asphalt 01/23

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58 Schwerpunkt: Ausbauasphalt Abbildung 4: Prozentuale Veränderung der Penetration gegenüber dem Anfangswert für das Referenzbindemittel und die drei Verjüngungsmittel (Quelle [13]) Im Rahmen des Forschungsprojektes „Einfluss unterschiedlicher Verjüngungsmittel im Heißrecycling auf die Performance von bitumenhaltigen Schichten“ [13] wurden drei in der Schweiz verwendete Verjüngungsmittel eingesetzt. Untersucht wurde vor allem das Alterungsverhalten von Recyclingasphalt mit einem Recyclinganteil von 70 % bei unterschiedlichen Hohlraumgehalten und unterschiedlichen Lagerungsarten. Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, ist der Abfall der Penetration abhängig von der Art des Verjüngungsmittels (V1, V2, V3) sowie der Struktur des Asphalts (dicht mit 2,2…2,6 Volumen-% bzw. offen mit 5,2…5,4 Volumen-%). Der Einfluss der Alterungsart (Referenzalterung im Keller, Lagerung im Freien geschützt vor Sonne und Regen, Lagerung ungeschützt im Freien sowie künstliche Alterung im Laborofen bei 75 °C während 6 Tagen) ist jedoch von untergeordneter Bedeutung. Im Artikel „Alternative Prüfverfahren zur Bewertung der Bindemitteleigenschaften im Rahmen des Asphaltrecyclings“ [16] wird ein rheologisches Prüfverfahren zur Bewertung der Bindemitteleigenschaften im hohen und im mittleren Temperaturbereich mit dem Dynamischen Scherrheometer nach SN EN 14770 „Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung des komplexen Schermoduls und des Phasenwinkels – Dynamisches Scherrheometer (DSR)“ [5] vorgeschlagen. An einem Beispiel (Abbildung 5) wird gezeigt, dass das Zielbindemittel 50/70 erreicht werden kann, wenn dem gealterten Bitumen im Asphaltgranulat ein Anteil für den hohen Temperaturbereich von etwa 55 % Bitumen 330/430 bzw. 30 % für den mittleren Temperaturbereich zugegeben wird. Das entspricht je nach Temperaturbereich einer Asphaltgranulat-Zugabe von 65 bis 80 %. Recyclingasphalt für Deckschichten Zwar soll der zulässige Anteil an Ausbauasphalt in Deckschichten AC L, N und S auf 40 % erhöht werden, aber für AC H, AC MR, SMA, PA und für semidichtes Mischgut SDA nach VSS 40 436 [7], das seit mehr als einem Jahrzehnt auf Autobahnen und vor allem auch auf Verkehrsstraßen innerorts für lärmmindernde Decken eingebaut wird, ist die Zugabe von Ausbauasphalt weiterhin nicht zulässig. Wegen der beschränkten akustischen Nutzungsdauer müssen diese lärmmindernden Deckschichten 2- bis 3-mal erneuert werden, bevor die darunterliegende Binder- oder Tragschicht ersetzt wird. Das schichtweise Abtragen, die bekannte, homogene Zusammensetzung sowie die hochwertigen Bestandteile schaffen dabei beste Voraussetzungen, den anfallenden Ausbauasphalt wieder für hochwertige Deckschichten zu verwenden. Doch auch wenn für diese Deckschichten Recyclingasphalt zugelassen werden sollte, werden größere Mengen an Ausbauasphalt mit modifizierten Bindemitteln aus diesen Deckschichten für Recyclingmischgut für Trag- und Binderschichten übrig bleiben. Für die optimale Verwertung dieser Mengen müssen bei der Produktion durch entsprechende Maßnahmen (Asphaltgranulat mit Korngröße 0/8 und 8/16 bzw. 8/22, mehrere Zugabedoseure für Asphaltgranulat) die Voraussetzungen geschaffen werden. Eigenschaften von Recyclingasphalt mit hohem Granulatanteil Dass Recyclingasphalt mit hohem Granulatanteil den Normanforderungen entsprechend hergestellt werden kann, wird mit den Typprüfungen und den Kontrollen der eingebauten Schichten nachgewiesen. Aufgrund von Laboruntersuchungen kann auch ein günstiges Langzeitverhalten erwartet