stattf<strong>in</strong>det, wenn im Vergleich<br />

dazu nur an e<strong>in</strong>er Stelle (zentrales Klärwerk) zrr 98% sere<strong>in</strong>igt<br />

wird.<br />

Re<strong>in</strong>igungsleistung versus Re<strong>in</strong>igungswirkung<br />

Zurück jedoch zur Abwasserre<strong>in</strong>igung: Im abwassertechnischen<br />

Sprachgebr<strong>auch</strong> hat sich e<strong>in</strong>gebürgert, von Re<strong>in</strong>igungsleistung<br />

zu sprechen, wenn man Re<strong>in</strong>igungswirkung<br />

o<strong>der</strong> den Wirkungsgrad me<strong>in</strong>t. Re<strong>in</strong>igungsleistung be<strong>in</strong>haltet<br />

aber den Zertbegriff (Arbeit pro Zeite<strong>in</strong>heit _<br />

Leistung). Die Re<strong>in</strong>igungsergebnisse konnten erheblich <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren verbessert werden (siehe ATV-Nachbarschaftsberichte);<br />

nicht imme' <strong>auch</strong> die Wirkungsgrade,<br />

wenn sie auf Basis <strong>der</strong> Konzentration ermittelt wurden,<br />

da <strong>in</strong> v ielen E<strong>in</strong>zugsgebieten <strong>der</strong> Oberflächenabfluß gesteigert<br />

wurde <strong>und</strong> damit die Verdünnung zur Konzentrationsabsenkung<br />

führte .<br />

Prozeßstabilität<br />

Betrachtet man jedoch die Entwicklung <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igungsleistung<br />

von Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen <strong>in</strong> den letzten Jahren,<br />

muß man konstatieren, daß sie immer schlechter<br />

wurden: In <strong>der</strong> Schlammbelastung kommt dies zum Ausdruck<br />

(siehe Bild 1). Sie ist nämlich nichts an<strong>der</strong>es als<br />

e<strong>in</strong>e Geschw<strong>in</strong>digkeitsgröße (kg BSBS/kg TS <strong>und</strong> d_<br />

1/d). Bekanntlich wurde <strong>in</strong> den 70er Jahren die Schlammbelastung<br />

mit 0,3 bemessen, <strong>in</strong> den 80ern auf 0,15 für<br />

Nitrifikation im Sommer <strong>und</strong> nun s<strong>in</strong>d wir - bei e<strong>in</strong>em<br />

Schlammalter von zehn Taeen bei 0.075 ansekommen.<br />

Be<strong>in</strong>ahe entscheiden<strong>der</strong> als <strong>der</strong> Wirkungsgrad ist jedoch<br />

die Prozellstabiiität e<strong>in</strong>es Verfahrens. Schließlich erlebt<br />

man immer wie<strong>der</strong>, daß Verfahrens- <strong>und</strong> Anlagenanbieter<br />

Diagramme von Untersuchungen an ihren Pilotanlagen<br />

zeigen. die über L4 Tage sehr niedrige Ablaufwerte zeigen.Nur<br />

wer nachfragt, wie es über dieses Diagramm<br />

h<strong>in</strong>aus mit dem Ablaufwerten weiterg<strong>in</strong>g, erfährt <strong>auch</strong>,<br />

dall dieser o<strong>der</strong> jener E<strong>in</strong>flußfaktor das Re<strong>in</strong>igungsergebnis<br />

nachfolgend verschlechtert habe (only show the<br />

best results I ).<br />

Def<strong>in</strong>ition Prozeßstabilität<br />

DAMIECKI [1982] def<strong>in</strong>ierte die Prozeßstabilitat als E<strong>in</strong>haltung<br />

e<strong>in</strong>er als arithmetischen Mittelwert betrachteten<br />

Ablaufkonzentration über e<strong>in</strong>en läneeren Beobachtunss-


Prof. Dr. Peter M. Kunz: Prttzellstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Ahrvasserre<strong>in</strong>igungsanlagen Seite 3<br />

zeitraunt. KUNZ<br />

Streuung um den<br />

anzugeben (siehe<br />

[1986] schlug<br />

Mittelwert <strong>der</strong><br />

Bild 2)<br />

Bild I Relative Abbauleistung <strong>in</strong><br />

Schlammbelastung tMUDRACK,<br />

Bitd 2<br />

o<br />

3-<br />

(,<br />

z<br />

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9 tu<br />

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7<br />

I<br />

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loo<br />

90<br />

70<br />

50<br />

30<br />

lo<br />

o<br />

BEREICH DER ZU ERWARIENDEN<br />

RgNTGUNGSERGESNTSSE (TUNKnONSEEREJCH)<br />

BANDERE'IE DER STRzuUNG<br />

(Mo0 li,lr ProzcBrlobllllöl)<br />

vor, d ie Bandbreite <strong>der</strong><br />

gemessenen Ablaufwerte<br />

an <strong>der</strong> Leistungsgrenze<br />

breites Leistungsspektrum<br />

ger<strong>in</strong>ges Leistungsspektrum<br />

g3 o,7<br />

BrS(kg/kg d)<br />

Abhängigkeit von<br />

KUNST, 1985]<br />

E16?|ttr20<br />

zusammenhang zwischen Re<strong>in</strong>igungsergebnis, prozeßstabilität<br />

<strong>und</strong> Funktionstüchtigkeit IKUNZ, l9g6l<br />

<strong>der</strong>


Prof . Dr. Peter M. Kunz: Prozeßstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abu'asserre<strong>in</strong>igungsanlagen Seite 4<br />

Bitd 3<br />

Schließlich ist die Prozeßstabilitat das entscheiclencle<br />

Merkmal, wenn es um die E<strong>in</strong>haltung von Grenzwerten<br />

geht. Der M ittelwert plus d ie streubreite zusammen müssen<br />

zu 100% (was nicht gehen wird!) unter dem Grenzwert<br />

liegen! E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Planungs-Philosophie ist nicht<br />

zulässig, wenn man den verantwclrtlichen Bürgermeister<br />

nicht <strong>in</strong>s Gefängnis br<strong>in</strong>gen will.<br />

Man kann aber <strong>auch</strong> die Summenhäufigkeitsverteilungen<br />

(siehe Bild 3) dieser Ablaufrverte ermitteln <strong>und</strong> das 80o<strong>der</strong><br />

90-Perzentil bzgl. e<strong>in</strong>es Parameters angeben!<br />

SUMMENHAUT|OXE|T lN q MIT N-HEMMUNG<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

10 20 30<br />

o ARITHI.4ETISCIJER MNTELWEFI<br />

Prozeßstab ilitat<br />

IDAMIECKI, 19821<br />

60<br />

BSBA6 -t'4C /L<br />

von Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen<br />

Zu beachten ist dabei natürlich <strong>auch</strong> <strong>der</strong> Parameter, auf<br />

den sich die Prozeßstabilität bezieht. Beispielsweise nürzt<br />

es nichts, wenn <strong>der</strong> CSB aus <strong>der</strong> filtrierten probe bestimmt<br />

wird, wenn <strong>der</strong> wasserrechtliche Bescheid die homogenisierte<br />

Probe vorsieht <strong>und</strong> das zum E<strong>in</strong>satz kommende<br />

verfahren zeitweise von Schlammabtrieb durch<br />

unkontrollierte Denitrifikation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachklärung o<strong>der</strong><br />

Ablösung von Feststoff-Fetzen von Schrägklärer-Flächen<br />

gekennzeichnet ist.<br />

Lei<strong>der</strong> f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> den meisten Veröffentlichungen jedoch<br />

nur Fieberkurven von Ablaufwerten.


Prol'. Dr. Peter N{. Kunz: Prtlz-el}stabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>cn Ahuasssrrc<strong>in</strong>iIunssal]lasen Seitc 5<br />

S<strong>in</strong>nvolle Abwasser-Re<strong>in</strong>igung/<br />

Entropie Bei allen Bemühungen darf die Abwasserre<strong>in</strong>igung ke<strong>in</strong><br />

Selbstzweck se<strong>in</strong>, Son<strong>der</strong>n muß immer unter ciem Aspekt<br />

des S<strong>in</strong>nvollen betrachtet werden. Schließlich ist Abwasser<br />

e<strong>in</strong> Zustand mit hoher molekularer Entropie. Abwasserre<strong>in</strong>igung<br />

stellt je nach Intensität e<strong>in</strong>e Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Moleküle je Abwasser-Volumene<strong>in</strong>heit dar, e<strong>in</strong>hergehend<br />

mit <strong>der</strong> Abnahme <strong>der</strong> stofflichen Entropie. Die Intensität<br />

<strong>der</strong> Abwasserre<strong>in</strong>i-eung steht aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong><br />

direktem Zusammenhang mit dem E<strong>in</strong>satz von Energie.<br />

Strom o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Energieträger werden genutzt. um e<strong>in</strong>en<br />

Zustand zu verbessern. Dadurch wird aber gleichzeitig<br />

die E,ntropie des Gesamtsystems erhöht. Aus dieser<br />

Warte ist es durchaus nicht uns<strong>in</strong>nig, die natürlichen<br />

Kräfte <strong>in</strong> die Re<strong>in</strong>igungsüberlegungen e<strong>in</strong>zubeziehen, da<br />

die ENtropie-Erhöhung des Gesamtsystems dem Umweltschutz-Gedanken<br />

zuwi<strong>der</strong>l äuft .<br />

Biologiefähigkeit<br />

Be dienun g<br />

E<strong>in</strong>flußfaktoren auf die Prozeßstabilität<br />

E<strong>in</strong>er Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlage fließt Abwasser, bestehend<br />

aus e<strong>in</strong>er Vielzahl geogener, biogener <strong>und</strong> anthropogener<br />

Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> ständig wechselnden Konzentrationen<br />

zv. Ke<strong>in</strong> Abwasser gleicht dem an<strong>der</strong>en. Neben<br />

den nichtanthropogenen E<strong>in</strong>flußfaktoren determ<strong>in</strong>ieren die<br />

Siedlungsstruktur, die sozioökonomischen Verhältnisse<br />

<strong>und</strong> die Art des angesiedelten Gewerbes die Abwasserzusammensetzung<br />

<strong>und</strong> Verteilung über die Tageszeit.<br />

Die Abwasserzusammensetzung (<strong>der</strong> Verfasser empfiehlt<br />

die Methode " Abwasser ist destilliertes Wasser plus . . .)<br />

determ<strong>in</strong>iert die biologische Behandelbarkeit, um die es<br />

hier ausschließlich geht. Die Abwasser<strong>in</strong>haltsstoffe müssen<br />

"biologiefähig" se<strong>in</strong>, wenn sie biologisch behandelt<br />

werden sollen. Erstaunlicherweise verkraftet e<strong>in</strong>e breite<br />

Mikroorganismen-Population <strong>auch</strong> die E<strong>in</strong>leitung an sich<br />

toxisch wirken<strong>der</strong> Abwasser<strong>in</strong>haltsstoffe, weil entwe<strong>der</strong><br />

diese ihre antimikrobielle Wirksamkeit durch die Reaktion<br />

mit an<strong>der</strong>en Abwasser<strong>in</strong>haitsstoffen bereits verloren<br />

haben o<strong>der</strong> die Mikroorganismen über Inaktivierungssysteme<br />

verfügen (es gibt Mikroorganismen <strong>in</strong> Des<strong>in</strong>fektionsmittel-Behältern!)<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>ige Mikroorganismen zwar<br />

abgetötet werden, aber an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> diese Nische so schnell<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wachsen, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Summe ke<strong>in</strong>e nesative Wirkuns<br />

mehr zu erkennen ist.<br />

Der Verfasser verfügt über Untersuchungsergebnisse, die<br />

zeigen, dall das Bedienungspersonal eher die Funktion e<strong>in</strong>er<br />

Kläranlage bee<strong>in</strong>trächtigt, als die häufig <strong>in</strong>s Feld ge-


Prof. Dr. Peter NI. Kunz: Prozellstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abu'asscrre<strong>in</strong>icunssanlaIen Seite 6<br />

G renzwert-<br />

E<strong>in</strong>haltung<br />

Aufgabenbeschrei<br />

bung<br />

Prozeß -<br />

Determ<strong>in</strong>anten<br />

Zuf all<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

führten toxischen E<strong>in</strong>leitungen. Damit soll jedoch nicht<br />

gesagt werden, daß es diese nicht <strong>auch</strong> ab <strong>und</strong> zu gibt.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sollte <strong>in</strong> solchen Fällen <strong>der</strong> <strong>Kläranlagen</strong>planer<br />

Möglichkeiten vorgesehen haben, damit <strong>auch</strong> <strong>in</strong> diesen<br />

Fällen ke<strong>in</strong>e Grenzwert-ÜUerschreitungen zu verzeichnen<br />

s<strong>in</strong>d. Hier muß man lei<strong>der</strong> konstatieren, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verg,<br />

ngenheit viel z\ sehr das erreichbare Prozeßergebnis <strong>in</strong><br />

den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> gestellt wurde <strong>und</strong> nicht das "sicher erreichbare".<br />

Hätte man sich dieses Ztel gesteckt, würden<br />

die Grenzwerte <strong>in</strong> den EG- <strong>und</strong> Landeswassergesetzen<br />

(Wasserrecht ist Landesrecht) nicht so niedrig liegen. In<br />

Baden-Württemberg müssen <strong>in</strong> 19 <strong>Kläranlagen</strong> (Stand Dezember<br />

1993) Essigsäure als Wasserstoff-Donator für die<br />

Denitrifikation zudosiert werden, damit die Stickstoff-<br />

Grenzwerte e<strong>in</strong>eehalten werden können!<br />

Aufgabe des <strong>Kläranlagen</strong>-Planers (<strong>der</strong> Verfasser verwendet<br />

das Wort Kläranlage für den gesamten Anlagenpark<br />

<strong>in</strong>klusive Schlammbehandlung) ist es,<br />

die Produkte " gere<strong>in</strong>igtes Abwasser " <strong>und</strong> " Schlamm " im<br />

Auge zu behalten [s . KUN Z , 1994],<br />

ideale Bed<strong>in</strong>gungen für jene Mikroorganismen zu schaffen,<br />

die imstande s<strong>in</strong>d, die Aufgaben "Transformation"<br />

<strong>und</strong> " Akkumulation " (s .u .) <strong>der</strong> zu el im<strong>in</strong>ierenden Abwasser<strong>in</strong>haltsstoffe<br />

zu erfüllen <strong>und</strong><br />

Maßnahmen vorzusehen, die im Falle e<strong>in</strong>es Falles die<br />

Prozeßstabilitat aufrecht erhalten. <strong>auch</strong> wenn e<strong>in</strong>zelne<br />

Teilfunktionen versagen.<br />

Bedauerlicherweise s<strong>in</strong>d vielen Betroffenen die Determ<strong>in</strong>anten<br />

hierfür nicht bekannt. Tabelle I zeigt e<strong>in</strong>en Ausschnitt<br />

von Komponenten, die alle Auswirkungen auf das<br />

Prozeßergebnis haben.<br />

In <strong>der</strong> konventionellen Klärtechnik ist noch vieles dem<br />

Zufall überlassen - viele Abhängigkeiten s<strong>in</strong>d eben noch<br />

nicht untersucht, weil bislang das System <strong>auch</strong> ohne diese<br />

Kenntnisse funktioniert hat <strong>und</strong> <strong>der</strong> Staatsanwalt sich<br />

noch selten blicken ließ.


Ptol. Dr. l)ctcr \I. Kurtz: I)rrlz-elistabilität <strong>in</strong> klc<strong>in</strong>en..\b\\asserrc<strong>in</strong>igunc:anlauen Scitc 7<br />

Tabelle I Bereits meist unbeu'ullt genutzte<br />

gischen Behandlungssystemen<br />

Determ<strong>in</strong>anten <strong>in</strong> biolo-<br />

Sauerstoff-Konzentration <strong>und</strong> -Verteilung bzrv. Kont<strong>in</strong>uität<br />

des Angebotes:<br />

Versorgung <strong>der</strong> <strong>auch</strong> im Inneren sitzenden Mikroorganismen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schlammflocke. e<strong>in</strong>em Biofilm o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schüttung.<br />

partielle Anaerobie zrrr Unterstützung von Reduktionsvorgängen<br />

bzw. Unterdrückung von höheren Organismen.<br />

die an höhere Or-Partialdrücke eeb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d<br />

Schlammabzugsmetrg€, Art <strong>und</strong> Weise:<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> spezifischen Nährstoffversorgung (je<br />

mehr Organismen, desto weniger bleibt für den e<strong>in</strong>zelnen).<br />

Absenkung des Schlammalters (das Schlammalter ist def<strong>in</strong>iert<br />

als die im System vorhandene Menge dividiert<br />

durch die täglich abgezogene ÜUerschullschlammproduktion).<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Organismen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Schlammflocke durch Destabilisierung <strong>der</strong> Flocken<br />

<strong>in</strong> Pumpen.<br />

Entnahme während des Tages führt zur Destabilisierung,<br />

da die Mikroorganismen zu diesem Zeitpunkt sowieso zu<br />

hohen Anteilen <strong>in</strong> <strong>der</strong> sedimentierenden Nachklärung<br />

verweilen, da sie über den tagsüber auftretenden Volumenstromanstieg<br />

aus dem Reaktor verstärkt ausgetragen<br />

werden.<br />

Rücklaufschlamm- <strong>und</strong> Kreislaufwassermenge:<br />

verkürzung/verlängerung <strong>der</strong> Reaktionszeiten <strong>in</strong> den belüfteten<br />

bzw. unbelüfteten Reaktionszonen.<br />

Verdünnung <strong>der</strong> Zulaufkonzentrationen.<br />

Rückführung (e<strong>in</strong>es Teils) schwerer verwertbarer Stoffe.<br />

verstärkung e<strong>in</strong>es mechanischen (Pumpen-/Rohrleitungen)<br />

<strong>und</strong> biologischen (Kontaktphasen) Streßfaktors mit Wirkung<br />

auf die Flockengröße.<br />

Rückführung von Schlammwasser, E<strong>in</strong>leitung von Fäkalschlamm:<br />

Erhöhung de r spez if i schen N ährstoffbel adung (me i st<br />

kurzzeitige Spitzenbelastung an Kohlenstoff <strong>und</strong> Stickstoff).<br />

Rückführung von (hungernden) fakultativen Anaerobiern<br />

aus Schlammfaulanlasen.


