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BIBER 03_23 Ansicht (1)

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Die fünfzehnjährigen Mädchen Ewa<br />

und Jasmin zeigen sich schockiert<br />

über die grausamen Vorfälle und die<br />

immer weiter steigenden Zahlen. Die<br />

beiden Mädchen setzen sich wie Atilla<br />

und Adam bei dem Online-Filmprojekt<br />

ein. „Uns ist es wichtig, dass Gewalt an<br />

Frauen endlich aufhört. Ich bin überzeugt<br />

davon, dass sich in unserer Generation<br />

gerade etwas ändert. Wir Jüngeren sprechen<br />

viel offener über das Thema und<br />

auch durch unser Filmprojekt hoffen wir,<br />

vor allem Jungs zu erreichen, damit sie<br />

vielleicht ihre Denkweise ändern“, erzählt<br />

Jasmin. Sie ist der Meinung, dass alle<br />

Frauen dieselbe <strong>Ansicht</strong> teilen: Frauen<br />

verdienen keine Gewalt. Es liege an den<br />

Männern, ihre Denkweise zu ändern.<br />

GESCHLECHTERROLLEN,<br />

TOXISCHE MÄNNLICHKEIT<br />

UND TIKTOK<br />

Auch Ewa ist aufgebracht über die<br />

traditionellen Rollenbilder von Mann und<br />

Frau, die sie selbst noch immer miterlebt.<br />

„Wenn ich später Kinder habe,<br />

Toxische und gewalttätige<br />

Beziehungen<br />

werden in ihrer Generation<br />

vor allem auf<br />

TikTok verherrlicht<br />

und propagiert.<br />

werden beide Geschlechter die gleichen<br />

Rechte haben. Ich finde, kein Mensch hat<br />

mehr vom Leben verdient, nur weil er ein<br />

Mann ist. Eine Frau kann genauso stark<br />

sein."<br />

Das klischeehafte Bild des „starken“<br />

Mannes, der über der „schwachen“ Frau<br />

steht, ist gesellschaftlich noch immer<br />

fest verankert. Viele Männer sehen<br />

Frauen und Mädchen als ihren Besitz an.<br />

Durch traditionelle Rollenbilder werden<br />

Frauen aufgrund ihres Geschlechtes in<br />

vielen Aspekten vernachlässigt. Seinen<br />

Privilegien als Mann ist sich Atilla<br />

bewusst: „Wir leben in einer Welt, in<br />

der Männer stärker als Frauen gezeigt<br />

werden. Dadurch habe ich als Mann<br />

keine Angst. Ich wurde so sozialisiert,<br />

dass Männer immer stärker sein müssen.<br />

Aber es macht mich wütend. Wenn ich<br />

als Türke mitbekomme, dass ein anderer<br />

Türke seine Frau schlägt, finde ich das<br />

einfach nur scheiße. Sobald ich dazwischen<br />

gehe, reagiert mein Umfeld oft<br />

mit Unverständnis. Sie verstehen nicht,<br />

warum ich mich für sie einsetze, weil es<br />

„ja eh nur“ eine Frau ist. In meiner Kultur<br />

wird es oft noch normal gesehen, dass<br />

ein Mann über der Frau steht. Dahinter<br />

stehen wir als junge Generation gar nicht<br />

mehr.“ Atilla und Adam haben es satt,<br />

in eine Schublade gesteckt zu werden.<br />

Sie erzählen betroffen von rassistischen<br />

Lehrkräften und Arbeitskollegen, die<br />

ihnen wegen ihrer Herkunft unterstellten,<br />

Frauenschläger und -mörder zu<br />

sein. Dabei gab es in der Türkei, ihrem<br />

Herkunftsland, letztes Jahr über 300<br />

Femizide. „Mir wurde von klein auf beigebracht,<br />

dass ich respektvoll zu Frauen<br />

sein soll. Und dann kommt mein Lehrer<br />

und sagt mir, dass meine Herkunft mich<br />

zu einem Frauenschläger mache“, sieht<br />

Adam frustriert zu Boden.<br />

Aber selbst die junge, scheinbar so<br />

aufgeklärte Generation, entflieht den<br />

alten Rollenbildern nicht. Toxische und<br />

gewalttätige Beziehungen werden in<br />

ihrer Generation vor allem auf TikTok verherrlicht<br />

und propagiert. Diverse Trends<br />

und unkontrollierbare Inhalte beeinflussen<br />

die Denkweise vieler Jugendlicher.<br />

„Durch TikTok werden solche Werte stark<br />

verbreitet. Auf der Plattform sind Jungs,<br />

die Tipps geben, wie „schlecht“ man<br />

seine Freundin behandeln müsse. Sie<br />

behaupten dann, dass sie einem niemals<br />

von der Seite weichen würde. Es gibt<br />

natürlich auch Frauen, die eine toxische<br />

Art von Beziehung und krankhafte Eifersucht<br />

verherrlichen. Man bekommt das<br />

Gefühl, Frauen geht es nur noch um Geld<br />

und Status“, behauptet Adam. Sozialarbeiterin<br />

Pamina Gutschelhofer bestätigt,<br />

dass es an Aufklärung fehle und<br />

Jugendliche oft nicht wüssten, wohin sie<br />

sich wenden können. Aus diesem Grund<br />

möchten Atilla, Adam, Ewa und Jasmin<br />

ihr Online-Filmprojekt in den sozialen<br />

Medien verbreiten und ein Gegenpol zu<br />

toxischen Bewegungen bieten. ●<br />

Jasmin und Ewa setzen sich für mehr Aufklärung<br />

von Gewalt gegenüber Frauen ein.<br />

48 / RAMBAZAMBA /

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