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201<br />

Schweinstall, die Gartenmauer, alles aus dem Boden gerissen, viel Rindvieh<br />

verstorben, viel Schwein ersoffen und sind ersoffen 445 Stück Schaaf. Die<br />

Ziegeln sogar auf den Häusern, und die Fenster in den Häusern verschmissen,<br />

dass keine mehr ganz geblieben“! In der gleichen Nacht wurde auch das Haus des<br />

Johann Peter Steinhauer 309 ein Opfer des nieder brausenden Hochwassers. Er hatte<br />

den Fehler gemacht, zu nahe an der breiten Bachfurt des Odenbachs zu bauen.<br />

Danach baute er auf den Hewwel!<br />

Auch entlang des Lautertals gingen die Gewitter nieder. Die Lauter schwoll sehr<br />

schnell an und wurde zum reißenden, unberechenbaren Fluss. Am Nachmittag<br />

gleichen Tags brach schreckliches Unglück über die Familie Johann Wilhelm<br />

Jung 310 von Kreimbach herein. Der älteste Sohn Johann Wilhelm Jung, geb. am<br />

23.7.1742, wollte ein Schaf aus der Lauter ziehen, dessen Fell und Wolle sich mit<br />

Wasser voll gesogen hatte. Schnell verlor er den Boden unter den Füßen. Er<br />

konnte nicht schwimmen, er schrie um Hilfe und ging unter. Seine Mutter, die<br />

53jährige Maria Susanna Jung, geborene Walter, eilte zu Hilfe. Verzweifelt,<br />

jede Angst überwindend, sprang sie in den Bach, aber auch sie war<br />

Nichtschwimmerin. Der reißende Fluss riss sie mit sich und sie ertrank ebenfalls.<br />

1780: Der Winter war kalt und schneereich. Der spätere Deputierte Johann<br />

Michael Zimmer, * 26.1.1748 heiratete am 13.2.1780 an seinem Heimatort<br />

Seelen Maria Elisabetha Geib (:* 23.4.1749) nicht wie geplant in der<br />

romantischen Rokoko Kirche zu Rudolfskirchen. Der Schnee lag so hoch, dass<br />

Pfarrer Vollmar das Paar in Seelen copulierte<br />

Klaus Knecht berichtet: „das Frühjahr 1780 begann mit einer anhaltenden<br />

Trockenheit, die den Odenbach zu einem Rinnsal austrocknen ließ und die<br />

Hefersweiler Mühle zum Erliegen brachte. Nur stundenweise konnte gemahlen<br />

werden, weil dem Mühlrad die nötige Wasserantriebskraft fehlte. Die Trockenheit<br />

weitete sich in den folgenden Jahren zu einer Dürreperiode aus. Zum Jahresende<br />

1780 ging es jedoch nochmals stürmisch zu. So lesen wir im Relsberger<br />

Kirchenbuch. Am 2 November 1780 ging Anna Ottilia Scheers des Wilhelm<br />

Scheers Ehefrau mit ihrem Sohn ins Feld an die Arbeit. Über der Arbeit wurde sie<br />

von einem heftigen Schlag gerührt, dass sie Knall und Fall tot zur Erde niederfiel,<br />

den 4ten wurde sie begraben, war alt 62 Jahr.<br />

Der Sommer 1783 war extrem lang und heiß. Keine Regenfälle. Der Odenbach<br />

und die Seitenbäche führten kaum Wasser, so dass die Müller von Rathskirchen<br />

und Hefersweiler ihre Mühlen stilllegen mussten. Die Ernte fiel dementsprechend<br />

erbärmlich mager aus. Der Herbst mit seiner geringen Obsternte brachte auch<br />

kaum Entspannung. So war für die nächsten Monate Schmalhans Küchenmeister<br />

angesagt. Wegen der geringen Erträge, blieben die meisten die Pacht und die<br />

Steuerzahlung ganz oder teilweise schuldig. Der Müller Jacob Frank musste<br />

während der Odenbach und somit der Mühlbach wenig Wasser führten, bei<br />

weniger wasserarmen Mühlen mahlen lassen.<br />

309 ) Johann Peter Steinhauer, Drehermeister, * 10.8.1723 in Wiesweiler, > 4.12.1795,<br />

Stammvater der Hefersweiler Steinhauers und Armbrusts!<br />

310 ) Johann Wilhelm Jung oo 11. April 1741 Maria Susanna Walter, * 24.1.1723 in Kreimbach,<br />

der älteste Sohn Johann Wilhelm Jung * 23.7.1742 ertrank am 17. Juli 1776 in der Lauter<br />

201


202<br />

202<br />

Der Winter von 1783/84 war jedoch extrem kalt und sehr schneereich. (wie ab<br />

1776 – 1780). Der tagelange Schneefall setzte Weihnachten 1783 ein. An einem<br />

Tag fielen sogar 45 cm Schnee. Am 15 Januar 1784 lagen in Seelen 4 Schuh und<br />

9 Zoll = 1,54 m Schnee. Drei Monate lang sei der Mühlteich in Rathskirchen bis<br />

auf den Grund zugefroren gewesen. Der Winter war so verheerend, dass die<br />

Bauern teilweise Stroh von ihren Dächern holten, um ihre Tiere zu füttern.<br />

Johann Michel Klein aus Relsberg arbeitete als Mühlknecht in Wolfstein. Die<br />

Kälte, abwechselnd Tauwetter, der einsetzende Eisgang gefährdeten das Mühlrad<br />

und das Mühlwerk der Wolfsteiner Mühle. Johann Michel Klein aus Relsberg<br />

wollte an der laufenden Mühle das Eis von der Staumauer weghacken. Glatteis<br />

und mangelnde Vorsicht führten zu einem schrecklichen Unfall Klein rutschte<br />

aus und wurde vom Mühlrad erfasst. Keiner konnte mehr helfen. Das sich<br />

kraftvoll drehende Mühlrad zerdrückte seinen Körper gegen den ausgemauerten<br />

Boden. Klein war sofort tot und sein Leichnam war entsetzlich „zerstückelt“. Joh.<br />

Christian Vollmar schrieb ins Relsberger Sterberegister: „Am 20ten Jänner 1784<br />

wurde Johann Michael Klein in Wolfstein begraben, nach dem er den Tag vorher<br />

durch das Eis unter das Mühlrad gekommen und verstückelt wurde“.<br />

Der krasse Wärmeeinbruch und Wetterumschwung am 27. und 28. Februar 1784<br />

mit seinen starken Regenfällen brachten abwechselnd starken Eisgang und große<br />

Überschwemmungen 311 im engen Tal mit sich. Schlamm, Geröll, Wasser setzten<br />

den Mühlen erheblich zu. Es wird berichtet, dass der Müller Frank drei Jahre lang,<br />

nicht die Pacht hätte bezahlen können. Er musste zudem einen Kredit aufnehmen,<br />

um die Schäden beheben zu können. Die Arbeiten zogen sich bis zum Sommer<br />

hin.<br />

Der Ablauf der Katastrophe wurde minutiös von verschiedenen Beobachtern an<br />

verschiedenen Orten der Kurpfalz zeitgleich festgehalten. Deurer beschreibt den<br />

Ablauf in Heidelberg wie folgt:<br />

„ Es war indessen Donnerstag, den 26ten Hornung, (26.2.1784) abends, dass<br />

diesmal Lärm geschlagen und geschossen wurde, indem das Wasser schon sehr<br />

jählings zu steigen anfing... Alle Straßen wurden mit Pechkränzen beleuchtet und<br />

überall starke Wachen zur Beobachtung des Wassers und Eises gehalten. Gegen<br />

12 Uhr war wieder Ruhe, in der Stadt ging man schlafen. Verschiedene Herren<br />

waren noch bis 2 Uhr nachts auf der Brücke. Und weil sie vermuteten, dass sich<br />

noch nichts ereignen würde, verließen sie diese wieder. Es war aber kaum Freitag,<br />

morgens um 5 Uhr, so donnerten ferne Schüsse, sogleich fiel in der Stadt ein<br />

Schuss auf den anderen, die Glocken läuteten zum Sturm, die Trommeln lärmten.<br />

Alles erwachte. Man nahm eine kaum merkbare Bewegung des Eises wahr,<br />

welches sich in seiner ganzen Masse ein Stück Weges sanft fort schob, die<br />

gedeckte Brücke wie einen Federballen von den Pfeilern, im dem Eise aufrecht<br />

stehend, langsam mit sich hinweg führte. Und zwar ein Stück bis gegen<br />

311 ) Der erste starke Eisgang in Heidelberg war zeitgleich auch am 18.1.1784. Noch hielt diese<br />

wunderschöne Sandsteinbrücke. Noch Ende Februar 1784 wehrte sich die Bevölkerung<br />

vergeblich mit Sprengungen gegen die Eisbarrieren. Das zerstörerisches Gemisch aus<br />

entwurzelten Bäumen, mitgerissenen Balken und meterdicken Eisschollen drückte gegen die<br />

Brückenbögen und brachte sie am 26. Februar sieben von ihnen zum Einsturz, wie auf dem<br />

Gemälde von Ferdinand Kobell zu sehen ist. (Rüdiger Glaser, Klimageschichte<br />

Mitteleuropas, Primus Verlag, Darmstadt 2001, S.207)


203<br />

Neuenheim, wo es mitten im Neckar stehen blieb, ein Stück bis an das Magazin<br />

und ein Stück wieder aufwärts. Zur gleichen Zeit wurden einige ansehnliche<br />

Gebäude teils weggerissen, teils sehr beschädigt... Die Brückenstücke wurden<br />

zertrümmert, fortgetrieben. Die Mühlen stürzten ein. Die Neumühle ganz. Der<br />

Müller, der sie erst neue erbaut hatte, wurde ein blutarmer Mann. ...“ 312<br />

Das Hochwasser von 1784 war wohl das Schlimmste der letzten 500 Jahre.<br />

1784 Alles hatte sich gegen unsere Bevölkerung verschworen. Petrus strafte<br />

alle; nun folgte im Sommer die schlimmste Dürre. Das Wasser blieb aus, die<br />

Felder verdorrten. Angesichts der amtlichen Schilderungen der damaligen<br />

trostlosen Verhältnisse ist es kaum vorstellbar, dass die Einwohner nicht<br />

hungerten. Selbst die sonst so strenge Herrschaft hatte ein Einsehen und gewährte<br />

Stundungen, Befreiungen. Aber es kam viel schlimmer,<br />

am 28. Juni 1785 brach über Mitteleuropa, auch im mittleren Odenbachtal mit<br />

den Schwerpunkten Hefersweiler und Niederkirchen eine regelrechte Sintflut<br />

herein, die die beiden Dörfer wieder unter Wasser setzte und unermesslichen<br />

Schaden anrichtete. Eine riesige Auswanderungswelle setzte ein. Die Familien<br />

Eisenlöffel, Greilach, Demant, Welker, Dech und Schwarz verließen das<br />

Odenbachtal 25 Taglöhner seien damit beschäftigt gewesen, den Mühlgraben,<br />

den Mühlteich von Schlamm, Sand und Geröll zu befreien. Müller Frank bat um<br />

Pachterlass, aber die Obrigkeit reduzierte den Pachtzins nur um die Hälfte.<br />

1789: Der Sommer war wieder extrem trocken. Von Mitte Mai bis Ende Juli<br />

regnete es wochenlang nicht. Das Korn vertrocknete, Gras und Klee wuchsen<br />

nicht. Die katastrophale Folge: eine erschreckend geringe Ernte, kaum Heu und<br />

Stroh musste für viel Geld, das nicht vorhanden war, gekauft werden. Der<br />

Hefersweiler Müller Frank teilte mit allen Bauern das Schicksal der<br />

Ernteausfälle. Die Meisten hatten größte Schwierigkeiten, ihre Familie und die<br />

Tiere durch den Winter zu bringen. Die guten Erntejahre 1790 und 1791 brachten<br />

zwar etwas Entlastung, aber das Horrorjahr 1793 machte alle Hoffnungen<br />

wieder zunichte.<br />

1793: Ein Jahr voller Gegensätze. Der Juli war äußerst heiß und trocken. Die<br />

Menschen suchten Abkühlung. Die Jugend ging zu den nahe liegenden Weihern<br />

und tobte dort herum. So auch am 14ten Juli. Die Otterberger trafen sich am<br />

Lanzenbrunner Weiher. Das Unglück wollte es. Joh. Nicolaus Linn verlor die<br />

Füße unterm Boden Er fiel und ging unter. Der 22jährige Nichtschwimmer hatte<br />

keine Chance, er ertrank. Zwei Tage später wurde er beerdigt. Auch die folgende<br />

Geschichte ist dem Sterberegister des lutherischen Kirchenbuchs Otterberg<br />

entnommen:<br />

Den 15ten Juli gab der Königlich Preußische Inspektor von der Mehl Kolonne<br />

Christian Braun nach einem kalten Trunk in äußerster Hitze seinen Geist<br />

plötzlich auf und ist am Schlag und Steckfluss dieser Train Inspector beym<br />

Königl. Proviant Fuhrwagen gestorben. War aus Eggersin in Pommern gebürtig,<br />

52 Jahre alt. 34 Jahre diente er als Wachtmeister beim Hochl. Kurland Regiment<br />

312 ) Rüdiger Glaser, a.a.O, Seite. 205 ff.<br />

203


204<br />

204<br />

von Wollfrath und 1 Jahr als Train Inspektor dem König von Preußen. Am 17. Juli<br />

wurde er cum pompa (mit großen militärischen Ehren) in Katzweiler beerdigt.<br />

Im Herbst dagegen regnete es, was die Wolken so hergaben. Ein Regenschauer<br />

folgte dem anderen. Tagein, tagaus, so wie es wohl nur alle 100 oder 200 Jahr<br />

wieder vorkommt. Auch im November gab es schwere Regenfälle, die die Täler<br />

unpassierbar machten. Die franz. Truppen unter dem 25jährigen General Lazare<br />

Hoche versuchten dennoch am 26. November 1793 an mehreren Stellen mehrmals<br />

vergeblich das überflutete Lautertal zu überqueren. Sein Ziel war es, die<br />

deutschen Alliierten, unter preuß. Führung anzugreifen, die sich auf dem lang<br />

gestreckten Bergrücken zwischen dem Schlachtenturm in Morlautern bis rüber<br />

zur heutigen Wohnsiedlung Husarenäcker verschanzt hatten. Erst nach dem die<br />

Pioniere befehlsgemäß zwei Brücken 313 errichtet hatten, konnte er seinen Angriff<br />

starten.<br />

6.26. Dorfschultheiß Johannes Mangold<br />

Nach 1648: Irgendwann wohnten wieder ausreichend Menschen in Erlenbach, die<br />

ihr Auskommen hatten. Mit den Menschen kam der Neid, der Ärger mit dem<br />

Nachbarn, selbst unter Verwandten flogen die Fetzen. Da blieb nur eins, der Staat<br />

schaffte Ordnung und Rechtssicherheit. Das kurpfälzische Oberamt in<br />

Kaiserslautern fasste Morlautern und Erlenbach zu einer Verwaltungseinheit<br />

zusammen. Der erste uns bekannte Erlenbacher Schultheiß war Caspar Becker.<br />

Am 14.3.1688 war er der erstgenannte Pate bei der Kindtaufe seines Neffen<br />

Johann Caspar Steinmetz in Wörsbach. Um 1700 war Joh. C. Becker noch im<br />

Amt und Würden. Denn seine Tochter NN heiratet am 2. Juli 1700 David<br />

Schönbeck, Sohn des Wilhelm Schönbeck aus Morlautern 314 . Leider sind unsere<br />

Kirchenbücher lückenhaft, so dass wir nicht wissen, wann Caspar Becker starb.<br />

Um 1720 bestellte das kurpfälzische Oberamt den Erlenbacher Johannes<br />

Mangold zum gemeinsamen Schultheißen von Morlautern und Erlenbach. Ihm<br />

standen zwei ehrbare Bürger zur Seite, die das Amt der Gerichtsschöffen<br />

begleiteten. Johannes Mangold war eine sehr einflussreiche Persönlichkeit mit<br />

weit reichenden Kompetenzen Das Aufgabenfeld des Schultheißen Johannes<br />

Mangold war umfassend. Er führte die Landesgesetze aus und bildete somit die<br />

Exekutive, wie wir heute sagen. Er managte vielfältige kommunale Aufgaben und<br />

erfüllte gleichzeitig teilweise die Aufgaben heutiger Notare. Unter anderem war<br />

er zuständig für die<br />

• Einhaltung der Dorfordnung. Die Schultheißen bestellten auf Zeit die<br />

Kuh- und Schweinehirten und engagierten die Schäfer. Die<br />

Jahresverträge mussten verlängert oder ein anderer Hirte verpflichtet<br />

werden. Die Schäferhütten waren wie das Armenhaus eine kommunale<br />

Einrichtung. Die Beweidung war systematisch und geschah im<br />

Einvernehmen mit den Bauern (Ackerern), den Grundstücksbesitzern.<br />

313<br />

) Die erste Brücke war zwischen Katzweiler und Sambach und die zweite zwischen Erfenbach<br />

und Otterbach<br />

314<br />

) Sie starb vor 1714, denn der Witwer Schönbeck heiratete am 10.1.1714 wieder. !


205<br />

• Anschaffung und Haltung des Dorfstieres, Fassel genannt. Der Halter<br />

bekam eine jährliche Gebühr für Futter, Arbeit und Risiko.<br />

• Handhabung der Polizei-Verordnungen. Dazu gehörten die<br />

Überwachung der Schulpflicht bis zum 12. Lebensjahr und die<br />

Einhaltung des Konfessionsalters von 14 Jahren. Schon früher konnten<br />

die Zecher nicht unbegrenzt im Wirtshaus sitzen, die Einhaltung der<br />

Polizeistunde wurde mit Argusaugen überwacht.<br />

• Schulgebäude und deren Einrichtung. Sie waren Gemeindesache. Die<br />

Schulhaus- Glocke erfüllte vielfältige Zwecke und das Läuten musste<br />

organisiert sein. Die Schuldiener bzw. Schulmeister jedoch wurden von<br />

der Landeskirche bestellt und von dem zuständigen evang. reformierten<br />

(auch lutherisch) Otterberger Pfarrer überwacht. Zur Schule gehörte ein<br />

Schulgarten, aus dem heraus sich die Lehrerfamilie versorgte.<br />

• Aufsicht über die Wege und Stege. Dies schloß natürlich die Pflege,<br />

und die Reparaturen mit ein.<br />

• Führung des örtlichen Lagerbuches, dem Vorläufer des Grundbuches<br />

• Beurkundung der Grundstücksverträge und der hypothekarisch<br />

abgesicherten Kredite. In diesem Zusammenhang fiel der Gottespfennig<br />

an, eine Gebühr von 2 Kreuzern, die der Pfarrei zufloss.<br />

Wahrscheinlich finanzierte sich die Almosenkasse teilweise aus dieser<br />

„Grunderwerbsteuer“. Der Schultheiß und seine Schöffen<br />

unterschrieben diese Grundstücks- und Kreditverträge mit.<br />

• Die Schultheißen überwachten die Ausführung der herrschaftlichen<br />

Befehle, wie z.B. das Läuten der Hochzeitsglocken aus Anlass einer<br />

kaiserlichen Hochzeit<br />

• Die Besteuerung der Untertanen, damals Schatzung (Schazung)<br />

genannt, sollte den unterschiedlichen Einkommen und Vermögen<br />

gerecht werden. Die Schultheißen erhoben Steuern und Pachtgebühren<br />

und trieben sie mitunter auch zwangsweise bei. In Erlenbach oblag dies<br />

von 1740 - 1768 dem Zehnt-Schultheißen („Cent-Schultheiß“) Joh<br />

Villiard.<br />

„In den Städten wie Kaiserslautern und Wolfstein hatte der Schultheiß,<br />

Bürgermeister und der Rath die niedere Gerichtsbarkeit inne In den Städten<br />

schien es unterschiedliche Rechte und Privilegien gegeben zu haben. Die<br />

ordentliche Bürgerliche Gerichtsverfassung sah die Kontraktschreiberei und<br />

Waisenschreiberei vor. Bachmann erklärt leider den Unterschied nicht (vgl S. 269<br />

oben) Dies war wohl eine Prozessordnung, die je nach Herkommen und<br />

Privilegien zuständig war.<br />

6.27. Schule & Lehrer Erlenbachs<br />

1558 packte Herzog Ottheinrich die Gründung, bzw. die Reform des<br />

Schulwesens an. Er ließ sich von Fachleuten beraten und berief Johann<br />

Marbach 315 von Straßburg, Hieronymus Pesold, Augustin Eck, Walter Drechsel,<br />

315 ) „Im Jahre 1564 wollte Herzog Wolfgang den ausgezeichneten Theologen Dr. Johann<br />

Marbach, Präsident des Kirchenkonvents in Straßburg zu seinem Kirchenrat und<br />

Generalsuperintendenten des Herzogtums Zweibrücken berufen, um dessen Dienste zur<br />

Überwachung der Kirchen- und Schulangelegenheiten und Abfassung der consilia theologies<br />

205


206<br />

206<br />

Cunman Flinsbach & Dr. Veit Ruder. Was dabei herauskam, war revolutionär.<br />

Das Schulsystem der Zweibrücker wurde in Deutschland richtungweisend. Jeder<br />

Ort erhielt eine Kinderschule, die später Volksschule genannt wurde. Sie bestand<br />

aus vier Klassen, damals Häuflein 316 genannt. Jede Gemeinde musste ein<br />

Schulhaus, nebst Türmchen für die Schulglocke errichten. Die Dörfer schafften<br />

außerdem eine Glocke an, die stündlich geläutet wurde. Sie bestimmte den<br />

Tagesablauf und war Orientierung. Bei Geburten, Hochzeiten, Tod und<br />

Beerdigungen erklang sie im bestimmten Rhythmus, so dass jeder Bescheid<br />

wusste. So hörte jeder, ob ein Mann oder eine Frau gestorben war. Bei Brand und<br />

Katastrophen läutete der Schuldiener Sturm und holte Hilfe herbei.<br />

In Bergzabern, Zweibrücken, Kusel & Meisenheim entstanden zudem höhere<br />

Trivialschulen. Sahnehäubchen waren die im Jahr 1559 eröffneten Gymnasien<br />

in Hornbach und zu Lauingen im Herzogtum Neuburg.<br />

Doch wer unterrichtete in den Volksschulen? Die Kirchenbehörden bestellten<br />

Schuldiener und Schulmeister. Der Schulunterricht war ein wichtiger Bestandteil<br />

des kirchlichen und somit täglichen Lebens. Von daher bot es sich an, erstmals<br />

Pfarramtkandidaten mit dem Unterricht zu beauftragen. Wie z. B. Johann Jacob<br />

Reuß. Er war erst mal mehrere Jahre Schulmeister, bevor die Kirchen- und<br />

Staatsverwaltung ihn zum Pfarrer in Geinsheim bestallte. Die Kurpfalz hatte<br />

wegen des verstaatlichten katholischen Kirchenvermögens ausreichend<br />

Finanzmittel, um die Schuldiener und Schulmeister nach damaliger Auffassung<br />

gut zu bezahlen. Die Stadt Landau errichtete 1527 die erste deutsche, lutherische<br />

Schule. Der deutsche Schulmeister hatte im Katechismus und im Lesen und<br />

Schreiben zu unterrichten. 20 Jahre später bestellte der Landauer Stadtrat noch<br />

einen Rechenmeister, der das Bildungsspektrum ergänzte.<br />

Sehr viel schwieriger war die Einrichtung des Schulwesens in der ärmeren West-<br />

und Nordpfalz. Aber gerade Pfalzgraf Johann Casimir forcierte und<br />

subventionierte sehr großzügig die Errichtung von Dorfschulen und die<br />

Einstellung von Lehrern durch erhebliche Zuschüsse. Zweibrücken war Vorreiter<br />

und verabschiedete die Polizeiordnung, die es ermöglichte Schulschwänzern vom<br />

Dorfbüttel vorführen zu lassen. Als wesentliches Erfordernis eines Lehrers wurde<br />

überall dessen Rechtgläubigkeit betrachtet. Dies ist mit dem Hintergrund der<br />

Reformation verständlich, als sich ehemalige katholische Priester und Mönche um<br />

einen Job bewarben, den sie innerlich aber nicht auszufüllen gedachten.<br />

Für die Zeit 1520 – 1600 ist wenig Material über die deutsche Volksschule<br />

erhalten. Dies beklagte schon Dr. Philipp Keiper 317 , der in 1892 die Ergebnisse<br />

seiner Forschungsarbeit veröffentlichte.<br />

6.28. Erlenbachs Lehrer im 18. Jahrhundert<br />

Es ist wohl nicht festgehalten, wann und wo in Erlenbach nach dem<br />

Dreißigjährigen Krieg wieder Unterricht gehalten wurde. Interpretationsfähige<br />

Aussagen finden wir in dem Sterberegister der reformierten Kirche.<br />

zu gebrauchen. Der Magistrat in Straßburg entließ jedoch Dr. Marbach nicht aus seinen<br />

Diensten“ und gestattete ihm nur, als Berater tätig zu werden Dr. Nathanel Schlichtegroll<br />

Herzog Wolfgang von Zweibrücken und Neuburg, München 1850, S. 22 ff.<br />

316 ) Originalschreibweise von 1557 aus der Kirchenordnung!<br />

317 ) Keiper, Philipp, Neue urkundliche Beiträge zur Geschichte des gelehrten Schulwesens im<br />

früheren Herzogtum Zweibrücken, Zweibrücken 1892, Pfalzbibliothek ZM 3726


207<br />

1728: am 15. Februar starb Valentin Caub, ehemaliger Schulmeister in Erlenbach<br />

, er hatte auch in und außerhalb der Pfalz an der Schule gedient. Er wurde alt 74<br />

Jahre, 3 Monate, 3 Wochen, er wurde am 17ten begraben<br />

1728, am 21ten März starb Maria Magdalena Caub, geborene Schüler, 2. Ehefrau<br />

des Schulmeisters Valentin Caub. In 1. Ehe war sie mit David Schreiber<br />

verheiratet. Sie wurde ungefähr 78 Jahr alt.<br />

Valentin Caub ist 1653/54 geboren und wanderte in die Pfalz ein. Egal wo er<br />

lebte, hatte er an der Schule gedient. Allerdings war er nicht mehr im Amt, als er<br />

verstarb. Denn der Pfarrer schreibt, der ehemalige Schulmeister. Schon vor<br />

seinem Tod hatte also der Erlenbacher Schultheiß im Einvernehmen mit dem<br />

zuständigen Pfarrer einen Nachfolger ausgesucht. Er hieß Jost<br />

Riemenschneider und war auch schon kein junger Mann mehr: 1740, 23.<br />

Oktober starb Jost Riemenschneider, reformierter Schulmeister in Erlenbach im<br />

Alter von 80 Jahren und 8 Monaten. Seine Frau war bereit am 5. Oktober 1733 im<br />

Alter von 77 Jahren verstorben. Sie stammte aus Metz und war eine geborene<br />

Lemmer, sie war also eine Hugenottin, die durch die Religionspolitik Ludwig<br />

XIV vertrieben worden war. Ihr Urenkel wurde 1823 wiederum Lehrer in<br />

Erlenbach<br />

1754: am 8.3.1754 starb Anna Catharina Schwed, Hausfrau des Hermann<br />

Schwed, Schulmeister in Erlenbach im Alter von 59 Jahren und 9 Monaten. Der<br />

Enkelsohn mit gleichem Namen Hermann Schwed wurde am 11. März 1777 im<br />

Erlenbacher Schulhaus mit Maria Sibylla, der Tochter des Wilhelm Schopp aus<br />

Erlenbach kopuliert 318<br />

Das Erlenbacher Kirchenbuch ist noch nicht vollständig ausgewertet. So könnte<br />

es wohl sein, dass Johann Peter Gutenberg aus der Heidelberger Gegend Jost<br />

Riemenschneider folgt. Vom Alter her, spricht nichts dagegen.<br />

318 ) Herzog, Heinrich, Otterberger Hochzeitsdaten, Seite 39, # 518<br />

207


208<br />

208<br />

Beschreibung des Fotos: Erlenbach erhielt 1830 den heutigen Friedhof. Der alte<br />

Friedhof erschien dem Gemeinderat als ideales Baugelände für das „neue“<br />

Schulgebäude. 1887 begann der Bau des obigen Schulhauses. Allerdings war der<br />

Neubau zuerst anderthalb stöckig. Die Bauzeit war zwei Jahre. Die Steine kamen<br />

aus dem Steinbruch Joseph Winter. Die Baukosten betrugen 21.150 Reichsmark<br />

und wurden durch einen 15jährigen Kredit finanziert. Ab 1923 musste das<br />

Gebäude aufgestockt werden, denn die Klassenmesszahlen wurden endlich<br />

herabgesetzt und 1926 wurde das 8. Schuljahr eingeführt. Die Baukosten<br />

übernahm das Arbeitsamt. Vier arbeitslose Erlenbacher Maurer und Steinhauer<br />

bekamen dadurch Arbeit.


Fortsetzung von Seite 275<br />

209<br />

1781: am 4.4.1781 starb Herr Johann Peter Gutenberg, reformierter<br />

Schulmeister in Erlenbach im Alter von 69 Jahren. Sein Nachfolger wurde sein<br />

Sohn Johann Wilhelm Gutenberg, der bis 1817 Lehrer in Erlenbach war. Joh.<br />

Wilhelm heiratete am 12.2.1782 Margretha Boos. Die Schwester Anna<br />

Katharina ehelichte am 22.1.1788 im Erlenbacher Schulhaus Nicolaus<br />

Knieriemen.<br />

1782, 12.2.1782: Johann Wilhelm Gutenberg, reformierter Schulmeister in<br />

Erlenbach wurde mit Margaretha Boos, Tochter des Otterberger Schulmeisters<br />

copuliert. Die Gutenbergs stammen aus Heidelberg. Wilhelm war 1816 noch im<br />

Erlenbacher Schuldienst tätig.<br />

6.29. Die mittlere Gerichtsinstanz in KL<br />

Die Land- und Stadtschultheißen standen unter der Aufsicht des Oberamtes<br />

Meisenheim. Für Beschwerden und Widersprüche konnte das Oberamt angerufen<br />

(= appelliert werden) Bei bürgerlichen Angelegenheiten konnte der Kläger<br />

alternativ das Oberamt oder den Stadtrat in Kaiserslautern anrufen. Beide<br />

Gremien waren für juristische Fragen mit Fachleuten besetzt. Bei dieser<br />

konkurrierenden Gerichtsbarkeit stand es dem Kläger frei, ob er in erster Instanz<br />

beim Oberamt oder vorm Stadt-Rechtsausschuss klagen wollte. Dies erkennen wir<br />

aus den Ratsprotokollen der Stadt Kaiserslautern 319 . Dabei stand es jedoch dem<br />

Oberamt frei, ob es die Klage annahm oder die Klage an den Stadtrat verwies.<br />

1566, Dienstag, den 10 Dezember sind die drei Flur und Waldschützen<br />

mit Namen Bernhardt Pfeil, Michael Schwein und Petter von Erlenbach<br />

einbestellt- und einvernommen worden, ihnen sämtlich und insbesondere<br />

Michel Schwein wurden die Leviten gelesen. Denn sie sollten treulich<br />

auf den Wald aufpassen. Sie waren aber pflichtvergessen und wären<br />

woanders gewesen. Das Ratsprotokoll hält fest, in neuerlicher Zeit sei<br />

wieder ein gesunder, guter Baum des Best Götzen ohne Bewilligung und<br />

Wissen des Waldmeisters zu Brennholz umgehauen worden. Den drei<br />

Waldhütern sei die gebührende Strafe auferlegt worden. Der<br />

Niederschrift ist nicht zu entnehmen, ob die Drei entlassen wurden.<br />

(Ratsprotokolle KL, Fall 119, gefunden von Herbert Schmelzer,<br />

Husarenäcker)<br />

1568, Dienstag, den 26. Oktober, Der Stadtrat verhandelte den<br />

schweren Sittenverfall eines ledigen Bender-Gesellen, der mit der ledigen<br />

Magd des Hans Melcher Hurerei begangen hatte Hurerei war damals der<br />

voreheliche Geschlechtsverkehr nicht Verheirateter. Der nicht genannte<br />

Geselle hatte vor der Verhandlung bereits 8 Tage im Turm gebüßt. Der<br />

Rat fällte folgendes Urteil: Die sittenlose Magd wurde aus der Stadt<br />

verwiesen und der Stadtrat beließ es bei der bereits abgesessenen Strafe.<br />

(Fall 209, Seite 66)<br />

319 ) Ratsprotokolle der Stadt Kaiserslautern 1566 – 1571, herausgegeben von Martin Dolch und<br />

Michael Münch, Kaiserslautern 2002, S. 48 ff<br />

209


210<br />

210<br />

1568, Dienstag, den 16 November. Herzog Wolfgang von Zweibrücken<br />

rüstete zu seinem Kriegszug, um den Hugenotten zu helfen 320 . Auch<br />

Kaiserslautern war davon betroffen. Aus Angst von dem franzosischen<br />

Herzog Aumale (Dumal) angegriffen zu werden, stellte die Stadt zwei<br />

gute Kundschafter an, die in Saarbrücken recherchieren sollten.<br />

Außerdem sollten die Wächter verstärkt aufpassen und das Kersttor neu<br />

besetzt werden. Die Wachstunden an den Toren wurden bis nach<br />

Mitternacht ausgedehnt.<br />

1568, Freitag, der 26. November: Bereits 10 Tage später hatte sich die<br />

politische und militärische Situation verschärft. „Dieweil die Gefahr vor<br />

der Tür, dass der Herzog von Aumale (Dumal) mit Heereskraft den<br />

Herzog und Pfalzgrafen Wolfgang (von Zweibrücken) überzieht“ und die<br />

Gefahr wuchs, vom Herzog Aumale überrollt zu werden, beschloss der<br />

Lautrer Stadtrat, die Bürgerschaft zu mobilisieren. Am kommenden<br />

Montag sollten die Bürger gemustert werden. Sie seien durch den<br />

Bürgereid und bei angedrohter namhafter Strafe dazu verpflichtet. Sie<br />

wurden zudem aufgefordert, das gesamte Brennholz und den Dung in die<br />

Stadt zu schaffen, (damit die Truppen des Gegners nicht so leicht einen<br />

Stadtbrand entfachen konnten). Am Montag den 6 Dezember<br />

verpflichtete der Bürgermeister die neu angeworbenen Kriegsknechte,<br />

wie es Brauch war. Am gleichen Tag beschwerte sich der Stadtschlosser<br />

Meister Hans Frei. Es sei ihm nicht zuzumuten, für die alte Besoldung<br />

weiter zu arbeiten. Außerdem leide er unter der Doppelbelastung.<br />

Einerseits soll er das marode Uhrwerk des Barfüßer-Ordens in Ordnung<br />

zu bringen, andererseits müsse er den Wachdienst schieben. Die<br />

Stadtoberen vertrösteten ihn. Er solle die Änderung der Uhr vornehmen<br />

und noch ein Jahr lang sein Bestes tun (a.a.O., S. 70 )<br />

1566, Freitag, den 24 Dezember. Bei der Musterung der Bürger ergaben<br />

sich erhebliche Ausrüstungsmängel Der Stadtrat beschloss entsprechend<br />

des Musterungsregisters die fehlenden Waffen auf der Frankfurter Messe<br />

zu kaufen.<br />

1569, Donnerstag, der 17. März. Herzog Hans Casimir hat auf Befehl<br />

unseres gnädigsten Kurfürsten und Herrn (Friedrich III. ), seines Herrn<br />

Vater den ehrsamen Rat und die von den Gemeinden aufs Schloß bestellt<br />

und daselbst durch den alten Marschall den Landschaden feststellen<br />

lassen, der durch das französische Kriegsvolk im Elsaß und Straßburg<br />

herum etliche Mitgliedern des Reiches erbärmlich überfallen, mir Mord,<br />

Brand und Raub ganz beschwerlich angegriffen hatte.<br />

Der Kurfürst war äußerst besorgt, der Franzos (Herzog von Aumale)<br />

könne von Metz aus auch auf Zweibrücken losgehen. Deswegen ordnete<br />

der Kurfürst in allen seinen kurpfälz. Städten und Flecken (Dörfern) an,<br />

alle seine Untertanen zu mustern. Es sollte aller zur Gegenwehr dienliche<br />

angeordnet und bestellt werden. Bereits sei in Germersheim und<br />

Billigheim einiges Kriegsvolk eingetroffen. Auch würden in wenigen<br />

Tagen 100 fremde Hakenschützen in Kaiserslautern zur Verteidigung<br />

320 ) Im Februar 1569 zog Herzog Wolfgang los = 3 Hugenottenkrieg. Herzog Wolfgang starb am<br />

11. Juni 1569 vor Limoges an den Spätfolgen eines schlecht ausgeheilten Beinbruchs von<br />

1566, den er sich im Türkenkrieg 1566 zugezogen hatte. (Wundbrand)


211<br />

ankommen. Die Stadt solle ihre Kosten für Speis und Trank übernehmen<br />

und ihnen ziemliche Pfennige geben.<br />

1570, Mittwoch, der 10. Mai. Die Familie Wentz aus Erlenbach klagte<br />

vor dem Stadtrat Lautern alte Rechte ein. Die Spitalverwaltung<br />

verweigerte der Familie Wentz die tägliche Weinration. Ihr standen ein<br />

Maß und ihm zwei Dreiling zu. Der Stadtrat fällte eine vorläufige<br />

Entscheidung, die der Protokollant wie folgt festhielt: „Ist ihm der<br />

Bescheid (gegeben) worden, man könne jetzt keine abschließende<br />

Abrede tun. Er soll eine kleine Zeit Geduld haben, bis die<br />

Gemeindeherren des Spitals zusammen gekommen seien. Soll ihm zu<br />

Wissen getan werden und alsdann, da man der Abrede zufrieden, soll es<br />

kein Mangel haben“ 321<br />

Die Stadtjuristen hatten die ganze Bandbreite von möglichen und unmöglichen<br />

Fällen zu beurteilen und Recht zu sprechen. So klagte die Familie Lindenmaier<br />

gegen den Nachbarn Guetfreund. Die Lindenmaiers beklagten, der Schornstein<br />

der Nachbarn sei viel zu niedrig und sie würden durch den stinkigen Rauch<br />

belästigt. Sie hätten mehrmals in aller Güte vergeblich versucht, den Nachbarn zu<br />

bewegen, den Kamin zu erhöhen. Sie verlangten, Guetfreund solle endlich seinen<br />

Schornstein höher aufmauern. Die Richter wurden aufgefordert, diesen Missstand<br />

in Augenschein zu nehmen. (Fall 120 + 545)<br />

„Der Ehebruch eines Verheirateten mit einer ledigen Person, also noch mehr die<br />

geringe Fleisches-Verbrechen, werden nicht peinlich (= strafrechtlich), sondern<br />

bürgerlich bestraft. Die Untersuchungskosten bestreitet der Landesherr aus seinem<br />

Aerarium, wenn der Missetäter nichts im Vermögen hat“. (Bachmann S. 270<br />

unten)<br />

Den Ämtern und Oberämtern oblag die Strafverfolgung und somit die<br />

Strafprozesse (damals peinliche Prozesse genannt). Kurfürst Friedrich. schaffte<br />

in seinem Herzogtum die Folter (= das hochnotpeinliches Halsgericht) nach 1754<br />

ab. Er stellte somit die uralten Gebräuche von Hofgerichts-Schöffen, Blut-<br />

Schöffen, Zeter-Geschrei, Beischaffung des Galgens, Rad, Ketten & Henker-Ims<br />

und dergleichen ab. Allerdings „waren die Grenzen des Territoriums auch die<br />

Grenzen der peinlichen Gerichtsbarkeit“. Mit anderen Worten, in Mainz und Trier<br />

wurde weiter gefoltert.<br />

Stellte der Förster (Forst-Bediente) den Forstfrevler, so wurde er „sofort“ in der<br />

Gegenwart des Amtmanns oder vor dem Oberamt bestraft. „Höhere Forst-<br />

Verbrechen, als Wild-Dieberei, Brandstiftung und dergleichen wurden von einer<br />

Forst-Kommission geahndet, die sich aus einem Juristen, Aktuaris (Schreiber) und<br />

einem Deputierten des Forstoberamtes zusammensetzten. (Bachmann S. 271)<br />

Die dritte Instanz in dem Kurpfälzischen Rechtsstaat war das Ober-<br />

Appellationsgericht. Nach der Heidelberger Prozessordnung reichte das Oberamt<br />

den strittigen Fall an die Regierung weiter, die nach rechtlicher Würdigung den<br />

Fall dem Appellationsgericht zur Entscheidung übergab. Es hätte aber auch Fälle<br />

gegeben, dass sich die klagende Partei die Überlassung der Akten gewünscht<br />

hätte, statt das Ober-Appellationsgericht anzurufen. „Um in der Justizpflege die<br />

möglichste Unparteilichkeit zu zeigen, wird solches zwar erlaubt“. Der Appellant<br />

musste dann aber seine Verzichtserklärung auf Berufung beeiden, um nachher<br />

321 ) Protokollbuch der Stadt, # 546, gefunden von Herbert Schmelzer, Husarenäcker<br />

211


212<br />

212<br />

niemanden ungerechterweise wegen Rechtsbeugung beschuldigen zu können.<br />

„Bei Revision und allen wesentlichen Teilen des Prozesses würde die Kammer-<br />

