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71_Ausgabe Mai 2009

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Vorwort<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

von vielen Seiten erfahren wir Zuspruch<br />

für unsere Beiträge mit Lebenserinnerungen.<br />

Leser schreiben über ihre Kindheit<br />

und Jugend, über Arbeit und Familienalltag<br />

in unserer Region. Bestimmt ist<br />

das für die Nachkommen, auch spätere,<br />

die nach ihren Wurzeln suchen. Da liest<br />

man über Tanz im „Burghof“ oder dem<br />

„Konzerthaus“ (nicht über Locations,<br />

wo man ein Date statt einer Verabredung<br />

hat). Da erfährt man von Kinderspielen<br />

wie Kreiseln oder Hopse (ohne<br />

Gameboys oder Killerspiele). Man liest,<br />

wie in den einheimischen Betrieben<br />

Spitzenerzeugnisse für den Export entstanden,<br />

wie die Bauern Milch und Butter<br />

selbst erzeugten. Man hört, welche<br />

Lieder sie Weihnachten (nicht an Weihnachten)<br />

unter einer echten Tanne mit<br />

echten Kerzen sangen, wo man Ostern<br />

(nicht an Ostern) 1950 (nicht in 1950)<br />

die Eier versteckte. Wer sich diese Mühe<br />

des Aufschreibens macht und auch unsere<br />

Leser durch Teilveröffentlichungen<br />

daran teilhaben läßt, verdient Lob und<br />

Dank. Schon unken Schwarzseher, daß<br />

in absehbarer Zukunft Familien mit jahrhundertealter<br />

deutscher Abstammung<br />

hierzulande eine ethnische Minderheit<br />

wie heute die Sorben bilden werden.<br />

Dann könnten diese Familien (wie eben<br />

heute die sorbischen) nach ihren Ursprüngen<br />

suchen, um ihre Identität zu<br />

retten, und dann werden ihnen die Erinnerungsberichte<br />

von heute willkommen<br />

sein. Nachkommen könnten die Dinge<br />

anders sehen als jene Eltern, die heute<br />

ihren Kindern fremdländischen Vornamen<br />

verpassen, um die deutsche Herkunft<br />

zu vertuschen. Denn die Mitbürger<br />

mit Migrationshintergrund (so die<br />

verharmlosende grüne Wortprägung)<br />

sollen ja hier bald in der Mehrheit sein.<br />

Kann sein, kann nicht sein - wer weiß<br />

das schon?<br />

In unserem neuen Heft erfahren Sie<br />

Bekanntes oder Neues über unsere<br />

Vergangenheit (Kirche Deutsch-Ossig,<br />

Tanzschule Ullrich, Erzeugnisse des Feuerlöschgerätewerkes).<br />

Auch Heutiges<br />

(Naturschutz-Tierpark) und Künftiges<br />

(Landesgartenschau in Löbau) fehlen<br />

nicht. Freude beim Entdecken und Lust<br />

zum Schreiben eigener Erinnerungen<br />

wünscht ihnen<br />

Ihr Ernst Kretzschmar.<br />

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Einleitung<br />

3


Tanzschule<br />

Partytwist und gepflegter<br />

Ullrich<br />

Umgang –<br />

Da saßen sie auf ihren Schulbänken<br />

und dachten so gar nicht an Mathe oder<br />

lateinische Deklination, die Mädel und<br />

Jungen vor 50 Jahren. Früh vor der ersten<br />

Stunde übten sie vor der Wandtafel<br />

Tanzschritte und rannten in der Pause<br />

in den Klassenraum gegenüber, wo die<br />

zierliche Begleiterin abendlicher Spa-<br />

Werner und Isabell Ullrich als Fernseh-Tanzlehrer<br />

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4<br />

Titel |


Tanzschule<br />

Weg ins Leben mit Tanzschule Ullrich<br />

Operettenaufführung “Der Graf von Luxemburg”, Görlitz 1951<br />

ziergänge vom Konzerthaus in die Südstadt<br />

rein gar nicht an Englischvokabeln<br />

dachte, sondern an ihren halbwüchsigen<br />

Tanzstundenpartner, mit dem sie<br />

vor dem mitternächtlichen Abschied vor<br />

der Haustür so vieles zu besprechen gehabt<br />

hatte. Tanzstundenzeit - unvergeßlich<br />

ein Leben lang. Nicht die besorgten<br />

Klassenlehrerinnen und Patentanten<br />

sahen diese glückliche Jugend aus der<br />

Nähe, diese Momente zwischen Schüchternheit<br />

und Seligkeit der Sechzehnjährigen,<br />

sondern die Tanzlehrer. Für Tausende<br />

junger Leute in Görlitz waren dies<br />

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Titel |<br />

5


Tanzschule<br />

Partytwist und gepflegter<br />

Ullrich<br />

Umgang –<br />

Tanzlehrer Ullrich mit Menuett-Tänzern im Fernseh-Tanzkurs<br />

Werner und Isabell Ullrich, Sympathieträger<br />

über vier Jahrzehnte.<br />

Über ihre Sendung „Tanz mit mir“ im<br />

DDR-Fernsehen erreichten sie mit 60<br />

Folgen ab 1965 ein Millionenpublikum. In<br />

der Berliner „Wochenpost“ begrüßte das<br />

Görlitzer Tanzpaar von der Titelseite das<br />

neue Jahr 1968 mit der Aufforderung:<br />

„Bitte nicht nur zuschauen, sondern mitmachen!“<br />

Bis zu dieser Popularität hat-<br />

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6<br />

Titel |


Tanzschule<br />

Weg ins Leben mit Tanzschule Ullrich<br />

ten sie sich über eine lange Wegstrecke<br />

hochgearbeitet. Werner Ulllrich fand<br />

bald nach Kriegsende zur Tanzschule<br />

von Susanne Neumann-Henke, die einen<br />

Vortänzer suchte. 1949 konnte er<br />

sich nach erfolgreicher Prüfung Tanzlehrer<br />

nennen, wenig später folgte an der<br />

Palucca-Schule in Dresden die Prüfung<br />

Fernsehaufnahme “Tanz mit mir”<br />

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Titel |<br />

7


Tanzschule<br />

Partytwist und gepflegter<br />

Ullrich<br />

Umgang –<br />

als Tänzer. Als Solotänzer am Görlitzer<br />

Gerhart-Hauptmann-Theater wurde er<br />

Partner von Isabella, die vom Kinderballett<br />

bis zur Deutschen Ballettschule<br />

in Berlin einen weiten Weg durchlaufen<br />

hatte mit Engagements in ihrer Heimatstadt<br />

Halle, in Dresden, Berlin und<br />

Weimar. Nach Görlitz kam sie 1950 als<br />

Ein Markenzeichen: Schautanzpaar Ullrich<br />

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8<br />

Titel |


Tanzschule<br />

Weg ins Leben mit Tanzschule Ullrich<br />

Solotänzerin ans Theater. Sie gestaltete<br />

als Ballettmeisterin die Tänze in Opernund<br />

Operettenaufführungen, brachte<br />

den jungen Sängern sicheres Auftreten<br />

bei, studierte<br />

Ballettabende<br />

mit klassischem<br />

und<br />

modernem<br />

Repertoire ein.<br />

1955 verließ<br />

sie das Theater und gründete mit ihrem<br />

Ehemann Werner Ullrich eine Tanzschule,<br />

die bis 1994 bestand. Gute Qualität<br />

warb für sich, der Zulauf zu den Tanzkursen<br />

war beachtlich bei Jugendlichen<br />

wie Erwachsenen. Sie liefen lange im<br />

beliebten Konzerthaus an der Leipziger<br />

Straße mit der Kapelle Martin Viertel<br />

und dann im Waggonbau-Kulturhaus<br />

hinter der Frauenkirche. Klassische<br />

und lateinamerikanische Tänze wurden<br />

ebenso gelehrt wie modische, oft kurzlebige<br />

Neuheiten wie Twist oder Lipsi.<br />

Zur Freude der dankbaren Eltern wurden<br />

den Heranwachsenden Grundregeln<br />

kultivierten Umgangs beigebracht.<br />

Mehr und mehr verbreitete sich der Ruf<br />

der Ullrichs weit über die Stadt Görlitz<br />

hinaus. Tanzunterricht gaben sie auch<br />

in Dresden, Niesky, Reichenbach und<br />

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Titel |<br />

9


Tanzschule<br />

Partytwist und gepflegter<br />

Ullrich<br />

Umgang –<br />

Herrnhut. Tanzkreise für Turniertanz in<br />

Görlitz (Grün-Gold), Dresden und Zittau<br />

bekamen Anleitung, Spitzenpaare erreichten<br />

DDR-Meister-Titel. Tanzturniere<br />

in Görlitz lockten Paare sogar aus dem<br />

Ausland. Die Ullrichs reisten als erfahrene<br />

Wertungsrichter zu auswärtigen<br />

Turnieren. Ihre Erfahrungen waren bei<br />

Fachtagungen der Tanzlehrer gefragt.<br />

Als Schautänzer traten sie auch im alten<br />

Friedrichstadtpalast in Berlin auf. Höhepunkte<br />

waren ihre Fernsehsendungen<br />

als Tanzlehrer, die Aufnahmen entstanden<br />

in Rostock und Dresden. Das Tanzpaar<br />

war bei den Weltjugendfestspielen<br />

1957 in Moskau zu sehen, dann auch in<br />

Ungarn, der Tschechoslowakei, in Polen<br />

und der Bundesrepublik.<br />

Vor allem widmeten sie sich der Jugend.<br />

Im Haus der Pioniere am Mühlweg betreuten<br />

sie einen Kinder-Turniertanzkreis,<br />

im Haus der Jugend Zittauer Straße<br />

einen Jugendtanzkreis.<br />

In ihrer gemütlichen Wohnung an der<br />

Langenstraße bewahren die Ullrichs viele<br />

Zeugnisse ihres Tänzerlebens, Fotos<br />

