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Hamburg. „Für mich war es sehr schwer zu sehen, wie Charkiw<br />
bombardiert wurde, und natürlich machte ich mir Sorgen<br />
um meine Mutter. Eine Rakete ist in das benachbarte Haus<br />
eingeschlagen, etwa 30 Meter entfernt von unserem. Man<br />
will sich das nicht einmal vorstellen“, so der <strong>23</strong>-Jährige.<br />
Das letzte Mal besuchte er seine Familie in Russland im<br />
Sommer 2021. „Ich habe zwar nicht bewusst ferngesehen,<br />
aber mir ist trotzdem untergekommen, was den Leuten dort<br />
so eingetrichtert wird.“ Dmytro erzählt, dass es in der Wohnung<br />
seiner Oma drei Fernseher gibt, für jedes Zimmer<br />
einen. Er verglich die Bildschirme mit jenen<br />
aus dem Buch „1984“ von George Orwell.<br />
So spricht Präsident Putin von einer „Befreiung<br />
der Ukraine von Nazis“ durch seine „militärische<br />
Spezialoperation“, frei nach dem Motto „Krieg<br />
ist Frieden“. Jegliche Fakten über den Konflikt<br />
werden verdreht und an die Ziele der russischen<br />
Regierung angepasst.<br />
„Jeden Tag haben solche Typen wie Soloviov<br />
und Kiseliov in Talkshows [siehe Infobox] auf verschiedenen<br />
Kanälen in irgendeiner Form negativ über die<br />
Ukraine gesprochen. Eine Stunde lang ging es darum, was<br />
alles an der Ukraine doof ist, als ob es im territorial größten<br />
Land der Welt keine anderen Probleme gäbe. Im Nachhinein<br />
macht es Sinn, wie die Bevölkerung ideologisch auf die heutige<br />
Situation vorbereitet wurde“, so der gebürtige Ukrainer.<br />
Das russische Staatsfernsehen kontrolliert gezielt die<br />
Wahrnehmung über den Krieg in der eigenen Bevölkerung.<br />
Unabhängige Medien werden dort schon seit Jahren verfolgt<br />
– seit Kriegsbeginn gilt jegliche Berichterstattung über den<br />
Krieg, die sich von der offiziellen Ideologie der russischen<br />
Regierung unterscheidet, als „Fake News“ und ist somit<br />
gesetzeswidrig.<br />
RUSSLANDS BEKANNTESTE<br />
P ROPAGANDISTEN<br />
Vladimir Soloviov (*1963) ist ein bekannter russischer<br />
Journalist und Moderator. Unter anderem in<br />
seiner Talksendung „Der Abend mit Vladimir Soloviov“<br />
verbreitet er seit vielen Jahren rigide Theorien über<br />
das politische Geschehen in Russland. So sollen die<br />
Vergiftungen der Oppositionellen Sergey Skripal und<br />
Alexey Navalny Produkte einer westlichen Provokation<br />
sein.<br />
Dmitrij Kiseliov (*1954) ist ein Journalist und<br />
Generaldirektor der von Präsident Putin gegründeten<br />
Medienagentur „Russland Heute“. Besonders<br />
bekannt ist er durch seine propagandistische Nachrichtenshow<br />
„Die Nachrichten der Woche“, die stets<br />
sonntags auf dem staatlichen Hauptsender „Rossija<br />
1“ zur Primetime läuft.<br />
HOFFNUNG AUF REVOLUTION<br />
So glaube seine Oma sehr stark an das, was im Staatsfernsehen<br />
über den Krieg berichtet wird. „Das hat mich<br />
schon sehr überrascht, weil ich zu Beginn dachte, dass die<br />
Tatsachen doch auf der Hand liegen würden. Man kann sie<br />
nicht überreden – beispielsweise ist das Argument, dass die<br />
Ukraine den ganzen Konflikt mit dem Donbass begonnen<br />
hätte, zu stark.“ Dmytro stritt sich so lange mit seiner Oma,<br />
bis er es aufgeben musste. Mit seiner Cousine, die im selben<br />
Alter ist wie er, sieht es jedoch anders aus. „Sie versteht,<br />
was passiert, wie viele jüngeren Leute eben auch. Sie lesen<br />
westliche Medien und wir kommen diesbezüglich miteinander<br />
gut klar.“ Viele seiner Freunde in der Ukraine, die muttersprachlich<br />
mit dem Russischen aufgewachsen sind, haben<br />
die Alltagssprache ins Ukrainische gewechselt. „Ich kann es<br />
nachvollziehen, aber in meinem Fall stellt sich die Frage, mit<br />
wem ich Ukrainisch sprechen soll, wenn doch fast meine<br />
ganze Familie – bis auf meine Mutter – in Russland ist.“<br />
Dmytro hofft, wie Maksim auch, dass vor allem die junge<br />
Generation in Russland für eine demokratische Zukunft<br />
kämpfen wird. „Irgendwann kommt die Revolution und dann<br />
auch der Bürgerkrieg. Anders kann ich mir das gar nicht<br />
vorstellen“, so Maksim. Olesya betont hingegen, wie wichtig<br />
ein Sieg der Ukraine ihrer Meinung nach für das politische<br />
Weltgeschehen wäre. „Russland darf damit einfach nicht<br />
durchkommen. Dieser Krieg hat eine Symbolfunktion für<br />
andere Konflikte auf der Welt: China und Taiwan oder auch<br />
Nordkorea und Südkorea. Wenn die Ukraine diesen Krieg<br />
verliert, ist das ein Zeichen dafür, dass völkerrechtswidrige<br />
Politik eine Zukunft hat. Das will doch niemand.“ ●<br />
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