Prol. Dr. Pc'tcr N{. Kunz.: Prozelistahilität irt kleirteti Ahu'a:scrre<strong>in</strong>isunusartlaIen Scite 8<br />

Transformation<br />

<strong>und</strong> Elim<strong>in</strong>ation<br />

Akkumulation<br />

Elim<strong>in</strong>ation<br />

S pei che run g<br />

Gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>e Aspekte <strong>der</strong> Abwasserre<strong>in</strong>igung<br />

Vergessen wird häufig bei den Planungen, dalj die grenzwertrelevanten<br />

Stoffe "transformiert" <strong>und</strong> anschliellend<br />

die entstandenen Produkte weitestgehend elim<strong>in</strong>iert aus<br />

dem Abwasser werden müssen. Erst dann ist das Abwasser<br />

als gere<strong>in</strong>igt anzusehen.<br />

Beispiele: Die CSB-relevanten Stoffe müssen mikrobiell<br />

oxidiert bzw. <strong>in</strong> die Biomasse <strong>in</strong>korporiert werden <strong>und</strong><br />

die entstandene Biomasse muß quasi vollständig elim<strong>in</strong>iert<br />

werden. O<strong>der</strong>: Die biologische P-Elim<strong>in</strong>ation durch<br />

erhöhte Aufnahme von Phosphat <strong>in</strong> die Zelle setzt nicht<br />

nur voraus, daß <strong>der</strong> im Abwasser vorhandene Phosphor<br />

weitestgehend aus o-Phosphat besteht. weil nur dieser<br />

mikrobiell aufgenommen wird, son<strong>der</strong>n <strong>auch</strong>, daß die Mikroorganismen<br />

weitestgehend aus dem behandelten Abwasser<br />

entfernt werden, weil sonst die homogenisierte<br />

Probe Gre nzwert-Überschreitungen zergt - <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> P-<br />

Speicherung <strong>in</strong> den abtreibenden Zellent (ähnlich verhält<br />

es sich mit adsorbierbaren Substanzen).<br />

<strong>und</strong><br />

Die Nähr- <strong>und</strong> Störstoffelim<strong>in</strong>ation aus dem Abwasser erfolgt<br />

bedeutend schneller als jeglicher Abbau. E<strong>in</strong> bedeuten<strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Abwasser<strong>in</strong>haltsstoffe wird aus <strong>der</strong> flüss<br />

igen Phase durch physikochemische Vorgänge, wie<br />

Flockung <strong>und</strong> Sorption an die Biomasse - zum<strong>in</strong>dest vorübergehend<br />

- entfernt. Das Ausmaß dieser Schlammbeladung<br />

o<strong>der</strong> Akkumulation hängt dabei von <strong>der</strong> Art des<br />

Substrates <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Art des Schlammes ab, wobei<br />

beide sich gegenseitig bee<strong>in</strong>flussen (2.8. die Beladung<br />

bee<strong>in</strong>flußt die Vermehrungsrate <strong>der</strong> Population direkt).<br />

Durch die Ausgestaltung des technischen Systems <strong>in</strong> Form<br />

hoher Schlammgehalte o<strong>der</strong> hoher aktiver Biomasseanteile<br />

kann die Höhe <strong>der</strong> Schlammbeladuns aktiv bee<strong>in</strong>flußt<br />

werden.<br />

Man darf allerd<strong>in</strong>gs nicht vergessen, daß bei Systemen<br />

mit hoher Akkumulationsrate bei abtreibenden Schlammflocken<br />

nicht nur <strong>der</strong> CSB <strong>in</strong> die Höhe geht, son<strong>der</strong>n <strong>auch</strong><br />

alle akkumulierten Stoffe (Phosphor, Schwermetalle<br />

usw.).<br />

Bekanntlich fließt das Abwasser nirgendwo konstant e<strong>in</strong>er<br />

Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlage zv. Im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> obigen Def<strong>in</strong>ition<br />

"Abwasser ist destilliertes Wasser plus ... " geht es<br />

also darum, die plus-Komponenten vom Wasser zu tren-


Prot'. Dr. Pcte r Nl. Kurtz: ProzelJstabilität <strong>in</strong> klcirten Ah\Ä'asscrre<strong>in</strong>igunssanlauerr Scitc 9<br />

Adaptation<br />

Abbaub arkeit<br />

Resumee bz gl .<br />

C -Elim<strong>in</strong>ation<br />

<strong>der</strong><br />

nen. Die hydraulische <strong>und</strong> stoffliche Belastung s<strong>in</strong>d entkoppelt<br />

zu betrachten, wenn es gel<strong>in</strong>gt, die plus-Komponenten<br />

im System zu speichern. Dies ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

dann wichtig, wenn die hydraulische Verweilzeit des Abwassers<br />

im System ger<strong>in</strong>ger ist als die Zert, die die Mikroorganismen<br />

zum Abbau benötigen. Zrel muß es deshalb<br />

se<strong>in</strong>. die zu elim<strong>in</strong>ierenden Abwasser<strong>in</strong>haltsstoffe im<br />

System zu speichern.<br />

Zum Abbau von e<strong>in</strong>geleiteten Substanzen rnüssen die entsprechenden<br />

Enzyme vorhanden se<strong>in</strong>. Fehlt e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Abbaukette, f<strong>in</strong>det ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>eralisierung statt. Wenn <strong>der</strong><br />

Organismus über genügend Energiereserven verfügt, kann<br />

er - sofern er genetisch dazu befähigt ist - die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Enzyme synthetisieren. Die Adaptation ist dann e<strong>in</strong>e<br />

Anpassung <strong>der</strong> Enzy mausstattung, die <strong>in</strong>nerhalb weniger<br />

St<strong>und</strong>en erfolgt se<strong>in</strong> kann. Daneben versteht man unter<br />

Adaptation <strong>auch</strong> die Anpassung <strong>der</strong> mikrobiellen Lebensgeme<strong>in</strong>schaft,<br />

die Tage bis Wochen gehen kann.<br />

Wenn die Substanz häufig <strong>und</strong> <strong>in</strong> kurzen Zeitabständen<br />

e<strong>in</strong>geleitet wird, ist die Anpassung <strong>in</strong> kurzen Zeit<strong>in</strong>tervallen<br />

zv erwarten; sie kann jedoch sehr lang se<strong>in</strong>, wenn<br />

sie selten e<strong>in</strong>geleitet wird, weil das System sich immer<br />

wie<strong>der</strong> neu adaptieren muß. Hier muß <strong>der</strong> Verfahrenstechniker<br />

Lösungen f<strong>in</strong>den.<br />

M anche al s abbaubar bezeichneten Substanzen ( <strong>in</strong><br />

Stoffdatenblättern etc. ) f<strong>in</strong>den sich durchaus im Ablauf<br />

von Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen wie<strong>der</strong>. Entwe<strong>der</strong> weil<br />

die speziell betrachtete Biocoenose sie nicht verstoffwechseln<br />

kann (mangelnde Enzymausstattung) o<strong>der</strong> weil<br />

genügend besser verwertbare Substanzen vorhanden s<strong>in</strong>d<br />

(Diauxie). Die Abbaubarkeit e<strong>in</strong>er Substanz ist immer System-abhängig.<br />

Die<br />

mit<br />

mit<br />

a<br />

a<br />

Elim<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>es Kohlenstoffes aus dem Abwasser<br />

Hilfe <strong>der</strong> biologischen Abwasserre<strong>in</strong>igung hängt sovon<br />

se<strong>in</strong>er Struktur, d.h. se<strong>in</strong>er gr<strong>und</strong>sätzlichen biologischen<br />

Verwertbarkeit,<br />

dem System, gekennzeichnet durch günstige o<strong>der</strong> weniger<br />

günstige Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen für die Mikroorganismen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kontaktzeit zwischen Stoff<br />

<strong>und</strong> mikrobiellem System (Flocke),<br />

den vorhandenen Mikroorganismen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en enzymatischen<br />

Ausrüstung <strong>in</strong> diesem System 8b, wobei<br />

dieses stark durch die Vorgeschichte geprägt wird.


Prof. Dr. Peter M. Kunz: Prozelistabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abu'asscrre<strong>in</strong>igungsanlagen Seite l0<br />

Mikrobielle Stickstoff-Elim<strong>in</strong>ation<br />

1.<br />

2.<br />

ist auf mehreren Wegen mögl ich:<br />

ÜUer Stickstoffaufnahme <strong>in</strong> die Zellen <strong>und</strong> Entfernung<br />

<strong>der</strong> Zellen aus dem Abwassersystem: Das Wachstum von<br />

Mikroorganismen setzt die Anwesenheit von Kohlenstoff,<br />

Stickstoff <strong>und</strong> Phosphor im Verhältnis von näherungsweise<br />

100:10:1 voraus. In <strong>der</strong> Hauptsache stammt <strong>der</strong> <strong>in</strong>korporierte<br />