Gerichts-Ordnung zum Grunde gelegt werden“. Bei Streitigkeiten wie z.B. mit<br />

der angrenzenden Reichsgrafschaft Sickingen 322 war logischerweise das<br />

Reichsgericht zuständig, wenn eine gütliche Einigung nicht möglich war<br />

6.30. Wo ist unser Grundbuch von 1740<br />

hingekommen?<br />

Auch im Mittelalter verlangte die Rechtssicherheit die Einführung des<br />

Lagerbuchs/ Saalbuchs. Wir vermuten, dass auf einem Reichstag<br />

dementsprechende Empfehlungen ausgearbeitet hatten. Fakt ist, dass 1557 in der<br />

Kurpfalz, in Stetten es bereits ein Saalbuch gab (Quelle VG Göllheim, Archiv<br />

Albisheim, # 35). Im unseligen 30jährigen Krieg ging viel verloren, so auch viele<br />

Akten aus der Zeit vor 1648. Aus welchem Jahrhundert das 1990 noch in<br />

Privathänden des Landwirten von Wächter vorhandene Saalbuch stammte, lässt<br />

sich leider nicht mehr feststellen. Nur die Eintragungen könnten darüber<br />

Auskünfte geben. Schade dass die Autoren der Ortschronik Morlautern nicht den<br />

Mut hatten, die Herausgabe des Lagerbuchs gerichtlich einzuklagen.. Aber wir<br />

wissen mit absoluter Sicherheit, 1740 existierte eins. Joseph Lorenz<br />

veröffentlichte 1993 die Ortschronik Morlautern. Im Zuge seiner Recherche fand<br />

er das gemeinsame Lagerbuch der Gemeinden Erlenbach und Morlautern aus<br />

dem 18. Jahrhundert. Nach seinen Aussagen war es ein dickes Buch. Dies ist kein<br />

Wunder, denn um 1830 existierten in Erlenbach mehr als 1.350 Grundstücke.<br />

Dieses Lagerbuch war 1793 im Hause des damaligen Schultheißen. Als die<br />

Franzosen im Januar 1794 Morlautern besetzten, warfen sie die alten Dokumente<br />

und das Lagerbuch aus dem Fenster. Sie machten Feuer und warfen die<br />

Dokumente in die Flammen. Das dicke Lagerbuch überstand dies alles. Es war<br />

danach 200 Jahre in Sicherheit. Die nächsten Bürgermeister hüteten diesen Schatz<br />

wie ihren Augapfel Irgendwann nahm der Morlauterer Bürgermeister von<br />

Wächter dieses Lagerbuch mit nach Hause, bevor es weggeworfen wurde. Joseph<br />

Lorenz musste bitten und betteln, bis er sich einige Kopien aus dem „privaten“<br />

Lagerbuch machen durfte, denn der Besitzer machte. Eigentumsansprüche<br />

geltend. Nun wollte ich Einblick nehmen und dieses Buch fotografieren 2005:<br />

Aber nun ist es weg, nicht mehr auffindbar!<br />

Aus dem Wenigen können wir folgendes rekonstruieren.<br />

Die Husarenäcker existierten bereits 1741. Die Äcker erhielten also nicht erst<br />

1793 ihren makabren Namen, sondern schon sehr viel früher. Wir halten es nicht<br />

für ausgeschlossen, dass sich im Dreißigjährigen Krieg dort ein schreckliches<br />

Reitergemetzel abspielte.<br />

322 ) Bachmann formuliert: „vermög des erhaltenen uneingeschränkten Privilegiums und der<br />

Kaiserlichen Wahl-Kapitulation bei dem Ober=Appellations=Gericht Prozessus“


213<br />

1741: 27. Juli Auf diesen Husarenäcker hatte die Witwe des Stephan Villiard<br />

(Veillard) ein Grundstück. Es war 1 Morgen und 4 Ar groß. Einerseits lag es am<br />

Waldrand, andererseits grenzte es an das Grundstück des Peter Schneider.<br />

Johannes Mangold aus Erlenbach war jahrelang Schultheiß der Doppelgemeinde<br />

Morlautern – Erlenbach.<br />

6.31. Erlenbacher Familiennachrichten 1750 - 1795<br />

1750: Hermann Heyel von Otterbach und Margretha Schuff vom Reichenbacher<br />

Hof wurden verheiratet. Sie hatten sich vor ihrer Ehe fleischlich vermischt. Ihr<br />

Kind wurde 14 Tage vorher getauft. Ihr Sohn Johann Daniel oo 20.2.1787 die<br />

Christina Haffner aus Erfenbach.<br />

1751, am 9.1.1751 wurde Michael Fuhr, Sohn des verstorbenen F. Fuhr von<br />

Stockborn mit Anny Margretha Simgen, Tochter des Nicolaus. Simben von<br />

Morlautern kopuliert.<br />

213


214<br />

214<br />

1751, 2. November: Der Witwer Johann Paul Knieriemen heiratete Maria<br />

Elisabetha Schneider, Tochter des David Schneider von Erlenbach (Seine 1. Ehe<br />

mit Maria Elisabetha Knieriemen war am 1. Februar 1729<br />

1752, am 3.9.1752 wurde Catharina Elisabetha Braunbach von einem Ast am<br />

Baum erschlagen. Sie wurde laut lutherischem Kirchenbuch am 30.3.1746 in<br />

Erlenbach geboren und ist die Tochter des Johann Conrad Wilhelm Braunbach.<br />

1753: 6.3.1753 Johannes Simgen, Sohn des † Heinrich, Einwohner von<br />

Morlautern (verstorben am 12.1.1743 im Alter von 30 Jahren und 1 Monat)<br />

ehelichte Catharina, Tochter des † Ludwig Simgen, Einwohner von Morlautern,<br />

der am 11.12.1740 im Alter von 40 Jahren und 5 Monaten verstorben war.<br />

(Cousin & Cousine) Catharina Simgen heiratete in 2. Ehe am 28.4.1767 den<br />

Johann Henrich Kunz aus Mölsheim. Der Witwer Kunz ehelichte in Erlenbacher<br />

Schulhaus am 13.8.1775 Susanna Stutzenberg, Tochter des verstorbenen Valentin<br />

Stutzenberger von Stockborn.<br />

1754: am 8.3.1754 starb Anna Catharina Schwed, Hausfrau des Hermann<br />

Schwed, Schulmeister in Erlenbach im Alter von 57 Jahren und 9 Monaten.<br />

(siehe Heinrich Herzog, Otterberger Sterbeakten, S. 80)<br />

1754: am 30.4.1754 wurde Georg Simgen, Sohn des verstorbenen Heinrich<br />

Simbgen aus Morlautern mit Maria Magdalena Tochter des Theobald<br />

Knieriemen, GM in Erlenbach, kopuliert.<br />

1754: am 16.12.1754 starb N Mörsch, die Witwe des Caspar Mörsch aus<br />

Erlenbach im Alter von 69 Jahren! Ihr Sohn Johann Peter war Soldat des<br />

Kurfürsten, im Range eines Corporals. Er starb 26 jährig am 9.10.1749<br />

1755: am 15.11.1755 wurde Nicolaus Simbgen (Simgen,) aus Morlautern mit<br />

Maria Catharina Tochter des Peter Knieriemen aus Erlenbach kopuliert. Das Paar<br />

lebte dann in Erlenbach. Er starb am 2.2.1770, sie am † 16.8.1785 im Alter von<br />

52 Jahren<br />

1756: am 27.4.1756 wurde Hermann Knieriemen, Sohn des verstorbenen N. K,<br />

gewesener GM in Erlenbach mit Susanna Catharina, Tochter des Schultheißen<br />

Simbgen von Morlautern kopuliert.<br />

1756 21. September heiratete Conrad Metz, Witwer und GM von Erlenbach die<br />

Anna Maria Knieriemen, Tochter des Peter Knieriemen, GM in Erlenbach. Seine<br />

erste Ehe war am 18.8.1733 mit Anna Barbara Simbgen von Morlautern<br />

1758, 28. Mai, Theobald Knieriemen, Sohn des Leonhard Knieriemen, GM in<br />

Erlenbach heiratete Johanna, Tochter des Albin Burckardt, GM in Dörrenbach.<br />

Er ging am 26.4.1764 mit Anna Catharina, der Witwe des Nicolaus Knieriemen<br />

die zweite Ehe ein.<br />

1760: 3.2.1760 starb Margretha Knieriemen, Witwe des Theobald Knieriemen<br />

im Alter von über 80 Jahren.<br />

1760, am 4.3.1760 starb Theobald Knieriemen, GM in Erlenbach. Seine Witwe<br />

Appolonia † 18.3.1761<br />

1760: 2.11. wurde Johann Leonhard Knieriemen, Sohn des Johannes<br />

Knieriemen und seiner Ehefrau geboren und am 4.11 getauft. Taufzeugen sind<br />

gewesen: Leonhard Haffner und Maria Catharina seine Hausfrau und Anna<br />

Appolonia, Theobald Knieriemens Gemeinsmann hinterlassene Wittib


215<br />

1762, am 24.10.1762 starb Johann Georg Simbgen, GM aus Erlenbach im Alter<br />

von 35 Jahren. (1760 wurde er bei der Taufe der Zwillinge Johann Conrad &<br />

Maria Philippina Korn als Schultheiß von Mohrlautern genannt).<br />

Jahr 1763:<br />

• am 24. Januar starb Maria Sabina Schopp, geb. Rupp, Ehefrau des<br />

Wilhelm Schopp aus Erlenbach im Alter von 56 Jahren. Sie hatten am<br />

18.6.1726 geheiratet.<br />

• 12. Februar, Heinrich Jost von Obermehlingen heiratete Anna Margaretha<br />

Haffner, Tochter des Leonhard, GM von Erlenbach<br />

• am 30. Januar starb Maria Elisabetha Heyl, geborene Haffner, die<br />

Hausfrau des Nicolaus Heil von Otterbach, alt 54 Jahre und 2 Monate<br />

• 13.6.1763 starb Abraham Eckel, Sohn des Peter Jacob aus Otterberg.<br />

Abraham war gemeiner Soldat im Efferichen Regiment gewesen.<br />

• am 20. July starb N. Simbgen, ein gemeiner Soldat, Sohn des Peter<br />

Simbgen, Schultheiß von Erlenbach<br />

1764, 26.April heiratete Theobald Knieriemen, Witwer von Erlenbach die Anna<br />

Catharina, Witwe des Nicolaus Knieriemen aus Erlenbach. → vgl. 28.5.1757<br />

1764, am 2.11. starb Susanna Catharina Herbach, eine Witwe, die sich bei dem<br />

Kuhhirten aufgehalten hatte.<br />

Jahr 1766:<br />

• 1766, 3. April Johann Bernhard Holstein heiratete Anna Catharina, die<br />

Tochter des Leonhard Caffitz (Kaffitz), Gerichtsmann von Erlenbach. Er<br />

starb am 5.8.1781 im Alter von 31 Jahren.<br />

• 1766, 22. Mai heiratete Nicolaus Schwem, Witwer und GM von<br />

Erfenbach die Charlotta Korn, Tochter des gewesenen Jacob Korn,<br />

Beständer zu Gersweilerhof<br />

• 1766, 13. Juni: Conrad Heimberger heiratete Maria Catharina Mangold,<br />

Tochter des Johannes Mangold, GM in Erlenbach. Er starb am 24.11.1777,<br />

sie † 16.1.1782, * 7.8.1745 (vgl luth. Kirchenbuch).<br />

Jahr 1767<br />

• 8.1.1767: Johann Jacob Korn, Sohn des verstorbenen Jacob Korn,<br />

Temporalbeständer auf dem Gersweilerhof wurde mit Sybilla, Tochter<br />

des Peter Knieriemen, Gemeinsmann aus Erlenbach kopuliert.<br />

• 1767: am 26.1.1767 heiratete Georg Adam Knieriemen, Sohn des Peter<br />

Knieriemen die Barbara Schaum, Tochter des † Caspar Schaum,<br />

Untertan in der Lampertsmühle. ( → Georg Adam † 26.5.1780<br />

• 1767, am 10ten Februar starb Paul Knieriemen von Erlenbach, (seine 1.<br />

Hochzeit war am 1.2.1729 mit Maria Elis Mangold)<br />

• 1767, am 24 April starb Leonhard Haffner aus Erlenbach.<br />

1768: Paul Knieriemen heiratete am 22. September im Erlenbacher Schulhaus<br />

Susanna, Tochter des verstorbenen Peter Korn! (Sie † 25.12.1780 )<br />

215


216<br />

216<br />

1769, am 9. Januar heiratete Peter Herbach im Erlenbacher Schulhaus die Maria<br />

Barbara Cherdron, Tochter des Jacob Cherdron aus Erlenbach (Er ist Sohn des<br />

Peter Herbach, der in zweiter Ehe 1729 die Christine Jung, Tochter des<br />

Erlenbacher Schäfers Balthasar Jung ehelichte) Peter Herbach starb am 9.3.1788<br />

in Erlenbach<br />

1769: am 13.2. starb Friederica Charlotta König (Koenig) Tochter des Pfarrers<br />

Johann König in Otterberg. Die Schwester Maria Elisabetha war am 7.12.1768<br />

gestorben.<br />

1769: 19.10.1769 fand man Adolf Keller auf dem Erlenbacher Feld. Nach<br />

geschehener Sektion (Obduktion) wurde er begraben.<br />

1769, am 24.11.1769 starb Jacob Bischoff, ein gemeiner Soldat im<br />

Rodenbach´schen Regiment.<br />

1770: 2.2.1770 starb Nicolaus Simbgen, GM in Erlenbach, der am oo 15.11.1755<br />

die Maria Catharina Knieriemen geheiratet hatte. Seine Frau † 16.8.1785<br />

1770, am 11.7.1770 starb der Totengräber Peter Bodevin, (Baudevin)<br />

1771: am 8.1.1771 wurde Adam Wagner von Rodenbach mit Anna Barbara<br />

Haffner von Erlenbach kopuliert.<br />

1772: 25.2. oo Theobald Knieriemen aus Erlenbach Margretha Schutzmann von<br />

der alten Glashütte.<br />

1772: Johann Villiard (Veillard), Hirte auf dem Gersweilerhof wurde mit<br />

Catharina Zahn, Tochter des Daniel Zahn, Hirte auf dem Schacherhof copuliert<br />

1772:am 20.10.1772 wurde Philipp Jacob Schilling, Schreinermeister geboren in<br />

Hof ( † 26.3.1775) mit Maria Juliana, Tochter des Johannes Profit, wallonischer<br />

Schuldiener kopuliert.<br />

1773, 25. Mai. heiratete Johann Leonhard Haffner, Sohn des verstorbenen<br />

Leonhard oo die Maria Christina Mangold, Tochter des Johannes Mangold, GM<br />

in Erlenbach. (vgl 4.5.1785.) Der Bräutigam starb am 21.1.1836 und Christina am<br />

† 30.11.1819<br />

1773: am 28.5.1773 stirbt Peter Knieriemen, GM aus Erlenbach<br />

1773, 9. November; Friedrich Dick, Sohn des Michael, Viehhirte in Alsenz<br />

wurde mit Anna Elisabetha, Tochter des Valentin Morscher Tagner in Erlenbach<br />

nach 3maliger Proclamation im Schulhaus Erlenbach copuliert. (Sie starb am<br />

29.12.1785 im Alter von 40 Jahren. Dick heiratete am 18.4.1786 zum zweiten Mal<br />

Anna Maria Margretha Heymann (Hömann) von Obersulzbach, die<br />

Eheschließung war auch im Erlenbacher Schulhaus). (Der Sohn aus dieser Ehe<br />

Johann Friedrich * 20.3.1815 oo 19.1.1847 Maria Catharina Barth).<br />

1774: am 23.3.1774 starb Georg Peter Simbgen, Schultheiß von Morlautern und<br />

Erlenbach.<br />

1775, 26.3.1775 starb Jacob Schilling, der am 20.10.1772 die Maria Juliana Profit<br />

geheiratet hatte.<br />

1775: 30.3.1775 starb Elisabetha Herbach, Ehefrau des N. Herbach aus<br />

Erlenbach!<br />

1775: am 27.12.1775 wurde Benedikt Becker, Sohn des gewesenen David<br />

Becker, Erbbeständer des Münchhofes bei Hochspeyer mit Susanna Christina


217<br />

Simbgen, Tochter des Nicolaus Simbgen aus Erlenbach im Erlenbacher<br />

Schulhaus copuliert.<br />

1776, am 22.1.1776 heiratete im Erlenbacher Schulhaus Conrad Schottinger,<br />

Sohn des Philipp Schottinger die Maria Catharina Caffitz, Tochter des Leonhard<br />

Kaffitz. Conrads Mutter starb 60jährig am † 20.6.1782<br />

1776, am 2. Juli (2.7.1776) starb in Erlenbach eine betagte Frau, die ihr Brot am<br />

Bettelstab suchte und sich beim dasiegen Schäfer aufhielt. Namens Christina<br />

Herbachin. (Sie könnte die 2. Ehefrau des Peter Herbach gewesen sein, die am<br />

22.2.1729 geheiratet hatte. Sie war übrigens eine geborene Jung, die Tochter des<br />

damaligen Erlenbacher Schäfers)<br />

1776: am 22.8.1776 heiraten in Erlenbach Wilhelm Schmitt von Alsenborn und<br />

Maria Elisabetha, Tochter des Theobald Schneider<br />

1777: am7.5.1777 heiratete Georg Samuel Strauß die Tochter des Johannes<br />

Mangold, Maria Elisabetha<br />

1779, am 21.2.1779 kam Maria Magdalena Korn auf dem Gersweilerhof auf die<br />

Welt. Ihre Eltern waren Jacob und Sybille Knieriemen. Maria Magdalena<br />

ehelichte am 23.11.1809 den Johann Adam Laudenbach, der am 1.12.1787 in<br />

Erlenbach das Licht der Welt erblickte.<br />

1780: am 26.5.1780 starb Georg Adam Knieriemen, Gemeinsmann aus<br />

Erlenbach. Er hatte am 26.1.1767 Barbara Schaum, Tochter des Caspar Schaum,<br />

Untertan in der Lampertsmühle geheiratet.<br />

1780: am 14.6.1780 starb der ledige Adam Knieriemen im Alter von 30 Jahren<br />

Das Jahr 1781<br />

• am 4ten April starb Herr Johann Peter Gutenberg, reformierter<br />

Schulmeister in Erlenbach im Alter von 69 Jahren. Sein Sohn Johann<br />

Wilhelm wurde sein Nachfolger. Er starb 1817 in Erlenbach.<br />

• am 18.5.1781 oo in Erlenbach Paul Knieriemen, Witwer die Maria<br />

Magdalena Cherdron aus Erlenbach<br />

• am 5ten August starb Bernhard Hollstein, Gerichtsmann in Erlenbach im<br />

Alter von 31 Jahren. (siehe oo 3.4.1766).<br />

• Catharina Strauß * 11.11.1781 Tochter der Eheleute Georg Samuel<br />

Strauß und der Elisabetha Mangold, die am 7.3.1777 in Erlenbach<br />

geheiratet hatten. Catharina oo am 19.1.1809 den aus Mehlbach<br />

stammenden Joh. Jakob Wilking * 1.9.1783<br />

1782, 12.2.1782: Johann Wilhelm Gutenberg, (Guttenberg) reformierter<br />

Schulmeister in Erlenbach wurde mit Margaretha Boos, Tochter des Otterberger<br />

Schulmeisters copuliert. Gutenberg stammt aus Heidelberg und war 1816 noch<br />

im Erlenbacher Schuldienst.<br />

1783: 25.2.1783 heiratete in Erlenbach Leonhard Knieriemen die Margretha<br />

Wilking von Mehlbach (siehe dortiges Sippenbuch; übrigens ihr gemeinsamer<br />

Sohn Leonhard * 1801 in Erlenbach oo 1.4.1826 Anna Margretha Haag aus<br />

Rockenhausen)<br />

217


218<br />

218<br />

1783: Catharina Magdalena Dick wurde am 28.5.1783 in Erlenbach geboren.<br />

Ihre Eltern Friedrich Dick, Viehhirte aus Alsenz & Anna Elisabetha Morsch †<br />

29.12.1785 → oo 9.11.1773<br />

1783: am 23.10.1783 kam in Erlenbach Jacobina Elisabetha Barth auf die Welt.<br />

Ihre Eltern waren Johann Michael Barth & Eva Fleck, die aus Mölschbach<br />

zugezogen waren. . Im Alter von 27 Jahren heiratete sie am 30.11.1811 Johann<br />

Nikolaus Zimmer * 2.7.1788 aus Oberarnbach.<br />

1784: 12.4.1784 starb Anna Margretha Altmaaß, geborene Knieriemen aus<br />

Erlenbach, die am oo 4.2.1738 Sebastian Altmaaß aus Sambach geheiratet hatte.<br />

Sie war lt KB 60 Jahre alt geworden.<br />

1784: 13.7.1784 ehelicht im Erlenbacher Schulhaus Johannes Karch von<br />

Morlautern die Maria Elisabetha Eicher von Hirschhorn.<br />

1784, am 29.7.1784 heiratet der ehemalige Mennonite Heinrich Galle, jetzt<br />

reformierter Religion die ledige Charlotta Wenzel von der Drehenthaler<br />

Glashütte.<br />

1785, am 4ten Mai (* 4.5.1785) wurde Elisabetha Haffner, Tochter des Leonhard<br />

Haffner und seiner Ehefrau Christina Mangold geboren, Die Eltern hatten am<br />

25.Mai 1773 geheiratet. (siehe oben). Elisabetha selbst heiratete am 9.2.1809<br />

Johann Heinrich Barth, der am 31.7.1773 in Mölschbach geboren wurde. Ihre<br />

Hochzeit wurde früh morgens um 4 Uhr im Rathaus in Kaiserslautern<br />

geschlossen. Elisabetha wurde 62 Jahre alt und starb am 10.11.1843, ihr Mann<br />

starb 4 Jahre vor ihr am 26.9.1839 im Alter von 66 Jahren.<br />

1785, 9.6.1785 oo am 9. Juni Johannes Mangold von Erlenbach heiratete Maria<br />

Magdalena Cherdron vom Münchschwander Hof. Ihr Sohn Johannes kam am<br />

29.5.1791 auf die Welt. Seine Hochzeit war am 15.10.1840 in Otterberg mit der<br />

aus Erlenbach stammenden Anna Maria Catharina Knieriemen, * 27.10.1805.<br />

1785: am 29.12.1785. Dezember starb Anna Elisabetha geb. Morscher, die erste<br />

Ehefrau des Friedrich Dick aus Erlenbach. Sie war 40 Jahre alt. (Diese erste Ehe<br />

war auch im Erlenbacher Schulhaus am 9.11.1773 geschlossen worden!) Der<br />

Witwer heiratete am 18.4.1786 die Anna Maria Margaretha Heymann von<br />

Obersulzbach.<br />

1786: 18.4.1786 heiratete der Witwer Friedrich Dick aus Erlenbach im Schulhaus<br />

Erlenbach Anna Maria Margretha Hoimann (Heymann) aus Obersulzbach.<br />

Dicks erste Ehefrau war am 29.12.1785 verstorben. Ihr Sohn Johann Friedrich<br />

kam am → 7.7.1790 auf die Welt!<br />

1786: 12.9.1786 Hochzeit im Erlenbacher Schulhaus: Johann Dietrich Schranz<br />

mit Katharina Haaß<br />

1787: am 20.2.1787 heiratete in Otterbach Johann Daniel Heil (Heyl) in erster<br />

Ehe Christina Haffner von Erfenbach. Diese Ehe wurde Ende 1793 geschieden.<br />

In 2. Ehe ehelichte Daniel die Anna Catharina Barth, * 9.10.1775 in Mölschbach.<br />

Die Familie Barth war inzwischen nach Erlenbach gezogen. Die Eheschließung<br />

war am 14.2.1794 im Erlenbacher Schulhaus. Ihre Eltern Johann Michael und<br />

Maria Eva Fleck hatten in Mölschbach geheiratet.<br />

1787, 13. November, der Witwer Johannes Löb wurde im Schulhaus Morlautern<br />

mit Philippina Anderist vom Hagelgrund copuliert.


219<br />

1787, * 1.12.1787 Laudenbach, Johann Adam, Sohn des Leinewebers Adam &<br />

und seiner Frau Elisabetha Thomann. Er heiratete am 23.11.1809 Maria<br />

Magdalena Korn, * 21.21.1779, Tochter des Joh. Jacob & Knieriemen Sybilla.<br />

1788: am 22.1.1788 wurde Nicolaus Knieriemen mit Anna Katharina<br />

Gutenberg(erin) im Erlenbacher Schulhaus kopuliert. Sie ist die Tochter des<br />

verstorbenen Schulmeisters. Ihr Bruder Johann Wilhelm oo 12.2.1782 Margretha,<br />

die Tochter des Otterberger Schulmeisters Boos.<br />

1788, am 15ten Hornung wurde Georg Michael Braunbach, der Wolfskreiser<br />

im Alter von 87 Jahren nach Erlenbach zur Erde bestattet. (luth. Kirchenbuch)<br />

1788: Dorothea Henrietta Ball erblickte am 14.11.1788 in Erlenbach das Licht<br />

der Welt. Ihr Vater war der Tagner Johann Peter Ball, ihre Mutter hieß Maria<br />

Elisabetha Hach. Dorothea ehelichte am 3. März 1814 den 2 Jahre jüngeren<br />

Johann Friedrich Dich, * 7.7.1790 in Erlenbach.<br />

Im Jahr 1789<br />

• am 21. April wurde Johann Leonhard Hollstein mit Anna Catharina<br />

Knieriemen im Schulhaus Erlenbach nach 3maliger Proclamation<br />

copuliert. (21.4.1789)<br />

• Doppelhochzeit zweier befreundeter Soldaten: am 2.6.1789<br />

• a) Cordier Conrad, Soldat = Gemeiner im Schwimheld´schen Regiment<br />

und Jacobina Ginsteinger<br />

• b) Faber, Bernhard, Gemeiner unter dem kurpfälzischen<br />

Schwimheld´schen Regiment und Charlotte Klein<br />

• am 19. Oktober wurde Adolf Keller tot auf dem Erlenbacher Feld tot<br />

aufgefunden und nach geschehener Sektion begraben.<br />

• am 4. Dezember kam Anna Margretha Knieriemen auf die Welt. Mit<br />

den Eltern Leonhard und Margretha Wilking freute sich die zahlreiche<br />

Verwandtschaft. Anna Margretha heiratete am 16.4.1811 Heinrich Eichert<br />

13.2.1789 aus Rohrbach<br />

1790, am 19. Januar (oo 19.1.1790) heiratete Jacob Herbach die ledige<br />

Elisabetha Margretha Knieriemen aus Erlenbach. Jacob Herbach verstarb am<br />

14.2.1839<br />

1790: am 7.7.1790 kam Johann Friedrich Dick auf die Welt. Seine Eltern waren<br />

das Tagelöhner-Ehepaar Johann Friedrich Dick und Margaretha Heymann. (1773<br />

war Joh. Friedr. Dick noch Viehhirte gewesen. Die Eltern hatten am oo<br />

18.4.1786 den ewigen Bund zur Ehe geschlossen). Gemäß Hochzeitsakt #<br />

64/1814 heiratete Joh. Friedrich Dick junior am 3.3.1814 die 25 jährige Dorothea<br />

Henriette Ball, die am 14.11.1788 in Erlenbach auf die Welt kam.<br />

1790 am 29.6.1790 heiratete Heinrich Haffner in Erlenbach die Philippina<br />

Knieriemen<br />

1790: 23.9.1790, heiratete Johannes Heuser, Witwer und Otterberger<br />

Löwenwirt die Maria Katharina Dick aus (Kusel)?<br />

1791: am 29.5.1791 kam Johannes Mangold auf die Welt. Er war der Sohn des<br />

Johannes Mangold und der Maria Magdalena Cherdron, die am 9.6.1785 den<br />

219


220<br />

220<br />

Bund der Ehe geschlossen hatten. Johannes junior heiratete am 15.10.1840 in<br />

Otterberg Anna Maria Catharina Knieriemen, * 27.10.1805 in Erlenbach<br />

1791: 7.6.1791, ehelicht der Witwer Johann Peter Kaffitz die Barbara Gnädig aus<br />

Neukirchen<br />

1791: am 13.9.1791 wird Johann Jacob Korn vom Gersweilerhof mit Christina<br />

Becker von Erlenbach copuliert<br />

1792: am 8.1.1792 wird Heinrich Mertz von Erlenbach mit Catharina Schneller<br />

von Münchweiler, katholischer Religion zu Erlenbach copuliert. Ihre Tochter<br />

Elisabetha Margretha kam am 27.9.1807 morgens um 4 Uhr auf die Welt, wie wir<br />

in der Geburtsurkunde 174/1807 lesen.<br />

1792: am 7.2.1792 heiratete Theobald Knieriemen von Morlautern die Carolina<br />

Korn vom Gersweilerhof. Ihr Sohn Theobald kam laut Geburtsurkunde am<br />

6.12.1807 nachts um 1 Uhr auf die Welt.<br />

1793: 22.1.1793 Peter Hafner (Haffner) oo Elisabetha Müller von der<br />

Gallapmühle. Hochzeit war im Erlenbacher Schulhaus<br />

1794: am 25.11.1794 heiratete Georg Haffner, ref. Wittwer, Bürger Erlenbachs<br />

die Catharina Magdalena Dietz, lutherisch, von Erlenbach.<br />

1794: 25.12.1794: die Hochzeit war in Otterbach: Valentin Lackmann, Sohn des<br />

Hermann Lacmann von Otterbach oo Anna Maria Knieriemen von Erlenbach<br />

1795: Hochzeit im Erlenbacher Schulhaus: Samuel Strauß, Witwer von<br />

Erlenbach oo Philippina Anderist, Witwe des Johannes Löb von Morlautern,<br />

beide reformiert. Ihre erste Heirat mit dem Witwer Johannes Löb war am<br />

13.11.1787 im Schulhaus Morlautern. Sie stammte lt Kirchenbuch aus dem<br />

Hagelgrund.<br />

1795: 13.1.1795 Hochzeit auf der Althütte, Philipp Schutzmann, Witwer wurde<br />

mit Barbara Knieriemen, ledig von Erlenbach kopuliert.<br />

6.32. Die Auswanderung in die Batschka 323 1783/84<br />

Die Habsburger hatten jahrelange Kriege gegen die Türken geführt und alle<br />

gewonnen, dadurch „befreiten“ sie große Landstriche. Aus ökonomischen,<br />

militärischen Gründen musste der riesige, menschenleere Donauraum wieder<br />

bevölkert, urbar gemacht werden. Der Bedarf an Menschen war so groß, dass die<br />

Regierung in Wien ein großzügiges, für deutsche Bauern und Handwerker<br />

lukratives Siedlungsprogramm auflegte. Werber mit weit reichenden Vollmachten<br />

traten ab 1781 auch im protestantischen Südwesten auf, nachdem in den letzten 30<br />

Jahren nicht ausreichend viele katholische Neubürger nach Österreich gezogen<br />

waren. Die Österreicher konnten sich frei in den süddeutschen Fürstentümern<br />

bewegen, denn damals bestand noch formal das „Heilige Römischen Reich<br />

Deutscher Nation“, deren Chef der österreichische Kaiser Joseph II. war. „Das<br />

von ihm erlassene Ansiedelungs-Patent vom 21. September 1782 wurde in vielen<br />

Tausend Exemplaren gedruckt und war – nicht zuletzt dank der Tätigkeit der<br />

323 ) Heffner, Angela, Tscherwenkaer Familien, Karlsruhe 2002, CD


221<br />

pfälzischen Werbezentrale in der österreichischen Grafschaft Falkenstein 324<br />

(Winnweiler) bald auch“ 325 in der ganzen Pfalz verbreitet. Durch die garantierten<br />

Zusicherungen malten sie die Zukunft der Auswanderungswilligen in rosaroten<br />

Farben. Paradiesische Aussichten, denn die Neubürger sollten frei und keine<br />

Leibeigenen mehr sein. Jeder Bauer, Siedler erhielt<br />

• den allgemeinen Hausrat,<br />

• vier Pferde und/oder 88 Gulden, Ackerland und ein genormtes<br />

Kolonistenhaus, 20 m x 6 m,<br />

• Anschubfinanzierungen, um den Winter 1785/1786 überstehen zu<br />

können,<br />

• Saatgut, Futter für die Tiere, um die Äcker in 1786 bestellen zu können,<br />

• Handwerker, wie Wilhelm Wilking aus Erlenbach, bekamen zudem<br />

pauschal einen Kredit von 50 Gulden zur Anschaffung von Werkzeugen.<br />

• Ein Pfarrer erhielt später die astronomische Summe von 50 Gulden pro<br />

Monat.<br />

So ist es nicht verwunderlich, dass innerhalb kürzester Zeit in den Krisenjahren<br />

1783/85 sich mehr als 10.000 Menschen aus Hessen, dem Rheintal, der Pfalz,<br />

Baden-Württemberg und dem Elsaß zur Auswanderung in die Batschka<br />

entschlossen. Die ganze Gegend der Nordpfalz schien auswandern zu wollen. Die<br />

Straßen, Wege waren überfüllt. Johann Eymann 326 , * 23.4.1764 in Duchroth<br />

schreibt in seinem Reisebericht, aus seinem kleinen Geburtsort Duchroth seien<br />

zwischen 1783 und 1785 allein 41 Familien mit insgesamt 143 Personen<br />

ausgewandert. 31 gingen nach Galizien, 10 in die Batschka. Der Ort heißt Sivac.<br />

Aber die meisten waren Leibeigene und mussten sich freikaufen. Unsere<br />

Vorfahren hatten zwar etwas Eigentum, aber kaum Bargeld. Verkauften sie ihren<br />

Besitz, kassierte der zuständige Schultheiß den festgelegten Prozentsatz, z.B. 10<br />

% des Erlöses. Etlichen Bewohnern war dies zu unbequem, lästig oder ganz<br />

einfach unmöglich. Sie machten sich heimlich auf die Socken. Der zuständige<br />

Schultheiß beschlagnahmte dann das Vermögen der Verschwundenen und ließ es<br />

zugunsten der Staatskasse verkaufen, versteigern! Der Exodus wurde zum echten<br />

Problem in Kaiserslautern, Heimkirchen, Niederkirchen, Duchroth und<br />

anderenorts. Die Herrschaften, die Oberämter waren vom Ausmaß der<br />

Auswanderung überrascht. Ihre Reaktionen: Verbot des Freikaufs und<br />

Auswanderungsverbot bei strengster Strafe. Sonntags verlasen die Pfarrer die<br />

herrschaftlichen Befehle von der Kanzel Außerdem forderte er die Untertanen auf,<br />

ihre Nachbarn anzuzeigen, wenn sie Auswanderungsvorbereitungen trafen.<br />

324 ) Der letzte Graf Wilhelm Wirich von Daun verkaufte 1660 die reiche Grafschaft Falkenstein<br />

an den Herzog von Lothringen an seinen Lehnsherrn. Der übertrug den Besitz an seinen<br />

natürlichen (= unehelichen) Sohn den Prinzen von Vandement. Der kinderlose Prinz starb<br />

1723. Die Grafschaft Falkenstein fiel an den lothringischen Herzog Leopold zurück. Durch die<br />

Personalunion Lothringen und dem Kaiserhaus Österreich kam die Grafschaft unter die<br />

österreichische Hofverwaltung. Johann Keiper, a.a.O. S. 90<br />

325 ) Pfälzische Geschichte, Band 1, Kaiserslautern 2002, S. 378 unten<br />

326 ) Johann Eymann, * 23.04.1764 in Duchroth, † 30.9.1847 in Neu Sivac leitete die Ansiedlung<br />

der Siedlung Werbass, war gleichzeitig auch Rechnungsführer. Später war er Lehrer und<br />

Notar. Als Zeitzeuge beschrieb er die Besiedlung der Batschka, „ Der Deutsche Kolonist“<br />

221


222<br />

222<br />

Dem verlockenden kaiserlichen Angebot konnte auch Wilhelm Wilking 327 aus<br />

Erlenbach nicht widerstehen. Er wurde am Donnerstag, den 20.12.1731 in<br />

Erlenbach geboren 328 . und war Schreinermeister. Er hatte am 7.1.1762 in<br />

Kaiserslautern Magdalena Trott geheiratet, eine Tochter des Bäckermeisters<br />

Sebastian Trott und der Anna Margretha Deidesheimer. Das Paar hatte etliche<br />

Kinder. Magdalena Trott starb und der Witwer ehelichte Maria Barbara<br />

Grosserth (Grossarth aus Kaiserslautern. Sie gebar ihm in Lautern zwei Töchter.<br />

Am 3. April 1784 stellt Wilhelm Wilking beim kurfürstlichen Oberamt den<br />

Antrag, mit seiner Familie ins kaiserliche Polen auswandern zu dürfen. Aber das<br />

Oberamt hatte die strikte Anweisung, alle Anträge abzulehnen. So widerfuhr es<br />

auch Wilhelm Wilking, als er am 19. April beim Oberamt vorsprach. Diese<br />

Ablehnung hielt ihn aber trotzdem nicht davon ab, mit seiner Familie bei Nacht<br />

und Nebel abzuhauen. So wie damals vorgeschrieben, meldeten sie sich in<br />

Regensburg beim österreichischen Gesandten an. Auf dem Floß ging es dann<br />

weiter stromabwärts. Die Familie kam am 30. August 1784 in Wien an. Laut der<br />

Wiener Einwanderungsliste waren außer seiner Ehefrau bei ihm:<br />

• Ein lediger Bursche aus Niedermehlingen und seine Kinder<br />

• Leopold Wilking, * 1.1.1764 in KL, oo 1788 Maria Rosina Schmidt<br />

• Ottilia Wilking, * 20.9.1765 in KL<br />

• Elisabetha, * 16.5.1773 in KL oo Heinrich Greifenstein<br />

• Salome Charlotta, * 26.10.1775<br />

• Anna Catharina, * 1780 oo Nicol Busch.<br />

Nach dem Winterquartier siedelte die Familie in Tscherwenka im Donaubogen.<br />

Der Stadtrat in Lautern beschlagnahmte das bescheidene Vermögen der Wilkings<br />

und ließ es zugunsten der Stadtkasse versteigern. Maria Barbara Grossarth starb<br />

bereits am 11.12.1787 in Tscherwenka und. Johann Wilhelm Wilking wurde fast<br />

84 Jahre alt. Er starb am 13.1.1814<br />

In Wien angekommen, schrieb Joh. Wilhelm Wilking seinen Freunden und<br />

Verwandten. Die Faktendarstellung vom erhaltenen Handgeld und der gut<br />

organisierten Reisebegleitung war natürlich eine glatte Einladung, es den<br />

Wilkings nachzutun und im nächsten Jahr zu folgen, denn es schienen ja noch<br />

Siedlerplätze in Tscherwenka zu geben. Gemeinsam machten sich etliche Lautrer<br />

Familien gemeinsam auf und wanderten gemeinsam dem Abenteuer Ungarn<br />

entgegen. Sie kamen zusammen am 14. Oktober 1785 in Wien an und empfingen<br />

je Person 2 Gulden Handgeld:<br />

• Peter –Andrae, * um 1750. Er heiratete am 2.7.1782 in Altleiningen die<br />

Catharina Philippina Mayer, die am 23.1.1747 in KL geboren wurde. Sie<br />

war die Tochter des verstorbenen Johann Heinrich Mayer und der Anna<br />

Margretha Trott. Andrae sah für sich und seine Familie keine<br />

Existenzgrundlage mehr in der Pfalz. Sie wanderten aus und nahmen die<br />

allein stehende Schwiegermutter Anna Margretha Trott mit, die eine Tante<br />

zu den Kindern Joh. Wilhelm Wilkings war.<br />

327 ) Die Wilkings stammten eigentlich aus Sedan und waren reformierte Hugenotten.<br />

328 ) seine Eltern waren Johann Adam Wilking, Vilcain und Maria Margretha Mörsch. Taufpaten: Joh.<br />

Wilhelm Anspach, Maria, Valentin Luttringhausen des Strumpfwebers Hausfrau, Joh. Wilhelm<br />

Schopp von Erlenbach & Anna Elis , Paul Knieriemens Witwe.


