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Unter der Staleke 229, Frühjahr 2023

Heimatzeitung für die Gemeinde Hagen im Bremischen – Die STALEKE erscheint vier Mal im Jahr und wird kostenlos an alle Haushalte der Gemeinde Hagen im Bremischen verteilt.

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C privat (2)<br />

schen, die allesamt noch nicht<br />

beglichen waren.<br />

Weitere min<strong>der</strong>jährige Kin<strong>der</strong><br />

lebten in Hagen und wurden<br />

von seiner Schwägerin, „<strong>der</strong> Witwe<br />

Kreiseinnehmerin Schmidt als<br />

Vormün<strong>der</strong>in“, betreut. Sie for<strong>der</strong>te<br />

für die Mündel die Mitgift<br />

<strong>der</strong> verstorbenen Ehefrau des<br />

Amtmanns von 500 Reichsth. in<br />

Gold und 330 Reichsth. Courant.<br />

Kaum in Hagen angekommen,<br />

lieh sich <strong>der</strong> Herr Amtmann<br />

wie<strong>der</strong> große Summen, z.B. bei<br />

dem vermögenden Kaufmann<br />

Georg Schrö<strong>der</strong> in mehreren<br />

Teilen 650 Reichsth., bei Heinrich<br />

Meyer in Sandstedt 100<br />

Reichsth. und bei <strong>der</strong> Müllerin<br />

Seedorf in Sandstedt 200<br />

Reichsthaler.<br />

Gegen solche Summen sind<br />

die Schulden bei den Hagener<br />

Kaufleuten und Handwerkern<br />

lächerlich, aber in <strong>der</strong> Aufzählung<br />

erhalten wir doch einen<br />

Eindruck vom Wirtschaftsleben<br />

in Hagen Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und erkennen viele Namen<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

Als <strong>der</strong> Amtmann zuletzt krank<br />

gewesen war, haben we<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Arzt Dr. med. Tiedemann „für<br />

nützliche Behandlung“ noch <strong>der</strong><br />

Apotheker Wonneberg Geld erhalten.<br />

Der Amtsdiener Johann Huster,<br />

<strong>der</strong> ein begabter Musiker<br />

und laut Heinrich Schriefer<br />

„Gesangsvereins-Dirigent und<br />

Beherrscher <strong>der</strong> Geige“ war, for<strong>der</strong>t<br />

für den Musikunterricht<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und für Noten für<br />

zwei Jahre 50 Reichsth.<br />

Auch die Kaufleute in Hagen<br />

hatten For<strong>der</strong>ungen, z.B. Kaufmann<br />

Meiners für Waren zur<br />

Beerdigung des Amtmanns<br />

und Traueranzüge und Kaufmann<br />

Gottschalk für Waren.<br />

Außerdem finden sich fast alle<br />

Handwerker Hagens und Umgebung<br />

unter den Gläubigen:<br />

Tischlermeister Hermann Tienken,<br />

Schmied Büttelmann, Sattlermeister<br />

Dähnecke, Tischlermeister<br />

Köster in Rechtenfleth,<br />

Maler John, Mauermeister<br />

Kühlke, Wagenmacher Meyer,<br />

Johann Dreckshagen für Arbeitslohn<br />

und Rasieren.<br />

Das strohgedeckte Haus ist die<br />

Schmiede Büttelmann, im Hintergrund<br />

das Kaufhaus Meiners<br />

(heute: das weiße Haus an <strong>der</strong><br />

Piazza) und rechts hinten das<br />

Kaufhaus Schrö<strong>der</strong> (heute Nestwerk<br />

und Klei<strong>der</strong>kammer)<br />

Und ein Carl Grebe in Bremen<br />

for<strong>der</strong>t noch 23 Reichsth. für<br />

Wein.<br />

Wohl wissend, wie es um ihn<br />

stand, hat <strong>der</strong> Amtmann Voss<br />

auch noch Schulden bei J. F.<br />

Freudenberg in Uthlede an Lotteriegeld<br />

hinterlassen und offensichtlich<br />

nichts gewonnen.<br />

Alle diese Gläubiger werden<br />

wohl leer ausgegangen sein,<br />

denn am Ende <strong>der</strong> Liste meldet<br />

sich die Landdrostei Stade zu<br />

Wort, in Person des Cammer-<br />

Consulenten, Justizrat Reuter,<br />

Geht es Ihnen auch manchmal so? Beim <strong>Frühjahr</strong>sputz o<strong>der</strong> Aufräumen findet man<br />

den alten Karton o<strong>der</strong> den Ordner mit den Dokumenten aus Großvaters o<strong>der</strong> gar<br />

Urgroßvaters Zeit wie<strong>der</strong>, und man bekommt Lust, darin zu stöbern. Alte Briefe,<br />