von Theaterfotograf Walter Wolff, Programmhefte<br />

des Gerhart-Hauptmann-<br />

Theaters, Presseberichte, Urkunden.<br />

Da sieht man auch einen Handzettel<br />

der Musikschule Johann Adam Hiller in<br />

Görlitz, der „einmal pro Woche 60 Minuten“<br />

zu „Stepptanz oder Flamenco<br />

mit Frau Isabella Ullrich für jeden ab<br />

6 Jahren ohne Vorkenntnisse“ einlädt.<br />

Dieser Werbezettel ist noch druckfrisch.<br />

Das Tanzen ist eben eine Lebensaufgabe,<br />

auch bei Tanzlehrern haben Rentner<br />

niemals Zeit. Bewegung und Tätigsein<br />

halten die Ullrichs frisch. Aufmerksam<br />

verfolgen sie tänzerische Versuche am<br />

Theater, die Wandlungen und auch Verflachungen<br />

in Tanzmusik und Tanzstil.<br />

Derweil sieht man in der Straßburg-<br />

Passage Gruppen von Schülern, die<br />

sich vor dem Eingang zur Tanzschule<br />

Matzke sammeln. Hier ein Trupp lautstarke<br />

Jungen, dort eine Traube kichernde<br />

Mädchen. Wie vor 60 Jahren<br />

in der Tanzschule Ullrich huschen neugierige<br />

Blicke zwischen beiden Gruppen<br />

hin und her, das ewige Spiel. Wie man<br />

gelegentlich hört, trägt manches Mädchen<br />

beim Tanzstundenball gern wieder<br />

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10<br />

Titel |


Tanzschule<br />

Weg ins Leben mit Tanzschule Ullrich<br />

Rock, mancher Junge gefällt<br />

sich dann wieder mit<br />

Anzug, Lederschuhen und<br />

Krawatte. Manche sehen<br />

auch das Gedränge, das<br />

Gewummer und das Rumhängen<br />

in den Discotheken<br />

etwas kritischer. Immerhin.<br />

Tanzlehrer Thomas Matzke<br />

begann einst seinen Weg<br />

zum Turniertänzer im Kindertanzkreis<br />

von Werner<br />

und Isabell Ullrich. Nun ist<br />

er ihr Nachfolger geworden,<br />

und so hat es auch<br />

seine Ordnung.<br />

Wir aber danken Werner<br />

und Isabell Ullrich, die für<br />

uns Görlitzer gute Seiten<br />

des vorigen Jahrhunderts<br />

verkörpern. Mögen sie<br />

noch lange mit ihren reichen<br />

Erfahrungen unsere<br />

angesehenen Weggefährten<br />

bleiben!<br />

Dr. Ernst Kretzschmar<br />

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Titel |<br />

11


Werner<br />

Der Junge von der<br />

Jungnitsch<br />

Weberstraße –<br />

Nun begann ein neuer Lebensabschnitt.<br />

Ich war 14 Jahre,<br />

als mein Vater im Alter von 54<br />

Jahren starb. Ich wurde Halbwaise.<br />

Wie ging es nur weiter?<br />

Die Zeit bleibt bekanntlich nicht<br />

stehen. Zwei Jahre Schulzeit<br />

waren noch zu bewältigen.<br />

Durch die Empfehlung meines<br />

Geigenlehrers fand sich ein<br />

Ausbildungsplatz in der Musikalienhandlung<br />

Alfred Stricker,<br />

Berliner Straße (damals Adolf-<br />

Hitler Straße) Nr. 2, heute Hotel Europa.<br />

Einige Zeit später wurde das Geschäft in<br />

die Straßburg-Passage verlegt. Ein Kino,<br />

ein Café und viele weitere Geschäfte<br />

sorgten für eine lebhafte Atmosphäre.<br />

Die Tätigkeiten im Betrieb waren vielseitiger<br />

Art. Neben dem Musikalien-, Buch-,<br />

Instrumenten- und Schallplattenverkauf<br />

gab es noch die Konzertvermittlung. An<br />

den Konzertabenden, die entweder in der<br />

Stadthalle, im Evangelischen Vereinshaus<br />

(Wichernhaus), im Konzerthaus oder im<br />

Tivoli stattfanden, war ich stets an einem<br />

dieser Orte zu finden. Die zahlreichen<br />

Görlitz, Demianiplatz mit Theater, Dezember 1938<br />

Kontakte zu den gastierenden Künstlern,<br />

die die Welt bereisten, war hochinteressant.<br />

Ich erinnere mich noch sehr genau<br />

an den Kammersänger Marcel Wittrisch,<br />

an die Sopranistin Erna Sack, an<br />

Kammersänger Wilhelm Strienz, an den<br />

unvergessenen Staatsschauspieler Paul<br />

Hörbiger, die Tänzerin Palucca und an<br />

die Fliegerin Elli Beinhorn. Den stärksten<br />

Eindruck aber hinterließ Grethe Weiser.<br />

Eineinhalb Jahre später stand ich mit ihr<br />

in einer riesigen Halle der ARADO-Flugzeugwerke,<br />

in der Nähe von Rathenow,<br />

in einem Bunten Abend gemeinsam auf<br />

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12<br />

Geschichte |


Ein Opernsänger blickt zurück (Teil II)<br />

der Bühne. Die Ansage hatte der Filmschauspieler<br />

Georg Thomalla. Bei dieser<br />

Prominenz und der gewaltigen Zuschauerzahl<br />

stieg meine Nervosität -man<br />

sagt Lampenfieber- himmelwärts! Grethe<br />

Weiser schien das zu spüren. Sie sah<br />

mich an, entledigte sich eines ihrer Schuhe,<br />

entnahm diesem ein Blatt Papier mit<br />

dem Text, den sie an diesem Abend zu<br />

sprechen hatte, und sagte: „Das ist mein<br />

Rezept, ich vergesse nicht den Text, und<br />

es beruhigt“. Mein Auftritt gelang allerdings<br />

auch ohne diese Hilfsmittel.<br />

Es gab natürlich auch ständige Begegnungen<br />

mit den Görlitzer Künstlern, so<br />

mit Walter Schartner, dem 1. Kapellmeister<br />

des Theaters. Kontakte gab es auch<br />

mit dem Organisten, Komponisten und<br />

Leiter des Chores der Peterskirche, Eberhard<br />

Wenzel, und dem Musikdirektor,<br />

Komponisten und Gründer des Görlitzer<br />

Konservatoriums, Emil Kühnel.<br />

Wir schreiben den 9. November des Jahres<br />

1938. Mit Entsetzen registrierte ich die<br />

Ausmaße dieses Abends, als ich am Morgen<br />

des nächsten Tages über den Demianiplatz<br />

lief. Im Durchgang des Karstadt-<br />

Kaufhauses lagen die Glasscherben der<br />

zerstörten großen Fenster. Die Verkaufsware<br />

lag durcheinander, und SA-Männer<br />

patroullierten mit geschultertem Gewehr<br />

auf und ab. Ich wurde nachdenklich...<br />

Jahre später wurde ein Kriegsgefangenenlager,<br />

Stalag VIII A, eingerichtet.<br />

Eines Tages erschien der Leiter des Lagers,<br />

einer unserer Kunden, im Geschäft.<br />

Zur Bildung eines Orchesters der französischen<br />

Kriegsgefangenen -unter ihnen<br />

befand sich der berühmte Organist und<br />

Komponist aus Paris, Oliver Messiaenbenötigte<br />

man einige Instrumente. Mein<br />

Chef stellte einige Geigen kostenlos zur<br />

Verfügung.<br />

Meine Ausbildungszeit ging zu Ende mit<br />

der Abschlußprüfung an der Buchhändlerschule<br />

in Leipzig. Die Vergütung übrigens<br />

in diesen drei Jahren lag bei monatlich<br />

12.00, 24.00 und 36.00 RM.<br />

Müßte ich die täglichen Ereignisse meiner<br />

Kinder- und Jugendzeit zeitlich ordnen,<br />

wäre ich überfragt. Ich denke an die<br />

Spaziergänge zur und auf die Landeskrone.<br />

Eine Fahrt mit der Straßenbahn wäre<br />

zwar bequemer gewesen, doch waren<br />

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Geschichte | 13


Werner<br />

Der Junge von der<br />

Jungnitsch<br />

Weberstraße –<br />

20 Pfennige pro Person immer noch viel<br />

Geld. Die Straßenbahn Nr. 2 fuhr damals<br />

vom Untermarkt über die Brüderstraße<br />

und den Obermarkt nach Biesnitz. Entsetzt<br />

bin ich über die Verwahrlosung<br />

des Weges zum Bismarckturm, der nicht<br />

mehr begehbar ist.<br />

Ich denke gern zurück an die Schulgottesdienste<br />

zum Reformationstag in der<br />

Lutherkirche. Nach den Theatervorstellungen<br />

hielt man sich bis Mitternacht im<br />

„Fuchsbau“ auf, gegenüber dem Bühneneingang.<br />

Das Lokal ist heute verschwunden.<br />

Die Gaststätte „Rüdiger“ lag in<br />

Bahnhofshöhe der Berliner Straße. Wer<br />

weiß heute noch, daß man in der ersten<br />

Kriegshälfte bei einem Besuch gegen<br />

20 Uhr, wenn der Reichssender Breslau<br />

die Siegesnachrichten verkündete, absolut<br />

zu schweigen hatte? Im Lokal an der<br />

Elisabethstraße neben der Berufsschule<br />

tagte die Schützengilde. Zum Stiftungsfest<br />

im Sommer stand die ganze Kompanie<br />

stramm auf der Straße vor dem Restaurant,<br />

wenn die Regimentskapelle den<br />

Präsentiermarsch intonierte. Höhepunkte<br />

waren die Konzerte der Regimentskapelle<br />

des 30. Infanterieregiments in der<br />

Stadthalle; die Leitung hatte der Obermusikmeister<br />

Junghans. Und es gab<br />

auch in der Stadt ein Mandolinenorchester,<br />

das im Lokal an der Krischelstraße,<br />

neben der Schule am Fischmarkt, jeden<br />

Donnerstag seine Proben abhielt. Mit offenen<br />

Ohren stand ich am Fenster und<br />

hörte aufmerksam zu.<br />