223<br />

• Peter Bischof, * 1760, auch reformiert<br />

• Maria Hertel, * in KL, reformiert<br />

6.33. Vernunft oder Liebe & Leidenschaft<br />

Johann Georg Schramm<br />

Von Angela Heffner aus Karlsruhe 329<br />

Joh. Georg Schramm hatte das Schneiderhandwerk erlernt und war nach<br />

Kaiserslautern gezogen. Er war ältester Geselle des Schneidermeisters Christoph<br />

Heinrich Bauer, der am 3.10.1748 verstarb. Was lag jetzt näher, als die Witwe Maria<br />

Catharina zu heiraten. Diese Zweckehe war für beide Seiten vorteilhaft und damals<br />

nicht außergewöhnliches. Er konnte sich selbständig machen und die Witwe war<br />

versorgt. Am 12.7.1751 erwarb er dann das Lautrer Bürgerrecht. Aus dieser Ehe<br />

stammten zwei Söhne: Ludwig, * 8.1.1753 † 12.3.1767 und Jacob, * 13.2.1760.<br />

Vielleicht lag es Altersunterschied zu seiner 7 Jahre älteren Frau oder sie war<br />

dominant und machte dem Bauernbub deutlich, wem er seinen Wohlstand verdankte<br />

Georg Schramm war ein angesehener Schneidermeister. Für die städtischen<br />

Bediensteten fertigte er deren Uniformen an. Darüber hinaus übte er für die Stadt<br />

Kaiserslautern mehrere wichtige Ämter aus. Eine Zeitlang diente er auch als<br />

bezahlter Schreiber (scribent). Daneben fertigte er auch Stadtpläne, für die er<br />

zusätzlich entlohnt wurde. Er genoss es, jemand zu sein. Auf jeden Fall, Johann<br />

Georg Schramm kam in viele Häuser, so auch in das des Schlossmüllers Seel, der<br />

eine bildhübsche Tochter hatte. Es war wohl grenzenlose Liebe auf den ersten Blick,<br />

da verliert man sehr schnell die Füße unterm Boden. Georg Schramm und die 23<br />

Jahre jüngere Anna Catharina Seel 330 . schwebten auf himmlischen Wolken und<br />

vergaßen um sich herum die rechtliche Realität.<br />

Ehebruch war damals strafbar und die Lautrer Richter verurteilten ihn zu einer<br />

einjährigen Haftstrafe, die er im kurpfälzischen Zentralgefängnis in Mannheim<br />

abzusitzen hatte. Das Jahr läuterte ihn aber nicht, im Gegenteil Kurze Zeit nach<br />

seiner fand er bei seinem Bruder in Mannheim Unterschlupf. Lange hielt er es nicht<br />

alleine aus. Er kehrte nach Kaiserslautern zu seiner Geliebten Anna Catharina Seel<br />

zurück. Die Sittenwächter liefen Sturm. Der Stadtrat lud die beiden Sünder vor und<br />

vergatterte sie bei Androhung strengster Strafen zur Unterlassung des verbotenen<br />

Handelns. Zur Anschauung sperrte der Stadtvorstand Anna Catharina Seel mal<br />

kurzer Hand für einen Tag in den Turm. Aber auch dies half alles nichts. Liebe<br />

überwindet Berge. Am 13. Juni 1774 schenkte Anna Catharina Seel ihrem Sohn Carl<br />

Ludwig Alexander das Leben. Das Paar wird wohl aufgeatmet haben, als die Ehefrau<br />

Schramm dann endlich am 6.2.1783 im Alter von 69 Jahren starb.<br />

Eigentlich wäre nun ihr Weg ins Glück frei gewesen, aber das Paar und ihr Sohn Carl<br />

Ludwig wurden geschnitten und öffentlich beleidigt. So packten sie ihre<br />

Habseligkeiten und wanderten nach Ungarn aus. Johann Georg Schramm meldete<br />

sich am 25.8.1784 in Wien mit Weib und einem Sohn an. Als Herkunftsort gab er<br />

329 ) Angela Heffner, die Auswanderung in die Batschka, CD, Karlsruhe 2002, S. 452 ff<br />

330 ) Seel, Anna Catharina, * 7.4.1745 in Kaiserslautern. Tochter des Schloßmüllers Johann Peter Seel<br />

und der Anna Catharina Scheer.<br />

223


224<br />

224<br />

Stadt Lautern in der Pfalz an. Er war von Beruf Bauer, Schneider und Schulmeister.<br />

er sei 50 Jahre alt und reformierter Religion. Tatsächlich war er aber 63 Jahre, denn<br />

er wurde ja bereits am 13.3.1721 in Ohmbach bei Altenkirchen geboren. Seine Eltern<br />

hießen Theobald und Maria Elisabetha. Er musste sich verjüngen, denn sonst hätten<br />

ihn die Österreicher nicht als Siedler angenommen.<br />

Angela Heffner hatte das weitere Schicksal der drei weiter verfolgen können. Joh.<br />

Georg Schramm half bei der weiteren Ansiedlung der Siedler im Donau-Bogen. Die<br />

von ihm ausgestellten Urkunden sind noch heute erhalten und im Archiv in Budapest<br />

einzusehen. Sein Sohn Carl Ludwig heiratete am 24. April 1792 in Tscherwenka<br />

Maria Angelica Hess, die am 11. Juni 1775 in Heiligenmoschel geboren wurde. Sie<br />

ist die Tochter von Albert Hess und Maria Margretha Bayer.<br />

6.34. Und leise ruft der Wald<br />

1763, 16. August: unsere Bürger bekamen bei Bedarf kostenlos Bauholz aus dem<br />

Reichswald. Dies geschah nach Absprache mit dem Förster. Aber die kurpfälzische<br />

Regierung hatte ganz einfach nur an ihre Interessen gedacht und zu viel Holz<br />

verkauft. Große Mengen wurden über die Bäche und die Lauter nach Norden geflößt.<br />

Auch die Harz- und Pottaschbrenner hatten durch das verstärkte Fällen dem Wald<br />

schwer geschädigt. So konnte es nicht weitergehen. Die Bürgermeister klagten und<br />

die Verantwortlichen schlossen vor dem kurpfälzischen Kammergericht in<br />

Kaiserslautern folgenden Vergleich 331 , von denen die wichtigsten Punkte hier<br />

abgedruckt sind<br />

1. Die Hofkammer erkennt die alten Rechte der Stadt, Erlenbachs und der<br />

anderen Gemeinden der Reichswaldgenossenschaft hinsichtlich des Bau- und<br />

Brennholzes an.<br />

2. Das Erdgeschoß der Hausneubauten muss vollständig aus (Sand)Stein<br />

errichtet werden.<br />

3. Die Bürger verzichten fünf Jahre auf den Bezug von Kiefer- Bauholz.<br />

4. Die Harzbrenner dürfen weiterhin Lager- und Gipfelholz zur Produktion<br />

beziehen.<br />

5. Die Wagner, Gestellbauer bekamen unentgeltlich Holz zur Herstellung von<br />

Pflügen und Geschirren. Aber man dachte auch die Küfer und Böttcher, sie<br />

konnten weiterhin kostenlos Eichenholz für Fässer (Dauben) und Bottiche<br />

beziehen.<br />

6. Die Gebühr für jeden gefällten Stamm betrug 1 Kreuzer<br />

7. Die Hofkammer bestätigt generell das Weide- und Rauhfutter- Recht der<br />

Höferer Bewohner, das nicht von der Willkür des Forstbediensteten abhängig<br />

ist.<br />

8. Bestimmung von drei Wochentagen an denen das Brennholz geholt werden<br />

kann. Dies waren jeden Montag, Mittwoch und Freitag zwischen Michaelis<br />

bis zum Georgentag (29. September – 23. April)<br />

331 ) Johann Keiper, der Reichswald bei Kaiserslautern, Kl 1895, Seite 65 ff und Entscheidung des<br />

Präfekten Rudler aus dem Jahr 1806 (Akten des Stadtarchivs a VII 174)


225<br />

9. Der Grenzumgang solle alle 10 Jahre stattfinden.<br />

Ziele: Der Wald sollte sich wieder erholen und auch weiterhin auch den Bürgern<br />

uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Tatsächlich entlastete die „Einführung<br />

des Stein-Hausbaues“ langfristig den Wald (Keiper, S. 12 unten)<br />

Forstmeister Rettig: Die Familie Johann Daniel Rettig erwarb spätestens 1698<br />

das Recht des Forstmeisters. Dieses Recht war vererbbar. Alle Erstgeborenen<br />

hießen Johann Daniel Johann Keiper fand in den alten Unterlagen, dass es schon<br />

1730 in Kaiserslautern ein Forstamt gab. Der Leiter war Johann Daniel Rettig.<br />

Sein ältester Sohn hieß ebenfalls Johann Daniel Dessen Enkel ritt 1806 mit<br />

Napoleon über die Schlachtfelder von 1793.<br />

Kreuznach gehörte im 18. Jahrhundert zur Kurpfalz. In der Saline Kreuznach<br />

ließen die Kurfürsten Salz erzeugen. Dazu brauchte man viel Holz. Aber woher<br />

nehmen. Zwischen 1745 – 1748 ließ der Kurfürst Carl Theodor die Lauter<br />

begradigen, damit Holzstämme bis zu einer Länge von 10 m geflößt werden konnten.<br />

Ich vermute, die Flößung war erst hinter der heutigen Kläranlage Kaiserslautern<br />

möglich. Früher war dort die Gallapmühle mit einem großen Mühlteich vorne dran.<br />

6.35. Johann Michel Barth zieht nach Erlenbach<br />

Ein Auszug aus dem zukünftigen Familienbuch Erlenbach<br />

Die Barths stammen eigentlich aus Hochspeyer. Jacob Barth kam etwa um 1683 auf<br />

die Welt. Der Witwer heiratete am 7.11.1747 in Hochspeyer Maria Elisabetha<br />

Brutscher. Der erste Sohn aus dieser Ehe ist Johann Michael Barth, der am 9.8.1748<br />

auf die Welt kam. Der Vater Jacob starb bereits 1 Jahr nach der Geburt seines Sohnes<br />

Michaels. Am 29.4.1770 heiratete Michael die Maria Eva Fleck aus Mölschbach. In<br />

1781 zog das Paar nach Erlenbach, wo auch die Charlotta Elisabetha auf die Welt<br />

kam. Der Grund des Umzugs ist unbekannt. Von nun entwickelte sich Erlenbach als<br />

ein weiteres Zentrum der Sippe Barth.<br />

225


226<br />

226<br />

6.36. Erlenbachs adelige Nachbarn in 1792<br />

Liebe Leser, Johann Keiper fertigte 1895 die nachstehende Karte an. Sie zeigt die<br />

politische Zersplitterung der Pfalz im Jahr 1792 um Kaiserslautern, Erlenbach<br />

herum. Vieles wird Ihnen neu sein. Wussten Sie, dass Otterbach im Besitz der<br />

Gräfin von der Leyen war? Schallodenbach gehörte den Grafen von Sickingen und<br />

Heiligenmoschel war Staatsgebiet des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken. Die<br />

Gemarkung des Gersweilerhofes erstreckte sich über den Eselsbach bis zum<br />

Berghang hin. Die Karte beweist deutlich, dass Morlautern seit 1336 zum Gericht<br />

Kaiserslautern, Erlenbach aber Otterberg zugehörig war. Vielleicht resultiert daraus<br />

die frühere gegenseitige Ablehnung oder Rivalität zwischen den Hebbelrutschern<br />

und den Strahleseln. (→ 1336 oben)


227<br />

227


228<br />

228<br />

KRIEGE, TERROR & WANDEL<br />

7.1. Die Preußen marschierten nach Paris, aber Custine<br />

eroberte die Pfalz in 1792<br />

• Das 18. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Aufklärung, des<br />

Fortschritts, der Entdeckungen. Forschung und Technik erklimmen<br />

ungeahnte Höhen, Symbol dieser Entwicklung könnte der erste<br />

blau/goldfarbene Heißluftballon sein, der nach seinem Entdecker als<br />

Montgolfiere am 19.9.1783 im Schlosspark von Versailles vor den<br />

staunenden Augen des franz. Hofes, vor Ludwig XVI in die Luft stieg und<br />

symbolhaft die kommende Zeit an den Himmel malte. Die Gesellschaft<br />

entwickelte sich rasant, nur Ludwig der XIV, vor allem seine Frau<br />

Marie Antoinette (die Schwester des Österreichischen Kaisers)<br />

klammerten an der absoluten Macht und verschliefen den Wandel zur<br />

konstitutionellen Demokratie, der die Macht der Bourbonen bis heute<br />

gesicherte hätte. Am 26.4.1792 erklärte dann die neu gewählte franz.<br />

Nationalversammlung dem Österreichischen Kaiserhaus den Krieg.<br />

Worauf die französische Armee unter Marschall Rochambeau 332 und<br />

General Lafayette 333 in die österreichischen Niederlande einrückten.<br />

• 1792, 7. Februar. Österreich, Preußen und mehrere kleinere Staaten<br />

schlossen einen Beistandsvertrag, der die Vertragsparteien zur<br />

gegenseitigen Unterstützung verpflichtete. Durch den franz. Einmarsch in<br />

die Niederlande war der Casus Belli gegeben. Die Preußen rückten am<br />

19.8. mit 40.000 Soldaten in Lothringen ein. Der Landgraf von Hessen<br />

Darmstadt führte selbst seine 6.000 Mann starke Truppe an. Der Kurfürst<br />

von Mainz unterstellte 2.000 Soldaten den Preußen. Diese Allianz war<br />

anfänglich erfolgreich. Im Namen des französischen Königs besetzten sie<br />

die Festungen Longwy und Verdun Ziel war Paris, die Befreiung des<br />

franz. Königs, Schwager des österreichischen Kaisers. Die Alliierten<br />

wollten den Revolutionären eine Lektion erteilen und den König wieder in<br />

sein Amt einsetzen.<br />

• Aber der Vormarsch der royalistischen Truppen geriet durch die<br />

denkwürdige Septemberschlacht, durch die „Kanonade von Valmy“ (80<br />

km östlich von Reims) zum Desaster, das zwangsläufig die siegreichen<br />

Revolutionstruppen enorm aufbaute. 1792, 21. Sept.: Die Preußen zogen<br />

sich zurück. Die französische Nationalversammlung verkündete prompt<br />

daraufhin am 21.9.1792 die Republik. Dieses Datum ist auch der<br />

Nullpunkt, der Eckpunkt des neuen Kalenders, der auch in der Pfalz ab<br />

1798 (1798 = Jahr VI der Franz. Republik) galt. In Paris tanzte der Bär.<br />

332 ) Marschall Rochambeau führte das franz. Expeditionskorps an, das 2 Jahre in Nordamerika<br />

gegen die Engländer kämpfte. Unter ihm kämpfte auch unser berühmtes KönigLudwig<br />

Regiment Zweibrücken Regiment, mit dessen Hilfe er im Oktober 1781 die englischen<br />

Truppen in Yorktown, Virginia einkesselte und bezwang.<br />

333 ) Graf Lafayette war General unter Washington. Lafayette opferte sein ganzes Vermögen für den<br />

Freiheitskampf der Amerikaner


229<br />

Die Bürger feierten mehrere Tage lang ihre Revolution und ihre<br />

erfolgreichen Truppen 334 .<br />

• 1792, 24. Oktober: Die Nachricht des franz. Überraschungscoups<br />

schlug wie eine Bombe im preußischen Hauptquartier ein. Die preußische<br />

Armee war ja sowieso nach dem Desaster von Valmy auf dem Rückzug,<br />

zudem war sie erheblich durch die grassierende Ruhr geschwächt. Nun<br />

hatten sie es eilig, diese unnötige Scharte auszuwetzen, die ihnen Custine<br />

beigebracht hatte. Mit vereinten Anstrengungen gelang ihnen am 2.<br />

Dezember die Rückeroberung Frankfurts. Doch wie sollte Mainz<br />

zurückerobert werden? Inzwischen hatte der Winter eingesetzt und die<br />

Problemlösung musste warten.<br />

• Doch ein Unglück kommt selten allein. Die franz. Revolutionäre<br />

waren kluge politische Denker und clevere Strategen. Die Preußen hatten<br />

wohl in ihrer Arroganz ganz vergessen, dass Landau eine starke<br />

französische Festung war, die man nicht ungestraft unbeachtet links liegen<br />

lässt. Von dort startete der General Graf Adam Philipp Custine den<br />

Angriff in die entblößte deutsche Flanke. Ohne große Verluste fielen ihm<br />

Speyer, Frankenthal, Worms und Oppenheim in die Hände, deren<br />

Magazine reich gefüllt waren. Da spielten etliche Faktoren eine Rolle, dass<br />

Custine auch ohne Gewaltanwendung in Besitz der Festung Mainz kam.<br />

Am 22.10.1792 übergab eine Mainzer Abordnung am Oberen Weisenauer<br />

Weg die Stadtschlüssel an Custine und seine Offizieren. Nun stand den<br />

Revolutionstruppen der Weg offen in das Reichsgebiet. Unverzüglich<br />

pflückte Custine Frankfurt, die reiche Handels- und deutsche<br />

Krönungsstadt. Ob die Frankfurter freiwillig Geld raus rückten oder<br />

geplündert wurden, ist dem Autor unbekannt. 335<br />

• Die französische Mainzer Garnison zählte 23.000 Mann und dem<br />

General standen auf engem Raum 270 Geschütze zur Verfügung. Die<br />

Verteidigungsanlagen waren auf dem kriegstechnisch höchsten Stand, da<br />

konnten die Besatzungskräfte gelassen den preußischen Anstrengungen<br />

entgegen sehen. Am 23.12.1792 war die Stadt bereits in Kriegszustand<br />

versetzt worden und ab dem 26.1.1793 hatte der Kommandant seine<br />

Festung in Alarmstufe gelb /état des siège versetzt. Alles war ausreichend<br />

vorhanden, um eine lange Belagerung durchzuhalten. Die Preußen konnten<br />

kommten.<br />

Alliierte Gegenschläge in 1793<br />

• 1793, 22. März: Es hatte lange gedauert, bis die Führer des deutschen<br />

Reiches sich zusammengerauft und eine einheitliche Lösung verabschiedet<br />

hatten. Auf dem Reichstag zu Regensburg 336 erklärte das Reich der<br />

französischen Republik den Krieg. Aber was war schon das Deutsche<br />

334 ) Am 21.1.1793 wurde Louis XVI auf dem Place de la Concorde hingerichtet.<br />

335 ) Keiper, Johann, Die deutsch-französischen Kämpfe in der Pfalz und im Pfälzerwald, Speyer<br />

1932, in Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, S. 5 ff<br />

336 ) Regensburg war seit 1594 der ständige Sitz des Reichstages.<br />

229


230<br />

230<br />

Reich? Der pfälzische Kurfürst Carl Theodor tanzte aus der Reihe und<br />

erklärte seine Neutralität. Im Nachhinein kostete ihn dies bis 1814 den<br />

Verlust großer Teile seines Herrschaftsbereichs.<br />

Die beiden Heerführer Wurmser und König Friedrich Wilhelm II hatten folgende<br />

Strategie verabredet:<br />

1. Die große österreichische Armee unter General Wurmser sollte vom<br />

Badischen aus die französische Festung Landau zuerst isolieren und dann<br />

einnehmen. Deshalb überquerte der österreichische General Dagobert<br />

Wurmser 337 am 31.3.1793 bei Ketsch unterhalb von Speyer den Rhein<br />

und fing an, die franz. Festung Landau zu belagern.<br />

2. 1793: am 26 und 27. März überquerten bei Bacherach etwa 64.000<br />

alliierte Truppen den Rhein, während 20.000 rechtsrheinisch unter dem<br />

Kommando des Generalleutnants von Schönfeldt weiter auf Mainz<br />

losmarschierten, um es weiträumig einzuschließen. Insgesamt waren es<br />

also 84.000 Mann, mit denen König Friedrich Wilhelm II: den<br />

Franzosen Paroli bieten wollte. Es war eine Allianz aus Preußen, Sachsen,<br />

Hessen & Kurpfälzern Die unter preußischer Führung stehende 84.000<br />

Mann starke Armee wurde geteilt.<br />

3. Dem Herzog von Braunschweig mit seinen 40.000 Soldaten fiel die<br />

Aufgabe zu, quer durch die Pfalz, von Bitsch bis nach Idar Oberstein, eine<br />

Verteidigungslinie aufzubauen, um französischen Heeren die Befreiung<br />

der Festungen Mainz und Landau unmöglich zu machen. Pirmasens und<br />

Kaiserslautern waren die zentralen Bollwerke, die den Weg nach Osten<br />

verriegelten. Im weiten 50 km entfernten Vorfeld, stationierte der Herzog<br />

zur Informationsgewinnung schnelle Reiterverbände, die die franz.<br />

Armee- Bewegungen melden sollten, damit die Preußen entsprechend der<br />

Gefährdungslage ihre Truppen an die mutmaßlichen Brennpunkte<br />

verschieben konnten.<br />

4. König Friedrich Wilhelm II selbst hatte den Oberbefehl über die 44.000<br />

Mann starken Mainzer Belagerungstruppen. Die linkrheinischen Truppen<br />

unterstanden dem Generalleutnant Graf Friedrich Adolf von Kalkreuth,<br />

während die rechtsrheinischen vom General Schönfeldt relativ selbständig<br />

aufgestellt wurden.<br />

7.2. Die Belagerung von Mainz bis zum 25.7.1793<br />

Das Hauptquartier des preußischen Königs war zuerst bis zum 30.3. etwas<br />

zurückgezogen in Alsheim und wurde mit Beginn der Einschließung am<br />

14.4.1793 nach Bodenheim vorverlegt. Der westliche Belagerungsring spannte<br />

337 ) Graf von Wurmser wurde 1724 im Elsaß geboren. Er hatte den siebenjährigen Krieg gegen<br />

Friedrich II. mitgemacht und wurde 1787 Reitergeneral Seine Kriegsführung 1793 war<br />

ungeschickt. In den norditalienischen Schlachten gegen Napoleon versagte er kläglich.<br />

Wurmser starb am 22.8.1797 in Wien.


231<br />

sich über Laubenheim, Hechtsheim, Marienborn, Finthen bis nach Marienborn.<br />

Dem König und seinen zwei Generälen standen folgende Einheiten zur Verfügung<br />

Preußen 18.174 Mann<br />

Österreicher 11.275 Mann<br />

Kursachsen 3.957 Mann<br />

Hessen Kassel 3.771 Mann<br />

Hessen-Darmstadt 3.754 Mann<br />

Kurpfalz 1.262 Mann<br />

Allerdings fehlte den Belagerern die Artillerie und es dauerte sehr lange, bis sie<br />

heran geschafft war. Zudem hatten die Preußen bedeutende logistische<br />

Schwierigkeiten, ihre vielen Soldaten zu versorgen, so dass die Disziplin, die<br />

Kampfbereitschaft sehr stark litten. Die Franzosen bemerkten dies mit großer<br />

Freude und es machten ihnen viel Spaß, die Preußen durch unerwartete Ausfälle<br />

zu erschrecken.<br />

Inzwischen entwarfen die Offiziere mögliche Angriffspläne. Es kristallisierten<br />

sich 2 Möglichkeiten heraus, die kontrovers diskutiert wurden. Am 22.5.<br />

entschied sich der König nach langem Zögern für den Plan der früheren<br />

französischen Ingenieur Offiziere, die nach der Revolution in preußische Dienste<br />

eingetreten waren. Aber auch diesen Plan widerrief der König, da die dazu<br />

notwendigen Kanonenboote nicht rechtzeitig eingetroffen waren. Erst in der<br />

Nacht vom 16. auf den 17. Juni wurde der Startschuss zum breit angelegten<br />

Geschützangriff gegeben, denn solange hatte es gedauert, das gesamte<br />

Belagerungsgerät, die Geschütze mit ihrer Muniton zur neuen Angriffsfront nach<br />

Hechtsheim/ Laubenheim zu transportieren. Aus einer Entfernung von 1.200<br />

Schritt nahm die preuß Artillerie den Kampf mit den Festungsgeschützen auf. Die<br />

Soldaten trieben nach und nach Laufgräben bis auf 400 Schritt = 260 Meter an<br />

die Festungswerke heran.<br />

Was da aus 207 Geschützen in vier Wochen auf die Stadt herunterregnete war<br />

furchtbar. Daniel Dumont schrieb 1793 in seinen Erinnerungen, der Brand in der<br />

Nacht vom 28. auf den 29. Juni war entsetzlich. Abends um 10 Uhr fingen die<br />

beiden Domtürme Feuer und das Langhaus brannte. Die umstehenden Häuser<br />

standen in Flammen. An mehreren Stellen der Stadt entstanden mehrere<br />

Feuersbrünste, etliche Häuser brannten bis auf die Grundmauern nieder. Goethe<br />

hatte das Bombardement von der Schanze von Marienborn aus beobachtet. Er<br />

schreibt, wir sahen diesem schrecklichen Schauspiel zu. Es war eine sternenhelle<br />

Nacht, die Bomben schienen mit den Himmelslichtern zu wetteifern.<br />

Dieses Bombardement wiederholte sich Nacht für Nacht und war der reine<br />

Terror. Ein anderer Beobachter berichtete über die Nacht vom 15. auf den 16ten<br />

Juli 93. „Die heutige Nacht war eine der fürchterlichsten. Um 10 Uhr kam ein<br />

anhaltender entsetzlicher Regen …an Granaten, Haubitzen, feurigen Kugeln und<br />

Bomben auf Mainz, welcher ununterbrochen bis gegen 3 Uhr andauerte und an<br />

mehreren Orten schrecklich zündete. Am Schloss flog ein Pulverwagen in die Luft<br />

und auf der Zitadelle und Eisgrube stürzten viele Gebäude ein…. Diese Kanonade<br />

war die stärkste während der ganzen Belagerungszeit….. Die Sachsen beschossen<br />

231


232<br />

232<br />

Mainz Kastel so heftig, dass ein beträchtlicher Teil des Ortes in Asche gelegt<br />

wurde 338 .“<br />

Die Preußen konnten das Bollwerk Mainz nicht nehmen und der franz.<br />

Kommandant General d´Oyré kam nicht raus. So schloss man am 23.7.1793<br />

einen Akkord, der jeden als Sieger erschienen ließ. General d´Oyré erhielt freien<br />

Abzug. Mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen verließ der General am<br />

25.Juli an der Spitze seiner noch 18.000 Mann starken Truppe die Festung Mainz.<br />

Alle schweren und leichten Waffen hatten sie mitnehmen dürfen. Der preußische<br />

General nahm mit seinen Truppen die Parade des vorbei marschierenden Gegners<br />

salutierend ab. Dies verlangte die Offiziersehre. Ein stolzer Anblick. D´Óyré<br />

begab sich mit seinen Truppen ins Elsaß. Ihm wurde Anerkennung zuteil, denn<br />

er hatte eine Armee, viele Menschenleben gerettet.<br />

Die Pariser Gewalthaber sah das adelige Gehabe als Verrat an. Sie machten<br />

kurzen Prozess und ließen Custine am 28. August 1793 guillotinieren<br />

7.3. November 1793: die Schlacht bei Morlautern<br />

Die Pfalz war im Sommer 1793 ein einziges Aufmarsch- und Kampfgebiet. Der<br />

Herzog von Braunschweig baute von Idar Oberstein bis nach Bitsch eine lange<br />

Verteidigungslinie auf. Sie nutzte geschickt die geographischen Vorteile des<br />

Lautertals und die Weiher und Sümpfe um Lautern herum. Nicht nur dass da<br />

zusätzlich Zehntausende von Soldaten waren, die mussten auch ernährt werden.<br />

Zwar konnten die Fourageure einiges in der Region aufkaufen, aber das reichte<br />

bei Weitem nicht aus, denn die Böden sind schlecht und die Landwirtschaft<br />

konnte die einheimische Bevölkerung kaum selbst ernähren. Also musste Getreide<br />

und das (lebende) Schlachtvieh teilweise von jenseits des Rheins geholt werden.<br />

Damals war dies eine logistische Meisterleistung.<br />

Den Transport erledigten >Colonnen


233<br />

Nach diversen Scharmützeln bei Blieskastel, Contwig, zogen sich die preußisch,<br />

alliierten Truppen auf die stark befestigte Linie Pirmasens, Kaiserslautern,<br />

Lauterecken zurück. Am 14. September 1793 versuchten die franz.<br />

Revolutionstruppen ohne Sinn und Verstand die preußische Stellung gerade an der<br />

schwierigsten, unzugänglichsten Stelle in Höhe der „Schäfergasse in Pirmasens,<br />

unterhalb der heutigen Kreissparkasse“ zu knacken, was natürlich besonders<br />

sinnlos und erfolglos war.<br />

Die Generäle<br />

31. Oktober 1793: die französische Revolutionsregierung übergab die Führung<br />

der 40.000 Mann starken Mosel-Armee dem erst 25 jährigen General Lazare<br />

Hoche, der am 25.6.1768 in Montreuil bei Versailles geboren wurde. Er führte<br />

seine Armee in zwei Linien auf die stark befestigte Stellung der Preußen um<br />

Kaiserslautern heran, und vereinigt sie mit den Truppen, die den Angriff auf<br />

Pirmasens durchgeführt hatten. Starke Regenfälle (Jahrhundert – Regenfälle)<br />

hatten das Lautertal schwer passierbar gemacht. Die stark befestigten Stellungen<br />

im Westen Kaiserslauterns (heute Rittersbacher/ Hohenstaufen Gymnasium auf<br />

dem Bänjerrück) waren nicht zu knacken, eventuell auch nicht das Ziel des franz.<br />

Angriffplans. Der General Traponnier hatte zwar die preußische Vorhut aus<br />

ihren Stellungen an der Vogelweh vertrieben, aber die stark befestigte Stellung<br />

des Herzog von Weimars auf der „Galgenschanze“ konnte er nicht nehmen. So<br />

war ihm der Zugang nach Lautern verwehrt und er konnte den Preußen nicht in<br />

den Rücken fallen. War es jugendliche Hektik oder Unbesonnenheit des leitenden<br />

Generals? Er wollte den planmäßigen Aufmarsch seiner Truppen nicht abwarten.<br />

Er veranlasste seine Generäle in vier Divisionen von jeweils 10.000 Mann auf die<br />

stark befestigte Stellung der Preußen (unter dem Kommando des 58jährigen<br />

Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig 340 - Lüneburg) vorzugehen.<br />

Der Herzog von Braunschweig hatte die topographischen Gegebenheiten auf der<br />

lang gestreckten Morlauterer Höhe geschickt genutzt. Im Westen, dort wo etwa<br />

der Schlachtenturm steht, war eine quadratische Befestigungsanlage (= Redoute)<br />

aus Erdwällen und Verhauen. Rechts davon waren in einer langen Kette bis zum<br />

Opel-Händler die Geschütze positioniert. Der Herzog war schon ein Fuchs. Seine<br />

Verteidigung war gut durchdacht. Am Morlauterer Friedhof und weiter östlich<br />

standen Geschütze, die Angreifern aus Erlenbach den Weg erschwerten. Den<br />

rechten Flügel bildeten seine leichten Reiter 341 . Sie biwakierten auf halber Höhe<br />

vom Gersweilerhof bis zum 2. Feldweg. Sie lagen verdeckt, für die französische<br />

Truppenführung nicht erkennbar. 342 Um die Stellung einzunehmen, wollte Hoche<br />

mit Angriff aus vier Richtungen die gepanzerte Nuss knacken, wobei er die<br />

Bedrohung durch die etwa 1.600 preußischen und sächsischen Reiter nicht sehen<br />

konnte. Denn der Herzog hielt sie hinter dem Berg!<br />

Blücher verteidigt den Norden<br />

340<br />

) Herzog v. Braunschweig * 1735 in Wolfenbüttel, † 10.11.1806 in Ottensen, Cousin Friedrich<br />

des Großen<br />

341<br />

) Dies waren 3 Schwadronen Reiter Churland, 4 Schwadronen die Dragoner des Obersten Voss,<br />

342<br />

) Daher stammt die Redewendung: „Hinterm Berg halten“<br />

233


234<br />

234<br />

Am 26. Nov. 1793 war Oberst Gerhard Leberecht von Blücher 343 bei Waldmohr<br />

auf starke franz. Kolonnen gestoßen. Seine Aufgabe war es, das Glantal zu<br />

sichern und mit den Kaiserlichen Vorposten bei Baumholder Kontakt zu halten.<br />

Die franz. Divisionen gingen vor und die preußisch-, sächsischen Reiter zogen<br />

sich hinter die Lauter zurück. Blücher besetzte die Höhen von Einöllen, Relsberg,<br />

Morbach und Schallodenbach. 29.11.1793:<br />

„Bei Schneckenhausen erreichte ich einige Höhen, von welchen ich<br />

bemerken konnte, dass eine feindliche Kolonne von Katzweiler<br />

gerade auf Morlautern im Marsche war. Ich schickte 100 Reiter rechts<br />

in den Wald und blieb mit den übrigen auf der Straße nach<br />

Kaiserslautern. Bald darauf kam der Major v. Hampesch sehr eilig<br />

entgegen gesprengt und benachrichtigte mich, dass wir dem Feinde<br />

ganz nahe wären. Ich eilte mit meiner Avantgarde vorwärts, um mich<br />

selbst zu überzeugen und fand, dass der jenseitige Teil des Waldes<br />

stark mit Infanterie besetzt war, von welcher ich gleich Feuer bekam.<br />

Ich zog mich mit den Escadrons aus dem Walde heraus und setzte<br />

mich auf die Höhen von Schneckenhausen fest. Durch den Vormarsch<br />

der Division Ambert war Blücher von der preußischen Hauptmacht<br />

abgeschnitten und konnte nicht sofort in die Schlacht bei<br />

Kaiserslautern eingreifen.<br />

Die Schlacht beginnt<br />

27. November, Hoche hatte am seine 86 schweren Geschütze geballt auf dem<br />

Mayen Berg jenseits der Lauter aufstellen lassen.<br />

28. November, Punkt 12 Uhr eröffneten sie mit ihrem großkalibrigen Kanonen<br />

die Schlacht. Aber die Preußen blieben ihnen nichts schuldig.<br />

Sie hatten eine an Kaliber schwächere, an Zahl überlegene<br />

Geschützmasse der französischen entgegen, da außer den 29<br />

Batteriestücken noch eine Anzahl von Bataillonsgeschützen mitwirkte.<br />

Zudem befand sich die Französische Artillerie auch dadurch im<br />

Nachtheil, dass sie in ziemlich enger Linie stand, während die<br />

Preußischen Geschütze, weit auseinander gezogen, zusammen wirken<br />

konnten. Beide Artillerien hatten in dem heftigen Kampfe, der bis zum<br />

Abend anhielt, nicht unerheblich Verluste. Die Preußischen Batterien<br />

allein hatten gegen 50 tote Pferde. Zu einer eigentlichen Entscheidung,<br />

einem Niederkämpfen oder auch nur Dämpfen des feindlichen Feuers<br />

kam es jedoch nicht. Das Artilleriefeuer gegen die preußische<br />

Infanterie blieb indessen wirkungslos, da die Geschosse zu hoch<br />

gingen.<br />

28.11.1793: Der Schlachtbeginn war für 14 Uhr vorgesehen. Hoche lief<br />

ungeduldig hin und her und wartete auf die Einsatzbereitschaft der Division<br />

343 ) Gerhard Leberecht von Blücher, 1742 im damals schwedischen Rostock geboren. Kämpfte<br />

in der schwedischen Armee im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen. Wurde 1760 gefangen<br />

und wurde preuß. Offizier. Wegen seiner Tapferkeit und bekannten Husarenstreiche stieg er<br />

schnell die Karriereleiter nach oben. Nahm aus Zorn 1770 seinen Abschied und trat 1787<br />

wieder in die preuß. Armee ein. Wurde 1813 Generalfeldmarschall und befehligte die<br />

Schlesische Armee. Entschied die Schlacht von Waterloo in 1815.


235<br />

Ambert, die sich aber verlaufen hatte. Der General wollte nach Gehrweiler und<br />

das liegt hinter Höringen. So waren sie durch eigenen Fehler befehlsgemäß falsch<br />

geführt worden, wie sie erst am Abend enttäuscht feststellten. . So fehlte Hoche<br />

der starke linke Flügel, der von den Husarenäckern aus auf Morlautern zustürmen<br />

sollte.<br />

Angriff aus Erlenbach heraus<br />

15.30 Uhr: Hoche konnte und wollte nicht länger warten, da es Ende November<br />

doch sehr früh dunkel wird.<br />

Er gab den Befehl zum Angriff. Dieser begann jedoch nicht<br />

gleichzeitig, sondern nacheinander an drei Stellen.<br />

Gegen 3 Uhr erschien die erste feindliche Angriffskolonne südöstlich<br />

Erlenbachs. Einige Infanterie-Bataillone, darunter ein Bataillon des<br />

Regiments Royal Deux-Ponts, vertrieben rasch einige Schützen, die<br />

das 11. Bataillon Viettinghoff beim Rückmarsch in Erlenbach<br />

zurückgelassen hatte. Sie erstiegen die Höhe gerade in der Richtung<br />

auf das Regiment Voß zu. Größere Massen begannen sich hier zu<br />

entwickeln. Die Preußische Kavallerie blieb ihrer Überlieferung aus<br />

großer Zeit getreu. Sobald der Feind auf der Höhe erschien, griff ihn<br />

das Regiment Voß in breiter Front an. Die Karabinieres (die verdeckt<br />

unter der heutigen Betonstraße in Richtung Gersweilerhof gelauert<br />

hatten) warfen sich zudem in seine linke Flanke. Die Überraschung<br />

gelang, das Entsetzen der Franzosen war groß. Die sächsischen Reiter<br />

trieben das Zweibrücker Regiment den Abhang (durch die<br />

Steinbruchstraße, Röhrbrunnen) in das Dorf Erlenbach zurück. Am<br />

Dorfrand, der vom II. Bataillon des Regiments Deux-Ponts verteidigt<br />

wurde, saßen die Karabinieres ab, räumten im feindlichen Feuer die<br />

Hindernisse weg, „richteten in einem erbitterten Handgemenge ein<br />

grenzenloses Blutbad“ an und kehrten dann, da das sumpfige Thal<br />

(zwischen dem Röhrbrunnen und der heutigen Ortsverwaltung) eine<br />

weitere Verfolgung unmöglich machte, mit der erbeuteten Fahne in<br />

Richtung ihrer alten Stellung (oberhalb des Gersweilerhofes) zurück<br />

Infanterieangriff aus dem Lautertal heraus<br />

In den frühen Nachmittagsstunden waren die 10.000 Soldaten der Division Huet<br />

von der heutigen B 270 das Ruhetal hinauf unbemerkt durch den dichten Wald<br />

gegen Morlautern geklettert. Dann brach der Hauptsturm los.<br />

15.40 Uhr: Unter persönlicher Führung der französischen Generale Hoche, Huet<br />

und Morton preschten etwa 10.000 Mann mit überraschendem Ungestüm aus den<br />

Büschen des Ruhetals hervor und stürmten todesmutig, auf breiter Linie,<br />

geradewegs gegen die Redoute und die rechts und links davon aufgestellten<br />

Bataillone los. Unterstützt vom Geschützfeuer (Mayenberg) hatten sie schutzlos<br />

ein freies Feld von 550 Metern zu überqueren. Die Preußen hatten den<br />

strategischen Vorteil der starken Verschanzung, die ein ruhiges und gezieltes<br />

Feuern erlaubte. Der blindwütige Ansturm dauerte 17 Minuten, dann brach der<br />

Angriff unter dem anhaltenden Kleingewehr und Kartätschenfeuer in sich<br />

zusammen. Nun gingen das Regiment Kalckstein, die Musketier-Bataillone von<br />

Knobelsdorff und die zwei Kompanien Braunschweig mit klingendem Spiel<br />

235


236<br />

236<br />

zum Gegenangriff über, daraufhin wichen die Franzosen in den schützenden Wald<br />

zurück. Sie mussten viele Tote und schreiende Verwundete zurücklassen.<br />

16.10 Uhr: Zu spät oder ein Entlastungsangriff? Aus Richtung des westlichen<br />

Erlenbachs kam frische französische Infanterie, aber auch die Reste des gerade<br />

geschlagenen Zweibrücker Regiments hervor und bedrohten im Sturmlauf die<br />

Redoute. Der Herzog von Braunschweig schickte Boten zur Hilfe. Die<br />

preußischen Karabiniers kamen gerade den Berg hoch aus Erlenbach. Sie<br />

sammelten sich und ruckzuck galoppierten sie zusammen mit den drei sächsischen<br />

Schwadronen Kurland in Richtung des heutigen Opelhändlers und fielen<br />

erfolgreich in die linke, ungeschützte Flanke der Franzosen. Wie damals so<br />

üblich, führten die Generäle Kalkreuth und Gersdorff selbst die Reiter an.<br />

16.30 Uhr: Drei franz. Kavallerie-Regimenter kamen ihrer bedrängten Infanterie<br />

zur Hilfe und fielen den preußischen Dragonern in den Rücken. Es entbrannte ein<br />

wilder Reiterkampf, der blutig mit Pistole und dann mit Säbel ausgetragen wurde.<br />

General von Gersdorff warf sich mit seinen Kurland Dragonern der<br />

Französischen Reiterei entgegen und drängte sie zurück, übersah aber, dass er<br />

selbst eingekesselt wurde. General von Kalkreuth kam noch rechtzeitig und haute<br />

ihn raus. Gemeinsam vertrieben sie die französische Infanterie und Kavallerie.<br />

Allmählich brach die Dunkelheit herein und beendete das grausige Abschlachten.<br />

Der Herzog von Braunschweig war über die späte Aggressivität Hoches<br />

überrascht und gewarnt. Deshalb blieben alle Soldaten nachts unter dem Gewehr.<br />

18.30 Uhr: General Rosboth marschierte von Lauterecken in Richtung<br />

Morlautern. Durch den Angriff Hoches wurden er und Blücher vom Herzog<br />

getrennt. Sie biwakiert deshalb zwangsläufig nördlich von Schneckenhausen.<br />

Um einen Boten zu schicken, war es zu spät und durch den Wald viel zu<br />

gefährlich. Rosboth ließ das verabredete Kanonenzeichen von 8 Schüssen<br />

abgeben. Dadurch erfuhr der Herzog, wo Rosboth steckte und konnte beide in<br />

seine Planungen einbauen.<br />

Abends, nachts bereiteten die Gegner den Kampf des nächsten Tages vor, wobei<br />

die preußischen Alliierten in der glücklicheren Lage waren. Ihre Soldaten waren<br />

schnell versorgt und mit frischer Munition ausreichend eingedeckt. Die<br />

französischen Soldaten hatten es jedoch sehr viel schwieriger, denn es scheint bei<br />

ihnen ein logistisches Desaster geherrscht zu haben. Dass die Truppenführer<br />

schnell den Kampf suchten, ohne auf die notwendige Versorgung zu achten,<br />

musste sich bitterlich rächen, zumal der Dauerregen die Wege für die schweren<br />

Versorgungswagen fast unpassierbar gemacht hatte. In der Nacht ließ Hoche auf<br />

dem Osterberg noch 22 schwere Geschütze in Position bringen. Er nahm noch<br />

einige Truppenverschiebungen vor. Er gruppierte die Brigade Paillard vom<br />

linken auf den rechten Flügel um, als Verstärkung für die Division Huets und<br />

die Brigade Simon sollte vom Reichenbacher Hof auf Otterberg zumarschieren.<br />

Zweiter Tag<br />

Die Soldaten Amberts waren viele Stunden ununterbrochen auf den Beinen<br />

gewesen, bevor sie sich gerademal für zwei bis drei Stunden niederlegen konnten.<br />

Dann erreichte sie nachts um 2 Uhr der Befehl, nach Otterberg zu marschieren.<br />

Kurz nach Tagesanbruch kamen sie dort an. Am besten waren die Soldaten Huets<br />

dran, die sich nur wenige Kilometer hinunter ins Ruhetal zurückgezogen hatten.


