Gastro
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von Hans-Jürgen Richter,<br />
Arzt und Medizinpublizist,<br />
Weiler bei Bingen<br />
Beispiel Naturjoghurt: Stärkt nur der<br />
das Immunsystem, der bis zu vier<br />
Mal so teuer und doppelt so zuckrig<br />
ist wie viele seiner Konkurrenten?<br />
Die Werbung suggeriert das für den<br />
Trinkjoghurt Actimel von Danone, und<br />
dafür gab`s kürzlich durch die Verbraucherorganisation<br />
Foodwatch den<br />
„Goldenen Windbeutel“ für „dreiste<br />
Verbrauchertäuschung“. Was deren<br />
Aufdeckung betrifft, habe ich besonders<br />
die Homepage der Verbraucherzentrale<br />
Hamburg – www.vzhh.de<br />
- schätzen gelernt. Aktuell wird hier<br />
zum Beispiel moniert, dass in Fertiglebensmitteln<br />
zunehmend billige<br />
Aromastoffe eingesetzt werden, von<br />
denen in der EU rund 2 700 erlaubt<br />
sind. Auf entsprechenden Packungen<br />
indes seien „wertvolle Inhaltsstoffe“<br />
wie Früchte, Nüsse oder auch bestimmte<br />
Fleischsorten abgebildet:<br />
„Kaum ein Verbraucher weiß, was er<br />
da wirklich isst“.<br />
Diätprodukte? Fettreich und<br />
wahre Kalorienbomber!<br />
8 big-magazin.de April 2009<br />
Genussvoll den Gürtel enger schnallen!<br />
Fein Essen und Trinken im BIG-Land, inwieweit können wir uns das jetzt noch leisten,<br />
wo – wirtschaftlich gesehen – die Kanonen donnern? Nur nicht verunsichern lassen,<br />
härtere Zeiten haben auch ihr Gutes, man wird nachdenklicher und besinnt sich auf<br />
das Wesentliche. Was die gesunde Ernährung bzw. den Lebensmittel-Konsum betrifft,<br />
so sollten wir den Produzenten noch intensiver „auf die Finger schauen“. Echte, unverfälschte<br />
Ware ist oft weit preisgünstiger zu haben als das noch so trickreich hergestellte<br />
und beworbene Massenprodukt. Hochwertige und genussreiche Ernährung definiert<br />
sich über die Qualität, nicht über die Menge. Sie hilft uns, im Sinne des Optimal- bzw.<br />
gar Idealgewichts den Gürtel enger zu schnallen, ohne dabei auf kulinarische Sinnesfreuden<br />
zu verzichten und die Haushaltskasse über Gebühr zu schröpfen. Kein Zweifel:<br />
Der mündige, kritische Verbraucher wird gerade jetzt belohnt!<br />
Ein besonderer Dorn im Auge sind<br />
den Hamburger Verbraucherschützern<br />
teure Diätprodukte, die – das<br />
zeigten umfangreiche Tests - mehr<br />
Fett und Kalorien enthalten als<br />
normale Produkte. Deren Anbieter<br />
wurden schon im Vorjahr schriftlich<br />
aufgefordert, Kennzeichnungen wie<br />
„Diät“ oder „für Diabetiker geeignet“<br />
zu unterlassen. Die Firmen indes<br />
mauern, wobei ihnen die Diät-Verordnung<br />
in Deutschland angesichts<br />
schwammiger Gesetzeslage entgegen<br />
kommt. Einige der Spezialprodukte<br />
tragen auf dem Etikett gar den<br />
Hinweis „Vom Deutschen Diabetiker<br />
Bund empfohlen“ oder das Label<br />
„Offizieller Förderer Deutscher Diabetiker<br />
Bund“: Für die Hamburger<br />
Verbraucherschützer macht sich der<br />
Deutsche Diabetiker Bund „unglaubwürdig,<br />
wenn Lebensmittel empfohlen<br />
werden, die das Diabetesrisiko<br />
bei Übergewichtigen sogar noch<br />
erhöhen können. Hier ist man den<br />
Sponsoren eindeutig zu weit entgegen<br />
gekommen“.<br />
