22.02.2023 Aufrufe

Zeitung Vinschgerwind 3-23 vom 09.02.2023 Bezirk Vinschgau Südtirol

Zeitung Vinschgerwind 3-23 vom 09.02.2023 Bezirk Vinschgau Südtirol - Stellenmarkt, Immobilien, Haus, Wohnung, Kaufen, verkaufen, mieten, vermieten, Glückwünsche, Danksagung, Todesanzeigen, Weiterbildung, Termine

Zeitung Vinschgerwind 3-23 vom 09.02.2023 Bezirk Vinschgau Südtirol - Stellenmarkt, Immobilien, Haus, Wohnung, Kaufen, verkaufen, mieten, vermieten, Glückwünsche, Danksagung, Todesanzeigen, Weiterbildung, Termine

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

09.02.23 Vinschgerwind 3-23 /MENSCHEN/ 17

Oswald Toutsch

Wirt, Pionier und Urgestein von Tschierv

Oswald Toutsch ist 93 Jahre alt und hat noch viel zu sagen. Vor Kurzem wurde er von der Stiftung Kreatives

Alter für sein Werk „Tschierv – eine Dorf-Monografie“ ausgezeichnet. Es ist nicht sein erstes Buch.

„Regordanzas – Cudesch 1“ (Erinnerungen – Buch 1) erschien bereits 2012 in romanischer Sprache.

von Annelise Albertin

Oswald und seine Frau

Ida sind seit 55 Jahren

verheiratet, haben vier

erwachsene Kinder und zwei

Enkelkinder. Jetzt haben sie

Zeit, ihr schönes Daheim zu geniessen.

Das war nicht immer

so, denn als Wirtepaar auf der

Ofenpasshöhe waren die Mussestunden

gezählt. 28 Jahre haben

sie dort auf 2149 M. ü. M. das

Gasthaus Süsom Givè geführt.

1930 in Zernez geboren,

musste Oswald schon sehr früh

mit einem argen Verlust zurechtkommen.

Sein Vater starb,

als er nur zwei Jahre alt war.

Fortan lebten er und sein zwei

Jahre älterer Bruder Giachen

alleine mit der Mutter, die hart

für ihren Lebensunterhalt arbeiten

musste. Trotz der damaligen

Wirtschaftskrise baute der

Grossvater von Oswald 1935 auf

der Ofenpasshöhe eine Gaststätte,

um der Tochter und den

Enkeln eine Existenz zu sichern.

In weiser Voraussicht, dass

der Pendlerverkehr der Grenzgänger

aus dem Südtirol und

die Touristenströme über den

Ofenpass zunehmen würden,

befand er die Passhöhe als den

richtigen Standort für ein Gasthaus.

Im Herbst zogen dann

Oswald und seine Mutter auf

den Ofenpass. Sein Bruder ging

bereits zur Schule und blieb in

Zernez bei den Grosseltern. Oswald

war nun auf sich alleine

gestellt, die Mutter hatte viel zu

tun und andere Kinder gab es

nicht dort oben. „Aber ich hatte

meinen Hund Milo. Er war mein

Freund und Spielgefährte“, erinnert

sich Oswald. Es war kein

einfaches Leben und die Mutter

musste rechnen, damit sie über

die Runden kamen. Das grosse

Geschäft mit den Touristen war

damals noch nicht zu machen.

Oswald Toutsch mit der Urkunde von der Stiftung „Kreatives Alter“

Jedoch die Wegmacher kehrten

gerne in der Gaststätte ein und

auch Einheimische aus dem Val

Müstair kamen an den Wochenenden

ab und zu hinauf. Auch

wenn der Betrieb nicht viel abwarf,

waren sie zufrieden. Später,

als Oswald zur Schule musste,

wohnten er und sein Bruder

bei der „nona“ in Zernez, verbrachten

aber die Ferien immer

auf dem Ofenpass. Das Unglück

brach erneut über die Familie

herein, als 1944 das Gasthaus

abbrannte. Mitten im Geschehen

des zweiten Weltkriegs musste

es wieder aufgebaut werden.

„Es war eine gute Entscheidung,

den Familienbetrieb weiterzuführen“,

ist sich Oswald

Toutsch auch heute noch sicher.

1967 heiratete er die junge Ida

Giacomelli aus Lavin und 1968

zogen sie zusammen auf Süsom

Givè und führten den Gastbetrieb

weiter. Im Winter musste

Ida das Gasthaus alleine führen,

denn Oswald arbeitete als Saisonangestellter

im Hotel Palace

in St. Moritz. „Ich begann ganz

unten als Laufbursche und arbeitete

mich stufenweise hoch

bis zum Oberkellner. Ich lernte

den Umgang mit den noblen

Gästen von der Pike auf, was

mir in meinem Gasthaus sehr

zugute kam.“ Im Sommer, wenn

der Betrieb auf dem Ofenpass

zunahm, arbeitete das Ehepaar

gemeinsam auf Süsom Givè.

Foto: Annelise Albertin

Oswald Toutsch gehört

auch zu den Pionieren und

Initianten des Skigebiets Minschuns

am Ofenpass. Als im

Winter 1976 das Skigebiet mit

dem Bergrestaurant „Alp da

Munt“, welches im Kuhstall untergebracht

war, eröffnet wurde,

übernahm Oswald dort das

Zepter. Auch nach dem Bau des

neuen Bergrestaurants fungierte

er im Winter als Wirt auf Minschuns

und im Sommer in seinem

Gasthaus auf Süsom Givè

und das 20 Jahre lang.

Das Potenzial des jungen

Mannes wurde auch vom damaligen

Gemeindepräsidenten

erkannt. Obwohl auf der politischen

Bühne ein Grünschnabel,

wurde Oswald angefragt, als

Gemeindepräsident zu kandidieren,

was er nach Rücksprache

mit seiner Ehefrau und trotz

seines intensiven Arbeitsalltags

auch tat. 1971 wurde er gewählt

und blieb 20 Jahre lang im Amt.

Er erinnert sich gerne an jene

Zeiten. Nach den Versammlungen

ging man ins Gasthaus,

es wurde weiter diskutiert, politisiert

und manchmal auch gestritten.

Aber es war gut so. Man

war eine Gemeinschaft. „Es ist

schade, dass diese Gepflogenheiten

heutzutage immer mehr

verloren gehen. Jeder lebt viel

mehr für sich und nicht mehr

in der Gemeinschaft“, bedauert

Oswald diese Entwicklung.

Heute führt einer seiner Söhne

das Gasthaus Süsom Givè auf

der Ofenpasshöhe. Oswald freut

sich, dass der Betrieb in der Familie

geblieben ist. Die Hände

in den Schoss legen, will er aber

auch mit 93 Jahren nicht. „Es

sind wertvolle Erinnerungen“,

sinniert er. „Geschichte, die

nicht verloren gehen soll, und

daher schreibe ich sie auf, für

alle, die sich dafür heute und

später interessieren.“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!