Stickstoff aus Ammonium-Verb<strong>in</strong>dungen. Fallweise<br />

werden <strong>auch</strong> ganze Am<strong>in</strong>osäure-Sequenzen<br />

(Peptide) aufgenommen. Diese Form <strong>der</strong> Stickstoff-Elim<strong>in</strong>ation<br />

ist - sofern das Schlammproblem gelöst ist - die<br />

e<strong>in</strong>fachste Lösung, Stickstoff zu elim<strong>in</strong>ieren. Sie ist an<br />

aerobe Systeme gekoppelt, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e maximale Ausbeute<br />

an Biomasse erreicht werden kann.<br />

ÜUer Oxidations- <strong>und</strong> Reduktionsprozesse z\ gasförmigen<br />

Stickstoff-Verb<strong>in</strong>dunsen: In wässrisen Medien laufen die<br />

Schritte<br />

Ammonifikation (Produkt: Amm. rium/ NH+ + -N) bei<br />

Anwesenheit von Mikroorganismen fast immer, die<br />

Nitritation (Produkt: Nitrit/ NOZ--N) <strong>und</strong> Nitratation<br />

(Produkt: Nitrat/ NOI --N) bei Anwesenheit spezieller<br />

Bakteriengattungen sowie e<strong>in</strong>e<br />

reduktive Denitrifikation zum molekularen Stickstoff<br />

bzw. zu weiteren Stickstoffgasen, wie NZO <strong>und</strong> NO* unter<br />

anaeroben Bed<strong>in</strong>gungen ab.<br />

Ammoniak- <strong>und</strong> Nitrit-<br />

Oxidation Unter Nitrifikation versteht man die biologische Oxidation<br />

von Ammoniak über Nitrit zum Nitrat. Zur Nitrifikation<br />

s<strong>in</strong>d lithotrophe <strong>und</strong> heterotrophe Mikroorganismen<br />

befähigt. Lithotroph s<strong>in</strong>d die beiden phylogenetisch<br />

nicht mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verwandten Gruppen <strong>der</strong> Ammoniakoxidierer<br />

(Gattungsnamen beg<strong>in</strong>nen mit <strong>der</strong> Vorsilbe<br />

" Nitroso- " ) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nitritoxidierer (Gattungsnamen beg<strong>in</strong>nen<br />

mit <strong>der</strong> Vorsilbe " Nitro- " ). Die Nitrosogruppen<br />

oxidieren Ammoniak zv Nitrit, die Nitrogruppen Nitrit<br />

zum Nitrat. Die dabei freigesetzte Energie geht <strong>in</strong> den<br />

Aufbau von Biomasse (hauptsächlich aus COr). Zur heterotrophen<br />

Nitrifikation s<strong>in</strong>d neben Bakterien <strong>auch</strong> Pilze<br />

befähigt; ihre Nitrifikationsleistung ist jedoch von untergeordneter<br />

Bedeutung.<br />

Im Vergleich zv den heterotrophen Organismen ist das<br />

Wachstum <strong>der</strong> lithothrophen Nitrifikanten <strong>auch</strong> unter optimalen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen wenig effizient <strong>und</strong> von daher langsam.<br />

Als Größenordnung für die Freie Enthalpie wird für<br />

die Nitritation 289 J/mol <strong>und</strong> 75 J/mol für die Nitratarion<br />

angegeben /EPA, 197 5l .


Prol. Dr'. Peter lvI. Kunz,: ProzclJstabilitat <strong>in</strong> klc<strong>in</strong>ett Ahuas\crrc<strong>in</strong>iuunIsanlacen Scitc ll<br />

N itratre dukti on<br />

nitrifikation<br />

Die Gruppe <strong>der</strong> Ammoniak- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nitritoxidierer besitzen<br />

unterschiedliche pH- <strong>und</strong> O:-Partialdruckoptima. Innerhalb<br />

<strong>der</strong> beiden Gruppen \,\'erden art- stamm- <strong>und</strong> sogar<br />

standortspezifische Optima beobachtet: dies ist wichtig,<br />

weil e<strong>in</strong> zu hoher Or-Partialdruck das Wachstum<br />

hemmt.<br />

Der Sauerstoffbedarf zur vollständigen Oxidation ''ler<br />

Stickstoffverb<strong>in</strong>dungen im Abwasser läfJt sich stöchiometrisch<br />

mit 2 r"ol Or je mol Ammonium angeben. Der<br />

Ammoniumstickstoff wird bei ausreichen<strong>der</strong> Anzahl an<br />

Nitrifikanten <strong>und</strong> entsprechenden Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

unter Verbr<strong>auch</strong> von 1 ,5 mol Or pro mol NH+ + -N zu Nitrit<br />

<strong>und</strong> unter Aufnahme von 0,5 mol Ot zu Nitrat auf<br />

biologischem Wege aufoxidiert. Stöchiometrisch werden<br />

also 4,57 g Or pro g NH+ +-N bzw . 4,57 g 02 pro -q NO:-<br />

-N benötigt (o<strong>der</strong> 3.55 g Oz pro g NH+*).<br />

De-<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Verfahrens <strong>der</strong> Denitrifikation ist die Verwertung<br />

des im Nitrat geb<strong>und</strong>enen Sauerstoffs durch<br />

Denitrifikanten <strong>in</strong> Ermangelung gelösten Sauerstoffs. In<br />

<strong>der</strong> siedlungswasserwirtschaftlichen Literatur wird dieser<br />

anaerobe Zustand (ke<strong>in</strong> gelöster O2, dafür jedoch geb<strong>und</strong>ener)<br />

häufig <strong>auch</strong> als anoxisch bezeichnet.<br />

Bei <strong>der</strong> Nitratreduktion unterscheidet man die assimilatorische<br />

zum Aufbau von Zellbestandteilen <strong>und</strong> die dissimilatorische.<br />

Zur Nitratassimilation (das Nitrat wird zum<br />

Ammonium reduziert <strong>und</strong> z.B. <strong>in</strong> Prote<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gebaut) s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl von Bakteriengattungen befähigt. Bei <strong>der</strong><br />

Nitratatmung, die <strong>in</strong> Analogie zur Atmung, bei <strong>der</strong> unter<br />

aeroben Bed<strong>in</strong>gungen die Elektronen aus reduzierten<br />

Verb<strong>in</strong>dungen auf den molekularen Sauerstoff übertragen<br />

werden) so bezeichnet wird, entstehen e<strong>in</strong>e Viel zahl von<br />

Stoffwechselprodukten, abhängig vom jeweiligen Organismus:<br />

N02-, NO, NOz, N2O, NZO2 <strong>und</strong> das erwünschte<br />

N',. Die als Denitrifikation bezeichnete Respiration oxidierten<br />

Stickstoffs (Nitrit, Nitrat) führt zu gasförmigen<br />

Verb<strong>in</strong>dungen. die <strong>in</strong> die Athmosphäre entweichen können.<br />

Für die Nitrat-Respiration s<strong>in</strong>d also Elektronendonatoren<br />

- z.B. <strong>in</strong> Form organischer Kohlenstoffverb<strong>in</strong>dungen<br />

o<strong>der</strong> als Wasserstoff - erfor<strong>der</strong>lich. Da die Denitrifikation<br />

weitgehend mit dem aeroben Stoffwechsel <strong>der</strong> Bakterien<br />

vergleichbar ist, s<strong>in</strong>d <strong>auch</strong> die E<strong>in</strong>flußfaktoren dieselben:<br />

Im wesentlichen ist e<strong>in</strong> möglichst neutraler pH-<br />

Wert <strong>und</strong> e<strong>in</strong> hohes E,lektronendonato renlNO*-N-Verhältnis<br />

anzustreben (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Literarur wird e<strong>in</strong> BSB5/NOx-<br />

N-Verhältnis von größer 3 genannr).


Prof. Dr. Peter M. Kunz: Prozeßstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abwasserre<strong>in</strong>igurrgsanlagen Seite l2<br />

Modell <strong>der</strong> Mischpopulation<br />

Die biologische Abwasserre<strong>in</strong>igung <strong>in</strong> den heute üblichen<br />

e<strong>in</strong>stufigen Belebungsanlagen (submerse Kultur) be<strong>in</strong>haltet<br />

e<strong>in</strong>e mikrobielle Lebensgeme<strong>in</strong>schaft von meist<br />

schneller wachsenden, heterotrophen Kohlenstoff-Oxidierern<br />

<strong>und</strong> eben den Nitrifikanten. Trotz e<strong>in</strong>er durchaus<br />

hohen Artenvielfalt nitrifizieren<strong>der</strong> Bakterien werden <strong>in</strong><br />

Abwassersystemen i.a. nur zwei bis drei Arten gef<strong>und</strong>en<br />

/BOCK, 1989/. Dies spricht für e<strong>in</strong>e extreme Spezialisierung.<br />

Für die Abwassertechnik bedeutet dies, daß z.B.<br />

e<strong>in</strong> Ammoniak-Oxidierer <strong>der</strong> Kläranlage A sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Kläranlage B nicht etablieren können muß, se lbst wenn<br />

ähnliche Belastungsverhältnisse vorliegen.<br />

Es ist <strong>auch</strong> bekannt, daß <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> Temperatur<br />

des Abwassers <strong>der</strong> nitrifizierende Schlamm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

submersen Mischpopulation e<strong>in</strong>e Verweildauer von<br />

ca. l0 Tagen benötigt, damit sich im jeweiligen Abwasserre<strong>in</strong>igungssystem<br />

bemerkbar Nitrifikanten entwickeln<br />

können. Viele Nitrifikanten werden <strong>in</strong> den konventionellen<br />

Klärsystemen nicht zurückgehalten, weil sie partikulär<br />

bleiben <strong>und</strong> damit über Absetzsysteme nicht abgetrennt<br />

werden ltönnen.<br />

Stoff-<br />

flüssiger \<br />

Gre nzlilm,Y<br />

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Bak terien<br />

Bild 4 Modell <strong>der</strong> Mischpopulation [KUNZ, l99}l


Prot'. Dr. Peter IU. Kuttz-: ProzelJstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abu'asscrre<strong>in</strong>isur'lIsanlapcrr Seite l3<br />