Dem Fisch, Fleisch und auch dem Gemüse durch allzu hitzige Zubereitung nicht<br />
die Persönlichkeit nehmen – Sternekoch Alfons Schuhbeck (re.) am Herd mit<br />
Professor Diethelm Tschöpe<br />
Schlau, wer beim Essen nur in der Menge spart<br />
Bis zu drei Wochen alte<br />
„Frischmilch“?<br />
Generell darf nach wie vor mit Qualitätsversprechen<br />
wie „gesund“,<br />
„natürlich“ oder „aus artgerechter<br />
Tierhaltung“ geworben werden,<br />
ohne dass diese Begriffe klar definiert<br />
und geschützt sind. Gütesiegel<br />
bei „Freiland-„ oder gar „Bio-Eiern“<br />
seien häufig irreführend oder falsch,<br />
beklagt die Tierschutzorganisation<br />
PETA. Einen „schleichenden Etikettenschwindel“<br />
mit „verwirrenden Bezeichnungen“<br />
moniert der Verbraucherschutz<br />
auch bei der Milch: So<br />
genannte ESL-Milch, wie sie immer<br />
Alfons Schuhbecks gesunde Küchenkunst<br />
häufiger etwa in Supermärkten zu<br />
finden ist, darf weiter „Frischmilch“<br />
heißen. ESL steht hierbei für „Extended<br />
Shelf Live“, was soviel wie „verlängertes<br />
Leben im Regal“ bedeutet.<br />
Diese mittels „Hocherhitzen“ hergestellte<br />
Milch verdirbt frühestens<br />
nach drei Wochen. Hochtrabende<br />
Werbeaussagen wie „maxifrisch“<br />
oder „extra langer Frischegenuss“<br />
können aber nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
was heutzutage so alles<br />
an Technik hinter einem scheinbar<br />
„unverarbeitetem“ bzw. „frischem“<br />
Lebensmittel stecken kann.<br />
„Sternekoch trifft Professor“, hieß es auch in diesem Jahr wieder auf der<br />
„Diabetes 2009“ in Münster: Alfons Schuhbeck „zauberte“ hier zusammen<br />
mit Professor Diethelm Tschöpe vom Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen<br />
in Bad Oeynhausen, indem er Highlights einer gleichsam<br />
schmackhaften wie gesunden Küche setzte.<br />
Ob Fisch oder Fleisch, runter von den hohen Zubereitungs-Temperaturen<br />
und weg von langen Brutzelzeiten heißt heute die Devise. Das schmeckt<br />
nicht nur besser, sondern ist auch viel gesünder, etwa für unsere Blutgefäße,<br />
die sich durch Zufuhr schädlicher Überhitzungs-Produkte über Stunden<br />
verengen. Selbst für den Schweinsbraten gilt heute, wie Schuhbeck<br />
betont: „Eine dezente Temperatur lässt dem Fleisch seine Persönlichkeit“,<br />
was wir gerade auch in der Grillsaison beherzigen sollten.<br />
Die Beschäftigung mit der faszinierenden Welt der Gewürze lohnt sich allemal.<br />
Der Ingwer mit seinen hunderten Wirkstoffen beispielsweise trägt<br />
– in Scheiben geschnitten und eingelegt – zur Bekömmlichkeit der Speisen<br />
ganz wesentlich bei. Während man früher aber immer am Anfang gewürzt<br />
hat, ist das aus heutiger Sicht generell ganz falsch: Gewürze „leben“ laut<br />
Schuhbeck nur einige Minuten, dann brechen sie ein und schmecken bzw.<br />
wirken nicht mehr. Gewürzt wird folglich am Ende des Kochvorgangs.<br />
Hinsichtlich der Produktqualität sollte man nie am falschen Ende sparen:<br />
„Qualität nämlich ist am Ende immer das günstigste“, wobei aber hochwertig<br />
nicht unbedingt mit hochpreisig gleichzusetzen ist. Augen auf, rät<br />
der Münchener Sternekoch den BIG-Lesern, denn selbst „auf dem Markt<br />
bekomme ich heute mit Sicherheit Ramsch und ebenso sicher ganz hervorragende<br />
Produkte“.