Beinahe hätte ich doch vergessen, unsere<br />

Filmtheater -fünf an der Zahl- zu<br />

nennen. Am Bahnhof das „Ufa“, Berliner<br />

Straße das „Capitol“ mit der wunderbaren<br />

Wurlitzer Orgel, Hospitalstraße<br />

das „Apollo“, das kleine Kino in der<br />

Straßburgpassage und das „Uniontheater“<br />

hinter Karstadt. Da hatte man die<br />

Qual der Wahl! Für mich hinterließ der<br />

Film „Zauber der Bohème“, der im „Apollo“<br />

lief, den stärksten Eindruck. Martha<br />

Eggert und Jan Kiepura, dem man einmal<br />

die Pferde vor der Staatsoper Berlin<br />

ausspannte, damit er sang, bleiben unvergeßlich.<br />

Nachdem ich seit einigen Jahren Gesangunterricht<br />

genommen hatte, feierte ich<br />

im Evangelischen Vereinshaus mein De-<br />

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14<br />

Geschichte |


Ein Opernsänger blickt zurück (Teil II)<br />

büt in einem Singspiel. Die Regie führte<br />

der in Görlitz bekannte Staatsschauspieler<br />

vom Staatstheater Dresden, Gaston<br />

Demme, die musikalische Leitung hatte<br />

der Kapellmeister Buchholz vom hiesigen<br />

Theater. Wochen später erfolgte noch<br />

ein Auftritt in der Stadthalle bei einem<br />

Bunten Abend.<br />

Nach 19 Jahren verließ ich meine Heimatstadt<br />

und ging nach Berlin an die<br />

„Akademie für Musik“. Ich wurde Opersänger.<br />

Nun schließt sich der Kreis. Nach der<br />

Wiedervereinigung beider deutschen<br />

Staaten wurde es endlich möglich, jederzeit<br />

und ohne Schwierigkeiten auch wieder<br />

Görlitz zu besuchen, wovon ich jährlich<br />

regen Gebrauch mache.<br />

Um meiner Verbundenheit zu meiner<br />

Heimatstadt Ausdruck zu verleihen,<br />

habe ich mich entschlossen, dem Musikverein<br />

„Johann Adam Hiller“ e.V. Görlitz<br />

mein Instrument, eine ca. 160 Jahre<br />

alte französische Geige, zu schenken.<br />

Eine Vereinbarung wurde bereits schriftlich<br />

getroffen. Die Geige soll begabten<br />

Schülerinnen und Schülern zur Ausleihe<br />

Werner Jungnitsch 2007<br />

kostenlos zur Verfügung gestellt werden,<br />

deren Eltern oder Erziehungsberechtigte<br />

finanziell nicht in der Lage sind, ein gutes<br />

Instrument zu erwerben.<br />

Werner Jungnitsch<br />

Köln<br />

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Geschichte |<br />

15


Tanzvergnügen<br />

Görlitzer gründete einen Verein –<br />

Zu Beginn eines jeden Balls tanzte man<br />

sehr gemessenen Schrittes eine Polonaise.<br />

Bälle bildeten zugleich wichtige Kontaktbörsen.<br />

Sie gaben den Junggesellen<br />

die heiß ersehnte Möglichkeit, der Dame<br />

des Herzens näher zu kommen. Dies geschah<br />

besonders beim letzten Tanz, dem<br />

berühmten Cottillon. Der Name kommt<br />

aus dem Französischen und bedeutet<br />

Seidenrock. Und in der Tat, man sprang<br />

und drehte sich doch recht temperamentvoll,<br />

und die Seidenröcke der Damen<br />

blitzten verführerisch hervor. Anlässlich<br />

des hundertsten Jubiläums der<br />

Gründung der Görlitzer Ressource geschah<br />

freilich nahezu Skandalöses. Die<br />

Damen tanzten zu den feurigen Klängen<br />

eines Czardas eine Tennisquadrille,<br />

bekleidet mit „fußfreien“(!) weißen Röcken.<br />

Im Jahre 1913 gab man sich innovativ<br />

und mutig. Der Vorstand des Ressourcenvereins<br />

gestattete probeweise,<br />

den als verrucht geltenden argentinischen<br />

Tango auf den Bällen des Vereins<br />

zu tanzen. Auch amerikanische Tänze,<br />

die dem Ragtime verwandten One Step,<br />

Two Step, wurden gesellschaftsfähig.<br />

Biedermeier-Mode um 1830<br />

Ob konservativ oder modern, mit Sicherheit<br />

hat sich das Ballpublikum damals<br />

wie heute amüsiert. Und nur darum<br />

ging und geht es bis heute.<br />

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16<br />

Geschichte |


für Bälle und Tanzvergnügen (Fortsetzung)<br />

Eines belegen die reichen Quellen zu<br />

diesem Stück wichtiger Kulturgeschichte<br />

sehr deutlich:<br />

Tanzen gehörte immer zur Kultur der<br />

Stadt Görlitz. Musik und Tanz waren<br />

ständigen modischen Veränderungen<br />

und schon in der Frühneuzeit internationalen<br />

Einflüssen unterworfen.<br />

Siegfried Hoche<br />

Ratsarchivar<br />

“SEQUENTIA CIVITATIS GOERLICII<br />

STATUTA…<br />

ANNO A. CHRISTO NATO 1559”<br />

Hiemit sol Ernstlich verbothen sein, Alles<br />

verdreen Wie und waserley gestalt<br />

dasselbige mochte vorgenomen werden.<br />

Und sonderlich sol verbothen sein,<br />

die Jungfrauen auf die Linckseite zunehmen,<br />

Und also mit Ir Zutanzen. Desgleichen<br />

daß keiner die Jungfraue am Tantze<br />

sol stehen lassen, und sich Umb sie<br />

verdreen. Bey straff 1 Talers, so oft Es<br />

Geschieht.<br />

Auch sollen verboten sei, alle unziemliche<br />

und Ungewonliche Tentze, als<br />

Zceuner, Tauben oder Haschen Tantz,<br />

und andere bose anzeigunge, davon die<br />

umbsteher Ergernuß fassen möchten.<br />

Bey Leibsstraffe.<br />

Hiermit will ein Rat die Jungen gesellen...<br />

Ernstlich vormahnet haben, dass sie<br />

sich fleissig, bescheiden und nichtern<br />

bey Tische und Tantz verhalden wollen,<br />

damit dem Hauswirte khein Ungemach<br />

widerfare.<br />

Im tantze sollen sich beide Jungfrauen<br />

Und gesellen Inn aller Ehr und Zucht<br />

Kegeneinander vorhalten.<br />

Die Tentze sollen gehalden werden bis<br />

zu 23 hora...<br />

Auszug aus den Görlitzer Stadtstatuten<br />

des Jahres 1559<br />

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Geschichte |<br />

17


Sonderausstellung<br />

Vom Kunsthandwerk zur Kunst –<br />

Zierdosen mit schabloniertem Pinsel- und<br />

Spritzdekor, ca. 1928-1937<br />

Sonderausstellung im Schlesischen Museum<br />

zu Görlitz vom 4. April bis 26. Juli<br />

<strong>2009</strong><br />

„Technisch und künstlerisch sicher das<br />

Beste, was Bunzlau je hervorgebracht<br />

hat“, so beschreibt der Sammler Konrad<br />

Spindler die Produkte der Firma von<br />

Hugo und Ernst Reinhold.<br />

Am Anfang stand eine traditionelle Töpferei<br />

für Gebrauchsgeschirr mit dem für<br />

Bunzlau charakteristischen Pfauenaugen-<br />

und Schwämmelmuster. Anders als<br />

viele Töpfereien in Bunzlau war die 1865<br />

von Moritz Reinhold gegründete Werkstatt<br />

aufgeschlossen für Neuentwicklungen.<br />

1897 übernahm Hugo Reinhold die<br />

Firma von seinem Vater. Im gleichen Jahr<br />

wurde auch die Keramische Fachschule<br />

Bunzlau gegründet, mit der die Firma<br />

Reinhold in den folgenden Jahrzehnten<br />

auf künstlerischem und technischem Gebiet<br />

eng zusammenarbeitete: So stellte<br />

Hugo Reinhold die handwerkliche Produktionsweise<br />

völlig um, richtete die Gießerei,<br />

Färberei und Formerei ein, stellte<br />

mechanisch angetriebene Mühlen zum<br />

Mahlen von Massen und Glasuren auf<br />

und baute moderne Brennöfen.<br />

Doch nicht nur technische Impulse kamen<br />

von der Keramischen Fachschule,<br />

auch künstlerisch beeinflusste sie sowohl<br />

Hugo als auch dessen Sohn Ernst Reinhold,<br />

der 1926 die Leitung des Betriebes<br />

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18<br />

Ausblick |


Sonderausstellung<br />

Bunzlauer Keramik Firma Reinhold<br />

Tulpenförmige Vase, 1920er/30er Jahre<br />

übernahm. Obwohl Keramiken mit brauner<br />

Lehmglasur immer Teil der Produktion<br />

blieben, wurde die Palette an Dekoren<br />

durch moderne, farbintensive Unter- und<br />

Laufglasuren sowie durch Stempel- und<br />

Spritzdekore erweitert. Bei den Formen<br />

griff die Firma Reinhold zunächst rasch<br />

die Entwicklungen des Jugendstils auf.<br />

Seit Beginn der 1920er Jahre sind die<br />

Formen geometrischer und abstrakter<br />

und stehen in enger Beziehung zum Stil<br />

des Bauhauses.<br />

Die Ausstellung, ein gemeinsames Projekt<br />

des Muzeum Ceramiki w Bolesławcu<br />

und des Schlesischen Museums zu Görlitz,<br />

zeigt erstmals einen umfassenden<br />

Querschnitt durch die Produktionspalette<br />

der Firma Reinhold von 1897 bis zur Stilllegung<br />

des Betriebes 1945. Die etwa 650<br />

Objekte stammen aus den Beständen<br />

beider Museen sowie aus polnischen und<br />

deutschen Privatsammlungen. Ein umfangreicher<br />