Uberschu ß -<br />

schlamm<br />

In Bild 4 ist schematisch gezeigr, wie man sich die ökologischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Nitrifikanren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mischsystem<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er biologischen Kläranlage vorzustellen hat:<br />

Bekommt die Schlammflocke organische Nährsroffe ab,<br />

werden die Heterotrophen wachsen, die Nitrifikanten<br />

überwuchern <strong>und</strong> damit <strong>der</strong>en Zugang zum gelösten Sauerstoff<br />

im Abwasser verschlechtern. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite werden aber beim heterotrophen Wachstum <strong>auch</strong><br />

COz-Moleküle abgegeben, die die Baustoffquelle <strong>der</strong> Nitrifikanten<br />

s<strong>in</strong>d. Gleichzeitig erwärmen die Heterotrophen<br />

die Belebtschlammflocke, wäs die Wachstumschancen <strong>der</strong><br />

Nitrifikanten im w<strong>in</strong>ter ebenfalls begünsrigt (aber die<br />

Sauerstofflöslichkeit lokal herabsetzt).<br />

E<strong>in</strong> wesentlicher Nachteil des submersen Abwasserbehandlungsverfahrens<br />

ist, dall <strong>in</strong>folge Feststoffe<strong>in</strong>trags<br />

über den Zulauf <strong>und</strong> heterotrophes Mikroorganismenwachstum<br />

dem System immer wie<strong>der</strong> Überschußschlamm<br />

entzogen werden muß. Damit werden aber <strong>auch</strong> die benötigten<br />

Nitrifikanten immer wie<strong>der</strong> entfernt.<br />

Nährstofle <strong>und</strong> ökologische<br />

Randbed<strong>in</strong>gungen Mit Bild 4 vor Augen kann man bestimmte Interpretationen<br />

von Meßergebnissen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur e<strong>in</strong> wenig differenzierter<br />

betrachten: Im allgeme<strong>in</strong>en wird behauptet, daß<br />

Nitrifikanten sehr empf<strong>in</strong>dlich auf schwankende BSB5-<br />

Belastungen, rasche Temperaturwechsel <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ihrer Milieubed<strong>in</strong>gungen reagieren. Wie oben gezeigt,<br />

muß es sich jedoch bei zurückgehenden Ums atzraten<br />

nicht um Hemmungen <strong>der</strong> Nitrifikanten handeln, son<strong>der</strong>n<br />

vielmehr können <strong>auch</strong> e<strong>in</strong>fach Substrate. wie Oo<br />

o<strong>der</strong> COr fehlen.<br />

Wenn die Nitrifikanten Sauerstoff bekommen [nach JAE-<br />

GER, 19881, liegen die halbmaximalen Sauerstoff-Monod-<br />

Konstanten zwischen 0,3 <strong>und</strong> 0,5 mg O2ll), wird <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Belebtschlammflocke Nitrat produziert, da Ammonium<br />

immer verfügbar ist. Dieses Nitrat steht natürlich den zur<br />

Denitrifikation befähigten Heterotrophen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Flocke<br />

als E,rsatz-Energiequelle zur verfügung. Deren Stoffwechselprodukt<br />

COz liefert dann wie<strong>der</strong> den Kohlenstoff<br />

für das Nitrifikanten-Wachstum. In <strong>der</strong> Praxis liegen die<br />

gemessenen Werte für den Sauerstoffverbr<strong>auch</strong> z\r Nitrifikation<br />

um 3,8 g 02 pro g NH+ + -N. Auch ist nicht die<br />

T'emperatur des Abwassers, son<strong>der</strong>n die des Schlammes<br />

maßgebend (die Temperatur des Abwassers kann niedriger<br />

se<strong>in</strong>). Die Heterotrophen produzieren etwa lz J lg CSB<br />

Wärme.


Prol'. Dr. I)crer Nl. Kurrz: Prozellstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Ab\A'asserre<strong>in</strong>isunIsanlaucn Seitc l4<br />

De n itri fi k ati o r,<br />

systemen<br />

Bei <strong>der</strong> N itrif ikation (Bildung von salpetriger Säure) wird<br />

die Alkal<strong>in</strong>ität herabgesetzt. In <strong>der</strong> Literatur [2. B. HA-<br />

ANDE,L. MARAIS, 19811 werden pro mg oxidiertem<br />

Kjehldahl-Stickstoff (TKN) Werte zwischen 5,4 <strong>und</strong> 7 ,4<br />

mg CaCO j genannt. Die Säurekapazität e<strong>in</strong>es vorgeklärten<br />

kommunalen Abwassers liegt etwa bei 300 <strong>und</strong> 800<br />

mg CaC03/l IKAPP. 19831, so daß bei e<strong>in</strong>em erfor<strong>der</strong>lichen<br />

^i.est-Carbonatgehalt von 100 mg/l zwischen nur 25<br />

<strong>und</strong> 85 mg TKN/l oxidiert werden könnten. Bei gefor<strong>der</strong>ter<br />

Phosphatelim<strong>in</strong>ation kann dieser Wertebereich noch<br />

kle<strong>in</strong>er aussehen, wenn die simultane Phosphatfällung<br />

gewählt wird. Durch Denitrifikation wird das Puffervermögen<br />

wie<strong>der</strong> angehoben.<br />

<strong>in</strong> Abwasser-<br />

Zur Stickstoff-Elim<strong>in</strong>ation muß das Abwasser noch - wie<br />

erwähnt - <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anaeroben (anoxischen) Reaktor geleitet<br />

werden, damit das gebildete Nitrat reduziert werden<br />

kann. Hierfür gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis zwei Pr<strong>in</strong>zipien:<br />

. Zum e<strong>in</strong>en kann man nitrathaltiges gere<strong>in</strong>igtes Abwasser<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Reaktor e<strong>in</strong>leiten, dem Elektronendonatoren<br />

zugesetzt werden.<br />

. Zum an<strong>der</strong>en kann man die im Abwasser vorhandenen<br />

oxidierbaren Komponenten (C-Komponenten)<br />

nutzen.<br />

Letzteres wird am häufigsten angewandt, <strong>und</strong> zwar <strong>in</strong><br />

Form e<strong>in</strong>er vorgeschalteten Denitrifikation: Der Rücklaufschlamm<br />

enthält ohneh<strong>in</strong> Nitrat, die Rücklaufschlamm-Menge<br />

kann erhöht werden, bis die Hydraulik <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> nachgeschalteten Phasentrennung zum Schlammabtrieb<br />

über den Klarlauf führt; dann kann man aber vor <strong>der</strong> Phasentrennung<br />

e<strong>in</strong>en Kreislaufwasserstrom abziehen; <strong>in</strong>sgesamt<br />

verkürzen aber alle diese Maßnahmen die Zeit, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> das Abwasser im oxidierenden Reaktor verweilt<br />

(Reaktions zeit <strong>der</strong> C- <strong>und</strong> N-Umsetzung). Deshalb werden<br />

<strong>auch</strong> Verfahren angewandt, die als simultan o<strong>der</strong> alternierend<br />

beschrieben werden, bei denen im Hauptstrom denitrifiziert<br />

wird. Da das Konzentrationsgefälle bzw. die<br />

Verfügbarkeit organischer Verb<strong>in</strong>dungen aber nach e<strong>in</strong>em<br />

oxidativen Stoffumsatz nicht mehr so groß ist, wie direkt<br />

nach dem E<strong>in</strong>tritt des Abwassers <strong>in</strong> das biologische Reaktionssystem,<br />

muß man ggf.größere Reaktionsräume,<br />

längere Abwasserverweilzeiten o<strong>der</strong> höhere Konzentrationen<br />

an Denitrifikanten (endogene Atmung führt <strong>auch</strong> zu<br />

Denitrifikatiion) hierfür vorsehen.<br />

Nachgeschaltete Denitrifikationszonen bedürfen <strong>der</strong> Dosierung<br />

e<strong>in</strong>es leicht abbaubaren Substrates, wie Methanol


I)roI I)eter irl. Kunz: Proz.cl\stahilität irt kleirtert.\b\\'as\crrernrsur)gsartlJircn Scitc I5<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

" LJnerwünschte "<br />

Nitrifikation <strong>und</strong><br />

ihre Folgen "<br />

Konsequenzen<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>es unbehandelten Abwasserzuflull-<br />

Teilstromes. Hierbei ist angesichts <strong>der</strong> Schwankungen e<strong>in</strong><br />

extrem hoher MefJ- <strong>und</strong> Regelaufwand notwendig. um unzulässige<br />

Restverschmutzungen zu vermeiden.<br />

4 Umsetzung <strong>in</strong> technische Systeme<br />

Die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Merkmale biologischer Abwasserre<strong>in</strong>igungssysteme<br />

s<strong>in</strong>d ausführlich von KUNZ [1992] aus<br />

reaktionstechnischer S icht <strong>und</strong> unter dem Ges ichtspunkt<br />

<strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> Verfahrensführung beschrieben, so<br />

daf] im folgenden lediglich auf die kle<strong>in</strong>en <strong>Kläranlagen</strong><br />

abgehoben werden soll.<br />

Kle<strong>in</strong>e Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen müssen im Augenblick<br />

<strong>in</strong> den meisten E<strong>in</strong>zugsgebieten (gemäß 1. Anhang zvr<br />

Rahmenabwasserverwaltungsvorschrift) lediglich e<strong>in</strong>en<br />

CSB unter 150 mg/l ( < I .000 EGW) bzw. 1 10 mg/l ( <<br />

5000 EGW) erreichen. Diese For<strong>der</strong>ung wird meistens<br />

e<strong>in</strong>gehalten, wenn die Anlage bestimmungsgemäß funktioniert.<br />

Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Verfahren<br />

ergeben sich meist im Betriebsaufwand.<br />

Zu beobachten ist aber zwischenzeitlich, daß <strong>in</strong> allen diesen<br />

Anlagen <strong>auch</strong> Nitrifikation e<strong>in</strong>tritt. Nitrifikanten s<strong>in</strong>d<br />

mittlerweile überall, <strong>auch</strong> im Gewässersediment. Da <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel die Anlagen aber nicht auf e<strong>in</strong>e gezielte Nitrifikation<br />

ausgelegt s<strong>in</strong>d, denkt kaum jemand <strong>auch</strong> an den<br />

Fall <strong>der</strong> unerwünschten Denitrifikation, die immer dann<br />

e<strong>in</strong>tritt, wenn das Abwasser-Schlamm-Gemisch zu lange<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachklärung verweilt. I-Ind dies ist recht häufig<br />

<strong>der</strong> Fall. Infolge Gasblasenbildung im Schlammsediment<br />

treiben Schiammflocken auf <strong>und</strong> gelangen aus <strong>der</strong> Nachklärung<br />

<strong>in</strong>s Gewässer. Mancher Schönungsteich nach e<strong>in</strong>er<br />

Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlage wurde dadurch bereits zum<br />

Schl ammstapelbehälter !<br />

Aber <strong>auch</strong> ohne dieses sichtbare Zeichen können im Falle<br />

e<strong>in</strong>er wasserwirtschaftlichen Kontrolle die abtreibenden<br />

Schlammflocken e<strong>in</strong>e nachgewiesene, unerlaubte Gewässerbenutzung<br />

darstellen, weil sie enorme CSB-Mengen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> homogenisierten Probe aufweisen.<br />

Deshalb muß nach Ansicht des Verfassers e<strong>in</strong>e gezielte<br />

Denitrifikation mit ger<strong>in</strong>gem Aufwand e<strong>in</strong>gerichtet werden<br />

<strong>und</strong> <strong>auch</strong> gegen abtreibende Schlammflocken muß<br />

man sich etwas e<strong>in</strong>fallen lassen.


Prof. Dr. Peter lvI. Kunz: ProzelJstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Ah\Ä'asserre<strong>in</strong>iqunrsanlauen Seite l6<br />

4.1 Biologische C onta<strong>in</strong>er-Kläranlage<br />

<strong>der</strong> KLA-KIärtechnik<br />

Bei Durchsicht <strong>der</strong> Angebotspalette von Conta<strong>in</strong>er-<strong>Kläranlagen</strong><br />

sieht man sehr viele, sehr ähnliche Systeme, bestehend<br />

aus e<strong>in</strong>er Vorklärung, e<strong>in</strong>er Belebung mit Festbette<strong>in</strong>bauten<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Nachklärung. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

den meisten Conta<strong>in</strong>er-Anlagen ke<strong>in</strong>e Zonen für die Denitrifikation<br />

des Abwassers vorsesehen.<br />

9'<br />

Gezielte Denitrifikation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Conta<strong>in</strong>er-<br />

Klär anl age Bild 5 zeigt e<strong>in</strong>e Anlage, <strong>in</strong> <strong>der</strong> gezielt denitrifiziert<br />

wird. Dazu wird das Abwasser aus <strong>der</strong> Vorklärung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Mischzone gebracht <strong>und</strong> von dort über vier als Kaskade<br />

geschaltete Festbett-Reaktoren män<strong>der</strong>förmig geführt,<br />

wobei die Reaktoren mit Bodenbelüftern <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Pump-<br />

System zur vollständigen Durchmischung ausgerüstet<br />

s<strong>in</strong>d. Da das vierte Kaskadenbecken neben dem ersten<br />

liegt, kann über e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Heberpumpe <strong>der</strong> Ablauf<br />

des vierten Kaskadenbeckens <strong>in</strong> das erste zurückgeführt<br />

werden. Die Steuerung <strong>der</strong> Rückführmenge erfolgt über<br />

e<strong>in</strong> patentiertes Verfahren, bei dem die Redoxpotential-<br />

Differenz als Steuergröße verwendet wird.<br />

Ergebnisse<br />

Optimierungen<br />

Die Untersuchungsergebnisse e<strong>in</strong>es unabhängigen Instituts<br />

zeigen, daß bereits <strong>der</strong> erste Prototyp die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

voll erfüllt. Die BSB5 -Frachten schwankten zwischen 4,8<br />

<strong>und</strong> 15,7 kg/d, diue CsB-Frachten zwischen 9 <strong>und</strong> 33,3<br />

kg/d. Die Bil<strong>der</strong> 6 <strong>und</strong> 7 zeigen die Konzentrationsgangl<strong>in</strong>ien.<br />

Die Ablaufwerte des BSB5 lagen im Durchschnitt<br />

bei 14 mgll (: 97 %), des CSB bei 93 ,,4 mgll (: 91 %)<br />

mit äußerst ger<strong>in</strong>gen Schwankungsbreiten - <strong>auch</strong> im W<strong>in</strong>terbetrieb.<br />

Schlammabtrieb wurde während <strong>der</strong> gesamten<br />

Untersuchung sphase nicht beobachtet IFALTER, MUL-<br />

LER , tgg4l.<br />

Bei den neuen Anlagen wurden e<strong>in</strong>ige optimierungen<br />

vorgenommen. So erfolgt nun die Belüftung über T<strong>auch</strong>belüfter,<br />

damit <strong>der</strong> Kompressorenlärm gedämpft <strong>und</strong> die<br />

entstehende Abwärme zur Aufheizung <strong>der</strong> Bioreaktoren<br />

genutzt werden kann.<br />

Im vergleich zv an<strong>der</strong>en conta<strong>in</strong>er-Anlagen weist die<br />

vorgestellte Anlage <strong>auch</strong> e<strong>in</strong> Hydraulikbecken auf, das<br />

automatisch über e<strong>in</strong> IDM ab e<strong>in</strong>er ortsspezifischen Zuflußmenge<br />

über e<strong>in</strong> Streichwehrsystem gefü1lt <strong>und</strong> <strong>auch</strong><br />

wie<strong>der</strong> automatisch entleert wird. In die Vorklärung ist<br />

nun e<strong>in</strong> Zyklon e<strong>in</strong>gebaut, <strong>der</strong> gröbere Teilchen sofort<br />

dem Schlammabzus zuführt.


Prof. Dr. Peter M. Kunz: Prozeßstabilitat <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen Se ite l7<br />

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prof. Dr. Peter M. Kunz: Prozeßstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abrvasserre<strong>in</strong>igungsanlagen<br />

Bild 6<br />

Bild 7<br />

Seite l8<br />

Schließlich wird das gere<strong>in</strong>igte Abwasser über e<strong>in</strong>e ebenfalls<br />

patentierte, zweistöckige Nachklärungskaskade geführt,<br />

uffi etwaig auftretende, fe<strong>in</strong>e Schlammflöckchen<br />

bzw. Schwimmschlamm sicher abscheiden zu können <strong>und</strong><br />

<strong>auch</strong> Kapazitäten zu haben, wenn das Bedienungspersonal<br />

e<strong>in</strong>mal längere Zeit nicht auf die Anlage kommt. Derzeit<br />

wird überprüft, ob <strong>der</strong> unten beschriebene selbstre<strong>in</strong>igende<br />

Schrägklärer die Nachklärung noch verbessern kann.<br />

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800<br />

g 5oo<br />

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BSB S-Zu- <strong>und</strong> Ablauf-Gangl<strong>in</strong>ie [FALTER, MÜLLER, 1994]<br />

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1993<br />

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9: ? K R K R R ä S 3 g I9<br />

Untcrruchungrrcltrrum<br />

CSB -Zu- <strong>und</strong> Ablauf-Gangl<strong>in</strong>ie [FALTER, MÜLLER, 1994]<br />

4.2 Vario-Bio-Reaktor für sporadisch<br />

anfallende Abwässer<br />

E<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Lösungsansatz stellt das Konzept des Vario-Bio-Reaktors<br />

dar, <strong>der</strong> sich selbst entsprechend <strong>der</strong><br />

hydraulischen Belastung zwischen Tropfkörper- <strong>und</strong> Submersreaktor<br />

mit schwimmenden Trägermaterialien e<strong>in</strong>stellt.<br />

Das Pr<strong>in</strong>zipschaubild ist <strong>in</strong> Bild 8 gezeigt. Bei ger<strong>in</strong>gem<br />

Abwasserzufluß verrieselt das Abwasser über kugelförmige<br />

Kunststoff-Füllkörper mit hoher spezif ischer<br />

Oberfläche. Das gere<strong>in</strong>igte Abwasser verläßt den Reaktor<br />

über e<strong>in</strong>e Drossel im Sumpfbereich, nachdem es e<strong>in</strong>e<br />

