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FINE - Das Festivalmagazin

Magazin zum 26. Rheingau Gourmet & Wein Festival

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»MEIN<br />

GEBURTSJAHR<br />

WAR EIN<br />

SEHR GUTER<br />

JAHRGANG«<br />

Echte Weinsammler gelten als zurückhaltend bis scheu. Dabei entspricht das oft gar nicht ihrem Naturell, viele sind neugierig, gesprächig<br />

und mitteilsam. Doch Fragen nach dem, was in ihren Kellern lagert und reift, beantworten sie meist höflich und kundig, aber unverbindlich.<br />

Ihr Schatz bleibt ihr Geheimnis, denn wer sich öffnet, geht Risiken ein: Falsche Freunde wollen kostenfrei große Weine<br />

probieren, anderen geht es allein ums Geschäft, und zu viele Details bedeuten mehr Gefahr durch Betrug, Fälschungsangebote und<br />

Einbrüche. Dabei gäbe es so viel zu erzählen – wer könnte mehr über die Faszination reifer Weine berichten, über außergewöhnliche<br />

Genussmomente oder Begegnungen mit legendären Winzern als ein Sammler aus Leidenschaft?<br />

<strong>FINE</strong> hat einen der großen Sammler Europas überzeugen können, über sein Leben mit bedeutenden Weinen zu sprechen, allerdings<br />

nicht unter seinem echten Namen – nennen wir ihn also einfach Johannes Müller. Der Unternehmer aus Westdeutschland, der seit<br />

mehr als vier Jahrzehnten sammelt, gehört zu den sehr wenigen Wein-Enthusiasten, die Rendite nicht interessiert. Denn er verkauft<br />

niemals, er genießt. Große Weine öffnet Müller mit einer kleinen, ausgewählten Gruppe guter Freunde, die alle die gleiche Leidenschaft<br />

und genügend Kenntnis haben, um die Tiefe des Erlebnisses mit dem Gastgeber zu teilen. Doch welche grandiosen Flaschen<br />

sie mit ihm geöffnet haben, darüber schweigen sie. Nicht nur aus Freundschaft: Es ist eine der Voraussetzungen, um von Johannes<br />

Müller ein Glas zu erhalten.<br />

Interview UWE KAUSS<br />

Fotos ARNE LANDWEHR<br />

UWE KAUSS: Warum haben Sie angefangen, ausgerechnet Wein zu<br />

sammeln?<br />

JOHANNES MÜLLER: Mit Wein kann ich mich erstens zu jeder Tages- und<br />

Nachtzeit beschäftigen. Zweitens kann ich dabei Genuss mit Kultur verbinden.<br />

Wenn man die Entwicklung von Weinen erlebt und sich damit befasst, kommt<br />

man schnell auf die Geschichte des Weins. <strong>Das</strong> sind für mich interessante Aspekte,<br />

denn ich habe mich schon immer sehr für Geschichte interessiert. Wein ist<br />

zudem etwas, worüber man kommunizieren und sich intensiv austauschen kann.<br />

Wann haben Sie begonnen?<br />

<strong>Das</strong> war 1978.<br />

Was war der Grund?<br />

Ich war auf der Suche nach einem Hobby, das ich als viel arbeitender Mensch<br />

noch betreiben konnte. Golf kam für mich nicht in Frage – ich habe genug<br />

Handicaps, da brauche ich nicht noch eins im Sport. Und es war vor allem eine<br />

Frage der Flexibilität. Bei uns kursierte der Witz: <strong>Das</strong> Handicap beim Golf entspricht<br />

der Zahl der Stunden, die man im Betrieb arbeitet.<br />

Wie groß ist Ihre Sammlung heute?<br />

Inzwischen sind’s mehrere Tausend Flaschen.<br />

Womit sind Sie eingestiegen?<br />

Ich hatte nicht die finanziellen Möglichkeiten wie heute, aber ich habe früh<br />

angefangen, reife Weine zu kaufen. Denn ich habe schnell verstanden, dass Weine<br />

mit sehr viel Wucht und Tannin nichts für mich sind, aber mich faszinierte die<br />

Vielfalt in der Nase und im Geschmack. Eine geführte Bordeaux-Probe hat mich<br />

schließlich so begeistert, dass ich begonnen habe, zu sammeln. Übrigens haben<br />

die meisten Sammler, die ich kenne, mit Bordeaux angefangen. Die Region ist<br />

aus meiner heutigen Sicht auch am einfachsten zu verstehen. Danach kommen<br />

sie nach Burgund, an die Rhône und dann in andere Länder und Regionen. Bei<br />

den meisten liegt der Schwerpunkt in Frankreich.<br />

Was haben Sie zu Anfang denn gekauft?<br />

1978 habe ich Pétrus 1947 zum Preis von 78,60 Mark erstanden. <strong>Das</strong> muss man<br />

sich mal vorstellen…<br />

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