Renate Geuter - bei Renate Geuter, MdL
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<strong>Renate</strong> <strong>Geuter</strong><br />
Mitglied des Niedersächsischen Landtages<br />
SPD-Fraktion<br />
<strong>MdL</strong> <strong>Renate</strong> <strong>Geuter</strong>, Bürgerbüro Wildeshausen,<br />
Kleine Wallstraße 2, 27793 Wildeshausen<br />
Herr<br />
Hans H. Hubmann<br />
Per Mail<br />
Sehr geehrter Herr Hubmann,<br />
Kleine Wallstraße 2<br />
27793 Wildeshausen<br />
fon 01 70 / 8 35 60 47<br />
fax 0 44 31 / 94 19 02<br />
mailto buerogeuter@t-mobile.de<br />
Wildeshausen, Januar 2010<br />
die Art und der Inhalt Ihres Beitrages (NWZ, 30.Dezember 2009) zur besorgniserregenden<br />
Situation der Pflege in tarifgebundenen Einrichtungen Niedersachsens, die wir<br />
gemeinsam mit der Diakonie öffentlich gemacht haben, lösen <strong>bei</strong> uns äußerstes Befremden<br />
aus. Gerade die Wohlfahrtsverbände wie die Caritas, das Deutsche Rote<br />
Kreuz, die AWO und auch die Diakonie haben über Jahrzehnte im Bereich der ambulanten<br />
und stationären Altenpflege eine herausragende Ar<strong>bei</strong>t geleistet. Wer all diesen<br />
Trägern und den dort in der Regel Schwerstar<strong>bei</strong>t leistenden Pflegekräften pauschal<br />
unwirtschaftliches Handeln unterstellt, verhält sich unverantwortlich und sogar diffamierend.<br />
Bekanntlich ist nicht nur von der Diakonie, sondern auch von allen anderen<br />
Trägern von Altenhilfeeinrichtungen, die tarif- und richtliniengebunden ar<strong>bei</strong>ten, mehrfach<br />
und deutlich auf ihre mangelnde finanzielle Ausstattung hingewiesen worden. Erinnert<br />
sei in diesem Zusammenhang auch an den Notverkauf von fünf niedersächsischen<br />
Einrichtungen der Caritas an einen ostdeutschen Träger mit der Folge, dass die<br />
bisherigen Mitar<strong>bei</strong>terinnen und Mitar<strong>bei</strong>ter nur unter der Bedingung weiter ar<strong>bei</strong>ten<br />
durften, wenn sie auf bis zu 20 % ihres bisherigen Gehaltes verzichten.<br />
Eigentlich sind wir aufgrund Ihres bisherigen Engagements davon ausgegangen, dass<br />
Ihnen diese Sachverhalte auch bekannt sein müssten. Allerdings können wir uns Ihren<br />
Angriff nur so erklären, dass er nicht ausschließlich aus parteipolitischem Populismus<br />
erfolgte sondern weil Ihnen wesentliche Fakten unbekannt zu sein scheinen. Aus diesem<br />
Grunde weisen wir auf folgende Gesichtspunkte hin:<br />
1. Die Pflegesätze in Niedersachsen sind die niedrigsten im Vergleich zu allen<br />
westdeutschen Bundesländern (Quelle: Statistisches Bundesamt)<br />
2. Die Pflegesätze in Niedersachsen liegen rund 9 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt,<br />
<strong>bei</strong> der Pflegestufe III in der stationären Pflege hält Niedersachsen<br />
sogar einen traurigen Negativrekord!<br />
3. Die Pflegesätze in Niedersachsen liegen um 20 % unter denen des Nachbarlandes<br />
Nordrhein Westfalen (So wird in Nordrhein-Westfalen in der Pflegestufe<br />
III 3.010 Euro mtl. vergütet, in Niedersachsen nur 2.462 Euro mtl.)<br />
4. In den Pflegesätzen in Niedersachsen sind – im Gegensatz zu anderen Bundesländern<br />
- z.B. keine Leistungen für die Betreuung mit gymnastischen Angeboten<br />
oder des Gedächtnistrainings enthalten; sie werden somit nicht refinanziert.<br />
Privat: Nelkenstraße 28, 26169 Friesoythe-Markhausen, fon 0 44 96/92 11 03, mailto renategeuter@gmx.de
<strong>Renate</strong> <strong>Geuter</strong><br />
Mitglied des Niedersächsischen Landtages<br />
5. In Niedersachsen ist der Markt der stationären Altenhilfeeinrichtungen inzwischen<br />
zu 60 % in privater Hand. In den privaten Einrichtungen liegen die Löhne<br />
um bis zu 35 % unter dem Tariflohn oder den Richtlinien der Träger der freien<br />
Wohlfahrtspflege.<br />
Wir empfehlen Ihnen, sich einmal über den Tariflohn einer qualifizierten Altenpflegekraft<br />