Katalog dokumentiert in ca.<br />

850 Farbfotos die Ausstellung, die innerhalb<br />

Deutschlands nur im Schlesischen<br />

Museum zu sehen ist.<br />

Schlesisches Museum zu Görlitz<br />

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Ausblick |<br />

19


Die Comenius-Buchhandlung empfiehlt...<br />

-Anzeige-<br />

Friedrich Schorlemmer:<br />

„Wohl dem, der Heimat hat“<br />

ISBN 978-3-351-02679-0<br />

260 Seiten<br />

Verlag: Aufbau- Verlag<br />

Preis 16,95 €<br />

Inhalt: Wo ist meine Heimat, wo ist mein<br />

Zuhause? Wo ich verstanden werde und<br />

wo ich verstehe. Wo ich verwurzelt und<br />

verpflichtet bin. Wo ich hinein- und wo<br />

ich hinausgewachsen bin. Heimat in einer<br />

Landschaft und einer Gemeinschaft,<br />

in einer Kirche und einem Garten, an<br />

einem Fluss und in einer Straße, in einem<br />

Buch und einer Melodie. In einem<br />

Traum.<br />

Der Theologe und Publizist Schoriemmer<br />

erzählt von sich und einem Land, das es<br />

ihm nicht leicht gemacht, darin heimisch<br />

zu werden. Er porträtiert Menschen, die<br />

ihm viel bedeuten, und reflektiert Hoffnung<br />

und Schmerzen der Jahre 1968<br />

und1989. Vehement wendet er sich gegen<br />

interessengeleitete Vergangenheitspolitik,<br />

die Gegenwartskritik unterlässt,<br />

wie gegen verlogene Verklärungen, die<br />

alles Gegenwärtige bemäkelt. Wer nicht<br />

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20<br />

Vorstellung |


-Anzeige-<br />

Buchhandlung<br />

die Bücher des Monats<br />

zur Versöhnung bereit ist, beschädigt sich<br />

selbst. Negative Gefühle, selbst den Hass<br />

zuzulassen, aber nicht herrschen zu lassen,<br />

befreit. Sich der Wirklichkeit mutig<br />

zu stellen, bei sich selbst anzukommen<br />

und über sich hinauszuwachsen, sieht er<br />

als Aufgabe an- als ein beglückendes Zusammenspiel.<br />

Friedrich Schorlemmer:<br />

„Lass es gut sein“ Ermutigung zu einem<br />

gelingenden Leben<br />

ISBN 978-3-351-02646-2<br />

248 Seiten<br />

Erschienen bei: Aufbau-Verlag<br />

Preis 16,90 €<br />

Inhalt: Anleitung zum Glücklichsein.<br />

Schorlemmer ermutigt jeden Einzelnen,<br />

Selbstverwirklichung und Gemeinsinn<br />

miteinander zu versöhnen. Er plädiert für<br />

Werte, die jeden mit Glück erfüllen können.<br />

Was verlieren Menschen, wenn sich<br />

ihr Dasein im Konsumieren oder Streben<br />

nach Wohlstand und Erfolg erschöpft?<br />

Wo bleiben die Werte Freiheit und Gerechtigkeit,<br />

Wahrheit und Liebe, Friede<br />

und Toleranz im Alltag?<br />

Carmen Rohrbach:<br />

„Solange ich atme“<br />

ISBN 3-890 29-747-1<br />

255 Seiten<br />

Verlag: Malik Verlag<br />

Preis 19,95 €<br />

Lesung am 6. November <strong>2009</strong>,<br />

20.00 Uhr<br />

Comenius- Buchhandlung,<br />

Steinstr. 15<br />

Eintritt: 5 Euro<br />

Kartenvorbestellung: 03581/ 40 51 92<br />

Inhalt: „Wenn du etwas wirklich willst,<br />

erreichst du es auch“, mit dieser Überzeugung<br />

sticht Carmen Rohrbach im Alter<br />

von 27 Jahren im Schutz der Dunkelheit<br />

in die Ostsee. Ihr Ziel: die Flucht<br />

aus der DDR. Als sie und ihr Freund von<br />

Suchscheinwerfern der DDR-Grenzpatrouille<br />

erfasst werden, zerstören sie ihr<br />

Boot und setzen ihre Flucht schwimmend<br />

fort. Zwei Tage und Nächte halten<br />

sie sich über Wasser, in ständiger Angst,<br />

zu ertrinken oder entdeckt und verhaftet<br />

zu werden. Der Fluchtversuch misslingt,<br />

doch weder das Scheitern noch die<br />

Gefängnisse der DDR können Carmen<br />

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Vorstellung |<br />

21


Die Comenius-Buchhandlung empfiehlt...<br />

-Anzeige-<br />

Uwe Holmer:<br />

„Der Mann, bei dem Honecker<br />

wohnte“<br />

ISBN 3-7751-4582-6<br />

220 Seiten<br />

Verlag: SCM Hänssler<br />

Preis 14,95 €<br />

Inhalt: Am 9. Nov. 1989 fällt die Mauer,<br />

die Deutschland teilt. Die Ära Honecker<br />

ist beendet. Kurze Zeit später wird Pastor<br />

Uwe Holmer angefragt, ob er Erich<br />

Honecker und seine Frau Margot aufnehmen<br />

kann. Gemeinsam mit seiner Familie<br />

fasst Holmer den historischen Entschluss:<br />

Sie beherbergen den bisherigen<br />

Gegner der Kirche, den gestürzten SED-<br />

Generalsekretär und Staatsratsvorsitzenden<br />

zehn Wochen in ihrem Pfarrhaus.<br />

Empfehlungen der Comenius- Buchhandlung<br />

im <strong>Mai</strong>...<br />

Rohrbachs Freiheitswillen brechen: Nach<br />

zwei Jahren Haft wird sie ausgewiesen<br />

und macht bald darauf als Dokumentarfilmerin<br />

und erfolgreiche Reiseautorin die<br />

ganze Welt zu ihrer Heimat.<br />

„Erzähl mir vom kleinen Angsthasen“<br />

ISBN 978-3-358-03076-9<br />

256 Seiten<br />

Kinderbuch- Verlag<br />

Preis 14,95 €<br />

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22<br />

Vorstellung |


-Anzeige-<br />

Buchhandlung<br />

die Bücher des Monats<br />

Bonner Stefan:<br />

„Doof it Yourself“<br />

ISBN 978-3-7857-6005-5<br />

399 Seiten<br />

Lübbe- Verlag<br />

Preis 14.95 €<br />

Inhalt: DOOF IT YOURSELF ist das Lösungsbuch<br />

zum SPIEGEL-Bestseller GE-<br />

NERATION DOOF: ein humorvoller Ratgeber<br />

für alle, die schon immer geahnt<br />

haben, dass es nicht ohne Wissen und<br />

Ahnung geht.<br />

Inhalt: Die schönsten Kindergeschichten<br />

der DDR <strong>2009</strong>, die in sechs Jahrzehnten<br />

im KinderbuchVerlag erschienen sind,<br />

sind hier enthalten.<br />

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Vorstellung |<br />

23


Die Comenius-Buchhandlung empfiehlt...<br />

-Anzeige-<br />

Klaus Bednarz:<br />

„Ferne und Nähe“<br />

ISBN 978-3-498-00635-8<br />

496 Seiten<br />

Rowohlt Verlag<br />

Preis 22,90 €<br />

Inhalt: Ein „Best of Bednarz“ mit vielen<br />

seiner wichtigsten politischen Texte, mit<br />

Begegnungen und Interviews mit Glossen<br />

und Kommentaren zum Zeitgeschehen,<br />

literarischen Streifzügen und begnadeten<br />

Reisereportagen.<br />

Olga Tokarczuk:<br />

„Unrast“<br />

ISBN 978-3-89561-465-1<br />

464 Seiten<br />

Verlag: Schöffling & Co.<br />

Preis 24,90 €<br />

Inhalt: Eine Frau und ihr kleiner Sohn<br />

verschwinden auf mysteriöse Weise während<br />

des Urlaubs; eine orthodoxe Sekte<br />

will durch ständige Bewegung dem Teufel<br />

entkommen; die Ich-Erzählerin ist auf<br />

permanenter Wanderschaft: In ihrem<br />

neuen Buch UNRAST beschäftigt sich die<br />

große polnische Autorin Olga Tokarczuk<br />

mit der Reiselust und dem Nomadentum<br />

des modernen Menschen.<br />

Comenius-Buchhandlung GmbH,<br />

Filiale Görlitz<br />

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24<br />

Vorstellung |


Tierpark<br />

Naturschutz- Tierpark Görlitz <strong>2009</strong><br />

Wir schützen auch unsere Haut,<br />

wenn wir Tiere schützen<br />

Tierpflegerin Manuela Kleemann hat eine<br />

neue Liebe. Sie heißt „Flöha“. Sie wurde<br />

in der Nähe von Flöha gefunden und<br />

lebt seit kurzem im Naturschutz-Tierpark<br />

Görlitz. „Flöha“ ist ein etwa 8 Wochen altes<br />

Fischotter-Fräulein und bedarf der<br />

menschlichen Pflege, wenn es überleben<br />

soll. „Flöhas“ Entdeckerlust und ihr Spieltrieb<br />

machen sie zum Liebling ihrer Pflegerin.<br />

Vor lauter Neugier vergisst sie sogar<br />

das Trinken. Sollte sie sich weiterhin so gut<br />

entwickeln, ist vielleicht eine Auswilderung<br />

möglich, und dann hoffen alle Mitarbeiter<br />

des Tierparks besonders eines: Möge sie<br />

niemals tot auf der Straße gefunden werden.<br />

Jährlich verlieren etwa 30-50 Fischotter<br />

in unserer Region ihr Leben auf der<br />

Straße. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch,<br />

dass „Flöha“ so ihre Mutter verloren hat<br />

und deshalb in die Obhut des Menschen<br />

musste.<br />

Fischotter gehören zu den vom Aussterben<br />

bedrohten europäischen Raubtieren.<br />

Der Gesamtbestand wird in Sachsen<br />

auf 400 bis 600 Alttiere geschätzt. Durch<br />

Flussregulierungen, Trockenfallen von<br />

Kleinteichen, Wasserverschmutzung und<br />

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Geschichte |<br />

25


Tierpark<br />

Naturschutz- Tierpark Görlitz <strong>2009</strong> –<br />

menschliche Verfolgung<br />

setzte nach 1900 ein<br />