237<br />

Am nächsten Morgen überschritt General Dubois mit seiner Division bei<br />

Sambach wieder die Lauter. Er marschierte durch den Lauerhof nach<br />

Otterberg, um von dort aus die preußischen Truppen unter dem Oberst Szekuly<br />

mit leichtem Geschütz zu beschießen. Am zweiten Schlachttag nahmen etwa<br />

20.000 franz. Soldaten teil. Ihnen standen auf der Hochfläche von Morlautern<br />

7.500 preußische und sächsische Truppen gegenüber. Trotz der zahlenmäßigen<br />

Übermacht gab es keine Entscheidung zu Gunsten der Franzosen, obwohl sie<br />

gegenüber dem Vortag ihre strategischen Positionen etwas verbessert hatten.<br />

Am 30. November (3. Schlachttag) fiel die Entscheidung. Hoche versuchte durch<br />

einen Zangengriff seiner Truppen die starke Stellung der Preußen und Sachsen zu<br />

nehmen. Die Truppen Huets kamen wieder aus dem schützenden Wald des<br />

Ruhetals hervor. „Es entwickelte sich sehr lebhaftes Infanteriefeuer“, aber der<br />

Angriff wurde blutig abgeschlagen.<br />

Auf den Husarenäckern:<br />

Der erste Angriff war wieder gegen den rechten Flügel der Preußen gerichtet. Der<br />

damalige Generalleutnant (Generalstabsoffizier) Amberts, Molitor, der spätere<br />

Marschall, ging mit vier Bataillonen über Erlenbach und über den Buchberg<br />

gegen den Bornberg vor. Schon zur Deckung des Marsches Paillards ist<br />

wahrscheinlich der Buchberg frühzeitig besetzt worden und es ist wohl möglich,<br />

dass Molitor hier einige Vorpostentrupps zurückgedrängt hat. Nach<br />

Französischen Angaben hat Molitor beim Vorgehen einigen Widerstand<br />

gefunden. Von preußischer Seite sind darüber keine Angaben darüber Akten<br />

kundig.<br />

Kurz nach Tagesanbruch glaubte der Herzog von Braunschweig, welcher soeben<br />

auf dem rechten Flügel bei dem Grenadier-Bataillon Rohdich eingetroffen war,<br />

zu bemerken, dass der Bornberg vom Feinde besetzt sei. Er ritt mit dem Obersten<br />

von Schlieden und dem Kapitän von Wussow vor, um sich hiervon zu<br />

überzeugen und befahl hierauf den beiden Sächsischen Bataillonen, Kurfürst und<br />

Anton, welche im zweiten Treffen auf dem rechten Flügel standen, die Höhe, es<br />

koste, was es wolle zu nehmen. Das Bataillon Rohdich sollte gleichzeitig auf<br />

Erlenbach vorgehen, einige Schwadronen der Regimenter Kurland, Karabiniers<br />

und Voß sollten die rechte Flanke decken.<br />

General von Kalkreuth leitete den Angriff persönlich. Das Bataillon Kurfürst<br />

ging in erster Linie vor, das Bataillon Anton folgte als rechte Staffel<br />

Die Franzosen leisteten auf dem Bornberg hartnäckigen Widerstand. Das in der<br />

Front angreifende Bataillon Kurfürst verschoss sich beinahe gänzlich. Dem<br />

Bataillons-Kommandeur, Obersten von Stammer wurde das Pferd unter dem<br />

Leibe erschossen. Er selbst und sein Adjutant wurden verwundet. Schließlich als<br />

sich die Einwirkung des Bataillons Anton geltend machte und auch Erlenbach<br />

vom Bataillon Rohdich besetzt war, wurde die Höhe genommen. Molitor nahm<br />

nochmals auf dem Buchberg Stellung. Ohne weitere Verstärkung abzuwarten,<br />

setzten die Sächsischen Bataillone den Angriff fort und nahmen auch diese Höhe.<br />

General von Kalkreuth wurde hierbei verwundet. Die Sächsische Militärkapelle<br />

(Tambours gingen links in Richtung Erlenbach und schlugen den Preußischen<br />

Grenadiermarsch.<br />

Die Sachsen drangen dem zurückgehenden Feinde bis an den Rand des Otterbach-<br />

Tales nach. Auf dem Buchberg stellten sie einige Sächsische Geschütze und eine<br />

237


238<br />

238<br />

preuß. Bataillonskanone auf, die von dort die große franz. Batterie in die Flanke<br />

nehmen konnten.<br />

Die Sachsen und Preußen hatten den Franzosen den linken Flügel gestutzt. Nun<br />

war die Verbindung zu Blücher und Rosboth frei. Der Austausch an<br />

Informationen, Mensch und Material konnte beginnen.<br />

Den Franzosen geht die Munition aus<br />

Gegen 11 Uhr machte sich bei der Französischen Artillerie der Mangel an<br />

Munition fühlbar, und nun begann ein offenbares Übergewicht der preußischen<br />

Artillerie. Der französische Oberbefehlshaber war außer sich. Er sah sich genötigt,<br />

den Rückzug zu befehlen. Der Herzog bemerkte das schwächer werdende<br />

feindliche Artilleriefeuer. Der Feind trat den Rückzug an. Der Herzog nutzte die<br />

Gunst der Stunde und ging er zum Angriff über. Er ließ die Schützen der<br />

Infanterie heraustreten und warf mit ihnen die vor der ganzen feindlichen Front<br />

ausgeschwärmten leichten Truppen in die Schlacht. Hinter den Schützen traten die<br />

Infanterie Bataillone an. Von allen Seiten brach nun die Kavallerie zur<br />

Verfolgung vor.<br />

Blücher greift an<br />

Blücher ritt mit seinen Husaren von Schneckenhausen in Richtung Sambach.<br />

„Er fasste den Entschluss, durch den Wald zwischen Schneckenhausen und<br />

Otterbach zu dringen, teils um den Feind zu beunruhigen, teils auch um ihn zu<br />

nötigen, mit Artillerie auf mich zu feuern, damit der Herzog dadurch erführe, wie<br />

nahe ich ihm sei“. „zu der Zeit, als bei Morlautern die Entscheidung eintrat, war<br />

Blücher beim Lauerhof von der Brigade Simon mit Artilleriefeuer begrüßt<br />

worden. Doch um 11 Uhr ging den Franzosen die Munition aus und der Herzog<br />

befahl den Gegenangriff. Blücher erhielt zusätzlich zwei Eskadrons des<br />

Leibregiments und griff die zurückflutende Infanterie bei Sambach an, die im<br />

Begriffe war, die Brücke zu überqueren. Der französische Befehlshaber behielt<br />

klaren Kopf und ließ Truppen in Viererreihen (4 Mann en linie) in Stellung<br />

gehen, um den Reiterangriff abzuwehren. Die Franzosen fielen auf die Finte der<br />

fliehenden Reiter rein und verfolgten die abreitenden Husaren. In diesem Moment<br />

fielen die Reiter des Leibregiments in die feindliche Flanke. „Diesen Augenblick<br />

nutzte ich; ich rief meinen Leuten zu „kehrt euch um“ und sie, voll Zutrauens,<br />

befolgten sogleich meinen Befehl Ich stürzte mich mit ihnen in unsere außer<br />

Fassung gebrachten Gegner und diese wurden nun völlig über den Haufen<br />

geworfen. Der Feind wurde mit ansehnlichem Verlust durch Sambach durch und<br />

bis über die Lauter gejagt. Jetzt erhob der Feind eine äußerst heftige Kanonade,<br />

die er bisher hätte anwenden können, weil ich noch mit dessen Kavallerie im<br />

Handgemenge war. Ich zog mich bis auf eine Kanonenweite zurück. Überhaupt<br />

war der Verlust auf unserer Seite sehr gering. Der brave Oberstleutnant von<br />

Esebeck (vom Ingweilerhof) bekam eine leichte Kopfwunde.<br />

Blücher schreibt in seinem Tagebuch:<br />

„Ich kann behaupten, dass ich fast nie einem verwickelteren Gefechte<br />

beigewohnt habe, als dieses war. Umso mehr freute ich mich, dass es so<br />

glänzend zu unserem Vorteil ausschlug. Einer unserer Offiziere, der<br />

Leutnant von Katzler riss mich durch seine Warnung aus der<br />

augenblicklichsten Gefahr. Es befand sich nämlich ein feindlicher<br />

Offizier in dem Hohlweg am Lauerhof mit der gespannten Pistole hinter


239<br />

mir. Leutnant von Katzler rief mir zu und mein gutes Pferd sprang mit<br />

wenigen Sätzen aus der Gefahrenzone. Mein Verfolger fand selbst den<br />

Tod.“<br />

„Der Feind erlitt auf dem Rückzug nicht unerhebliche Verluste, seine in<br />

Unordnung geratene Kolonne vermischte sich am Lampertsmühlen- Hofe<br />

mit einer zweiten, welche aus dem Otterbachtal zurückkam. Die<br />

Französische Kavallerie machte der abziehenden Infanterie durch einen<br />

glücklichen Vorstoß Luft“. „Wenn nach den preuß. Berichten auch bei<br />

dem Zusammenströmen eine ziemliche Unordnung entstanden ist und<br />

viele Franzosen in die Lauter springen mussten, so ist der Rückzug im<br />

Ganzen doch mit Geschick und Ruhe ausgeführt worden. Der später<br />

berühmt gewordenen Blücher schrieb: „mit mehr Ordnung, als ich ich<br />

(mir) jemals gedacht hätte“ (S. 362 ff, die Schlacht bei Kaiserslautern,<br />

heraus., vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte,<br />

Ernst Siegried Mittler und Sohn, Berlin 1893). Der Verlust an Menschen<br />

und Material war für beide Seiten groß. Die Preußen und Sachsen hatten<br />

etwa 900 und die Franzosen 2.300 Gefallene zu beklagen, die teilweise in<br />

Massengräbern auch in der Nähe des Morlauterer Schlachtenturms<br />

beerdigt wurden. Auch Einzelschicksale sind bekannt. Am 1. Dezember<br />

starb Hauptmann Steinsdorf an einer Wunde, die er sich in der Schlacht<br />

„bey dem hiesigen Galgenberge empfangen hatte“. Und wurde am 2ten<br />

Dec von Insp. Pauli mit einer Standrede beerdigt“ Hauptmann<br />

Steinsdorf gehörte übrigens dem preußischen Regiment Viettinghoff<br />

an. (Eugen Reis, Kaiserslautern im 18. Jahrhundert, Band 2, S. 1049)<br />

Erlenbach und die Verwundeten<br />

Es ist nicht überliefert, wie sich der dreitägige Kampf auf Erlenbach und seine<br />

Bewohner ausgewirkt hatte. Die Otterberger Kirchenbücher weisen große Lücken<br />

auf Die Erlenbacher waren einfache Leute, aber nicht dumm. Als die<br />

französischen Truppen sich näherten, packten sie ihre Habseligkeiten und flohen<br />

mit dem Vieh in den Wald nach Baalborn und Sembach. Sicherlich hatten sich<br />

indes die französischen Offiziere des Königlich Zweibrücker Regiments in<br />

ihren Häusern gemütlich gemacht und sich die frei laufenden Hühner köstlich<br />

zubereiten lassen<br />

Die gewitzten Höferer brachten wohl auch ihr Vieh und Saatgut vor den Preußen<br />

in Sicherheit. Ihr Weg führte wohl den Schallbrunnen in eine ungewisse<br />

Sicherheit, während die preußischen und sächsischen Offiziere der Bataillone<br />

Churland, Carabinieres und Viettinghoff in ihren Betten schliefen.<br />

Der blutige Kampf in, um und durch Erlenbach hatte schreckliche Opfer. Der<br />

preußische Kriegsbericht zählt eigentlich nur die Opfer auf. 2.000 tote Franzosen<br />

und 800 eigene Leute Der Leser erhält dadurch innerlichen Abstand zum<br />

eigentlichen schrecklichen Geschehen. Am besten waren wohl die Gefallenen<br />

dran, die von einer Kugel getroffen wurden und den Sekundentod fanden. Was<br />

war aber mit den Blessierten, denen ein Arm abgehackt war oder denen durch<br />

239


240<br />

240<br />

Artillerie- Beschuss 344 ein Bein abgerissen wurde? Die Schlacht war ein<br />

unerbittliches Abschlachten. Heroisch für die unverwundeten Sieger, die<br />

triumphierten und jubelten. Aber die grässlich Verletzten, die schreiend von<br />

grauenhaften Schmerzen gequält, unversorgt herumzuckten. Es war wohl eine<br />

Gnade, wenn abends die Sieger den Schlachtplatz abgingen und den<br />

Hoffnungslosen den Todesstoß oder den Gnadenschuss gaben.<br />

Was man so alles fand<br />

Herr Burghard-Fallot fand diese beiden Goldmünzen auf seinem Grundstück im<br />

Welchental Der vermutliche Verlierer war wohl ein franz. Revolutionssoldat.<br />

Seine königliche Ablehnung machte aber nicht vor den königlichen Goldmünzen<br />

von 1786 und 1787 halt<br />

Sehr viel interessanter als die Goldmünzen ist diese Kupfermünze, die Frau<br />

Deubel in ihrem Garten im Nauwald fand. Ludwig XVI wird 1793 als König der<br />

344 ) Die leichten Kanonen verschossen Eisenkugeln mit einem Gewicht von 400 – 840 Gramm.<br />

Bei der hohen Abschuss- Geschwindigkeit waren sie absolut tödlich. Diese Kugeln wurden auf<br />

dem Schlachtfeld gefunden.


241<br />

Franzosen angesehen. Diese Münze wurde von Thomas Brenner, Kaiserslautern,<br />

Ochsenberg 33 fotographiert.<br />

Schlacht gewonnen, Krieg doch verloren<br />

Der franz. Kriegsminister Carnot hielt trotz des Dilemmas seine schützende<br />

Hand über den geschlagenen General Lazare Hoche. „Eine Niederlage sei kein<br />

Verbrechen“, so Carnot. Er erkannte das große strategische Genie Hoches, der<br />

noch 7 große Schlachten für Frankreich gewinnen sollte. Hoche erhielt zur<br />

weiteren Unterstützung 10.000 Mann von der Ardennen Armee und ging dann mit<br />

der Rhein-Armee gegen den Herzog von Braunschweig vor, um die belagerte<br />

franz. Festung Landau aus der Umklammerung zu befreien. Hoche bewies nun in<br />

den nächsten Wochen großes strategisches Geschick, so dass sich die preußisch/<br />

sächsischen Truppen hinter den Rhein zurückzogen und das linksrheinische<br />

Gebiet den Franzosen überließen. Am 28. Dez. 1793 zog Hoche in Landau ein!<br />

Im Jahr 1797 übernahm er den Befehl über die 80.000 Mann starke Maas- und<br />

Sambre-Armee, eröffnete den Feldzug mit dem kühnen Rhein Übergang bei<br />

Neuwied, schlug die Österreicher in drei Schlachten und 5 Gefechten. Lazare<br />

Hoche starb am 18. September 1797 in Wetzlar an einer Unterleibskrankheit im<br />

Alter von 29 Jahren.<br />

Lazare Hoche eroberte für Frankreich das linksrheinische Gebiet. Die Pfalz war<br />

somit zuerst fremdes, besetztes Gebiet, das es auszuplündern oder wie es damals<br />

hieß, auszuleeren galt. Ein besonderes negatives Beispiel für sinnlose<br />

241


242<br />

242<br />

Kriegsverbrechen ist das Niederbrennen der heutigen Kreisstadt Kusel 345 am 26.<br />

Juli 1794. Morgens um 10 Uhr erschienen franz Freiwillige, die sich friedvoll und<br />

unauffällig verhielten, aber ein eingespieltes Team im Abfackeln von Städten,<br />

auch in Frankreich, waren. Dann ritten 200 Reiter in die Stadt und der<br />

kommandierende Offizier forderte die Bevölkerung auf, innerhalb von 30<br />

Minuten die Stadt zu verlassen, denn sie würde abgebrannt werden. Der<br />

Polizeidiener rannte mit seiner Schelle durch die Kleinstadt und verkündete den<br />

Kuselern das kommende Unheil Die „Freiwilligen“ trugen Heu und Stroh in die<br />

Häuser und innerhalb weniger Minuten brannte ganz Kusel. Das in den Ställen<br />

346<br />

angebundene Vieh verbrannte jämmerlich. Alle verloren ihre Existenz. Die<br />

Ziele der Franz. Revolution „Krieg den Palästen, Friede den Hütten, Befreiung<br />

aller Unterdrückten“ wurden menschenverachtend verraten.<br />

7.4. Plünderungen & Kämpfe in 1794<br />

Der Sieg war zwar da, nur nicht vollkommen. Der einsetzende Schnee- und<br />

Schneeregen ließen einen frostigen Winter erwarten. Nach alter Tradition suchte<br />

der preußische Oberbefehlshaber ein sicheres Winterquartier, um seinen Truppen<br />

Regeneration zu gewähren, anstatt den Gegner demütigend zu schlagen. Blücher<br />

hatte es dem Herzog zwar vorgemacht und mit überraschenden Angriffen die sich<br />

zurückziehenden franz. Truppen stark verwirrt. Aber auf Grund des Befehls<br />

zogen sich die Preußen und Sachsen weg vom Gebirge in die Vorderpfalz zurück.<br />

Durch diese traditionelle, aber falsche Passivität vergab der preuß. Heerführer die<br />

Chance, den geschwächten Gegner entscheidend zu vertreiben. Dieser Fehler<br />

rächte sich bitterlich. denn Hoche zog sich nicht nach Frankreich zurück, sondern<br />

vereinigte seine Truppen mit weiteren 50.000 Mann, die ihm das Pariser<br />

Direktorium zur Verfügung gestellt hatte. Zusammen standen nun 90.000 Mann<br />

unter seinem Kommando. Allein war er nun viel zu stark für die Preußen oder<br />

Österreicher. Zusammen hätten sie es geschafft, aber Wurmser lehnte ab. Er<br />

wollte den Sieg, den Ruhm für sich allein.<br />

Hoche zog über Pirmasens auf die Festung Landau zu, um sie aus der<br />

Umklammerung österreichischer Truppen zu befreien. Hoche schlug zudem am<br />

26. Dezember 1793 vernichtend die österreichischen Truppen. Arrogant wie<br />

Wurmser war, hatte er Hilfsbitten an den preuß. Sächsischen Truppenführer<br />

unterlassen. (Näheres siehe im Anhang)<br />

Der Herzog von Braunschweig hatte nicht nur Hoche als Gegner. Was ihn<br />

eigentlich zermürbte, war das miserable Verhältnis zum „verbündeten“<br />

österreichischen kommandieren General Wurmser, der seine Aktionen nicht mit<br />

dem Herzog abstimmte, sondern im Gegenteil auch noch kontraproduktive<br />

Entscheidungen fällte. Nach der desaströsen Niederlage Wurmsers reichte der<br />

345 ) eine äußerst ausführliche & phantasievolle Beschreibung von Ernst Schworm, Die<br />

Niederbrennung der Stadt Kusel in Pfälzische Geschichte, Band 1, Kaiserslautern 2002, Seite<br />

359 ff.<br />

346 ) Ernst Schworm, der Brand von Kusel im Jahre 1794, Westricher Kalender 1994, S. 66 ff.


243<br />

Herzog von Braunschweig resignierend seinen Rücktritt ein. Der Preußische<br />

König ersetzte ihn durch den alten Feldmarschall von Möllendorf<br />

Die preuß, sächsische Truppen zogen sich ins Winterquartier an den schützenden<br />

Rhein zwischen Bingen, Mainz und Oppenheim zurück. Dadurch überließen sie<br />

weite Teile der Pfalz den französischen Truppen, die sich hemmungslos aus dem<br />

bereits ausgebeuteten Land heraus ernährten. Eigens ausgebildete französische<br />

Plünderungsspezialisten durchkämmten rücksichtslos auch die abgelegensten<br />

Dörfer, Haus für Haus. Nichts entging ihnen. Sie rissen die Holzfußböden raus,<br />

zertrümmerten Türen und Schränke auf der Suche nach Verborgenem. Alle<br />

Speicher, Keller und Ställe ließen sie entleeren. Den Bauern blieben nur die<br />

Augen, damit sie ihr Elend beweinen konnten. Dieser schreckliche Winter<br />

1793/1794 ging als Plünderwinter in die pfälzische Geschichte ein. Zum Spott<br />

schlachteten die Entleerer gelegentlich die geliebte Kuh direkt vor den weinenden<br />

Augen der Bauernfamilie. So schafft man kein Vertrauen, so gewinnt man keine<br />

Freunde.<br />

19. April: Krieg kostete heute wie damals viel Geld. Preußen und Sachsen<br />

wollten und konnten den Krieg allein nicht mehr tragen. Es ging um<br />

Grundsätzliches. Republik oder Monarchie. Auf diplomatischen Wegen hielten<br />

Preußen und Sachsen bei der englischen und holländischen Krone die Hand auf,<br />

um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Erst durch den Vertrag von Den Haag<br />

vom 19.4.1794 verpflichteten sich die Niederlande und das Vereinigte Königreich<br />

monatlich 50.000 £ an Preußen und Sachsen zu zahlen. Nun endlich fand sich<br />

Preußen bereit, den Krieg weiter zu führen. So unterschiedlich die Partner waren,<br />

so verschieden waren auch die Kriegsziele. Die Holländer plädierten natürlich für<br />

den nördlichen Flankenangriff mit Marsch auf Paris, um die latente militärische<br />

Bedrohung von sich abzuwenden.<br />

16. Mai: Das preußische Kriegskabinett traf sich in Mainz. Mehrere Minister und<br />

Generäle diskutierten die strategischen Möglichkeiten. Aus dem großen Plan<br />

entstand eine kleinmütige Entscheidung. Es ging nicht nach Paris, der<br />

Hauptschlag sollte gegen die Truppen des Generals Ambert geführt werden, der<br />

sich auf dem Höhenrücken (Ochsenberg, Schafsberg) zwischen dem<br />

Gersweilerhof und Erlenbach Position bezogen hatte.<br />

Ambert hatte 8 Bataillone Infanterie und 6 Reiterstaffeln zur Verfügung 347 .Der<br />

preußische Feind konnte nur aus Nord- Nordost kommen. Deshalb gruppierte er<br />

seine Verteidigungskräfte sinnvollerweise rundum auf den Höhen um<br />

Kaiserslautern herum. Die französische Karte zeigt zwischen den Husarenäckern<br />

und dem Schlachtenturm 3 mal 4 Infanterieeinheiten und südlich unter der<br />

Betonstraße (oberhalb des Gersweilerhofes) versetzt davon 3 mal 4<br />

Reitergruppen. Anscheinend hatten die Truppenführer vor dem Wald schützende<br />

Verhaue anlegen lassen, um vor plötzlichen Überraschungen gefeit zu sein. Er<br />

hatte die Strategie des Herzogs von Braunschweig kopiert und sich in dessen<br />

Verteidigungsanlagen bequem gemacht. Allerdings hatte er von der Vogelweh bis<br />

nach Hochspeyer und von Erlenbach bis zum Lämmchesberg seine 10.000<br />

Soldaten aufgestellt. Geschlossen wären sie eine respektable Macht gewesen, aber<br />

so zersplittert hatte Ambert keine Chance. Die Preußen vernichteten seine<br />

Truppenteile, einen nach dem anderen.<br />

347 ) Franz. Karte von 1794<br />

243


244<br />

244<br />

Der auf der nächsten Seite eingescannte Kartenausschnitt ist Teil einer franz.<br />

Militärkarte, die die Truppenverteilung am 23. Mai 1794 zwischen 8 und 9 Uhr<br />

zeigt. Der Maßstab ist 1: 40.000. Der Maßstab ist sowohl in Meter als auch in<br />

franz. Klaftern ausgedrückt. 1794 gab es in Erlenbach genau 34 Häuser.<br />

Die Division des Generals Ambert bestand aus 8 Bataillonen und 6<br />

Reitergeschwadern, die die Höhen von Hochspeyer und Fischbach<br />

genauso besetzt hatten wie den Kaiserberg im Norden Kaiserslautern<br />

und den Bergrücken von von Otterbach bis nach Erlenbach. An diesem<br />

Tag hatten sie ebenso das breite Tal bei Erfenbach, aber auch die<br />

Kreuzung an der Vogelweh in ihrer Hand. Dadurch kontrollierten sie die<br />

Straßen von Homburg und Kusel. Der General Möllendorf hatte alle<br />

seine Truppenteile in Marsch gesetzt, die aus den Richtungen Göllheim/<br />

Winnweiler, von Ramstein, aber auch von Schallodenbach auf<br />

Kaiserslautern zumarschierten. 348 .<br />

348 La Division du Général Ambert, composée de 8 batillons et de 6 escadrons occupe les hauteurs de<br />

Hochspeyer et Fischbach, le Plateau du Kaysersberg au Nord de Kaiserslautern, celui de Morlautern,<br />

les hauteurs de Erlenbach et Otterbach, ainsi que le débouché d´Erfenbach, deplus une position<br />

couverte d´un grand abbatis près de la ferme de Vogel Weeh, vers la jonction des routes de Homburg<br />

et Landstuhl et celle de Cusel per Ramstein. Le Général Mollendorf avait toutes ses colonnes en<br />

mouvement sur les chemins de Ramstein, Schallodenbach, Winnweiler et Göllheim, de manière à<br />

pouvoir déboucher à la même heure sur les positions de la Divison de Général Ambert


245<br />

Möllendorf verlegte sein Hauptquartier nach Kirchheimbolanden. Der Vormarsch<br />

geschah in vier Kolonnen<br />

1794, 23.Mai Der Angriff auf Ambert<br />

General Kalkreuth ritt mit seiner Kavallerie dem Glantal entlang. Über Kusel<br />

und Ramstein bewegte er sich schnell auf Kaiserslautern zu. Sein Oberst<br />

245


246<br />

246<br />

Romberg nahm morgens sehr früh die französischen Stellungen an der Vogelweh<br />

ein.<br />

General Knobelsdorff kam mit seinen Husaren durch die Nordpfalz. Er hatte<br />

seine Truppen geteilt. Teile ritten durch das Odenbachtal, andere bogen in<br />

Lauterecken in das Lautertal und bewegten sich so auf Kaiserslautern zu. Die<br />

letzte Nacht hatten seine Truppen vor Katzweiler kampiert. Ausgeruht<br />

marschierten sie auf Morlautern zu. In Otterbach schlugen sie die franz.<br />

Verteidiger. Als Ortskundiger teilte Knobelsdorff seine Truppen. Eine starke<br />

Truppe ging über den Osterberg, eine zweite den bekannten Weg durch das<br />

Ruhethal vor. Die dritte Kolonne ritt auf die Galappmühle zu, ohne auf allzu<br />

großen Widerstand zu stoßen. .<br />

Der Herzog von Württemberg war mit seinen Dragonern über Winnweiler,<br />

Heiligenmoschel, Schallodenbach, Otterberg nach KL unterwegs. Laut franz.<br />

Quellen standen die Revolutionstruppen noch um 9 Uhr morgens auf dem<br />

Bergrücken. Die Württemberger bewegten sich über die Gemarkung Erlenbach,<br />

über den Buchberg, Husarenäcker auf KL zu. Angesichts der überlegenen<br />

gegnerischen Truppen und wegen der drohenden Gefahr eingekesselt zu werden,<br />

zog Ambert seine Truppen durch Kaiserslautern in seine durch Verhaue<br />

geschützten Stellungen auf der Galgenschanze und dem Lämmchesberg zurück.<br />

Gegen 10 Uhr morgens vereinigten Knobelsdorff und Württemberg ihre Kräfte<br />

und ritten durch den Hagelgrund („Tal des Hagelbachs“) nach KL Diesmal<br />

machten die Preußen keine halbe Sachen. Vereint gingen die Truppen<br />

Kalkreuths, Knobelsdorff und des Herzogs gegen die verschanzten Franzosen<br />

vor. Nach einer kurzen wirkungsvollen Kanonade stürmten die Preußen auf die<br />

Befestigungswerke los. Mit aufgepflanzten Bajonetten und Säbeln tobte der<br />

blutige Kampf hin und her. Es dauerte vier Stunden, bis die Preußen endlich die<br />

franz. Stellungen eingenommen hatten. Den franz. Überlebenden blieb diesmal<br />

nur die Flucht über Trippstadt nach Pirmasens. Übrigens machten die Preußen<br />

1.300 Kriegsgefangene, die vorübergehend in den Kirchen Lauterns eingesperrt<br />

wurden.<br />

Die Französischen Truppen zogen sich über Trippstadt auf die Linie Pirmasens<br />

Landau zurück. Dort gruben sich einerseits die Franzosen, andererseits die<br />

Preußen in sichere Stellungen ein. Nun war Stellungskrieg angesagt. Die Pariser<br />

Revolutionsregierung gab aber den Befehl heraus, das linksrheinische Gebiet zu<br />

erobern.<br />

17. Juni. Der Oberkommandierende der Rheinarmee General Michaud hielt in<br />

Landau eine Kommandeur-Besprechung ab, an der die Generäle Moreaux,<br />

Ambert, St. Cyr und Dessai teilnahmen. Anwesend war das<br />

Direktoriumsmitglied Hertz, der die Forderungen seiner Regierung unterstrich.<br />

Das Ziel war klar, aber nur wie erreichen? Der Vorschlag des jüngsten Generals<br />

St. Cyr wurde angenommen. Es war einsichtig, einen schweren Keil zwischen die<br />

Österreicher und Preußen zu treiben. Die Vorbereitungszeit waren 14 Tage. Die<br />

Truppen, das Material mussten bereitgestellt werden. Der konzertierte Angriff<br />

begann am<br />

2. Juli. Angriffsziel waren die preußischen Stellungen um Edenkoben. Der Druck<br />

sollte so stark sein, dass die preuß. Generäle Truppen aus dem Gebirge abziehen<br />

mussten. Durch die geschickten Schachzüge Blüchers misslang der erste Versuch.


247<br />

12. und 13. Juli Die französischen Truppen griffen mit aller Macht die<br />

preußischen Stellungen zwischen dem Eschkopf und Leimen bei Johanniskreuz,<br />

an. Und diesmal gelang der Durchbruch. Die preußischen Truppen zogen sich<br />

über, Kaiserslautern, Erlenbach, Otterberg nach Kirchheimbolanden zurück. Die<br />

West- und Nordwestpfalz war nun schutzlos der beginnenden der franz. Willkür<br />

ausgesetzt.<br />

26. Juli; Ein besonderes negatives Beispiel für sinnlose Kriegsverbrechen war das<br />

Niederbrennen der heutigen Kreisstadt Kusel 349 an jenem Tag. Morgens um 10<br />

Uhr erschienen französische „Freiwillige“, die sich friedvoll und unauffällig<br />

verhielten, aber ein eingespieltes Team im Abfackeln von Städten, auch in<br />

Frankreich, waren. Dann ritten 200 Reiter in die Stadt und der kommandierende<br />

Offizier forderte die Bevölkerung auf, innerhalb von 30 Minuten die Stadt zu<br />

verlassen, denn sie würde abgebrannt werden. Der Polizeidiener rannte mit seiner<br />

Schelle durch die Kleinstadt und verkündete den Kuselern das kommende Unheil<br />

Die „Freiwilligen“ trugen Heu und Stroh in die Häuser und innerhalb weniger<br />

Minuten brannte ganz Kusel Das in den Ställen angebundene Vieh verbrannte<br />

jämmerlich. Alle verloren ihre Existenz.<br />

350 Die Ziele der Franz. Revolution „Krieg<br />

den Palästen, Friede den Hütten, Befreiung aller Unterdrückten“ wurden<br />

menschenverachtend verraten.<br />

7.5. Die letzten Gefechte in 1794<br />

Am 17. September löste der Erbprinz von Hohnlohe den K & K General von<br />

Wantersleben ab und gleich kam wieder Schwung in die preußischen Aktionen.<br />

Der Erbprinz sammelte seine Truppen bei Göllheim. Blücher war inzwischen<br />

zum Generalleutnant geworden. Ihm unterstanden preuß, österreichische und<br />

Kurpfälzische Reiter. Sein Auftrag war es, Wattenheim & Leistadt zu befreien<br />

und dann auf Lautern zuzureiten. Dies gelang problemlos.<br />

18. September: General von Voß hatte den Schorleberg bei Alsenborn wieder<br />

in preuß. Hände zu bekommen und General von Wolfrath sollte sich um<br />

Sembach kümmern. Wer von uns kennt nicht die Landschaft zwischen Sembach<br />

und Enkenbach. Es ist ein leicht welliges Plateau, ein ideales Reitgelände.<br />

Voß und Wolfraths hatten aber die leichten Reiter des franz. Generals Meunier<br />

nicht auf ihrer Rechnung, die einerseits durch die Talsenke von der Eselsfürth aus,<br />

andererseits von den Husarenäckern, am Gersweilerkopf vorbei, durch den<br />

späteren Truppenübungsplatz plötzlich den Preußen in die Quere kamen. Ein<br />

Glück, dass Blücher seine vorderpfälzischen Aufgaben so schnell gelöst hatte und<br />

wie als Blitz aus heiterem Himmel erschien. Er kippte nochmals den franz. Sieg.<br />

In mehreren Gefechten schlugen seine Reiter drei franz. Kavallerie Bataillone.<br />

Das heftigste Gefecht lieferte sich Blücher am Fröhnerhof. Die Franzosen<br />

flüchteten in Richtung Westen, durch den Wald auf Morlautern zu. Die Angst saß<br />

ihnen im Nacken. Blücher gönnte sich und seinem Gegner keine Pause. Blücher<br />

jagte sie weiter vor sich her.<br />

349 ) ausführliche Beschreibung von Ernst Schworm, Die Niederbrennung der Stadt Kusel in<br />

Pfälzische Geschichte, Band 1, Kaiserslautern 2002, Seite 359 ff.<br />

350 ) Ernst Schworm, der Brand von Kusel im Jahre 1794, Westricher Kalender 1994, S. 66 ff.<br />

247


248<br />

248<br />

20. September: Der Erbprinz hatte inzwischen die Brigade Sibaud nach einem<br />

kurzen Kampf aus Fischbach vertrieben. Nun war auch sein Weg nach<br />

Kaiserslautern frei. Kurz vor Lautern bekam sein Dragoner-Regiment nochmals<br />

Ärger. Am Hölzengraben sahen die Franzosen noch eine kleine Chance, den<br />

preuß. Vormarsch zu stoppen, aber vergebens. Der franz. General Gavrois hatte<br />

mit wenigen 100 Mann den Kaiserberg besetzt. Jetzt sah er für sich und seine<br />

Truppen keine Chance mehr und sie räumten Kaiserslautern kampflos in Richtung<br />

Hohenecken. Am Dorfrand Hoheneckens kam es zu einem erbitterten Reiterduell<br />

zwischen Blücher und den Schutz suchenden franz. Reitern. Nun kam das<br />

unerwartete Wunder für die französischen Heerführer und Soldaten.<br />

Der preußische Oberbefehlshaber Möllendorff war inzwischen 70 Jahre alt. Er<br />

war durch und durch Preuße und kein Rheinhesse oder Pfälzer. Am Liebsten wäre<br />

er gleich heimgeritten. Der ganze Stress und Ärger hier wuchsen ihm über den<br />

Kopf. Er tat sich überaus schwer, die Situationen schnell zu erfassen und die<br />

richtigen Entschlüsse zu fassen. Inmitten seines bedächtigen Vormarsches auf<br />

Trier zu, erhielt er die schlimme Nachricht, die Österreicher hätten aus den<br />

Niederlanden heraus den Rückzug angetreten. So kam er auf die Schnapsidee in<br />

Geheimverhandlungen einen Waffenstillstand auszuhandeln. Ende Juli hatte er<br />

den Kreuznacher Rentner G. H. Schmerz mit Vollmachten nach Basel geschickt.<br />

Nach einigem Hin und Her kam Schmerz mit einem Vertragspapier nach Mainz<br />

zurück. Sofort schickte Möllendorff seinen Adjutanten mit entsprechendem<br />

Befehl nach Kaiserslautern. Darin stand, der Erbprinz solle sich unverzüglich auf<br />

Mainz zurückziehen. Zuerst war der Erbprinz sprachlos. Er glaubte, nicht was er<br />

las. Dann wurde er vor Zorn rot und tobte wegen des Schwachsinns mehrere<br />

Stunden nur so herum. Zum Glück war Möllendorff nicht anwesend, mit<br />

Sicherheit hätte ihn der Erbprinz sonst umgelegt.<br />

25. September: Der Erbprinz informierte Blücher, der von Ramstein aus, über die<br />

Pfeifermühle, Mehlbach, Schallodenbach, Heiligenmoschel sich in Richtung<br />

Mainz begab. Zwischen Winnweiler und Münchweiler wartete er auf den<br />

Erbprinzen, dessen Nachhut er dann bildete.<br />

7.6. 1795/96: Raub, Mord &<br />

Vergewaltigung<br />

In der Unterlagensammlung des verstorbenen Wilhelm Theobald entdeckte ich<br />

die vom Pfarrer Ernst Dick veröffentlichte folgende Geschichte: „Reipoltskirchen<br />

zur Zeit der französischen Revolution“ Dort ist nachzulesen:<br />

In 1795 waren die preußischen Truppen jedoch wieder erfolgreich auf dem<br />

Vormarsch. Deshalb verstärkte der französische Kriegsminister seine eigenen<br />

Truppen. Am 6. Nov 1795 (6.11.1795) zogen starke französische Verbände von<br />

Reipoltskirchen über Rathskirchen nach Rockenhausen in Richtung Front. 6.000<br />

Soldaten mussten versorgt werden. Sie taten, was damals üblich war. Die mit der<br />

Versorgungsbeschaffung beauftragten Soldaten gingen rücksichtslos vor. Jedes<br />

Dorf, jedes Haus wurde durchsucht, Verschlossene Haustüren ganz einfach<br />

eingetreten. In Nußbach wehrte sich der 65jährige Peter Schwab 351 . Mit der<br />

351 ) Einträge im Copulationsregisters Nußbach durch Pfarrer Webner:


249<br />

Mitgabel verteidigte er seinen geringen Besitz. Seinen sinnlosen Mut bezahlte er<br />

mit dem Leben. Drei Kopfschüsse beendigten sein Leben. Dann steckten die<br />

uniformierten Mörder das Haus an und verhinderten laut lachend jeden<br />

Löschversuch. Die herbeigerufene Tochter Elisabetha Catharina wollte ihrem<br />

daliegenden Vater helfen. Ein Soldat schoss ihr in den Kopf Als Elisabetha<br />

Catharina 352 sich nochmals erheben wollte, spaltete ein anderer ihr mit seinem<br />

Säbel den Schädel Jede Hilfe, jeder Widerstand waren sinnlos. In äußerster<br />

Gefahr rettete Catharinas Ehemann Johann Jacob Stein, der Schuldiener, sein<br />

und das Leben seiner Schwäger (vgl Fußnote 91). Leider fehlt dieses wichtige<br />

Urkundenblatt 269/270 353 im Original Kirchenbuch Nußbach. Es wurde von<br />

einem Idioten vor 1960 fein säuberlich herausgetrennt, als die Kirchenbücher<br />

noch im Archiv der Gemeinde Nußbach lagen. Deshalb konnte der Eintrag auf<br />

eventuelle Lesefehler nicht verifiziert werden!<br />

Beschämt muss ich eingestehen, Vergewaltigungen gehörten auch damals zum<br />

illegalen Recht des Stärkeren. Ein Eintrag aus dem Kirchenbuch Heimkirchen:<br />

Maria Susanna Klein hatte in 3. Ehe am 2. September 1783 David Keller aus<br />

Einöllen geheiratet. Sie hatten zusammen vier Kinder. David starb leider am<br />

27.4.1794 im Alter von 33 Jahren. Susanne kümmerte sich rührend um ihren<br />

Nachwuchs. Bestimmt halfen ihr die Verwandtschaft dabei. Ende Oktober 1795<br />

streiften franz. Fourageure durchs Land. Sie nahmen alles mit und ließen keine<br />

Gelegenheit aus, um gedankenlos ihren Neigungen zu frönen. Die 41 jährige<br />

Susanna war allein auf dem Hof. Sie gab an, gegen Ende des Oktobers 1795 sei<br />

sie allein zu Hause gewesen war. Zwei französische Soldaten wären auf den Hof<br />

gekommen, hätten sich ihrer bemächtigt und sie geschwängert. Das Kind<br />

Johannes kam am 26. Juli 1796 auf die Welt.<br />

1796, im Oktober und November steckte die französische Sambre- und Maas<br />

Armee wieder in großen Schwierigkeiten. Auf der Verteidigungslinie Wolfstein,<br />

