Gyr, Martin - Einsiedler Volksbräuche, Einsiedeln 1935
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.Dorf ausgeübt. Bis um 1890 stellte sich hiefür fast immer ein
'Organisator als Führer. Führen heißt in diesem Falle vorsorgen,
-daß bei der Sammlung alle Größen Senntentrychlen, Kuhschellen,
Rinder- und Geißkloben usw. vertreten sind, daß die Teilnehmer
.zusammen anschlagen, die Runde mit kurzem Halten durch alle
.Straßen machen und die Uebung nicht zum Ueberdruß der
Schläfer ausdehnen .
.8. S ü ud i lau f e n. Der schmutzige Donnerstag, d. h. der
Donnerstag vor der Herrenfastnacht, ist hierorts der erste Fastnachts
tag, an dem das öffentliche Maskengehen erlaubt ist. Ein
Freudentag der Jugend! Buben und Mädchen legen entweder ein
.altes Gwändli oder ein Phantasiekleidehen an und, da Schulpflichtige
keine Larven tragen dürfen, verköhlen oder bemalen sie
.das Gesicht oder vermummen sich mit einem Schleier oder Tuch.
Sie haben es hauptsächlich auf das Verulken leiblicher Uebel-
-feilheiten abgesehen, z. B. den .Hogr', die .Bränznase', das ,Zahndgschwär',
den ,Schmärbuch', das .Hülpibei' usw. In der Dar-
-stellung beliebt ihnen am häufigsten die Hochzeit, nicht selten
gleich in Verbindung mit der Taufe und der Beerdigung. Von den
-Gebrauchsgerätschaften müssen am meisten das alte "Paritach"
(Parapluie und Parasol zugleich), das in allen Formen gezeigt wird,
.die Kindschaise, Strohhüte, das schwarze Kapothütlein der 70er
Jahre, der rotbeigefarbig gemusterte Parisershawl, Rücken- und
Armkörbe, Fuhrmannsblusen und alte Militäreffekten herhalten .
.Sie ziehen so von Haus zu Haus, hauptsächlich in die Läden, wo
-sie ein kurzes Sprüchlein aufsagen, das folgendermaßen lautet:
I bin ä chlyne Fastnachtsstumpe
und ha so churzi Bei.
Gemmer au es Füferli,
so chan li wiedr hei.
.Auf das hin bekommen die Kinder einige rappige Schafböcke
(Gebäck) oder kleine Guoteli. Das Herumziehen dauert bis zum
.Betglockenläuten.
Der schmutzige Donnerstag bietet aber auch den halbgewachse-
'nen Burschen die ersehnte Gelegenheit, sich im fastnächtlichen
Uebermut, der seit der Entlassung aus der Volksschule zügel-
-freier ist, zu ergehen. Sie holen von der Winde herab alten
Kleiderplunder, je bunter und je garstiger desto lieber, kleiden
sich damit ein, ziehen eine aus Papier selbstverfertigte fratzen-
.haft modellierte Larve an, rüsten sich mit Trychlen, Schellen,
Kloben und Lärminstrumenten aller Art aus, die eine wilde Vieltönigkeit
erzeugen, und ziehen nach Schluß der Neunuhrmesse,
.aus der die Schulkinder neugierig ins Dorf hinunterfluten, scharenweise
auf die Straße. Man nennt diese fastnächtlichen Gestalten,
.ihrem Tun und Aussehen entsprechend, Sühudi. An ihrer Spitze
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