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FINE - Das Festivalmagazin

Magazin zum 26. Rheingau Gourmet & Wein Festival

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In den Kreidestollen lässt Kellermeister<br />

Frédéric Panaiotis die Champagner<br />

reifen, und das Künstlerduo Mouawad<br />

Laurier erzeugt dort mit künstlicher<br />

Intelligenz Licht- und Klangeffekte<br />

Dom Ruinart das Terroir, den Einfluss der klimatischen Verhältnisse<br />

des Jahres und des langen Ruhens auf der Hefe – und<br />

auch das Know-how des Kellermeisters seiner Zeit. Letzterer<br />

beeinflusst zum Teil erheblich, wie sich die Champagner des<br />

Hauses stilistisch weiterentwickeln, und häufig führt einer<br />

zu Ende, was ein anderer begonnen hat. »Wir arbeiten meist<br />

für die Generation nach uns«, sagt Frédéric Panaiotis, »bis<br />

vor Kurzem sprach ich noch über Jahrgangschampagner, die<br />

mein Vorgänger gemacht hatte. 1998 startete er einen Vergleich<br />

zwischen den beiden klassischen Verschlüssen – Kronkorken<br />

und Naturkork –, um herauszufinden, welcher sich bei langer<br />

Reifung am besten auf die Entwicklung auswirkt. Aber erst dieses<br />

Jahr bringen wir den Dom Ruinart 2010 als ersten Champagner<br />

heraus, der vollständig unter Naturkorken gereift ist.«<br />

Ganz allgemein wird die Reifung unter Korkverschluss<br />

mehr und mehr von den Champagnerhäusern wiederentdeckt.<br />

Anfang der 1960er-Jahre eroberte der Kronkorken<br />

die Keller, schon weil mit ihm wenigstens für die Zeit<br />

vor dem Degorgieren Korkschmecker ausgeschlossen waren.<br />

Heute hat sich die Technik jedoch auch bei den Naturkorken<br />

weiterentwickelt, und Frédéric Panaiotis hat strenge Richtlinien<br />

eingeführt, um die Vision seines Vorgängers für den Jahrgangschampagner<br />

Dom Ruinart Realität werden zu lassen: »Die<br />

Qualität ist entscheidend. Unsere Versuche zeigten ganz klar:<br />

Der Korken schützt den Wein auf ideale Weise vor Oxidation,<br />

langfristig wesentlich besser als ein Kronverschluss.« Um Korkfehler<br />

auszuschließen, werden seit 2019 nur noch mit NDtech-<br />

Chromatografie einzeln geprüfte Naturkorken verwendet. Auch<br />

andere Parameter sind wichtig, wie Panaiotis erklärt: »Für<br />

eine lange Lagerung im Keller verwenden wir Korken mit<br />

besonders hoher Dichte. <strong>Das</strong> verlangsamt auf beeindruckende<br />

Weise den Reifeprozess.« Augenzwinkernd fügt er hinzu: »Aber<br />

keine Angst – nach dem Degorgieren kommt ein nicht ganz so<br />

kompakter Naturkorken auf die Flasche, schließlich soll man<br />

sie ja auch aufbekommen.« Eine gute Idee, zeigen die sozialen<br />

Netzwerke doch eine ganze Reihe von Videos mit missglückt<br />

sabrierten Champagnerflaschen.<br />

Welchen Unterschied der Verschluss ausmacht, illustrieren<br />

auf subtile Weise die Dom-Ruinart-Jahrgänge 2009 und 2010,<br />

der erste unter Kronkorken, der zweite unter Naturkork gereift.<br />

Beide sind filigran, von feinster Perlage und mit der gleichen<br />

aromatischen Signatur. Zugleich könnten sie stilistisch kaum<br />

unterschiedlicher sein: Während sich der 2009er fruchtig<br />

und ausdrucksstark zeigt, bleibt der 2010er mineralischer<br />

und zurückhaltender, wobei der Jahrgang nur hintergründig<br />

eine Rolle spielt. Eine Antwort auf die auch unter Experten<br />

umstrittene Frage, ob Champagner karaffert werden dürfe,<br />

umgeht Frédéric Panaiotis elegant mit einer ganz pragmatischen<br />

Lösung: »Für Champagner empfiehlt sich, einfach ein größeres<br />

Glas zu nehmen, zum Beispiel ein Burgunderglas.« Eigentlich<br />

logisch angesichts der Tatsache, dass Dom Ruinart zu 100 Prozent<br />

aus Chardonnay-Trauben gemacht wird und ein Blanc de<br />

Blancs aus Grand-Cru-Lagen ist. Auf jeden Fall lockt das große<br />

Glas den noch schüchternen 2010er aus der Reserve und macht<br />

ihn zu einer filigranen Gaumenfreude.<br />

Drei Magnums Dom Ruinart reifen<br />

besser als sechs Standardflaschen<br />

Wie viele andere Jahrgangschampagner auch ist der Dom Ruinart<br />

dafür gemacht, im Weinkeller weiter zu reifen. Wie viel das<br />

bringt, beobachtet Frédéric Panaiotis Jahr für Jahr: »Der Unterschied<br />

ist schon bemerkenswert. Unser Blanc de Blancs ist<br />

schon nach drei Jahren perfekt trinkreif, der Dom Ruinart fängt<br />

erst nach zehn Jahren an, sich zu entfalten. Sein aromatischer<br />

Werdegang zeigt, dass er Zeit braucht.« Eine Faustregel sollte<br />

man aber beachten: Wer Dom Ruinart länger als 15 Jahre lagern<br />

möchte, sollte statt in sechs Flaschen lieber in drei Magnums<br />

investieren – und ihnen die richtigen Bedingungen bieten.<br />

»Eine Magnum hat ein unglaubliches Lagerungspotenzial«,<br />

sagt Panaiotis schmunzelnd, »aber man braucht einen ruhigen,<br />

kühlen und dunklen Keller, denn Champagner ist von seiner<br />

Natur her ein delikater Wein.« Ein Wein, der das Potenzial<br />

hat, sich über die Jahre in ein schwerelos perlendes Abbild des<br />

Terroirs zu verwandeln.<br />

32 <strong>FINE</strong> DAS FESTIVALMAGAZIN | CHAMPAGNE CHAMPAGNE | <strong>FINE</strong> DAS FESTIVALMAGAZIN<br />

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