drastischer Bestandsrückgang<br />

ein, so dass<br />

die Art in der Mitte des<br />

20. Jahrhunderts fast<br />

ausgerottet war. Heute<br />

hat Deutschland wieder<br />

einen Gesamtbestand<br />

von 1.200 Alttieren.<br />

Das ist vor allem unermüdlichen<br />

Naturschützern<br />

zu danken, die sich<br />

dem täglichen Kampf<br />

um die Lebensräume<br />

für die Tiere stellen.<br />

Dennoch ist die Anzahl der Fischotter in<br />

West- und Mitteleuropa noch so gering,<br />

dass sie dort zu den streng geschützten<br />

Tieren gehören. Alarmierend ist die Einschätzung<br />

des Populationstrends. Der ist<br />

zurückgehend. Die Bemühungen um den<br />

Wassermarder haben noch nicht gereicht.<br />

Auch deshalb geht es im Naturschutz-Tierpark<br />

Görlitz <strong>2009</strong> um vom Aussterben bedrohte<br />

europäische Raubsäuger. Der Tierpark<br />

beteiligt sich damit an der Kampagne<br />

„European Carnivore Campaign“ der EAZA<br />

(European Association of Zoos and Aquaria).<br />

In dieser Kampagne geht es um viel<br />

mehr als nur den Fischotter. Es geht um<br />

unser Zusammenleben mit Europäischen<br />

Raubtieren. 12 beeindruckende und Europas<br />

Attraktivität mitbestimmende Tierarten<br />

stehen am Rand ihrer Existenz: Europäischer<br />

Wolf, Goldschakal, Polarfuchs,<br />

Vielfraß, Iberischer Luchs, Europäischer<br />

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26<br />

Geschichte |


Tierpark<br />

Luchs, Wolf, Fischotter...<br />

Görlitz<br />

Luchs, Wildkatze, Braunbär, Eisbär, Europäischer<br />

Mink, Tigeriltis, Europäischer<br />

Fischotter.<br />

Es liegt nicht daran, dass uns die europäischen<br />

Raubtiere nicht bedeutsam genug<br />

wären. Unser Verhalten ist geprägt durch<br />

eine lange Geschichte der Beziehung zwischen<br />

Mensch und Raubtier, die sich in unserem<br />

Glauben, der Literatur und Kunst<br />

ebenso wie bis heute im Alltag niederschlägt.<br />

Konflikte waren<br />

vorprogrammiert,<br />

weil Raubtiere an der<br />

Spitze der Nahrungskette<br />

direkt mit dem Menschen<br />

um die Nahrung<br />

konkurrierten. Bis heute<br />

fordert der Wettstreit<br />

um Ressourcen und Lebensräume<br />

seine Opfer<br />

unter den Raubtieren.<br />

Wenn es um das Zusammenleben<br />

mit Wolf und<br />

Fischotter, wie in unsrer<br />

Region, geht, müssen<br />

wir also für uns erst einmal<br />

klären, ob wir Menschen das wollen!<br />

Mit der Teilnahme an der Kampagne für die<br />

vom Aussterben bedrohten europäischen<br />

Räuber will der Naturschutz-Tierpark bei<br />

dieser Entscheidung für die Tiere werben.<br />

Die vielen Veranstaltungen in- und außerhalb<br />

des Tierparks dienen der Information<br />

und Aufklärung über das Leben von Wolf<br />

und Fischotter, um im Sinne einer friedlichen<br />

Koexistenz zwischen Mensch und<br />

Tier handeln zu können.<br />

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Geschichte |<br />

27


Tierpark<br />

Naturschutz- Tierpark Görlitz <strong>2009</strong><br />

Gerade bei diesen unseren Kulturkreis prägenden<br />

Tieren geht mit dem biologischen<br />

Verlust auch ein kultureller einher. Es wäre<br />

entsetzlich, wenn der Urvater des treuesten<br />

menschlichen Begleiters nur noch in<br />

alten Sagen und Geschichten einen Auftritt<br />

hätte. Der Haushund wurde bereits<br />

13.000 bis 9.000 v. Chr. domestiziert.<br />

Unter dem Personal, das in großer Anzahl<br />

in Fabeln, die aus der Antike überliefert<br />

sind, auftritt, dominieren Tiere. Isegrim<br />

(mittelhochdeutsch: Isengrin aus „isen“ =<br />

Eisen und grinen = knurren) ist der Fabelname<br />

des Wolfes aus dem Epos „Reinecke<br />

Fuchs“. Hier verkörpert er den feudalen<br />

Baron. Er symbolisiert Kraft, Rücksichtslosigkeit,<br />

Gier, Grimmigkeit, Bösartigkeit,<br />

aber auch Tölpelhaftigkeit, weshalb er<br />

vom verschlagenen Fuchs immer wieder<br />

hereingelegt wird.<br />

Der dem kriegerischen Mars heilige Wolf<br />

ist bis heute das Symbol Roms. Die Wölfin<br />

nährte die ausgesetzten Marssöhne<br />

Romulus und Remus und legte so den<br />

Grundstein für Rom und seine Macht.<br />

Wer wie ein Wolf kämpft, ist auch heute<br />

noch fast unbesiegbar. Damit sich die Kraft<br />

des Tieres auf den Menschen überträgt,<br />

trugen Krieger bis in die christliche Zeit<br />

hinein Wolfsmasken zum Kampf.<br />

Zu den bekanntesten Tieren der altnordischen<br />

Mythologie zählt der Wolf Fenrir,<br />

von dem man glaubte, er werde sich am<br />

Ende der Zeiten von den Fesseln losreißen<br />

und den Gott Odin verschlingen. Der Wolf<br />

war auch Wotan, dem Gott der Germanen,<br />

heilig.<br />

Die enge Beziehung zwischen Mensch und<br />

Wolf mit den entsprechenden Vorstellungen<br />

zeigt sich bis heute in der Namensgebung.<br />

Großer Beliebtheit erfreuten sich<br />

Namen wie Wolfram (aus Wolf und Rabe,<br />

dem 2. heiligen Tier des Wotan), Wolfgang,<br />

Wolfhardt, Adolf (eigentlich Edel-<br />

Wolf). Jeder kennt Wolfenbüttel, Wolfsburg,<br />

Rudolfstadt (zusammengesetzt aus<br />

„hrod“=Ruhm und „dolf“=Wolf).<br />

(Fortsetzung folgt)<br />

redaktioneller Text: Katrin Matthieu<br />

Fotos: Dr. Axel Gebauer<br />

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28<br />

Geschichte |


6. Sächsische Landesgartenschau<br />

Landschaftsarchitektonischer Ideen–<br />

und Realisierungswettbewerb<br />

Ergebnisse des Wettbewerbes<br />

Anlass<br />

Die Stadt Löbau wird im Jahr 2012 Ausrichterin<br />

der 6. Sächsischen Landesgartenschau<br />

sein. Für die Durchführung und<br />

Nachnutzung der Landesgartenschau und<br />

um ein möglichst breites Spektrum an<br />

Ideen und Entwürfen zu gewinnen, wurde<br />

ein europaweiter landschaftsarchitektonischer<br />

Ideen- und Realisierungswettbewerb<br />

ausgelobt.<br />

Zusammenfassung der Wettbewerbsaufgabe:<br />

Das ca. 20 ha große Gelände der Gartenschau<br />

befindet sich in unmittelbarer Nähe<br />

zur Altstadt im Tal des Löbauer Wassers,<br />

und angrenzenden Bereichen. Das Gebiet<br />

war geprägt durch zahlreiche Industriestandorte,<br />

welche heute größtenteils<br />

verschwunden sind, eine Ausnahme bildet<br />

die stillgelegte Zuckerfabrik auf einem<br />

Plateau oberhalb des Tales. Die freigewordenen<br />

Flächen sollen zu einem qualitätvollen,<br />

stadträumlich und ökologisch<br />

bedeutsamen öffentlichen Freiraum entwickelt<br />

werden. Es soll ein dauerhaft wirksamer<br />

Erholungsbereich entwickelt werden,<br />

welcher während des Gartenschaujahres<br />

einen qualitätvollen und robusten Rahmen<br />

für vielfältige, abwechslungsreiche<br />

und gärtnerische Ausstellungsflächen ermöglicht.<br />

Die Besonderheiten des Landschaftsrau-<br />

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Geschichte |<br />

29


6. Sächsische Landesgartenschau –<br />

mes sollen bewusst herausgearbeitet, genutzt<br />

und eingebunden werden.<br />

Der neue Freiraum soll verschiedene<br />

Stadtteile und städtische Freiräume mit<br />

dem umgebenden Landschaftsraum verbinden<br />

und für die benachbarten Wohngebiete<br />

Möglichkeiten der Naherholung<br />

bieten.<br />

Im Rahmen des landschaftsarchitektonischen<br />

Ideen- und Realisierungswettbewerbes<br />

sollen die stadträumlichen<br />

Verbindungen entwickelt, vorhandene<br />

landschaftliche Potentiale gestärkt und<br />

die ehemaligen Industriebereiche als erlebnisreicher<br />

öffentlicher Freiraum qualifiziert<br />

werden.<br />

Die Konzeption für das Gelände soll einen<br />

dauerhaften Beitrag zur zeitgemäßen<br />

Gartenkultur leisten.<br />

Preisträger - 1. Preis<br />

Hutterreimann + Cejka Landschaftsarchitektur,<br />

Berlin<br />

Arbeitsgemeinschaft mit: Thoma Architekten,<br />

Berlin<br />

Beurteilung<br />

Prägendes Strukturelement ist eine als<br />

Berg- und Talpromenade bezeichnete<br />

Hauptwegeachse durch das nördliche und<br />

östliche Planungsgebiet. Unter Nutzung<br />

vorhandener Wegebeziehungen entsteht<br />

so eine gut dimensionierte und die Orientierung<br />

erleichternde Verbindung zwischen<br />

den Hauptzugängen am Zuckerplateau<br />

und der Altstadt.<br />

An ihr werden die unterschiedlichen Ausstellungs-<br />