zu informieren, wir kennen niemanden, der davon Reichtümer anhäufen konnte.<br />
Aus diesem Grunde halten wir einen „Wettbewerb“ um die niedrigsten Löhne in diesem<br />
so wichtigen Bereich für moralisch nicht vertretbar. Ich hoffe auch nicht, dass wir Ihren<br />
Beitrag so verstehen müssen, dass Sie alle Träger der Wohlfahrtsverbände damit auffordern<br />
wollten, bestehende Tarifverträge zu unterlaufen. In Nordrhein-Westfalen verteidigt<br />
übrigens der CDU-Sozialminister Karl-Josef Laumann vehement die Berücksichtigung<br />
der Tarifbindung und verweist darauf, dass 60 % der höheren Pflegesätze in<br />
NRW darin begründet liegen. Bayern (bekanntlich auch keine SPD-Hochburg) hat<br />
durch einen Erlass des Sozialministeriums seine Pflegekassen angewiesen, Tariflöhne<br />
in der Berechnung der Pflegesätze vollständig zu berücksichtigen.<br />
Sehr geehrter Herr Hubmann, dies sind nur einige Fakten, die nicht nur von uns, sondern<br />
auch von der Diakonie, der Caritas (Kampagne „Pflegealarm“ 2008), der AWO,<br />
dem Roten Kreuz usw. in ihrem Aktionsbündnis Altenpflege im Frühjahr 2009 verdeutlicht<br />
und dringend politisches Handeln angemahnt haben. In einem Artikel der Neuen<br />
Osnabrücker Zeitung vom 4. September 2009 zeigen sich der Vorsitzende der CDA<br />
des Kreisverbandes Osnabrück-Land und der Vorsitzende des Caritasverbandes für<br />
die Diözese Osnabrück ratlos: „Niedersachsen ist eine pflegepolitikfreie Zone, wir reden<br />
vor eine Gummiwand.“<br />
An den Beispielen Nordrhein-Westfalen und Bayern zeigt sich, dass auch andere Lösungswege<br />
im Interesse der zu pflegenden Menschen aber auch der Mitar<strong>bei</strong>ter und<br />
Mitar<strong>bei</strong>terinnen in der Altenpflege möglich sind. Das setzt aber voraus, dass die politischen<br />
Vertreter sich eben nicht auf ein freies Spiel der Kräfte verlassen, sondern die<br />
Regeln vorgeben, die für eine menschenwürdige Pflegesituation unverzichtbar sind.<br />
Wir verweisen noch einmal darauf, dass die in der Pflege ar<strong>bei</strong>tenden Menschen eine<br />
sehr wichtige und schwere Ar<strong>bei</strong>t leisten (auf die wir alle persönlich möglicherweise<br />
auch noch einmal angewiesen sein werden). Daher haben gerade sie Anspruch auf eine<br />
angemessene Vergütung und das muss in der Regel der Tariflohn sein (der so üppig<br />
ja nicht ausfällt).<br />
Sehr geehrter Herr Hubmann, gerade wir Politiker sollten auf die Praktiker aus den<br />
Wohlfahrtsverbänden oder aus anderen sozialen Institutionen genau hören, wenn Sie<br />
von Missständen oder Fehlentwicklungen berichten und sie nicht ignorieren oder sie<br />
sogar der Lüge bezichtigen. Es reicht eben nicht aus, deren Engagement in Sonntagsreden<br />
zu loben.<br />
Unser Anliegen war es, auf die von uns in diesem Brief noch einmal beschriebenen<br />
Fehlentwicklungen im Bereich der ambulanten und stationären Pflege hinzuweisen und<br />
diesen entgegenzuwirken. Wir sind auch gerne bereit, mit Ihnen gemeinsam dieses<br />
wichtige Thema weiter zu verfolgen und bieten Ihnen dazu an, im Rahmen einer Fachveranstaltung<br />
im Frühjahr 2010 diese Thematik im Hinblick auf die Situation im Landkreis<br />
Oldenburg noch einmal aufzugreifen.<br />
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<strong>Renate</strong> <strong>Geuter</strong><br />
Mitglied des Niedersächsischen Landtages<br />
Wir erwarten, dass Sie sich der vielen Fakten zu diesem Themenbereich nicht verschließen<br />
und würden uns sehr darüber freuen, wenn Sie gemeinsam mit uns an der<br />
Seite der Diakonie, der Caritas, des DRK, der AWO usw. für eine bessere finanzielle<br />
und zukunftsfähige Ausstattung der Pflege in Niedersachsen eintreten.<br />
Mit freundlichen Grüßen und besten Wünschen für das Jahr 2010<br />
<strong>Renate</strong> <strong>Geuter</strong><br />
Axel Brammer<br />
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