werden. Trotzdem stellen sich einige Fragen: • Wie gut ist bei hohem Recyclinganteil die Vermischung des Bindemittels im Asphaltgranulat mit der relativ geringen Menge des Zugabebindemittels und/ oder Additivs? Bei der Asphaltproduktion sind Mischzeiten von weniger als einer Minute üblich und dürften für eine innige Vermischung kaum ausreichend sein. Da für die Beurteilung der Bindemitteleigenschaften das Bindemittel aus dem Recyclingasphalt rückgewonnen wird und bei diesem Prozess eine Homogenisierung stattfindet, ist eine Aussage über die tatsächliche Vermischung im Recyclingasphalt nicht möglich. Anforderungen an die Eigenschaften des rückgewonnenen Bindemittels, wie sie der Anhang 3 der Norm VSS 40 430 [6] vorsieht, sind deshalb kaum zielführend. • Wie zuverlässig ist die Wirkung von Additiven und wie ist das Langzeitverhalten der damit hergestellten Asphaltgemische? Zwar liegen von verschiedenen Additiven umfassende Laboruntersuchungen vor, doch fehlen Erfahrungen über die Nutzungsdauer der mit Rejuvenatoren hergestellten Asphaltschichten. Solange Rejuvenatoren nicht normiert sind, besteht die Gefahr, dass auf dem Markt auch wenig geeignete Produkte angeboten werden. • Welchen Einfluss hat der Wechsel eines als Verjüngungsmittel eingesetzten Additivs? Wie die umfangreichen Versuche ([13], [14], [15]) gezeigt haben, sind zwischen den verschiedenen Produkten erhebliche Unterschiede vorhanden. 1|2023
Schwerpunkt: Ausbauasphalt 59 Abbildung 5: Ermittlung der Zugabemenge des weichen Frischbitumens 330/430, um das gealterte AG-Bindemittel im Bereich der hohen Gebrauchstemperatur auf die rheologischen Eigenschaften des frischen Zielbitumens (50/70) zu bringen (Quelle [16]) • Welche Maßnahmen können eine optimale Vermischung des Additivs mit dem Bindemittel im Asphaltgranulat sicherstellen? • Wie kann bei Trag- und Binderschichten mit polymermodifizierten Bindemitteln die erwartete Modifizierung erreicht werden? Genügt ein Polymerbitumen mit erhöhtem Polymeranteil oder muss das Polymer dem Mischprozess zusätzlich zugefügt werden? • Welchen Einfluss haben die reduzierten Anforderungen in der SN EN 13108-8 [NN] für den Anteil gebrochener Oberflächen der groben Gesteinskörnung auf die Performance der eingebauten Asphaltschichten? • Welche Normanforderungen werden an Sekundärsplitt gestellt? Empfehlungen • Als Verjüngungsmittel eingesetzte Additive sind im Typprüfungsbericht zu deklarieren. Beim Wechsel des Additivs ist eine neue Typprüfung durchzuführen. • Die Produktionsanlagen sind auf die Bedürfnisse der Herstellung von Mischgut mit hohen Asphaltgranulatzugaben auszurichten, zum Beispiel durch Vormischen der Additive mit dem Asphaltgranulat, Zugabeeinrichtungen für Polymere oder auch mehrere Zugabedoseure für Asphaltgranulat. • Die Forschung für lärmmindernde Deckschichten mit Zugabe von Ausbauasphalt sollte rasch an die Hand genommen werden und sich vor allem an der Umsetzung auf den Produktionsanlagen orientieren. • Die Beurteilung der Qualität des rückgewonnenen Bindemittels aufgrund von Erweichungspunkt und Penetration ist für Recyclingmischgut mit hohen Asphaltgranulatzugaben, insbesondere bei modifizierten Bitumen, ungeeignet. Untersuchungen mit dem dynamischen Scherrheometer (DSR) bieten sich als Alternative an. • Der Einsatz von Asphaltfundationsschichten mit Heißmischgut AC F erlaubt eine sehr hohe Zugabe von Ausbauasphalt. Auf die Verwendung von Asphaltfundationsschichten AFK nach Norm VSS 40 492 [8] sollte aber in Zukunft verzichtet werden, da wegen des erhöhten Bitumengehalts eine spätere Verwertung in Recyclingmischgut zu Problemen