und Themenbereiche gleichsam<br />

aufgefädelt.<br />

Ausnahme ist der großflächige Ausstellungsbereich<br />

nördlich des Herrmannbades.<br />

Hier entsteht am Zungangspunkt der<br />

vorhandenen Brücke eine funktional unbefriedigende<br />

und irritierende Situation,<br />

unter der die Qualität des hier angeordneten<br />

Hauptzugangs leidet.<br />

Der westliche Bereich hinter dem Herrmannbad<br />

erscheint in dieser Konzeption<br />

nur mehr als Nebenausgang des Ausstellungsbereichs.<br />

Dominierendes Element des Ausstellungskonzeptes<br />

ist die Nutzung und Überfor-<br />

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30<br />

Geschichte |


Landesgartenschau<br />

Löbau 2012<br />

mung der ehemaligen Absetzbecken zu<br />

phantasievollen Erlebnisbereichen unter<br />

Nutzung assoziativ eingesetzter Materialien,<br />

Pflanzen und differenzierter Wasserstände<br />

nach dem Leitthema „Zucker“, wie<br />

Zuckerhut oder Zuckerspiegel.<br />

Die eigentlichen Ausstellungsflächen der<br />

Leistungsschauen sind entlang der gesamten<br />

Promenade in Form lang gestreckter<br />

sog. Wechselflore und im Talraum als<br />

Themenbereiche in Form prägnanter kristalliner<br />

Strukturen angeordnet.<br />

Vor allem für die Themenbereiche werden<br />

vielfältige Themen aus der Stadt- und In-<br />

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Geschichte |<br />

31


6. Sächsische Landesgartenschau –<br />

dustriegeschichte Löbaus zwar verbal anboten,<br />

aber nicht visualisiert.<br />

gehend in die vorhandene Topographie<br />

ein. Aufwendige Eingriffe in das vorherrschende<br />

Landschaftsbild und die Wasserläufe<br />

werden vermieden mit Ausnahme<br />

einer neu hergestellten Aufschüttung<br />

nördlich des Zuckerlagers zur Herstellung<br />

einer Art Naturbühne. Ihre Lage neben<br />

Die Arbeit betont bewusst die Linie Altstadt-Zuckerplateau<br />

und passt sich weit-<br />

dem Bahngelände ist wenig attraktiv, die<br />

nötige Stützmauer entlang der Görlitzer<br />

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32<br />

Geschichte |


Landesgartenschau<br />

Löbau 2012<br />

Strasse gestalterisch unbefriedigend.<br />

Problematisch ist die Anordnung des<br />

Festzelt- bzw. Zirkusstandplatzes in unmittelbarer<br />

Nähe zur kleinmaßstäblichen<br />

Wohnbebauung im Norden des Zuckerplateaus.<br />

Der Umbauvorschlag des Zuckerlagers<br />

folgt der konstruktiven Grundstruktur des<br />

Gebäudes, ist funktional stringent entwickelt<br />

und verspricht mit der hofartigen<br />

Öffnung der Geschossdecken in der Mitte<br />

ein attraktives Ambiente für die Ausstellungsbereiche.<br />

Das Hermannbad wird in Anlehnung an<br />

die historische Figur hinter einem abschirmenden<br />

Funktionsgebäude mit Orientierung<br />

auf den Talraum als Naturbad in<br />

angemessener Form und Dimension neu<br />

errichtet.<br />

Die Prägnanz der Ausstellungsarchitektur<br />

wird wesentlich von der gestalterischen<br />

Qualität der kristallin geformten Themeninseln<br />

bestimmt. Hier bleibt die Arbeit den<br />

Nachweis der dreidimensionalen Ausformung<br />

und Materialität schuldig und öffnet<br />

große Interpretationsspielräume.<br />

Die baulich-funktionalen Vorgaben einer<br />

gärtnerischen Leistungsschau werden erfüllt.<br />

Die wesentlichen landschaftlichen und<br />

baulichen Elemente sind für dauerhafte<br />

Nutzung konzipiert. Der Rückbauaufwand<br />

beschränkt sich auf die Themeninseln im<br />

Bereich des Hermannbades und im mittleren<br />

Talraum.<br />

Wegeverbindungen, Terrassierungen und<br />

Baumpflanzungen sind auf dauerhafte<br />

Nachnutzung hin konzipiert und können<br />

ohne Veränderung in städtische Nutzung<br />

übernommen werden.<br />

Aufgrund des kontextuellen Planungsansatzes<br />

ist von einer wirtschaftlichen Realisierbarkeit<br />

auszugehen.<br />

Quelle: Landschaftsarchitektonischer Ideen- und Realisierungswettbewerb<br />

- Ergebnisse des Wettbewerbes<br />

Impressum: Auslober des Wettbewerbes:<br />

Große Kreisstadt Löbau und Sächs. Staatsministerium für Umwelt<br />

und Landwirtschaft<br />

Wettbewerbsbetreuung und Gestaltung dieser Dokumentation:<br />

Station C23 - Büro für Architektur, Landschaftsarchitektur und<br />

Städtebau Leipzig<br />

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Geschichte |<br />

33


Seit 1864 Feuerlöschgeräte aus Görlitz –<br />

Im Jahre 1976 wurde das sogenannte<br />

Gruppentaktsystem in der Montage für<br />

Anhänger nach erfolgreicher Rekonstruktion<br />

des Punktportalschweißportals<br />

eingeführt.<br />

Im Rahmen der Wirtschaftsorganisation<br />

der sozialistischen Staaten, dem Rat<br />

für gegenseitige Wirtschaftshilfe (auch<br />

COMECON genannt), arbeitete der VEB<br />

Feuerlöschgerätewerk Görlitz aktiv mit.<br />

Mit der benachbarten Tschechoslowakei<br />

wurde 19<strong>71</strong> ein RGW-Spezialisierungsabkommen<br />

über die Lieferung von standardisierten<br />

Einachsanhängern für die<br />

Feuerwehr vereinbart.<br />

In den 28 Jahren von 1949 –1977 konnte<br />

ein Ansteigen der Produktion auf das<br />

Sechsfache erreicht werden, die Arbeitsproduktivität<br />

stieg um das Vierfache. In<br />

dieser Zeit wurden 42 neue Erzeugnisse<br />

nach modernen Technologien gefertigt.<br />

Das damalige Lieferprogramm umfasste<br />

insbesondere<br />

- Spezialaufbauten für die Feuerwehr<br />

und die Sonderbedarfsträger (u.a. für<br />

NVA, MfS) bis zu 3 Mp<br />

- Einachsanhänger für die Feuerwehr<br />

und für Sonderbedarfsträger<br />

- Sonstige Feuerwehrgeräte und feuerwehrtechnische<br />

Ausrüstungen<br />

- Pkw-Lastanhänger und Fußabtreter<br />

für den Bevölkerungsbedarf (im Zusammenhang<br />

mit der staatlich auferlegten<br />

Pflicht zur Produktion von Massenbedarfsartikeln<br />

für die Bevölkerung).<br />

Auf der Leipziger Herbstmesse im Jahre<br />

1970 wurde für das Produkt „Standard-<br />

Einachsanhänger für die Feuerwehr“<br />

eine „Goldmedaille“ verliehen. Damit<br />

war dieses Produkt besonders für den<br />

Export interessant. Im Jahre 1977 erhielten<br />

63% der prüfpflichtigen Erzeugnisse<br />

der Firma das höchstmögliche<br />

DDR-Qualitätssiegel „Q“.<br />

Das Löschgruppenfahrzeug LF 8 – TS 8<br />

auf LO 2500 Robur mit Vorbaupumpe<br />

und TS 8 sowie dem STA wurde speziell<br />

für die Freiwilligen Feuerwehren der DDR<br />

in hohen Stückzahlen in Görlitz gebaut.<br />

Es war das Standardfahrzeug der FFw.<br />

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34<br />

Geschichte |


Feuerlöschgeräte<br />

eine Erfolgsgeschichte (Teil III)<br />

In den Jahren 1961 bis 1984 wechselte<br />

die Görlitzer Firma weitere drei Male<br />

ihre Bezeichnung und ihr Firmenlogo<br />

unter weitestgehender Beibehaltung ihres<br />

nun schon seit der Mitte der fünfziger<br />

Jahre zu Tradition gewordenen Namens.<br />

Unter diesem Namen hatte sich<br />

die Firma inzwischen auch internationale<br />

Anerkennung, vorwiegend im sozialistischen<br />

Ausland und in den „Jungen Nationalstaaten<br />

Afrikas“<br />

erworben.<br />

Auf Grund der Verordnung<br />

über die Einführung<br />

staatlicher<br />

Standards und Durchführung<br />

der Standardisierungsarbeiten<br />

wurde<br />

das FLG Görlitz im<br />

Jahre 1955 (bis 1974)<br />

vom Ministerium für<br />

den allgemeinen Maschinenbau<br />

mit der Bildung<br />

eines Leitbüros<br />

für Standardisierung,<br />

Fahrzeuggruppe Feuerlöschgeräte,<br />

beauf-<br />

(Archiv H.-D. Müller)<br />

tragt. Der Fachgruppe wurden nachstehende<br />

Feuerlöschgerätewerke (FLG) als<br />

Final-Produzenten von Feuerlöschgeräten<br />

zugeordnet:<br />

- FLG Neuruppin<br />

- FLG Apolda<br />

- FLG Luckenwalde<br />

- FLG Jöhstadt sowie<br />

- die Prüforganisation für Feuerlöschgeräte<br />

Radebeul.<br />

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Geschichte |<br />

35


Seit 1864 Feuerlöschgeräte aus Görlitz –<br />

1975 erfolgte die Überleitung der Firma<br />

in die „Erzeugnisgruppe Feuerlöschgeräte“<br />

mit Sitz in Neuruppin. Die organisatorische<br />

und abgestimmte Produktionszusammenarbeit<br />

(kein Wettbewerb<br />

und keine Doppelproduktion untereinander)<br />

