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FINE - Das Festivalmagazin

Magazin zum 26. Rheingau Gourmet & Wein Festival

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es darum, das Singuläre kommunikativ herauszustellen. Wir haben, auch wegen unserer Vergangenheit, ein sehr<br />

besonderes Sortiment, so etwas kann eine einfache Preisliste gar nicht spiegeln. Von vielen Lagen gibt es nicht nur<br />

einen Kabinett, sondern verschiedene, und den besten versteigern wir eben.<br />

<strong>FINE</strong> Aus dieser Vergangenheit ergibt sich nicht zuletzt eine Vielzahl von Kategorien und Benennungen, mit denen das<br />

Weingut Kloster Eberbach noch über das ohnehin nicht einfache Bezeichnungsrecht des deutschen Weingesetzes und die<br />

Regularien des VDP hinausgeht. Sind damit nicht insbesondere Interessenten aus dem Ausland überfordert?<br />

DIETER GREINER <strong>Das</strong>s dieses Thema in Deutschland und gerade auch bei uns hartnäckig kompliziert bleibt, will<br />

ich gar nicht leugnen. <strong>Das</strong> Große Gewächs aus Großer Lage, und jetzt auch noch das Erste Gewächs aus Erster Lage,<br />

das ist nicht einfach zu verstehen, aber das ist nun mal die VDP-Klassifizierung. Heute ist aus internationaler Sicht<br />

fassungslos: <strong>Das</strong> sei doch völlig von gestern! Dabei hatte ich unsere alten trockenen Weine wie den 1920er oder gar<br />

den 1846er Steinberger verkostet, und die waren zum Niederknien. Die waren im Holz ausgebaut worden, und so<br />

falsch konnte das nicht gewesen sein. Richtig Klasse reingekommen ist bei uns dann erst vor zehn, 15 Jahren. Ab 2007<br />

haben wir zum ersten Mal wieder lagerfähige Weine mit langem Holzfassausbau gemacht und nicht überreif, aber<br />

zum optimalen Zeitpunkt gelesen.<br />

<strong>FINE</strong> 2018 sind Sie dann noch einen Schritt weiter gegangen …<br />

DIETER GREINER In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal unseren »Wild Ferment« produziert, den wir<br />

2023, nach fünf Jahren, versteigern werden. Den hat unsere Winemakerin Kathrin Puff, die 2018 zu uns gestoßen<br />

ist, komplett im Weinberg gemacht. <strong>Das</strong> heißt, er wird dort gelesen, eingemaischt, gepresst und schließlich im<br />

Schmiedehäuschen im Weinberg vergoren – ausschließlich mit natürlichen Weinbergshefen. Nach einer langen<br />

Lagerung zu 100 Prozent im Holzfass wird er dann ganz natürlich auf Flaschen gezogen. Wenn man so will: genau<br />

wie früher. Davon füllen wir nur Großflaschen, versteigert werden Doppelmagnums. Im Herbst darauf werden dann<br />

auf Bestellung auch Magnums verkauft – die kann man, wenn man möchte, seinen Urenkeln hinterlassen. Für uns<br />

bringt dieser Wein alles auf den Punkt, woran wir arbeiten. Er ist von der Machart her ganz traditionell und ursprünglich,<br />

dabei absolut authentisch und für uns auch ein gewagter Schritt nach vorne. Als großer Staatsbetrieb, als den uns<br />

viele wahrnehmen, ist es uns wichtig, einen Akzent zu setzen und zu zeigen, wie seriös wir arbeiten und dass wir in<br />

der handwerklichen Feinarbeit nicht hinter kleineren Spitzengütern zurückstehen.<br />

<strong>FINE</strong> Kloster Eberbach bietet gereifte Weine auch in seiner Online-Vinothek an. Kannibalisiert sie damit nicht die jährliche<br />

Versteigerung?<br />

DIETER GREINER Ich würde von Ergänzung sprechen. Einmal sind die Preise höher als in der Versteigerung, denn<br />

wir schlagen hier 20 Prozent auf den Auktionspreis drauf. Für uns ist das eine Werbung für die Auktion, denn es<br />

bringt eine Sichtbarkeit über das ganze Jahr. Wenn man so will: ein Guckloch in die Schatzkammer. Dazu können<br />

Liebhaber auch gereifte Weine in der Vinothek verkosten, selbst wenn sie sie dort nicht kaufen können. Aber wir<br />

wollen eben den Blick auf unsere besonderen Schätze lenken.<br />

<strong>FINE</strong> Wie wird sich die Versteigerung auf Kloster Eberbach in Zukunft verändern?<br />

und aus Profilierungsgründen verständlich, dass der VDP das Ein-Wein-Prinzip vertritt. Aber dieses Prinzip steht<br />

eigentlich im Widerspruch zu unserer Geschichte. Hier steht die Fasswein-Auktion am Anfang, und je nach Größe<br />

einer Lage gab es bis zu 100 Fässer mit 100 verschiedenen Weinen und 100 verschiedenen Preisen. Deswegen gab es<br />

an Rhein und Mosel das Goldkapsel-Prinzip, und das beste Fass kam zur Versteigerung. Diese Bezeichnung wurde<br />

bisher toleriert, aber in Zukunft müssen wie uns anpassen. Dann gibt es bei uns den Begriff »Crescentia«, den wir<br />

aus den alten Kellerbüchern übernommen haben und der auf die über 500-jährige Tradition des Klosters verweist,<br />