Nussbach, Rathskirchen und Rockenhausen waren 7.000 Soldaten stationiert. Ihre<br />

Versorgung bereitete den Franzosen, aber vor allem der Bevölkerung größte<br />

Schwierigkeiten. Die Bürgermeister konnten die geforderten Auflagen nicht<br />

erfüllen. So holten sich die Versorgungseinheiten selbst das Notwendige. Sie<br />

raubten die letzten Lebensmittel und stürzten dadurch die bereits verarmte<br />

Bevölkerung in allergrößtes Elend. In Hefersweiler wehrte sich Johannes Gauer.<br />

Am 18.11.1796 erschossen ihn französische Marodeure von hinten mitten durchs<br />

Herz. Es bleibt ein Wunder, wie damals die Menschen den Winter überlebten.<br />

Aber es ging auch ohne Vergewaltigung. Es war vielleicht außer Lust, auch tiefe<br />

Zuneigung im Spiel Im Mai/ Juni 1796 waren verbündete kaiserliche Soldaten in<br />

1) „den 16ten Jenner 1798 wurde Johann Gustav Schwab, des dahier verlebten Johann Peter<br />

Schwab, vid pag 270 h.Ludwig hinterlassener Sohn mit Anna Elisabetha, des zu Marienthal<br />

verstorbenen Schuldiener Friedrich Stein hinterlassene ledige Tochter … copuliert“<br />

2.) „den 6ten August 1799 wurde Peter Schwab, des am 6ten 9bris 1795 hinterlaßenem Peter<br />

Schwabs ältestem Sohn mit Anna Margretha Linnebacher, des dasiegen Schmiedmeisters<br />

Nicklaus Linnebachers in den Ehestand eingesegnet“. Anna Margretha kam am 7.12.1777<br />

auf die Welt. Ihr Vater Johann Nickel war katholisch, ihre Mutter Maria Elisabetha war<br />

lutherisch!<br />

352 ) Eintrag durch Pfarrer Webner im Copulationsregister Nußbach: den 11ten Juny 1793<br />

(11.6.1793) wurde dasieger Herr Joh. Jacaob Stein mit Elisabetha Catharina, dasiegen<br />

Gemeinsmann Peter Schwab ledige Tochter prov tria procl in den Ehestand eingesegnet<br />

353 ) Die Mormonen ließen 1960 die beiden Kirchenbücher Nußbach verfilmen. Leider fehlte<br />

schon bei der Verfilmung das Blatt 269/270.<br />

249


250<br />

250<br />

Heimkirchen, die Quartier suchten. Maria Barbara Mayer war seit dem 16 Mai<br />

1794 Witwe des Hofbeständers Felix Mayer, der an einer langwierigen Krankheit<br />

im Alter von 53 Jahren verstorben war. Sie stand mit vier kleinen Kindern allein<br />

da. Die jüngste Tochter Maria Catharina war am 21. März 1794 auf die Welt<br />

gekommen, Zwei Monate später war sie aber schon Halbwaise. Emotional und<br />

finanziell für die junge Witwe eine Katastrophe. Sicher war sie froh, als ein<br />

kaiserlicher Soldat bei ihr übernachtete. Sie fragte weder nach seinen Namen,<br />

noch nach dessen Regiment. 9 Monate nach diesem One-Night-Stand kam am 8<br />

März 1797 Friederica Catharina auf die Welt. Hebamme war Elisabetha<br />

Catharina, die Ehefrau des Friedrich Ludwig Haaß aus Dörrmoschel Frau Haaß<br />

übernahm bei dem kleinen Würmchen auch die Patenschaft.<br />

Aber Liebe und Leidenschaft fragt nicht nach Nationalität, sie überwindet<br />

Sprachgrenzen. Maria Catharina Philippi, * 17.3.1768 in Rudolfskirchen hatte<br />

sich in George Mounot verliebt, einen französischen Grenadier, der in<br />

Heimkirchen kurzfristig Dienst tat. Am 24. November 1797 kam die gemeinsame<br />

Tochter Anna Catharina in Heimkirchen zur Welt. Leider geben weder das<br />

Kirchenbuch noch die französischen Standesamtsakten Auskunft über das weitere<br />

Schicksal der Drei.<br />

Das schreiende Elend der Jahre bis 1797 ist verklungen und zum Glück auch<br />

vergessen. Härtere menschliche Prüfungen und jüngere Schicksale ließen dieses<br />

Trauma bald in blanken Hass gegen den Erbfeind umschlagen. Die Ackerer<br />

ackerten schwer, sie ersetzten das Zugvieh durch übermenschliche<br />

Anstrengungen. Die Männer zogen zum Teil jahrelang abwechselnd den Pflug<br />

und die Frauen drückten den Sporn in die harte Erde.<br />

7.7. Segen der französischen Verwaltung<br />

Erst die napoleonischen Expansionspolitik und -kriege machte aus der besetzten<br />

Pfalz französisches Staatsgebiet. Der Rhein wurde zur Staatsgrenze gegenüber<br />

Deutschland. Die französische Besatzungsmacht war zuerst konzeptionslos und<br />

sie handelte dementsprechend. Ihre Soldaten waren undiszipliniert und verstießen<br />

zwischen 1794 und 1796 1000fach, massiv gegen die Menschenrechte der<br />

Einwohner. Die Lautrer und Erlenbacher durchlebten ein schreckliches<br />

Wechselbad der Gefühle. Den angstvollen Plünderjahren folgte der forcierte,<br />

planvolle Aufbau in der Pfalz.<br />

Heute, im Abstand von 200 Jahren dürfen wir die „Franzosenzeit“ als<br />

Wendepunkt, als Neubeginn in allen Bereichen würdigen. Die Leibeigenschaft<br />

wurde aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt. Die bisherigen Grenzen<br />

zwischen dem lutherischen, kurpfälzischen Niederkirchen und dem katholischen,<br />

sickingischen Schallodenbach entfielen endlich. Ade den Kleinstaaten<br />

354 .<br />

• Die Einführung des modernen, staatlichen Standesamtes 355 zum<br />

22. September 1798 führte zu korrekten und umfassenden<br />

354 ) Am 23. Januar 1798 hob die Pariser Regierung die bisherige territoriale Gliederung<br />

westlich des Rheins auf. Es entstanden die Departements (Regierungsbezirke) Rhein und<br />

Mosel, Donnersberg, Saar und Ruhr.<br />

355 ) aufgrund der Verordnung über den Zivilstand vom 1. Mai 1798


251<br />

Eintragungen, Voraussetzung jeder Verwaltung. Jetzt gab es keine<br />

zufälligen Eintragungen mehr, abhängig von der Lust und Laune der<br />

geistlichen Herren! Fortschrittlich war auch die Einführung der<br />

Zivilehe in 1798. Zuerst musste sich das Paar vorm Standesbeamten<br />

ihr Jawort geben, bevor die Zwei sich kirchlich trauen lassen konnten.<br />

Im Deutschen Reich kam dieses fortschrittliche Gesetz erst 1876 zur<br />

Anwendung (siehe unten)!<br />

• Allgemeingültige Gesetze. Einführung des vorbildlichen Code<br />

Civil in 1804. Die Regierung erließ die dazu notwendige<br />

Zivilprozessordnung in 1806 (Code de procedure civile) Beide blieben<br />

bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches ab 1.1.1900 gültig.<br />

Wesentliche Regelungen flossen ins BGB und in die ZPO ein!<br />

Genauso der Code Pénale, das neue Strafgesetzbuch von 1810, das<br />

allgemeine Rechtssicherheit brachte und die willkürliche Verhaftung<br />

oder Vertreibung beendete. Einführung der bis dato unbekannten<br />

Gewaltenteilung. Einrichtung unabhängiger Gerichte (siehe unten)!<br />

• Die Flucht bzw. Vertreibung des bisherigen blutsaugenden<br />

Adels, der auch nach 1815 nie mehr Fuß in der Pfalz fassen konnte.<br />

Am 26. März 1798 (6. Germinal des Jahres VI der Franz. Republik)<br />

wurden sämtliche franz. Gesetze und Verwaltungsvorschriften bei uns<br />

eingeführt. Der Artikel V. der Verfassung der konstituierenden<br />

Nationalversammlung lautete: “Die Lasten aller Art sind abgeschafft“.<br />

Mit diesem Tag verschwanden alle Zehnten und sonstigen<br />

Feudalabgaben in der Pfalz für immer. Wie erleichtert haben unsere<br />

Bauern wohl aufgeatmet, als sie kein Getreide und andere Produkte<br />

mehr abliefern mussten, wofür sie sich das ganze Jahr über hatten<br />

abrackern müssen.<br />

• Versteigerung, Verkauf des Kirchen- und Adelsbesitzes, wobei die<br />

bisherigen Pächter ein Vorkaufsrecht hatten! So ersteigerte z.B. der<br />

Hefersweiler Bürgermeister Johannes (Jean) Bacher 356 aus Hefersweiler<br />

am 30. Nov. 1808 Teile des früheren Amtshauses von Reipoltskirchen<br />

nach dem „Ritus der drei brennenden und verlöschenden Kerzen“, wie es<br />

in Frankreich Gesetz und bei uns üblich wurde. Das letzte Gebot erhielt<br />

den Zuschlag, wenn die 3. Kerze erlosch! Die Versteigerung war in<br />

Lauterecken!<br />

• Bau der großen, breiten, befestigten Landstraßen, genannt<br />

Kaiserstraßen, sie waren Alleen. Gelegentlich hießen/heißen sie auch<br />

Pariser Straße: - Paris, Saarbrücken, Kaiserslautern, Mainz, -<br />

Kaiserslautern, Dürkheim, Mannheim;<br />

• Einführung von moderner Medizin und Krankenhäusern, auch für<br />

geistig Behinderte! Einführung der Pockenimpfung ab 1805.<br />

• Einführung des dezimalen und metrischen Systems in der Pfalz. Bis<br />

dahin galt in jedem Kleinstaat, in jeder reichsunabhängigen Stadt ein<br />

anderes Maß- und Gewichtssystem, das entweder am Stadttor oder am<br />

356 ) Johannes Bacher war Bürgermeister des Gemeindeverbandes Hefersweiler mit Seelen,<br />

Relsberg, Berzweiler, Rathskirchen, Rudolfskirchen und gleichzeitig Standesbeamter dieses<br />

Gemeindebezirks<br />

251


252<br />

252<br />

Rathaus zur Rechtssicherheit angebracht war. Die Revolutionäre<br />

erfanden das Gramm, Kilogramm, die Tonne, als Maßeinheit den<br />

Meter 357 und der Rauminhalt kann nun durch Liter/Kubikmeter bestimmt<br />

werden. Riesige Vorteile durch die Standardisierung für Handel,<br />

Gewerbe und Forschung. Die politisch Verantwortlichen der Pfalz und<br />

ganz Bayern waren fortschrittlich, weit vorausschauend. Als die Pfalz ab<br />

1819 systematisch vermessen wurde, hatten die alten Maße keine Chance<br />

mehr. Die Messung der Basisstrecke vom Turm der Loretokirche<br />

Oggersheim bis zum nördlichen Domturm in Speyer ergab exakt<br />

19.795,3890 Meter 358 Auch die ersten Kataster-Karten Erlenbachs von<br />

1830 sind metrisch ausgelegt 359 . Im übrigen Reich dauerte es aber<br />

Jahrzehnte, bis sich das metrische System allgemein durchgesetzt hatte!<br />

Einige wenige deutsche Staaten stellten 1860 den Antrag, den Meter für<br />

ganz Deutschland einzuführen. Sehr spät, erst am 29.4.1869 gelang der<br />

allgemeine Durchbruch des metrischen Systems in ganz Deutschland 360 .<br />

• Fleischbeschau in 1811: „Alles für den Verkauf bestimmte Vieh soll<br />

vor dem Schlachten besichtigt und öffentlich geschlachtet werden. Kein<br />

fremdes Vieh kann ohne Gesundheitszeugnis eingebracht werden ... Den<br />

Juden von Offenbach, Cappeln, Grumbach, Odenbach und<br />

Reipoltskirchen ist es ausdrücklich und zu allen Zeiten untersagt, in den<br />

Gemeinden der Mairie Lauterecken geschlachtetes Fleisch zu verkaufen<br />

oder anzubieten. Sie können jedoch in dem Ort Lauterecken nach der<br />

Besichtigung des Viehes und Vorzeigen eines Gesundheitsattestes<br />

schlachten und Fleisch verkaufen“ 361 . In Hefersweiler lebten die<br />

verschwägerten Viehhändler Moses David 362 und Isaak Hirsch mit ihren<br />

Familien. Weitere Viehhändler (marchands des bestiaux) der Region<br />

waren Abraham Israel und Jacob Herz, beide aus Rathskirchen 363 .<br />

• Die Revolutionäre hatten sich richtigerweise dem Verstand verschrieben.<br />

Sie befreiten Frankreich mit wenigen sehr blutigen Schlägen vom<br />

maroden Geflecht der Unfreiheit, Ungleichheit und Willkür. Doch die<br />

Einführung des Französischen Revolutionskalenders 364 war nicht<br />

vernünftig und musste deshalb scheitern. Es gab 12 Monate von je 30<br />

Tagen und die noch fünf fehlenden Kalendertage folgten hinter den 360<br />

Tagen im September. Sie hießen blumig Tag der Tugend, der Begabung,<br />

der Arbeit, der Meinung und der Belohnungen.<br />

357 ) Die drei Konsulen beschlossen 1802 die Einführung des Meters. Er entsprach 3 franz. Fuß<br />

358 ) Das Vermessungs- und Katasterwesen in der Pfalz, Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz,<br />

Koblenz 1992, Seite 73 ff<br />

359<br />

Angegeben sind als Hinweis für die damals älteren Benutzer: 2.000 Meter = 2.500 Schritt!<br />

360<br />

) Das Vermessungs- und Katasterwesen in der Pfalz, Landesvermessungsamt 1992, Seite 299<br />

ff.<br />

361<br />

) Chronik der Stadt Lauterecken, Seite 229;<br />

362<br />

) Acte de mariage, Kaiserslautern, standesamtliches Urkundenbuch auf Französisch vom 18.<br />

Vendemiaire XII,!<br />

363 ) Acte de Naissance, mairie de Kaiserslautern, du vingt deux jour du mois de Vendemiaire l´an<br />

treize. (gefunden im Stadtarchiv Kaiserslautern)<br />

364 ) der Kalender wurde durch das Konventionsdekret vom 5.10.1793 rückwirkend auf den 22.<br />

September 1792 eingeführt. Das war der 1. Vendémiaire des Jahres I und per 1.Januar 1806<br />

von Napoléon wieder außer Kraft gesetzt.


253<br />

7.8. Erlenbach & die Stadt<br />

1797, 4. Nov. Das Pariser Direktorium beauftragte den Elsässer Franz- Josef<br />

Rudler mit der Verwaltungsreform. Rudler war ein kluger Kopf. Er teilte das<br />

linksrheinische Gebiet nach franz. Vorbild in Departements ein. Unser<br />

Departement hieß >Donnersberg< und reichte von der Queich rauf bis nach<br />

Bingen. Hauptstadt wurde Mainz. Das Departement untergliederte sich in<br />

Kantone. Kaiserslautern war schon in Kurpfälzischer Zeit Oberamt gewesen und<br />

verfügte über Verwaltungsfachleute, die der Unterpräfekt Karl Ludwig Pettersen<br />

gerne in die Verwaltung einbaute.<br />

21.9.1798 Die Französischen Denker bauten eine vernünftige Verwaltung auf. Sie<br />

packten Städte und Dörfer so zu Verwaltungseinheiten zusammen, dass jeder<br />

Kanton (= Verbandsgemeinde = Municipalverwaltung) wie Otterberg,<br />

Winnweiler, Wolfstein etwa 10.000 Einwohner hatte. Dies erschien das Optimum<br />

für eine kostengünstige Administration zu sein. So auch Kaiserslautern. Der<br />

Lautrer Bezirk reichte von Dansenberg bis nach. Erlenbach. Erlenbach war im<br />

französischen Sprachgebrauch ein „Dépendance“, ein abhängiges Außengebiet.<br />

Die räumliche Entfernung der Erlenbacher zur neuen Kernstadt Lautern war<br />

größer als nach Otterberg. Bei standesamtlichen Eintragungen gingen allein für<br />

den Hin- und Rückweg gut 3 Stunden drauf. Kam ein Kind auf die Welt, musste<br />

zudem der Vater anfänglich das Kind im Kaiserslauterer Rathaus vorzeigen,<br />

wobei das Geschlecht des Kindes (im Hinblick auf die spätere Wehrpflicht)<br />

amtlich festgestellt wurde. Diese von vielen als Schikane empfundene Vorschrift<br />

wurde recht bald wieder aufgehoben.<br />

Der Unterpräfekt Pettersen berief den Chirurgen Ludwig Schellhaaß zum<br />

Präsidenten = zum Vorsitzenden des „Stadtrates“ Sein Sohn Ludwig avancierte<br />

im Stadthaus zum Sekretär. Bürochef wurde der bekannte reformierte Pfarrer<br />

Johann Adam Ludwig Hepp 365 . Pfarrer Hepp verdiente durch seine<br />

Beamtentätigkeit nun genug Geld, um seine zahlreichen Kinder ernähren zu<br />

können.<br />

Das alte Rathaus 366 in der Steinstraße war vom Stadtrat 1770 eingeweiht worden.<br />

Hier residiert der Bürgermeister, für uns Erlenbacher war der gewählte Adjunkt =<br />

Ortsvorsteher verantwortlich, um federführend die dörflichen Interessen zu<br />

wahren. Das neu gegründete Standesamt erhielt alle bereits beschlagnahmten<br />

Kirchenbücher der umliegenden Gemeinden. So hatte es Einsicht und Überblick<br />

über die Bevölkerung. Die Vorteile liegen und lagen auf der Hand. Kein junger<br />

Mann konnte sich mehr der allgemeinen Wehrpflicht entziehen. Die gegenseitigen<br />

365 ) Johann Adam Ludwig Hepp wurde nach dem Tod des Otterberger Pfarrers Johann Wilhelm<br />

Weickum, † 9.9.1781 Pfarrer in Otterberg. Hepp * 1751 in Frankenweiler, hatte in Göttingen,<br />

Utrecht und Heidelberg studiert. . Seine franz. Sprachkenntnisse konnte er im Diensten des<br />

Barons de Lefort in Straßburg pflegen. Vor Otterberg war Hepp drei Jahre lang Vikar in<br />

Freudenheim gewesen. Bis zur Schlacht bei Morlautern im November 1793 war Hepp<br />

Otterberger Pfarrer. → siehe Kaller, Gerhard, Chronik Otterberg, Bd II. S. 164 ff. Sein<br />

Nachfolger war Bernard Fréderic de Félice.<br />

366 ) Wegen der Vielzahl der Aufgaben wurde es im Rathaus sehr bald sehr eng. Der Unterpräfekt<br />

mietete 1802 deshalb das benachbarte Stadtpalais der Familie Gervinius an. Die Stadt Kl<br />

erwarb es 1809. Bis zum Neubau des 22 stöckigen Betonklotzes beherbergte es die<br />

Stadtverwaltung.<br />

253


254<br />

254<br />

Kontrollmeldungen der Kantonsverwaltungen untereinander deckten<br />

Unregelmäßigkeiten und Bigamie auf. So hatte der Schuster Peter Wiegand aus<br />

Baalborn am 18.9.1782 in Odenbach die Elisabetha Francis geheiratet, obwohl er<br />

bereits verheiratet war. Als dies 1796 offenkundig wurde, ließ der Staatsanwalt 367<br />

Joseph Wachmann die beiden verhaften und in den Turm einsperren. Beide kamen<br />

erst wieder am 13. Thermidor VI (13.7.1798) in Freiheit. Ihre Ehe wurde am<br />

27.April 1800 vom Lauterer Standesbeamten annulliert.<br />

1804, 4 Oktober (4.10.1804): Kaiser Napoleon besuchte das Schlachtfeld von<br />

1793 Der Forstmeister Franz Daniel Rettig 368 begleitete Napoleon den ganzen Tag<br />

und erklärte ihm alle Stationen des Schlachtverlaufs 369 .<br />

1806, 18. Juli Jahrhunderte lang hatten die Erlenbacher und Höferer für ihre alten<br />

Waldrechte im „Staatswald“ gekämpft. Zuerst gegen die deutschen Könige, dann<br />

zuletzt gegen die kurpfälzische Forstverwaltung. Immer hatten sie Recht<br />

bekommen. Denn Recht ist Recht, egal welches Regierungssystem gerade mal<br />

herrscht. Um die endlosen Prozesse zu beschleunigen, waren die Erlenbacher zu<br />

Konzessionen bereit So schlossen sie Vergleiche, in die die Juristen aber immer<br />

wieder Fallen einbauten, um sich Hintertürchen für neue taktischen Spielchen und<br />

Beschränkungen zu lassen. Die schlauen Förster kannten dies und drangsalierten<br />

die Erlenbacher, wo sie nur konnten. Einmal setzten sie den Hebel im Wald am<br />

Schallbrunnen an, dann verboten sie den Höferern die Nutzung des Waldes an den<br />

Hängen des Felsenthales (zwischen dem Gersweilerhof und Reichswald von<br />

Morlautern) Aber die Erlenbacher beharrten und pochten auf ihren Recht. So<br />

klagen sie vor dem Kurpfälzischen Hofgericht (2. November 1775), dann<br />

bestätigte das Ober Appellations Gericht am 3. Juni 1776 wiederum den Vergleich<br />

von 1763. Die nun französische, kaiserliche Forstverwaltung schikanierte<br />

weiterhin die Erlenbacher. So wandten sie sich Hilfe suchend zuerst an das<br />

Friedensgericht in Kaiserslautern, das die Entscheidung dem Präfekten des<br />

Departements überließ. In seinem zwölfseitigen Urteil bestätigte er die<br />

Erlenbacher Rechtsposition 370 . Dort steht ausdrücklich: „Der Gemeinde<br />

Erlenbach wird in den Distrikten Hagelgrund, Gersweilerkopf und Kohlplatte<br />

des Otterberger Waldes das Raff- und Stückholz und die Kuh- und Schmalzweide<br />

zugewiesen“.<br />

Der Otterberger Notar Christian Julius Jacobi ließ das Urteil Rudlers wie es<br />

heißt Wort für Wort genau übersetzen und erteilte eine Abschrift, die die<br />

Urkundennummer 219 trägt. Für seine Arbeit berechnete er 3 Francs und 33<br />

Centimes.<br />

Aber einen generellen Unterschied in der Holzgewinnung führte die französische<br />

Forstverwaltung doch ein. Jahrhunderte lang fällten die Arbeiter die Bäume<br />

selektiv, während die Franzosen den Kahlschlag einführten, aber in regelmäßigen<br />

367<br />

Joseph Wachmann, Direktor der Anklage-Jury des Bezirks Kaiserslautern. Laut Hochzeitsakt<br />

vom 7. Tag Floreal des Jahres VII<br />

368<br />

) Franz. Daniel Rettig wurde später Kreisforstinspektor und Forstrat zu Speyer. Die Bürger<br />

wählten ihn in den Bayerischen Landtag, der 115 Abgeordnete umfasste.<br />

369<br />

) der Bericht Rettigs wurde von Johann.Georg. Lehmann veröffentlicht, siehe urkundliche<br />

Geschichte der Bezirkshauptstadt Kaiserslautern in „Die Heimat“ 1887, Nr. 73<br />

370<br />

) Kopie: im Stadtarchiv, aus dem Archiv Erlenbach, aufbewahrt unter Waldrecht a VII 174<br />

Stadtarchiv K´lautern


255<br />

Abständen einen starken Rüstbaum (baliveaux) stehen ließen, so dass von dort<br />

aus durch natürliche Versamung der Wald schnell nachwachsen konnte<br />

371 . Dieses<br />

Prinzip muss jedoch den Forstmeister Rettig sehr gestört haben, denn seiner<br />

Meinung war der Wald in einem schrecklichen Zustand.<br />

1808 und 1809 war Johann Daniel Witt Standesbeamter. Zudem war er zweiter<br />

städtischer Adjunkt. Witt als vermögender Bauernsohn in K´lautern hatte über die<br />

Volksschule hinaus eine gute Ausbildung genossen. Natürlich sprach er somit,<br />

fließend Französisch, wie es beim Bildungsadel üblich war. Für die Lautrer<br />

Oberschicht gab es somit keine Sprachbarrieren.<br />

Bürgermeister war der Apotheker Goswin Müllinghoff. 372 Eigentlich stammte<br />

er aus Ladenburg und hatte sich als Kurpfälzer Untertan in Kaiserslauterns<br />

niedergelassen. Kraft Amtes war er gleichzeitig Chef des Standesamtes. Im Akt<br />

N° 7/1808 notiert der >sécretaire de la Mairie< Ludwig Schellhaaß, 38, die<br />

Ehescheidung des Mediziners Dr. Wilhelm Daniel Koch (37 Jahre) von seiner<br />

Ehefrau Catharina Roebel, 27 Jahre. Sie stammte aus Katzweiler. Das<br />

Scheidungsurteil fällte die 1.Gerichtsinstanz in Kaiserslautern, die auch im alten<br />

Rathaus richtete.. Das Urteil überbrachte der Gerichtsvollzieher Louis Houzeau.<br />

Diesen Scheidungsakt unterschrieb Goswin Müllinghoff.<br />

1808: Im April und Mai war in Kaiserslautern das Infanterieregiment >Polano-<br />

Italienne< stationiert. Innerhalb von 7 Wochen starben im städtischen Hospital<br />

drei Soldaten: 373<br />

† 1.4.1808 Ztotniky, 39 Jahre, geboren in Miata, Polen (1. Kompanie des<br />

1. Bataillons des 2. Infanterie-Regiments Polano- Italienne<br />

† 14.5.1808, Anton Matulerich, 30 Jahre Grenadier, geboren in<br />

Witkawicyk (gleiche Kompanie, s.o.)<br />

† 18.5.1808, Antonio Grebo, 20 Jahre, Fusilier, geboren in Cagio, Alpes<br />

Maritime, (6. Kompanie, 2. Bataillon, 27. Regiment)<br />

Die Zivilehe war ein riesengroßer Fortschritt. Es war allerhöchste Zeit gewesen,<br />

die Ehe aus dem Schoß der Kirche zu nehmen, wo christliche Borniertheit viel<br />

Unheil unter denen anrichtete, die gegen die Kirchenregeln lebten. Die<br />

einheitlichen Vorschriften in ganz Frankreich verlangten detaillierte Auskünfte<br />

über das Brautpaar und dessen Eltern, wie die Urkunden beweisen Das Papier ist<br />

fest, handgeschöpft, einem dünnen Karton nicht unähnlich. Die Niederschrift<br />

erfolgte mit spitzer Feder. Die Urkundsbeamten notierten mit schwarzer Tusche.<br />

Egal wo in der Pfalz, die Schreiber gaben sich sehr viel Mühe und malten die<br />

Fakten auf mit Bleistift vorgezeichneten Linien. Meistens ist bereits das Lesen ein<br />

großer Genuss. Diese Akten dokumentieren einen neuen Stil, eine neue<br />

Grundhaltung gegenüber den Menschen. Obwohl die Revolutionäre die Kirche<br />

entmachtet hatten, so hielten sie doch an der Ehe fest. Ich habe das Gefühl, sie<br />

festigten dieses Institut sogar. Zum einen mussten beide Elternpaare der<br />

Eheschließung zustimmen, zum anderen mussten vier Trauzeugen zugegen sein.<br />

371 ) Keiper, a.a.O , Seite 12 ff. Keiper weist darauf, dass die bayrische Forstverwaltung dieses<br />

Prinzip ausbaute und ganz radikal ein ganzes Waldstück abhaute.<br />

372 ) Friedel, Heinz, Kaiserslautern, Kaiserslautern 1995, S. 136. Gowin † 27.6.1811 in KL<br />

373 ) Sterberegister der Stadt Kaiserslautern von 1808, Stadtarchiv,<br />

255


256<br />

Ein Beipiel 374 .<br />

256<br />

1809, 9 Februar, um 4 Uhr morgens. Standesbeamter ist der stellvertretende<br />

Bürgermeister Johann Daniel Witt. Vor ihm erschienen sind der 35 jährige<br />

Johann Heinrich Barth und seine Braut Elisabetha Haeffner (Haffner), 25 Jahre<br />

alt. Bei wohnten in Erlenbach. Beide wollen heiraten. Die formalen<br />

Voraussetzungen hatten sie erfüllt. Heinrich Barth legte die<br />

Einverständniserklärung seiner Eltern vor, die sie einige Tage zuvor beim Notar<br />

Adam Rohr in KL erteilt hatten. Die Eltern der Elisabetha waren anwesend und<br />

willigten in diese Ehe ein. Daniel Witt stellte fest, dass die Eheankündigung 2mal<br />

im Abstand von 14 Tagen an der Außentür des Rathauses ausgehangen hatte und<br />

niemand gegen die Ehe Einspruch erhoben hatte. Der Stadtschreiber hatte die<br />

Hochzeitsurkunde bereits vorbereitet, die Witt nun vorliest:<br />

• Johann Heinrich Barth ist Ackersmann und wurde am 31. Juli 1773 in<br />

Mölschbach geboren, Seine Eltern sind Michael Barth und Maria Eva<br />

Fleck. Alle drei leben in Erlenbach<br />

• Elisabetha Haeffner ist 23 und wurde in Erlenbach am 4. Mai 1785<br />

geboren. Ihre Eltern sind Leonhard Haeffner (Ackersmann) und Christina<br />

Mangold.<br />

• Trauzeugen sind Joh. Nicolaus Bauß, 65, Stadtpolizist, Gottfried Bauß 30,<br />

Leineweber, Jacob Bauß, 27 Leineweber und Ludwig Schellhaas der<br />

Stadtsekretär.<br />

Es ist ein unglaublicher Glücksfall, dass diese standesamtlichen Urkundenbücher,<br />

wenn auch nur teilweise - erhalten geblieben sind. Die Bayern ordneten in 1817<br />

die Pfalz neu. Kaiserslautern war groß und Otterberg relativ klein. Die bisherigen<br />

Stadtgemeinden Erlenbach, Otterbach und Sambach wurden Otterberg<br />

zugeschlagen, wo sie besser aufgehoben waren. Außerdem erhielt die Otterberger<br />

Verwaltung eine bessere, kostengünstigere Auslastung Ein kluger Otterberger<br />

Verwaltungsfachmann ließ gegen 1870 ein alphabethisches Verzeichnis für alle<br />

Hochzeiten, Geburten und Sterbefälle ab 1798 anlegen, das im Otterberger Archiv<br />

aufbewahrt ist. Beide zusammen sind Brücken zwischen dem Kirchenbuch und<br />

den erhaltenen korrekten staatlichen Aufzeichnungen ab 1818. Leider sind etliche<br />

standesamtliche Aufzeichnungen zwischen 1800 und 1807 teilweise verloren<br />

gegangen, bzw. vernichtet worden, trotzdem kann der Forscher sich aus diversen<br />

Quellen ein ergänzendes Bild machen.<br />

Die bayerische Staatsverwaltung war klug genug, die gesamte fortschrittliche<br />

franz. Verwaltung in ihren Strukturen zu übernehmen und weiter zu führen. Die<br />

frühere „Verbandgemeinde Otterberg“ blieb weiterhin Verwaltungs- Zentrum,<br />

das durch zusätzlichen Gemeinden Morlautern, Erlenbach und Sambach gestärkt<br />

wurde. Durch diese Gebietsreform lebten etwa 10.000 Menschen in der<br />

Otterberger Verbandsgemeinde, damals Canton genannt. Chef, Oberbürgermeister<br />

374 ) lt Hochzeitsakt wurde die Trauung morgens um 4 Uhr vollzogen. Dies ist schon sehr seltsam.<br />

Deshalb ist es auch verständlich, dass das Brautpaar weder Verwandte noch Freunde zur<br />

standesamtlichen Trauung mitgebracht hatten. Der Brautvater Joh. Michael Barth hatte durch<br />

eine notarielle Erklärung seine Einverständnis gegeben. Es könnte wohl deswegen gewesen<br />

sei, weil seine Frau Maria Eva Fleck bereits schwer krank war.


257<br />

war der schlaue Jacob Raquet. Raquet war ein kluger Fuchs, der viel für Otterberg<br />

und seine Familie erreichte. Nach seiner Pensionierung ging das Amt nahtlos auf<br />

seinen Sohn Christian über Die ab 1818 angeordnete Aktenführung und dadurch<br />

erhaltenen „Heiraths-Acten“ sind ein riesiger Fundus für alle Interessierten. Aus<br />

der Aktenlage stellt sich uns folgendes dar:<br />

1. Diese Akten sind sauber, aussagekräftig und übersichtlich gegliedert! Als<br />

erstes erscheint klar und eindeutig Jahr, Monat und der Tag, an dem das<br />

Brautpaar vor dem Standesbeamten = Bürgermeister der Gemeinde<br />

Hefersweiler im Kanton Wolfstein, des Bezirks K´lautern, im Rheinkreise des<br />

Königreiches Bayern ihre Eheabsicht erklärten und vermählt wurden! Der<br />

Beamte hielt genau die Daten über den Bräutigam fest. Sein Alter, das<br />

Geburtsdatum des deutschen und franz. Revolutionskalenders, seine Eltern,<br />

deren Alter und eventuell das Todesdatum des Vaters und der Großeltern,<br />

wenn seine Eltern schon „verlebt“ (gestorben) waren.<br />

2. Leistete der Bräutigam Wehrdienst ab, so legte er den „Entlastungsscheins“,<br />

(später „Entlassungsscheins) z. B. des „obersten Rekrutierungsrathes zu<br />

Speyer“ vor, der zu den Akten genommen wurde. Daraufhin leistete der<br />

Reservist noch den Staatsbürger Eid vor dem Bürgermeister! Die<br />

Eisenbahnlinie Kaiserslautern – Ludwigshafen wurde ab 1848 betrieben. Eine<br />

Sensation für die jungen Rekruten, wenn sie in der 4. Klasse kostenlos in die<br />

Kaserne nach Germersheim fahren durften.<br />

3. Und die Eltern erklärten ihre Zustimmung zur Hochzeit. Starb die Ehefrau und<br />

die jüngere Schwester wollte ihre Stelle einnehmen, dann musste ihre<br />

„Majestät der König“ die Einwilligung zur Hochzeit mit dem Schwager geben<br />

4. Das Gleiche galt für die Braut: Name, Alter, Geburtsdatum, großjährig (= 21<br />

Jahre alt), Name und Alter der Eltern. Waren Sie gestorben, wurden die<br />

Großeltern benannt. Waren auch sie schon verstorben, notierte der Beamte<br />

auch deren Sterbedaten fein säuberlich. Hatte die Braut keine Verwandte in<br />

aufsteigender Linie mehr, ersetzte der Friedensrichter die Zustimmung der<br />

Eltern durch sein Votum.<br />

5. Die Heiratsankündigung wurde an zwei Sonntagen hintereinander an der<br />

„Haupttüre des Gemeindehauses“ angebracht. Stammte ein Partner aus einer<br />

anderen Gemeinde, so geschah dies dementsprechend auch dort. Bei dieser<br />

Gelegenheit entstand der meiner Meinung nach sehr schöne Brauch, dass<br />

Freunde und Verwandte am Kasten kleine Blumensträuße je nach Jahreszeit<br />

anbrachten, um ihre Sympathie, Zuneigung zu demonstrieren. Am<br />

Hochzeitstag nahm das Brautpaar diese kleinen Blumengeschenke ab und<br />

dekorierte damit die Hochzeitstafel. Wenn keine Einreden gegen die Ehe<br />

vorgebracht wurden, wurde das Paar in Anwesenheit der noch lebenden Eltern<br />

und vier männlicher Trauzeugen vermählt, die üblicherweise enge Verwandte<br />

oder auch enge Freunde waren. Gelegentlich hing der Haussegen schief oder<br />

das Brautpaar war fremd. Bei einem Zeugenmangel sprangen dann städtische<br />

Beschäftigte ein. Dadurch erfahren wir, wer Polizist etc war. Diese Vorschrift<br />

hatte schon die franz. Verwaltungsvorschrift eingeführt!<br />

257


258<br />

258<br />

6. Diesen „Hochzeiths-Akt“ unterschrieben das Brautpaar, die Eltern und die<br />

vier genau benannten männlichen Zeugen. Der Standesbeamte i.d.R.<br />

gleichzeitig der Bürgermeister hielt genau fest, welcher der Anwesenden des<br />

„Schreibens“ unkundig war. Gemäß der Erlenbacher - Holzbezugsliste von<br />

1836 konnten 23 % der Familienoberhäupter nicht ausreichend schreiben, Dies,<br />

obwohl wir seit 1567 ein Schulpflicht hatten, die die Bayerische Regierung per<br />

Gesetz verschärfte. Unsinn machen und Schulschwänzen waren damals auch<br />

schon Usus. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts nahm die Fähigkeit des<br />

Schreibens aller deutlich zu! Die Hochzeitsakten des 19. Jahrhunderts sind<br />

somit eine super gute Quellen der Geschichts- und Ahnenforschung.<br />

7.9. Geburts- & Hochzeitsakten<br />

Die französischen Standesämter nahmen im September 1798 ihre Arbeit auf,<br />

nachdem die Pfalz integrierter Bestandteil des Französischen Staates geworden<br />

war. Das für Erlenbach jetzt zuständige Standesamt war im alten Rathaus in<br />

Kaiserslautern gegenüber der Martinskirche.<br />

1807: Vor uns liegt der Geburtsakt N° 22 des Johann Herbach, der vom Beamten<br />

Daniel Witt ausgefertigt wurde. Vor ihm war morgens um 9 Uhr der Landwirt<br />

Jakob Herbach (37 Jahre alt), aus der Gemeinde Erlenbach erschienen. Er<br />

erklärte, seine Ehefrau Elisabetha Knieriemen hätte gestern Abend um 11 Uhr<br />

ein Kind männlichen Geschlechts geboren, dem sie den Vornamen Johann<br />

gegeben hätten. Die besagte Erklärung gab Jacob Herbach in Anwesenheit der<br />

beiden Zeugen Johann Wilhelm Guttenberg, 375 58 Jahre, Schulmeister zu<br />

Erlenbach und dem Bäcker Johann Gelbert, 37 Jahre aus Kaiserslautern ab.<br />

(Übrigens hatte das Paar am 19.1.1790 in Erlenbach geheiratet. Jacob Herbach<br />

starb am 14.2.1839). Der zweite Vornamen der Frau Knieriemen war Margaretha.<br />

(laut dem reformierten Kirchenbuch)<br />

375 ) Guttenberg, Gutenberg, Johann Wilhelm starb 1817 in Erlenbach. Er stammte aus Heidelberg<br />

und war 40 Jahre Lehrer in Erlenbach gewesen.


