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Taxi Times München - 1. Quartal 2023

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RICHTET SICH<br />

DAS TRINKGELD?<br />

Auch in <strong>München</strong> ist es durchaus üblich, bei <strong>Taxi</strong>fahrten ein Trinkgeld zu geben.<br />

Aber wer gibt es (reichlich), wer eher weniger? Gibt es regionale und<br />

internationale Unterschiede in der »Trinkgeldkultur«?<br />

Jede zweite <strong>Taxi</strong>fahrt endet ohne Trinkgeld“ – dieses Ergebnis<br />

einer „Trinkgeldstudie“ ist derzeit sogar auf Plakaten<br />

manch einer Großstadt zu lesen. Das Ergebnis vermittelt,<br />

dass es eigentlich mehr sein müsste und eventuell auch schon<br />

mal war.<br />

Traditionell prall gefüllt ist das Trinkgeld-Fach im <strong>Taxi</strong>geldbeutel<br />

am Ende einer Silvester-Schicht. Nach zwei Pandemie-Jahren<br />

endlich mal wieder viel Barumsatz und entsprechend viel Trinkgeld,<br />

da schlugen zum Jahreswechsel vor allem die Herzen der<br />

Nachtschicht höher. Fast alle Fahrerinnen und Fahrer aus der<br />

Branche wissen ihre besondere Trinkgeldgeschichte zu erzählen,<br />

und viele beklagen einen Rückgang der Freigiebigkeit. Ob<br />

die oben erwähnte Studie mit ganzen 68 Befragten da Licht ins<br />

Dunkel bringt, sei einmal dahingestellt.<br />

Man gibt es der Kellnerin, der <strong>Taxi</strong>fahrer nimmt es, der Schaffner<br />

wird es in der Regel zurückweisen – wonach richtet sich das<br />

Trinkgeld? Fragt man nach, haben viele Menschen durchaus klare<br />

Trinkgeldregeln im Kopf, aber niemand weiß so genau, woher sie<br />

eigentlich stammen. In Italien ist Trinkgeld eher verpönt, in den<br />

Nachbarländern nicht. Trinkgeld wird in protestantischen oder<br />

katholischen Ländern und in faschistischen oder demokratischen<br />

Ländern gegeben, und selbst in der DDR gehörte es zum guten Ton.<br />

Und zum Zankapfel wird es inzwischen auf dem Kreuzfahrtschiff,<br />

da dort verschiedene Kulturen unversöhnlich aufeinanderprallen.<br />

Gegenseitiges Unverständnis ist so vorprogrammiert. All dies<br />

sind Merkmale einer Kultur, die sich inzwischen allen rationalen<br />

Erklärungsversuchen entzieht.<br />

Aber woher kommt dieser Brauch eigentlich? Der deutsche Ausdruck<br />

„Trinkgeld“ taucht erstmals im späten Mittelalter auf. Im<br />

Benimm-Klassiker rät Adolph Freiherr von Knigge bereits 1788,<br />

„dem Wagenmeister ein gutes Trinkgeld zu geben“. Die Intention<br />

war es wohl, dass das Geld auf das Wohl des Gastes vertrunken<br />

wird, daher also „Trinkgeld“. Und so war es seit dem Mittelalter<br />

üblich, Dienstleistungen von Boten, Handwerkern und Fuhrleuten<br />

mit Trinkgeld zu belohnen, wobei der Übergang zur Bestechung<br />

natürlich fließend war. Der einfache Dienstleister bekam<br />

ein Trinkgeld, bei besser Situierten erfüllten solche Zahlungen<br />

dann aber schnell den Tatbestand der Bestechung – zumindest<br />

nach heutigen Kriterien.<br />

WENN DER LOHN NICHT ZUM ÜBERLEBEN REICHT<br />

Spätestens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte<br />

sich das Trinkgeld für den Gast dann zu einem Mittel der sozialen<br />

Abgrenzung, durch das sich selbst noch der Kleinbürger von<br />

den Unterschichten unterscheiden konnte, und hielt so auch in<br />

der Gastronomie Einzug. Besonders hier führte es aber auch oft<br />

zu Unmut, denn die Gäste fühlten sich vom Personal regelrecht<br />

zur Trinkgeldgabe gezwungen. Das Personal wiederum war aber<br />

FOTO: Adobe Stock / bluedesign<br />

12 <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2023</strong> TAXI

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