Verträge, Stammbücher, Kochrezepte und vieles an<strong>der</strong>e kommt zum Vorschein. Nur<br />

lei<strong>der</strong> ist alles handschriftlich und in deutscher Schrift verfasst und daher mühsam<br />

zu entziffern. Dann ist <strong>der</strong> Spaß schnell vorbei! Für solche Fälle finden Sie Hilfe beim<br />

Kultur- und Heimatverein: Telefon 04746 397 (J. Siegmeyer). Wir transkribieren<br />

(umschreiben in Druckschrift) und deuten Ihre Dokumente.<br />

Die nächsten Zusammenkünfte <strong>der</strong> Geschichtswerkstatt in <strong>der</strong> Burg Hagen finden<br />

<strong>2023</strong> immer montags um 19.00 Uhr statt, und zwar 20. März; 24. April, 22. Mai, 19.<br />

Juni, 24. Juli, 21. August, 25. September, 23. Oktober, 20. November, 11. Dezember.<br />

Gäste sind immer herzlich willkommen.<br />

und meldet den Vorrang aller<br />

obrigkeitlichen For<strong>der</strong>ungen<br />

an, denn <strong>der</strong> Amtmann hat auch<br />

niemals eine Kaution bezahlt,<br />

was eigentlich üblich war und<br />

den Staat in solchen Fällen absichern<br />

sollte. Aber selbst für den<br />

Fiskus wird kein Geld dagewesen<br />

sein, allenfalls das Getreide auf<br />

den vom Amtmann gepachteten<br />

Fel<strong>der</strong>n (die Pacht war nicht<br />

bezahlt) hat noch einen kleinen<br />

Überschuss erbracht.<br />

Nun war guter Rat teuer. Der<br />

Amtsassessor von Bock aus<br />

Lehe kümmerte sich zunächst<br />

um die Amtsgeschäfte, unterstützt<br />

von Amtsassessor<br />

Schmidt aus Blumenthal. Als<br />

neuer Amtmann war Freiherr<br />

von Uslar-Gleichen aus Iburg<br />

vorgesehen. Er sollte eigentlich<br />

am 24. Februar 1855 nach Hagen<br />

kommen und dort in sein<br />

Amt eingeführt werden. Doch<br />

erreichte das Amt Hagen am 20.<br />

Februar 4 ¾ Uhr nachmittags<br />

folgen<strong>der</strong> Brief:<br />

„So fatal es mir ist, gegen Sie, werther<br />

College, wortbrüchig erscheinen<br />

zu müssen, so bin ich doch genöthigt,<br />

meine Reise nach Hagen<br />

um mehrere Tage unbestimmt<br />

aufschieben zu müssen, da theils<br />

die Kälte so grimmig ist, daß ich<br />

dem Dringen aller vernünftigen<br />

Menschen hier endlich nachgebend,<br />

die Unmöglichkeit, gesund<br />

4 Tage auf dem Pferde bis nach<br />

Hagen überzukommen, habe einsehen<br />

müssen, theils auch hier in<br />

den Bergen <strong>der</strong> Schnee so hoch<br />

liegt, daß erst nach mehreren Tagen<br />

<strong>der</strong> Schneepflug <strong>der</strong> Landfolgen<br />

die Communication werden<br />

hergestellt haben.<br />

Ich werde nun nicht eher wie<strong>der</strong><br />

schreiben, als bis ich unter Weg<br />

bin, was übrigens geschehen wird,<br />

sobald nur die Kälte um wenige<br />

Grade nachläßt und die Wege passierbar<br />

für einen Reiter sind.<br />

Noch darf ich Sie recht freundlich<br />

bitten, dem Assessor von Bock<br />

dies mitzutheilen, wenn Sie nicht<br />

etwa dort ebenso viel Schnee<br />

haben, so daß er von selbst die<br />

Unmöglichkeit meiner Reise einsehen<br />

sollte, und Sie eine Benachrichtigung<br />

für überflüssig halten.<br />

Iburg, den 17. Februar 1855<br />

von Uslar-Gleichen“<br />

Endlich, nach Wetterbesserung,<br />

im März 1855 wurde von Uslar-<br />

Gleichen als Amtmann mit einer<br />

jährlichen Besoldung von 400<br />

Reichsth. eingeführt. Doch auch<br />

das war nur eine Übergangslösung,<br />

denn schon im Oktober<br />

1855 wurde Regierungsrat<br />

Theodor Christian Fachtmann<br />

aus Hannover zunächst als<br />

Amtsverwalter, ab 1856 als Amtmann<br />

berufen. Von diesem höheren<br />

Beamten versprach man<br />

sich endlich geordnete Verhältnisse<br />

in Hagen. Darüber wird in<br />

<strong>der</strong> nächsten Ausgabe <strong>der</strong> <strong>Staleke</strong><br />

zu berichten sein. s<br />

Fortsetzung folgt. Jutta Siegmeyer<br />

UNTER DER STALEKE FRÜHJAHR <strong>2023</strong> | 49

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