259<br />

Dieser Geburtsakt ist klar und eindeutig. Der Vater und die Zeugen hatten eine<br />

schöne, gut lesbare Schrift<br />

7.10. Stammbaum der Barth Familie bis 1813<br />

1 BARTH, Johann Michel {1}, Ackersmann<br />

* 09.08.1748 Hochspeyer † 29.07.1821 Erlenbach #1 29.04.1770 Mölschbach<br />

FLECK, Maria Eva * 19.10.1749 Mölschbach † 03.12.1814 Erlenbach x2 vor<br />

1821 Erlenbach REINHEIMER, Barbara † vor 1821 Erlenbach<br />

Kinder (1):<br />

1. Maria Elisabetha * 30.08.1771 Mölschbach<br />

2. Johann Heinrich, genannt der Große (3)<br />

* 31.07.1773 Mölschbach † 26.09.1839 Erlenbach<br />

3. Anna Catharina (9) * 09.10.1775 Mölschbach<br />

4. Martha Catharina (10) * 12.06.1778 Mölschbach † 10.12.1840 Erlenbach<br />

5. Charlotta Elisabetha (13) * 24.03.1781 Erlenbach † nach 1846<br />

6. Jacobina Elisabetha (18) * 23.10.1783 Erlenbach † nach 1849<br />

7. Maria Catharina (19) * 16.07.1789 Erlenbach<br />

8. Leonhard Ackersmann * ca. 1795 Erlenbach<br />

9. Martha Katharina (20) † 10.12.1840 Erlenbach<br />

259


260<br />

260<br />

2 BARTH, Johann Heinrich, genannt der Große {2}, Ackersmann<br />

* 31.07.1773 Mölschbach † 26.09.1839 Erlenbach x 09.02.1809 Erlenbach<br />

HAFFNER, Elisabetha * 04.05.1785 Erlenbach † 10.11.1843 Erlenbach<br />

Kinder:<br />

1. Leonhard (4) * 16.10.1810 Erlenbach † nach 1861<br />

2. Johann Heinrich III. (5) * ca. 1812 Erlenbach<br />

3. Catharina (6) * um 1814 Erlenbach † 1839<br />

4. Carolina (7) * um 1818 Erlenbach<br />

5. Jacob (8) * 25.08.1821 Erlenbach † 18.10.1875 Kaiserslautern<br />

6. Charlotta * 18.03.1826 Erlenbach oo 03.02.1846 Erlenbach<br />

Johann Nicolaus SCHMITT<br />

7.11. Die Barth-Familie eroberte Erlenbach<br />

„Im Jahr 1809, am 9ten Februar morgens um 4 Uhr (oo 9.2.1809), erschienen vor<br />

mir Johann Daniel Witt, dem zweiten Adjunkten des Bürgermeisteramtes, dem<br />

Standesbeamten der Gemeinde Kaiserslautern…. Die Brautleute:<br />

• Johann Heinrich Barth 376 , 35 Jahre alt, geboren in Mölschbach am<br />

einunddreißigsten Juli siebzehnhundert und drei und siebzig, wohnhaft in<br />

376 ) siehe das Familienstammblatt Punkt 4.33 auf Seite 220 dieses Buches


261<br />

Erlenbach, ehelicher Sohn des Michael Barth, Landwirt in Erlenbach und<br />

seiner Ehefrau Eva Fleck. Die beiden haben ihr Einverständnis am fünften<br />

Januar dieses Jahres beim Notar Adam Mohr in dessen Sekretariat<br />

abgegeben<br />

• Und Elisabetha Haffner, dreiundzwanzig Jahre alt, geboren im besagten<br />

Erlenbach am vierten Mai siebzehnhundert fünfundachtzig (* 4.5.1785),<br />

eheliche Tochter des Leonhard Haffner, Landwirt, dort wohnend,<br />

anwesend und zustimmend und von Maria Christina Mangold, seiner<br />

Ehefrau. „ 377<br />

die untere Hälfte der Urkunde<br />

Das Aufgebot hing entsprechend der gesetzlichen Vorschriften zum ersten Mal<br />

am 29. Januar und das zweite Mal am Sonntag, den 5. Februar aus.<br />

Die Hochzeitsurkunde unterschrieben Freunde des Bräutigams. Dies waren<br />

Johann Nicolaus Bauß, 65, Sergeant der Stadt, Gottfried Bauß, 30, Leineweber,<br />

Jakob Bauß, 27, Leineweber und Ludwig Schellhaas, 38, Sekretär des<br />

Bürgermeisteramtes.<br />

Der Bräutigam, der Vater der Braut, sowie die Braut erklären nicht schreiben zu<br />

können.<br />

Die standesamtliche Trauung war am 9.2.1809, morgens um 4 Uhr. Ein<br />

verrückter Termin. Da ging natürlich kein Erlenbacher freiwillig mit zum<br />

377 Die Haffners hatten am 25.5.1773 im Schulhaus zu Erlenbach geheiratet. (Christinas Vater<br />

hieß Johannes Mangold)<br />

261


262<br />

262<br />

Standesamt, also mussten Fremde die Urkunde unterschreiben. Es waren die<br />

Bauß, die im Bürgermeisteramt Dienst taten.<br />

Die Urkunden wurden bis 1814 auf Französisch geführt. Nachdem die<br />

Französischen Truppen das Land verlassen hatten, blieb jedoch ihre vorbildliche<br />

Verwaltung intakt. Das Königreich Bayern erkannte<br />

Joh. Nicolaus Zimmer oo Jaqueline Barth<br />

1811: Am 30.9.1811, morgens um 11 Uhr, erschienen vor dem Bürgermeister<br />

Carl August Luft obiges Brautpaar. Sie hatten die Eltern und die vier gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Trauzeugen bei sich. Luft war Mitglied der Franz. Ehrenlegion<br />

und als Bürgermeister gleichzeitig oberster Standesbeamter.<br />

Die Urkunde beschreibt detailliert die Abstammung der Brautleute. Johann<br />

Nicolaus Zimmer kam am 2.7.1788 in Oberarnbach zur Welt. Sein Vater Joh.<br />

Nic. Verstarb bereits am 25.1.1809 wie die beigefügte Sterbeurkunde aussagte.<br />

Seine Mutter Elisabetha stimmte der Ehe zu. Die Braut Jaqueline (= Jacobina)<br />

Barth kam am 23.10.1783 in Erlenbach auf die Welt. Ihre Eltern waren Johann<br />

Michael Barth und Eva Fleck: (siehe Familienblatt 4.33. auf Seite 220)<br />

Die Trauzeugen:<br />

1. Der erste Zeuge war der Freund Johann Wilhelm Guttenberg, 64 Jahre alt,<br />

war Schulmeister in Erlenbach.<br />

2. Der zweite Zeuge ist besonders interessant: Daniel Heil (Heyl * um 1769)<br />

stammte aus Otterbach, war 42 Jahre alt Von Beruf war er Hufschmied. In<br />

erster Ehe hatte er am 20.2.1787 Christina Hafner von Erlenbach<br />

geheiratet. Ende 1793 wird er wohl geschieden worden sein, nachdem die<br />

Franzosen kurzfristig nach der Schlacht von Morlautern die Scheidungen<br />

ermöglichten. Er heiratete am 14.2.1794 Katharina Barth, die Schwester<br />

der Braut Jaqueline. Somit war Daniel Heil sein Schwager<br />

3. Dritter Zeuge: Heinrich Barth, 26 Jahre, Ackerer (Bruder)<br />

4. vierter Zeuge: Valentin Theis, 44 Jahre, ein Schwager aus Dörrnbach<br />

7.12. Die Wurzeln der Familie Marky<br />

Die Abstammung der Familie Marky ist höchst interessant. Sie spielt für die<br />

Familiengeschichte eine bedeutende Rolle. Nach zeitraubenden und teueren<br />

Recherchen fanden wir die aufschlussreichen Urkunden. Die Markys waren<br />

katholisch und lebten seit 1673 in Reipoltskirchen. Im Zuge der Rekatholisierung<br />

waren sie von dem Reichsgrafen Reipoltskirchen aus der Eifel dort angesiedelt<br />

worden.<br />

Georg Franz Marky 378 kam am 19.6.1783 in Reipoltskirchen auf die Welt. Seine<br />

Eltern waren Johann Nicolaus Marky und die aus Seelen stammende Anna Maria<br />

Lanzer. Seine Mutter starb am 1.12.1790 als Joh. Peter 13 und Georg Franz 7<br />

378 ) Sein Bruder Johann Peter kam 25.5.1777 in Reipoltskirchen auf die Welt. Am 5.3.1811<br />

heiratete Johann Peter in erster Ehe die 36 jährige Johannetta Henrietta Elisabetha Degen<br />

aus Reipoltskirchen, * 5.1.1775. Sie war die Tochter des Johann Michael Degen und der<br />

verstorbenen Barbara Cloos, † 27. Pluviose des Jahres 11.


263<br />

Jahre alt waren. .Dies war bitter für den Vater und die beiden Buben. Also war es<br />

mehr als vernünftig, dass Joh. Nic. Marky nochmals heiratete. (Er starb am<br />

5.3.1807)<br />

Georg Franz Marky war für den franz. Militärdienst zu alt und konnte so fast<br />

sorgenlos in die Zukunft sehen. Er fand dann auf dem Ingweilerhof Arbeit, zuerst<br />

beim Freiherrn von Esebeck. Dann kam die schwierige Zeit der Umstellung. . Die<br />

Esebecks flüchteten hinter den Rhein und ihr Besitz wurde 1806 zerstückelt und<br />

anschließend versteigert. Der französische Staat übernahm die Regie und die<br />

Gemeinden verwalteten sich selbst. Reipoltskirchen und der Ingweilerhof kamen<br />

zur Verbandsgemeinde Becherbach.<br />

Auf dem ehemaligen Hofgut der Zweibrücker Herzöge, dem Ingweilerhof waren<br />

auch Mägde beschäftigt. So auch Maria Margretha Wurster aus Albisheim<br />

(zwischen Kibo & Worms) Georg Franz Marky und Maria Margretha Wurster<br />

arbeiteten hand in hand und so ist es kein Wunder, dass sich Georg Franz sich in<br />

das 6 Jahre jüngere hübsche Mädchen verliebte. Sie war am 26.9.1789 in<br />

Albisheim zur Welt gekommen. (Ihre Eltern Joh. Philipp Wurster & Anna<br />

Barbara Baab). Dort hatte sie auch die Schule sehr erfolgreich besucht. Das sieht<br />

man an den Unterschriften des Heiratsaktes. Sie hatte eine dekorative, eine sehr<br />

geübte Handschrift. 379<br />

Georg Franz & Maria Margretha poussierten miteinander und sie wurde<br />

schwanger. Am 10. Juli hochschwanger, bestellte das Brautpaar das Aufgebot,<br />

aber ihr erstes Kind Johann Philipp kam ihnen am 19.7.1808 zuvor. Die<br />

standesamtliche Trauung war dann am 24.7.1808, morgens um 10 Uhr im<br />

zuständigen Standesamt Becherbach. Der Standesbeamte war der Bürgermeister<br />

von Becherbach und Nußbach Michael Clemens<br />

Trauzeugen waren wie damals üblich nur Männer:<br />

1. Jakob Wurster, 57, der Onkel der auch auf dem Ingweilerhof lebte,<br />

2. Johann Peter Marky, 32, der Bruder,<br />

3. Adrian Merle, 65, Landwirt aus Reipoltskirchen und<br />

4. Nicolaus Engel, der Schullehrer, 45 J, aus Reipoltskirchen.<br />

Der Hochzeitakt N° 8, der im Original im Archiv der Verbandsgemeinde<br />

Meisenheim aufbewahrt wird, geht über eine ganze Seite. Auffallend ist die sehr<br />

dekorative Handschrift der jungen Braut Maria Margretha Wurster.<br />

Weitere Kinder dieses Paares:<br />

• Susanne Elisabetha, * 10.12.1809, Ingweilerhof<br />

• Carolina, * 25.01.1812 Ingweilerhof<br />

• Susanne Elisabetha * 6.12.1812 auf dem Ingweilerhof oo 3.1.1837 in<br />

Erlenbach Heil Johannes, * 25.6.1812 in Otterbach Sohn des<br />

Tagelöhners Hermann Heil und der Gertraude Sutter<br />

379 ) Isaac Wurster war Küfer und zog 1704 nach Albisheim. Er stammt aus Württemberg.<br />

263


264<br />

264<br />

Georg Franz Marky und Maria Margretha Wurster zogen Ende 1813 auf den<br />

Gersweilerhof. Der Grund ist uns unbekannt. Dort lebten 13 weitere Familien, wie<br />

die Knieriemens und Karchs. Beide hatten ledige, stramme Söhne und Maria<br />

Margretha Wurster zwei hübsche Schwestern. So kam es, wie es kommen musste.<br />

Maria Elisabetha Wurster, * 20.1.1795 heiratete Johann Adam Karch und<br />

Johann Theobald Knieriemen nahm Maria Barbara Wurster * 12.1.1799 oo<br />

am 29.2.1816 vorm Standesamt in Kaiserslautern zur Frau. Und so war man<br />

schnell und auf angenehme Art und Weise miteinander versippt. Dort kamen auch<br />

die anderen Marky- Kinder auf die Welt<br />

• Johannes, * 25.11.1814 Gersweilerhof, am † 9.1.1891 gestorben,<br />

oo 2.3.1847 in Erlenbach Klein Philippina, * 10.3.1824 in Erlenbach,<br />

Tochter des Johannes Klein, Ackersmann und der Dorothea Eyer.<br />

• Theobald, * 28.3.1817 in Erlenbach, † 20.10.1883 in Erlenbach<br />

• Elisabetha * 5.12.1819 in Erlenbach, † 21.9.1847 oo Benkel<br />

Philipp aus Dansenberg<br />

• Dorothea *16.5.1825, Gersweilerhof, oo 30.3.1848 in Erlenbach<br />

den Schwager und Witwer Philipp Benkel<br />

• Elisabetha, * 22.4.1832<br />

Georg Marky starb im Alter von 63 Jahren am 5.4.1846 auf dem Gersweilerhof,<br />

Akt Nr. 3/1846, seine Frau Maria Margretha Wurster nach 1850<br />

7.13. Lieferungen nach Mainz, Dürkheim 380<br />

Die pfälzischen Soldaten kamen zur Grundausbildung in die Festung Metz.<br />

Danach verteilte sie die Armeeverwaltung an alle Fronten Frankreichs zum<br />

Einsatz. Natürlich waren auch unsere Soldaten in franz. Uniformen auch<br />

heimatnah stationiert. Die Französische Armee unterhielt in Kaiserslautern,<br />

Landau, Dürkheim und vor allem in Mainz große Truppenkontingente, die<br />

versorgt werden mussten. Die Last hatte die gesamte Bevölkerung des<br />

zuständigen Departements Donnersberg zu tragen.<br />

Die mächtige Festung in Mainz musste versorgt werden und alle<br />

Gemeindeverwaltungen gaben zwangsweise seit Anfang 1794 mit Abstand das<br />

meiste Geld hierfür aus. Die Gemeindeverwaltungen unseres Departements<br />

erstellten Listen, in denen alle Haushalte namentlich aufgeführt wurden. Alle<br />

Familien hatten regelmäßig Geld und oder Warenn abzuliefern. Wären diese<br />

Listen erhalten, könnten sie sehr gut mit den Kirchenbüchern abgestimmt werden.<br />

Da blieb für zivile Projekte kein Geld übrig. . Aus der Pfalz und Rheinhessen<br />

gingen riesige Mengen an Nahrungsmittel, Tierfutter wie Heu und Stroh nach<br />

Mainz.Diese Leistungen wie Butter, Schlachtvieh, Hühner etc wurden einzeln in<br />

den Listen genannt, so wie sie für die Gemeinde Albisheim allesamt noch<br />

bündelweise erhalten sind. Alles kam auf Pferdewagen und unsere Leute waren<br />

380 ) Gemeindeabrechnungen aus dem Jahr 1808, befindlich im Archiv Otterberg


265<br />

tagelang von zuhause weg. Den einzigen Erlenbacher, den ich fand war Johannes<br />

Mangold. Er war mit seinem Pferden und Wagen 18 Tage lang für die Armee<br />

nach Mainz unterwegs. Aus der Gemeindekasse erhielt er danach für sich und<br />

seine Pferde tagtäglich je 2 Gulden, also 36 Gulden. Leider „krepierte“ auch noch<br />

sein Pferd auf dem Kasernengelände in Mainz und das Pferdegeschirr wurde ihm<br />

auch noch dort geklaut. Der Heimweg war für ihn somit mühsamer. Hatte er<br />

Glück, dann konnte er streckenweise mitfahren, sonst war auf Schusters Rappen<br />

heimwärts. Des Nachts schlief er in Heuschobern. Die Gemeinde erstattete ihm<br />

fürs Pferd den vorher geschätzten Wert von 36 hfl und fürs Material nochmals<br />

2,20 Gulden. Hoffentlich konnte sich Mangold dafür gleichwertigen Ersatz<br />

beschaffen.<br />

Aber fast allen erging es so. Kaum waren die Wagen in Mainz angekommen,<br />

waren sie abgeladen. Die Pferde brachte man in den Stall, um sie zu füttern und<br />

der Bauer, hier Fuhrmann wurde verpflegt und dann legte er sich nieder. Für die<br />

große Mainzer Besatzung war Fleisch Mangelware. Bis zum Morgen verschwand<br />

das Pferd, wurde geschlachtet und landete in den hungrigen Soldatenmägen.<br />

1808 kaufte die Gemeinde Erlenbach Getreide für die Französische<br />

Militärverwaltung bei Jacob Laufer von Otterberg, um sich von den Auflagen<br />

zu befreien. Laufer lieferte 1.275 kg Getreide für 331,90 FF. nach Mainz. Die<br />

Transportkosten von 91,52 FF erstattete natürlich auch die Gemeinde Erlenbach.<br />

Wenn wir dann den Preis je Doppelzentner errechnen (331,9 12,75) kommen wir<br />

zu dem erstaunlichen Preis von 26 FF je Doppelzentner. Ein Preis, von dem<br />

unsere heutigen Landwirte nur noch träumen. Daran gemessen, war der Preis für<br />

ein Pferd für 78 FF doch relativ gering.<br />

Diese monatlichen Kriegslasten waren für die Gemeinden und die Bürger immens.<br />

Ende Januar 1814 waren die französischen Truppen weg, aber die neuen, die<br />

preußisch/ russischen Soldaten mussten auch versorgt werden. Kamen unsere<br />

Bürger vom Regen in die Traufe. War das Ende der Französischen Republik für<br />

die Menschen hier eine Befreiung? Aus den Albisheimer Akten erkennt man, dass<br />

bis 1840 Bürger und Gemeinden noch die Lasten für die Napoleonischen Kriege<br />

haben tragen müssen.<br />

7.14. Harte Strafen für Kriegsdienstverweigerung &<br />

Fahnenflucht<br />

Die Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht hätte ja auch Vorteile haben<br />

können. Aber die vielen berühmten „heroischen“ Napoleonischen Schlachten &<br />

Kriege verschlangen Hunderttausende junger Männer. Das eventuell traurige &<br />

elende Schicksal vor Augen, in Spanien, Italien oder im Osten scheußlich zu<br />

verrecken, konnte und wollte viele nicht aushalten, zumal die Liebe zur<br />

französischen Nation noch schwach entwickelt war. Da die<br />

Kriegsdienstverweigerung und die Fahnenflucht massiv zunahmen, erließ der<br />

Kriegsminister am 11.1.1807 ein verschärftes Gesetz, das die Bestrafung der<br />

„Widerspenstigen Conscribierten“, ihrer Hehler und Mitschuldigen<br />

erleichterte, bzw. beschleunigte. Der Präfekt Jeanbon St. André schreibt in<br />

265


266<br />

266<br />

seinem Erlass auf Seite 3, dass bis Ende Juni 1809 allein in unserem Departement<br />

5.000 Wehrpflichtige sich ihrer Verpflichtung entzogen hätten<br />

Da damals noch nicht alle Bürgermeister gut genug Französisch sprachen, um die<br />

mehrseitige Anordnung zu verstehen, ließ Jeanbon St. André, der amtierende<br />

Präfekt des Departements vom Donnersberg am 5. Juli 1809 allen<br />

Bürgermeistern das 12seitige Gesetz auf Deutsch gedruckt zustellen und sie<br />

hatten den Empfang mit Ort, Datum Unterschrift zu bestätigen.. Die<br />

Bürgermeister mussten danach die harten Paragraphen per Schelle in allen<br />

Dörfern und Städten verkünden: St. André schreibt unter anderem:<br />

• „Die Erhebung dieser verschiedenen Geldstrafen geschieht künftig auf<br />

Befehl des Präfekten und unter der Aufsicht des Unterpräfekten, … in<br />

ihren respektiven Bezirken. Bevor ich Ihnen, meine Herren, über die<br />

Obliegenheiten spreche, welche Sie Ihrerseits bei diesem Geschäfte zu<br />

erfüllen haben, will ich Sie mit den Verfügungen der verschiedenen<br />

Gesetze und Dekrete bekannt machen, zufolge derer die oben erwähnten<br />

Strafen erkannt werden.“<br />

• Indem Sie dann Ihre Untergebenen unterrichten, werden die<br />

Konscribierten, die ihre Pflicht nicht erfüllen, der Soldat, welcher seine<br />

Fahne verlässt, der öffentliche Beamte, welcher kein wachsames Auge<br />

auf die Strafbaren hat, der Bürger, welcher Letztere begünstigt und<br />

endlich diejenigen, welche sich in Konscribierten- Sachen mischen, von<br />

Unwissenden Gelder erpressen und die oberen Behörden zu hintergehen<br />

suchen, die Strafe kennen lernen, welche ihrer erwartet.<br />

• In Gemäßheit der Gesetze vom 17. Ventôse achten (= 8.3.1800), 6. Floréal<br />

elften (= 26.4.103) und des kaiserlichen Dekrets vom 8. Fruktidor<br />

dreizehnten Jahres (26.4.1805), wird ein jeder Konscribierte, welcher zum<br />

Marschieren aufgerufen wird und sich nicht stellt oder sich stellt, aber auf<br />

dem Wege zur Korps desertiert, vom Tribunal in erster Instanz seines<br />

Bezirks zu einer körperlichen Strafe und nebst dieser zu einer aus seinem<br />

eigenen Vermögen oder der seiner Eltern zu entrichtenden Geldstrafe<br />

von 1.500 Franken verurteilt.<br />

• Das Gesetz vom 24 Brumaire sechsten Jahres verordnet eine Geldstrafe<br />

von 500 bis zu 2.000 Franken gegen jeden öffentlichen Beamten, welcher<br />

überzeugt wird, die Desertion eines Soldaten begünstigt oder den<br />

Abmarsch eines Konscribierten verhindert oder verzögert zu haben.<br />

• Das nämliche Gesetz erkennt eine Geldstrafe von 300 bis 3.000 Franken<br />

gegen jeden Bewohner Frankreichs, welcher wissentlich einen Ausreißer<br />

verheimlicht, sein Entlaufen begünstigt oder ihn auf irgendeine Art den<br />

gegen ihn gesetzlich gemachten Verfolgungen entzogen hat.<br />

• Das Gesetz vom 28. Nivôse siebenten und das Dekret vom 8. Fructidor<br />

dreizehnten Jahres erkennen eine Strafe von 300 bis 1.000 Franken gegen<br />

jeden Arzt oder Chirurgen, jeden bürgerlichen Beamten und gegen jeden<br />

Ober- und Unteroffizier der Armee, welche falsche Gebrechen attestiert<br />

oder für Untersuchungen oder sonstige Verrichtungen Geschenke<br />

annehmen. Zu meinem größten Missvergnügen habe ich wahrgenommen,<br />

dass viele Konscribierte mit lügnerischen Zertifikaten von den<br />

Bürgermeistern und Munizipalräten versehen waren, die ihnen falsche


267<br />

Gebrechen bezeugten Man wird zukünftig mit größter Strenge dagegen<br />

verfahren.<br />

• Auffällig ist, dass sich die meisten Widerspenstigen freiwillig stellten,<br />

nicht in der Absicht, um zu einem Korps abzugehen, sondern als<br />

dienstuntauglich in ihre Gemeinde zurückgeschickt zu werden. Viele<br />

haben sich selbst zu diesem Zweck Gebrechen beigebracht oder sich die<br />

Selbstverstümmelung durch niederträchtige Menschen machen lassen. Der<br />

Rekrutierungsrat hat sie auf der Stelle arretiert und als doppelt Strafbare in<br />

das Depot (Gefängnis) nach Straßburg führen lassen.<br />

• Neben den Geldstrafen wird von dem Tribunal auch noch eine<br />

körperliche Strafe und zwar nach Befund der Sache ausgesprochen.<br />

• Die Zahlungspflichtigen haben binnen von 8 Tagen die Strafe im Bureau<br />

des Einnehmers zu entrichten. Wenn nicht, muss der Einnehmer sofort<br />

mahnen. Die Eltern, bzw. Vormünder hafteten persönlich mit ihrem<br />

gesamten Vermögen, dass die Söhne ihrer Pflicht nachkommen. Die vom<br />

Bürgermeister veranlasste Zwangshypothek überstieg in der Regel den<br />

Wert der Immobilien. War also ein Gezogener flüchtig, so ruinierte er in<br />

der Regel seine Familie. In Vorbereitung der Zwangsversteigerung hatte<br />

der Bürgermeister den Wert des Grundstückes zu schätzen. Maßgeblich<br />

waren die Größe, die Bausubstanz und der Ertragswert. Daraus ergab sich<br />

der Schätzwert.<br />

• „Wenn nach Ablauf dieser vierzehntägigen Frist die Zahlung unterblieb,<br />

so wird die Zwangsvollstreckung des gesamten Besitzes durchgeführt.<br />

Sollten sich innerhalb der festgesetzten Zeitfristen kein Steigerer finden<br />

oder ist die darauf gebotene Summe zu gering, so muss der Einnehmer<br />

bieten. Alsdann fallen diese Grundstücke dem Staate anheim und werden<br />

als Domänen-Güter verwaltet“.<br />

• „Ich hoffe, dass die Strenge in Ausübung dieser Maßregeln, viele<br />

widerspenstige Konscribierte dazu bestimmen wird, ihr begangenes<br />

Verbrechen durch ein freiwilliges Stellen gut zu machen und dadurch von<br />

sich und ihren Eltern die Vollziehung des Urteils abzuwenden.<br />

• Meine Herren Bürgermeister und Einnehmer, Sie haben keine Ursache,<br />

furchtsam zu Werke zu gehen, denn die Oberen Gewalten werden Sie<br />

gegen jede Bosheit schützen.<br />

Ich warne Sie, etwas zu attestieren, wenn Sie nicht von der Wahrheit<br />

überzeugt sind. Seien Sie vielmehr darauf bedacht, zu verhüten, dass die<br />

oberen Behörden hintergangen werden. Ich schließe nun mein Schreiben mit<br />

der Bitte, sich mit den darin enthaltenen Verfügungen genau bekannt zu<br />

machen und diese nach Pflicht und Gewissen zu vollziehen.<br />

Ich grüße Sie<br />

Jeanbon St. André<br />

267


268<br />

268<br />

7.15. Die optische Telegraphenlinie<br />

Paris, Metz, Mainz von 1813<br />

Das franz. Revolutionsdirektorium erkannte sehr schnell die Vorteile eines<br />

aktuellen, unverzüglichen Informationsaustausches. Die erste Telegraphenlinie<br />

nach dem System Chappe wurde bereits 1794 zwischen Paris und Lille in Betrieb<br />

genommen. 1798 war die Linie Paris – Straßburg einsatzbereit. Der weitere<br />

Ausbau der schnellen Nachrichtenübertragung in Richtung Mainz unterblieb<br />

allerdings jahrelang. 1812 war Napoleon wegen der katastrophalen Niederlage<br />

und quasi Vernichtung seiner 600.000 381 Mann Armee in Russland sehr eilig nach<br />

Frankreich zurückgekehrt. Er gab aber seine Expansionspläne und die<br />

Vorherrschaft in Europa nicht auf; er rüstete auf! Vor allem brauchte er schnelle<br />

Informationen über Vorgänge jenseits des Rheins. Deshalb befahl er am 13. März<br />

1813 den Bau der optischen Telegraphenlinie Metz – Mainz. Über den Fortgang<br />

der Bauarbeiten ließ sich Napoleon täglich unterrichten, was deren Bedeutung<br />

unterstrich. Bauleiter war Abraham Chappe, der Bruder des verstorbenen<br />

Erfinders. Die Bauarbeiten gingen so schnell voran, dass bereits nach einer<br />

Bauzeit von 75 Tagen die Linie stand. Sie hatte 105.000 Francs gekostet. Alle<br />

Baubeteiligten waren sehr engagiert. Oft streckten die verantwortlichen Beamten<br />

Geld aus eigener Tasche vor und arbeiteten selbst hart wie die Arbeiter.<br />

Hektisch nach der preußischen Kriegserklärung vom 16. März 1813, verließ<br />

Napoléon am 15.4.1813 Paris, machte vom 17. bis zum 24. April Station in<br />

Mainz. Am 27. war er schon wieder in Erfurt. Mit seiner Ankunft begann die<br />

erfolgreiche Offensive der franz. Armee. In zahlreichen kleinen und großen<br />

Gefechten 382 behielt Napoléon die Oberhand. Das erste Telegramm 383 wurde am<br />

29. Mai 1813 von Mainz aus nach Paris übermittelt. Es enthielt die Anweisung,<br />

rasch frische Truppen in den Osten zu schicken.<br />

Auf den höchsten Bergen entlang des Glans mit einer großen Rundumsicht, in<br />

einem Abstand von etwa 30 km, waren in Rekordzeit hohe Türme errichtet<br />

worden, so auch wenige Kilometer südlich von Meisenheim, von denen aus, die<br />

verschlüsselten Botschaften weitergegeben wurden 384 .<br />

381 ) Auf dem Marsch nach Moskau hatte Napoleon vornehmlich Soldaten aus den<br />

Rheinbundstaaten mitgenommen, so dass die meisten der Gefallenen rechtsrheinische<br />

Deutsche waren!<br />

382 ) Gefechte bei Merseburg, Weißenfels, Halle. Am 1. Mai bei Poserna, 9. Mai bei Dresden,.<br />

Am 20. und 21. Mai bezwingt in der verlustreichen Schlachten bei Bautzen und Wurschen die<br />

preuß./ russische Armee. Es fallen 22.000 Franzosen und 10.850 Russen und Preußen. Einen<br />

Tag später, am 22. Mai besiegt Napoleon in der Schlacht bei Markersdorf die russische<br />

Armee.<br />

383 ) Der Telegraph bestand aus einem 4,62 m langem Balken, an dessen Enden zwei Bretter<br />

gefestigt waren. Durch die Stellung der Hölzer zueinander konnten 196 Zeichen übermittelt<br />

werden. Die Telegramme wurden in Paris bzw. Mainz chiffriert, bzw. anhand umfangreicher<br />

Wort- und Satzbücher dechiffriert. Die Turmbesatzungen kannten eigentlich nur das<br />

Kommando für Anfang und Ende. Die Turmbesatzungen lasen mittels starker Fernrohre die<br />

Botschaft und gaben sie dann unverzüglich weiter.<br />

384 ) Heute stehen dort die riesigen Windräder und dekorieren die Landschaft und wandeln unsere<br />

Steuergelder mit 0,15 – 0,20 € je KW in private und kommunale Einnahmen um!


269<br />

Nach einem kurzen Waffenstillstand und der Kriegserklärung Österreichs<br />

errang Napoléon am 26./27. August 1813 bei Dresden einen glänzenden Sieg über<br />

Russen, Preußen und Österreicher. Er drängte die Preußen und Russen bis nach<br />

Schlesien hinein. In der Niederlausitz, kämpfte auch der zwangsweise rekrutierte<br />

französische Soldat Johann Jacob Steinhauer aus Hefersweiler 385 , der von dort,<br />

aus Liebweß, am 12. August 1813 seinen Eltern in Hefersweiler das letzte Mal<br />

geschrieben hatte. Allerdings verlor Napoleon Mitte Oktober 1813 die<br />

entscheidende Schlacht, die Völkerschlacht bei Leipzig, gegen einen<br />

zahlenmäßig weit überlegenen Gegner.<br />

Napoleon ließ seine Nachrichten aus Sachsen und Schlesien durch reitende<br />

Eilboten zu Marschall Kellermann nach Mainz bringen und über die<br />

Telegraphenlinie nach Paris übermitteln. Mit dem Ende Napoleons kam auch das<br />

schnelle Ende dieses modernen Nachrichtensystems. Am Neujahrstag 1814<br />

überschritt Marschall Blücher mit seiner Armee den Rhein bei Kaub und<br />

marschierte noch am gleichen Tag in Kreuznach ein. Die Telegraphenlinie wurde<br />

sofort unterbrochen und bis Ende Januar 1814 waren alle Telegraphenstationen<br />

bis Metz besetzt. Teilweise verteidigten die Besatzungen ihren Turm tapfer, aber<br />

oft sinnloser weise bis zum letzten Mann. Welch ein Irrsinn! Das verstand man<br />

damals unter Ehre!<br />

7.16. Das französische Straßenbauprogramm<br />

ab 1794<br />

Jeder der auf den pfälzischen Straßen reiste, schimpfte wie ein Rohrspatz über die<br />

ausgefahrenen Wege. Dies reduzierte sowohl die Reisegeschwindigkeit, schüttelte<br />

aber auch die Passagiere in den Kutschen durch und durch. Ganz zu schweigen<br />

von der Ermüdung des Materials. Alle vorhergehenden kurpfälzischen und<br />

zweibrücker Machthaber beschlossen Pläne, die aber nur teilweise realisiert<br />

worden waren. In den wilden Jahren zwischen 1792 und 1798 tobten die Kämpfe<br />

hin und her. Jeder der auf dem Vormarsch oder Rückzug mit seinem schweren<br />

Kriegsgerät war, verfluchte diese beschissene Infrastruktur. Natürlich hatten es die<br />

Reiter immer am einfachsten. Sie konnten von A nach B immer den kürzesten<br />

Weg nehmen, wenn nicht grade ein Weiher, eine Schlucht oder Steilhang im Weg<br />

war. Aber die schweren Wagen der Händler, der Fourageure, die schweren<br />

Kanonen bedurften eines festen, ebenen Untergrundes. Der Hauptverkehr zur<br />

Festung Mainz, verlief meist über die gut ausgebaute Strecke Homburg<br />

/Meisenheim.<br />

„Nach dem Frieden von Lunéville betrieb das Direktorium in Paris eine<br />

systematische Straßenbaupolitik in den neuen linksrheinischen Départements. Die<br />

bewährten Anordnungen und Gepflogenheiten des französischen Mutterlandes<br />

wurden nun auch in der Pfalz angewandt. Die Regierung legte besonderen Wert<br />

auf gute Verkehrsverbindungen. Maßgeblich ist das Dekret vom 16.12.1811, das<br />

die Verwaltung der Kaiserlichen- und der Départements Straßen betraf. Die<br />

Verordnung umfasste 9 Bereiche mit insgesamt 118 Artikeln, sie galt übrigens<br />

385 ) Johann Jacob Steinhauer, geboren am 17.4.1792, blieb verschollen. Fiel er oder wurde er<br />

als Kriegsgefangener erschlagen? Man wird es nicht mehr erfahren!<br />

269


270<br />

270<br />

noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in der bayerischen Pfalz. Die<br />

Kaiserstraßen waren von strategischer Bedeutung und hatten im Gebiet des<br />

Departements Donnersberg eine Länge von fast 126 km. Sie wurden bevorzugt<br />

ausgebaut, als Voraussetzung schneller Truppenbewegungen. Es waren übrigens<br />

dies die früheren Straßen und Alleen in der heutigen Pfalz und im Saarland<br />

„Route de Première Classe“ 386 von Paris, Homburg, KL, Alzey, Mainz. Im Raume<br />

KL finden wir nach dem Dekret nur noch eine „Kaiserliche“ Straße III. Klasse,<br />

die von Metz nach Bad Dürkheim führte.<br />

Die bedeutende Departement Straße erster Klasse führte von Mainz, Bingen,<br />

Meisenheim über Kusel, Homburg, Saarbrücken nach Paris. Durch die vielen<br />

kaiserlichen Truppenbewegungen, den endgültigen Rückzug Napoleons und die<br />

nachrückenden preußischen und russischen Truppen war diese Straße total<br />

zusammengefahren und glich wohl nur noch einem Feldweg. Alle damals noch<br />

vorhandenen Straßen gehörten zu den Departements Straßen, deren Bau und<br />

Unterhaltung Aufgabe der Bezirke und Gemeinden waren, während die<br />

Kaiserstraßen als Land- und Heerstraßen auf Kosten des franz. Staates gebaut<br />

und gepflegt wurden. Die Kantonsverwaltung vergab die Straßenbauarbeiten in<br />

zwei Losen an den günstigsten Bieter, eins für das Material und das zweite für die<br />

Bauarbeiten. Allerdings war die Zahl der bietenden Bauunternehmer beschränkt,<br />

denn der leitende französische Bauingenieur hatte bereits eine Vorauswahl anhand<br />

einer moralischen Bewertung und der handwerklichen Qualifikation getroffen.<br />

Der Unternehmer musste zudem dann eine Kaution in Höhe der Bausumme<br />

stellen.<br />

Persönlichkeiten mit Weitblick stellten sich engagiert in den Dienst der<br />

zukunftsweisenden Sache. Der Präfekt ernannte 1800 den sehr fähigen und<br />

erfolgreichen Unternehmer Johann Michael Ludwig Gienanth 387 zum<br />

„allgemeinen Berater für Handel, Landwirtschaft und Künste“ (Conseiller<br />

Général de Commerce, d´Agriculture et des Arts). 1805 vertraute er ihm noch die<br />

Straßenverwaltung für das gesamte Département an, dem er in der kurzen Zeit für<br />

Jahrzehnte seinen Stempel aufdrückte.<br />

Der Unterpräfekt Petersen aus Kaiserslautern verordnete, dass alle Feldwege<br />

mit Obstbäumen zu bepflanzen seien. Die Umsetzung erfolgte ab 1803. Fleißig<br />

pflanzte man Hunderte von Obstbäumen an, die von französischen Baumschulen<br />

geliefert wurden. Dieses vorbildliche Werk setzte die Bayerische Regierung des<br />

Rheinkreises fort. Bedauerlicherweise lichten sich (2006) diese schönen<br />

Obstbaumalleen. Der vernünftige alte Brauch ist so langsam in Vergessenheit<br />

386 ) Keller zitiert an dieser Stelle: Dr. Siebenpfeiffer, „Handbuch der Verfassung, Gerichtsordnung<br />

und gesamten Verwaltung Rheinbayerns, Neustadt/Haardt 1833, S. 149,<br />

387 ) Johann Ludwig Michel Gienanth (franz. Jean Louis) * 15.10.1767 in Hochstein bei<br />

Winnweiler, besuchte 1783 die Kameral – Hochschule zu Kaiserslautern, studierte 1784 in<br />

Heidelberg und absolvierte an der Bergakademie in Clausthal, Harz.. Er leitete ab 1788 das<br />

Eisenwerk Meiringen im Berner Oberland. Nach dem Tod seiner beiden älteren Brüder<br />

übernahm Jean Louis die Eisenwerke Hochstein, Trippstadt, Schönau und Leiningen und<br />

erwarb Eisenberg hinzu. Als die Pfalz 1816 zu Bayern kam, beauftragte ihn der bayerische<br />

König mit der Organisation der ersten freien Wahl den „Landrat der Pfalz“ (= Landtag), dem er<br />

dann selbst auch angehörte. 1817 wurde Jean Louis vom bayerischen König geadelt und dann<br />

am 27.9.1835 zum Freiherrn ernannt! Die Gienanths sind Hugenotten, die 1686 aus dem<br />

Burgund ins Saarbrücker Land flüchteten. Damals hießen sie noch Guinand. Johann Ludwig<br />

Gienanth > 13.12.1848


271<br />

geraten! Das Gleiche gilt für die die Streuobstwiesen, die wieder systematisch<br />

auch in Erlenbach angelegt werden müssten. Vorbild könnte die schmale Wiese<br />

des Karl Horn sein, die von der Betonstraße im 90 ° Winkel direkt auf die<br />

Kreuzung Hauptstraße, Matzenberg zuläuft.<br />

Bereits 1803 fasste die Leitung des Departements unter der Führung Rudlers den<br />

Ausbau der Strecke Mainz ↔ Paris über Kaiserslautern. Die Lauterer<br />

Kommunalpolitiker erkannten gleich ihre Chance. Als die Reisepläne Napoleons<br />

für 1804 bekannt wurden, verabschiedeten die Verantwortlichen einstimmig den<br />

Plan, Kaiserslautern auf den Vordermann zu bringen. Eine ähnliche Aktion, wie<br />

sie zur Vorbereitung der WM 2006 lief. Der Weiher vor dem Fackeltor wurde<br />

trockengelegt und ein schöner Platz angelegt, eine Augenweide für alle, die nach<br />

Kaiserslautern kamen. Die ersten Häuser an der unteren Pariser Straße entstanden.<br />

Die Stadtväter ließen die Pflasterung in der Fackel-, Markt- und Steinstraße in<br />

Ordnung bringen und die schönen Häuser erhielten einen neuen Anstrich. Der<br />

Kaiser konnte kommen.<br />

Am 4. Oktober 1804 war es endlich soweit. Der große Tross kam, angeführt vom<br />

Kaiser. In seinem Schlepp etliche Marschälle. Napoleon erhielt einen Empfang<br />

nach seinem Geschmack. Der Forstmeister Daniel Rettig ritt mit ihm über Stock<br />

und Stein und zeigte Napoleon wichtige Stationen der Schlacht von 1793.<br />

Meistens ging es im gestreckten Galopp. Dass Rettig mit seinem Zweibrücker<br />

Fuchs mithalten konnte, überzeugte Napoleon, dem Landgestüt Zweibrücken ein<br />

paar Vollblüter zur Zuchtverbesserung zu schicken. Abends war der Empfang.<br />

Pettersen stellte dem Kaiser die einflussreichen Leute des Stadtkreises vor.<br />

Bürgermeister Müllinghoff gewann den Kaiser dafür, die neue Kaiserstraße durch<br />

die Innenstadt zu führen und nicht als Umgehungsstraße entlang der Stadtmauer<br />

um die Kernstadt herum zu führen. Dies kam der Gastronomie und dem Gewerbe<br />

in der Kernstadt zugute. Leider standen erst 1810 die notwendigen Mittel zum<br />

Bau der Kaiserstraße zur Verfügung. 1811 begann dann der Straßenbau.<br />

Die Kaiserstraße konnte nur der Anfang sein, andere Querverbindungen waren<br />

genauso wichtig. Wie sollten denn die langen Baumstämme von über 20 m Lange<br />

zum Kreuzhof/Galappmühle gelangen, wenn nicht über eine befestigte<br />

(chaussierte) Straße. Napoleon hatte sich stets an den Informations- Ritt mit dem<br />

Forstmeister Daniel Rettig erinnert und die weitere Begradigung der Flüsse<br />

Lauter, Glan und Nahe befohlen. Dadurch konnten dann mehr als die 10 m langen<br />

Holzstämme geflößt werden. Mit der Begradigung der Lauter und damit der<br />

Befestigung des Flussufers ging der Ausbau der Lauterstraße einher. .<br />

Leider war der Zeitraum bis zum Abzug der französischen Truppen im Januar<br />

1814 viel zu kurz, um entscheidende Verbesserungen des Straßensystems<br />

herbeiführen zu können. Die napoleonische Zeit mit ihren Gesetzen und der neuen<br />

Straßenbauverwaltung hatte aber wesentlichen Einfluss auf die neuzeitliche<br />

Entwicklung des Straßensystems. Ab 1816 setzte die Regierung des bayerischen<br />