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Prrrf . Dr. Peter lr1. Kulrt: Proz.eßstabilitat <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abu asserre <strong>in</strong>igungsalllagen Se itc l9<br />

trichterförmige Nachklärung passiert hat. Flieflt mehr<br />

Abwasser zu. staut die Ahflußdrossel zurück, so daß <strong>der</strong><br />

Reaktor e<strong>in</strong>gestaut wird. Ab e<strong>in</strong>er bestimmten Füllhöhe<br />

schaltet die Belüftung zu <strong>und</strong> bewegt die kugelförmigen<br />

Kunststoff-Füllkörper <strong>in</strong> ihrem Käfig im Abwasserstrom,<br />

währencl das gere<strong>in</strong>igte Abwasser nun über den höheren<br />

Ablauf die Anlage verläßt. Durch diese Vorgehensweise<br />

ist nicht nur <strong>der</strong> Biofilm auf den Füllkörpern aktiv, son<strong>der</strong>n<br />

es wird <strong>auch</strong> <strong>der</strong> Bereich dazwischen gezielt genutzr.<br />

Ütrer e<strong>in</strong>en Schl .nrmkreislauf ist die Rückführung von<br />

Impfschlamm aus dem Nachklärsumpf möglich. Bei zurückgehen<strong>der</strong><br />

Abwassermenge läuft <strong>der</strong> Reaktor wie<strong>der</strong><br />

leer <strong>und</strong> die Belüftung schaltet ab.<br />

Schniüzeichnu ng Beaktor * Phasentren ner<br />

ab I i---<br />

Bild I Pr<strong>in</strong>zip-schaubild des vARIO-BIO-REAKTORS IKUNZ, 19931


Prof. Dr. Peter M. Kunz-: ProzelJstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abuasserrerniuunssanlasert Seite 20<br />

Anzahl<br />

Nitrifikanten<br />

Animpfung<br />

In <strong>der</strong> Pilotanlage wird die Drosselung durch e<strong>in</strong> IDM ersetzt<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Ventil schaltet den unteren Abfluß.<br />

Gut verwertbare Abwasser<strong>in</strong>haltsstoffe werden <strong>in</strong> diesem<br />

System sofort verstoffwechselt, wenlger gut verwertbare<br />

lagern an den Biofilm an <strong>und</strong> werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsten Ruhe-Phase<br />

abgearbeitet, <strong>in</strong> <strong>der</strong> dem Tropfkörper-System<br />

immer wie<strong>der</strong> Abwasser aus dem Sumpf zugeführt wird.<br />

4.3 Ni trifikanten -Fermente r<br />

In Zukunft ist damit zu rechnen, daß <strong>auch</strong> kle<strong>in</strong>ere Abwasserre<strong>in</strong>igunganlagen<br />

nitrifizieren müssen. Da man allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> diesen Anlagen (s. z.B. Bil<strong>der</strong> 6 <strong>und</strong> 7) mit<br />

höheren Zuflußschwankun,een rechnen muß, bleibt den<br />

Verantwortlichen ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Wahl als sich entsprechend<br />

auszurüsten.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> k<strong>in</strong>etischen Verhältnisse muß man annehmen,<br />

daß die Nitrifikationsleistung <strong>in</strong> kommunalen Abwassersystemen<br />

nicht von e<strong>in</strong>zelnen Nitrifikanten abhängt,<br />

son<strong>der</strong>n nur von <strong>der</strong> verfügbaren Nitrifikanten-Anzahl<br />

(Reaktion 0. Ordnung !). Technisch kann man von<br />

daher die Nitrifikation nur steigern, wenn man die vorhandenen<br />

Nitrifikanten besser nutzt <strong>und</strong> ihnen bessere<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen bietet. Möglichkeiten s<strong>in</strong>d:<br />

. kle<strong>in</strong>ere Flocken, üffi den Sauerstoff zum Nitrifikanten<br />

zu br<strong>in</strong>gen,<br />

. höhere Sauerstoffkonzentrationen, um im Innern siedelnde<br />

Nitrifkanten zu versorgen,<br />

. mehr Schlamm <strong>in</strong> den aktiven Zonen. um die Masse<br />

zu erhöhen.<br />

Diesen technischen Möglichkeiten s<strong>in</strong>d bekanntermaßen<br />

Grenzen durch die maximale Aufkonzentrierbarkeit <strong>in</strong> Sedimentern<br />

bzw. Belüfterkapazrtat gesetzt.<br />

Angesichts <strong>der</strong> oben geschil<strong>der</strong>ten Problematik <strong>der</strong> Kultivierung<br />

von Spezialbakterien mit langen Generationszeiten<br />

neben M ikroorganismen mit kurzen Generations zeiten,<br />

Fresser-Organismen <strong>und</strong> <strong>der</strong> potentiell größeren Gefahr<br />

<strong>der</strong> Wirkung von Störsubstanzen wurde e<strong>in</strong> Nitrifikanten-Fermenter<br />

entwickelt [s. KUNZ, 19921, <strong>in</strong> dem<br />

unter prozeßnahen, sehr e<strong>in</strong>fachen Bed<strong>in</strong>gungen standorteigene<br />

Spezialisten, <strong>in</strong> diesem Falle Nitrifikanten, regelrecht<br />

gezüchtet werden. Der Abfluß des Fermenters impft<br />

immer wie<strong>der</strong> die Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlage an; im Falle<br />

e<strong>in</strong>er Störuns wird e<strong>in</strong> Teil des Fermenter<strong>in</strong>halts <strong>in</strong> die


Prol'. Dr. Pcter NI . Kunz: Prozelistabilität <strong>in</strong> kleirten Abuasscrrc<strong>in</strong>isurttsanlauert Scite 2l<br />

Mikroorganismen<br />

im Käfig<br />

Separation <strong>der</strong><br />

Trä ger<br />

Anlage abgepumpt. Damit ist die Nitrifikationskapazititt<br />

ununterbrochen zu sewährleisten.<br />

Im Fermenter bef<strong>in</strong>den sich Schwebekörper (Braunkohle,<br />

regenerierte Aktivkohle. Akadolit/Dolomitgeste<strong>in</strong>), die<br />

über e<strong>in</strong>e Blasenbegasung <strong>in</strong> Schwebe gehalten werden.<br />

Dem Fermenter werden lediglich gere<strong>in</strong>igtes Abwasser<br />

<strong>und</strong> von Zeit zv Zeit Ammoniumsalze o<strong>der</strong> Ammoniak zuseführt.<br />

4.4 Spezialisten-Recycl<strong>in</strong>g-Anlage<br />

Wenn man die Konkurrenzsituation <strong>der</strong> schnell- <strong>und</strong> langsamwachsenden<br />

Mikroorganismen bzw. die Problematik<br />

<strong>der</strong> unterschiedlichen Generationszeiten von Abwasserbakterien<br />

ausschalten <strong>und</strong> trotzdem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>stufigen<br />

System verbleiben will, muß man den Spezialisten - bildhaft<br />

gesprochen - e<strong>in</strong>en Käfig bauen, damit man sie, wenn<br />

man sie nun schon e<strong>in</strong>mal kultiviert hat. immer wie<strong>der</strong><br />

nutzen kann. Dies gilt für Nitrifikanten, aber <strong>auch</strong> für<br />

an<strong>der</strong>e Spezialisten, die meist <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriellen <strong>Kläranlagen</strong><br />

benötigt werden. Da <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Abwassersystem<br />

auf Trägern kultivierte Mikroorganismus vom Zufluß <strong>und</strong><br />

den sonstigen Systemrandbed<strong>in</strong>gungen determ<strong>in</strong>iert wird,<br />

lag die Idee nahe, diesen "Käfig" nicht im Abwassersystem<br />

zv belassen, son<strong>der</strong>n ihn vielmehr herauszuholen,<br />

die dar<strong>in</strong> <strong>und</strong> darauf wachsenden Spezialisten zv reaktivieren<br />

(da sie mit Sicherheit von heterotrophen Bakterien<br />

überwachsen werden, wenn sie im Mischabwasser s<strong>in</strong>d)<br />

<strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zum Wachstum anzuregen. Diese Spezialisten-<br />

Recycl<strong>in</strong>g-Anlage ist <strong>in</strong> Bild 9 im Fließschema gezeigt.<br />

Die Nitrifikanten werden bevorzugt auf e<strong>in</strong>en Träger gebracht.<br />

<strong>der</strong> erstens e<strong>in</strong> Milieu schafft unabhängig vom<br />

Milieu <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlungsanlage <strong>und</strong> zweitens wie<strong>der</strong> aus<br />

dem wäßrigen System herausgenommen werden kann.<br />

Dieser Träger kann aus carbonathaltigen Materialien<br />

(z.B . Schlämme aus <strong>der</strong> Entcarbonis ierung <strong>und</strong> Enteisenung<br />

<strong>in</strong> Wasserwerken) <strong>und</strong> Eisenspänen sowie Klärschlamm<br />

zusammengemischt, granuliert <strong>und</strong> gebrannt<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> ähnlicher Weise hergestellt werden, so daß er e<strong>in</strong><br />

Schüttgewicht zwischen 100 <strong>und</strong> 800 kg pro m3 aufweist.<br />

D ie Herausnahme <strong>der</strong> Träger kann bei Dotierung mit Eisenspänen<br />

magnetisch erfolgen, <strong>in</strong>dem das Gemisch aus<br />

gere<strong>in</strong>igtem Abwasser <strong>und</strong> Schlamm, das den Überschußschlamm<br />

ausmacht, an e<strong>in</strong>em Elektromagneten vorbeige-


Prof . Dr. Peter M. Kunz: Prozeßstabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen Se ite 22<br />

führt wird. Noch eleganter läßt sich <strong>der</strong> Träger über e<strong>in</strong><br />