erfolgte innerhalb dieser Erzeugnisgruppe.<br />

Die Entwicklung neuer Brandbekämpfungstechnik<br />

Mit der schnellen Entwicklung der Industrie<br />

und des Entstehens neuer Industriezweige,<br />

insbesondere der chemischen<br />

Industrie, war es notwendig, sich<br />

den veränderten Bedingungen der zunehmenden<br />

Brandgefährdung der Produktion<br />

und der veränderten Taktik in<br />

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36<br />

Geschichte |


Feuerlöschgeräte<br />

eine Erfolgsgeschichte (Teil III)<br />

Folgezeit dem Leichtschaum<br />

eine immer<br />

größere Bedeutung zukam,<br />

nahm die Firma<br />

in Görlitz die Entwicklung<br />

eines Speziallöschfahrzeuges<br />

mit einem<br />

Hochverschäumungsgenerator<br />

auf.<br />

Dieses Fahrzeug konnte<br />

bereits in seiner Entwicklungsphase<br />

bei einem<br />

U-Bahn-Brand in<br />

Berlin seine Funktionstüchtigkeit<br />

unter Beweis<br />

stellen.<br />

Hochverschäumungslöschfahrzeug (Archiv H.-D. Müller)<br />

Hochverschäumungslöschfahrzeug LF 8 - LS 1/1 (Archiv H.-D. Müller)<br />

Das konstruktive Prinzip<br />

der Brandbekämpfung anzupassen. Es<br />

galt, eine moderne Technik und Taktik<br />

zur Bekämpfung von Bränden speziell<br />

für große Flächen, mit geringerem Aufwand<br />

an Personal und technisch weiterentwickelter<br />

Löschtechnik anzuwenden.<br />

dieses Spezialfahrzeuges bestand<br />

darin, dass der Hochverschäumungsgenerator<br />

aus einem Gemisch von Wasser<br />

und Schaumbildner in einer Minute bis<br />

zu1000 Liter Leichtschaum erzeugte.<br />

Dabei ließ sich eine 500- bzw. 1000fache<br />

Verschäumung erzielen.<br />

Das FLG Görlitz produzierte zur modernen<br />

Brandbekämpfung zunächst einen<br />

Schaumbildneranhänger. Da in der<br />

Die besondere Bedeutung dieses Verfahrens<br />

bestand darin, dass binnen kürzester<br />

Zeit eine große Menge Schaum<br />

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Geschichte |<br />

37


Seit 1864 Feuerlöschgeräte aus Görlitz –<br />

Haupteingang IVECO MAGIRUS<br />

Brandschutztechnik Görlitz GmbH (Foto: H.-D. Müller)<br />

erzeugt werden konnte, der sich durch<br />

einen sehr geringen Wasseranteil auszeichnete.<br />

Das Fahrzeug fand Anwendung<br />

beim Löschen von Bränden in<br />

großen Räumen, bei der Waldbrandbekämpfung<br />

sowie bei der Beschäumung<br />

von Landebahnen auf Flugplätzen.<br />

Der Prototyp dieses Fahrzeuges wurde<br />

in der Feuerwehr-Zentralwerkstatt<br />

Kremsdorf bei Weimar entwickelt und<br />

hergestellt, die Serienproduktion erfolgte<br />

dann in Görlitz.<br />

Der Prototyp steht heute<br />

noch voll funktion<br />

tüchtig im Feuerwehr<br />

museum Ellrich.<br />

Die regelmäßige Beteiligung<br />

des VEB FLG<br />

Görlitz an den Leipziger<br />

Frühjahrs- und<br />

Herbst messen bot<br />

zahlreiche ehe Möglichkeiten<br />

für den Export<br />

seiner Erzeugnisse.<br />

Auch das Auftreten<br />

auf anderen Messen und Ausstellungen<br />

im Ausland wurde dafür genutzt.<br />

Vor der politischen Wende in der DDR<br />

wurde die damalige Firma mit ihren 3<br />

Mitarbeitern dem „VEB Robur-Fahrzeugtechnik<br />

Zittau“ zugeordnet.<br />

Diese Zuordnung wurde unmittelbar zur<br />

Wende wieder gelöst und die Firma versuchte<br />

sich nun selbständig den veränderten<br />

Wettbewerbsbedingungen stellen.<br />

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38<br />

Geschichte |


Feuerlöschgeräte<br />

eine Erfolgsgeschichte (Teil III)<br />

Montagehalle (Foto: H.-D. Müller)<br />

Die „Brandschutztechnik Görlitz GmbH“<br />

(BTG) wurde im Jahre 1992 gegründet<br />

und gehört seit 1996 zur IVECO Eurofire<br />

Holding. Die Produktionspalette besteht<br />

heute aus Tragkraftspritzen und Kleintanklöschfahrzeugen,<br />

Vorausrüst- und<br />

Gerätewagen für Gefahrgut und Atemschutz<br />

sowie Einsatzleit- und Mannschaftstransportwagen<br />

im Bereich bis<br />

zu 7,5 Tonnen. Ca. 43 Mitarbeiter – je<br />

nach Auftragslage - sorgen heute dafür,<br />

dass jährlich bis zu ca. 230 Fahrzeuge<br />

das Görlitzer Werk verlassen.<br />

„Klein, aber fein, pfiffig und funktionell“<br />

lautet der heutige Werbeslogen<br />

bei der Herstellung von Fahrzeugen<br />

für die Brandschutztechnik<br />

„Made in Görlitz“. (Fortsetzung folgt)<br />

Autor: Hans-Dietrich Müller, Görliti<br />

Mitautor: Heinz Gläser, Berlin (gestorben<br />

15. November 2008)<br />

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Geschichte |<br />

39


Die Pfarrer<br />

Pfarrer<br />

von Deutsch-Ossig –<br />

Erinnern wir uns an dieser Stelle an die<br />

Einweihung des Kirchenneubaues am<br />

17. Juni 1<strong>71</strong>8 durch Pfarrer Christian Ike<br />

(Stadtbild Heft 67, Seite 42). Diesem verdienstvollen<br />

Pfarrer folgend, wird Urban<br />

Gottlieb Haußdorf 1724 nach Deutsch-<br />

Ossig berufen. Sein Werdegang lässt sich<br />

ziemlich genau verfolgen. Er war der Sohn<br />

des Oberpfarrers von Bernstadt. Bevor er<br />

nach Deutsch-Ossig kam, trat er 1<strong>71</strong>4<br />

seine erste Stelle in Hainewalde bei Zittau<br />

an. Bereits 1727 folgte er einem Ruf nach<br />

Weißig bei Dresden. Zwei Jahre später<br />

schon zog es ihn in die Oberlausitz zurück.<br />

In Zittau stieg er über den Frühprediger<br />

und Dienstagsprediger 1737 dann zum<br />

Archidiakon auf. 1742 wurde er Oberpfarrer.<br />

Gestorben ist Haußdorf 1762.<br />

Ihm folgte 1727 M. Gotthuld Herrmann.<br />

Er stammte aus Lichtenberg, wo sein Vater<br />

Pfarrer war. Er besuchte das Görlitzer<br />

Gymnasium und die Universität Leipzig.<br />

1<strong>71</strong>8 wurde er Pfarrer in Leschwitz. Von<br />

da aus übernahm er die Nachbargemeinde.<br />

Er ist nur fünf Jahre Pfarrer in Deutsch-<br />

Ossig gewesen. Bereits 1732 verstarb er<br />

im Alter von nur vierzig Jahren.<br />

Sein Nachfolger Caspar Mildner hatte<br />

neben Exner und Ike wohl den interessantesten<br />

Lebensweg. Er wurde 1697 in<br />

Gebhardsdorf als Sohn eines Freihäuslers<br />

geboren. Arm, wie die Familie war, kam<br />

er mit zehn Jahren auf die Schule. 1<strong>71</strong>8<br />

findet man ihn schon an der Universität<br />

in Leipzig, dort konnte er aber „wegen Armuth<br />

und Theuerung“ nur zwei Jahre studieren.<br />

Er schlug sich deshalb als Hauslehrer<br />

wieder nach Gebhardsdorf durch.<br />

Als Deutsch-Ossig den Leschwitzern den<br />

Pfarrer „nahm“(!), taten sich diese um<br />

und stießen bei ihrer Suche auf Mildner.<br />

So folgte er 1733 auch dem Ruf nach<br />

Deutsch-Ossig. Er war dann immerhin bis<br />

zu seinem Tod im Jahr 1750 der Pfarrer<br />

der Gemeinde.<br />

Auch Gotthard Altenberger, Sohn eines<br />

Görlitzer Fischerältesten, war vor der<br />

Übernahme einer Pfarrstelle Hauslehrer,<br />

dann bekleidete er die Stelle eines Informators<br />

am neu erbauten Waisenhaus in<br />

Görlitz. 1736 wurde die erste Pfarrstelle<br />

in Kohlfurt (Görlitzer Heide) eingerichtet<br />

und Altenberger in diese berufen. Über<br />

Oberbielau und Hennersdorf kam er 1751<br />

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40<br />

Geschichte |


Deutsch-Ossig<br />

im 18. Jahrhundert<br />

Am Schreibtisch, um 1750<br />

in die Pfarrstelle nach Deutsch-Ossig. Er<br />

starb 1767 im Alter von 62 Jahren.<br />

Ein seltenes Jubiläum für einen<br />

Pfarrer<br />

Nun folgte mit George Friedrich Dihm<br />

eine Besonderheit in der Geschichte der<br />

Pfarrer in Deutsch Ossig. Er stand der Gemeinde<br />

über 60 Jahre vor, konnte also die<br />

seltene „diamantene Ehe“ feiern. Er wurde<br />

1739 als Sohn des Bürgers<br />

und Kaufmanns George Dihm<br />

geboren. Er sollte dem Wunsch<br />

der Eltern gemäß ebenfalls in<br />

den Kaufmannsstand eintreten.<br />

Ihn zog es aber von Kindheit an<br />

zur Kirche hin. Das brachte ihm<br />

aber harte Auseinandersetzungen<br />

im Elternhaus ein. Wie Pfarrer<br />

Dihm später selbst berichtet,<br />

kostete es seine Eltern viel<br />

Überwindung, den Willen Gottes<br />

zu erkennen. Dihm studierte<br />

schließlich in Leipzig und war<br />

nach seinem Studium fünf Jahre<br />

Hauslehrer in Marklissa. Am<br />

19. Oktober 1767 wurde er dann<br />