Rheinkreises den Weiterausbau des pfälzischen Straßennetzes fort; sie konnte<br />

dabei auf die gesammelten technischen Erfahrungen vergangener Jahrzehnte<br />

zurückgreifen. Ab 1824 wurde der Bau der Staatsstraße Bingen – Homburg im<br />

Raume Kusel begonnen.<br />

271


272<br />

272<br />

1832: Inzwischen gehörte Erlenbach zur VG Otterberg. Der Gersweilerhof und<br />

Erlenbach waren politisch unbedeutend, aber immerhin der Wohnort von nun fast<br />

500 Leuten. Die Kleinbauern kamen geradeso über die Runden, während die<br />

vielen Tagelöhner und Kleinstbauern permanent am Hungertuch nagten. Am 5ten<br />

Juni 1832 schrieben Otterberger Bürger die Königlich Bayerische Regierung des<br />

Rheinkreises an. Sie schilderten die schlimmen Straßenverhältnisse zwischen<br />

Kaiserslautern, Otterberg und Heiligenmoschel Sie regten an, Verbindungsstraßen<br />

zur Kaiser- und Lauterstraße zu bauen. Dadurch könnten eine Zeitlang<br />

Otterberger und Erlenbacher Tagelöhner Arbeit und Brot finden. Diesem<br />

interessanten Schreiben entnehmen wir, dass aus der Armenkasse 500<br />

hilfsbedürftige Bürger zu unterstützen seien. Der eingestellte Betrag von 400<br />

Gulden, aber bei weitem nicht ausreicht, allen ein menschenwürdiges Leben zu<br />

ermöglichen. Otterberg hatte damals 3.500 Einwohner und sei damit<br />

hoffnungslos überbevölkert 388 gewesen. .<br />

388 ) vgl. Kaller Gerhard, Otterberg, Otterbach 1981, S. 527 ff


273<br />

2. Band<br />

1816 – 1914 DIE BAYERISCHE ZEIT<br />

In Folge des Wiener Kongresses kam die Pfalz am 1.Mai 1816 zu Bayern. Er<br />

bildete einer von damals acht Kreisen. In Speyer, um den Dom herum residierte<br />

die Königlich Bayrische Kreisregierung, die von dem Regierungspräsidenten<br />

geführt wurde. Im unterstanden zwei Kammern, die des Inneren und die der<br />

Forsten. Die Bayerische Landesregierung hatte die Pfalz in Bezirke<br />

untergliederte. Chef war der jeweilige Bezirksoberamtmann. Die Bezirke und die<br />

Kantone waren französische Erfindungen. Ihre vorbildliche Verwaltung<br />

übernahmen die Bayern. So wurden aus französischen bayerische Beamte. Für uns<br />

gab es eine kleine Veränderung, wahrscheinlich eine Verbesserung. Erlenbach<br />

kam nun zum Kanton Otterberg. Dadurch verkürzten, halbierten sich die Wege.<br />

Diese Kantone hatten die Funktionen heutiger Verbandsgemeinden. Chef war der<br />

„Oberbürgermeister. An Spitze der Dörfer standen Bürgermeister und an ihrer<br />

Seite wirkten stellvertretend die Adjunkten. Nur Erlenbach und der<br />

Gersweilerhof hatten keinen Bürgermeister, sondern je einen Adjunkten. Die<br />

Gemeinden verwalteten sich selbst. Der Gemeinderat beriet alle kommunalen<br />

Angelegenheiten.<br />

273


274<br />

.<br />

274<br />

8.1. In Otterberg war bis 1904 die Erlenbacher<br />

Gemeindeverwaltung<br />

:Das alte Otterberger Rathaus


275<br />

8.2. Die staatlichen Heiratsakten ab 1818<br />

Johann Daniel Hach II. wurde am 2 November 1763 in Otterbach geboren. Er<br />

war der Sohn des Johann Daniel Hach I. aus Mehlingen, der mit Catharina<br />

Elisabetha Colter aus Katzweiler verheiratet war. Daniel Hach II 389 war eine<br />

starke, charakterfeste Persönlichkeit mit Rückgrat, aufrecht in allen Belangen. Er<br />

war Pächter eines Hofgutes, das er 1805 ersteigerte. Er betrieb eine<br />

Getreidemühle. Daniel war angesehen, anerkannt, sein Wort galt. Niemand kam<br />

an ihn vorbei. Deshalb war es logisch, dass er immer politisch tätig war, sowohl in<br />

der Franzosen- als auch in der Bayernzeit. Die bayerische Regierung machte<br />

Johann Daniel Hach zum Erlenbacher Standesbeamten, obwohl er sich mit der<br />

Rechtschreibung doch sehr schwer tat. Auch mit dem Kopfrechnen hatte er so<br />

seine Schwierigkeiten. Dieses Amt übte er 10 Jahre lang aus.<br />

Akt N° 2311<br />

1819 26.Januar Unter diesem Datum schreibt das Königliche Landcommissariat<br />

an das königliche Oberbürgermeisteramt Otterberg folgendes<br />

Durch hohes Rescript vom 15ten September (15.9.1818) vorigen Jahres<br />

geruht die königliche Regierung die Trennung der Gemeinden Otterbach,<br />

Sambach und Erlenbach und die Bildung einer eigenen Bürgermeisterei zu<br />

beschließen und hierauf unterm 6ten laufenden Monats Jänner den<br />

bisherigen Gemeinderat Daniel Hach zu Otterbach zu ernennen. In der<br />

Beilage erhält das Oberbürgermeisteramt eine Ernennungs-Signatur mit<br />

dem Auftrag, dieselbe dem Neuernannten zuzustellen und mit der ferneren<br />

Weisung denselben in sein neues Amt einzusetzen, zu vereidigen und das<br />

Gestallungsprotokoll hierher zur Vorlage zu bringen.<br />

Das Oberbürgermeisteramt hat den neuen Bürgermeisterämtern sämtliche<br />

Amtspapiere zu übergeben, sofern der Dienst (Standesamt) dort nicht<br />

geführt werde. Über die abgegebenen Amtsakten wird ein doppeltes<br />

Inventarium errichtet, wovon ein Exemplar in der Oberbürgermeisterei und<br />

ein zweites in dem Hauptorte der neuen Bürgermeisterei deponiert bleiben<br />

muss´.<br />

Die Gestallung findet in der Gemeinde Otterbach vor versammelten<br />

Schöffenrathe statt, der Herrn Oberbürgermeister als delegierter<br />

Commissarius wird zu diesem Zwecke bei der Amtseinsetzung dem<br />

Neuernannten mit den Pflichten vertraut machen, die mit der Erfüllung<br />

einem jeden Ortsvorstand obliegt.<br />

Anscheinend hatte die Regierung des Rheinkreises im Sommer 1819 diesen<br />

Quatsch erkannt. Wie hätten diese drei kleinen Gemeinden ein eigenes<br />

Bürgermeisteramt finanzieren können. Sie hatten sowieso kaum Einnahmen und<br />

dann noch Geld ausgeben für einen Schreiber, einen Dorfbüttel Und dann noch<br />

389 Daniel Hach hatte am 16.1.1787 in Otterbach oo Catharina Elisabetha Häberle geehelicht,<br />

die am 1.9.1770 in Otterbach geboren war, † 7.1.1853 . Ihre Eltern waren Johann & Eva<br />

Catharina Migeot<br />

275


276<br />

276<br />

dazu ein eigenes Bürgermeisteramt zu bauen. Erlenbach und Otterbach stritten um<br />

den Sitz. Aber woher das Geld nehmen?<br />

Wem ein Licht aufging, wissen wir nicht. Es war ein finanzieller Gnadenakt, der<br />

die Selbständigkeit Erlenbachs & Otterbachs wieder rückgängig machte Der<br />

Oberbürgermeister Raquet schreibt am 26. Juli 1819:<br />

Nach der Verordnung der Hohen Landes Administrations Commission vom<br />

15ten des Monats ist die Bürgermeisterei in Otterbach mit der hiesigen<br />

(Otterberger) Bürgermeisterei (wieder) vereinigt. Und da ich gehalten bin,<br />

innerhalb von 8 Tagen die amtlichen Papiere und Aktenstücke mir<br />

aushändigen zu lassen, so habe ich Sie hiermit benachrichtigen wollen, dass<br />

ich den morgigen Tag dazu bestimmt habe. Ich ersuche Sie, sämtliche<br />

Papiere in Bereitschaft zu halten, damit ich ein Doppeltes Instrumentarium<br />

darüber aufzusetzen und dieselbe in Empfang nehmen kann<br />

Daniel Hach wurde dadurch nicht brotlos. Gegen Entgelt erstellte er noch über<br />

ein Jahrzehnt lang die Standesamtsakten Erlenbachs und trug den glanzvollen<br />

Titel Bürgermeister. Oberbürgermeister, aber Chef war Raquet. Daniel Hach<br />

konnte lesen und schreiben. Letzteres aber nur mit größter Mühe. Wahrscheinlich<br />

hatte er als Kind oft bei seinem Vater in der Mühle aushelfen müssen und konnte<br />

nicht allzu oft seinem Lehrer folgen. Seine Akt-Eintragungen strotzen voller<br />

Fehler. Heute 200 Jahre danach, kann man darüber schmunzeln. Einige Beispiele<br />

• Machtalehna (= Magdalena)<br />

• zwelf (zwölf)<br />

• gebohren<br />

• Fürzen (vierzehn)<br />

• treZen (dreizehn)<br />

• naderliger Son (natürlicher Sohn)<br />

• filip (Philipp)<br />

Amos, der arrogante Standesbeamte<br />

Der Standesbeamte Philipp Amos war Nordpfälzer, aber hochgradig arrogant. Die<br />

vor ihm heirateten, hielt er für ein bisschen blöd. Er spielte sich offenbar gerne<br />

auf, wie wir aus den alten Akten ersehen. Einmal wollte ein Henrich heiraten. Na<br />

gut. Das nahm er an. Aber ein Henrich, der musste natürlich Heinrich heißen.<br />

Also hieß jetzt der Henrich Heinrich, früher genannt Henrich. Aber Amos blieb<br />

nicht allzu lange Standesbeamter.<br />

Hochzeit Hager oo Becker<br />

Den Akt von 1854 spiegelt die Gewissenhaftigkeit der bayrischen Verwaltung<br />

wider, aufbauend auf der französischen Tradition. So erfahren wir eine Menge<br />

von den Brautleuten und ihren Familien. Er schrieb in dekorativer Schrift den<br />

Heiratsakt Hager/ Becker.<br />

Im Jahre Eintausend acht hundert vier und fünfzig, den 30.11.1854 um zwei Uhr<br />

des Nachmittags erschienen vor uns Philipp Amos, Bürgermeister und Beamter<br />

des Zivilstandes der Gemeinde Erlenbach, Kanton Otterberg, Bezirk


277<br />

Kaiserslautern, in der Pfalz, des Königreiches Bayern und zwar auf dem<br />

Gemeindehause zu Otterberg<br />

Johannes Hager, Tagelöhner, wohnhaft in Erlenbach, nachweislich des<br />

anliegenden Geburtsregister Auszuges allda geboren den neunzehnten<br />

Oktober, achtzehnhundert ein und dreißig (* 19.10.1831), sohin drei und<br />

zwanzig Jahre, ein Monat und elf Tag alt, ledigen Standes, volljähriger<br />

Sohn von Nicolaus Hager, Tagelöhner, 59 Jahr alt, wohnhaft in Erlenbach<br />

und dessen gewerbsloser allda wohnender Ehefrau Barbara Wenzel, 59<br />

Jahre alt, beide hier gebürtig und in die Ehe einwilligend und<br />

Christina Becker, ohne Gewerbe, wohnhaft in Erlenbach, ausweislich des<br />

anliegenden Geburtsregister Auszuges daselbst geboren den 23.3.1834,<br />

mithin 20 Jahre, acht Monate und sieben alte alt, ledigen Standes,<br />

minderjährige Tochter von Philipp Becker, früher Ackersmann, jetzt<br />

Feldschütz, 64 Jahre alt, wohnhaft in Erlenbach und dessen gewerbslose<br />

allda wohnenden Ehefrau Christina Korn, 45 Jahre alt, beide hier zugegen<br />

und in die Ehe einwilligend.<br />

Der Bräutigam hat sich durch Vorzeigen eines Militär-<br />

Entlassungsscheines, ausgestellt von dem obersten Rekrutierungsrates der<br />

Pfalz, unter dem Datum Speyer, den 8.11.1854 ausgewiesen, dass er der<br />

Militär- Conscription Genüge getan und durch die anliegende<br />

Bescheinigung des hiesigen Bürgermeisteramtes, dass er den<br />

Staatsbürgereid geleistet hat.<br />

Die Brautleute forderten uns auf, ihre vorhabende Ehe abzuschließen, welche vor<br />

der Haupttür unseres Gemeindehauses zum ersten Male am Sonntag, den<br />

8.10.1854 um 11 Uhr des vormittags und zum zweiten Mal am Sonntag, den<br />

15.10.1854 um 11 Uhr des vormittags verkündigt und dem Gesetze gemäß<br />

angeschlagen wurde.<br />

Da uns keine Einrede gegen diese Ehe bekannt gemacht wurde, so haben wir<br />

obiger Aufforderung Genüge geleistet. Uns haben alle oben gemeldeten und<br />

übergebenen Belege gemäß des Kapitels 6 des Titels von der Ehe aus dem<br />

Zivilgesetzbuch vorgelegen. Daraufhin haben wir den Bräutigam und Braut<br />

gefragt, ob sie gesonnen seien, sich als Mann und Frau zu ehelichen. Da nun jeder<br />

einzeln und bestimmt auf die Frage bejahend antwortete, so erklärten wir im<br />

Namen des Gesetzes, dass Johannes Hager, Tagelöhner von Erlenbach und<br />

Christina Becker, ohne Gewerbe von da durch das Band der Ehe verbunden sind.<br />

Worüber wir gegenwärtige Eheurkunde in Gegenwart der nachfolgenden vier<br />

Zeugen ausgestellt haben<br />

1. Jacob Korn, Ackersmann, 37 Jahre alt, Oheim der Braut,<br />

2. Heinrich Barth, Schneider, 42 Jahre alt, ebenfalls Oheim der Braut,<br />

3. Adam Hager, Tagelöhner, 30 Jahre alt, Bruder des Bräutigams,<br />

4. Jacob Schneider, Schneider, 42 Jahre, Schwager des Bräutigams,<br />

sämtliche in Erlenbach wohnhaft. Jetzt folgen die Unterschriften v on Johannes<br />

Hager, Christina Becker, Nickel Hager, Christina Korne, Heinrich Barth, Adam<br />

Hager, Philipp Becker Jacob Korn und Jakob Schneider. & Amos. Alle konnten<br />

schreiben, außer der Mutter des Bräutigams, welche erklärte, des Schreibens<br />

unkundig zu sein.<br />

277


278<br />

278<br />

8.3. Unabhängige Gerichte in Kaiserslautern,<br />

Otterberg und Lauterecken<br />

(Lauterecken (1797 – 1975) und Wolfstein 1797 - 1968)<br />

(nach Klaus Knecht, ehemaliger Richter in Lauterecken)<br />

Die pfälzischen Gerichte verdankten ihre Entstehung der Französischen<br />

Revolution von 1789 und der Abtretung der Pfalz an Frankreich 390 (1797) durch<br />

die Österreicher, nach dem sie mehrere wichtige Schlachten 391 verloren hatten.<br />

Der Elsäßer und französische Regierungskommissar Franz Josef Rudler<br />

organisierte für das neue Département Mont Tonnère (Donnersberg) eine groß<br />

angelegte, umfassende Verwaltungsreform, die Klaus Knecht in seinem Aufsatz<br />

genial nennt 392 . Er gliederte das Departement in Arrondissements (= Landkreise)<br />

wie z. B. K´lautern und unterteilte sie nochmals in Kantone (heute:<br />

Verbandsgemeinden) wie Otterberg, Obermoschel, Lauterecken,<br />

Rockenhausen, Winnweiler, Wolfstein Obermoschel Jeder Kanton, so auch<br />

Otterberg, erhielt das unabhängige Friedensgericht, aus dem sich das spätere<br />

Amtsgericht entwickelte.<br />

Diese Zwangsreform bedeutete für alle Bürger einen großen Fortschritt auf dem<br />

Weg zu mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichbehandlung im Sinne der<br />

berühmten franz. Revolutionsideale. Unglaublich, denn bis 1793/4 herrschte noch<br />

in unserem Gebiet der jeweilige Landesherr uneingeschränkt. Seine Machtfülle<br />

war absolut, denn er war in einer Person zugleich Gesetzgeber, Regierungs- und<br />

Verwaltungschef und außerdem oberster Richter, wobei er sich auf der unteren<br />

Ebene des Amtmannes bediente.<br />

Der nun von der Bevölkerung gewählte Friedensrichter Geisweiler 393 hatte zwei<br />

Beisitzer zu seiner Seite, entsprechend unseren Schöffen. Jede Gemeinde wählte<br />

für zwei Jahre vier Beisitzer, damals Assessoren genannt, die reihum, jährlich<br />

mindestens einmal zum Einsatz kamen. In Otterberg waltete Carl Jung seines<br />

Amtes. Jung war 1776 geboren und hatte eine gute juristische Ausbildung Sein<br />

Gerichtsschreiber war der um ein Jahr ältere Peter Wolpert. Laut pfälzischer<br />

Gerichtsverfassung verhandelte Jung (in Zivilprozessen) Streitwerte bis zu 15<br />

Gulden. und als Strafsachen Diebstähle und Ordnungswidrigkeiten 394 . Dieses<br />

Friedensgericht scheint gut funktioniert zu haben, obwohl der Beisitzer oft nicht<br />

ausreichend lesen und schreiben konnte. Dafür verfügte er wohl über genug<br />

gesunden Menschenverstand, um zu einem vernünftigen Urteil zu gelangen..<br />

Größere Schwierigkeiten bereitete jedoch die Anwendung des franz. Rechts, die<br />

Bestimmungen des Code Civile und des Code Pénale (Strafgesetzbuch), die z.T.<br />

bis 1900 Grundlage der Rechtsprechung waren. Selbst die Gerichtsverhandlungen<br />

390<br />

) im Frieden von Campo Formio von 1797<br />

391<br />

) gegen den jugendlichen General Lazare Hoche (vgl Schlacht bei Kaiserslautern)<br />

392<br />

) Klaus Knecht, „ In memoriam, Amtsgericht Lauterecken (1797 – 1975), Westrich Kalender<br />

Kusel, 1975, Seite 55 ff.<br />

393<br />

) Die Richter waren Georg Jäger (bis 1800), Ludwig Handel (bis zu seinem Tod in 1806) und<br />

Carl Philipp Baumann bis zu seinem Tod am 6.1.1835.<br />

394<br />

Darüber hinaus waren das Appellationsgericht (Landgericht) in Kaiserslautern bzw. (das<br />

Oberlandesgericht) Zweibrücken zuständig.


279<br />

mussten ab 1805 in Französisch protokolliert werden, was anfänglich den<br />

Schreibern wohl Schwierigkeiten bereitete.<br />

„Der Rückzug der Truppen Napoléons um die Jahreswende 1813/14, die<br />

nachfolgende Übergangszeit und der baldige Anschluss der Pfalz an Bayern in<br />

1816 unter Maximilian I. veränderte die pfälzische Gerichtsverfassung nur<br />

geringfügig. Während das rechtsrheinische Bayern weiterhin mit veralteten<br />

Verwaltungs- und Gerichtsstrukturen leben musste, behielt die Pfalz ihre<br />

fortschrittlichen Einrichtungen. Die Friedensgerichte blieben erhalten, die franz.<br />

Richter wurden Königlich Bayerische Richter. Niemand in München sah sich<br />

indes veranlasst, die bewährten Institutionen in der Pfalz wieder abzuschaffen. Im<br />

Gegenteil, fortschrittliche Politiker wollten sie auch in Bayern einführen; das<br />

dauerte aber über 50 Jahre bis zur Reichsgründung!<br />

Bemerkenswert, so fand Klaus Knecht, war 1816 die Abschaffung der<br />

Laienrichter beim Friedensgericht, doch dies schien nach den Erfahrungen<br />

zweckmäßig, Kosten sparend und der Sache dienlich gewesen zu sein. Das<br />

französische Recht blieb bis 1900 in der Pfalz rechtswirksam. Auch heute gilt es<br />

noch bei strittigen Grenz- und Grundstücksfragen, wie das Vermessungsamt<br />

Kaiserslautern uns mitteilte.<br />

Das Lauterecker Gericht verfügte allerdings vorerst über kein eigenes<br />

Gerichtsgebäude. Zunächst tagte das Gericht im alten Pfarrhaus, danach in Privat-<br />

und zeitweise sogar in Gasthäusern. Dies erinnert einen an Stories wie im Wilden<br />

Westen, wo unter dem Beifall bzw. Missfallen der Anwesenden Recht gesprochen<br />

wurde und anschließend das Urteil begossen wurde. Nachdem die Regierung des<br />

Rheinkreises in Speyer damit gedroht hatte, dieses Gericht aufzulösen, wenn es<br />

nicht entsprechend seiner Würde und Funktion ordentlich untergebracht würde,<br />

bauten die Lauterecker 1832 ein neues Rathaus, in dem das Friedensgericht dann<br />

bis 1862 tagte.<br />

1854 wurden die Friedensgerichte in Landgerichte umbenannt. 1856 errichtete<br />

der Staat für 21.000 Gulden in der Schulstraße ein Gefängnis, in das Ende 1862<br />

das Landgericht einzog. Die Gefangenen kamen in den 2. Stock. Das Gericht tagte<br />

dann längere Zeit hinter den vergitterten Fenstern. Richter war von 1860 – 1876<br />

Carl Ziegwalner, der bereits von 1855 – 1860 Richter des Landgerichtes<br />

Wolfstein war. Sein Nachfolger wurde Karl Kiefer, der mit seinen 1,90 m damals<br />

außergewöhnlich groß war. Nachdem er sich mehrmals den Kopf angeschlagen<br />

hatte, bestand er drauf, dass die damals üblichen 1,80 m hohen Zimmereingänge<br />

für ihn auf zwei Meter Höhe vergrößert wurden.<br />

In jener Zeit kamen auch Kinder in den Knast. Es ist festgehalten, dass sich ein<br />

13jähriger Sträfling durch die engen Gitterstäbe zwängte, drei Meter bis zum<br />

Erdboden hinab sprang und über die 2,60 m hohe Außenmauer kletterte. Dies war<br />

im August 1871 eine sportliche Meisterleistung.<br />

Ab 1877 wurden die Landgerichte überall in Amtsgerichte umbenannt und ihre<br />

Zuständigkeit erweitert. Um 1900 musste das Amtsgericht Otterberg aufgestockt<br />

werden, da die Grundbücher eingerichtet wurden. Nach seiner Baufertigstellung<br />

war das Amtsgericht mit zwei Richtern besetzt, wobei Benno Schopp die<br />

279


280<br />

280<br />

herkömmliche Arbeit verrichtete und der zweite Richter Johannes Nehb,<br />

Wolfstein, ausschließlich mit der Anlegung der Grundbücher beschäftigt war.<br />

Zuerst wurde 1968 das Amtsgericht Wolfstein und dann 1975 das Amtsgericht<br />

Lauterecken aufgelöst. Der zuletzt dort amtierende Richter Klaus Knecht fragte<br />

sich, ob diese Reform dem Bedürfnis einer bürgernahen Rechtsprechung und<br />

Rechtspflege entspräche?<br />

8.4. Die Pfalz & Erlenbach wurde vermessen<br />

1823, 10.Oktober: Unter diesem Datum schreibt das Bürgermeisteramt Otterberg<br />

an das „Hochlöbliche Königliche Landcommissariat“ in Kaiserslautern:<br />

Das unterzeichnete Bürgermeisteramt wollte hiermit Bericht erstellen, dass der<br />

Herr Geometer Lencke 395 den hiesigen Bann und den von Erlenbach vermessen<br />

hat. Er ließ vor einigen Tagen neue Zeichen machen, da zusätzliche Grenzsteine<br />

an verschiedenen Stellen zwischen den alten Steinen gesetzt werden müssten, um<br />

bestehende Unklarheiten zu beseitigen. Dies betraf im Wesentlichen die<br />

Grundstücke des Müllers Peter Gallé 396 , der links und rechts der<br />

Gemarkungsgrenze Äcker und Wiesen liegen hatte. Um ihm „Rechtssicherheit“<br />

zu geben, würden so ungefähr 6 – 7 Morgen der Otterberger Gemarkung<br />

zugemessen. Dabei hätte der Geometer auf natürliche Markierungen ganz großen<br />

Wert gelegt.<br />

Das Bürgermeisteramt Otterberg lud daraufhin den Erlenbacher Adjunkten zur<br />

Bestätigung und Unterschriftsleistung ein. Der dachte aber nicht daran, sich seine<br />

Finger zu verbrennen. Er schickte seine zwei Schöffenräthe und die rochen den<br />

Braten. Sie sollten über den Tisch gezogen werden. Sie weigerten sich aber, den<br />

neuen Grenzverlauf anzuerkennen. Auch gutes Zureden half nichts, die Schöffen<br />

blieben stur. Die Otterberger waren anscheinend nun ratlos und baten das<br />

Landkommissariat um Entscheidung.<br />

Worum ging es eigentlich? Natürlich um das liebe Geld. Denn die<br />

Grundstücksbesitzer zahlten Grundsteuer und den Erlenbachern wären jährlich<br />

einige Gulden flöten gegangen! Nicht nur das, das Gelände war außerdem zur<br />

Jagd verpachtet und der Jagdpächter hätte sicherlich seine Zahlungen<br />

entsprechend gekürzt.<br />

30. Oktober 1823: Die Antwort lag nun vor:<br />

Nach dem Sections-Bericht der Gemeinde Erlenbach besaßen<br />

Peter Gallé 16,1 Morgen<br />

Karl<br />

Wagner<br />

1,2 Morgen<br />

zusammen 17,3 Morgen<br />

395<br />

Lencké, Philipp August, Allbrecht * 26.11.1793 in Bayreuth, seine Eltern: Johann Georg &<br />

Christina Sabina Müller<br />

396<br />

Er wohnte in der Gallé- Mühle, heute ist es die Beutler- Mühle.


281<br />

auf der Erlenbacher Gemarkung. Die Wiesen und Äcker Gallé lägen in drei<br />

Gewannen. Der vordere Teil gehörte zu Otterberg und die zwei hinteren seit alters<br />

her zu Erlenbach. Nun sollten diese ohne die geringste Entschädigung an<br />

Otterberg fallen. Dies sei für Erlenbach ein ziemlich bedrückender Verlust, so<br />

schrieb die Aufsichtsbehörde, sowohl hinsichtlich ihrer Schafweide als auch im<br />

Hinblick auf den Jagdpächter. Das Landcommissariat empfahl eine friedliche<br />

Einigung zwischen Erlenbach und Otterberg, zumal der Gemeinderat Erlenbach<br />

einen für alle Parteien tragfähigen Kompromiss vorschlug. Der Streit ging aber<br />

weiter. Jede Partei sammelte Argumente und Freunde, um ihre Interessen<br />

durchzusetzen, aber sie spielten immer noch mit verdeckten Karten<br />

1825, 24. Juni: Die Sache hatte vor sich hin geschmort. Die Standpunkte<br />

konkretisierten sich. Die Parteien rückten nun endlich mit stichhaltigem,<br />

greifbarem heraus. So schreibt unter obigem Datum die Regierung des<br />

Rheinkreises in Speyer das königliche Bürgermeisteramt in Otterberg an. Die<br />

Otterberger Verwaltung stützte sich auf das alte Bannbuch. Da wäre der frühere<br />

Grenzverlauf zwischen den fraglichen Grenzsteinen A & B, und B & C eindeutig<br />

zugunsten Otterbergs geregelt. Dies stünde auf der Seite (pag) 370. Dieses<br />

Grundstück liegt in der Flur Weiler und gehörte schon seit undenklichen, alten<br />

Zeiten zu Otterberg. Der momentane Eigentümer war Valentin Keller Dieses<br />

Stück wollte Otterberg auf jeden Fall haben, im Gegenzug würden sie<br />

großzügigerweise auf 12 Morgen Land verzichten, die eigentlich auch zur<br />

Otterberger Gemarkung gehören würden. Die Otterberger schrieben, diese Fläche<br />

läge zwischen den Gewannen Steinhübel und dem Schwarzen Kreuz.<br />

Der Erlenbacher Gemeinderat berief sich auf den gemeinsamen<br />

„Grenzbegehung“ vom 8. Jänner 1825. Dort sei schon ein Kompromiss<br />

angedacht worden. Otterberg solle das Gelände „Weiler“ bekommen, während<br />

Erlenbach die Grundstücke der Gemarkung Kindsäcker bekommen sollte. An<br />

diesem Punkt endet der erhaltene Schriftverkehr.<br />

Wie das Intrigenspiel des Otterberger Bürgermeisters Raquet weiterging,<br />

ersehen wir aus der uralten Gemarkungskarte, die auf Grund der Berechungen des<br />

Landvermessers Lencke erstellt wurde. Heute, fast 200 Jahre nach dieser<br />

Zuordnung, können wir als objektive Drittbeobachter keine zwingenden<br />

Argumente für die damalige Otterberger Darstellung finden. Die Erlenbacher<br />

hatten vergebens um ihre Rechte gekämpft. Die Otterberger erhielten das Gelände<br />

links und rechts der heutigen Kreisstraße 10 zugesprochen. Sowohl die Flur<br />

Steinhübel als auch Weiler kamen zu Otterberg. Raquet war höchste zufrieden<br />

mit seinem Intrigenspiel, wobei ihm Lenke geholfen hatte. Raquet bekam, was er<br />

wollte und Lencke freite die Jungfer Catharina Margaretha Raquet 397 , wie wir<br />

aus dem Hochzeitsakt von 1825 ersehen.<br />

1825, 11. Januar um 14 Uhr:<br />

Zwei Monate nach der das Aufgebotsbestellung war die standesamtliche Hochzeit<br />

in Hochzeit. Der Geometer Philipp August Allbrecht Lencké erschien in<br />

397 Frl Raquet war am elften Vendémiaire im zehnten Jahr (* 3.10.1801) der ehemaligen<br />

Franzöischen Republik geboren worden und war somit 23 Jahre, 3 Monate alt gewesen.. Ihre<br />

Mutter hieß Catharina Dick. Leider wurde sie nicht alt. Sie starb bereits am 28.2.1826 in<br />

Speyer.<br />

281


282<br />

282<br />

seiner wunderschönen, königsblauen Uniform. Vor dem Standesbeamten<br />

Theobald Seitz. Die Trauzeugen waren der königliche Notar Christian Julius<br />

Jacobi, 42 Jahre alt Carl Jung der Otterberger Friedensrichter, 51 Jahre alt und<br />

Cousin der Braut, der Gerichtsschreiber Peter Wolpert (52 J ) und Dr. Carl<br />

Marggraf, der Otterberger Arzt, 38 Jahre alt. Der Bürgermeister hatte alle<br />

hochgestellten Persönlichkeiten zur Hochzeit eingeladen. Alle waren vertreten,<br />

die Lehrer, der Apotheker die Müller usw. Es war ein schönes Fest. Aber das<br />

Glück dauerte nicht lange. Die junge Ehefrau starb bereits ein Jahr später am 26.<br />

Febr. 1826 zu Speyer.<br />

1833 vermaß der königl. Bayerische Geometer Hubert Hagn Erlenbach. Was er<br />

vom 16. bis zum 27. November vermessen hatte, zeichnete er bis zum 19.<br />

Dezember fein säuberlich auf das Meßblatt S.W.1.22. Er rechnete noch in 8,56<br />

Fuß = 2,5 Meter.<br />

398 Gerhard Kaller, Otterberg, Band 2, S. 260 ff.<br />

8.5. Brandkatastrophe in 1822<br />

1822: Bereits vor Weihnachten war Schnee gefallen und es war bitter kalt<br />

gewesen. Weihnachten war vorüber, das die Tagelöhner Familie Konrad Dietz 399<br />

mit seiner Familie bescheiden gefeiert hatte. Die Kinder hatten Äpfel und Nüsse<br />

erhalten. Alles schien seinen gewohnten Gang zu gehen. Die bescheidene Hütte<br />

hatte durch die franz. Gemeindeverwaltung die Hausnummer # 4 erhalten. Das<br />

Haus stand auf dem Platz des heutigen Erlenbacher Feuerwehrhauses. Weil es<br />

dem Tagelöhner an Geld mangelte, war wie überall der Feuerschutz sehr klein<br />

geschrieben worden. Hauptsache man hatte warm. Doch dann schlug das<br />

Schicksal am 30. Dezember unerbittlich zu. Das Haus brannte gegen 22 Uhr.<br />

Konrad und seine Frau konnten sich retten. Aber an die drei Kleinkinder kamen<br />

sie nicht mehr heran. Verzweifelt eilten alle Nachbarn mit ihren Eimern herbei.<br />

Sie bildeten zum Röhrbrunnen eine Löschkette, in der die gefüllten Eimer weiter<br />

gereicht wurden. Aber der Brunnen gibt nicht viel her und gegen eine solche<br />

Feuerbrunst waren sie machtlos. So mussten alle hilflos zusehen, wie die drei<br />

Kinder Konrad 4J, Philipp 2J und Sybilla in den Flammen umkamen. (Sterbeakt<br />

von 1822)<br />

8.6. Das Findeslkind Johannes Hof von 1833<br />

Originaltext mit den Rechtschreibfehlern<br />

Geburtseintrag N° 15, Johannes HOF, ein "Findelkind", geboren im Juli 1833<br />

(Quelle: StA Otterberg, Register Erlenbach, Aktennummer: 15/1833, Quellentext:<br />

398 399 ) Conrad Dietz hatte am 29.10.1812 im Rathaus zu Kaiserslautern (Steinstraße) die Maria<br />

Elisabetha Steyer (Steuer) aus Rodenbach standesamtlich geheiratet


283<br />

Im Jahr ein tausend achthundert drei und dreisig, den vierzehnten des Monats<br />

Juli um drei Uhr des Nachmittags, erschienen vor uns Theobald Seitz,<br />

Beigeordneter Beamter des Civilstandes der Gemeinde Erlenbach, Kantons<br />

Otterberg, Bezirks Kaiserslautern, im Rheinkreise des Königreichs Bayern,<br />

Leonhard Knieriemen, alt ein und dreisig Jahre, Akersmann, wohnhaft in<br />

Erlenbach, welcher uns erklärte, daß Johann Albertini von Lousonnie in Italien,<br />

in Grünstadt domicilirt, in der Nacht vom eilften dieses Monats um halb zwölf<br />

Uhr, wo er bei ihm logirt habe, in seinem Hofe, rechter Hand des Hausganges,<br />

in seiner Gegenwart ein Kind gefunden habe, welches er uns vorzeigte.<br />

Das besagte Kind war in zwei Wikelschnüre, wovon die eine von blau und roth,<br />

die andere blau und gelb ...virtem Baumwollzeuch seie, eingewickelt, und habe<br />

nachfolgende Gegenstände unter den Füßchen liegend bei sich gehabt als:<br />

zwei musline Kinderhauben mit gelben Bendele, zwei Signe Häubchen, ein<br />

muslin Häubchen, gefüttert mit rothem Perial, und einer Baumwoll seye, ein<br />

hellblau Merinos Häubchen, zwei Baumwollzeuchen Wämschen, ein Muslinen<br />

ditto, mit gewirkten Blümchen, zwei Muslinen, und zwei leinen(?) Hemdchen,<br />

vier Stükchen leinen Tuch, welche als Windeln zu dienen scheinen, ein Stük<br />

leinen Tuch, welches früher als Schurz gedient zu haben scheint, unten mit einer<br />

genähten Verzierung versehen, oben derselben mit rothem Zeichengarn KS mit<br />

einer Krann(? oder Krone?) eingenäht, drei alte weiße Tücher von leinen Garn,<br />

waren ein jedes mit ES./2 bezeichnet, eine verflikte Windel, bezeichnet mit dem<br />

Buchstaben H im Eke, und auf einem darauf befindlichen Stüke findet sich der<br />

nemliche Buchstaben.<br />

Nach geschehener Untersuchung haben wir erkannt, daß das Kind männlichen<br />

Geschlechts ist, und das Alter von 5 bis zehn Tagen zu haben scheint, an deßen<br />

Körper sich übrigens keine besonderes Zeichen befindet, wir haben hiermit das<br />

besagte Kind unter dem Vor- und Familien Nahmen<br />

- Johannes Hof -<br />

eingeschrieben, und verordnet, daß es dem genannten Leonhard Knieriemen von<br />

Erlenbach eingehändiget werde.<br />

Ueber alles dieses haben wir gegenwärtiges Protocoll gefertigt, in Gegenwart<br />

von Leonhard Barth, alt ein und vierzig Jahre, Akersmann und Peter Stein, alt<br />

fünf und fünfzig Jahre, Taglöhner, welche nach geschehener Vorlesung mit uns<br />

und dem Deklaranten unterzeichnet haben. Beide Zeugen sind in benanntem<br />

Erlenbach wohnhaft.<br />

8.7. Die Familien Erlenbachs 1836<br />

Folgende Erlenbacher Familien bekamen 1836 Brennholz. Jede Familie die gleiche<br />

Menge und Güte. Darüber legte die Gemeindeverwaltung Otterberg die Namensliste an,<br />

ohne Berufsnennung und ohne Geburtsdaten.<br />

Familien Erlenbachs 1836<br />

geboren<br />

283


284<br />

284<br />

Baier, Nicolaus<br />

Barth Heinrich, der<br />

große<br />

Barth, Heinrich der<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

können<br />

GM, Bauer Kleine * 31.7.1773 Mölschbach<br />

Bauer<br />

Adjunkt,<br />

Barth, Leonhard * 1792<br />

Bauer Becker Benedikt * 1790<br />

Becker Conrad<br />

Becker Johannes<br />

Braunbach, Joh. Conrad<br />

oo 1806 Anna Maria<br />

* 1807 in Enkenbach<br />

Gm, Bauer Haas, * 3.7.1785 * 1783, † 11.1.1868<br />

Dick, Conrad<br />

Er erklärte, nicht schreiben zu<br />

Halbbruder des Friedr.<br />

Dick, Fried, * 7.7.1790<br />

oo Doro. Henr. Ball<br />

können<br />

Dietz, Conrad oo Maria Seine ersten 3 Kinder<br />

Elis. Steyer aus Rodenb.<br />

Haffner, Benedikt<br />

verbrannten 30.12.1822<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Haffner, Heinrich<br />

Haffner, Leonhard<br />

Haffner, Peter<br />

können<br />

Schütz Haffner, Peter Conrad<br />

Haffner, Wilhelm<br />

* 1795<br />

Tagelöhner Hager Joh. Nicolaus<br />

Hanbuch, Johannes<br />

Heil Daniel<br />

Heil, Daniel, jun<br />

* 20.7.1795 in Mölschbach<br />

GM Heinrich Jacob<br />

Heinrich, Conrad<br />

Henrich, Wilhelm<br />

Herbach Daniel<br />

Herbach Jacob<br />

Herbach Paul<br />

Herbach, Michel<br />

* 1787<br />

Herbach, Valentin<br />

Herdinger, Jacob<br />

* 1794<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Hollstein Conrad können<br />

Hollstein Georg Conrad oo 21.12.1835 Hollstein,<br />

jun, * 25.12.1804, † Magdalena, * 16.12.1805 in E<br />

15.3.1884<br />

† 17.11.1885 in Erlenbach<br />

GR Hollstein Johannes<br />

Hollstein Leonhard


285<br />

Schmied Joerg Theobald<br />

Jost Philipp<br />

* 1800 in Erlenbach<br />

Jost, Philipp Henrich<br />

Jühner, Heinrich<br />

* 1796 in Erlenbach<br />

Kafitz, Leonhard * 1800 in Erlenbach<br />

Beruf Name geboren<br />

Schuhmacher Kempf Philipp<br />

Kennel, Jacob<br />

Knieriemen, Conrad,<br />

Knieriemen, Jacob<br />

Knieriemen, Leonhard<br />

* 1804 in Niederkirchen<br />

GM Korn Benedikt<br />

Gm Korn Johannes<br />

Korn Peter<br />

Bauer Korn, Jacob * 1812 in Erlenbach<br />

Bauer Korn, Philipp * 2.7.1808<br />

GM Kühner, Heinrich<br />

Lautenbach, Theobald<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Lautenbach, Joh. Adam können<br />

Bauer Lessoin, Abraham * 1798<br />

GM, Bauer Mangold, Johannes<br />

Mangold, Peter<br />

Merk Franz<br />

Merk, Georg<br />

* 29.5.1791 in Erlenbach<br />

Ackerer Müller, Valentin * 1795 in Sembach<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Schuhmacher Nicolaus Jacob können<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Reisel, Joh. Jacob<br />

Roeder, Johann,<br />

können<br />

Tagelöhner, Schäfer, Theobald,<br />

Hirte Schwager der Ball * 1784 in Baalborn<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Schmitt Philipp<br />