Rollsieb entfernen, bei dem bereits die an <strong>der</strong> Oberfläche<br />

<strong>der</strong> Träger gewachsenen heterotrophen Biofilme abgeschert<br />

werden. Anschließend gelangen die Träger noch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Wäscher, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> günstiges Milieu für die Spezialisten,<br />

aber e<strong>in</strong> ungünstiges für die übrigen I{eterotrophen<br />

abgibt. E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Träger wird mit Sicherheit aus dem<br />

S stem <strong>in</strong> die Schlammbehandlung ausgeschleust, da nicht<br />

alle Träger magnetisch erfaßt werden o<strong>der</strong> durch Volumenän<strong>der</strong>ung<br />

durch den Sieb fallen. Dies ist aber gar<br />

nicht ungünstig (abgesehen davon, daß die Träger umweltneutral<br />

s<strong>in</strong>d), da auf diese Weise <strong>auch</strong> die Spezialisten-Population<br />

erneuert wird.<br />

Fließschema <strong>der</strong><br />

S pezialis ten- Recycle -An la ge<br />

o<br />

a<br />

6<br />

E fqt<br />

f<br />

N<br />

Pr<strong>in</strong>zip-Schaubild<br />

IKUNZ, RHODE,<br />

DN Nitrilikation Sedimenter<br />

Separa-<br />

behandlung<br />

Fermenter<br />

Nähr-<br />

<strong>der</strong> Spezialisten-Recycl<strong>in</strong>g-Anla<br />

SCHULZ, 1992]<br />

Bird 9 ge


Prol'. Dr. [,cter M. Kunz: Proze[]stabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Ab\Ä'asserre<strong>in</strong>igungsanlagen Seite 23<br />

S pitzenabb au<br />

Die zurückgeführten <strong>und</strong> <strong>auch</strong> neue, noch unbenutzte<br />

Träger werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fermenter gegeben, <strong>der</strong> nun aber<br />

im Gegensatz zvr vorher beschriebenen Technik nicht<br />

mehr submers betrieben werden soll. son<strong>der</strong>n nur noch<br />

bei extremer Luftfeuchtigkeit. Dieser Fermenter wird mit<br />

Brunnenwasser, behandeltem Abwasser o<strong>der</strong> <strong>auch</strong> mit<br />

Rohwasser über e<strong>in</strong> Sprühsystem feucht gehalten. Der<br />

Vorzug von Rohwasser besteht dar<strong>in</strong>, daß die Träger bereits<br />

mit dem Wassermilieu <strong>in</strong> Berührung kommen, dem<br />

sie später ausgesetzt werden. Dies ist aber nicht so wesentlich,<br />

weil bei diesem Verfahren das Milieu <strong>der</strong> Spezialisten<br />

durch das Trägermaterial determ<strong>in</strong>iert wird bzw.<br />

die Träger immer wie<strong>der</strong> mit dem Abwasser <strong>in</strong> Berührung<br />

kommen. Die Wasserzufuhr zum Fermenter kann<br />

sich auf wenige Liter pro Tag beschränken (Verdunstungsverluste).<br />

Der Nitrifikanten-Fermenter o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> ähnlich gearteter<br />

Spezialisten-Fermenter wird alle<strong>in</strong> mit den Stoffen versorgt,<br />

die die Spezialisten <strong>in</strong> <strong>der</strong> biologischen Behandlungsanlage<br />

umsetzen sollen. Im Falle <strong>der</strong> Stickstoffoxidation<br />

s<strong>in</strong>d das Ammoniumsalze.<br />

Der wesentliche Unterschied <strong>und</strong> Vorteil des beschriebenen<br />

Verfahrens gegenüber allen bisher bekannten Verfahren<br />

zvr Oxidation von Stickstoff im Rahmen <strong>der</strong> Stickstoff-Elim<strong>in</strong>ation<br />

aus Wasser ist dar<strong>in</strong> zu sehen, daß die<br />

mit großem Aufwand kultivierten Spezialisten nicht mit<br />

dem übrigen Schlamm aus dem Systern ausgetragen werden<br />

<strong>und</strong> verloren gehen, son<strong>der</strong>n ständig im Kreislauf gefahren<br />

werden können. Wie vorgestellt, werden sie dabei<br />

so behandelt, daß sie sich regenerieren können. E<strong>in</strong> weiterer<br />

entscheiden<strong>der</strong> Vorteil des Verfahrens ist, daß die<br />

Nitrifikanten nahezu ungestört <strong>in</strong> ihrem Kultivationsmilieu<br />

auf dem Träger verbleiben <strong>und</strong> daß <strong>der</strong> Träger se<strong>in</strong>erseits<br />

e<strong>in</strong>e Carbonatquelle ist, die das Milieu stark puffert.<br />

Mit diesem Verfahren hat man somit je<strong>der</strong>zeit die Spezialisten<br />

parat, wenn im Zulauf höhere Belastungen auftreten<br />

als die, die entsprechend <strong>der</strong> Nitrifikations- o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> sonstigen Spezialistenkapazität im System oxidiert<br />

werden könnten. Gleichzeitig muß die betreffende Anlage<br />

nicht mehr auf die genannten ger<strong>in</strong>gen Schlammbelastungen<br />

ausgebaut werden, da dasSchlammalter <strong>der</strong> Belebtschlarnslflocken<br />

nicht rnehr' 10 Tase berragen n:uß.


Prol. Dr. I)ctcr \1 . Kunz: Prtrz-ellstabrlitat rn klcittett Ahuasscrrcllllsuns\anlaIcn Seite 1"1<br />

Flaschenbürste<br />

4.5 Selbstre<strong>in</strong>igen<strong>der</strong> Schrägklärer<br />

Wenn es darum geht. auf sehr kle<strong>in</strong>em Raunr Abwasser<br />

von Schlamm zv trennen. liegt es nahe, die Schrägklärer<br />

zu benutzen. die bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Abwasserre<strong>in</strong>igung<br />

im Rahmen von Fällungs-iFlockungsprozessen<br />

erfolgreich e<strong>in</strong>gesetzt wurden. Allerd<strong>in</strong>gs wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Vergangenheit dabei vergessen, daß die Schrägklärer-Flächen<br />

genauso besiedelt werden von sessilen Mikroorganismen<br />

wie die Füllkörper. die zum Aufwuchs von Biofilmen<br />

<strong>und</strong> damit zur Stabilisierung des Re<strong>in</strong>igungsgeschehens<br />

<strong>in</strong> die Bioreaktoren e<strong>in</strong>sesetzt werden.<br />

Man mulJ demzufolge mit <strong>der</strong> " Flaschenbürste " von Zeit<br />

zu Zeit die Flächen re<strong>in</strong>igen. Da dies manuell nur ungern<br />

gemacht wird <strong>und</strong> <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Abwasserre<strong>in</strong>igungsanlagen<br />

das Personal nicht da ist. wenn sich Verstopfungen<br />

<strong>und</strong> abdriften<strong>der</strong> Belag anzeigen, lag es nahe, e<strong>in</strong>en<br />

Schrägklärer zu entwickeln. <strong>der</strong> permanent gere<strong>in</strong>igt<br />

wird. Da Schrägklärer nicht aus den üblichen Platten bestehen<br />

müssen, son<strong>der</strong>n <strong>auch</strong> Röhren se<strong>in</strong> können, wurde<br />

<strong>der</strong> Rohrbündelwärmetauscher als " Vorlage " gewählt (s.<br />

Bild 10). Mit diesem Pr<strong>in</strong>zip kann <strong>der</strong> Schrägklärer quasi<br />

ideal horizontal ausgerichtet werden, so daß e <strong>in</strong>e<br />

maximale Trennfläche entsteht.<br />

5 Resumee<br />

Mit den vorgenannten Beispielen sollte gezeigt werden,<br />

dafJ es durchaus möglich ist, verhältnsimäßig e<strong>in</strong>fache<br />

verfahrenstechnische Systeme zu f<strong>in</strong>den, die den notwendigen<br />

biologischen Raum liefern. damit biologische<br />

Prozesse mit hoher Prozeßstabilität ablaufen können.<br />

E,s wäre vermessen. mit diesen Beispielen alle Probleme<br />

erschlagen zu wollen, weil <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall gepürft<br />

werden muß, welche Lösun_e für den Betreiber das technische<br />

<strong>und</strong> wirtschaftliche Optimum darstellt.<br />

Angesichts <strong>der</strong> heutigen Informationstechnik ist es ohne<br />

weiteres möglich, e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Prozeßrechner <strong>in</strong> die<br />

Anlagen zu <strong>in</strong>tegrieren <strong>und</strong> über Modem von e<strong>in</strong>er Bedienungsfirma<br />

überwachen zu lassen. Die BCK-Anlage für<br />

400 EGW <strong>in</strong> Woggers<strong>in</strong> bei Neubrandenburg wurde beispielsweise<br />

durch den B<strong>und</strong>esforschungsm<strong>in</strong>ister Dr. Paul<br />

Krüger Anfang September 1991 aus <strong>der</strong> Ferne <strong>in</strong> Betrieb<br />

genommelt.


Prof. Dr. Peter M. Kunz: Prozel]stabilität <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>err Abwasscrre<strong>in</strong>igungsanlagen Seite 25<br />

D<br />

)r.<br />

m,l]r- Abtaut<br />

HCn \rr'--<br />

tlSehlammablauf<br />

Bitd 10 Pr<strong>in</strong>zip-Schaubild<br />

IKUNZ, 19911<br />

fvarn<br />

Selbstre <strong>in</strong>igen<strong>der</strong> Ko mpa kt-A b s e tze r<br />

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