Pfarrer in Deutsch-Ossig. Durch die seltene<br />

Feier eines fünfzigjährigen Amtsjubiläums<br />

1817 ist auch einiges über die damaligen<br />

Gemeindeverhältnisse zu erfahren<br />

gewesen, ebenso wie auch von der Wertschätzung,<br />

die dieser Pfarrer durch seine<br />

Treue zur Gemeinde erfahren hat. Am<br />

6. November 1817 berichtete der Pfarrer<br />

von Wendisch-Ossig im Görlitzer Anzeiger<br />

über dieses Ereignis folgendermaßen: „Die<br />

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Geschichte |<br />

41


Die Pfarrer<br />

Pfarrer<br />

von Deutsch-Ossig –<br />

Der Pfarrer zu Besuch, um 1780<br />

Amts-Jubelfeier des Herrn Pastor Dihm in<br />

Deutsch-Ossig hat einen so allgemeinen<br />

Beifall gefunden, dass viele den Wunsch<br />

geäußert haben, es möchte eine ausführliche<br />

Beschreibung derselben abgedruckt<br />

werden und zur allgemeinen Kenntnis gelangen…<br />

Ich teile daher hier alles treulich<br />

mit…so daß auch der kleinste Umstand<br />

nicht unberührt bleiben soll –<br />

Am 12. Oct. des Jahres, mithin<br />

12 Tage vor dem Säkularfeste<br />

der Reformation, waren fünfzig<br />

Jahre verflossen, als der Herr<br />

Pastor George Friedrich Dihm<br />

sein Predigtamt in Deutsch-Ossig<br />

angetreten hatte. Da er dieses<br />

Amt eine so lange Reihe an<br />

Jahren mit Treue und zum Segen<br />

seiner Kirchgemeinde geführt,<br />

so wurde eine dieses seltenen<br />

Falles würdige Feier von seinem<br />

ältesten Sohne unter Hinzuziehung<br />

eines hiesigen nahen<br />

Freundes eingeleitet, auf deren<br />

schriftliches Ersuchen von dem<br />

Herrn Superintendenten Worbs<br />

in Priebus der Hochpreußl. Regierung<br />

in Liegnitz angezeigt und von<br />

derselben nicht nur genehmigt, sondern<br />

auch veranstaltet, sodass alle Kosten aus<br />

dem hiesigen Kirchen-Aerario genommen<br />

werden konnten. Auf die vom Herrn Superint.<br />

Worbs an die Herrschaften von<br />

Deutsch-Ossig geschehene Anzeige und<br />

auf das bei denselbigen übergebene<br />

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42<br />

Geschichte |


Deutsch-Ossig<br />

im 18. Jahrhundert<br />

Schreiben der beiden ältesten Söhne und<br />

des Schwiegersohnes des Jubelgreises<br />

wurde die ganze Feierlichkeit von den Gerichtsherrschaften<br />

und Collatoren der Kirche<br />

zu Deutsch-Ossig angeordnet und auf<br />

eine solche Art ausgeführt, dass darüber<br />

nur eine Stimme zum Lobe dieses festlichen<br />

Tages erschallte. Nicht nur das Äußere<br />

des Jubelfestes machte einen tiefen<br />

Eindruck auf die aus der Umgebung zusammen<br />

gekommene Menschenmenge,<br />

sondern hauptsächlich die religiöse Feier<br />

im Gotteshaus von Deutsch-Ossig ließ<br />

kein Herz der Anwesenden ungerührt….“<br />

Zum Verlauf des Festes ist vom Zeitzeugen<br />

folgendes zu erfahren: „Am vorhergehenden<br />

Tag, dem 18. Oct. wurde das<br />

Fest Mittags und Abends mit allen Glocken<br />

eingeläutet. Nach 6 Uhr abends kam<br />

der Schullehrer Herr Flössel in Deutsch-<br />

Ossig, dem die Direction der Chöre und<br />

Gesänge übertragen war und die er (nach<br />

einer dazu erhaltenen Einleitung) mit dem<br />

aus Görlitzer Gymnasiasten bestehenden<br />

Singe-Chor und Posaunenbläsern meisterhaft<br />

ausführte. Nach dem Liede im<br />

Hause des Jubelgreises wurden die abgedruckten<br />

Gesänge dem Jubilar überreicht.<br />

Es folgte noch ein Chor- „Schon fünfzig<br />

Jahre sind dahin geschwunden“-, danach<br />

wurden alle mit einigen Erfrischungen bewirtet.<br />

Die Herren Collatoren, die mit rühmlichem<br />

Eifer und unermüdlicher Tätigkeit<br />

das Ganze dirigierten, hatten die Vereinbarung<br />

getroffen, dass mit Anbruch des<br />

festlichen Tages vier Ehrenpforten vor<br />

dem Pfarrhause (an den beiden Kirchhoftoren<br />

und vor dem herschaftl. Hofe des<br />

Herrn Lange) von einem handwerklich geschickten<br />

Künstler, dem Drechsler Meister<br />

Männig aus Görlitz, unbemerkt errichtet<br />

wurden.(…)<br />

Am Abend des Jubelfestes waren diese<br />

Ehrenbogen erleuchtet. Der festliche Tag<br />

begrüßte den Jubelgreis mit mündlichen<br />

Glückwünschen, einer Vocal- und Instrumentalmusik<br />

(…) Nach ihrer Beendigung<br />

gratulierten die erste Schülerin und der<br />

erste Schulknabe dem Jubilar im Namen<br />

der ganzen Schule. (Fortsetzung folgt)<br />

Dieter Liebig, Volker Richter, zusammengestellt<br />

durch Dr. Ingrid Oertel<br />

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Geschichte |<br />

43


Görlitzer<br />

Geschichten aus dem Görlitzer Stadtverkehr –<br />

In den beiden vorangegangenen Folgen<br />

wurde über den Einsatz von LOWA-<br />

Trieb- und –Beiwagen in unserer Stadt<br />

berichtet. Dieser in den Waggonfabriken<br />

Werdau, Gotha<br />

und Ammendorf<br />

gefertigten<br />

Fahrzeugreihe äußerlich<br />

verwandt<br />

waren sogenann-<br />

ganz der späteren Lowa- Fahrzeuge. 20<br />

Sitz- und 35 Stehplätze waren vorhanden.<br />

Im Jahre 1969 erfolgte in Gera eine<br />

grundhafte Aufarbeitung, bevor die An-<br />

te Aufbauwagen<br />

Werdauer Bauart<br />

aus den ersten<br />

Nachkriegsjahren.<br />

Zwei solcher<br />

Fahrzeuge waren<br />

die im Jahre 1947<br />

in Gera indienstgestellten<br />

Anhänger<br />

Nr. 87 und<br />

88 (dort 1959 in<br />

Geraer Anhänger 205 im Juni 19<strong>71</strong> im Depot<br />

Nr. 205 und 206<br />

umbezeichnet). Bei einer Gesamtlänge hänger per Bahn nach Görlitz umgesetzt<br />

8.380 mm wirkten sie mit ihrem Achsabstand<br />

von 3 Metern und weit an die rere Monate in der Wagenhalle u.a. auf<br />

worden sind. Hier konnte man sie meh-<br />

Wagenenden placierten Einstiegen sehr dem Gleis 9 stehen sehen, bevor sie bis<br />

gedrungen. Ihnen fehlte einfach die Ele- zum April 1972 im Außengelände des<br />

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44<br />

Geschichte |


Zwei<br />

Anhänger,<br />

Anhänger<br />

die nicht im Liniendienst fuhren<br />

Depots östlich hinter der Wagenhalle<br />

abgestellt waren. Obwohl der geplante<br />

Einsatz in Görlitz mit den Betriebsnummern<br />

70II und 73III nie verwirklicht<br />

Die beiden Schulungsräume im Juli 1975<br />

worden ist, kann man dennoch von einer<br />

gewissen Popularität sprechen. Jeder,<br />

der zwischen dem späten Frühjahr<br />

1972 und den 80er Jahren zu Fuß an<br />

der Großgarage unweit des Restaurants<br />

Zeltgarten vorbeigekommen ist, konnte<br />

die orange/grau lackierten Aufbauten<br />

am südlichen Außenzaun des Geländes<br />

stehen sehen. Sie dienten dort viele<br />

Jahre dem Verkehrssicherheitsaktiv<br />

Weinhübel<br />

als Schulungsräume.<br />

Irgendwann<br />

vor der Wendezeit<br />

waren sie dann<br />

verschwunden.<br />

Warum nach der<br />

Umsetzung nach<br />

Görlitz deren Einsatz<br />

verworfen<br />

wurde, ist nicht<br />

bekannt. Wenngleich<br />

die Anhänger<br />

alles andere<br />

als schön waren,<br />

hätte man sie<br />

prinzipiell hinter WUMAG- und LOWA-<br />

Triebwagen zum Einsatz bringen können,<br />

zumal sie technisch in Ordnung<br />

und viele Jahre jünger als die Dresdener<br />

Anhänger waren. Möglicherweise<br />

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Geschichte |<br />

45


Görlitzer<br />

Geschichten aus dem Görlitzer Stadtverkehr<br />

Geraer Anhänger 206 im <strong>Mai</strong> 19<strong>71</strong> im Depot<br />

war ihre nie vollzogene Inbetriebnahme<br />

die Ursache, weshalb der beinahe<br />

70 Jahre alte ex. Dresdener Anhänger<br />

Nr. 73II (ex.67) noch bis zum Frühjahr<br />

1970 als einziger seiner Bauart im Liniendienst<br />

verblieben<br />

ist. Manchmal<br />

schreibt eben<br />

das Leben seltsame<br />

Geschichten<br />

– auch im Straßenbahnverkehr<br />

einer Stadt wie<br />

Görlitz. Abbruchfotos<br />

der beiden<br />

Schulungsräume<br />

sind mir leider bis<br />

heute nicht bekannt,<br />

auch wenn<br />

wohl ziemlich sicher<br />

ist, dass die<br />

Aufbauten verschrottet<br />

worden sind.<br />

(Fortsetzung folgt)<br />

Andreas Riedel, Wiesbaden<br />

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46<br />

Geschichte |

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