Schneider Andreas<br />

Schneider Theobald<br />

Stamm Ernst<br />

oo 27.11.1812 in KL<br />

können<br />

Lehrer Schneider, Mar. Elisab.<br />

Steidel Wilhelm<br />

Stein, Jacob<br />

Stein, Johann Peter, *<br />

* um 1790, 1824 schon in E<br />

1776, Schwager des oo 18.08.1814 in KL<br />

Dick<br />

Steinbach Heinrich<br />

Wiesenecker Dorot. Ottilie<br />

285


286<br />

286<br />

Ackerer<br />

Steinbach, Heinrich<br />

Wenzel Franz<br />

Wenzel, Joh. Peter * 1.2.1771 in Erlenbach<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Winter, Jacob<br />

können<br />

GM, Bauer Ziemer, Nicolaus<br />

23 % der Männer konnten 1836 nicht schreiben<br />

8.8. Theobald Marky, * 28.3.1817, heiratete<br />

Das Brautpaar Theo Marky und seine Braut Catharina Schaum hatten das<br />

Aufgebot bestellt. Beide hatten sich auf der Kerwe in Otterberg kennen und<br />

lieben gelernt. Theo hatte die typische Karriere des beginnenden Jahrhunderts<br />

hinter sich. Er hatte seinen Militärdienst beim Königlich Bayerischen Leichten<br />

Reiterregiment in Zweibrücken abgeleistet. Darüber war der Abschied am<br />

11.6.1845 ausgestellt, den er bei seiner Aufgebotsbestellung vorzulegen hatte.<br />

Pflichtgemäß hatte er danach wie auch die anderen jungen Reservisten auch den<br />

Staatsbürgereid vor dem Bürgermeister abzuleisten. Bevor das Paar 1845<br />

heiratete, hatten sie bereits drei Kinder miteinander gezeugt und auf dem<br />

Gersweilerhof zusammengelebt. Denn der Soldat durfte erst nach der<br />

vollständigen Ableistung seines Militärdienstes heiraten. Seine vorehelichen<br />

Kinder kamen alle auf dem Gersweilerhof auf die Welt.<br />

1. Dorothea Marky, * 29.9.1839<br />

2. Theobald Marky, * 7.1.1844, und<br />

3. Philipp Marky, * 18.6.1845 .<br />

Die Hochzeit wurde standesamtlich am 18. August 1845 im Erlenbacher<br />

Schulhaus geschlossen. Standesbeamter war der Otterberger Bürgermeister<br />

Raquet. Wie so üblich waren neben den Brautleuten die Eltern des Bräutigams<br />

und die vier männlichen Trauzeugen in dem umfunktionierten, mit der<br />

Bayernfahne geschmückten Schulsaal versammelt. Vater Johann Theobald<br />

Schaum und die Mutter der Käthe Schaum, die Anna Barbara Ultes vom<br />

Drehenthaler Hof waren bereits verstorben.<br />

Raquet las die vorbereitete Urkunde vor, die im Original im Archiv der<br />

Stadtverwaltung Kaiserslautern aufbewahrt wird.<br />

Theobald war damals 28 Jahre alt. Das Paar hatte auf dem Gersweilerhof einen<br />

kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie schlugen sich wie alle damals mehr<br />

schlecht als recht durch. Die Urkunde benennt Eltern und Großeltern. Laut<br />

Hochzeitsurkunde waren die Großeltern väterlicherseits in Baalborn und die<br />

mütterlicherseits auf dem Drehenthaler Hof verstorben, wobei der Vor- und<br />

Zunamen der Großmutter der Braut unbekannt war. Raquet hatte auch in seinen<br />

Unterlagen darüber nichts gefunden. Die vier (männlichen) Trauzeugen wohnten<br />

auf dem Gersweilerhof und waren:<br />

1. Adam Karch, Ackersmann, 54 Jahre alt, Oheim des Bräutigams<br />

2. Theobald Knieriemen, Ackersmann, 50, ebenfalls Oheim des<br />

Bräutigams,


287<br />

3. Johannes Heil, 31, Maurer und Schwager des Bräutigams<br />

4. Adam Engelhardt, 38, Ackersmann, Schwager des Bräutigams<br />

Nachdem die Urkunde verlesen worden war, unterschrieben alle Anwesenden.<br />

Nur die Braut erklärte, weder schreiben noch unterzeichnen zu können, weil sie<br />

solches nie erlernt habe. Dies ist sehr verwunderlich, denn seit Jahrhunderten<br />

bestand Schulpflicht auch für Mädchen und die bayerische Regierung hatte 1818<br />

die Schulpflicht nochmals per Verordnung verschärft.<br />

8.9. Kataster und Grundsteuer<br />

Die Französische Regierung war auf dem richtigen Weg, als sie die Fenstersteuer<br />

als vermögensabhängige Steuer einführte. Je mehr Stockwerke und Fenster ein<br />

Wohngebäude hatte, desto reicher war die Familie. Die Erhebung war einfach,<br />

aber die Steuerausweichung ebenso. Napoleon hatte einfach nicht die Zeit, die<br />

Grundvoraussetzungen für eine gerechte Grundsteuer zu schaffen. Erst das<br />

Königreich Bayern als Rechtsnachfolger erließ Gesetzespakete und Verordnungen<br />

als Rahmen für den modernen Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die jedem<br />

Sicherheit garantierten. 1828 wurde die Grundsteuer eingeführt, die im<br />

Haushaltsjahr 1849/50 dem Erlenbacher Gemeindesäckel 692,30 Gulden<br />

einbrachten.<br />

Aber von welchen Werten wurde sie berechnet? Grundlage wurden die<br />

katasterlichen Vermessungen aller Gemeinden und Grundstücke des riesigen<br />

Rheinkreises. Diese ungeheuerliche Arbeit in der riesigen Pfalz dauerte immerhin<br />

30 Jahre. Eine Superarbeit, über die wir heute noch staunen. Eine großartige<br />

organisatorische Leistung war die Einrichtung von Katasterämtern, die<br />

Einstellung und Schulung der Landvermesser, Graphiker und Drucker. Dazu<br />

gehörten auch die Entwicklung und der Kauf entsprechender Geräte, die<br />

Einrichtung von Grundbuchämtern und die Schulung rechtssicheren Personals<br />

und vieles mehr. Bei der Grundstückvermessung waren die Feldgeschworenen<br />

immer dabei, die weitere Rechtssicherheit gaben. Im Jahre 1907 waren dies Peter<br />

Korn, und Heinrich Barth 400 . Sie wurden am Freitag, den 27. Sept. 1907 in<br />

Kaiserslautern, nachmittags „verpflichtet“.<br />

Die Karten wurden nicht einfach so gezeichnet. Nein, im Gegenteil Die Ämter<br />

kauften absolut plane Solnhofer Kalksteinplatten. Die waren ca. 6 cm stark,<br />

hatten genormte Größen von 45 x 45 cm Selbst die kleinsten wogen 60<br />

Kilogramm. Einschließlich Transport hatten sie 2,50 Gulden gekostet. Die<br />

Bearbeitung erfolgte arbeitsteilig in mehreren Schritten. Die Graveure ritzten mit<br />

unerschütterlicher Geduld und Exaktheit jedes Detail im Negativdruck in die<br />

Platten. Nur ja keinen Fehler machen! Sonst wären die Platten wertlos gewesen!<br />

Nachstehend ein privates Dokument, das den Umfang der Überlegungen darstellt.<br />

(Auf der CD finden Sie Katasterblätter). Die Grundstücke wurden nach Größe und<br />

Bodenwerte klassifiziert, um eine gerechte Besteuerung zu erreichen. In unserer<br />

400 ) Laut Visitationsprotokoll N° 5275 erstellt nach der Inspektion vom 16.8.1907<br />

287


288<br />

288<br />

Region haben wir Bodenwerte zwischen 30 – 60 Bodenpunkten. Der Landwirt<br />

kann somit auf diesen Böden nur 30 – 60 Doppelzentner je Hektar Getreide<br />

ernten. In der Magdeburger Börde erntet der Bauer bei sonst gleichen<br />

Bedingungen durchschnittlich 130 Doppelzentner (100 kg). Getreide.<br />

8.10. Polizeiordnung<br />

In der französischen Zeit hatten sich Freiheitsrecht durchgesetzt. Die Menschen<br />

verwirklichten sich im Rahmen ihrer damaligen Möglichkeiten. Dadurch eckten<br />

sie an. Sie verletzten die Wertvorstellungen und Ordnungen derer, die das Sagen<br />

hatten<br />

Nachtschwärmerei<br />

Der Fernseher war noch nicht erfunden. Was sollte man denn abends machen? Die<br />

Kuh und die Ziege waren gemolken, das Schwein im Keller gefüttert Die Alten<br />

saßen nach getaner Arbeit auf der Bank, die Nachbarn besuchten sich gegenseitig<br />

und maiten. Das ist schön in den langen, lauen Sommernächten Und die<br />

Jugendlichen? Sie trafen sich auch und streiften durchs Dorf. Vielleicht hatte der<br />

eine oder andere auch Schnaps dabei. Sie heckten so manchen Streich aus. Da<br />

alberten sie rum und machten dummes Zeug. Besonders lustig ging es beim<br />

Schafbock und Ziegenbock-Reiten zu. Den Buben machte es wohl gar nichts aus,<br />

wenn sie genauso stanken. Die Älteren, na ja, die entdeckten die Liebe. Die<br />

ersten zärtlichen Banden wurden geschmiedet, hinter der Scheuer harmlose<br />

Zärtlichkeiten ausgetauscht. Für den Pfarrer, das Presbyterium war dies ein Dorn<br />

im Auge Das Königlich Bayerische Bezirksamt in Kaiserslautern wurde aktiv und<br />

wollte dem bunten Treiben ein Ende setzen. Es erließ am 20. Januar 1827 eine<br />

Verordnung, die für alle Dörfer, also auch für Erlenbach galt.<br />

„Schon seit einiger Zeit erlaubte sich die Jugend beiderlei Geschlechts des Abends<br />

truppweise durch die Straßen zu ziehen, wodurch die Ruhe der Bürger gestört<br />

wird. Das Bürgermeisteramt sieht sich dadurch veranlasst, diesen Unfug für die<br />

Folge zu steuern“ 401 . Deshalb verbot sie das Tanzen, außer zu bestimmten<br />

Anlässen. Dazu gehörte natürlich die Kerwe. „Freinächte“ waren auch fürstliche<br />

Jubiläen, Geburtstage der Königsfamilie oder die Gedenktage wichtiger gewonner<br />

Schlachten gegen Napoleon. Außerdem durften die Wirte nur Leute beherbergen,<br />

die sich ordentlich ausweisen konnte. Wer nachts ohne Laterne herumlief, machte<br />

sich verdächtig; dies waren die gefürchteten Nachtschwärmer und ander dunkle<br />

Gestalten. Als Beispiel 2 Artikel:<br />

Art 7: Es ist allen Gast- und Schankwirten in der Gemeinde auf das<br />

strengste untersagt, abends nach 10 Uhr, mit Ausnahme an Reisende,<br />

Getränke zu verabreichen oder den hiesigen Einwohnern und Soldaten,<br />

welche etwa in der Gemeinde beurlaubt sind, auf irgend eine Art Aufenthalt<br />

zu gestatten, sie zu verheimlichen oder gar zu verstecken. (Denn der


289<br />

bayerische Militärdienst war streng und gefürchtet Damit sollte der<br />

Fahnenflucht vorgebeugt werden.)<br />

Artikel 8: Es ist den Einwohnern untersagt, des Abends nach 10 Uhr sich in<br />

Wirtshäusern aufzuhalten und hat sich demnach ein jeder während des<br />

Polizeigeläutes in seine Wohnung zu begeben. Sollte aber der Fall eintreten,<br />

dass Gemeinde-Glieder in den Wirtshäusern sich aufhalten, so haben die<br />

Eigentümer ihre Häuser und Türen offen zu halten, damit der Polizei-Diener<br />

ungehindert eintreten kann“<br />

8.11. Die Landwirtschaft,<br />

auch Verpachtung des Schäferhauses 1847<br />

Landwirtschaft und Rinderzucht<br />

Die Gemarkung Erlenbachs und der Gersweilerhofes ist zusammen 584 Hektar<br />

groß Davon nutzten unsere Kleinbauern mit 296 Hektar etwa die Hälfte<br />

landwirtschaftlich Bereits 1800 hatten wir 1.300 Grundstücksnummern. Das heißt<br />

die Grundstücke hatten eine durchschnittliche Größe von 0,23 ha. Dies war alles<br />

viel zu klein, zu putzig, um richtig wirtschaften zu können. 1930 ernährten sich in<br />

Erlenbach 138 Familien von ihrem kleinen Landbesitz, 103 von ihnen<br />

bearbeiteten weniger als zwei Hektar, zusammen besaßen sie gerade mal 75<br />

Hektar. In die anderen 221 Hektar teilten sich 35 Familien. Aber nicht nur die<br />

Flächen waren klein, zudem lag der Bodenertragswert unter 30. Noch 1930 sah<br />

die Erlenbacher Landverteilung 402 wie folgt aus:<br />

Die Folgen<br />

Größe Familien Fläche<br />

bis 0,15 54 Familien 20,0 ha<br />

bis 1,0 Hektar 29 Familien 19,5 ha<br />

1,0 – 2,0 Hektar 20 Familien 35,5 ha<br />

2,0 – 5,0 Hektar 19 Familien 76,5 ha<br />

5,0 – 10 Hektar 9 Familien 67,5 ha<br />

10 – 12 Hektar 7 Familien 77,0 ha<br />

zusammen 296,0 ha<br />

• viele Familien lebten am Existenzminimum und waren öfters hungrig<br />

als satt,<br />

• die Männer waren froh, wenn sie im industriell aufstrebenden Umland<br />

Arbeit fanden. Viele Erlenbacher übernahmen vielfältige Aufgaben bei<br />

der aufstrebenden Eisenbahn. Die Arbeit auf Hof und Feld hatten die<br />

Frau und Kinder zu erledigen. Die nicht mehr schulpflichtigen<br />

Mädchen verdingten sich für einen Jahreslohn von 6 bis 12 Gulden bei<br />

402 ) Aufstellung der Ortsgemeinde von 1930<br />

289


290<br />

290<br />

freier Kost und Logis in städtischen oder landwirtschaftlichen<br />

Haushalten.<br />

• Durch das Elend und die regelmäßigen Hungersnöte wanderten<br />

Hunderte aus Erlenbach aus.<br />

Die Landwirtschaft und die bäuerliche Gartenbepflanzung des 18. und 19.<br />

Jahrhunderts unterscheiden sich erheblich von der heutigen. Alles war anders und<br />

sah auch anders aus. Beginnen wir mit der Fleisch- und Milcherzeugung, wie<br />

wir heute sagen.<br />

Das damalige „Hornvieh“ war nicht so hoch gezüchtet, wie unsere heutigen<br />

vierbeinigen, tierischen Milch- und Fleischproduzenten. In unserer Region<br />

dominierte das Glan- und Donnersberger Rind. Vom Aussehen braun, klein bis<br />

mittelgroß. Ein gutmütiges Tier. Die Kuh hatte einen schönen, halbkugelförmigen<br />

Euter. Nach Johann Burger war das Rind im/nach dem 7. Lebensjahr<br />

ausgewachsen und gab zwischen 700 – maximal 1.400 Liter Milch pro Jahr.<br />

Heute ist eine durchschnittliche Milchleistung von 6.800 Litern nichts Besonderes<br />

mehr und der Euter hängt fast bis zum Boden runter. Diese Überzüchtung<br />

behindert die Milchkuh erheblich in ihrem Bewegungsablauf. Die damaligen<br />

Kühe standen nicht im Stall, sondern wurden vom Kuhhirten über die Brache,<br />

abgeernteten Felder, die Wiesen- und Weiden geführt. 1808 hatte die Gemeinde<br />

Erlenbach den 52 jährigen Johann Heinrich Collette 403 beschäftigt. Gemolken<br />

wurde morgens und abends. Nach Einführung des Klees als Futterpflanze stieg<br />

der Fettanteil der Milch erheblich. Durch erste veröffentlichte Testergebnisse<br />

weiß man, dass im Herbst 1792 - 60 Liter Milch notwendig waren, um etwa 1 kg<br />

Butter zu produzieren. Die Tests zeigten, dass verfütterte Kohlköpfe und<br />

Kartoffeln enorme Leistungssteigerungen brachten. Über den Daumen, aus 10<br />

Liter Milch konnte dann 1 kg Butter produziert werden. (Alle damaligen Maße<br />

waren damals in Pfund ausgedrückt). Johann Burger stellte auch die<br />

Käseherstellung ausführlich dar. (S. 255 ff.) Er schreibt u.a. „die Milch, welche<br />

im Haushalte nicht unmittelbar verspeist wird, wird entweder als Milch verkauft<br />

oder man bereitet Butter oder Käse aus ihr“.<br />

403 ) In dem Sterbeakt N° 28 ist zu lesen: „


291<br />

So sah es aus. Die Mutter war zuhause und hatte alle Hände voll zu tun, Haushalt,<br />

Garten und Vieh ordentlich zu versorgen. Der Bub hat einen Stecken in der Hand, mit<br />

dem wird er gleich die Kuh zur Wiese treiben.<br />

Die heutige Rinderzucht geht zweigleisig vor. Einerseits die Milchrassen und<br />

andererseits die Fleischrassen. Die männlichen Kälber der Milchrassen werden<br />

gemästet. Durch neue Fütterungsmethoden und – Futtermittel erreichen sie schon<br />

sehr bald ihr Schlachtgewicht. Wegen des erheblichen BSE- Risikos verkaufen die<br />

meisten Züchter ihre Jungbullen vor dem kritischen BSE -Zeitpunkt von 24<br />

291


292<br />

292<br />

Monaten. Nur wenige Landwirte halten ihre Bullen etwas länger und lassen sie<br />

wegen des unbedingt notwendigen Verbraucherschutzes testen.<br />

Auch schon vor 200/300 Jahren hielt jedes Dorf einen Zuchtbullen (Fassel). 1907<br />

hielt Jakob Korn den Zuchtstier 404 . Den anderen männlichen Nachwuchs<br />

„verschnitt“ = kastrierte man. Die Ochsen wuchsen bis zum 10. Lebensjahr und<br />

waren zwischen 12 und 14 Jahren die stärksten, geschicktesten, brauchbarsten<br />

Zugtiere. Das Anlernen sollte erst mit 3 Jahren mit leichten Lasten beginnen, um<br />

die körperliche Entwicklung nicht zu hemmen. Johann Burger singt ein hohes<br />

Lied auf die Ochsen, ohne die damals die Landwirtschaft und das<br />

Transportgewerbe nicht ausgekommen wären. „Der Ochs nützt uns während<br />

seines Lebens durch die Arbeit, welche er uns leistet, und nach seinem Tode durch<br />

sein Fleisch, Fett, seine Haut usw. (Burger S. 244)“. Auch damals waren<br />

Viehzucht und Mast schon experimentell und man erkannte schnell den<br />

Zusammenhang zwischen guter Fütterung und Zugleistung und<br />

Gewichtszunahme. „Über den Fortgang jeder Mästung überzeugte man sich durch<br />

Wiegen, Messen und Befühlen der Thiere“.<br />

Der Viehhandel 405 dürfte wohl von den Juden betrieben worden sein. Der<br />

Viehhändler Jacob Israel aus Rathskirchen lässt 1805 die Geburt seines Sohnes<br />

Abraham Israel im Bürgermeisteramt Hefersweiler 406 registrieren. Pate ist der<br />

38jährige Viehhändler Jacob Herz aus Rathskirchen. In Hefersweiler lebte die<br />

jüdische Familie Moses David, verheiratet mit Malken, geborene Anschel Ihre<br />

Tochter Rosel kam am 18. Februar 1782 in Hefersweiler auf die Welt. Sie<br />

heiratete am 8. Vendemiaire XII den Schulmeister Marx Hirsch, Schulmeister in<br />

Kirchheim. Zur gleichen Zeit lebte in Hefersweiler der jüdische<br />

Landwarenhändler Jakup Rosenzweig 407 , der auch 1782 in Hefersweiler geboren<br />

wurde. Seine Eltern waren die aus Winnweiler stammenden Eheleute David<br />

Rosenzweig und Magdalena Anschel 408 .<br />

Im Oberamt Lautern, das das alte Reichs- und Königsland umfasste, herrschte<br />

im 18. Jahrhundert ein besonderes Elend („Aus der Geschichte der pfälzischen<br />

Landwirtschaft, von Theodor Zink, Hz 21, 1 –5, S. 3 ff. im Institut für Pfälzische<br />

Geschichte). Die Zeitgenossen beschrieben die Ackerer nur noch als Bettler. Von<br />

den klein- und Kleinstflächen, lagen ⅓ brach, ⅓ ergaben wegen des<br />

Fruchtwechsels nur halben Ertrag und der Rest war ein Kapital, das zur Hälfte<br />

einen schlechten Zins ertrug“. Um dem offenbaren Elend in der heimischen<br />

Landwirtschaft abzuhelfen, gründeten Volksfreunde in Kaiserslautern in der Nähe<br />

des Ritterberg-Gymnasiums eine fortschrittliche Institution zur Förderung der<br />

Landwirtschaft. 1769 gelang die Gründung der Bienengesellschaft. Sehr schnell<br />

versuchte man folgende Ziele zu erreichen:<br />

404 ) Laut Visitationsprotokoll des Bezirksamtes Kaiserslautern am 16. August 1907 in Erlenbach<br />

405 ) Den Juden war jede landwirtschaftlich und handwerkliche Tätigkeit bis 1798 verboten, so<br />

blieb nur der Handel übrig, wenn sie nicht verhungern wollten!<br />

406 ) Acte de naissance, mairie de Kaiserslautern, du vingt deux jour du mois de Vendemiaire lán<br />

treize, (Archiv der Verbandsgemeinde Rockenhausen), Adjunkt war damals Johannes (Jean)<br />

Bacher<br />

407 ) er war mit Katharina Strauß verheiratet, die vor ihm gestorben waren!<br />

408 ) Malken und Magdalena Anschel waren offensichtlich Geschwister, somit waren David<br />

Rosenzweig und Moses David Schwäger!


293<br />

1. Aufgabe der Dreifelderwirtschaft,<br />

2. Förderung des Kleeanbaues,<br />

3. Die Durchsetzung der ganzjährigen Stallfütterung!<br />

Die Bauern wollten jedoch nicht von der Weidewirtschaft lassen und zur<br />

Grünfütterung im Stall übergehen. Wegen der mangelnden Schulbildung fehlte<br />

den Bauern jegliche Einsicht in die Zusammenhänge. Zum anderen war der<br />

Viehbestand im Verhältnis zu den verfügbaren Grünflächen viel zu hoch. Schon<br />

deshalb waren unsere Erlenbacher Kleinbauern auf das Futtergras- und den Streu<br />

aus dem Gemeinde- (Buchwald) und Reichswald angewiesen. Gab es aber durch<br />

zu viel oder zu wenig Regen Missernten, „dann pochte auch der Großbauern laut<br />

an die Pforte des Waldes – und das nicht vergebens. So geschehen unter anderem<br />

auch in den Notstandsjahren, wie z. B. 1893. In Erlenbach, ja in der ganzen Pfalz<br />

war die Forstwirtschaft die edle Schwester der bedrängten Landwirtschaft 409<br />

Deshalb ließen sie von kurpfälzischen Beamten Mustergüter einrichten und<br />

veranlassten die Geistlichkeit das Gleiche zu tun! Ergebnis waren riesige Erfolge.<br />

Und täglich überzeugte der Erfolg den Übergang zu den neuen Betriebsformen.<br />

Im Oberamt Alzey gab es 1771 dann doch schon 28 Dörfer, die die Stallfütterung<br />

eingeführt hatten (u. a. Stetten, Einselthum und Standenbühl)<br />

Theodor Zink schreibt: „unter die Rüben säet man Erbsen, Heidekorn,<br />

Daudenkropf, wenn es gewachsen, rauft man es und verfüttert solches“.<br />

Von Schafzucht und Wolle<br />

Auf 31 Buchseiten (255 – 286) beschreibt Johann Bürger Vorteile, Möglichkeiten<br />

der Schafzucht. „Das Schaf gewährt dem Menschen so viele Vorteile durch seine<br />

Wolle, sein Fleisch, Fett und seine Haut, dass es ihm nach dem Hornvieh das<br />

wichtigste Hausthier ist“. “Sie lieben den Aufenthalt auf Hügeln, auf<br />

kurzgrasigen, trockenen Weideplätzen, die mit Gebüsch und Bäumen hin und<br />

wieder besetzt sind, unter denen sie Schatten und Kühlung in den heißen Stunden<br />

des Tages und den Schutz gegen den Regen finden“.<br />

Johann Burger benennt 16 Schafrassen (S. 259), die entweder ein schlichte oder<br />

gekrauste Wolle tragen. „Die Wolle ist der wesentlichste Theil der Benützung der<br />

feinwolligen Schafe, denn ihr Werth kann alljährlich so viel und mehr betragen,<br />

als der Fleischwerth des ganzen Thieres“. (Auch das hat sich grundlegend<br />

geändert. Heute, in 2002, rentiert sich der Wollverkauf nicht mehr.) Die Wolle<br />

wurde früher direkt vor Ort von den Hausfrauen gesponnen und verarbeitet. Die<br />

Familie Steinhauer verdiente viel Geld mit dem Verkauf von Spinnrädern, die sie<br />

auch nach Erlenbach lieferten. Die Schafshaltung war für die Bauern, die Schäfer,<br />

ja für die ganze Bevölkerung von allgemeiner Bedeutung. Die Kurpfälzer hatten<br />

sich leider erst ab 1750 stark um die Landwirtschaft gekümmert. Sie waren aber<br />

nicht auf die Idee gekommen, franz. Schafsböcke zu kaufen, um die heimische<br />

Rasse aufzupeppen. Als Napoleon mit dem Forstmeister Franz Daniel Rettig<br />

auf den Morlauterer Höhen erschien, fielen ihm die kleinen, mickrigen Schafe<br />

auf. Napoleon ritt bis zu den heutigen Husarenäcker und dann hinüber nach<br />

409 ) Johann Keiper, Der Reichswald bei Kaiserslautern , KL 1895, S. 48<br />

293


294<br />

294<br />

Otterbach. Zwar grüßten ihn die Erlenbacher und Otterberger freundlich, sie<br />

schwenkten ihre Hüte, dies konnte aber nicht ihre offensichtlichen,<br />

wirtschaftlichen Probleme verbergen. Gleich in Lautern zurückgekommen,<br />

veranlasste Napoleon, dass 100 starke Schafböcke in die Kantone Lautern,<br />

Otterberg, Wolfstein geliefert wurden. 1818 war Franz Closett 410 Schäfer auf dem<br />

Gersweilerhof, verheiratet mit Catharina Mietreich<br />

Die Schafsmilch enthält wesentlich mehr Butter- und Käseanteile wie die<br />

Kuhmilch. Allerdings rentiert sich das Melken erst, wenn das Lamm entwöhnt ist.<br />

Ein guter Trick der Ackerdüngung war, wenn man die Schafe auf engem Raum<br />

auf einem Acker oder auch im Reichswald eingepfercht hielt.<br />

8.12. Wieder von Waldrechten & Streit darum<br />

Die heutige Erlenbacher Gemarkung besteht aus dem ehemaligen Dorf Erlenbach<br />

und des im Reichswald gelegenen Hofes Gersweiler Hof. Daraus resultieren<br />

unterschiedliche Rechte. Erlenbach hat seinen eigenen Wald, der allen Bürgern<br />

gehört. Die Bewohner des Gersweilerhofes dagegen genießen über ihren eigenen<br />

Wald hinaus alte, zugesicherte Rechte, die von allen deutschen Königen und<br />

Kaisern bestätigt wurde. Die Kurpfalz als Rechtsnachfolger trat in die rechtlichen<br />

Fußstapfen der Kaiser und musste deshalb auch deren Rechte und<br />

Beschränkungen akzeptieren. Aber immer wieder gab es handfesten Streit, aber<br />

auch Vergleiche 411 , wie wir aus dem Schreiben des Präfekten Rudler aus dem Jahr<br />

1806 ablesen.<br />

1336, so steht es im Urteil des Präfekten Rudler, Johann Keiper hat das Jahr 1334<br />

ermittelt. Der Reichsschultheiß von Kaiserslautern Nicolaus von Kindenheim<br />

entschied vor dem Königsgericht vor sechs Burgmannen, vor dem Bürgermeister<br />

samt acht Ratsherren und vor den Königsförstern die Streitsache zwischen der<br />

Gräfin von Sponheim und den beiden Klöstern Otterberg zu dem zu Lautern<br />

wegen der Gerichte in den zwei Dörfern Erlenbach und Morlautern. Es wurde<br />

entschieden, dass die Gerichtsbarkeit in Erlenbach dem Zisterzienser Kloster<br />

Otterberg zugesprochen wurde. Morlautern aber dem vom Kaiser Friedrich I<br />

gegründeten Prämonstratenser Propstei Lautern gehört. Bereits 1391 folgte laut<br />

dem Urteil von 1806 der nächste Streit<br />

1417: Donnerstag nach Allerheiligen war Kurfürst Ludwig in Kaiserslautern. Er<br />

entschied bezüglich der Schweinemast: „gibt es Eicheln oder Buchenmastung im<br />

Reichswald, so mag ein jeder, sey er aus Lautern oder aus den drei Kirchspielen<br />

Ramstein, Weilerbach und Steinwenden und was dazu gehört, seine Schweine<br />

drei Tag vor und nach Michaelis (29. September) in den Wald treiben, jedoch<br />

ohne dass sie Schaden tun und müsse dann von einem selbst gezogenem oder<br />

gekauften Schwein, das im Haus geschlachtet werde, drei alte Heller, von einem<br />

anderen, das er verkauft 13 Währungs- oder gute Heller entrichten 412 :<br />

410 ) Geburtsakt N° 14 aus 1818 im Stadtarchiv KLUDWIG * 13.9.1818 Maria Angelica Closett.<br />

Anzeigende Personen waren Cherdron, Franz 68 Metzger & Karl Welker, 45, Schuhmacher,<br />

beide von Otterberg<br />

411 ) Akt des Stadtarchivs Kaiserslautern, a VII 174<br />

412 ) Johann Keiper, Der Reichswald bei Kaiserslautern, Kaiserslautern, 1895, S. 60


295<br />

1467 erfolgte die Vereinigung der drei Hubgerichte Erlenbach, Reichenbacher<br />

Hof und des Gersweilerhofes zu einem Schöffengericht. Den Vorsitz führte der<br />

Erlenbacher Schultheiß, ihm standen 7 Schöffen zur Seite, die laut Gerhard<br />

Kaller 413 der Otterberger Abt letztendlich ins Amt einsetzte.<br />

1560 erließ Kurfürst Friedrich III. eine Forstordnung, die sein Sohn Pfalzgraf<br />

Johann Casimir 1577 ergänzte. „Er entschied auf Beschwerden der Bürger<br />

wegen verbotenen Weidganges ihrer Geißen und Hämmel wiederholt und weise:<br />

Jedes für die jungen Schläge (Waldstücke) so schädliche und nachteilige Vieh<br />

(Geißen) müsse durchaus von dem Weidgange im Reichswalde ausgeschlossen<br />

bleiben, was den Bewohnern des Gersweilerhofes ja später, wegen ihrer<br />

Holzrechte darin, selbst wieder zu gute komme“ 414 Zwei Jahre später ergänzte<br />

Johann Casimir die Forstordnung. Er untersagte den Bürgern „das Anhauen<br />

gerader Kiefern zu Kiehnbäumen (zur Harzgewinnung). Dagegen überließ er<br />

ihnen die Stöcke, wofür sie aber bei einem Waldbrand löschen helfen mussten. In<br />

diesem Zusammenhang erkannte der spätere Forstdirektor Johann Keiper, dass die<br />

Kiefer als Baumart hier erstmals genannt wurde.<br />

413 ) Kaller, a.a.O. Seite 105<br />

414 ) Johann Keiper, a.a.O, Seite 61 ff.<br />

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296<br />

Text:<br />

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298<br />

8.13. Der Steinbruch in Erlenbach, 1862<br />

Der Steinbruchbesitzer Josef Winter starb am 1.2.1912 im Alter von 52 Jahren.<br />

Seine Eltern waren Friedrich Winter und Katharina Arnold. Seine Witwe Susanne<br />

Graff starb 57 Jährig 1917. Gehörte ihm der Steinbruch in der Steinbruchstraße?<br />

Im hinteren Bereich des Krehbach Tales waren zwei Steinbrüche. Der größere und<br />

westliche gelegene gehörte der Familie Barth. In ihm fanden drei bis 5 Steinbrecher<br />

Arbeit und Brot. Sie wurden nach erbrachter Leistung bezahlt. Dies war eine<br />

Knochenarbeit, zu der auch die Beseitigung, das Wegschaffen des Abraums gehörte.<br />

Dieser ehemalige Steinbruch ist eindrucksvoll. Man gewinnt schnell einen<br />

überzeugenden Eindruck von der schweren, Jahrhunderte langen Arbeit der<br />

Vorfahren, die sich mühsam in den Berg hinein fraßen. Und dann ein tragischer,<br />

seltsamer Todesfall. War es ein Unfall oder Selbstmord? Herr Pfaff fällt von der 20<br />

m hohen Steilwand runter und verletzt sich tödlich.<br />

Auf der linken, östlichen Seite, gerade gegenüber dem Steinbruch Barth war der<br />

Steinbruch Thines. Er liegt versteckt hinter dem Wiesengrundstück des Groß<br />

Robert. Der Weg dorthin ist zugewachsen und abenteuerlich. Man fühlt sich wie in<br />

einem Urwald. Dieser Steinbruch war kleiner und musste aufgegeben werden, als<br />

Thines die Grundstücksgrenze des Nachbarn erreichte.<br />

8.14. Friedhöfe, Todesursachen, Lebenserwartung<br />

Jetzt kommen wir zu einer anderen realen Seite unseres Lebens. Unser Leben<br />

beginnt mit Liebe & Leidenschaft, alles schön fein in Rituale & Zeremonien<br />

eingebettet. Das Leben heute ist abwechslungsreich, angenehm und kaum von<br />

Sorgen und Krankheiten belastet. Aber dann das Ende.<br />

Für unsere Vorfahren war der Tod näher, allgegenwärtig. Jedes Kinderleben war<br />

bedroht, die vielen Kinderkrankheiten und gelegentlichen Unfälle. Dazu die<br />

Seuchen, die alle 5 bis 6 Jahre durch unsere armseligen Hütten & Behausungen<br />

fegten. Die wenigsten hatten Geld für einen Arzt, höchsten für Medizin, die man<br />

beim Apotheker in Otterberg kaufte. Aber meistens waren die Krankheiten damals<br />

sowieso unheilbar. Von der zahlreichen Kinderschar erreichte nur die Hälfte das<br />

Erwachsenenalter. Und die Erwachsenen starben durchschnittlich mit 50.<br />

Die Toten wurden üblicherweise im Haus aufgebahrt. War da zu wenig Platz,<br />

stand der Sarg neben dem Haus, etwa 1,50 m über dem Boden. Die<br />

Hinterbliebenen schickten Boten zu der zahlreichen Verwandtschaft im Umkreis<br />

und luden zur Beerdigung und dem Leichenims (Leichenschmaus) ein. Die<br />

Trauerfeiern waren somit immer auch ein Familientreffen, so traurig das auch<br />

war. Die Frauen setzten Teig an und die Männer heizten den eigenen Backofen an.<br />

In der traditionellen Reihenfolge kamen zuerst die Flammkuchen, Streuselkuchen<br />

in den Ofen. Dann wurde die Glut ausgeräumt und die Bäcker schossen das Brot<br />

ein.<br />

Verwandte oder Freunde, später der Totengräber hoben die Grube aus, im<br />

Sommer war dies wohl keine allzu große Schwierigkeit. Jedes Dorf wie Erlenbach<br />

und Gerswilre hatten ihre eigenen Friedhöfe. Bis 1521 waren wir alle noch<br />

katholisch. Die Beerdigungen waren alle um 14 Uhr. Die Glocke der Kirche<br />

läutete dazu, während die Trauergemeinde den Verstorbenen am Trauerhaus


299<br />

abholte. Der Pfarrer schritt voran und segnete den Weg. Am Glockengeläut<br />

erkannten die Bürger, ob ein Mann oder eine Frau beerdigt wurde.<br />

Nach 1648 begann die rasche Wiederbesiedlung Erlenbachs und nun des<br />

Gersweilerhofes, vornehmlich mit reformierten Franzosen. Beide Siedlungen<br />

erhielten Schulgebäude 415 mit einer wohl 50 kg schweren Schulglocke, deren<br />

Klang den Trauerzug und die Beerdigung begleitete. Auf dem Weg hin und<br />

während der Trauerfeier erklang Trauergesang.<br />

Selbstmördern, Ehebrecher, Diebe brachte man sang- und klanglos unter die<br />

Erde. Dabei sang niemand und keine Glocke erklang. Sie wurden direkt hinter,<br />

also außerhalb der Friedhofsmauer in Richtung Krehbach verscharrt. Der uralte<br />

Friedhof war auf dem Gelände der heutigen Grundschule, wie sie oben an den<br />

eingezeichneten Kreuzen wohl unschwer erkennen. . Vermutlich stand auch dort<br />

die Kirche, die im 30jährigen Krieg zerstört wurde und verfiel.. Der Erlenbacher<br />

Friedhof stand nur den Reformierten Gläubigen zu. Katholiken hatten ihren<br />

eigenen Friedhof in Kaiserslautern, wo sie auch sonst zum Gottesdienst<br />

hingingen. Erst nach dem Toleranz-Erlass von 1684 des französischen<br />

415 ) Vielleicht waren es auch keine Neubauten, sondern die alten Ruinen wurden wieder renoviert.<br />

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300<br />

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Gouverneurs de Goupillière durften Katholiken auf dem Konfessions-<br />

Friedhof Erlenbach beerdigt werden<br />

1798: Eine weitere wichtige Erneuerung der Franzosen war die Einführung der<br />

Leichenbeschau, zuerst durch den Bürgermeister oder Adjunkten Hollstein,<br />

denn auch schon damals schien die häusliche, brutale Gewalt nicht unüblich<br />

gewesen zu sein. Keine Leiche durfte unter die Erde gebracht werden, wenn sie<br />

der Beauftragte nicht vorher gesehen hatte. In den franz. Akten steht: Ich begab<br />

mich in die Behausung des Joh. Heinrich Korn, um mich von dem Ableben der<br />

Anna Maria Korn zu überzeugen“ Nach 1817 übertrug das Königreich Bayern die<br />

Leichenbeschau an Fachleute, wie z.B. einem Bader, der sich jede Leiche<br />

intensiv zweimal im 24 Stunden Abstand anzusehen hatte, um eventuell auch die<br />

Begrabung Scheintoter unmöglich zu machen. Im Kaiserreich ab 1876 kostete die<br />

Leichenbeschau 2 Mark, viel Geld damals. Ein Tagelöhner erhielt 1,40 pro Tag.<br />

1830: die Gemeinde Erlenbach eröffnete den neuen Friedhof am früheren<br />

Otterberger 416 Weg, jetzt die K 10, nachdem es an der Hauptstraße zu eng<br />

geworden war. Der Gemeinderat beschloss 1886, den alten Friedhof bis 1888<br />

abzuräumen, denn dort sollte ja das neue Schulhaus entstehen. Bei der<br />

Fundamentierung des mächtigen Sandsteinkellers, schaufelten sich die Maurer<br />

durch Hunderte menschlicher Gebeine. Ergebnis der weit über 2.000 Toten, die<br />

dort seit Jahrhunderten ihre „ewige Ruhe“ gefunden hatten.<br />

Erlenbach ist ein lang gestrecktes Dorf. Das letzte Haus in 1830 ist heute das<br />

Haus der Familie Gabi & Hans Jürgen Korn, Erlenbacher Straße 88. Auf der<br />

anderen Seite war in der Höllenstraße die Ortsgrenze. . Den schweren Sarg mit<br />

dem Toten so weit zu tragen ist schon sehr anstrengend, selbst wenn sich die<br />

sechs Träger abwechselten und dabei einen Schnaps zu sich nahmen. Irgendwann<br />

hatte der Gemeinderat ein Einsehen und schaffte einen vom Pferd gezogenen,<br />

eleganten Leichenwagen an. Die Älteren rühmen noch heute seine schönen<br />

gedrechselten, filigranen Holzdekors Das Automobil verdrängte das Pferd und<br />

dann stand der alte Leichenwagen irgendwo rum. Er stand im Weg, keiner<br />

brauchte ihn mehr. Jetzt ist er zerhackt, verbrannt<br />

1904 – 1913: Die systematische Untersuchung der Sterbefälle in diesem Zeitraum<br />

brachte Erschreckendes zutage.<br />

1. In jedem Jahr (außer 1904) hatten wir 1 bis 2 Totgeburten, wobei das Jahr<br />

mit 4 Totgeburten extrem auffällt. In zwei Familien häuften sich die<br />

Totgeburten. Die Negativliste führte das Ehepaar Michael Herbach oo<br />

Elisabetha Becker mit vier Totgeburten zwischen 1908 und 1913 an.<br />

Die Familie Konrad Schottinger oo Katharina Knieriemen hatte 1906<br />

und 1909 zwei Totgeburten zu beklagen. Konrads Schwester Katharina,<br />

die mit Jacob Marky vom Gersweilerhof verheiratet war, hatte 1908 eine<br />

Totgeburt.<br />

2. Außerdem waren manche Babys so geschwächt bzw. geschädigt, dass sie<br />

bereits am Tag ihrer Geburt starben. Die zuständige Hebamme hieß<br />

Katharina Barth. Worauf nun letzten Endes diese hohe Sterblichkeit<br />

zurückzuführen ist, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Wahrscheinlich<br />

spielten mehrere Faktoren eine Rolle.<br />

416 ) In Otterberg hieß diese Straße Lautrer Straße oder Lautrer Weg

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