Weine lagenrein auszubauen. Auch der Ausdruck »aus dem Cabinettkeller« stammt aus unserer Geschichte. Leider<br />

wird sich Begriff »Mauerwein« in Zukunft erübrigen, denn wegen des Klimawandels sind diese Weine jedes Jahr<br />

schwerer zu vinifizieren – an der Mauer verbrennen die Trauben schneller, als sie reif werden. Also zusammengefasst:<br />

Wir haben etwas mehr Text auf dem Etikett, aber eben auch mehr Geschichte. Dadurch unterscheiden wir uns von<br />

Gütern, die einen Wein »Maximiliane« nennen. In Zukunft werden wir mit Bezeichnungen arbeiten, die weinrechtsund<br />

VDP-konform sind, sowie den beiden Kategorien aus der Geschichte des Klosters Eberbach.<br />

DIETER GREINER Unser neues Weinprofil wird sich in den nächsten Jahren noch verstärkt zeigen, weil viele Weine<br />

jetzt noch lagern. Was darüber hinaus in zehn Jahren sein wird, wissen wir nicht. Niemand kann den Status quo endgültig<br />

festschreiben, denn nichts ist beständiger als der Wandel. Heute hat sich die hybride Form der Weinauktion<br />

[also mit Gästen und Bietern vor Ort wie vor dem Bildschirm, <strong>FINE</strong>] durchgesetzt. Dadurch ist die Versteigerung<br />

<strong>FINE</strong> Wie setzt sich Ihr Angebot für die nächste Auktion im März 2023 zusammen?<br />

DIETER GREINER Steinberger und Höllenberg bilden unseren Kern, dabei stehen diesmal besonders die Rotweine<br />

aus Assmannshausen im Blickpunkt, als Spätburgunder wie als Frühburgunder. Dazu kommt ein Cabernet<br />

Sauvignon aus der Parzelle Dickerstein mitten im Rüdesheimer Berg, was wir aber nicht draufschreiben dürfen. Beim<br />

Steinberger wird in Zukunft neben dem Kabinett – der Kabi von 2013 ist übrigens mein persönlicher Lieblingswein –<br />

die Parzelle Goldener Becher als Großes Gewächs versteigert werden. <strong>Das</strong> kombinieren wir mit reifen Weinen aus<br />

anderen Lagen, und dazu kommen natürlich noch die Großflaschen, die Raritäten und der Benefizwein.<br />

<strong>FINE</strong> Weine aus Versteigerungen wecken besondere Erwartungen. In den 80er- und 90er-Jahren wurden diese, gerade<br />

auch bei den Staatsweingütern, nicht immer erfüllt. 1998, nach der triumphalen deutschen Spitzenweinversteigerung von<br />

1997 im Wiesbadener Kurhaus, mahnte Hans Reinhard Seeliger den VDP, nicht in eine »Traumwelt« zu flüchten. Denn<br />

nicht Raritäten wie uralte Trockenbeerenauslesen würden den Kern von Weinauktionen bilden, sondern wie in Bordeaux<br />

»langlebige Weine im großen Stil«. In Deutschland sei aber »der gereifte, gar der alte Wein kein Leitbild der Produktion<br />

mehr«. Stattdessen würde im Wesentlichen einer fruchtig-reduktiven Stilistik gehuldigt, die auf den frühen Verbrauch ziele.<br />

DIETER GREINER <strong>Das</strong> waren im Rückblick prophetische Sätze, die ihrer Zeit voraus waren. Tatsächlich gibt es<br />

nur wenige Güter, bei denen der Fokus auf wirklich lagerfähige Weine mehr als zehn Jahre alt ist. Als wir uns vor<br />

20 Jahren erstmals verstärkt mit vermehrtem Holzfassausbau beschäftigten, war der damalige Weinbaupräsident<br />

sicher professioneller, aber auch technischer geworden. Früher war die Interaktion der Bietenden im Saal hochgradig<br />

emotional. Heute werden Zahlen in den Rechner gehackt, und ein spannender Bieterkampf kann schon mal vorbei<br />

sein, weil bei einem Teilnehmer das Telefonnetz abreißt. Aber es geht nicht nur um höher, schneller, weiter. Die Veranstaltung<br />

hat an sich einen Wert, nicht zuletzt auch gesellschaftlich, und im Kloster Eberbach sind wir eben nicht<br />

in einem Kinosaal oder einer Mehrzweckhalle. Hier kann man beide Welten kombinieren: die Atmosphäre und das<br />

Geschäft.<br />

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