führen kann. Vor allem aber ist eine offene Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, Produzenten und Laborüberwachung für die Sicherstellung der verlangten Qualität von Recyclingasphalt notwendig. • AUTOR Dipl. Bauing. ETH Hansjörg Byland byAsphalt GmbH CH-5033 Buchs bei Aarau hj.byland@byasphalt.ch Aus den vorstehenden Überlegungen lassen sich folgende Empfehlungen ableiten: • Die Homogenität des Asphaltgranulats ist zu verbessern. Dazu können die folgenden Maßnahmen beitragen – klare Regelungen zur EN 13108-8 [3], insbesondere sollten Streubereiche für Bindemittelgehalt und Füllergehalt bei festgelegten Referenzmengen definiert werden – Optimierung des Ausbauasphaltmanagements beim Abtragen, bei der Aufbereitung und der Lagerung des Asphaltgranulats • Die Anforderungen an Sekundärsplitt sind zu regeln. • Zur angepassten Verwertung von Asphaltgranulat aus Deckschichten kann eine Aufteilung der Korngrößen für Asphaltgranulat (0/8 und 8/16 bzw. 8/22) sinnvoll sein. • Die Dosierung der Verjüngungsmittel (Weichbitumen, Additive) sollte nicht auf Berechnung des resultierenden Erweichungspunktes oder der Penetration, sondern auf Untersuchungen mit dem Scherrheometer (DSR) beruhen. • Es sollen nur Additive eingesetzt werden, deren Wirksamkeit auch nach künstlicher Alterung nachgewiesen ist. Denkbar ist eine Technische Zulassung nach Bauproduktegesetz, Art. 5 [10]. LITERATUR [1] EN 13108-1 Asphaltmischgut – Mischgutanforderungen – Teil 1: Asphaltbeton [2] SN EN 13108-7 Asphaltmischgut – Mischgutanforderungen – Teil 7: Offenporiger Asphalt [3] SN EN 13108-8 Asphaltmischgut – Mischgutanforderungen – Teil 8: Ausbauasphalt [4] SN EN 13043 Gesteinskörnungen für Asphalt und Oberflächenbehandlungen für Straßen, Flugplätze und andere Verkehrsflächen [5] SN EN 14770 Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Bestimmung des komplexen Schermoduls und des Phasenwinkels – Dynamisches Scherrheometer (DSR) [6] VSS 40 430 Walzasphalt; Konzeption, Ausführung und Anforderungen an die eingebauten Schichten [7] VSS 40 436 Semidichtes Mischgut; Festlegungen und Anforderungen [8] VSS 40 492 Fundationsschichten aus Asphaltbeton in Kaltbauweise – Anforderungen an das Mischgut, Konzeption, Ausführung und Anforderungen an die eingebauten Schichten [9] Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (Abfallverordnung, VVEA), SR 814.600 [10] Bundesgesetz über Bauprodukte (Bauproduktegesetz, BauPG), SR 933.0 [11] Rubli, S. 2020. Modellierung der Asphaltflüsse in der Schweiz, Schlussbericht [12] Forschungspaket Recycling von Ausbauasphalt in Heißmischgut. VSS 2014-2018 [13] Hugener, M., 2022. Einfluss unterschiedlicher Verjüngungsmittel im Heißrecycling auf der Performance von bitumenhaltigen Schichten. Forschungsprojekt VSS 2011/403 [14] Hugener, M., et al., Recommendation of RILEM TC 264 RAP on the evaluation of asphalt recycling agents for hot mix asphalt. Materials and Structures (2022) 55:31 [15] Radenberg, M., Boetcher, S., Sedaghat, N., Wistuba, M. P., Walther, A., Büchler, S. et al. 2016. Einsatz von Rejuvenatoren bei der Wiederverwendung von Asphalt, Schlussbericht [16] Isailovic, I., Bodmer, P., Wistuba, M. P. 2019. Alternative Prüfverfahren zur Bewertung der Bindemitteleigenschaften im Rahmen des Asphaltrecyclings. Straße und Verkehr, Nr. 6, 2019 [17] Technische Lieferbedingungen für Asphaltgranulat, TL AG-StB. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen [18] Merkblatt für die Wiederverwendung von Asphalt M WA. 2013. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 1|2023
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